Hessischer Rundfunk Hörfunk – Bildungsprogramm Redaktion: Dr. Regina Oehler WISSENSWERT Vom Suchen und Finden (1) Nahrung, Weibchen, Wege – biologische Suchstrategien Von Andrea und Justin Westhoff Sendung: 29.10.2007, 8:30 bis 8:45 Uhr, hr2-kultur 07-101 COPYRIGHT: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Der Empfänger darf es nur zu privaten Zwecken benutzen. Jede andere Verwendung (z.B. Mitteilung, Vortrag oder Aufführung in der Öffentlichkeit, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verteilung oder Zurverfügungstellung in elektronischen Medien, Übersetzung) ist nur mit Zustimmung des Autors/ der Autoren zulässig. Die Verwendung zu Rundfunkzwecken bedarf der Genehmigung des Hessischen Rundfunks. A.+J.Westhoff, HR2-wissenswert:Vom Suchen u. Finden/ T. 1: Biologische Suchstrategien Seite: 1 __________________________________________________________________________________________ Regie: Musik ("Teppich"); darüber O-Ton 1: Wessel Ja, eigentlich kann man sagen, dass das ganze Leben von jedem Organismus eine einzige Suche ist, denn die Tiere sind ständig auf der Suche nach Schutz erst mal, nach Nahrung, dann natürlich Suche nach Paarungspartner, und mir fällt im Moment kein Organismus ein, der nicht den größten Teil seines Lebens mit Suchen verbringen würde. Sprecherin: ... mit Suchen und Finden – und Staunen: O-Ton 2: Wessel Und wir wissen eigentlich erstaunlich wenig, muss man sagen. Man liest den ganzen Tag, dann geht man vor die Tür, sieht irgendein Vieh und weiß eigentlich „wow“, das ist unglaublich interessant, das ist unglaublich komplex, wie machen die das, wie können die das? Regie: Musik überblenden in Atmo 1: „Zugvögel“, darüber: Sprecherin: In jedem Herbst das gleiche faszinierende Naturereignis: Viele Vogelarten versammeln sich, zu Hunderten oft, um gen Süden zu ziehen, in wärmeren Gebieten zu überwintern. Sie legen Tausende von Kilometern zurück, verirren sich dabei nicht und finden im Frühjahr zum Heimatort, ja oft sogar in dasselbe Nest wie im Vorjahr zurück. Die Küstenseeschwalbe fliegt 20.000 Kilometer, von der Arktis in die Antarktis; der Nordamerikanische Goldregenpfeifer 15.000, der Storch 10.000, die kleine Singdrossel immer noch 2.600 Kilometer. Wie machen die das nur? Sprecher: Manche sind „Tag-“, andere „Nachtflieger“: Die einen orientieren sich an der Sonne, was voraussetzt, dass sie deren Stand für jede Tageszeit kennen. Sie müssen also eine Art innere Uhr haben. Nachts hingegen richten sie sich vermutlich nach Sternbildern. Sprecherin: Vögel sind von Geburt an Orientierungskünstler, weiß Andreas Wessel, Biologe und Zoologe, am Naturkundemuseum in Berlin: O-Ton 3: Wessel Generell kann man sagen, die Tiere nutzen alles, was irgendwie möglich ist zur Orientierung. Also bei Zugvögeln sind natürlich optische Signale ganz wichtig, die A.+J.Westhoff, HR2-wissenswert:Vom Suchen u. Finden/ T. 1: Biologische Suchstrategien Seite: 2 __________________________________________________________________________________________ Tiere gucken einfach, erkennen bestimmte Sachen wieder, sie orientieren sich auch mit Gerüchen ganz offensichtlich, sie orientieren sich auch an Geräuschen. Meeresrauschen an der Küste zum Beispiel ist was ganz anderes als Stadtgeräusche, und man kann einfach sagen, es wird alles genutzt, was an Informationen möglich ist zu bekommen, und es dient auch zur Absicherung. Sprecherin: In der Tat: Um für alle Fälle, insbesondere auch Wolken und Schlechtwetterzeiten gerüstet zu sein, suchen und finden viele Vogelarten ihren Weg auch mit einem "eingebauten Kompass", der auf das Magnetfeld der Erde ausgerichtet ist: O-Ton 4: Wessel Es sind magnetische Kristalle, die irgendwo eingelagert werden müssen. Manchmal ist es direkt im Gehirn, manchmal gibt es auch eigene Organe dafür, und diese Magnetkristalle orientieren sich wie die Kompassnadel halt nach dem Magnetfeld. Also es ist schon ein ganz klassischer kleiner Kompass. Sprecherin: Auch Brieftauben und vielen Insekten haben diese spezielle Substanz, Magnetit, im Schnabel, in den Augen oder in den Nervenzellen. O-Ton 5: Wessel Die Natur hat diese interessanten Erfindungen meistens mehrfach gemacht. Regie Atmo 2: „Bienen“, ab // darüber, erst unter Anfang O-Ton 7 wegblenden Sprecherin: Gute Orientierungsfähigkeit ist auch auf kurzer Strecke für Tiere lebenswichtig, // vor allem bei der Futtersuche. Andreas Wessel: O-Ton 6: Wessel Bienen sind klar das Paradebeispiel bis in jedes Schullehrbuch hinein, große Entdeckung, im Prinzip schon Anfang des letzten Jahrhunderts, der Bienentanz und tatsächlich sind eben Bienen dadurch in der Lage, oder eine Biene ist in der Lage, anderen mitzuteilen, wie weit entfernt und in welcher Richtung sich eine Futterquelle befindet. Sprecherin: Kommunikation ist ganz wesentlicher Teil einer erfolgreichen Suchstrategie bei in Gruppen lebenden Tieren wie den Bienen. O-Ton 7: Wessel Und das wichtigste ist dabei eben der so genannte Schwänzeltanz, das ist ne spektakuläre Sache, wenn man das mal sieht: eine Biene setzt sich da also inmitten A.+J.Westhoff, HR2-wissenswert:Vom Suchen u. Finden/ T. 1: Biologische Suchstrategien Seite: 3 __________________________________________________________________________________________ in das Nest rein, und läuft dann mit einem wackelnden Hinterteil durch die Gegend und kehrt dann immer wieder zu einem Punkt zurück und wackelt, und die anderen gehen dann hinterher und betasten sie und gucken, was die macht, und so weiter und so fort, interessant ist, dass gerade in den letzten Jahren gezeigt wurde, auch dieses Kommunikationssystem ist viel komplexer, als wir dachten. Sprecher: Die Geschwindigkeit, mit der der Hinterleib bewegt wird, gibt beispielsweise die Entfernung an. Und tanzt die Biene senkrecht an der Wabe hoch, heißt es, dass der Fundort in Richtung Sonne liegt, bei Abweichung nach links oder rechts tanzt sie entsprechend schräg. O-Ton 8: Wessel Wir wissen aber jetzt auch, seit nicht allzu langer Zeit, dass auch die Vibrationen des Untergrundes, also eine Form der akustischen Kommunikation, auch eine Rolle spielt. Sprecherin: … begeistert sich Andreas Wessel, dessen Spezialgebiet die "Bioakustik" ist, O-Ton 9: Wessel ff. Durch das Rumlaufen und auch durch das Schwänzeln wird also der Untergrund in Bewegung versetzt, und die anderen Tiere können das aufnehmen durch ihre Beine, und ne ganz neue Arbeit hat jetzt festgestellt, dass auch dabei chemische Signale ne Rolle spielen. <Also auch hier wieder: mehrere Kommunikationskanäle werden auf einmal benutzt, Nahrungssuche ist das allerwichtigste überhaupt für die Tiere, und da wird die Kommunikation dann auch bombensicher gemacht. > Sprecherin: Alle Tiere setzen auch ihr Gedächtnis zum Suchen ein – und das tun Insekten ebenso. O-Ton 10: Wessel Bei Wüstenameisen kennt man das, dass sie sich nicht nur sowohl mit polarisiertem Licht orientieren, aber auch den Weg zurück rechnen können, das heißt, sie laufen wie wild durch die Gegend, man denkt, die finden nie wieder ihr Nest, und hinterher, wenn sie irgendwas gefunden haben, laufen sie einen ganz geraden Weg, absolut punktgenau zu ihrem Nesteingang. Und offensichtlich spielt eine Rolle, dass sie sich merken, wie weit sie in welche Richtung jeweils gelaufen sind, und diese kleinen Wegstrecken und die Winkel zwischen den Wegstrecken verrechnen zu ihrem Rückweg. Etwas, was also für einen Menschen vollkommen unmöglich wäre. A.+J.Westhoff, HR2-wissenswert:Vom Suchen u. Finden/ T. 1: Biologische Suchstrategien Seite: 4 __________________________________________________________________________________________ Sprecherin: Genauso erstaunlich ist, wie so genannte "Verstecker" ihr Gedächtnis nutzen, Tiere also, die im Herbst Nahrung sammeln und für den Winter horten. Sie müssen ja das Futter zum Beispiel unter einer Schneedecke wieder finden. Sprecher: Man hat Eichelhähern und anderen Vögel beim Verstecken beobachtet: Sie bewegen nachher auffällig den Kopf hin und her, so, als würden sie sich die Umgebung genau ansehen und sich einprägen wollen. O-Ton 11: Wessel Es gibt sicherlich Tiere auch, die ein wahnsinnig gutes Gedächtnis haben, ein Bildgedächtnis höchstwahrscheinlich, vielleicht auch wieder kombiniert mit anderen Methoden wie Gerüchen, und zum Beispiel Verstecke von Futter immer wieder finden. Es ist aber auch so, dass man gerade bei so berühmten Versteckern wie Eichhörnchen das untersucht hat und gesehen hat, dass dort auch einfache Regeln eine Rolle spielen. Das heißt, die verstecken das nicht an einem Ort und merken sich den, sondern sie verstecken das immer wieder an ähnlichen Orten, zum Beispiel Bäume mit einer gewissen Größe, und dort vergräbt man das zwischen den Wurzeln. Oder man hat einen Stein oder man hat irgendeine Ecke, und dort wird dann wieder gesucht an solchen Orten. Und manchmal finden die Tiere offensichtlich auch Sachen, die sie nicht selbst versteckt haben, insofern muss man bei den Gedächtnisleistungen auch vorsichtig sein, es gibt unglaubliche Leistungen im Tierreich, aber manche Leistungen, die uns unglaublich erscheinen, beruhen auf ganz einfachen Mechanismen wiederum. Regie: Atmo 3: Hirsch-Röhren während der Brunft, darüber Sprecherin: Bei der Partnersuche spielen weitere Strategien eine entscheidende Rolle. Zwar müssen einzeln lebende Tiere zunächst überhaupt einen Partner aufspüren. Ansonsten aber geht es hier mehr um das "richtige" Finden, um die Auswahl, darum zu wissen, wann die Suche zu Ende ist. Dabei sind offenbar vor allem äußere Merkmale wichtig. Andreas Wessel: O-Ton 12: Wessel Warum wählen die Weibchen nach einem bestimmten Merkmal aus? In der Biologie sagt man den Begriff der Fitness. Also die Weibchen wollen jemanden haben, der einfach gut zurecht kommt im Leben, und wo auch dann höchst wahrscheinlich, dass auch die Nachkommen gute Ausstattung haben und auch sonst beste Start- A.+J.Westhoff, HR2-wissenswert:Vom Suchen u. Finden/ T. 1: Biologische Suchstrategien Seite: 5 __________________________________________________________________________________________ möglichkeiten. Und sie können nicht das Männchen die ganze Zeit beobachten. Sie wissen nicht, ob der gut ist bei der Nahrungssuche, gut beim Kampf mit irgendwelchen Feinden und so weiter und so fort, und sie suchen quasi jetzt evolutionär gesehen, nach vernünftigen Signalen dafür. Und das ist bis heute ein großes, großes Rätsel der Biologie, welche Signale sind sozusagen ehrliche Signale. Sprecherin: Das kommt einem doch bekannt vor, auch wenn der Biologe und Insektenforscher von Tieren redet. Tatsächlich hat die so genannte Attraktivitätsforschung zutage gefördert, dass auch das menschliche Partner-Suchverhalten weniger von romantischen denn von biologischen Motiven geleitet ist. Sprecher: "Aus evolutionsbiologischer Sicht kommt es nur auf das Aussehen an, weil hübsche und wohlgestaltete Individuen über die besten genetischen Voraussetzungen verfügen, um sich fortzupflanzen." Sprecherin: .… erklärte zum Beispiel der Wiener Evolutionsbiologe Karl Grammer, der wie auch viele amerikanische Wissenschaftler in „Laborversuchen“ erforscht, was Männer und Frauen gegenseitig anzieht: Sprecher: Man zeigt den Probanden Fotos oder Computeranimationen von potentiellen Geschlechtspartnern und stellt immer wieder fest: Die Suchenden „berechnen“ offenbar in Millisekunden und unbewusst Winkel, Abstände und Größenverhältnisse von Gesichtern und Körpern. Mit dem Ergebnis: Männer fühlen sich angezogen von vollen Lippen, einem kleinen Kinn und hohen Wangenknochen – äußere Merkmale, die mit einer reichlichen Ausschüttung des weiblichen Sexualhormons Östrogen in der zusammenhängen und damit für „Fruchtbarkeit“ stehen. Sprecherin: Frauen sind da etwas differenzierter: Pubertät A.+J.Westhoff, HR2-wissenswert:Vom Suchen u. Finden/ T. 1: Biologische Suchstrategien Seite: 6 __________________________________________________________________________________________ Sprecher: Sie reagieren nicht nur auf die Sexualmerkmale: breiter Kiefer und ein markantes Kinn, die für einen hohen Spiegel des männlichen Sexualhormons Testosteron stehen, sondern finden auch Männer mit femininen Zügen attraktiv. Sie deuten diese offenbar als Zeichen für gute Vätereigenschaften. Alles ist abhängig vom Menstruationszyklus der Frau: In der empfängnisbereiten Zeit werden die männlichen Männer gesucht. Und übrigens: Humor wirkt auch anziehend auf Frauen, er gilt, unbewusst, als Zeichen für Intelligenz und Kreativität, die man so gerne für seine Nachkommen hätte. Sprecherin: Zudem versuchen "Pheromonforscher" nachzuweisen, dass – wie bei Tieren – auch beim Menschen Dufthormone eine Rolle spielen. Der Berliner Biochemiker Professor Ferdinand Hucho: O-Ton 13: Hucho Ja, das ist ein sehr schillerndes Gebiet, in der Tierwelt ist es bekannt, da gibt’s Pheromone, die den Schmetterling über viele, viele Kilometer anlocken zu einer Blüte hin oder zu einer Blüte, auf der ein Partner sitzt, und da die Natur eigentlich erfolgreiche Konzepte bewahrt hat, hat man weiter oben in der Evolution, bei höheren Organismen gesucht, ob es dort auch so etwas gibt, es kommt immer wieder das Gerücht auf, dass auch der Mensch Pheromone aussendet, dass also mit dem Schweiß oder mit seinem Körpergeruch irgendwelche Substanzen ausgesendet werden, die Effekte haben auf andere Menschen. Sprecher: Bekannt ist das Experiment der Verhaltensforscherin Astrid Jütte vom Wiener Ludwig-Boltzmann-Institut. Sie hat Frauen an verschwitzten Hemden von Männern riechen lassen und festgestellt: Sie empfinden diesen Geruch als angenehm, wenn er ihnen am Tag ihres Eisprungs in die Nase steigt, also zum Zeitpunkt ihrer Empfängnisbereitschaft – aber auch nur dann. Sprecherin: Für Marketingstrategen eine klare Sache: Seit Jahren werden im Internet Pheromone angeboten: Zitator: "Sexlockstoff für Sie & Ihn. Diskrete und schnelle Lieferung." / "Mehr Erfolg beim Flirten – One Night Stand Pheromone aus den USA zu Discountpreisen". / "Attraktiv und sexy mit Pheromonen." A.+J.Westhoff, HR2-wissenswert:Vom Suchen u. Finden/ T. 1: Biologische Suchstrategien Seite: 7 __________________________________________________________________________________________ Sprecherin: Das ist für die Wissenschaft aber noch keineswegs ausgemacht: Sprecher: Auch der Schweizer Biologe Claus Wedekind ließ Frauen an verschwitzten Männerhemden schnüffeln und untersuchte die Wirkung der Gerüche in Bezug auf bestimmte Merkmale des Immunsystems. Ein Ergebnis: Frauen empfinden die Gerüche jener Männer als angenehm, deren Immunmerkmale von ihren eigenen abweichen. Die Pheromone könnten also eher so etwas wie eine "Inzuchtschranke" sein, nicht zum Traumpartner hinführen, sondern vor dem falschen warnen. Sprecherin: So aber verliert die Partnersuche endgültig ihren exotischen Zauber. Denn schon vor Jahren haben Wissenschaftler festgestellt, dass uns entsprechende Strategien fast in die Wiege gelegt sind. Der Berliner Verhaltensbiologe Professor Dietmar Todt: O-Ton 14: Todt Es gibt sehr deutliche Hinweise darauf, dass, wonach man denn schaut oder in wen man sich denn verliebt, schon in einer Lebensphase vorher festgelegt wird. Das wird in einer Altersphase festgelegt, wo die Biologen sagen, das ist die Phase der sexuellen Prägung. Das ist gut untersucht bei Vögeln, scheint aber auch in vielen anderen Fällen zu gelten, man verliebt sich nicht mehr in das ganz Bekannte, zum Beispiel auch in die Geschwister, da gibt’s eine Barriere, biologisch der Sinn ist, dass es nicht zur Inzucht kommt, und zweitens man verliebt sich aber auch nicht in das total Fremde. Und dazwischen gibt es einen Übergang, wo es ein bissel fremd und ein bissel vertraut sein kann und natürlich ganz spezielle Merkmale da sein sollten, die man eben dann schon kennen gelernt hat. Sprecherin: Es bleibt offenbar dabei: Wissenschaftlich betrachtet ist die Partnersuche stark biologisch gesteuert. Doch jenseits von Laborversuchen finden sich menschliche Paare oft genug aus Gründen zusammen, die für Außenstehende nicht immer nachvollziehbar und mitunter überraschend sind. A.+J.Westhoff, HR2-wissenswert:Vom Suchen u. Finden/ T. 1: Biologische Suchstrategien Seite: 8 __________________________________________________________________________________________ Sprecher: Es gibt offenbar noch eine Art Trick der Natur. Und das ist für einige Attraktivitätsforscher das Verlieben, die Zeit des Verliebtseins, die dem Suchen ein Ende setzt. Neurobiologische Studien haben gezeigt, dass es sich um einen vorübergehenden biochemischen Ausnahmezustand des Gehirns handelt, der den Menschen vor allem befähigt, sich auf einen Partner zu konzentrieren, mit dem er möglicherweise auch Nachkommen zeugen, also eine langfristige Bindung aufbauen kann. Regie: Atmo 4: Navigationsgerät in Aktion, abblenden, dann Sprecherin: Im Lichte der faszinierenden Suchstrategien im Tierreich muss am Ende die Frage stehen: Ist der Mensch nun ein guter oder schlechter Sucher? Dazu der Zoologe und Neurobiologe Professor Randolf Menzel von der Freien Universität Berlin: O-Ton 15: Menzel Wenn man irgendeine Spezies als schlechter oder besser bezeichnet, dann ist das eine ganz unbiologische Betrachtungsweise. Biologen wissen zwar, dass die Evolution nicht immer Perfektes erzeugt hat, aber sie wissen, dass die Evolution in hohem Maße angepasste Spezies zur Folge hat. Natürlich können wir kein Ultraschall hören, und wir können kein ultraviolettes Licht sehen, wir können kein Infrarotbild haben wie die Schlangen, aber wir haben die für unsere Lebenswelt passenden und in der Kombinatorik besonders starken Sorten von Fähigkeiten, die uns in die Lage versetzen, zum Beispiel in dem Suchvorgang so besonders effektiv zu sein. Vielleicht ist das Erlebnis des Mangels ein besonders wichtiger Antrieb. Wir suchen nach etwas, das wir selbst nicht leisten können mit unseren zur Verfügung stehenden einfachen, nicht mir Apparaten ausgestatteten Sinnesorganen. Also genau genommen will ich damit sagen, dass Suchen Wissenschaft ist und dass Wissenschaft Suchen ist. Regie: Atmo 4: Navi mit dem Schlusssatz „Sie haben Ihren Bestimmungsort erreicht“.