2.2 Hochschulreform und Finanzierung des

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Gender Budgeting an Universitäten
Rothe, Andrea / Erbe, Birgit / Klatzer, Elisabeth / Zebisch, Johanna
Inhalt:
1.
Allgemeines und Definitionen
2.
Die Ausgangsbedingungen für Gender Budgeting
2.1
Die Situation von Frauen im Wissenschaftssystem von Deutschland, Österreich und Polen
2.2
Hochschulreform und Finanzierung des Universitätssektors
3.
Prozessanalyse und Gender Budgeting
4.
Dimensionen von Gender Budgeting an Universitäten
4.1
Dimension geschlechtergerechte Verteilung öffentlicher Mittel
4.2
Dimension Teilhabechancen an öffentlichen Gütern
4.3
Dimension Lenkungswirkung von Geld
5.
Methodischer Ansatz: Phasen im Steuerungskreislauf
5.1
Bewusstseinsbildung und Sensibilisierung
5.2
Ist-Analyse als Ausgangspunkt von Gender Budgeting an Universitäten
5.3
Entwicklung und Formulierung von geschlechtsdifferenzierten und -reflexiven Zielen und
Indikatoren
5.4
Programme, Maßnahmen und Instrumente
5.5
Gender Impact Assessment (GIA)
5.6
Zuweisung von Finanzmitteln
5.7
Implementierungen von Instrumenten und Maßnahmen/Projekten
5.8
Monitoring und Gender-Controlling
5.9
Resümee
6.
Umsetzungsvorschläge und -ebenen an der Universität Augsburg
6.1
Kosten-/Leistungsrechnung
6.2
Inneruniversitären Mittelverteilung
6.3
Sensibilisierung und kommunikative Validierung
6.4
Absicherung der Nachhaltigkeit
7.
Umsetzungsvorschläge und -ebenen an der Wirtschaftsuniversität Wien
8.
Umsetzungsvorschläge und -ebenen an der Universität Danzig
8.1
Die Support Actions für die Universität Danzig
8.2
Empfehlungen zur Implantierung von Gender Budgeting an polnischen Universitäten
2
1.
Allgemeines und Definitionen
Im Rahmen der Diskussion zu Gender Budgeting geht es konkret um die Frage, wie Gender
Budgeting in unterschiedlichen Bereichen praktisch umzusetzen sei. Der Fokus lag bislang
vor allem auf den Länder- und kommunalen Haushalten. Wie ist aber Gender Budgeting auf
unterschiedliche Organisationen anzuwenden, die einen staatlichen Auftrag haben und dafür
öffentliche Mittel erhalten, wie z.B. Universitäten?
In der zweiten Hälfte der 1990er
Jahre hielt Gender
Mainstreaming Einzug in die
Hochschulreformdebatte. Der
Reformprozess und die
Einführung neuer
Steuerungsinstrumente sollten
nach den Vorstellungen der
Hochschulfrauenbeauftragten für
die Förderung der Gleichstellung
von Frauen und Männern im
Wissenschaftsbereich genutzt
werden (vgl. u.a. Kirsch-Auwärter 2002). Dass sich der akademische Bereich als besonders
resistent gegen die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern erwies, stützen
vergleichende Studien der Europäischen Kommission (vgl. European Commission 2000 und
2002). Strukturelle Benachteiligung und Verschwendung von Talenten von Frauen wurden
für sämtliche EU-Staaten diagnostiziert. Die Mitgliedstaaten wurden zu weitgehenden
Gleichstellungsmaßnahmen aufgefordert und die EU-Kommission machte einen Gender
Action Plan zur Bedingung für die Antragstellung im 6. Forschungsrahmenprogramm
(Zeitraum 2002-2006, Volumen: 17,5 Mrd. Euro).1 Damit sollten die Entwicklung von Gender
Mainstreaming-Instrumenten für die Wissenschaft gefördert und ein Gender Watch System
etablierte werden.
1
Im 7. Forschungsrahmenprogramm (2007-13) werden keine Gender Action Pläne der
AntragstellerInnen mehr verlangt, u.a. mit der Begründung dass die überwiegende Mehrheit der
EvaluatorInnen die Geschlechterkompetenz fehle, um solche Pläne beurteilen zu können. Dies
bedeutet den Verzicht auf die verbindliche Berücksichtigung der Geschlechterverhältnisse in die
Forschungskonzeption und Projektplanung.
3
Bildunterschrift: Die Projektpartnerinnen von links nach rechts: Monika Mayrhofer
(Österreich), Michaela Neumayr (Österreich), Michaela Pichlbauer (Deutschland), Zofia
Lapniewska (Polen), Malgorzata Tarasiewicz (Polen), Dr. Andrea Rothe (Deutschland), Dr.
Elisabeth Klatzer (Österreich) und Birgit Erbe (Deutschland)
In diesem Rahmen verortet sich das transnationale EU-Projekt „Gender Budgeting als
Instrument zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern in wissenschaftlichen
Organisationen – am Beispiel von Universitäten“2. Es will einen Beitrag leisten, wie Gender
Budgeting als wichtiger Teil des Haushaltes und der Mittelverteilung in der Wissenschaft zu
verstehen und implementieren ist. Der Prozess der Mittelverteilung soll transparent und
geschlechtergerecht sein. Und Haushaltsmittel sollen so eingesetzt werden, dass sie
Lenkungswirkung im Hinblick auf das Ziel einer faktischen Geschlechtergleichstellung in der
Wissenschaft entfalten. Dabei sind drei Dimensionen in Bezug auf die
Geschlechterverhältnisse zu berücksichtigen, die weiter unten noch ausgeführt werden:
1. die Verteilung öffentlicher Mittel
2. die Teilhabechancen an öffentlichen Gütern
3. die Lenkungswirkung von Geld
Gender Budgeting unterstützt mit seinen datenbasierten Instrumenten den Prozess der
Planung und Evaluierung von Maßnahmen, die Transparenz von Entscheidungsprozessen
und den effizienten Einsatz öffentlicher Mittel. Am Beispiel der Universitäten Augsburg,
Gdansk und der Wirtschaftsuniversität Wien wurden im Rahmen des EU-Projektes neue
Erkenntnisse gewonnen. Der Ländervergleich erlaubt zudem verallgemeinerte Aussagen,
wie Gender Budgeting unter unterschiedlichen Rahmenbedingungen eingesetzt werden
kann.
Das Projekt umfasste folgende Projektschritte, deren zentrale Ergebnisse im Weiteren
vorgestellt werden:

Analyse der nationalen Rahmenbedingungen für Frauen und Männer in der Wissenschaft
in Deutschland, Österreich und Polen
2
Das Projekt ist eine Special Support Action im Rahmen des 6. Forschungsrahmenprogramms der
EU mit einer Laufzeit von 2 Jahren (September 2006 bis August 2008). Projektträger ist die FAM
Frauenakademie München e.V., Partnerinnen sind SIM Sozialwissenschaftliches Institut München,
Network East-West-Women NEWW-Polska sowie die Wirtschaftsuniversität Wien. Die Projektleitung
liegt bei Dr. Andrea Rothe, wissenschaftliche MitarbeiterInnen sind: Maciej Debski, Birgit Erbe, Werner
Fröhlich, Dr. Elisabeth Klatzer, Zofia Lapniewska, Monika Mayrhofer, Michaela Neumayr, Michaela
Pichlbauer, Malgorzata Tarasiewicz, Dr. Andrea Rothe, Johanna Zebisch.
4

Analyse der tatsächlichen Situation von Frauen und Männern an den drei kooperierenden
Universitäten

Analyse der Haushaltsprozesse an den drei kooperierenden Universitäten

Entwicklung von Instrumenten für ein Gender Budgeting an Universitäten

Specific Support Actions für die Universitäten3
3
Die Berichte sind nachzulesen unter: http://www.frauenakademie.de/projekt/eu_genderbudgeting/gender-budgeting_reports.htm
5
2. Die Ausgangsbedingungen für Gender Budgeting
2.1
Die Situation von Frauen im Wissenschaftssystem von Deutschland, Österreich
und Polen4
In Deutschland nehmen annähernd gleich viele Frauen wie Männer ein Studium auf, in Polen
und Österreich liegt der Frauenanteil der Studienanfängerinnen sogar bei deutlich über 50
%. In allen drei Ländern ist die Studienabbruchquote der Frauen niedriger als die der
Männer, d.h. Frauen schließen ihr Studium häufiger erfolgreich ab. Auf den höheren
akademischen Hierarchieebenen nahm die Zahl der Frauen seit Ende der 1980er Jahre
deutlich zu. Und dennoch gehen überproportional viele Frauen auf dem Weg zur Spitze der
Wissenschaft „verloren“, wenngleich hier zwischen Deutschland und Österreich auf der einen
Seite und Polen auf der anderen Seite signifikante Unterschiede bestehen, wie folgende
Tabelle veranschaulicht:
Anteil der Frauen im akademischen Qualifikationsverlauf:
Land
Deutschland (2004)
Österreich (2004)
Polen (2005)
Studienabschlüsse
49 %
54,4 %
65 %
Promotionen
39 %
40,4 %
49 %
Habilitationen
23 %
19,2 % *
35 %
Professuren
13,6 % **
12,8 %
16 %
* für 2001; Habilitationen wurden anschließend abgeschafft.
** Der Frauenanteil bei C 4-/W 3-Professuren lag bei 9,2 %.
Quellen: Erbe 2006, Klatzer/Meyrhofer/Neumayr 2006, Lapniewska/Tarasiewicz 2006
Frauen nehmen im transnationalen Vergleich zu der Gruppe der Männer auch in der
Wissenschaft bei gleicher Qualifikation die schlechteren Positionen im Hinblick auf Gehalt,
Befristung und Status ein. Nach wie vor verteilen sich die Studierenden nach
geschlechtsspezifischen Mustern. Deutlich mehr Männer studieren Natur- und
Ingenieurwissenschaften und deutlich mehr Frauen Sprach- und Kulturwissenschaften,
Kunst / Kunstwissenschaft und Veterinärmedizin. In allen drei untersuchten Ländern haben
Männer bei der Antragstellung für Forschungsmittel um 11 % (Österreich), 5,9 %
(Deutschland) und 4,6 % (Polen) bessere Chancen als Frauen (She Figures 2006, 70). In
Entscheidungspositionen sind einzelne Frauen an prominente Stellen gerückt, doch
insgesamt steigerte sich ihr Anteil nur langsam und schwankt in den verschiedenen
Gremien. Durchschnittlich liegt der Anteil von Frauen in Spitzenpositionen in Polen bei 7 %,
in Österreich bei 10 % und in Deutschland bei 16 %.
4
vgl. Erbe 2006, Klatzer/Meyrhofer/Neumayr 2006, Lapniewska/Tarasiewicz 2006
6
Deutliche Unterschiede gibt es zwischen den untersuchten Ländern hinsichtlich ihrer
Gleichstellungsstrategie in der Wissenschaft. Österreich hat einen offiziellen Gender
Mainstreaming- und Gender Budgeting-Ansatz. Deutschland setzt nach wie vor stärker auf
spezifische Instrumente der Frauenförderung, wie Frauenbeauftragte und Frauenförderpläne
bis hin zu monoedukativen Ingenieurstudiengängen. In Polen spielen
Gleichstellungsmaßnahmen und Gender Mainstreaming bislang keine Rolle.
Frauenförderung existiert nur im Rahmen von internationalen Programmen, Frauen- und
Geschlechterforschung sind nicht institutionalisiert. Im Gegensatz dazu gibt es in Österreich
und Deutschland seit den 1990er Jahren Frauen- und Geschlechterstudiengänge mit
entsprechenden Professuren, wenngleich ihre Position als marginal zu bezeichnen ist.
2.2
Hochschulreform und Finanzierung des Universitätssektors
Die Finanzierungssysteme des Hochschulsektors unterscheiden sich in Europa stark
voneinander und selbst innerhalb Deutschlands hat jedes Bundesland seine eigenen
Regelungen. Insofern wird in diesem Kapitel beispielhaft die deutsche bzw. bayerische
Situation beschrieben. In Bezug auf die Einführung neuer Steuerungsinstrumente kann
allerdings von einem europaweiten Trend gesprochen werden.
Bei den gegenwärtigen Reformen, die den Hochschulbereich betreffen, ist noch nicht klar,
inwiefern Frauen davon profitieren werden, wenngleich die Frauenbeauftragten und Frauenund Geschlechterforscherinnen diese im Sinne des Gender Mainstreaming zu beeinflussen
suchen. Während die Einführung neuer Steuerungsinstrumente durchaus als Chance
betrachtet wird, zeichnen sich bei der Umstellung der Studiengänge auf BA und MA und
auch bei der Einführung von Studiengebühren neue Ausschlussmechanismen ab. Die
Föderalismusreform führte zu einer weiteren Dezentralisierung im Hochschulsektor. Ob die
Länder und die Hochschulen in den Wettbewerb um Chancengleichheit treten werden, ist
fraglich.
Mit der Einführung neuer Steuerungsinstrumente stehen die Länder und Hochschulen noch
relativ am Anfang. Zudem gehen die einzelnen Länder unterschiedliche Wege. Eine Abkehr
von der Kameralistik ist beschlossen. Manche Länder weisen den Hochschulen bereits
Globalhaushalte zu. Dennoch sind die tatsächlich frei verfügbaren Mittel für Hochschulen
stark begrenzt, weil der größte Posten für Personal gebunden ist. Formelgebundene
Mittelvergabemodelle mit Gleichstellungsindikatoren wurden in den meisten Ländern bereits
7
erprobt. Von ersten Ansätzen eines Gender Budgetings im Hochschulbereich kann in
Deutschland deshalb aber noch nicht gesprochen werden.
Die öffentlichen Ausgaben (Grundmittel) von Bund und Ländern für die Hochschulen
(einschließlich der Forschung an Hochschulen) betrugen 2004 insgesamt 18.2 Mrd. Euro.
Von den Grundmitteln erbrachten die Länder 89% und der Bund 11%. Dieser Anteil blieb
zwischen 1999 und 2004 relativ konstant. (Bund-Länder-Kommission 2006, 23-24)
Die Mittelzuweisung an die Universitäten ist in Bayern immer noch sehr an festen
Haushaltsplänen orientiert. Von seiten jeder Universität gibt es getrennt nach Stellenplan,
Sachhaushalt und Investitionen eine Bedarfsanmeldung im Rahmen der Aufstellung des
Staatshaushaltes. Aufgrund der Haushaltsvorgaben von seiten des Finanzministeriums gab
es in den vergangenen Jahren keinerlei Zuwachs bei der Grundfinanzierung der
Hochschulen. Das Instrument der Zielvereinbarungen mit den bayerischen Hochschulen
kommt seit 2006 zur Anwendung, wirkt sich bislang aber nur geringfügig auf die
Mittelverteilung aus. Diese Situation erschwert eine an Ergebnissen und Wirkungen
orientierte Strategie der Universitäten. Da die Profilbildung einer Universität nach wie vor
wenig (finanziell) belohnt wird, sind auch die internen Steuerungsmöglichkeiten nur gering.
Der Anteil der an bayerischen Universitäten frei verfügbaren Mittel macht nur durchschnittlich
10 Prozent der öffentlichen Mittelzuweisungen aus (die sogenannte Titelgruppe 73 für
Forschung und Lehre). Zirka 70 Prozent der Mittel sind gebunden ans Personal
(Stellenplan), etwa 20 Prozent an sächliche Verwaltungsausgaben oder sonstige
zweckgebundene Zuschüsse. Die Höhe der an einer Universität frei verfügbaren Mittel ergibt
sich aus dem Wettbewerb der bayerischen Universitäten (d.h. der interuniversitären
Mittelverteilung), wobei 60 Prozent nach leistungs- und belastungsbezogenen Kriterien
verteilt werden. Der Gleichstellungsindikator ist dabei mit 10 Prozent gewichtet. Der
Vergabemodus innerhalb der Universität Augsburg lehnt sich an die interuniversitäre
Mittelverteilung an. Auch dort wird Bezug auf Leistung und Belastung genommen. Für die
Gleichstellungsförderung werden an der Universität Augsburg bis zu 5 Prozent der Mittel der
Titelgruppe 73 für die Fakultäten bereitgestellt. Über die Mittelverteilung innerhalb der
Fakultäten wird, soweit Mittel nicht an spezielle Aufgaben gebunden sind, selbständig
entschieden.
8
3. Prozessanalyse und Gender Budgeting
Um eine Gender Budgeting-Analyse in einer Organisation vorzunehmen, sind, wie im
vorangegangenen Kapitel ausgeführt, Untersuchungen des formalen Budget-Geschehens
notwendig. Unser Projekt hat aber auch klar gezeigt, dass neben dieser Untersuchung auch
eine Analyse des Haushaltsprozesses fundamental wichtig ist. Erst mit Hilfe dieser
Untersuchung können Macht- und Entscheidungsstrukturen bei der Mittelvergabe sichtbar
gemacht werden, die der formale Haushaltsablauf nicht oder nur unzureichend abbildet.
Anhand unserer Untersuchungen konnte zum Beispiel gezeigt werden, dass zum Teil
Personen und Gremien enormen Einfluss auf die Mittelverteilung haben, die formal gar nicht
in den Haushaltsaufstellungsprozess eingebunden sind. In einer Universität, in der die
Vertreterin für Gleichstellungsfragen in den offiziellen Haushaltsprozess eingebunden ist,
wurden die Grenzen der demokratischen Strukturen deutlich, denn wenn diese Vertreterin
die einzige Person unter vielen ist, die sich für Maßnahmen oder Projekte zur
Chancengleichheit stark macht, sind ihre Durchsetzungschancen dennoch gering. Im
Rahmen der Prozessanalyse an einer weiteren Universität konnte gezeigt werden, dass es
nicht reicht, Gender Mainstreaming oder Chancengleichheit als Querschnittsaufgabe in die
Statuten der Universitäten zu fixieren, wenn es nicht gleichzeitig Gender-Expert/innen gibt,
die bei allen wichtigen Beratungen und Entscheidungen einbezogen sind. Gerade die
zunehmende Hierarchisierung, der damit einhergehende Abbau der bisherigen
demokratischen Strukturen sowie der steigende Einfluss der Wirtschaft auf die Universitäten
begünstigt ein Wiederaufleben informeller Netzwerke. Bezüglich der Vergabe von Mitteln mit
dem Ziel der Förderung der Chancengleichheit ist diese Entwicklung besonders bedenklich,
weil sich zeigt, dass informelle Strukturen in von Männern dominierten Organisationen für
Frauen und Gleichstellungsbemühungen meist ungünstig sind. An der dritten im Rahmen
des transnationalen Projektes untersuchten Universität gibt es bisher keine VertreterInnen
für Fragen der Gleichstellung und des Gender Mainstreaming, weswegen es sich auf allen
Ebenen schwierig erweist, diesbezügliche Maßnahmen zu etablieren.
Aus unserer Sicht ist eine Prozessanalyse, die die Untersuchung des formalen
Haushaltsgeschehens begleitet, unbedingt empfehlenswert. Methodisch zeigt sich, wie
wichtig es ist, bei der Analyse dieser Macht- und Einflussstrukturen externe GenderExpert/innen hinzu zu ziehen, um mit der Organisationshierarchie nicht in Konflikt zu
kommen.
9
4. Dimensionen von Gender Budgeting an Universitäten
4.1
Dimension geschlechtergerechte Verteilung öffentlicher Mittel
Die direkte Zuordnung von Mitteln lässt sich bislang nur schwer ermitteln – entweder weil
eine systematische geschlechtsdifferenzierte Datenlage fehlt oder die Auswertung aus
datenschutzrechtlichen Gründen nicht gewährt wurde. So können
geschlechtsdifferenzierende Aussagen nur über den Stellenplan oder die Ausstattung von
Lehrstühlen getroffen werden. Bezogen auf unterschiedliche Fächer ist die Bewertung
schwierig. Technisch-naturwissenschaftliche Fächer, die stark männlich dominiert sind,
bekommen deutlich mehr Geld als frauendominierte Sozial- und Geisteswissenschaften. Der
höhere Finanzbedarf lässt sich begründen mit teurer Laborausstattung. Gleichzeitig sind die
Ergebnisse für die Wirtschaft finanziell interessant, wodurch leichter Drittmittel gewonnen
werden können. Die erfolgreiche Drittmittelwerbung wird wieder mit öffentlichen Mitteln
belohnt. Die hier zugrundeliegenden Mechanismen müssten auf ihre Genderwirkung näher
untersucht werden. Da Studiengebühren laut Gesetz der Lehre zugute kommen müssen,
werden sie pro Student/in vergeben. Fächer mit hohen Studierendenzahlen profitieren
davon, was tendenziell eher die frauendominierten Fächer sind. Welchen Nutzen Frauen und
Männer von öffentlichen Mitteln haben, müsste vor allem auf Fachbereichs- bzw.
Lehrstuhlebene analysiert werden, weil dort Kosten und Leistung konkreten Personen
zugeordnet werden können.
4.2
Dimension Teilhabechancen an öffentlichen Gütern
Frauen haben zwar die besseren Abschlüsse und die geringeren Studienabbruchsquoten als
Männer, aber ab der Qualifikationsstufe Promotion sind Frauen deutlich unterrepräsentiert.
Verschiedene strukturelle Bedingungen können zur Erklärung herangezogen werden: Junge
WissenschaftlerInnen sind in ihrer Qualifikationsphase in Deutschland sehr stark abhängig
von einzelnen ProfessorInnen, die über nicht ausschreibungspflichtige Stellenbesetzungen,
zeitliche und ökonomische Ressourcen etc. bestimmen. Auf der hierarchisch übergeordneten
Position, nämlich der der Professorin oder des Professors, machen Frauen einen Anteil von
14,2 Prozent (2005) aus. Studien legen nahe, dass männliche Professoren eher
ihresgleichen fördern und Frauen von ihnen eher als „nicht Gleiche“ empfunden werden.
Erschwerend kommt hinzu, dass Forscherinnen mit dem Vorurteil zu kämpfen haben, sie
würden nicht mehr in gleichem Umfang für ihre wissenschaftliche Arbeit zur Verfügung
stehen, falls sie Kinder hätten. Dieses Vorurteil trifft gleichermaßen Frauen mit und ohne
Kinder sowie Frauen, die die Erziehungsverantwortung nicht alleine tragen müssen. Als sehr
10
wichtig erweisen sich auch Netzwerke zu EntscheidungsträgerInnen, über die Frauen oft
weniger verfügen. Grund dafür ist, dass sich Frauen beispielsweise häufiger ohne Stelle an
der Universität weiterqualifizieren und so vom Alltagskontakt unter KollegInnen
ausgeschlossen sind. Schließlich ist die Antragstellung für Forschungsmittel häufig an eine
Professur gebunden. Da Frauen seltener Professuren innehaben, haben sie auch weniger
Zugang zur Forschungsförderung.
4.3
Dimension Lenkungswirkung von Geld
Der Haushalt ist ein Abbild der universitären Ziele und der Prioritätensetzung. Durch
Haushaltsentscheidungen werden bestehende Verhältnisse reproduziert oder verändert.
Insofern ist bei der Mittelverteilung immer auch zu reflektieren, wie die
Geschlechterverhältnisse berührt sind und ob ungleiche Machtverhältnisse abgebaut werden
können. Die Lenkungswirkung finanzieller Zuwendungen kann entweder direkt eingesetzt
werden, indem beispielsweise bestimmte Vorgehensweisen vorgeschrieben und finanziert
werden. So sind unter den gegebenen Umständen nach wie vor spezielle Förderprogramme
für Wissenschaftlerinnen nötig, die finanziell auch ausreichend ausgestattet sein müssen,
z.B. Mentoring, Graduierten- und Postgraduierten-Programme für Frauen, Netzwerke etc.
Die zweite Möglichkeit, mit Finanzmitteln zu steuern, ist deren indirekter Einsatz mittels
finanzieller Anreizsysteme, um damit erwünschte Ergebnisse zu belohnen und evtl. auch
unerwünschte Entwicklungen zu sanktionieren. Diese Wirkung machen sich universitäre
Finanzierungssysteme seit einiger Zeit zu nutze, in dem sie mit detaillierten finanziellen
Anreizsystemen den Wettbewerb sowohl zwischen den Universitäten als auch innerhalb der
Hochschulen anregen. Auch zur Förderung von Frauen und Männern in Fachbereichen, in
denen sie bisher unterrepräsentiert sind wird dieses Mittel schon eingesetzt, aber noch ist
die Gewichtung der Parameter zu niedrig, und auch die Art der bisher verwendeten
Gleichstellungsindikatoren ist noch zu wenig geeignet, um ausreichende Lenkungswirkung
zu erzielen.
11
5. Methodischer Ansatz: Phasen im Steuerungskreislauf
Unser Projekt hat gezeigt, dass bei der Implementierung von Gender Budgeting an
Universitäten das gesamte Haushaltsgeschehen betrachtet werden muss. Die
verschiedenen Stationen, die bei der Entscheidung über die Vergabe von Haushaltsmitteln
mehr oder weniger explizit durchlaufen werden, lassen sich in Form eines Regelkreises
darstellen, der gleichzeitig aufzeigt, in welchen Phasen ein geschlechtsdifferenziertes und reflexives Eingreifen möglich und notwendig ist:
Steuerungskreislauf
Analyse der Ausgangs/Ist-Situation in
geschlechtsdifferenzierter
Art und Weise
Monitoring und
Gender Controlling
Implementierung von
Instrumenten und
Maßnahmen/Projekten
Entwicklung und
Formulierung von
geschlechtsreflexiven
Zielen und Indikatoren
Bewusstseinsbildung
und GenderKompetenz
Strategien:
Programme und
Design von
Maßnahmen und
Instrumenten
Zuweisung von
Geldern/Mitteln
Gender Impact
Assessment
Quelle: Zebisch/Rothe5
5.1
Bewusstseinsbildung und Sensibilisierung
Bewusstseinsbildung und Sensibilisierung für das Thema Gender Mainstreaming und
Geschlechtergerechtigkeit stehen am Anfang jedes Gender-Budgeting-Vorhabens.
Entsprechende Maßnahmen müssen top down eingeführt, aber auch durch bottom-upProzesse ergänzt werden. Wichtig ist vor allem, dass dies nicht auf eine einmalige Schulung
beschränkt bleibt, sondern es sollte ein kontinuierliches und aufbauendes Schulungskonzept
in regelmäßigen Abständen verpflichtend angeboten werden. Eine besonders wichtige
5
Debski et al., Development of Instruments for Gender Budgeting at Universities. München 2007
12
Funktion für Sensibilisierung und Bewusstseinsbildung haben auch laufende Erhebungen
und Veröffentlichungen von geschlechtsdifferenzierten Daten zur Situation an Hochschulen
sowie die ständige Bekanntgabe von Ergebnissen des laufenden Gender-Monitorings und Controllings.
5.2
Ist-Analyse als Ausgangspunkt von Gender Budgeting an Universitäten
Um benennen zu können, wo es Defizite hinsichtlich der Chancengleichheit von Frauen und
Männern gibt und um mehr Transparenz in das existierende Haushaltsgeschehen unter
geschlechtsreflexivem Blickwinkel zu bringen, ist eine Ist-Analyse auf verschiedenen Ebenen
notwendig, in der die Personen geschlechtsdifferenziert und nach Funktion bzw.
Eingruppierung erfasst werden:

Situation der Frauen und Männer an der Universität

Ebene des formalen Haushaltsgeschehens

Prozessebene
Außerdem muss die Ebene des formalen Haushaltsgeschehens der übergeordneten
Landes- oder Bundesbehörde mit berücksichtig werden, sofern es keinen Globalhaushalt
gibt.
5.3
Entwicklung und Formulierung von geschlechtsdifferenzierten und reflexiven Zielen und Indikatoren
In einem zweiten Schritt müssen geschlechtssensible Ziele entwickelt werden. Diese sind für
die verschiedenen Zielgruppen der Universität zu formulieren, also für die Mitarbeiter/innen,
die Studierenden, die wissenschaftlichen Disziplinen und Fakultäten sowie für das
Universitätsmanagement. Um Gleichstellungsziele messbar zu machen, sind Indikatoren zu
entwickeln, die qualitative oder quantitative Aussagen hinsichtlich der
Geschlechterdimension machen können.

Indikatoren im Bereich Forschung können sein, die Anzahl und Zusammensetzung der
Entscheidungsgremien zu Forschungsfragen nach Geschlecht und Status, eine
Aufschlüsselung aller finanzieller Mittel nach Höhe und Zuordnung nach Geschlecht und
Fachbereich sowie die Anzahl der MitarbeiterInnen in Forschungsprojekten samt Höhe
des Gehalts und Länge des Arbeitsvertrages nach Geschlecht

Indikatoren im Bereich Lehre können sein die Anzahl der Stunden, die Lehrende Lehre
halten, sowie die Anzahl der Betreuungsstunden, die Lehrende für Studierende
13
aufwenden, nach Geschlecht und Eingruppierung sowie eine geschlechtsdifferenzierte
Lehrevaluation
Die Indikatoren können für Zielvereinbarungen und für ein Hochschulrechnungssystem
genutzt werden.
5.4
Programme, Maßnahmen und Instrumente
Als Ansatzpunkte für die Umsetzung von Gender Budgeting werden Strategien in Form von
Programmen, Maßnahmen und Instrumenten aus den formulierten Zielen entwickelt. Ergänzt
werden können diese durch:

rechtliche Maßnahmen

Instrumente, die individuelle Personen zu Gute kommen

Maßnahmen mit Programmcharakter

begleitende strukturelle Maßnahmen
5.5
Gender Impact Assessment (GIA)
Alle Programme, Maßnahmen und Instrumente sollten in einem abschließenden Schritt vor
der Implementierung auf ihre Wirkung auf unterschiedlichen Ebenen auf Frauen und Männer
geprüft werden. Gender Impact Assessment ist eine zentrale Methode des Gender
Mainstreaming und ein Instrument zur systematischen und umfassenden Prüfung der (Aus)Wirkungen von Maßnahmen, Gesetzen, Verordnungen oder Programmen sowie von
alltäglichem Verwaltungshandeln auf Frauen und Männer sowie auf
Geschlechterverhältnisse. GIA ist also eine Methode zur Folgenabschätzung. (European
Commission, ohne Jahr, 4)
Zur Analyse geschlechtersensibler Wirkungen ist auf der Input-Ebene (Wirkung auf
Beschäftigungssituation sowie auf Aktivitäten und Leistungen der Universität), der OutputEbene (welche quantitativen Ergebnisse werden erreicht), der Outcome-Ebene (Nutzen
sowie direkte und indirekte Wirkungen) und Prozess-Ebene (Wirkung auf Macht- und
Entscheidungsstrukturen) anzusetzen.
5.6
Zuweisung von Finanzmitteln
Bei der Mittelzuweisung sollte wiederum darauf geachtet werden, dass Frauen und Männer
bei der Besetzung der Stellen entsprechend berücksichtigt werden und auch die Qualität der
Stellen ist muss bei Aufwendungen für Personal in die Überlegungen einbezogen werden.
14
5.7
Implementierungen von Instrumenten und Maßnahmen/Projekten
Während der Implementierung von Maßnahmen/Instrumenten ist darauf zu achten, dass
genügend Ressourcen (Personal, Sachmittel) zur Verfügung stehen und diese widerum
geschlechtergerecht vergeben werden.
5.8 Monitoring und Gender-Controlling
Monitoring und Controlling sind wesentliche Elemente der Universitätssteuerung. GenderControlling ist eine wichtige Basis für den Entscheidungsfindungsprozess des Managements
an Universitäten. Voraussetzungen für ein strukturiertes und wirksames Gender-Controlling
sind genügend Ressourcen (Personal und Sachkosten) sowie entsprechende
geschlechtsdifferenzierte Daten. Neben den Vergleichen zwischen Ist- und Sollwerten
hinsichtlich Gleichstellung und Gender Mainstreaming, sollte im Rahmen des Controllings
auch der Prozess der Implementierung von Maßnahmen/Projekten dokumentiert werden.
Das fortlaufende Monitoring und Gender-Controlling liefert in dem Budgeting-Regelkreis den
Input für die erneute Situationsanalyse in geschlechtsdifferenzierter Art und Weise.
5.9
Resumee
Gender Budgeting als Übertragung von Gender Mainstreaming auf das Haushaltsgeschehen
ist also ein notwendiges und sehr mächtiges Instrument. Betrachten wir die Budgetierung als
einen der wesentlichen Steuerungsmechanismen innerhalb der Universitäten, wird klar, dass
wir an allen „Stationen“ des Regelkreises eingreifen können, aber auch müssen, um
Chancengleichheit von Frauen und Männern in der Wissenschaft bzw. an Universitäten
nachhaltig umzusetzen. Diesen Regelkreis zu verstehen heißt auch, gute Argumente zu
haben, warum Gender-Expert/innen bei alle haushaltsrelevanten Entscheidungen auf allen
Ebene eingebunden werden sollten.
15
6.
Umsetzungsvorschläge und -ebenen an der Universität
Augsburg
Erbe, Birgit / Rothe, Andrea / Zebisch, Johanna
Für die Universität
Augsburg ergaben sich
aus den Analysen „The
situation of women and
men at the University of
Augsburg“6 und „The
budgeting process at
the University of
Augsburg”7 die
folgenden konkreten
Ansatzpunkte für die
Umsetzung von Gender
Budgeting. Diese
Empfehlungen haben
sich zwar aus den
Untersuchungen und spezifischen Ergebnissen an der Universität Augsburg herausgebildet
und sind insofern auf deren konkrete Situation zugeschnitten, sie sind aber grundsätzlich auf
andere deutsche Universitäten übertragbar. Es muss dabei jedoch folgendes berücksichtigt
werden: die Empfehlungen schöpfen die grundsätzlichen Möglichkeiten, Gleichstellung an
Universitäten mit Hilfe finanzieller Steuerung anzustreben, keinesfalls aus, und es sind – wie
bei jeder Übertragung von Empfehlungen – immer auch die jeweils spezifischen Bedürfnisse
und Umsetzungsmöglichkeiten anderer Universitäten zu berücksichtigen.
Bildunterschrift: Das deutsche Team während eines Projektmeetings in Danzig. Von links
nach rechts: Birgit Erbe, Johanna Zebisch, Michaela Pichlbauer und Dr. Andrea Rothe
1. Integration von geschlechterrelevanten Faktoren in die Kosten-/Leistungsrechnung, um
ihre Parameter so zu gestalten, dass Geschlechtsaspekte integriert und
Gleichstellungseffekte dargestellt werden können.
6
Zebisch/Pichlbauer/Mircea 2007: http://www.frauenakademie.de/projekt/eu_gender-budgeting/genderbudgeting_reports.htm
7
Rothe 2007: http://www.frauenakademie.de/projekt/eu_gender-budgeting/gender-budgeting_reports.htm
16
2. Formulierung von geschlechtssensiblen und messbaren Zielvereinbarungen zwischen
den Fakultäten und der Universitätsleitung bzw. zwischen der Universität und dem
Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, die geeignet
sind, zu einer faktischen Geschlechtergleichstellung beizutragen.
3. Modifikation der Verteilung der Finanzmittel innerhalb der Universität. Die Verteilung
sollte so gestaltet werden, dass sie eine stärkere Lenkungswirkung als bisher aufweist
hin zu einer Zunahme des Frauenanteils in universitären Spitzenpositionen.
4. Initiierung einer breiteren Diskussion des Themas „Gender und Exzellenz in Forschung
und Lehre“. Insbesondere sollte thematisiert werden, inwiefern die Faktoren des
aktuellen Exzellenzbegriffes die Geschlechtergleichstellung beeinflussen.
5. Entwicklung und Stärkung der Organisations- und kommunikativen Strukturen zwischen
der zentralen Frauenbeauftragten, dem Frauenbüro, dem Frauenbeirat und allen
Beteiligten am Gleichstellungsprozess an der Universität Augsburg.
6. Kritische Reflexion des Anreizsystems der Leistungsentgelte zur Vermeidung
geschlechtsspezifischer Diskriminierungen, zur geschlechtergerechten
Leistungsbewertung und zur gerechten Gestaltung von Zulagen und Prämien.8
Im wesentlichen konnte auf 4 Ebenen der Prozess der Implementierung von Gender
Budgeting angestoßen werden:
6.1
Kosten-/Leistungsrechnung
Die Einführung der Kosten-/Leistungsrechnung an Hochschulen in Bayern soll vor allem
dazu dienen, alle staatlich zugeordneten Kosten zu erfassen und diese langfristig den dafür
erbrachten Leistungen zuzuordnen. Sie soll damit vor allem der Transparenz und auch der
Effizienz- und Effektivitätssteigerung dienen. Dies könnte bei richtigem Einsatz ein sehr
wirkungsvolles Instrument auch für eine gleichstellungsorientierte Finanzpolitik im
Wissenschaftsbereich sein, denn allgemeine Kostentransparenz bedeutet gleichzeitig auch
die Sichtbarmachung sowohl der Geschlechtergerechtigkeit als auch der
Gleichstellungswirkung finanzieller Mittel.
Um diese Transparenz herstellen zu können, müssen die Kostenstellen und die
maßgeblichen Parameter so gestaltet sein, dass sie geschlechtsdifferenziert zurechenbar
sind. Daher ist in der KLR vor allem darauf zu achten, dass bei allen personenbezogenen
Daten das Merkmal Geschlecht mit erfasst wird und sowohl die Kosten- wie auch die
8
siehe hierzu ausführlicher Debski, Erbe, Fröhlich 2007:
http://www.frauenakademie.de/projekt/eu_gender-budgeting/gender-budgeting_reports.htm
17
Leistungsseite eine durchgängige Geschlechtsdifferenzierung aufweisen.9 Für die
Darstellung der Leistungsseite ist vor allem wichtig, dass diese ebenso
geschlechtsdifferenziert zurechenbar und gleichzeitig mit den entsprechenden Kostenstellen
verknüpfbar ist. Nur damit kann die erforderliche Transparenz und Zurechenbarkeit der
Leistung zu deren Kosten hergestellt werden.
In Bayern wurde bisher vor allem die Kostenseite konzipiert. Die Leistungsseite soll etwa bis
2010 entwickelt werden. Diese wird meist mit dem Begriff „Berichtswesen“ bezeichnet, was
häufig zur Begriffsverwirrung führt, weil in der Kommunikation über die Kosten/Leistungsrechnung von Haushaltsbeteiligten meist nur die Kostenseite assoziiert wird.
Erschwerend kommt hinzu, dass auch vom „Arbeitskreis Hochschulwesen“ im Ministerium
wenig Zusammenhang gesehen wird zwischen der Kosten-/Leistungsrechnung und der
Geschlechtergleichstellung an Hochschulen, denn, so wird argumentiert, in der KLR gehe es
um rein monetäre Aspekte, die als geschlechtsneutral wahrgenommen werden. Dies ist
unzutreffend, denn bei der Leistungsdarstellung ist vor allem auch der qualitative Outcome in
Forschung und Lehre mit Hilfe geeigneter Parameter abzubilden.10 In den finanziellen
Anreizsystemen können dann diese Parameter wiederum auch zur Bewertung und
entsprechenden Belohnung von Gleichstellungserfolgen eingesetzt werden.
6.2
Inneruniversitären Mittelverteilung
Wie oben bereits beschrieben wurde, vergibt die Universität Augsburg intern bis zu 5% der
frei verfügbaren Mittel (Titelgruppe 73) nach Gleichstellungskriterien. Damit sollen
Gleichstellungserfolge unterstützt und belohnt werden. Funktionierende Anreizsysteme
setzen aber gewisse finanzielle Schwellenwerte voraus, um Lenkungswirkung zu entfalten.
In einer Auswertung des finanziellen Ergebnisses des Gleichstellungsanreizes durch das
„Projektteam Gender Mainstreaming“ der Universität Augsburg wurden Summen zwischen
1.500 und 13.500 Euro für die einzelnen Fakultäten (2007) errechnet. Es muss also von
einer geringen Steuerungswirkung durch Gleichstellungsparameter ausgegangen werden.
Da die eigenen Gestaltungsmöglichkeiten der Universität aufgrund der Vorgaben des
Haushaltsplanes derzeit sehr limitiert sind, sollten die Universitäten mittelfristig einen
Globalhaushalt anstreben, der ihnen flexiblere Gestaltungsmöglichkeiten für interne
Anreizsysteme eröffnen würde. In den dann lenkungskräftig auszustattenden
Anreizsystemen sollte auch mehr Gewicht auf qualitative Parameter gelegt werden, so
können z.B. die für die Kosten-/Leistungsrechnung vorgeschlagenen qualitativen Indikatoren
Eine ausführliche Darstellung der beiden Instrumente „Kosten-/Leistungsrechnung“ und „Inneruniversitäre
Mittelverteilung“ findet sich in Zebisch/Rothe/Erbe 2008
10
Beispiele für geschlechtssensible Parameter und Kennzahlen siehe im Kap. 5.3
9
18
auch als Messgröße für Gleichstellungserfolge verwendet und entsprechend belohnt werden.
Denkbar wäre die Einführung weiterer Gleichstellungsparameter, wie z.B. den glass ceilingIndex je Fakultät, oder auch die Belohnung von Gleichstellungserfolgen über die Zeit.
Zusätzlich wird die Einrichtung eines „Innovationstopfes für Gleichstellung“ empfohlen.
Dieser könnte aus Teilen der zusätzlichen staatlichen Finanzmittel zur Bewältigung des
doppelten Abiturjahrganges ab dem Jahr 2011 finanziert werden. Die Mittel sollten entweder
über Antragsverfahren oder Zielvereinbarungen vergeben werden, die Entscheidung über die
Mittelvergabe sollte der Frauenbeirat treffen. Ein solches Verfahren dürfte langfristig stärkere
Lenkungswirkung entfalten und zu innovativen Konzepten beitragen, wie man die
Bewältigung des erhöhten Studierendenaufkommens mit der Erhöhung des Frauenanteils in
universitären Spitzenpositionen verknüpfen könnte.
6.3
Sensibilisierung und kommunikative Validierung
Ein wichtiges Ziel dieses Projektes war die Verbreitung der gefundenen Ergebnisse und
Erkenntnisse innerhalb der Universität selbst sowie die Einholung von Rückmeldungen und
Bewertungen zu den Vorhaben. Auch damit sollte der umsetzungsorientierte Charakter des
Projektes verdeutlicht werden. In mehreren Besprechungen mit hochrangigen VertreterInnen
der Universität (ProfessorInnen, Vizepräsident, Kanzler, Frauen-, Gleichstellungs- und
Genderbeauftragte), in Präsentationen vor Senatskommissionen (Haushaltskommission und
Gleichstellungskommission) und in weiterführenden Diskussionen konnte ein größerer – und
großenteils auch wirkungsmächtiger – Personenkreis erreicht werden. Zusätzlich wurde
versucht, in Gesprächen auch die Ebene des Ministeriums und die landesweite Vereinigung
der bayerischen Hochschulrektoren (Universität Bayern e.V.) zu erreichen und zu
sensibilisieren.
6.4
Absicherung der Nachhaltigkeit
Es kann als Erfolg der Projektes gewertet werden, dass es gelungen ist, weitere
Maßnahmen zu initiieren, die von der Universität selbst über die Projektlaufzeit hinaus
angestrebt und mit eigenen finanziellen Mitteln durchgeführt werden sollen. So ist z.B.
geplant, eine Arbeitsgruppe an der Universität zu gründen, um über Indikatoren zur Qualität
von Forschung und Lehre sowie zur Gleichstellung zu diskutieren. Weiter soll – als good
practice-Beispiel – ein Vertreter einer Universität, die bereits Erfahrung in der Verwendung
qualitativer Kriterien in die KLR hat, eingeladen werden. Zusätzlich soll auch auf
Landesebene eine Diskussion zur Formulierung von Leistungsparametern angeregt werden,
in die WissenschaftlerInnen und Gender-ExpertInnen einbezogen werden sollten. Die
19
monetären Anreizsysteme zur Förderung der Gleichstellung sollen, so weit möglich,
verbessert werden. Es wird auch über die Ausschreibung eines Gleichstellungswettbewerbes
an der Universität nachgedacht, in dem gute Konzepte für Gleichstellungsförderung sowie für
geschlechtsreflexive Lehre mit finanziellen Zuwendungen belohnt werden könnten.
Zusätzlich sollen Workshops zum Thema „Geschlechtssensibles Personalrecruiting“ an der
Universität durchgeführt werden, und es sind Trainings und Workshops zur Verbesserung
der Kommunikationsstrukturen zwischen der zentralen Frauenbeauftragten und den
Frauenbeauftragten der Fakultäten geplant. Weiter sollen für die im Herbst 2008 wieder
anstehenden Verhandlungen über die nächsten Zielvereinbarungen zwischen Ministerium
und Universität und zwischen den Fakultäten und der Universitätsleitung personelle
Ressourcen eingesetzt werden, um die Zielvereinbarungen gleichstellungsorientiert zu
formulieren und mit deren Hilfe einen höheren Anteil von Frauenberufungen zu bewirken.
Auch unser Vorschlag zur Durchführung einer Tagung zum Thema „Gender und Exzellenz“
soll im Herbst 2009 umgesetzt werden, Ort der Veranstaltung wird die Universität Augsburg
sein. Nicht zuletzt wird man sich weiterhin des Themas der geschlechtergerechten
Gestaltung von Leistungsentgelten annehmen.
7. Umsetzungsvorschläge und -ebenen an der
Wirtschaftsuniversität Wien
Klatzer, Elisabeth / Mayrhofer, Monika / Neumayr, Michaela
Als sinnvolle und notwendige Ansatzpunkte für spezifische Unterstützungsmaßnahmen
(specific support actions) identifizierte das österreichische Projektteam folgende Punkte:

Operationalisierung und Implementierung von Gleichstellungszielen

Die Verankerung von inneruniversitären Institutionen für die Förderung von
Geschlechtergerechtigkeit

Ein effizientes Gender Controlling

Eine Überarbeitung des Systems der finanziellen Anreizsysteme

Maßnahmen zur Erhöhung der Transparenz bei der Mittelvergabe und dem
Budgetprozess sowie

Der Institutionalisierung und Implementierung von Gender Impact Assessment
Die Analyse an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU) im Projektverlauf hatte gezeigt, dass es
zwar umfangreiche Regeln und rechtliche Verpflichtungen zur Umsetzung von
20
Geschlechtergleichstellung gibt, diese bisher aber nicht in konkrete und operationalisierte
Gleichstellungsziele und Implementierungsvorgaben umgesetzt wurden. Diese müssten im
strategischen Management verankert und etwa in Zielvereinbarungen oder einem
Gleichstellungsplan festgeschrieben werden.
Auch hinsichtlich der Verankerung von inneruniversitären Institutionen für die Förderung von
Geschlechtergerechtigkeit in der WU gibt es Defizite. Bisher wurde nur das WCET
institutionalisiert, allerdings mit so geringen Personalressourcen, dass es die zugedachten
Aufgaben nicht bewältigen kann. Notwendig ist daher ein zusätzliches Gremium zu schaffen,
wie es gesetzlich vorgesehen ist, das für Gleichstellungsmaßnahmen, Frauenförderung und
die Koordination von Geschlechterforschung zuständig ist. Das Angebot im Rahmen der
support action, die Universität bei der konkreten Ausgestaltung dieser Maßnahmen zu
unterstützen, wurde von Seiten der Universität nicht aufgegriffen.
Der Vorschlag, ein effizientes Gender Controlling für die WU zu entwickeln, resultiert aus der
Erkenntnis, dass 60% des Gesamtbudgets der Universität für Personal aufgewendet wird.
Zur Umsetzung von Gender Budgeting ist es daher von Bedeutung, diese Mittel
geschlechtsdifferenziert zu analysieren und zu bewerten. Voraussetzung dafür ist in einem
ersten Schritt die Erhebung von geschlechtsdifferenzierten Daten hinsichtlich der
Personalmittel und die Formulierung eines Indexes für geschlechtsabhängige
Einkommensdifferenz (gender wage gap). Dieser Index würde dann für die gesamte
Organisation, aber auch für jede Fakultät erstellt und in regelmäßigen Abständen abgefragt,
um Veränderungen hin zu mehr Geschlechtergerechtigkeit zu dokumentieren. Damit könnte
zu einem geschlechtsdifferenzierten Berichtswesen sowie zu einer Sensibilisierung der
Fakultäten beigetragen werden.
Finanzielle Anreizsyteme werden inzwischen an vielen Universitäten als Instrument
eingesetzt, um Bemühungen zur Förderung der Gleichstellung zu belohnen. Dabei werden
die Anreize entweder über bestimmte Indikatoren (Indikatorensteuerung) festgelegt oder in
Form von Zielvereinbarungen formuliert. Die WU hat bezüglich der Vergabe von Anreizen
über die Indikatorensteuerung einige Erfahrung gesammelt und verfolgt dieses System seit
vielen Jahren, allerdings ist die Wirkung nicht sehr hoch. Das System beruht bisher nur auf
der Verwendung von Frauenanteilen an den verschiedenen wissenschaftlichen Ebenen
(„head counting“). Als support action wurde daher vorgeschlagen, diese Indikatoren zu
überarbeiten und zu ergänzen. Vorgeschlagen wird die Kombination verschiedener
Kennzahlen, welche es ermöglichen, auch qualitative Aspekte belohnen und den
Wettbewerb der Fakultäten in Bezug auf Gleichstellungserfolge zu fördern.
21
Zielvereinbarungen werden an der WU inzwischen als selbstverständliches
Steuerungsinstrument verwendet. Das betrifft bis zu einem gewissen Grad auch die Vergabe
von Mitteln. Die Einbeziehung von Gender-Zielen in diese Vereinbarungen könnte ein
wirkungsvolles Steuerungsinstrument und ein Anreiz für Frauenförderung und Gleichstellung
sein, wenn hiermit auch die Zusage oder Zurückhaltung von Mitteln verbunden wird.
Vorgeschlagen wurde daher, Gender-Kritierien in allen Zielvereinbarungen zu verankern.
Transparenz der Finanzen ist ein Grundpfeiler der Legitimierung moderner Verwaltungen. An
Universitäten ist diese Transparenz bisher nur selten gegeben, was sich zum Teil aus der
historischen Entwicklung von Universitäten erklären lässt. Auch an der WU zeigte sich, dass
die Entscheidungs- und Machtstrukturen hinsichtlich der Mittelvergabe zum Teil
undurchsichtig sind und auch der Informationsfluss nicht sehr ausgeprägt ist. Für ein
erfolgreiches Gender Budgeting ist Transparenz jedoch eine ebenso wichtige Voraussetzung
wie eine partnerschaftliche und offene Zusammenarbeit zwischen FinanzexpertInnen und
Gender-ExpertInnen in den verschiedenen Phasen des Haushaltsprozesses an der
Universität.
Um geschlechtsdifferenzierte Wirkungen zu ermitteln, ist das Gender Impact Assessment
(GIA), wie beschrieben, ein sehr wirkungsvolles Instrument. Da die WU dieses Instrument
gegenwärtig nicht einführen möchte, wurde vorgeschlagen, im Rahmen der support action
die Universität zu unterstützen, in das derzeitige Steuerungssystem Kriterien wie
Partizipation von Frauen und Männern und die Verteilung und Verwendung von Ressourcen
zu integrieren. Damit würde gleichzeitig das oben erwähnte Bemühen um mehr Transparenz
forciert. In einem ersten Schritt könnte auf der Input-Ebene angesetzt werden. Allerdings
bestand für dieses Vorhaben kein Interesse von Seiten der WU, weswegen das Projektteam
diesen Vorschlag nicht weiter verfolgte.
Insgesamt muss konstatiert werden, dass die Beteiligten und Verantwortlichen zu Anfang
des Projektes der Idee eines Pilotprojektes zu Gender Budgeting an der Universität offen
gegenüber standen. Als die Unterstützung dann tatsächlich hätte gegeben werden können,
wurde kaum noch Interesse signalisiert. Allerdings sind andere Universitäten auf das Projekt
aufmerksam geworden und möchten mit dem Forschungsteam im Rahmen eines Workshops
über Möglichkeiten der Implementierung von Gender Budgeting in ihren Organisationen
diskutieren.
22
Als Empfehlungen für die Implementierung einer innovativen Strategie wie Gender
Mainstreaming an österreichischen Universitäten ergeben sich folgende Punkte:

Notwendig sind rechtliche Vorgaben, einmal um die Transparenz des
Haushaltsgeschehens insgesamt zu erhöhen, aber auch um die Beteiligungsstrukturen
zu klären. Auch Gender Budgeting müsste rechtlich verpflichtend sein (top-downStrategie)

Das Bekenntnis zu Gender Mainstreaming und Gender Budgeting muss in den Statuten
der Organisation festgeschrieben sein.

Es muss entsprechende ExpertInnen-Gremien in der Organisation geben, die die
Befähigung, die Ressourcen und die entsprechenden Rechte haben, um Innovationen in
Bezug auf Geschlechtergerechtigkeit umzusetzen.

Ergänzend dazu ist es notwendig, neben der Verankerung der Strategie auch eine
Sensibilisierung für das Thema auf allen Ebenen (bottom-up-Strategie) und besonders
bei den Entscheidungsträger/innen verpflichtend zu etablieren.
8. Umsetzungsvorschläge und -ebenen an der Universität Danzig
Maciej, Dębski / Lapniewska, Zofia / Tarasiewicz, Malgorzata
Die Universität Danzig ist die größte und wichtigste Bildungseinrichtung im Norden Polens.
Im Moment finden an der Universität Danzig zahlreiche tief greifende Veränderungen statt.
Gründe dafür sind u.a.

die Ausweitung der Universität,

die Einführung neuer Fachbereiche und Forschungsmethoden,

die Übernahme von Vorgaben der EU durch die Spezialisierung von wissenschaftlichen
Positionen und Lehrmethoden, die Implementierung von Bachelor- und
Masterstudiengängen sowie die Umstellung der von Europa geforderten
Projektabwicklung,

neue Möglichkeiten der Geldeinwerbung von Europäischen Fördermitteln für Forschung,
Investition und Studierendenaustausch

der Wechsel des Rektors und Vizerektors für Entwicklung und Finanzen sowie des
Vizerektors für Wissenschaft und Lehre.
Vor diesem Hintergrund scheint ein guter Zeitpunkt gegeben zu sein, das wissenschaftliche
Personal mit dem Thema Geschlechtergleichstellung vertraut zu machen.
23
8.1
Die Support Actions für die Universität Danzig
Die support actions des Projektteams Neww-Polska für die Universität Danzig bezogen sich
vor allem auf Maßnahmen zur Sensibilisierung. Dies war notwendig, weil die Universität
Danzig bisher weder Vertreter/innen für Gleichstellungsfragen hat, noch werden GenderFragen bei den Studieninhalten systematisch berücksichtigt.
8.1.1 Geschlechtergerechtigkeit wird an der Universität Danzig nicht als Problem
wahrgenommen
Um eine Sensibilisierung zu erreichen, verfolgten die Projektpartnerinnen einen top-downAnsatz und befragten den Rektor und andere Entscheidungsträger/innen an der Universität
Danzig. Es zeigte sich, dass das Management der Universität, die Departments, die Institute
und die Fakultäten Geschlechtergerechtigkeit bisher nicht als wichtiges Problem
wahrnehmen. Weder gibt es Vorgaben an die Departments oder Institutionen, Programme
einzuleiten, die Geschlechtergerechtigkeit oder Frauenförderung unterstützen, noch ist
davon auszugehen, dass es demnächst solche Vorschläge geben wird. Allerdings hält sich
die Universität offiziell an das polnische Gesetz zum Arbeitnehmer/innenschutz, welches
Diskriminierung aufgrund von Geschlecht verbietet und festschreibt, dass Frauen und
Männer gleichgestellt sind.
Im Rahmen der Support-Maßnahmen wurde das Thema Gender im Wahlkampf um den
Rektor/innenposten der Universität aufgenommen. Die Analyse der Wahlprogramme zeigte,
dass keine/r der Kandidat/innen für das Amt der/des Rektorin/s Gleichstellungsaspekte unter
finanziellem Blickwinkel anspricht.
Die meisten Befragten in universitären Leitungspositionen sehen keinerlei Benachteiligungen
aufgrund von Geschlecht, sei es hinsichtlich des finanziellen, wissenschaftlichen oder
irgendeines anderen Aspekts und entsprechend auch keine Notwendigkeit, ein universitäres
Gremium zu schaffen, welches Geschlechtergerechtigkeit überwacht.
Man kann festhalten, dass das Management der Universität Danzig auf keiner Ebene derzeit
sensibilisiert genug wäre, Budget-Angelegenheiten unter einer geschlechtdifferenzierten
Perspektive zu betrachten. Ein wesentliches Problem ist in diesem Zusammenhang auch die
zu starke Zentralisierung der Mittelvergabe in der Person des Rektors. Selbst in den Fällen,
in denen es Programme zur Frauenförderung gibt, sind sie auf Gelder für Mütter in Elternzeit
und Bedarfe von Kindern (Ferienfonds) reduziert, die aus Versicherungsleistungen bezahlt
werden.
24
8.1.2 Interesse an Gender Studies vorhanden, aber es gibt wenig Angebote zu
Gender Studies
Ein zweites Bestreben des Projektteams an der Universität Danzig betraf die institutionelle
Verankerung von Geschlechtergleichstellung an der Universität zum Beispiel in Form einer
eigenen Fakultät. Von Seiten der Studierenden ist ein wachsendes Interesse für GenderFragen festzustellen und es gibt inzwischen regelmäßige Konferenzen, Seminare und
Vorträge zu diesen Themen, die sich großer Beliebtheit bei den Studierenden erfreuen.
Gleichzeitig haben die wenigsten Studierenden bisher in Seminaren oder Vorlesungen
erlebt, dass Gleichstellungsaspekte besprochen werden. Nur die Fakultäten Pädagogik,
Psychologie, Philosophie und Soziologie bieten erste Veranstaltungen zu Frauenforschung
an. Eine Möglichkeit diesen Mangel auszugleichen wäre die Kooperationen mit NichtRegierungs-Organisationen hinsichtlich der Gender-Thematik, wobei diese Möglichkeit nur
begrenzt besteht, weil es in der Region um Danzig nur wenige solcher Organisationen gibt.
Im wissenschaftlichen Umfeld gibt es entsprechende Initiativen, auf der praktischen
Umsetzungsebene geschieht allerdings wenig. Initiativen, die auf eine höhere Beteiligung
von Frauen in den Entscheidungsstrukturen hinwirken, sind eher selten und Initiativen zu
Gender Budgeting gibt es bisher gar nicht.
8.1.3 Der Mangel an europäischen Projekten zur Förderung der
Geschlechtergleichstellung in der Wissenschaft
Ein weiteres Anliegen war die Etablierung von geschlechtsdifferenzierten
Forschungsprojekten an der Universität Danzig mit dem Schwerpunkt Gender. Trotz der
beeindruckenden wissenschaftlichen Entwicklung, die durch europäische Fördermittel an der
Universität Danzig ermöglicht wurde, gibt es bisher kein Projekt, das speziell der
Geschlechtergerechtigkeit gewidmet ist. Die Universitäten in Polen sollten die Möglichkeiten,
die sich durch die EU ergeben haben, aktiver nutzen. Die Einführung von Gender-Projekten
kann entscheidend sein als zusätzliche Finanzquelle für berufstätige oder studierende
Frauen. Zudem sind Stipendien, zusätzliche Sozialleistungen, Kinderbetreuung und
Elternzeit durch europäische Fonds abgedeckt und es gibt finanzielle Mittel für die Förderung
der Karriere von Frauen an der Universität.
8.1.4 Vorurteile gegenüber Feminismus
Eine weitere Support Action war eine Befragung der Teilnehmerinnen der internationalen
Konferenz zu Frauen und Kultur an der Universität Danzig im März 2008 zu ihren
Erfahrungen mit dem Thema Gender. Der Hintergrund zu dieser Befragung sind die in Polen
noch verbreiteten stereotypen und vorurteilsbehafteten Einstellungen zur Rolle der Frauen in
der Öffentlichkeit und in Führungspositionen, was die Förderung der Gleichstellung sehr
25
erschwert. Karriereorientierte Frauen werden als Feministinnen betitelt, was in Polen
abwertend gemeint ist. Insgesamt gaben die meisten Studierenden in der Befragung
allerdings an, dass sie selbst nie mit Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts
konfrontiert waren oder sie erlebt hätten und die meisten meinten, Diskriminierungen
aufgrund des Geschlechts seien ein marginales Problem.
8.1.5 Der Mangel an externen Mechanismen auf nationaler Ebene zur Unterstützung
von Gleichstellungsmaßnahmen
Es darf nicht vergessen werden, dass die Mittel der Universität Danzig im Wesentlichen
staatlich sind und zentral vergeben werden. Der polnische Staat beachtet den Aspekt der
Geschlechtergleichstellung bei der Mittelzuweisung an Universitäten nicht. Bisher gibt es von
Seiten der Regierung auch keine Empfehlungen oder Vorschläge, bei der Verwendung ihrer
Mittel geschlechtsdifferenziert zu verfahren.
8.2
Empfehlungen zur Implementierung von Gender Budgeting an
polnischen Universitäten
Aus der oben dargestellten Situation und den Erkenntnissen der Support Actions, lassen sich
Empfehlungen auf vier verschiedenen Ebenen ableiten:
Empfehlungen hinsichtlich der Mittelvergabe:

Aufrechterhaltung der Geldmittel vom Ministerium für Wissenschaft und
wissenschaftliche Lehre,

Einwerbung neuer nicht-ministerieller Finanzquellen,

Aufstellen eines Plans, der besondere Bedarfe von universitären Gruppen aufzeigt,

langfristige Finanzplanung sowie

die Verteilung von Finanzmitteln unter Berücksichtigung des Geschlechts.
Empfehlungen auf wissenschaftlicher Ebene:

Förderung der Chancengleichheit von Frauen,

Einführung von inneruniversitären Institutionen für Gender Studies,

Implementierung von europäischen Programmen, die auf Geschlechtergerechtigkeit wert
legen,

Organisation von interdisziplinären Konferenzen zu Gender-Themen.
Empfehlungen auf sozialer Ebene:

Aufbrechen von kulturellen Stereotypen, welche Frauen weitgehend untergeordnete
Rollen zuweisen,
26

Erweiterung der Möglichkeiten die Mittel aus den Sozialfond zum Wohle von Frauen zu
verwenden, die bei der Universität angestellt sind,

Darlehen und Kredite für Frauen, die sich wissenschaftlich qualifizieren möchten sowie

Unterstützung von Frauen in der Wissenschaft, die finanzielle Hilfe benötigen.
Empfehlungen auf Inneruniversitärer Ebene:

Bildung von inneruniversitären Gremien für Gleichstellungsfragen,

Einrichtung einer Senatskommission für Geschlechtergerechtigkeit,

Sicherstellung, dass mehr Frauen in Führungspositionen gelangen auch hinsichtlich der
Entscheidungspositionen für die Mittelvergabe.
Diese Empfehlungen zielen auf eine Implementierung von Gender Budgeting an polnischen
Universitäten. Allerdings ist es hier im Moment noch sehr schwierig, diese Punkte
umzusetzen, weil es viele Widerstände gibt.
9.
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