1 Hessischer Rundfunk Redaktion: Heike Ließmann Aufnahme: Marlene Breuer, 2.11.2005, 9.15 – 17.00 Uhr (PR 5) WISSENSWERT Was bleibt nach einem Krieg? Traumatisierte Soldaten und Helfer Von Sabine Voss Sendung: 07.11.2005, 8.30 –8.45 Uhr, hr2 Sprecherin O-Töne unter: Was bleibt nach einem Krieg OT 1-14 ( Welle 13) 05-146 COPYRIGHT: Diese Manuskripte sind urheberrechtlich geschützt. Der Empfänger darf sie nur zu privaten Zwecken benutzen. Jede andere Verwendung (zum Beispiel Mitteilung, Vortrag oder Aufführung in der Öffentlichkeit, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verteilung oder Zurverfügungstellung in elektronischen Medien, Übersetzung) ist nur mit Zustimmung des Autors / der Autoren zulässig. Die Verwendung zu Rundfunkzwecken bedarf der Genehmigung des Hessischen Rundfunks. 1 2 30 sec O-Ton 1 Wladimir Stankovic Die letzten Jahre habe ich sehr viel damit verbracht, dem Krieg und der Gewalt aus dem Weg zu gehen, das zu verdrängen. Es war einfach stärker als ich. Die Depressionen, die ich hatte, waren stärker. Ich hab alles verdrängt. Das waren fünf Jahre meines Lebens im Krieg, und für mich war das zusammengepresst auf wenige Schlüsselereignisse. Alles andere war aus meinem Kopf verschwunden! Das ist auch ein Teil davon, warum ich auch nie zum Psychologen gegangen bin. Sprecherin Wladimir Stankovic kämpfte in den Jugoslawienkriegen auf kroatischer Seite. Mit 25 Jahren empfand er das als seine patriotische Pflicht. Er war als Waffen-lieferant an der Front, war Sprengstoffexperte, hat Minen verlegt. Gegen seinen Widerstand, sich daran zu erinnen, bricht die erlebte Kriegsgewalt auch heute noch in sein Leben ein. Oft fühlt er sich von Gefahren bedroht, die es inzwischen gar nicht mehr gibt. Dann geht er in Berlin keine Straße entlang, ohne mit raschen Blicken hinauf zu den Dächern zu checken, ob da auch keine Scharfschützen liegen. 31 sec O-Ton 2 Wladimir Stankovic Also wenn ich mich schlafen lege, bin ich wie ein wildes Tier. Ich muss berück-sichtigen, dass ich eine Fluchtmöglichkeit habe. Ich muss das Gefühl der Sicherheit haben. Das heißt, geschlossene Räume sind für mich eigentlich tabu. Also in einer Wohnung habe ich immer, bis heute, das Gefühl, jemand kann durch's Fenster oder die Tür eintreten, jemand kann rein, ich habe keine Fluchtmöglichkeit. Das geht so weit, dass ich im Café immer so sitze, dass ich entweder Hinter- oder Vordereingang immer im Auge behalte. Wenn ich ins Kino gehe oder wenn ich an irgendwelchen Veranstaltungen teilnehme, dann sitze ich 2 3 immer hinten am Ausgang. Das Gefühl der Sicherheit ist sehr präsent, was aber dann die Außenstehenden überhaupt nicht verstehen können. 31 sec O-Ton 3 Klaus Barre Wir nennen das: diese Betroffenen kommen aus der Lage nicht mehr heraus. Ich hab das erlebt bei einem Feldjäger, der ein erfahrener Mann war von Mitte der Vierzig, der ein halbes Jahr als Personenschützer in Bosnien war, (( optional cut: der bis dahin niemals eine psychische Störung gehabt hat, kommt zurück, leidet zunehmend unter Funktionsverlust, Schlafstörung, innerer Unruhe, Angespanntheit, Ende o.c.)) kommt zu uns, kommt in die Therapie. (Stimme oben) Sprecherin Klaus Barre ist Psychologe und leitet das Traumazentrum der psychiatrischen Abteilung des Bundeswehrkrankenhauses in Hamburg. Er behandelt kriegstraumatisierte Soldaten, die wie in einem Zangengriff unter dem Einfluss vergangener Kriegserlebnisse stehen. Einer von ihm berichtete ihm Folgendes: 40 sec O-Ton 4 Klaus Barre Während der Therapie dürfen die Patienten häufig am Wochenende nach Hause fahren. Als er zurückkommen will hier nach Hamburg, lässt er sich von seinem Sohn bringen, geht hier am Hauptbahnhof zu Mc Donald's, dort sind einige, sieben, acht etwas balkanesisch aussehende junge Leute, Männer, und er schubst seinen Sohn in eine Ecke, geht in die Knie, die Hände in Vorhalte, als wenn er die Pistole in der Hand hat, und sagt: "Sicher du da!". Und erst in dem Augenblick 3 4 fällt ihm auf, er ist bei Mc Donald's in Hamburg. Was ihn natürlich enorm verstört hat. Denn wer, nicht mal er selber glaubt sich, dass das noch normal ist. Sprecherin Traumatologen stellen einen Zusammenhang her zwischen der Intensität und Dauer erlebter Angst und Hilflosigkeit und der anschließenden traumatischen Langzeit-wirkung. Mit der Rückkehr in eine zivile, vergleichsweise friedliche Welt tritt auch die Stressursache in den Hintergrund. Manche Betroffene erholen sich rasch, ihre Stressreaktionen vergehen. Andere leben in einer ständigen Wiederholung erlebter Bedrohung auch in der Gegenwart. (( optional cut: Weil sie seine Wiederkehr befürchten, engt sich ihre Wahrnehmung auf alle möglichen Gefahrenquellen ein. Ende o.c.)) Traumatisierte reagieren auf aktuelle Stimuli mit einer gefühlsmäßigen Intensität, die eigentlich in die Vergangenheit gehört, in der Gegenwart nicht nur wenig von Nutzen ist, sondern auch befremdlich und unangemessen erscheint. Sie überreagieren. Sie leben wie auf einem Pulverfass. Für einen Traumatisierten kann ein Tag voller Auslöser für einen neuen Affektsturm sein. Diese Auslöser nennt Klaus Barre "Trigger". 1 min O-Ton 5 Klaus Barre Das können Trigger sein, die direkt auf das Ereignis Bezug nehmen also beispielsweise ein Fernsehbericht. Das können aber auch Trigger sein, die durch ihre schiere Intensität, grelles Licht, unübersichtliche Situationen, viele Menschen auf einem Haufen (Verb fehlt) - also alles, was auch sonst als bedrohlich erlebt würde, aber unterschwellig, wird jetzt überschwellig. Und wenn es erstmal überschwellig geworden ist, dann gerät es in den Bereich einer Affektstärke, die für die Betroffenen spürbar wird und die sie belastet, weil sie sie kontrollieren müssen. 4 5 Denn es gibt keinen Grund, weil Menschen meinetwegen zu hundert oder zweihundert in einer Bahnhofshalle sind, jetzt aggressiv zu werden. Da die Situation aber unübersichtlich ist, mit anderen Worten 'ne gewisse Bedrohlichkeit hätte, das Erregungsniveau sowieso gesteigert ist und die Reagibilität, kommt es zu aggressiv angespannten Gefühlen, vor denen der Betroffene dann wieder Angst bekommt, die er kontrollieren muss. 49 sec O-Ton 6 Wladimir Stankovic Jeder von uns ist mal wütend, oder irgendwas hat uns geärgert, und dann geht's auch wieder vorbei. Bei mir sind das dann aber Situationen, wo ich keine Kraft oder auch keine Mechanismen mehr habe, das zu regeln. Manchmal waren das auch abstruse Situationen, dass ich mich mit allen Leuten in der U-Bahn prügeln wollte, mit allen, die da waren! Und an der Tür stand und gesagt habe, so, wer ist der nächste! Dann geht es in einen Zustand über, wo ich wahrnehme - was für mich sehr sehr schlimm ist -, dass mein Ich die Kontrolle verliert. Da kommt etwas anderes in mich, in mir hoch, was ich nicht bennen oder bezeichnen (kann), wo ich nicht mal weiß, ob ich das bin. Und das ist auch ein Gefühl der totalen Angst zu merken, dass meine Persönlichkeit sich auflöst, dass irgendetwas anderes von mir Besitz ergreift. Sprecherin Um sich und andere vor diesem "Etwas" in ihm - das er manchmal auch Monster nennt - zu schützen, ließ sich Wladimir Stankovic schon mehr als einmal in die Psychiatrie einweisen und mit Medikamenten ruhigstellen. Wladimir Stancovic führt ein Leben mit allen im offiziellen Diagnosehandbuch beschriebenen Symptomen einer Posttraumatischen Belastungsstörung. Dazu gehören auch Intrusionen, 5 6 ungewollte Rückerinnerungen. Im Krieg war Wladimir oft wie gelähmt, empfand nicht einmal Todesangst. Eingefrorene Szenen tauten später erst auf, hören bis heute nicht auf, sich vor seinen Augen immer neu abzuspielen. Seit zehn Jahren ist sein Schlaf-Wach-Rhythmus verschoben. Weil ihn Alpträume quälen, hat er sein Arbeitsleben als Freiberufler in die Nacht verlegt. Was andere Schlaf nennen, sind für ihn wenige Dämmerstunden, am Morgen und über den Tag verteilt. 58 sec O-Ton 7 Wladimir Stankovic Alpträume sind im Hinblick auf ihre Realität für mich sehr schrecklich, weil sie für mich keine Träume sind. Für mich ist das Realität. (( optional cut: Ich wache auf und weiß nicht, wo ich bin. Ende o.c.)) Ich träume von Abschlachten, von abgeschnittenen Köpfen, von abgeschnittenen Brüsten, von Blut, ((optional cut: ich wache auf und ich kann das Kupfer... so kupferartiges Geruch, dieses kupferartige Blutgeruch habe ich dann in der Nase, wenn ich aufwache. Ende o.c.)) Ich bin dann im Zimmer oder ich gehe raus, aber die Realität war vor kurzer Zeit eine ganz andere, und dann muss ich Konzentration und Kraft dafür aufwenden, meine Wahrnehmung anzupassen, also zu akzeptieren, dass ich jetzt auf der Straße bin und nicht im Krieg, dass jetzt keinem hier um die Ecke Kopf abgeschnitten wird, (( optional cut: dass eben kein Blutgeruch in der Luft liegt. Ende o.c.)) Und so ist es oft für mich schwer, zwischen diesen Realitäten zu unterscheiden. 57 sec O-Ton 8 Klaus Barre Es gibt in der Traumaspeicherung - nennen wir's mal so - eben sozusagen keine Zeit-Raum-Achse. Das Trauma ist zeit-räumlich 6 7 ungebunden, fixiert und kann jederzeit und überall ausgelöst, getriggert, angesteuert und zu Symptomen führen. Und deswegen ist es ganz wichtig, dass bei der Bearbeitung des Traumas das Trauma in einen raum-zeitlichen Zusammenhang gestellt wird, das heißt, dass sozusagen das Gehirn wieder unterscheiden kann zwischen Reerinnerungen und der Realität, zwischen heute und damals, zwischen hier und dort. Eine Patientin, die im Kosovo traumatisiert worden ist, hat während einer Sitzung plötzlich wie Sterntaler zum Himmel aufgeguckt und gesagt, ich bin ja gar nicht mehr im Kosovo. Als wenn sie aufgewacht wäre. Sprecherin Ein Trauma ist als ein belastendes Ereignis definiert, das die menschlichen Stressbewältigungsmechanismen überlastet und sprengt und vor dem es kein Entkommen gibt. Das Entsetzliche schockiert, sprengt unseren Werterahmen, kann also nicht in bereits vorhandene Erfahrungen eingeordnet werden. Also spaltet unser Gehirn das Erlebte als nicht integrierbar ab. Das Furchtbare ist nun "gebannt", es ist abgekapselt und eingefroren, unter Umständen sogar dem Bewusstsein entzogen - es ist zum Trauma geworden. Klaus Barre wählt als Beispiel eine junge Sanitäterin im Kosovo, der ein Minenunfallopfer zur Erstversorgung anvertraut wurde, ein schreiendes Kind, vier Jahre alt, mit Minensplittern übersäht und das in ihren Armen stirbt. 55 sec O-Ton 9 Klaus Barre Und dann können Sie sich vorstellen, nachdem das Kind gestorben ist, dass - und das ist typisch - nicht nur intrusive Bilder auftreten, nicht nur Alpträume, nicht nur ein erhöhtes Erregungsniveau, nicht nur ein Rückzug von allen andern, weil das nicht mitteilbar ist, sondern dass diese Menschen, um ihre Verzweiflung und ihre eigene Hilflosigkeit nicht so intensiv erleben zu müssen, Schuldgefühle entwickeln. Schuldgefühle, die sich darauf beziehen, vielleicht nicht alles getan zu 7 8 haben, was menschenmöglich gewesen wär, um dieses kleine Kind zu retten. Ganz konkrete Schuldgefühle, die auch 'ne Funktion haben, (( optional cut: denn sie halten das Gefühl von Hilflosigkeit angesichts von Not in Schach. Ende o.c.)) Denn wenn ich Schuld habe, dann hab ich wenigstens die Option, dass ich etwas hätte tun können. Denn sonst könnte ich ja keine Schuld haben. 26 sec O-Ton 10 Harold Jacobs Die Anblick von Toten ist schrecklich und das Geruch, was dazu kommt, aber das meist Schreckliche ist Opfer, die noch leben und total verstümmelt sind. Und Kinder. Das ist das meist Schreckliche, Kinder und alte Leute, die nichts dafür können, aber damit konfrontiert werden. Und ein toter Mensch, der ist tot. O.k. Da kann ich nichts mehr machen. Sprecherin Harold Jacobs, Offizier der Niederländischen Streitkräfte, ging Anfang der 90er Jahre als UN-Blauhelmsoldat nach Bosnien. Zu seinen Aufgaben gehörte es auch, Massengräber zu verifizieren. Er war Anblicken ausgesetzt, die ihm die Sprache verschlugen. Inzwischen zielen militärpsychologische Stresskonzepte systematisch auf die Fähigkeit der Soldaten ab, Gefühle in Worte zu fassen; Angst, Entsetzen und Wut zum Ausdruck zu bringen. In vorbereitenden Übungen auf einen Auslands-einsatz sollen Soldaten ihr Gefühlsspektrum kennenlernen und in einem abschließenden Gespräch darüber reden und reflektieren. Sie lernen, auf Kollegen zu achten, die still werden, sich zurückziehen, den Anschluss an die anderen verlieren. Tatsächlich konnte Harold Jacobs sein seelisches Gleichgewicht bewahren, indem er sich nicht isolierte, sondern mit seinen Kollegen sprach und Verbindung blieb. 8 9 52 sec O-Ton 11 Harald Jacobs Ich habe mich vorgenommen, um alles, was ich erlebt und gesehen habe, aufzuschreiben, aber nach zwei Wochen habe ich damit aufgehört, weil meine Frau gefragt hat, wenn du zurückkommst, will ich alles lesen. Und das war für mich..., o.k., ich schreibe nichts mehr auf. Jede Abend, in Nachrichten sah man Tote, Verwundete, Explosionen, was alles sah man auf dem Fernsehen. Und sie wusste nicht, dass ich in meisten Fälle da auch war und dass ich auch manchmal in Lebensgefahr war. Und ich wollte, dass sie zu Hause ruhig bleiben könnte, und wenn ich dann all die schreckliche Dinge zu Hause erzähle, dann hat sie kein Leben. Ich habe nie alles erzählt. (( optional cut: Man kann nur mit Leuten darüber sprechen, die in derselben Situation gearbeitet haben. ) Sprecherin Ins Hamburger Traumazentrum kommen manche Soldaten auch deshalb, weil ihre Ehefrauen sie schicken, die Anzeichen einer Veränderung wahrnehmen. Kriegstraumatisierte entwickeln immer ähnliche Symptome: den Wunsch nach Gefühlsbetäubung durch Alkohol oder andere Drogen. Sie werden wortkrag, ziehen sich zurück, versuchen allem aus dem Weg zu gehen, was an das Schreckliche erinnern könnte. Manche sinken ab in die Depression. Andere werden reizbar und tun sich schwer, die Rolle des Vaters in der Familie wieder einzunehmen. Im Umgang mit widerborstigen Kindern können sie ihre Gefühle nicht mehr im Gleichgewicht halten. Viele Heimkehrer werden in ihren Familien zu Fremden. optional cut ---------------------------------------------------------------------------------------- 43 sec 9 10 O-Ton 12 Klaus Barre Es gibt eine Verschiebung des Werterahmens. Und wenn der Werterahmen verschoben ist, dann man muss man diesen jungen Menschen helfen, es wieder zu reintegrieren - ich rede von der Integration des Erlebten in das ganz normale Leben, das ganz normale Alltagsleben, das ganz normale Truppenleben auch. Bei weitem nicht jeder, der eine manifeste Traumastörung hat, hat einen solchen Verlust an Funktionsniveau, dass er zum Beispiel im täglichen Leben unbedingt damit auffallen würde. Viele halten sich unter Verlust an Lebensqualität. Viele halten sich durch Selbstkontrolle. Viele halten sich durch ein mehr oder minder adäquates Maß an Alkoholkonsum. Sprecherin Von etwa 100.000 deutschen Soldaten, die bisher im Auslandseinsatz waren, kommt weniger als ein Prozent mit psychischen Folgen in die Therapie. Forschungen, die das Dunkelfeld miteinbeziehen, nennen eine Traumatisierungsrate von drei bis fünf Prozent. Also macht sich Klaus Barre vor allem um Rückkehrer Gedanken, die den Weg in die Therapie nicht finden - weil sie ihre Symptome nicht richtig interpretieren, aus Furcht vor dem Karriereknick, aus falsch verstandenem Tapferkeitsideal. Ende optional cut ----------------------------------------------------------------------------------Von 18 Kollegen, mit denen zusammen Harold Jacobs in den Bosnieneinsatz ging, ist keiner seelisch unbeschadet zurückgekehrt. Er als einziger aus der Gruppe fühle sich heute psychisch stabil. Für den Ausdruck seines Innenlebens wählt Harold Jacobs das Bild eines verschlossenen Schranks. ((optional cut: Hier habe alles Grässliche, was er gesehen und erlebt hat, seinen Ort und seinen Platz gefunden. )) 10 11 59 sec O-Ton 13 Harold Jacobs Wenn ich sehe, dass sehr viele allerhander Probleme gehabt habe(n) nicht mehr verheiratet sind, sehr viel Alkohol nützen, nicht mehr in Armee sind, weil sie das nicht verarbeiten konnten, was die mitgemacht haben - dann sehe ich mich selber als Ausnahme. Ich bin noch immer Soldat, ((optional cut: und der Job, den ich jetzt habe als Bataillonskommandeur in eine Friedensmission Ende o.c.)) - ich denke nicht, dass es einen schöneren Beruf gibt, ((optional cut: weil es mir so viel bringt an Arbeitsfrieden und wirklich Sinn hat für die Leute, wofür wir unsere Arbeit machen müssen. Ende o.c.)) Aber wenn ich jetzt in eine neue Friedensmission gehe, dann ist es möglich, dass die Schrank aufgeht und dass nur ein kleines Ding reicht, um das ganze, was im Schrank ist, heraus-zuholen, dann liegt das alles durcheinander und dann heißt das: Stress. Und das kann... jeder kann das passieren. Sprecherin Wladimir Stankovic hat lange gebraucht, um sich vor kurzem erst für eine therapeutische Unterstützung zu entscheiden. Außerdem verordnete er sich zu seiner Heilung eine Reise auf den Balkan, dem er nach dem Krieg den Rücken zukehrte. Er hat sich in den Jahren danach immer wieder befragt, wieso er an einem Krieg teilnahm, den er heute völlig sinnlos findet. Nun sucht er den Sinn in der Umkehr, in einer Art Reinigung. Er will in den Kosovo fahren, eine wieder kriegsbedrohte Region. Vielleicht, sagt Wladimir Stankovic, brauchen die Menschen dort seine Hilfe. 31 sec O-Ton 14 Wladimir Stankovic Die Gewalt, die mir angetan wurde, die ich erlebt und die ich anderen angetan habe, diese Gewalt, anstatt an meinen Kräften zu zehren und 11 12 mich aus der Bahn zu werfen, mit dieser Gewalt und mit diesen Erlebnissen kann ich Frieden schließen. Die ganze Energie, die ich jahrelang verschwendet habe, um das alles zu unterdrücken, zu vergessen, von mir zu weisen - aus dieser Energie könnte ich tatsächlich Gutes hervorbringen. Ich werde also versuchen, endlich wieder jemand zu sein. 12