Nationalpark Eifel AKTUELL 7. Newsletter des Nationalparkforstamtes Eifel Inhalt Aktuelles Seite 1 Hainer Simse Seite 4 News Seite 7 Aus unserer Arbeit Seite 10 Natur und Wildnis Seite 14 Menschen im Park Seite 19 Tipp Seite 21 Für die Kleinen Seite 22 Rubrik: Aktuelles Truppenübungsplatz und „Burg Vogelsang“ seit Januar offen Am 1. Januar öffnete sich die Schranke auf Vogelsang: Mehr als 3000 Gäste waren dabei, als der Euskirchener Landrat Günter Rosenke, Ralf Hergarten, Bürgermeister der Stadt Schleiden und der Aufsichtsratsvorsitzender der Standortentwicklungsgesellschaft Vogelsang, Manfred Poth, die Schranke am Walberhof hoben. Nach 60 Jahren militärischer Nutzung sind sowohl die ehemalige „NS-Ordensburg“ Vogelsang als auch der 3.300 Hektar umfassende Truppenübungsplatz Vogelsang (Dreiborner Hochfläche) wieder für die Öffentlichkeit zugänglich. Besucherinnen und Besucher freuen sich über die mehr als 50 Kilometer markierten Wanderwege im Gelände, die ehemaligen Bewohner der Wüstung Wollseifen darauf, ihren alten Heimatort endlich wieder besuchen zu können, Geschichts- und Architekturinteressierte auf die Besichtigung der ehemaligen „NS-Ordensburg“. Meldungen, Impressionen und vieles mehr zu Vogelsang Wie ist der Stand? Der Bund ist noch immer Eigentümer der Dreiborner Hochfläche sowie der bebauten Fläche Vogelsang. Er wird sich bis März 2006 um die Bewachung und Instandhaltung von Vogelsang kümmern. Die Modalitäten einer Übergabe an das Land sind bislang nicht geklärt. Nachdem die belgischen Streitkräfte abgezogen sind, darf das Areal nicht sich selbst überlassen bleiben. Die Besucherströme müssen betreut und gelenkt werden. Daher gibt es vorerst eine provisorische Besucherlenkung. Mit bis zu 300.000 Besuchern rechnet der Kreis Euskirchen in diesem Jahr allein auf Vogelsang. Im Mai 2005 gründete sich die Standortentwicklungsgesellschaft Vogelsang. Sie soll eine zivile Nutzung des 100 Hektar großen bebauten Geländes Vogelsang, das zwar inmitten des Nationalparks liegt, jedoch nicht Teil des Großschutzgebietes ist, entwickeln. Die Aufgabe der Gesellschaft ist die Konversionsbegleitung, sie ist Ansprechpartner für den Bund und interessierte Investoren. Weiterführende Informationen zum aktuellen Stand, zu Nutzungskonzepten, Planungen und zur Geschichte der ehemaligen NS-Ordensburg finden sie unter www.serviceagentur-vogelsang.de und www.lernort-vogelsang.de. Infostelle und Ausstellung Neben den markierten Wanderwegen und der Beschilderung an 25 Ausgangspunkten auf der Dreiborner Hochfläche, dienen eine Tourist-Info im Ostflügel des Adlerhofes, genannt Forum Vogelsang, der provisorischen Besucherlenkung. Dort beginnen sowohl die Führungen durch das „Burggelände“ als auch die Rangertouren nach Wollseifen. Parkplätze sind auf dem ehemaligen Panzerwaschplatz eingerichtet. Ab April sollen im Forum Vogelsang eine Cafeteria und eine Ausstellung das Provisorium ergänzen. Wie geht es weiter? Im Auftrag der „Euregionale 2008“ entwickelte das Münchner Planungsbüro MüllerRieger für Vogelsang eine Dachmarke für ein Gesamt-Ausstellungskonzept. Das Konzept sieht in diesem Rahmen drei Ausstellungen vor: - NS-Dokumentationszentrum - Nationalpark-Infozentrum sowie - regionalgeschichtliche Ausstellung „Eifel-Ikonen“ Führungen auf Vogelsang Die Standortentwicklungsgesellschaft hat zwei Rundwege durch das denkmalgeschützte Ensemble der ehemaligen „NS-Ordensburg“ eingerichtet. Zudem können BesucherInnen an den Führungen mit einem der 25 VogelsangReferentInnen teilnehmen, die von der Serviceagentur Vogelsang ausgebildet wurden. Die regulären Führungen starten sonntags um 11 und um 14 Uhr. Darüber hinaus können Gruppen Führungen wochentags und zu bestimmten Schwerpunkten über die Serviceagentur Tel. 0700 9300 2006 buchen. Wandern auf der Dreiborner Hochfläche Seit Januar ist die 33 Quadratkilometer große Fläche des ehemaligen Truppenübungsplatzes mit Wanderwegen und Informationstafeln erschlossen. Auf über 50 Kilometern Wegenetz ist die Dreiborner Hochfläche auf eigene Faust oder bei Führungen zu erkunden. Die begehbaren Wege sind mit Holzpfählen markiert. In dem vom Nationalparkforstamt herausgegebenen Faltblatt „Wandern-Dreiborner Hochfläche, Vogelsang, Wollseifen“ sind alle freigegebenen Wanderstrecken, die den vorläufigen Nationalpark-Wegeplan zur Grundlage haben, eingezeichnet. An insgesamt 25 möglichen Einstiegsstellen begrüßen Informationstafeln mit dem Wegenetz und wichtigen Verhaltensregeln die BesucherInnen. Dazu gehört die dringende Warnung, wegen möglicher Kampfmittel nicht abseits der Wege zu laufen. Jeden Sonntag um 14 Uhr bieten die Ranger der Nationalparkverwaltung kostenlose Führungen zur Wüstung Wollseifen an. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Gruppen können zudem exklusive Touren über die Dreiborner Hochfläche mit einem/r der WaldführerInnen buchen: Telefon 02473.8676 Wie komme ich hin? Wer umweltschonend nach Vogelsang fahren möchte, nimmt den neuen Nationalpark-Shuttle (Schnellbus, SB82) des Regionalverkehrs Köln, der stündlich zwischen Bahnhof Kall, Gemünd Kirche und Vogelsang pendelt. Seit 9. Januar bringt der mit attraktiven Nationalparkmotiven gestaltete Shuttle Gäste komfortabel bis zur Infostelle an den Adlerhof. Während der Fahrt informiert ein Film über den Nationalpark und die Attraktionen, zu denen man von den jeweiligen Haltestellen aus starten kann. Zudem begleiten vom Nationalparkforstamt geschulte Personen die Fahrten. Im Rahmen der RVK-Kampagne „Ich sehe was, was Du nicht siehst“ gibt es die Broschüre „Die Entdeckertouren“ mit Tipps für Tagesausflüge und Anreise nach Gemünd und Vogelsang. Wer dennoch mit dem Auto fährt, kann auf dem Parkplatz des ehemaligen Panzerwaschplatzes innerhalb des Geländes der „Burg“ Vogelsang – bald gebührenpflichtig – parken. Bis zum Adlerhof ist es dann noch ein kleiner Marsch. Bildbeschreibung: Ein Symbolischer Akt am Eröffnungstag: Der Bürgermeister von Schleiden, Ralf Hergarten, der Landrat Günter Rosenke und sein Stellvertreter Günther Poth stehen, die vor der Schranke am Walberhof. Sie umfassen die Schranke und warten auf das Zeichen, um die Schranke zu öffnen. Hainer Simse Der Nationalpark ist nun endlich ganz erlebbar. Die Dreiborner Hochfläche (ehemaliger Truppenübungsplatz) ist jetzt - wie sagt man so schön -„Vollmitglied“ des Nationalparks! Nun können Sie und wir uns wieder ausbreiten. Allerdings gibt es da einen kleinen Unterschied! Wir Pflanzen könnten überall hin, Sie als Mensch dürfen nur auf die ausgewiesenen Wege. Tja, so ändern sich die Dinge. Aber mal ehrlich: Ist doch nicht so schlimm! Ich garantiere Ihnen, dass wir uns auch an das Nichtbetretungsgebot der Wege halten werden und was ist mit Ihnen? Werden Sie sich auch an das Nichtbetretungsgebot der Offenlandflächen und des Waldes halten? Ich bin da ganz zuversichtlich und baue auf Ihr Verständnis. Wir werden das gemeinsam schon machen! Meine pflanzlichen Nachbarn stehen schon in den Startlöchern, manche wissen noch nicht wo sie als nächstes ihre Wurzeln schlagen sollen. Berta die Buche neben mir, würde wahnsinnig gerne ihre Tochter mitten auf der Dreiborner Hochfläche sehen. Ja so sind se' die dicken Buchen, raumeinnehmende Persönlichkeiten halt. Wir Simsen sind da etwas bescheidener. Und - sind Sie auch so bescheiden wie wir Simsen? Ihr Hainer Simse Wegeplan Truppenübungsplatz Kompromisse für alle Beteiligten Rechtzeitig vor Öffnung des ehemaligen Truppenübungsplatzes Vogelsang konnte ein vorläufiger Wegeplan für diesen Bereich im November in den Nationalparkgremien verabschiedet werden. Der Wegeplan ist das wesentliche Instrument eines Nationalparks, um einerseits die naturschutzfachlichen Ziele zu erreichen und andererseits das Naturerleben und die Umweltbildung für die BesucherInnen und die vor Ort lebende Bevölkerung zu ermöglichen. In dem Plan sind alle künftigen Wander-, Rad- und Reitwege dargestellt, wobei die Wanderer Hauptzielgruppe sind. Nach zahlreichen Abstimmungsgesprächen zwischen Interessensgruppen und Nationalparkverwaltung konnten sich die Beteiligten auf Lösungen einigen, die von allen Seiten Kompromissbereitschaft erforderten. Der ehemalige Truppenübungsplatz umfasst 33 Quadratkilometern der Dreiborner Hochfläche, die zum Teil naturschutzfachlich hochwertige Flächen aufweist. Die Kompromissfindung fiel daher nicht immer leicht. Zum Beispiel sollte stets vermieden werden sensible Bachläufe von beiden Seiten zu erschließen. Ebenso sollten Gebiete mit seltenen Arten, wie die Brutkolonien mit Kormoran und Graureiher ausgespart werden. Große Teile der Dreiborner Hochfläche sollen zu besonders schützenswerten Kernstücken des Nationalparks entwickelt werden: So genannte Prozessschutzzonen, in denen die Natur ohne Managementmaßnahmen sich selbst überlassen bleibt, sollen den Tieren auch als große, störungsfreie Ruhezonen dienen. In keinem anderen Bereich des Nationalparks Eifel wären solche Ruhezonen möglich. Auf zwei direkte Verbindungswege zwischen Dreiborn und Erkensruhr musste daher verzichtet und alternative Verbindungswege gefunden werden. Beide Wege hätten die Kernruhezone zerschnitten. Die Geschlossenheit dieses Bereiches ist auch für das „Erlebnis Rothirsch“ von großer Bedeutung: Nationalparkgäste sollen in Zukunft von einer Aussichtsplattform bei Dreiborn das auf der Hochfläche tagaktive Rotwild beobachten können. Ein großräumiges Management ist dazu nötig. Eine Freigabe dieser Wege hätte zudem das einzige im Nationalparkgebiet nachgewiesene Brutrevier eines Schwarzstorches bedroht. Im Ergebnis brachten die Wegeplanungen für den Bereich der Dreiborner Hochfläche mehr als 50 Kilometer zusätzliche Wanderwege im Nationalpark Eifel. Gesamt-Wegeplan wird Ende 2006 verabschiedet Für die Anlage der Reit- und Radwege auf der Dreiborner Hochfläche sind noch Bauarbeiten an den Wegen erforderlich. „Die vereinbarten Rad- und Reitwege können wir daher erst ab 2007 nutzbar machen“, so Henning Walter, Leiter der Nationalparkverwaltung. Ebenso könne die Freigabe von drei Wegen östlich des Helingsbaches, über den Morsbach sowie nördlich der Anlage Vogelsang erst nach der Verabschiedung des Gesamt-Wegeplans Ende 2006 und nach den umweltrechtlichen Verträglichkeitsprüfungen erfolgen. Um diese Wege verwirklichen zu können müssen zunächst Serpentinen, Stege und eine Brücke über den Urftsee gebaut werden. Zur weiteren Entwicklung des gesamten Wegeplans außerhalb der Dreiborner Hochfläche wurden drei Arbeitsgruppen (AG) gebildet: (AG) Kommunen Süd Hellenthal, Monschau, Schleiden und Simmerath Nord Heimbach, Hürtgenwald, Nideggen, Schleiden und Simmerath. Ost Kall, Mechernich, Schleiden Mitglieder der jeweiligen Arbeitsgemeinschaften sind neben den genannten Kommunen, die zuständigen Kreise, Naturschutzverbände, Biologischen Stationen, der Eifelverein und die Nationalparkverwaltung. Bis Ende Februar erstellen die AGen Wegekonzepte für ihre Teilflächen, die dann in den Gremien Kommunaler Nationalparkausschuss und Nationalpark-Arbeitsgruppe erörtert werden. Ziel ist es, dem Umweltministerium NRW im September einen Entwurf für den vollständigen Wegeplan zum Nationalpark zur Genehmigung vorzulegen. Rubrik: News Meilensteine in der Entwicklung Erste Nationalpark-Tore mit Ausstellung und Infostelle eröffnet Das dritte Tor des Nationalpark Eifel hat am 20. Januar in Heimbach seine Pforten geöffnet: Umweltminister Eckhard Uhlenberg ließ es sich nicht nehmen, die dritte Ausstellung zum Nationalpark im Bahnhof Heimbach einzuweihen. In der Ausstellung „Waldgeheimnisse“ führen als Hauptdarsteller die Wildkatze und der Schwarzstorch durch ein Buchenwaldlabyrinth. „Eine Besonderheit dieser Ausstellung ist, dass hier die Bedürfnisse von sehbehinderten und blinden Menschen in besonderem Maße berücksichtigt wurden“, zeigte sich der Minister begeistert. Alle Informationen sind mit Punktschrift unterlegt und zahlreiche taktile Elemente in die Ausstellung eingebaut. Darüber hinaus soll der Nationalparkfilm - eines der Grundmodule aller NationalparkTore- in Kürze mit Audio-Deskription (akustische Bildbeschreibung) für blinde Menschen ausgestattet werden. Die Umsetzungen fanden in enger Zusammenarbeit mit der Blindenschule Düren statt. Die Nationalpark-Tore in Rurberg und Gemünd sind bereits seit Oktober vergangenen Jahres geöffnet. In allen Ausstellungen der Nationalpark-Tore können sich BesucherInnen über den Nationalpark und die Angebote rund um das Großschutzgebiet in der jeweils angegliederten Tourist-Info informieren. Die Tore sind kostenfrei von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Gemeinsam mit zahlreichen Gästen eröffnete Umweltminister Eckhard Uhlenberg auch in Schleiden-Gemünd die Ausstellung und betonte: „Die Eröffnungen der Nationalpark-Tore sind wichtige Meilensteine in der Entwicklung des Nationalparks“. Das Nationalpark-Tor Rurberg eröffneten zuvor Dieter Krell vom Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Energie sowie Thomas Neiss vom Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Die Mottos „Knorrige Eichen, bunte Spechte und Waldgeschichte(n)“ und „Lebensadern der Natur“ wussten Objektgestalter Hartmut Schmiese in Gemünd und die Ausstellungsexperten der Firma Museumsreif in Rurberg mit Leben zu füllen. In Rurberg sind die Lebensräume Fließ- und Stillgewässer beispielsweise aus der Perspektive eines Milans erlebbar. Tierspuren führen durch die Kulturgeschichte der Eifel. Auf ein Geländemodell, Basiselement aller Nationalpark-Tore, lassen sich per Knopfdruck Informationen projizieren. Gut informiert kann der Gast den Nationalpark dann auf eigene Faust erkunden oder an einer der zahlreichen Führungen teilnehmen, die an den Toren starten. Bauherr des Tores in Simmerath-Rurberg, Bürgermeister Hubert Breuer, gab den Tipp: „Das Nationalpark-Tor ist bestens geeignet für Ausflüge in die Natur, sowohl zu Fuß, mit dem Fahrrad oder auch per Schiff.“ In Gemünd dagegen ist die Geschichte der Waldnutzung im Kermeter in einem begehbaren Kohlenmeiler illustriert und ein Diorama zeigt Pflanzen und scheue Tiere des Nationalparks, die der Wanderer in der Natur nur selten zu Gesicht bekommt. Musik für den Nationalpark Eifel Uraufführung ‚Moments of Nature' „Moments of Nature“ heißt das Stück, das Dirigent Friedhelm Schorn von der Musikkapelle Kall für den Nationalpark Eifel komponiert hat. Es soll die Verbindung von Musik und Natur zum Ausdruck bringen. Die Komposition für ein Blasorchester setzt sich aus vier Teilen zusammen, die jeweils eine Wanderung durch den Nationalpark darstellen. Eine zusammengestellte Videosequenz mit Filmaufnahmen aus dem Nationalpark visualisierte die musikalisch aufgegriffenen Themen. Beim Jahreskonzert des Musikvereins kam die Komposition zur Uraufführung. Rückblick: Antrittsbesuch des Umweltministers NRW Uhlenberg beeindruckt von landschaftlicher Vielfalt des Nationalparks Bereits am 11. Oktober hatte es den erst Ende Juni ernannten Umweltminister Eckhard Uhlenberg zu einem Antrittsbesuch in den Nationalpark Eifel gezogen. Bei einer Tour durch den herbstlichen Wald zeigte sich Uhlenberg besonders von der vielfältigen Landschaft entlang des Urftuferweges K7 und von dem naturnahen Wald des Kermeters beeindruckt. Der neue Umweltminister hatte seinen Besuch zum Anlass genommen, um der Öffentlichkeit den ersten Leistungsbericht des Nationalparks Eifel vorzustellen. „Die Menschen und Institutionen der Nationalparkregion sowie die Nationalparkverwaltung haben eine großartige Arbeit geleistet. Die Zahlen und Fakten des Leistungsberichtes bestärken unser Vorhaben der Koalitionsvereinbarung, den Nationalpark Eifel weiter zu unterstützen und zu fördern“, freute sich Uhlenberg über die erfolgreiche Aufbauphase. Besondere Bedeutung hatten im Gründungsjahr die Grundlagenerhebungen zu Biotoptypen, Fließgewässern und ausgewählten Tierarten. Auf einer Fläche von 3200 Hektar konnten beispielsweise 351 Spechtreviere kartiert werden. Untersuchungen zur Wildkatze zeigten eine hohe Bedeutung des Nationalparks als Teillebensraum der größten Wildkatzen-Population Mitteleuropas. Eine starke Presse- und Öffentlichkeitsarbeit hatte den Nationalpark und die Eifel über Landesgrenzen hinweg bekannt gemacht. Darüber hinaus wurden Faltblätter in Deutsch, Englisch, Französisch und Niederländisch auf 44 Messen und Ausstellungen verteilt. Beeindruckend waren auch die Zahlen in der Umweltbildung: Knapp 20.000 Personen nahmen im Jahr 2004 an den mehrstündigen bis einwöchigen Naturerlebnis- und Umweltbildungs-Angeboten des Nationalparkforstamtes teil. Bis Ende 2004 beendeten 153 WaldführerInnen ihre neuntägige Ausbildung. Über 500 Bewerbungen waren für diese Ausbildung zum ehrenamtlich tätigen Waldführer eingegangen. Multiplikatoren für die Nationalpark-Idee 28 Gastgeber haben sich auf Nationalpark spezialisiert Wie die Verwaltungen der deutschen Nationalparke Multiplikatoren für die Nationalpark-Idee gewinnen können, zeigt das Beispiel Nationalpark-Gastgeber. Bereits drei Nationalparke haben sich mit gastronomischen Partnern ihrer Region zusammengetan und ein Programm ausgearbeitet. Auch im Nationalpark Eifel gibt es seit Herbst vergangenen Jahres 28 Betriebe, die sich zu so genannten NationalparkGastgebern qualifiziert haben. Das heißt in erster Linie: Betreiber von Restaurants, Hotels, Pensionen, Ferienwohnungen und Campingplätzen stehen hinter der Nationalpark-Philosophie und möchten das Großschutzgebiet unterstützen. Dafür können die Betriebe mit dem auf Nationalpark-Gastgeber angepassten Markenzeichen werben und werden gleichzeitig in den Veröffentlichungen der Nationalparkverwaltung empfohlen. Um das begehrte Zertifikat zu bekommen, müssen weitere Kriterien erfüllt werden: Die Teilnehmenden unterziehen sich einer mehrtägigen Schulung, so dass sie ihre Gäste bestens zum und rund um den Nationalpark informieren können. Zudem legen sie stets aktuelles Informationsmaterial aus, können Auskunft zu Führungen, Anreise und Informationsstellen des Nationalparks geben. Jährlich absolvieren sie eine Fortbildungsveranstaltung der Nationalparkverwaltung. Ein wichtiger Aspekt ist zudem das Bemühen um eine umweltfreundliche Betriebsführung. Die Dachmarken Viabono und Marke Eifel prüfen und zertifizieren Betriebe. Während bei Viabono Marmelade und Milch aus Einwegverpackungen ebenso tabu sind wie Eier aus Legebatterien steht bei der Marke Eifel der Bezug regionaler Produkte im Vordergrund. Stets sollte auf einen nachhaltigen Umgang mit Abfall, Wasser und Energien geachtet und regionale Wirtschaftskreisläufe berücksichtigt werden. Beide Marken werden zur Erhaltung des Zertifikates Nationalpark-Gastgeber anerkannt. Rubrik: Aus unserer Arbeit Geo-Dateninitiative (GDI) NRW Nationalpark Eifel bald virtuell begehbar In den nächsten Wochen wird es für Nationalparkbesucher eine attraktive Neuerung geben: Sie können sich die Landschaft ihrer bevorzugten Wanderungen per Mausklick in einer 3-D-Karte auf der Internetseite des Nationalparks www.nationalpark-eifel.de ansehen. Ein erster Entwurf wurde Anfang Oktober auf der InterGeo in Düsseldorf vorgestellt. Möglich wird dies durch die vom Land Nordrhein-Westfalen ins Leben gerufene Initiative GDI. Ziel der Initiative ist die Aktivierung des Geodatenmarktes sowie eine verbesserte Nutzung und ein erleichterter Zugang zu Geoinformationen. Zahlreiche private Unternehmen und öffentliche Verwaltungen, darunter das Nationalparkforstamt, nehmen daran teil und stellen ihre gesammelten Daten zur Verfügung. Verarbeitet werden die Daten mit Hilfe von Geographischen Informationssystemen (GIS). Diese Systeme werden unter anderem in den Bereichen Stadt-, Regional- und Umweltplanung eingesetzt. Ein Verbundprojekt im Rahmen der GDI NRW ist die Konzeption und Realisierung eines kartenbasierten Informationsangebots für den Nationalpark Eifel. Projektpartner sind der Landesbetrieb Wald und Holz NRW sowie die Firma con terra aus Münster. Der Koordinator für den Landesbetrieb Wald und Holz, Dr. Stefan Franz, stellt das Projekt vor: Karteninformationen für den Nationalpark Eifel von Dr. Stefan Franz, Landesbetrieb Wald und Holz NRW Für den Nationalpark Eifel wurde im Rahmen des „GDI Verbundprojektes 2005 NRW“ eine Anwendung zur Anzeige von Karteninformationen für das Gebiet um den Nationalpark entwickelt. Die über die Homepage des Nationalparks zur Verfügung gestellte GIS - Anwendung ist ein wichtiges Element der Touristeninformation und soll zudem als Werkzeug für die Umweltbildung genutzt werden. Nationalparkbesucher können unter Nutzung des neuen Angebots schon vor dem Besuch ihren Ausflug oder Wanderungen planen. Hierzu sind auch die in der Umgebung des Nationalparks bestehenden Wanderwege und Lehrpfade sowie Erholungs- und Freizeiteinrichtungen dargestellt und abfragbar. Zusätzlich zu den spezifischen Informationen für den Nationalpark wurden die für das Internet bestehenden Karteninformationen des Landesvermessungsamtes NRW genutzt, wobei hier vor allem die topographischen Karten und Luftbilder zu nennen sind. Ohne einen Mehraufwand an Pflege oder Administration durch das Nationalparkforstamt ist somit der Zugriff auf stets aktuelle topographische Informationen gewährleistet. Um die Menge der darstellbaren Daten übersichtlich zu halten, können diese in verschiedenen Darstellungsfiltern, so genannten Layern, einund ausgeblendet werden. In Kombination mit den spezifischen Darstellungsebenen des Nationalparks bieten sie den BesucherInnen des Großschutzgebietes ein vollständiges und aktuelles Kartenbild. Als besondere Funktion der Anwendung ist die Generierung von 3D-Ansichten aus dem aktuellen 2D-Kartenbild realisiert worden. Damit erhalten die Karten eine ganz neue Aussagekraft: So lässt sich beispielsweise die Planung einer Wanderung optimieren, da die plastische 3D-Ansicht neue Möglichkeiten bietet, Steigungen beziehungsweise den Schwierigkeitsgrad von Wanderungen abzuschätzen. Die gesamte Anwendung wurde in enger Zusammenarbeit zwischen dem Nationalparkforstamt Eifel, seiner Zentrale Landesbetrieb Wald und Holz NRW und der con terra GmbH realisiert. Die in der Nationalparkverwaltung mit dem GIS-System ArcView erfassten Geodaten werden durch den Landesbetrieb für die Internetnutzung bereitgestellt. Die eingesetzte GIS - Anwendung basiert auf Teilen des Softwarepakets sdi.suite der con terra GmbH und ist demnächst über die Homepage des Nationalparks Eifel (http://www.nationalpark-eifel.de) aufrufbar. Internet-Relaunch Wald, Wasser, Wildnis - neuer Internetauftritt im World Wide Web Dem Nationalparkforstamt ist es ein Anliegen seine BesucherInnen digital auf dem Laufenden zu halten und über die verschiedenen Nationalpark-Themen zu informieren. Daher erhält die Internet Seite www.nationalpark-eifel.de in Kürze ein neues Erscheinungsbild (siehe Grafik). Nach dem Relaunch (engl.: to relaunch = etwas wieder einführen) gibt es auch inhaltlich einige Neuerungen: Das bestehende Naturerlebnis- und Umweltbildungsangebot wurde zum 1. Januar 2006 wesentlich erweitert. Beispielsweise auf der Dreiborner Hochfläche, die bis Ende 2005 als Truppenübungsplatz Vogelsang genutzt wurde (siehe Tipp Seite 12). Zu den 28 Nationalpark-Gastgebern (siehe Seite 6) sowie den Kooperationspartnern in der Eifelregion gelangt man mit einem Mausklick auf den entsprechenden Link der Startseite. Fünf Sprachen mit einem Streich: Neben Deutsch werden die Kernstücke der Internetseite nach und nach in Niederländisch, Französisch und Englisch zu lesen sein. Wesentliche Bausteine des Relaunch sind zudem neue Funktionen, die die Seite auch für Menschen mit Behinderungen lesbar machen. Schriftgröße und Kontrast können von den Nutzern frei gewählt werden. Die Invers-Einstellung „Weiße Schrift auf schwarzem Hintergrund“ kann dabei Blendungen minimieren. Eine textbasierte Version des Internetauftritts erleichtern die Nutzung für blinde Menschen. Übersichtliche Gestaltung gilt nach dem neuen Anstrich nach wie vor. In der linken, so genannten Navigationsleiste lassen sich verschiedene Untermenüpunkte zum Nationalpark Eifel auswählen. Zur „Orientierung“ gibt es eine Übersichtskarte des Gebietes sowie Informationen zur Anreise mit Bus und Bahn. Die Rubrik „Lebensräume“ enthält Informationen für interessierte Naturinteressierte, die einen tieferen Einblick in die Tier- und Pflanzenwelt des Nationalparks erhalten möchten. Diejenigen, die direkt in die Natur eintauchen möchten, sind bei den Angeboten im Nationalpark unter „Natur erleben“ richtig. Dort finden sich alle Informationen zu den geführten Wanderungen mit Rangern und WaldführerInnen und andere Aktivitäten für Kinder und Eltern sowie Menschen mit Behinderung. Besucher-Anlaufstellen im Nationalpark sind in der Rubrik „Infothek“ aufgeführt. Hierzu zählen die drei Nationalpark-Tore in Rurberg, Gemünd und Heimbach und das Forum Vogelsang. Was es an Neuigkeiten innerhalb der Nationalparkgrenzen gibt, lesen Sie in den Pressemeldungen und im Nationalpark-Newsletter. Barrierefreies Naturerleben Deutscher PR-Preis geht in die Eifel Für innovative Projekte der Kategorie „Neuland“ verlieh die Deutsche Public Relations Gesellschaft (DPRG) und das F.A.Z. - Institut die renommierte Auszeichnung an Malte Wetzel, Pressereferent und Barrierefrei-Koordinator des Nationalparkforstamtes Eifel, Günter Schumacher, Vorsitzender des Naturparks Nordeifel, und Jan Lembach, Geschäftsführer des Naturparks (von links) nahmen die Auszeichnung gemeinsam im Kurhaus Wiesbaden entgegen. Das Projekt soll Menschen mit Behinderungen eine gleichberechtigte Teilnahme an den Naturerlebnissen ermöglichen. Rubrik: Natur und Wildnis Faszination Flechte Einmalige Neufunde im Nationalpark Eifel Nicht die auffälligen Tiere sind es allein, die den Nationalpark Eifel ausmachen. Vielmehr bietet das Großschutzgebiet Lebensraum für die ganz unscheinbaren Stars aus dem Reich der Organismen. Zu ihnen gehören die Flechten. Diese Doppelorganismen, bestehend aus einer Symbiose zwischen Pilzen und Algen, entfalten erst bei näherem Hinsehen ihre einzigartige Schönheit. Flechten sind oft selten und vom Aussterben bedroht. Sie wachsen nur langsam und schon ein Tritt kann sie zerstören. Im Nationalpark Eifel finden viele dieser faszinierenden Organismen noch optimale Lebensbedingungen: Bei Kartierarbeiten stieß Biologin Dr. Dorothee Killmann von der Universität Koblenz-Landau auf zahlreiche Rote Liste - Arten, die vom Aussterben bedroht sind. In den steilen, unzugänglichen Hängen des Kermeter gelangen der Flechtenexpertin gleich zwei Neufunde. Beide Funde sind Indikatoren für besonders ungestörte und naturnahe Wälder. Weltweit gibt es ca. 20.000 Flechtenarten, davon etwa 2.000 in Deutschland. 181 Arten konnte Dr. Killmann im Nationalpark Eifel nachweisen. „Hier herrscht eine außergewöhnliche Flechtendichte mit einer sehr hohen Anzahl vom Aussterben bedrohter Arten“, begeistert sich die Expertin. Fast die Hälfte aller Flechtenarten steht auf der Roten Liste von Nordrhein-Westfalen. Von Juni bis November untersuchte Dr. Killmann im Auftrag der Nationalparkverwaltung ausgesuchte Teilflächen. Zeitgleich kartierte Biologe Dr. Andreas Solga, Mitarbeiter des Nees-Instituts für Biodiversität der Pflanzen an der Universität Bonn, das Vorkommen der Moose auf diesen Flächen. Auch er konnte bereits nach sechs Monaten Untersuchungszeit ein positives Resumee ziehen: „Ich habe in der kurzen Zeit schon 180 Moosarten gefunden. Auch darunter sind 43 Rote Liste Arten.“ Die Ergebnisse der Kartierung dienen einem Gutachten, das zum einen die Rote Liste Arten beschreibt, zum anderen das untersuchte Gebiet bewertet und schließlich Empfehlungen zur Besucherlenkung geben soll. Zudem wird die Punktkartenflora der Rote Liste Arten in das Geographische Informationssystem der Nationalparkverwaltung integriert. Innerhalb der Untersuchungsgebiete arbeitet Biologin Dr. Killmann mit Stichproben. „Ich überlege wo sich Flechten befinden könnten und nehme dann dort Stichproben und bestimme die Arten.“ Neufunde Mit geschultem Blick hat die Expertin in einer der Untersuchungsflächen schnell zwei seltene Fundstücke identifiziert: Sphaerophorus globosus heißt die seltene, korallenähnliche Strauchflechte. Dabei handelt es sich laut Dr. Killmann um einen der bemerkenswertesten Flechtenfunde im Nationalpark Eifel. Diese Flechte ist ein Bioindikator für ungestörte, naturnahe Bergwälder in niederschlagsreichen Lagen. Bundes- und landesweit ist sie vom Aussterben bedroht. „Von dieser Flechte habe ich im gesamten Nationalpark nur zwei Exemplare auf halbschattigen Silikatfelsen im Kermeter gefunden“, so Dr. Killmann. Weitere Funde sind jedoch möglich. Es ist der zweite Nachweis für Nordrhein-Westfalen. Bei Monschau-Widdau wurde 1996 ein Exemplar in den Astgabeln einer Traubeneiche entdeckt. Weitere Vorkommen gibt es im Schwarzwald, im Pfälzer Wald und in den Vogesen. Einmalig für Nordrhein-Westfalen ist jedoch der Fund der Blattflechte Parmotrema crinitum. Dabei handelt es sich um eine relativ großlappige graue Blattflechte, die gut an ihren schwarzen, borstenförmigen Wimpern zu erkennen ist. Im Nationalpark wächst sie am Stammfuß einer mittelalten Eiche im Bereich des Kermeters. Das nächste Vorkommen ist in Rheinland-Pfalz im Naturschutzgebiet Ahrschleife bei Altenahr. Bei dem Fund im Nationalpark Eifel handelt es sich um den zweiten Nachweis in Deutschland nördlich der Alpen. Beide Flechtenarten bevorzugen ein ozeanisches Klima, das sich durch relativ milde Winter auszeichnet. Eldorado für Pustelflechte Die Arten sind jedoch nicht immer so außergewöhnlich. Oft habe man es mit einem massenhaften Auftreten einer Art zu tun. So sind zum Beispiel offene, sonnige Felsbereiche, die sich vereinzelt im Kermeter befinden, ein Eldorado für die seltene Pustelflechte (Lasallia pustulata, Rotel Liste: stark gefährdet). Mehr als 1.000 Exemplare konnten allein an einer senkrechten, sonnigen Felswand in der Nähe des Rursees nachgewiesen werden. Auch bei den Funden im Wüstebachtal handelte es sich um ein massenhaftes Vorkommen von grünen und braunen Bartflechten. Auch das spreche für relativ naturnahe Waldbereiche. Insgesamt lassen sich für den Nationalpark folgende Habitate bezeichnen, die für Flechten besonders wertvoll sind: - Die meisten Flechten sind in naturnahen Waldbereichen zu finden sind, wo sie alte und abgestorbene Bäume vorfinden. Im Nationalpark Eifel besiedeln sie vor allem alte Eichen. Viele Flechten sind an abgestorbene Bäume angepasst, wie zum Beispiel verschiedene Arten der so genannten Stecknadelflechte. Aber auch auf offenen Felsen und an Wegrändern haben sie sich niedergelassen. - Zahlreiche Arten befinden sich auch in den Felsbereichen des Nationalparks, vor allem entlang des Urftseerandweges K7. Da gibt es Flechten wie die gallertartige Leimflechte (Collema tenax), deren Pilz mit einer Blaualge in Gemeinschaft lebt. Dann gibt es Hundsflechten (z.B. die Schuppen-Hundsflechte Peltigera praetextata), welche man früher dazu nutzte, um die Tollwut zu heilen. Die häufigste Flechte, die in den Felsen zu finden ist, ist die gelb-grünliche Blattflechte Xanthoparmelia conspersa. Das Rätsel Dr. Killmann ist mit ihren Untersuchungsergebnissen zufrieden. Nur eines bleibt ihr ein Rätsel: Bislang noch unentdeckt blieb die Lungenflechte (Lobaria pulmonaria) im Nationalpark. Die Bedingungen für sie seien jedoch optimal, so Dr. Killmann. Die Lungenflechte liebt luftfeuchte Traubeneichenwälder in Bachnähe. Dennoch ist sie bei ihren Untersuchungen auf kein Exemplar gestoßen. Lediglich in Rheinland-Pfalz gebe es zwei Vorkommen dieser seltenen Flechtenart. Literaturtipp Heibel, E. (1999): Untersuchungen zur Biodiversität der Flechten von NordrheinWestfalen. Abhandlungen aus dem Westfälischen Museum für Naturkunde. 61. Jahrgang, Heft 2. Münster. Wirth, V. (1995): Die Flechten Baden-Württembergs. Band 1 und Band 2. Ulmer Verlag. Wirth, V. (2002). Indikator Flechte. Naturschutz aus der Flechtenperspektive. Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde Serie C, Heft 50. Staatl. Museum für Naturkunde Stuttgart. Wirth, V., Düll, R. (2000): Farbatlas Flechten und Moose. Ulmer Verlag. Steckbrief Flechten (Lichenes) Flechten werden von Laien oft als etwas Unangenehmes, Krankhaftes oder als Baumschmarotzer bezeichnet. Erst seit dem 19. Jahrhundert weiß die Wissenschaft mehr über diese unscheinbaren Gebilde. Flechten sind Doppelorganismen, die sich aus einem Pilz (meistens ein Schlauchpilz) und einer Alge (Grün- oder Blaualge) zusammensetzen. Sie leben in Symbiose, in einer engen Lebensgemeinschaft zusammen und können so Orte besiedeln, an denen ein einzelner Partner alleine nicht leben könnte. Aussehen und Arten Die meisten Flechten sind von grauer, grüngrauer, grüngelber bis hin zu gelber und brauner Farbe. Sie bestehen aus lappig gegliederten, verzweigten oder strauchigen Gebilden, auch „Lager“ genannt. Nach ihrem Aussehen unterteilt man die Flechten in drei Wuchsformen: Krustenflechten: Sie bilden eine flache Schicht, die fest mit dem Untergrund verbunden ist Blattflechten: Sie sind blattartig geformt und an mehreren Punkten mit dem Untergrund verankert Strauchflechten: Sie sind buschig bis bartförmig und nur an einem Punkt mit dem Untergrund verbunden. Zu den Strauchflechten zählen auch die bekannten Bartflechten, die aus bartartig hängenden Fäden und buschigen Lagern bestehen. Vorkommen Die meisten Arten wachsen auf Gestein, auf dem Erdboden oder auf Baumrinden. Flechten und Moose unterscheiden sich von höheren Pflanzen dadurch, dass sie keine „Haut“ besitzen, die sie vor dem Austrocknen schützen kann. Haben sie nicht genug Feuchtigkeit, fallen sie in eine Art „Trockenschlaf“, sterben jedoch nicht ab. So können sie sogar in Wüsten überleben. Diese Eigenschaft macht die Flechten zu Pionieren an extremen Standorten. An feuchten und schattigen Standorten können sie sich häufig nicht gegen Moose durchsetzen. Ernährung In dieser ungewöhnlichen Lebensgemeinschaft versorgt die Alge sich und den Pilz mit den lebenswichtigen Nährstoffen. Denn die Alge ist grün und kann Photosynthese betreiben. Stickstoffbindende Blaualgen (zum Beispiel Nostoc) können ihre Partner zusätzlich mit Stickstoff versorgen. Vermehrung und Wachstum Bei einem Doppellebewesen wie der Flechte stellt die Fortpflanzung besondere Anforderungen. Der Pilzpartner pflanzt sich einerseits selbstständig fort, beispielsweise mit den auffälligen kleinen Pilzfruchtkörpern auf dem Flechtenlager, in denen die Sporen gebildet werden. Andererseits werden kleine Verbreitungseinheiten gebildet, welche sowohl Algenzellen als auch Pilzfäden enthalten. Flechten wachsen sehr langsam. Je nach Art, Untergrund und Klima wachsen sie jährlich zwischen einem Millimeter und zirka einem Zentimeter. Auf Felsen kann man Flechten finden, die oft hunderte von Jahren alt sind. Rindenbewohnende Flechten erreichen ein Alter von mehreren Dutzend Jahren. Ökologie und Gefährdung Viele Flechten bilden Säuren, die ihnen eine spezielle Farbe verleihen. Diese Pigmente dienen als Schutz vor Fressfeinden oder auch vor schädlicher UVEinstrahlung. Hauptgefahren gehen jedoch von Immissionen, Düngung, intensiver Forstwirtschaft und Zerstörung der Habitate aus. Flechten reagieren sehr empfindlich auf Luftverschmutzung. Ihrer Empfindlichkeit wegen werden Flechten gerne als Bioindikatoren für Luftqualität genutzt und mit ihrer Hilfe Luftgütekarten erstellt. Rubrik: Menschen im Park Eine Wollseifenerin erinnert sich Strafe für unerlaubten Besuch: 200 Mark und eine Nacht Burg Vogelsang Wollseifen - ein Ort, in dem die Kinder im Winter mit dem Schlitten die Dorfstraße runter fahren konnten. „Auch sonst waren die Spielmöglichkeiten nicht schlecht. Vor allem in Vogelsang - dem Ort der niemals fertig gebaut wurde - gab es die tollsten Verstecke“. Christel Küpper, heute 70, erinnert sich gerne an ihre Kindheit in Wollseifen. Sie hat die ersten elf Jahre ihres Lebens dort gelebt. Der Vater hatte ein Lebensmittelgeschäft und nebenbei etwas Landwirtschaft. „Manchmal mussten wir mithelfen das Vieh raus zu treiben“, kann sich die Jüngste der Geschwister gut erinnern. Viele Jahre hat sie ihren Heimatort nicht mehr besucht. Mit Einrichtung des Nationalparks und dem Abzug der Belgischen Streitkräfte vom Truppenübungsplatz ist der schicksalsträchtige Ort Wollseifen seit dem 1. Januar nach fast 60 Jahren wieder öffentlich zugänglich. Die ehemaligen Bewohner können ihren Heimatort wieder besuchen wann sie wollen. Es ist nicht viel übrig geblieben: Eine Wüstung aus Häuserruinen, eine halbwegs erhaltene Kirche und viele nackte Gebäude, die während der militärischen Übungen dem Häuserkampf dienten. Das kleine, seit dem 12. Jahrhundert existierende Eifeldorf Wollseifen wurde im zweiten Weltkrieg stark zerstört und nach Kriegsende durch die britische Besatzungsmacht zu militärischem Übungsgelände erklärt. Das britische Militär forderte die Bewohner im August 1946 auf, Wollseifen bis September zu räumen. So geschah es, dass nach Kriegsende die überlebenden Wollseifener, etwa 120 Familien, obdachlos wurden. Im September nahmen die Briten den Ort unter Beschuss, steckten ihn in Brand und machten die Häuser dem Erdboden gleich. Nur vereinzelt blieben Gebäudeteile erhalten. Auch an die Zeit der Evakuierung kann sich Christel Küppers noch gut erinnern: Die Evakuierung „oder besser Vertreibung“, wie sie betont, erlebte sie selbst eher als spannende Zeit. Außerdem dachte sie immer, dass sie wieder zurückkehren würden. Für ihre Eltern jedoch und die übrigen Bewohner war diese Zeit wie ein Schock. „Es befand sich ja alles mitten im Leben. Die Schäden des Zweiten Weltkrieges waren gerade beseitigt, die Felder ringsherum gedeihten und konnten zum ersten mal seit Kriegsende geerntet werden, wir hatten unsere Landwirtschaft und ein gut gehendes Lebensmittelgeschäft“. Drei Wochen gaben ihnen die Engländer Zeit ihre Sachen zu packen und sich eine neue Bleibe zu suchen. „Das war nicht einfach. Wir waren elf Personen in unserer Familie. Niemand hatte soviel Platz, um uns aufnehmen zu können. Mein Vater lief in der Gegend umher, suchte und fand nichts“. Dann sei eine Frau aus Herhahn zu Fuß nach Wollseifen gekommen und habe die Familie gefragt, ob sie zu ihnen in die ehemalige Gaststätte „Ronig“ ziehen wollten. „Das war unsere Rettung“, erinnert sich Christel Küpper und sieht die verzweifelte Lage ihrer Familie vor sich. Das Vieh - vier Kühe und ein Pferd, das sie in den Kriegswirren eingefangen hatten - wurde an die Nachbarn verteilt. „Das ist zwar nicht unsere Heimat, aber wir sind da zu Hause, wo wir alle beisammen sind“, versuchte das Oberhaupt der Familie das Beste aus der Situation zu machen. Der rührige Vater teilte die Gaststätte zur Hälfte in Laden- und Wohnbereich. Geschlafen wurde im Tanzsaal. Der Vater war auch Schreiner und zimmerte im Nu vier Schlafkojen zusammen. Ein Jahr nach der Vertreibung ist sie zurückgekehrt zu dem Haus ihrer Familie in Wollseifen, und hat im Garten die reifen Beeren gepflückt. Ein englischer Soldat habe sie erwischt und sie ist mit einem „blauen Auge“ davon gekommen. In den darauf folgenden Jahren haben die Engländer mit drastischeren Strafen für das illegale Betreten des Geländes gedroht: 200 Mark und eine Nacht auf „Burg Vogelsang“. Christel Küpper besuchte den Ort nicht mehr. Nur mit Ausnahmegenehmigungen wie zur 50 Jahr-Feier, als der Traditionsverein ehemaliger Wollseifener dort eine Messe hielt. Doch seit der Nationalpark eingerichtet ist und der Abzug der Belgier bekannt war, rückte ihr der alte Heimatort verstärkt ins Bewusstsein. „Vor einigen Jahren habe ich angefangen von Wollseifen zu träumen. Erst jetzt im Nachhinein“, wundert sie sich. In ihren Träumen wohnt sie wieder in Wollseifen und alle sind mit dem Aufbau des Dorfes beschäftigt. „So wie es ja schon einmal war, nach dem ersten Weltkrieg“. Damals wurden die Bewohner nach Monschau evakuiert, sind nach dem Krieg zurückgekehrt und haben Wollseifen wieder aufgebaut. In der Zukunft wünschen sich Christel Küpper und die anderen Bewohner Wollseifens ihren Heimatort als eine Begegnungsstätte. Am Eröffnungstag besuchte sie mit ihrer Familie und dem Traditionsverein Wollseifen ihr ehemaliges Zuhause in aller Stille. Als ausgebildete Waldführerin des Nationalpark Eifel freute sich die engagierte Eifelerin auch aus einem anderen Grund über den Jahresbeginn 2006: Als Nationalpark-Waldführerin kann sie nun Führungen nach Wollseifen anbieten und Interessierten die Geschichte ihres Ortes und seine Bedeutung für den Nationalpark näher bringen. Wer könnte das besser als sie? Bildbeschreibung: Christel Küpper steht mit ihrer Familie vor dem ehemaligen Elternhaus, von dem nur noch eine Ruine zu sehen ist. Das Foto von dem Besuch stammt aus dem Jahr 1975. Rubrik: Tipp Vogelsang und Wollseifen Mit dem Ranger Natur und Geschichte auf der Dreiborner Hochfläche erleben Durch die Öffnung des ehemaligen Truppenübungsplatzes Vogelsang erschließt sich dem Nationalparkgast 3.300 Hektar zusätzliche Fläche, die bereits mit einem Wegenetz von über 50 Kilometer Länge erschlossen ist (siehe auch Wegeplan Seite 4). Das neue Gebiet lässt sich auf eigene Faust oder mit Führungen erkunden. Wir empfehlen, einen Nationalpark-Ranger bei der neuen Vogelsang-Wollseifen-Tour über die Dreiborner Hochfläche zu begleiten. Zu erleben gibt es naturnahe Schluchtund Hangwälder, weite Offenlandflächen und Ginsterheiden. Die Ranger wissen aber auch Spannendes über die Geschichte der Umgebung zu erzählen, wozu die Wüstungen Wollseifen und Vogelsang gehören. Jeden Sonntag geht es um 14 Uhr am Forum Vogelsang los. Die Route dauert zirka drei Stunden und ist für Kinder geeignet. Nach einem kurzen Abstieg vom Gelände der ehemaligen „NSOrdensburg“ tauchen die BesucherInnen ein in eine Natur, die seit 60 Jahren größtenteils sich selbst überlassen blieb, lediglich Militärgefährte störten die Idylle. Doch ein Leittier des Nationalparks, den Rothirsch, hielt es nicht davon ab, sich auf den Hochflächen wohl zu fühlen und tagaktiv zu bleiben. Mit etwas Glück sind die Hirsche bei dieser Tour zu sehen. Die Wanderung führt weiter durch eine einzigartige und vielseitige Ginster- und Buschlandschaft, die schon bald zeigen wird, wie sich die Natur in diesem Landschaftsraum offene Flächen zurückerobert. Einige Flächenteile werden jedoch nach wie vor durch Schafbeweidung und Mahd offen gehalten. Weiter geht es bergan zu den Ruinen des Dorfes Vogelsang. Im „3. Reich“ als Mustersiedlung erbaut, wurde der nie bezogene Ort nach 1945 von den Amerikanern als Internierungslager genutzt und 1946 von den englischen Truppen bis auf die Grundmauern niedergeschossen. Auf der Höhe schließlich erreicht man die Kirche der Wüstung Wollseifen und erfährt einiges über die Geschichte seiner früheren Bewohner, die nach dem Krieg vertrieben wurden und versuchten, in der Umgebung eine neue Heimat zu finden (siehe S. 11). Auf dem Rückweg schweift der Blick über die weiten Offenlandflächen der Dreiborner Hochfläche. Mit dem seit Januar fahrenden Nationalpark-Shuttle gelangt man bequem und direkt zum Startpunkt der Rangertour und wird vorab im Bus über den Nationalpark informiert. Der Shuttle pendelt stündlich zwischen Kall, Gemünd und Vogelsang. Rubrik: Für die Kleinen Tiere im Nationalpark Eifel Wenn Ihr im Nationalpark unterwegs seid, fragt Ihr Euch bestimmt, wo all die Tiere sind, wo sie wohnen und wie sie wohl aussehen. Einige der Wald- und Offenlandbewohner könnt Ihr mit etwas Geduld und einem Quäntchen Glück auch zu sehen bekommen. Andere wiederum sind scheu und verstecken sich, sobald sie einen Menschen wittern. Manche Tiere sind erst in der Nacht aktiv. Wir möchten Euch in unseren nächsten Ausgaben einige der heimischen Tiere vorstellen, die im Nationalpark Eifel leben. Die Tierbeschreibungen sind von Annika Becher, die ein Freiwilliges Ökologisches Jahr im Nationalpark Eifel absolviert. Die Zeichnungen sind von Ranger Helmut Bergsch. Wir fangen mit dem Wildschwein an. Wildschwein Wenn Du schon von Obelix dem Gallier gehört hast, dann kennst du bestimmt auch sein Lieblingsessen: Wildschwein! Das Wildschwein hat ein dunkles Borstenfell und eine Rüsselnase. Die Wildschweinmänner heißen Keiler und haben sehr scharfe Eckzähne. Wildschweinfrauen, die Bachen, haben auch Eckzähne, aber die sind nicht so lang. Die Kinder der beiden nennt man Frischlinge. Man erkennt sie gut an den hellen Streifen auf dem Rücken. Mit ihrer Rüsselnase graben die Wildschweine im Waldboden nach Bucheckern, Eicheln, aber auch nach Insekten, Larven und Mäusen. Zwei Dinge sind dem Wildschwein besonders wichtig: Es braucht gute Verstecke und liebt das Wasser. Also findest Du Wildschweine in dichten Eichen- oder Buchenwäldern und an schlammigen Stellen. Dort suhlen sie sich im Matsch und Du kannst ihre Kratzspuren an den so genannten Malbäumen in der Nähe finden. Solche Stellen findest Du im Nationalpark oft, weil es hier viel Buchenwald gibt, der geschützt wird und die Wildschweine, von Menschen ungestört, leben können. MPRESSUM Herausgeber Nationalparkforstamt Eifel Urftseestraße 34 53937 Schleiden-Gemünd Telefon 02444.9510-0 Telefax 02444.9510-85 E-Mail [email protected] v.i.S.d.P. Michael Lammertz Dezernent Kommunikation und Naturerleben Redaktion Dipl.-Geogr. Annette Simantke Bildnachweis Nationalparkforstamt Eifel (S. 3, 5, 8), Dr. Killmann (S. 9, 10), Kolster (S.2), Simantke (S. 1, 2, 3, 6, 9, 11, 12), Wetzel (S.5), Leihgabe Küpper (S. 11) Gestaltung Annette Simantke Druck Druckerei Heinen, Bad Münstereifel Erscheint 1/4-jährlich Gedruckt auf 100% Recyclingpapier