Herausforderung an unser Menschen

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Nov 2000
Der Alp-(traum) der leidensfreien Gesellschaft Herausforderung an unser Menschen- und Gesellschaftsbild
Erklärung der Bundesarbeitsgemeinschaften Behinderten-, Frauenund Gesundheitspolitik, Gen- und Fortpflanzungsmedizin zu aktuellen Tendenzen der Fortpflanzungsmedizin
Die rasanten Entwicklungen in der Fortpflanzungsmedizin insbesondere in Verknüpfung mit der Gentechnik werfen ethische Fragen von einer Reichweite auf, deren Beantwortung grundlegende Auswirkungen auf das Menschenbild und das Zusammenleben von Menschen in unserer Gesellschaft haben wird.
Der Mensch selbst in seiner genetischen Ausstattung ist zum Objekt forscherischer
Begierde und manipulativer Eingriffe geworden. Die falschen Versprechungen des
biotechnischen Zeitalters, täglich in Zeitungsmeldungen, Wissenschaftsreports und
Fernsehrberichten transportiert, lauten, dass Krankheit, Behinderung und Leiden aus
der Welt geschafft werden können und dem Tod durch Herstellung von Klonen ein
Schnippchen geschlagen werden soll.
Eltern, die sich für ein Kind mit genetisch bedingter Behinderung entscheiden, geraten unter Begründungszwänge. Frauen würden als Produzentinnen von Eizellen oder
Embryonen zu Rohstofflieferantinnen degradiert, Geschwisterkinder würden nach
genetischem Check-up durch Präimplantationsdiagnostik zum Ersatzteillieferanten
für bereits lebende Familienmitglieder. Von diesen Entwicklungen ist der einzelne
Mensch ebenso betroffen, wie familiäre und gesellschaftliche Beziehungen.
I Politik muss Rahmen setzen
Politik hat hier eine besondere Verantwortung. Die technischen Entwicklungen werfen komplexe Fragen auf, die nicht einfach beantwortet werden können. Auch deshalb ist der gesellschaftliche Diskurs langsamer als die technische Entwicklung. Aufgabe der Politik ist es, diesen Diskurs zu initiieren und zu moderieren. Außerdem
müssen Entscheidungen getroffen werden, weil sonst die staatliche Rahmensetzung
ins Hintertreffen gerät.
Die Partei Bündnis 90/DIE GRÜNEN wird sich der schwierigen Diskussion im Spannungsfeld von Machbarkeit und ethischer Begrenzung stellen. Ein Grundgedanke,
von dem wir uns in dieser innerparteilichen und gesellschaftlichen Debatte leiten lassen, ist, dass das weitere Voranschreiten biomedizinischer Forschung und Eingriffsmöglichkeiten kein Automatismus ist und keine vollendete Tatsache darstellt, sondern nur eine Möglichkeit von vielen.
Wir sehen die Nöte von Paaren, die aufgrund ihrer eigenen genetischen Konstitution
fürchten, ein Kind mit einer schweren Erberkrankung zu bekommen. Doch der im
Einzelfall verständliche Wunsch nach einer medizinisch-technischen Lösung kann
nicht alleiniger Maßstab politischen Handelns sein. Vielmehr hat die Politik die Ver-
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antwortung, die gesellschaftlichen Folgen vorauszudenken und bei der Rahmensetzung zu berücksichtigen.
Das inzwischen zehn Jahre alte Embryonenschutzgesetz hat im Bereich der Fortpflanzungsmedizin deutliche Grenzen gezogen. Nun gibt es Bestrebungen von unterschiedlicher Seite, den hohen Schutzstandard aufzuweichen. Wir unterstützen die
Bemühungen von Gesundheitsministerin Fischer, ein Fortpflanzungsmedizingesetz
vorzulegen, das unter Beibehaltung des hohen Schutzniveaus Sachverhalte unmissverständlich klärt und auch in Zukunft bei neuen biotechnischen Entwicklungen in
diesem Bereich einen klaren Rahmen setzt, durch den enge Grenzen gezogen werden. Wir nehmen die Debatte zum Anlass, auch noch einmal die Pränataldiagnostik
und die In-vitro-Fertilisation auf den Prüfstand zu stellen.
II Wechselwirkung zwischen individuellen Entscheidungen und der Gesellschaft
Mit den neuen biomedizinischen Zugriffsmöglichkeiten auf den Menschen steigen die
Begehrlichkeiten nach Gestaltung und Planbarkeit und gleichzeitig der Zwang zur
Entscheidung. Vermeintlich freiwillige Entscheidungen werden zunehmend auch unter einem sozialen Druck gefällt. Scheinbar autonome Entscheidungen sind aber
auch immer eingebunden in den sozialen Kontext der EntscheidungsträgerInnen.
Auf der anderen Seite haben die Entscheidungen von Einzelnen Auswirkungen auf
die Gesellschaft, auf jetzt Lebende und auf zukünftige Generationen. Insbesondere
Behinderte und chronisch Kranke sind betroffen. Ohne Gegensteuerung sind wir auf
dem direkten Weg zum „qualitätsgesicherten“ Kind. Hierdurch wird zugleich der bisher unangefochtene Grundsatz von der Gleichwertigkeit jeden Lebens aufgegeben.
Das Leben von Menschen mit Behinderung wird dadurch zugleich abgewertet. Dies
widerspricht dem Grundgesetz.
Nur 2 % aller Krankheiten und Behinderungen sind genetisch bedingt. Die Versprechen der modernen Fortpflanzungsmedizin, Behinderungen in weitem Umfange zu
vermeiden, sind schon deshalb eine reine Illusion, weil bei festgestellten genetischen
„Fehlern“ eine Aussonderung dieses Lebens die einzige angebotene „Therapie“ ist.
Zugleich wird aber die Ideologie verbreitet, ein Leben mit Behinderung sei möglichst
zu verhindern. In den letzten Jahrzehnten haben immer mehr behinderte Menschen
ein Leben in Selbstbestimmung auch mit Behinderung, eingeschränkter Leistungsfähigkeit und Pflegebedürftigkeit für sich erkämpfen können. Diese Erfahrungen müssen aufgegriffen werden, statt die Illusion zu verbreiten, Krankheit und Behinderung
seien irgendwann einmal vermeidbar. Die Gleichstellung von behinderten Menschen
muss konsequent vorangetrieben, Diskriminierungen müssen abgebaut und bedarfsgerechte soziale Leistungen angeboten werden. In dem Maße, in dem ein selbstbestimmtes Leben mit Behinderung selbstverständlich wird, nimmt der Druck für die
Aussonderung behinderten Lebens ab.
Häufig wird gesagt, die Fortpflanzungsmedizin fördere die Selbstbestimmung der
Frauen. Damit erfährt der Selbstbestimmungsbegriff eine unzulässige Umdeutung.
Der Kampf um Selbstbestimmung hat seine Wurzeln in der Einforderung grundlegender Menschenrechte auch für Frauen. Ein Recht auf ein (gesundes) Kind kann
und darf es aber nicht geben.
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Natürliche Prozesse wie Schwangerschaft, Geburt und in den letzten Jahren auch
immer häufiger das Schwangerwerden unterliegen immer stärker der technischen
Kontrolle durch MedizinerInnen. Wünsche und Ansprüche der Frauen/ Paare sind
daher auch immer Ergebnisse der von der Fortpflanzungsmedizin vorgegebenen
Handlungsoptionen und Handlungszwänge.
Die Instrumentalisierung des Selbstbestimmungsbegriffes zugunsten der Pränataldiagnostik wird bei der Diskussion um den § 218 deutlich: Während bei einem
Schwangerschaftskonflikt nach § 218 der Schutz des Ungeborenen oberstes Ziel
staatlicher Intervention ist, wird im Falle einer Behinderung oder Krankheit des Ungeborenen grundsätzlich der Konflikt der Frau als ausreichender Grund für einen Abbruch akzeptiert - ohne Pflichtberatung und Fristenregelung."
III Fortschritt in der Forschung durch Vielfalt und Begrenzung
Die Debatte über eine Aufweichung des Embryonenschutzgesetzes ist von denen
initiiert worden, die außer Acht lassen, dass der Mensch eine leibliche, seelische und
geistige Einheit ist und nicht Produkt seiner Gene. Ohnehin sind nur 2% aller Krankheiten monogenetisch bedingt. Krankheit und Gesundheit sind ein komplexes Geschehen und lassen sich nicht mit einer reduktionistischen Herangehensweise erklären. Der weitaus größte Teil von Krankheiten und Behinderungen erklärt sich durch
soziale, ökonomische und ökologische Bedingungen
Behandlungskonzepte, die sich ausschließlich auf technische Lösungen stützen, sind
höchst problematisch. Angesichts der weitreichenden Folgen fordern wir von der Medizin mehr Bescheidenheit. Nicht alles, was technisch machbar ist, soll auch gemacht
werden. Bei der Lösung von Probleme sollen verstärkt nicht-technische Lösungen
zum Tragen kommen.
Globalisierung heißt für uns nicht, dass sich alle Länder auf ein gleich niedriges
Schutzniveau einigen müssen. Unterschiede können bestehen bleiben, weil sie ihre
Ursache auch in dem unterschiedlichen kulturellen Hintergrund haben.
Gerade wer Fortschritt in der Medizin will, darf den Blick nicht auf die technischen
Lösungen verengen. Freiheit der Wissenschaft ist nur da gewährleistet, wo vielfältige
Ansätze gefördert werden. Die Interessen, die hinter Forschungsfragen, - methoden
und –ergebnissen stehen, müssen transparent gemacht werden. Wir fordern, dass in
Zukunft verstärkt die Interessen und das Wissen von PatientInnen, Angehörigen, des
Pflegepersonals und der Zivilgesellschaft in die Forschung einfließen. Deshalb sind
neue Dialogformen zu entwickeln und zu etablieren.
V Für die Bandbreite menschlicher Individualität
Wir orientieren uns in unseren Entscheidungen am Grundsatz der Behindertenbewegung „Es ist normal verschieden zu sein“. Wir treten ein für die Wertschätzung der
ganzen Bandbreite menschlicher Individualität. Jedes Kind ist einzigartig und unvergleichlich. Dies darf auch nicht durch eine beliebige Vermehrung von Individuen
durch Klonen entwertet werden. Deshalb wehren wir uns gegen „normgerechte“ Kinder. Wir erkennen an, dass es die Besonderheit des menschlichen Lebens ausmacht, dass es eine Vielfalt von Lebensgestaltungsprozessen gibt, die eine Bereicherung für das menschliche Zusammenleben sind. Eine Reduktion auf die „fitten,
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normgerechten“ Bürgerinnen und Bürger würde eine Verarmung der Gesellschaft
und die Entsolidarisierung von denen, die auf unsere Unterstützung angewiesen
sind, zur Folge haben. Die jeweils schwächsten Mitglieder der Gesellschaft sind unser Maßstab für die ethische Güte von Entscheidungen
V Probleme der Pränataldiagnostik
In unsere Überlegungen über den Umgang mit neuen fortpflanzungsmedizinischen
Methoden wie der PID beziehen wir die Erfahrungen bei der Einführung und Verbreitung von bereits etablierten Verfahren der pränatalen Diagnostik mit ein. Am Anfang
sollte die Pränataldiagnostik nur in wenigen, eng begrenzten Fällen, eingesetzt werden. Inzwischen ist sie zu einem Massenscreening geworden. Damit ist die Pränataldiagnostik von der Ausnahme zur Regel geworden. Auch in der Ärzteschaft werden
zunehmend kritisch die Folgen diskutiert: wachsende Zahl von Spätabbrüchen, Kinder, die den Abbruch überleben, Diskussionen um Fetozid...
Wenn aber Menschen als „verhinderbar“ abgestempelt werden, dann hat dies gravierende negative Folgen für das Menschenbild in unserer Gesellschaft. Offensichtlich
sind die unerwünschten ethischen und sozialen Folgen bisher weder ausreichend zur
Kenntnis genommen noch im Sinne des Schutzes von Menschen mit „Normabweichungen“ handhabbar.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat seine ursprünglich für die Fälle fehlgeschlagener
Sterilisation infolge ärztlichen Verschuldens entwickelte Rechtssprechung zum ungewollt geborenen Kind als „Schaden“ (genauer: Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber dem Kind als Vermögensschaden) seit Anfang der 80er Jahre ausgedehnt und
auch auf die Fälle angewandt, in denen der behandelnde Arzt, nicht, zu spät oder
nach Auffassung des BGH nicht hinreichend dringlich zu einer Pränataldiagnostik
geraten hat und deshalb ein Kind mit Behinderung geboren wurde. Ohne weiteres
ging der BGH in allen Fällen davon aus, dass sich die Eltern bei Kenntnis des Risikos, ein behindertes Kind zu bekommen, für einen Schwangerschaftsabbruch entschieden hätten. In der Folge dieser Rechtsprechung müssen die ÄrztInnen, um eine
mögliche Haftung zu vermeiden, auf die Durchführung der Pränataldiagnostik und
auf einen Schwangerschaftsabbruch im Falle „positiver“ Ergebnisse dringen.
In unsere Überlegungen lassen wir auch Erfahrungen aus der Vergangenheit einfließen. Wir wehren uns entscheiden gegen alle eugenische Tendenzen, auch wenn
sie nicht wie im Faschismus staatlich verordnet bzw. gefördert werden. Gerade in
Deutschland wurde eine Ideologie auf furchtbare und menschenverachtende Weise
exekutiert, die behauptete, an den „perfekten Menschen zu glauben“
VI Fokussierung auf In-vitro-Fertilisation der falsche Weg
Ungewollte Kinderlosigkeit kann physische oder psychische Ursachen haben. Sie ist
keine Krankheit- auch wenn Menschen dies so empfinden. Auf keinen Fall ist ein
Kinderwunsch, so verständlich er auch sein mag, ein alle Mittel heiligendes Ziel, dessen Nichterfüllung zu einer Notlage führt
Die einseitige Fokussierung auf die In-vitro-Fertilisation ist der falsche Weg. Pychosoziale Ursachen sollen nicht durch technische Methoden behandelt werden.
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Die Tatsache, dass es die technischen Möglichkeiten der künstlichen Befruchtung
und der pränatalen Diagnostik gibt, haben einen Bedarf geweckt, der vorher nicht
vorhanden war und der Menschen immer wieder vor schwere Entscheidungen stellt.
Die Erfahrung zeigt, dass die IVF mit erheblichen Risiken und Belastungen für die
Frauen verbunden ist. Durch die öffentliche Darstellung wird suggeriert, als sei die
Erfolgsrate der In-vitro-Fertilisation sehr hoch und als würde die Teilnahme an einem
solchen Programm auf alle Fälle zur Geburt eines Kindes führen. Auch deshalb ist es
notwendig, nachvollziehbare Statistiken über die Erfolgsraten zu veröffentlichen.
Wir wollen ein gesellschaftliches Klima fördern, in dem die Kinderlosigkeit nicht länger stigmatisiert wird und unterschiedliche Lebensentwürfe gleichberechtigt nebeneinander stehen.
VII Es gibt keinen abgestuften Grundrechtsschutz
Der dem Grundgesetz zugrunde liegende Menschenwürdebegriff geht davon aus,
dass ein Embryo unabhängig davon, ob er sich in der Gebärmutter einer Frau oder
nach künstlicher Befruchtung in der Petrischale befindet, mit dem Moment seines
Entstehens schützenswert ist und nicht instrumentalisiert werden darf. Das Embryonenschutzgesetz folgt dieser Grundentscheidung und stellt deshalb den in vitro erzeugten Embryo unter Schutz. Ein abgestufter Schutzstatus des Embryo je nach
Entwicklungsstadium ist im Gegensatz zu anderen Staaten in der Bundesrepublik
nicht vorgesehen. Gerade weil der in vitro erzeugte Embryo nicht durch eine Frau
und ihren Leib geschützt ist, bedarf er des besonderen juristischen Schutzes des
Embryonenschutzgesetzes, bzw. des geplanten Fortpflanzungsmedizingesetzes.
Menschenwürde kommt schon dem ungeborenen – also auch dem noch nicht in die
Gebärmutter transferierten – menschlichen Leben zu. Eine Verfügbarmachung und
Selektion von Embryonen zum Beispiel im Rahmen der Präimplantationsdiagnostik
widerspricht also nicht nur Artikel 1 Grundgesetz und dem Embryonenschutzgesetz,
sondern wirft ethische und gesellschaftliche Probleme von größter Reichweite auf.
VIII Präimplantationsdiagnostik muss ausgeschlossen bleiben
Das Embryonenschutzgesetz untersagt derzeit die PID. Von interessierter Seite wird
das Gesetz allerdings einschränkend interpretiert. Wir lehnen die Präimplantationsdiagnostik (PID) grundsätzlich ab und fordern, im geplanten Fortpflanzungsmedizingesetzes ein klares Verbot von PID aufzunehmen. Präimplantationsdiagnostik ist weit
mehr als eine vorgezogene Pränataldiagnostik.
Voraussetzung für PID ist die künstliche Befruchtung. D.h. Frauen, die bestimmte
genetische Risiken ausschließen wollen, müssen sich der äußerst belastenden Prozedur einer IVF unterziehen. PID ersetzt jedoch nicht die Pränatale Diagnostik
(PND), die immer zusätzlich angewendet wird, um z.b. Entwicklungsstörungen etc.
auszuschließen. Weder die PD noch PID geben die Garantie auf ein „gesundes
Kind“. Untersuchungen belegen, dass Frauen/ Paare nach PD die Geburt eines
kranken/behinderten Kindes schlechter akzeptieren können als Frauen, die sich gegen PND entschieden haben.
Die PID ist wie die Pränataldiagnostik eine auf Selektion abzielende Technik.
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Im Gegensatz zur PND wird bei der PID bereits vor der Schwangerschaft eine Entscheidung zur Auslese getroffen. Nur die makellosen Embryonen sollen der Frau
übertragen, die Embryonen mit genetischem Defekt verworfen werden. Nachwuchs
unter Qualitätsvorbehalt darf es nicht geben
Befürworter von PID argumentieren mit der engen Begrenzung auf schwere Erbkrankheiten und damit auf wenige Risikofamilien. Eine Grenzziehung ist nicht möglich Sowohl die langjährigen Erfahrungen mit der PND wie auch noch recht junge
Entwicklung bei PID in anderen Ländern zeigen deutlich, dass eine Begrenzung auf
eine enge Indikation lediglich Augenwischerei ist. Wer maßt sich an, darüber zu entscheiden, welche Erkrankung schwer und welche weniger schwer ist? Zudem bietet
die PID erstmalig die Möglichkeit, zur Herbeiführung einer Schwangerschaft zwischen verschiedenen Embryonen nach genetischen Eigenschaften auszuwählen.
Hier ist eine Ausweitung eugenischer Kriterien bis hin zu Augenfarbe oder Geschlecht möglich, denn die Selektion im Reagenzglas fällt ungleich leichter als die
Entscheidung für einen Abbruch bei fortgeschrittener Schwangerschaft.
PID wird Türöffner für die genetische Manipulation des Menschen sein. Von der Selektion ist der Schritt zu gezielten genetischen "Therapie" oder dem Wunsch nach
"Verbesserung" des Nachwuchses nicht weit, wie Diskussionen über die Keimbahntherapie in den USA belegen."
Gerade weil die moderne Fortpflanzungsmedizin und die genetische Diagnostik/Manipulation sowie die Klontechniken immer stärker ineinander greifen, ist der
Schutz des Embryos ex-vivo durch klare gesetzliche Regelungen erforderlich.
IX Forderungskatalog
Unsere Kernanforderungen an das neue Fortpflanzungsmedizingesetz
Ein Fortpflanzungsmedizingesetz sollte nach Auffassung der beteiligten BAGen mindestens folgende Anforderungen erfüllen:
 Wir fordern die Beibehaltung des Ausschlusses jeglicher Forschung an Embryonen. Deshalb ist auch embryonale Stammzellforschung vom Gesetz auszuschließen
 Eizellspenden sollen nicht möglich sein
 Die Keimbahnmanipulation muss untersagt bleiben
 Sogenanntes „therapeutisches“ und reproduktives Klonen muss weiterhin
verboten und geächtet werden
 Die Produktion und Konservierung überzähliger Embryonen bleibt verboten
 Leben darf nicht patentiert werden. Deshalb ist die EU-Biopatentrichtlinie zu
ändern
 Die Präimplantationsdiagnostik soll eindeutig und ohne Ausnahme verboten
werden
 .
 Der Import von Embryonen oder Stammzellen zu Forschungszwecken die im
Ausland unter Bedingungen hergestellt wurden, die nach deutschem Recht
untersagt sind, ist untersagt. Dies gilt auch für den Handel oder für andere
Formen des Inverkehrbringens.
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
Fortpflanzungsmedizinische Maßnahmen sollen auch außerhalb einer bestehenden Ehe für dauerhafte Partnerschaften zugelassen werden
Unsere Forderungen im Zusammenhang mit der Pränataldiagnostik
 Es sind die gesetzlichen Möglichkeiten zu prüfen, wie das vom Grundgesetz
garantierte Diskriminierungsverbot so verankert werden kann, dass in Zukunft
Gerichtsurteile, die die Geburt eines behinderten Kindes als Schaden ansehen, ausgeschlossen werden kann
 Bei Beratungen in Zusammenhang mit der Pränataldiagnostik ist die Verpflichtung der Beratungstellen festzuschreiben, zu einer Beartung im Zusammenhang mit festgestelltem Risiko einer Behinderung eine Selbsthllfegruppe, Elterorganisation oder Behindertenorganisation mit Erfahrungen im Hinblick auf
eine mögliche Behinderung hinzuzuziehen.
Unsere Forderungen im Zusammenhang mit der IvF
 In Zukunft sollen alle IVF-Versuche einheitlich statistisch erfasst und die Erfolgsraten (die Geburt von Kindern) der einzelnen Kliniken transparent gemacht werden.
 Ein flächendeckendes Angebot freiwilliger psychologischer Beratung ist zu
gewährleisten.
 In einer Informationskampagne sollen verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt
werden zum Umgang mit der Ungewollten Kinderlosigkeit.
Die Bundesarbeitsgemeinschaften Behinderten-, Frauen- und Gen- und Fortpflanzungsmedizin wollen mit diesem Papier einerseits klare Position beziehen
zu den anstehenden Beratungen um das Fortpflanzungsmedizingesetz und andererseits eine breite innerparteiliche Debatte anstoßen, die in die Gesellschaft
hineinwirken soll.
Geben wir der Modernisierung im Bereich Biomedizin eine an der Menschenwürde, den Bürgerrechten und an der Vielfalt des menschlichen Lebens orientierte Richtung! Eine Verengung auf technische Lösungen verbaut Zukunftschancen!
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