Niederschrift

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Hamburg, 6.06.2005
Tätigkeitsbericht
der Hamburger Kommission für Fragen
der Gentechnik (HKFG) - 2004 -
I. Vorwort
Mit diesem Bericht informiert die Hamburger Kommission für Fragen der Gentechnik
(HKFG) zum 14. Mal die Öffentlichkeit über ihre Arbeit. Dieser Tätigkeitsbericht ist für
den Zeitraum vom Januar bis Dezember 2004 erstellt worden. Im Berichtszeitraum fanden insgesamt vier Sitzungen (46. bis 49. Sitzung) statt. Die Tagesordnungen sind in
Anhang I beigefügt.
Zu den Aufgaben der Kommission gehört die Beratung der Hamburger Behörden bei
der Erfüllung von Aufgaben nach dem Gentechnikgesetz (GenTG) insbesondere in Fragen betreffend:
-
die Sicherheit gentechnischer Anlagen und Arbeiten,
-
die Sicherheit bei der Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen,
-
die Sicherheit bei der Beförderung gentechnisch veränderter Organismen,
-
die Erstellung und Fortschreibung von Notfallplänen sowie die Unterrichtung der
beteiligten Personen und der Öffentlichkeit über Sicherheitsmaßnahmen sowie
-
den Schutz von Leben und Gesundheit des Menschen und des Schutzes der
Tiere und Pflanzen sowie der sonstigen Umwelt vor Gefahren gentechnischer Verfahren und Produkte einschließlich der Vorbeugung vor solchen Gefahren für
künftige Generationen.
Die Kommission berät die Hamburger Behörden ferner in grundsätzlichen Fragen auf
dem Gebiet der gentechnologischen Sicherheitsforschung. Die Behörde für
Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) unterstützt die HKFG als geschäftsführende Behörde bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben.
Die Kommission besteht aus 7 Mitgliedern, die für die Dauer von 3 Jahren vom Präses
der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt im Einvernehmen mit der Behörde für
Wissenschaft und Gesundheit berufen werden:
Herr Professor Dr. V. Beusmann - Vorsitzender - (Forschungsschwerpunkt Biotechnik, Gesellschaft und Umwelt [FSP BIOGUM], Forschungsgruppe Pflanzenzüchtung und Landwirtschaft)
Herr PD Dr. J. Clos (Bernhard-Nocht-Institut)
Herr PD Dr. B. Fehse - stellvertretender Vorsitzender - (Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf)
Herr PD Dr. G. Feuerstein (FSP BIOGUM, Forschungsgruppe Medizin/Neurobiologie)
Herr Dr. A. F. Kahrs (Evotec AG)
Herr Professor Dr. H. Lörz (Biozentrum Klein Flottbek)
Frau PD Dr. C. Stocking (Heinrich-Pette-Institut für experimentelle Virologie und
Immunologie an der Universität Hamburg)
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II. Die Arbeit der Kommission im Jahr 2004
Koexistenz von Landbauformen mit und ohne Gentechnik - Stand der Diskussion
Ein wichtiges Thema der fachlichen Diskussion war die Koexistenz von Landbauformen
mit und ohne Gentechnik (46. Sitzung, TOP II). Herr Professor Beusmann berichtete
über die besondere Rolle der Gentechnik im Agrarstrukturwandel. Die Gentechnik spaltet die Gesellschaft und berührt die Grundwerte wie die Landwirtschafts- und Esskultur,
den Umweltschutz und den Abbau von Hunger in der dritten Welt.
Es findet ein Stellvertreterstreit um Grundfragen der Zukunftsgestaltung in Landbewirtschaftung und Ernährung statt. Das Spektrum von Vorstellungen lässt sich durch zwei
Visionen eingrenzen: In der Vision vom so genannten „Techno-Vegetarismus“ werden
pflanzliche Produkte durch Gentechnik künftig derart nährwertverbessert, dass tierische
Produkte überflüssig und die mit ihrer Herstellung verbundenen Probleme
(Umweltbelastung, Tiertransporte, Schlachtung) vermieden werden. Dem steht die –
insbesonde-re, aber nicht ausschließlich mit dem ökologischen Landbau verbundene –
Idee gegenüber, durch Nutzung und Weiterentwicklung von Systemwissen über Anbauund Tierhaltungsverfahren auf bestimmte Produktionsmittel wie Mineraldünger, chemischen Pflanzenschutz, bestimmte Tierarzneimittel und auch auf die Gentechnik zu verzichten sowie einen Weg zu einer neuen regional und saisonal vielfältigen Agrar- und
Esskultur zu beschreiten. Dabei würden die Lebensmittel als Mittel zum Leben angesehen, sie dienen dem Leben und sie stammen von Lebewesen ab. Dazwischen liegt
eine Vielfalt von Optionen mit und ohne Gentechnik.
Die Frage der Koexistenz gehört zu den kontrovers diskutierten Bereichen der Grünen
Gentechnik. Dabei geht es darum, wie verschiedene landwirtschaftliche Anbausysteme
mit und ohne Gentechnik auf Dauer nebeneinander bestehen können. Die EU-Kommission hat auf einheitliche Regelungen verzichtet und nur Leitlinien bestimmt. Konkrete
Maßnahmen sollen die Mitgliedsstaaten auf nationaler Ebene festlegen.
Die Novelle des deutschen GenTG enthält Regelungen für die Koexistenz, die sich vor
allem an einem hohen Schutzniveau für den Landbau ohne Gentechnik orientieren.
Hierzu sollen möglichst niedrige Raten der Verunreinigung mit gentechnisch veränder3
ten Produkten sowie die Spezifizierungen im Haftungsrecht, das auf dem
Nachbarschaftsrecht des BGB aufbaut, dienen.
Vor allem die Bauern des ökologischen Landbaus befürchten, dass sie ihre teurer erzeugte Ware im Falle einer Verunreinigung durch Dritte nur zu erheblich geringeren
Preisen absetzen können und dadurch einen direkten wirtschaftlichen Verlust erleiden,
denn die Ökolandbauverbände lehnen die Vermarktung der Ware, wenn sie mit GVO
verunreinigt ist, ab. Dabei ist es ungewiss, ob und wann dieser Schaden auf dem
Rechtswege ausgeglichen wird. Außerdem könnte ein immaterieller Schaden durch
eine Gefährdung ihrer Agrar- und Ernährungskultur entstehen. Der Bund Ökologische
Lebensmittelerzeugung hat darauf hingewiesen, dass wichtige gesetzliche
Detailregelungen noch offen sind.
Das neue Haftungsrecht führt aber auch zur Verunsicherung bei den Bauern, die Gentechnik nutzen wollen. Eine vorgesehene gesamtschuldnerische Haftung, die dann
eintritt, wenn mehrere Landwirte als Verursacher einer Verunreinigung in Betracht kommen, könnte dazu führen, dass Landwirte für die Managementprobleme des Nachbarn
bestraft werden. Deswegen wird von dem Anbau der gentechnisch veränderten Pflanzen zurzeit abgeraten. Die innerhalb der EU bestehenden unterschiedlichen Regelungen könnten zudem zu Wettbewerbsverzerrungen führen.
Das deutsche Gesetz maximiert zwar die Anfangshürde für die Umstellung auf Landbau
mit GVO, setzt damit aber zugleich langfristig in den Regionen, in denen sich der Gentechnikaanbau dennoch verbreitet, ebenso hohe Hürden für den Wiederausstieg aus
dem GVO-Landbau und insbesondere für die Umstellung auf Ökologischen Landbau.
In der Startphase wird es deshalb möglicherweise einen Wettlauf der engagierten
Befürworter bzw. Gegner um die Gründung von Regionalverbänden geben.
Gentechnisch veränderte Pflanzen der 1. Generation bieten keinen spürbaren Nutzen
für die Verbraucher. Für Nahrungsmittel der 2. Generation ist steigende Akzeptanz zu
erwarten.
Der für die Sicherung der Koexistenz erforderliche technische und finanzielle Aufwand
wird groß. Der Anbau von GVO wird mit einer aufwendigen Überwachung und Abstimmung unter den Landwirten verbunden sein. Die prognostizierten Mehrkosten umfas4
sen die landwirtschaftliche Erzeugung und die nachfolgende Verarbeitungskette.
Kostengünstiger wäre es, gesamtgesellschaftlich einen Konsens zu finden, dieser ist
aber nicht in Sicht. Um eine Koexistenz der verschiedenen Anbauformen langfristig
sicherstellen zu können, ist außerdem eine Begleituntersuchung eines bundesweiten
Erprobungsanbaus von GVO notwendig.
Umweltwirkungen herbizid- und insektenresistenter Pflanzen
Frau Dr. Schütte von der Universität Hamburg, FSP Biotechnik, Gesellschaft und Umwelt, berichtete über die ökologischen und agronomischen Aspekte des Anbaus herbizid- und insektenresistenter transgener Pflanzen (48. Sitzung, TOP III).
Frau Dr. Schütte erläutete die Bewertungshintergründe ihres Vortrags: Im Zeitraum von
ca. 1950-1985 ist die Diversität der Ackerbegleitflora um 30-70% zurückgegangen. Der
Rückgang der Wirbellosen-Fauna der Agrarflächen manifestierte sich im Rückgang der
Diversität um 45-85% und der Individuendichte um 50-81%. Nahrungs- und habitatbedingt folgte der Rückgang von Wirbeltierarten. Die Selbstbegrünung von Extensivflächen scheitert immer häufiger am Mangel von Samen im Boden. Ein Wechsel
autochtoner Arten zu Pionierarten und größerer Arten zu kleineren fand statt. Das ist
zum Großteil auf Herbizidwirkung zurückzuführen.
Frau Dr. Schütte berichtete darüber, dass Herbizidresistenz (HR) die weltweit am häufigsten eingeführte gentechnische Veränderung bei Nutzpflanzen sei. Von den weltweit
im kommerziellen Anbau befindlichen Sorten sind ca. 78% gentechnisch veränderte
herbizidresistente Pflanzen, in die hauptsächlich Resistenzen gegenüber den nichtselektiven Herbiziden Glufosinat und Glyphosat eingeführt wurden. Über die Wirkung
des Anbaus transgener, herbizidresistenter Pflanzen auf den Herbizideinsatz liegen Daten vor, die zeigen, dass unter praxisüblichen Anbaubedingungen und Spritzfolgen in
Raps und Zuckerrüben sowohl die Beikrautdichte als auch Diversität weiter zurückgehen.
Ob die Anwendung des HR-Verfahrens aus Umweltsicht eine Verschlechterung oder
Verbesserung der Ausgangssituation darstellt, lässt sich im Prinzip nur für jede einzelne
Kulturart nach Vergleich mit dem bestehenden Beikrautbekämpfungssystem ermitteln.
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Allerdings ist der Einsatz von Totalherbiziden in der Hauptwachstumsperiode in aller
Regel mit negativen Folgen für die Arten der Kulturlandschaft verbunden. Eine neue
Studie aus Kanada (2004) zeigt das deutlich.
Die HR-Technik führte in den USA und Kanada dazu, dass die mechanischen
Beikrautbekämpfungsmaßnahmen oder selektiv wirkende Mittel weniger häufig zum
Einsatz kamen, obwohl ihre Weiterentwicklung wünschenswert wäre.
Wichtig ist dabei auch, dass mit dieser Technik in der Regel keine Ertragsteigerungen
erzielt werden, und zwar weder im Sojabohnen- noch im europäischem Raps- oder
Maisanbau und nur selten bei Zuckerrüben. Die Hauptgründe für den Anbau von
herbizidresistenten Pflanzen sind die Vereinfachung und eine höhere zeitliche Flexibilität bei der Unkrautbekämpfung. Auch der deutlich herabgesetzte Preis für das Herbizid
Glyphosat spielt eine große Rolle.
In den ersten Jahren des Anbaus von herbizidresistenten Sorten (in den USA und Kanada) wurden die Anzahl und zum Teil die Menge pro ha der eingesetzten Herbizide
reduziert. Neuere Studien zeigen insgesamt, dass die beschriebenen Reduzierungen
nicht von Dauer waren und zum Teil ins Gegenteil umgeschlagen sind.
Die derzeit im kommerziellen Anbau befindlichen insektenresistenten Hochdosis-Sorten
wirken stärker als bisherige Bekämpfungsmethoden. Sie lassen nahezu keinen im
integrierten Pflanzenschutz geforderten Restbefall zu, der als Beute zur Erhaltung von
Nützlingen beiträgt. Außerdem werden sie im großen Stil nicht nach Schadensprognose sondern prophylaktisch eingesetzt.
In den USA zeigt sich, dass nach einigen Jahren des Anbaus von Bt-Mais der
Insektizideinsatz nahezu auf alte bzw. gegenüber konventionellem Anbau vergleichbare
Mengen ansteigt. Auch bei der Bt-Baumwolle ist ein solcher Trend erkennbar. Eine
wahrscheinliche Ursache ist der Rückgang von Nützlingspopulationen.
Insgesamt hat sich gezeigt, dass der Anbau der derzeitigen herbizid- und insektenresistenten Sorten weniger wegen finanzieller Vorteile oder Ertragsverbesserungen erfolgte
als zur Verringerung von Produktionsrisiken, Vereinfachung der Produktion und
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Verringerung des Arbeitsaufwandes. Dafür wurde der höhere Preis für die jeweiligen
Sorten in Kauf genommen.
Aus Sicht von Frau Dr. Schütte ist es langfristig erforderlich, dass aussichtsreiche integrierte Verfahren der Insektenkontrolle gefördert werden. Ökologisch vorteilhafte Methoden mit und ohne Gentechnik sind vorhanden.
Wenn eine Züchtung von herbizidresistenten Pflanzen erfolgt, dann sollten es Resistenzen gegen selektive Herbizide sein, eine solche Entwicklung könnte Vorteile bringen.
Denn selbst besondere Versuche zum integrierten Anbau von derzeitigen (gegen nichtselektive Herbizide resistenten) Sorten zeigen nur im ersten Jahr positive Wirkungen,
da die überlebenden Beikräuter selten zur Blüte kommen.
Auch sollten politische Maßnahmen zur Stärkung, Einführung und Umsetzung von
Methoden des integrierten Pflanzenschutzes durchgesetzt werden. Die an der Zulassung beteiligten Behörden sollten angewiesen werden, für die Einhaltung bzw.
Einhaltbarkeit entsprechender Pflanzenschutzrichtlinien einzutreten.
Retrovirale Transgenese und Onkogenese
Herr Professor Baum von der Medizinischen Hochschule Hannover berichtete über die
Untersuchungen, die er in Zusammenarbeit mit Herrn Dr. Fehse vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf zur Leukämieentstehung nach retroviraler Genmarkierung
durchgeführt hat (47. Sitzung, TOP III).
An die genetische Manipulation humaner Stammzellen werden große therapeutische
Erwartungen geknüpft. In Tiermodellen und auch bei Kindern mit angeborenen Immundefekten gelang es Medizinern bereits, durch solche Eingriffe bislang nicht heilbare Erkrankungen deutlich zu lindern.
Doch wie bei anderen Therapien können trotz immer effizienterer Methoden Nebenwirkungen auftreten. Das zeigten zwei Zwischenfälle aus Frankreich. Dort waren an der
Immunschwäche SCID-X1 leidende Kinder, wahrscheinlich als Folge des Gentransfers
mit retroviralen Vektoren, an Blutkrebs erkrankt.
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Herr Professor Baum und seine Mitarbeiter konnten durch genetische Manipulation an
blutbildenden Stammzellen im Tierversuch Leukämien auslösen und deren molekulare
Ursachen identifizieren. Für die Verabreichung von Genen gilt, dass die Anzahl der
übertragenen Vektoren von entscheidender Bedeutung ist und dass, genau wie in der
klassischen Pharmakologie, keine Wirkung ohne Nebenwirkung möglich ist.
Jeder der Genvektoren hat Stärken und Schwächen. Manipulierte Retroviren stellen sicher, dass jeweils nur eine bis maximal zwei Genkopien im Erbgut eingebaut werden
und das Genom danach nicht weiter umgebaut wird. Es lässt sich jedoch nicht ausschließen, dass das eingeschleuste Gen in der Nähe eines der sog. Proto-Onkogene
integriert wird und die Nachbarschaft der retroviralen Promotor- und Enhancerelemente
zu einer Aktivierung dieses potentiell tumorfördernden Genes führt.
Herr Professor Baum ist der Meinung, dass schwere Nebenwirkungen der genetischen
Veränderung von blutbildenden Stammzellen sehr selten sind und das Zusammenwirken einer Reihe von ungünstigen Faktoren erfordern. Seiner Meinung nach müssen Risikountersuchungen ein wichtiger Bestandteil der Entwicklung von Studien in der Gentherapie sein. Herr Professor Baum plädierte dafür, dass die Biomedizin konsequent
einführen muss, was in der Prüfung von Arzneimitteln üblich ist - eine "Toxikologie des
Gentransfers". Vor den ersten klinischen Versuchen sollten die möglichen Nebenwirkungen einer Gentherapie in adäquaten Tierexperimenten und Risikoberechnungen
klassifiziert und beschrieben werden.
Xenotransplantation: Chancen und Risiken
Herr Dr. Denner, Leiter der Arbeitsgruppe „Immunsuppression von Retroviren“ am Robert Koch Institut in Berlin, berichtete über den Stand der Kenntnisse auf dem Gebiet
der Xenotransplantation, wobei er das Hauptaugenmerk auf die Frage der Übertragung
von endogenen Retroviren legte (49. Sitzung, TOP II).
Ausgangspunkt für eine Fokussierung auf Xenotransplantation ist die Tatsache, dass
die Gesamtzahl der Transplantationen in Deutschland sinkt und zum Beispiel bei
Nierentransplantationen einer Zahl von 2000 erfolgten Transplantationen 11000 Patien8
ten auf der Warteliste gegenüberstehen. Neben der Möglichkeit, über verstärkte
Prävention die Zahl der notwendigen Transplantationen zu verringern und Maßnahmen
zur Erhöhung der Spendenbereitschaft, bietet die Züchtung von Ersatzorganen aus
embryonalen und adulten Stammzellen einerseits sowie der Einsatz tierischer Zellen,
Gewebe und Organe andererseits eine mögliche Lösung dieses Problems. Ersteres ist
in der Entwicklung und Sicherheitsabschätzung noch sehr weit von der Realisierung
entfernt. Bei letzterem bietet sich das Schwein als Spender an, weil es zwar evolutionär
weiter vom Menschen entfernt ist als die Primaten, diese jedoch wegen der zu geringen
Organgröße, des Artenschutzes und der zahlreichen bekannten Infektionen bei Primaten, die gerade wegen der phylogenetischen Nähe zum Menschen als besonders
gefährlich erscheinen, als nicht geeignet angesehen werden.
Schweine bieten den Vorteil, dass es viele Erfahrungen mit ihrer Zucht und gezielten
genetischen Veränderung gibt. Zum Beispiel ist es möglich, eine virenfreie Aufzucht
durchzuführen. Außerdem sind Schweine physiologisch mit dem Menschen verwandt,
haben kurze Tragzeiten und viele Nachkommen.
Herr Dr. Denner betonte, dass bisher die Xenotransplantation von einer Therapie
begleitet werden müsste, die die im Menschen nicht wirksamen tierischen Proteine ersetzt. Alternativ müssten transgene Tiere entwickelt werden. Die Leber bildet etwa 2000
verschiedene Proteine, die vor einer Transplantation im Spendertier so verändert werden müssten, dass sie im Menschen wirksam sind, somit scheidet die Leber als
Spenderorgan beim derzeitigen Technologiestand aus. Anders verhält es sich bei der
Niere, die nur wenige Proteine bildet.
Bei der Xenotransplantation besteht die Gefahr der Übertragung von bekannten und
unbekannten Mikroorganismen auf den Empfänger. Dies ist jedoch auch bei der Allotransplantation möglich.
Erhöht wird die Wahrscheinlichkeit einer Xenose dadurch, dass die Mikroorganismen
bei der Transplantation an der Hautbarriere vorbei in den Körper gelangen und dadurch, dass das Transplantat ständig vorhanden ist, eine permanente Exposition
stattfindet, die auch eine weitere Anpassung der Mikroorganismen an den neuen Wirt
erlaubt. Es könnten neue Erreger mit neuen Krankheitsbildern entstehen, da die Erreger durch die erforderliche Immunsuppression geschützt werden.
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Ein besonderes Augenmerk gilt den porcinen endogenen Retroviren (PERVs), die in
unterschiedlich großer Zahl im Genom der Schweine vorhanden sind. Endogene
Retroviren sind bei allen Säugetieren bekannt, meistens als defekte Retroviren, die im
Genom integriert vorliegen und mit vererbt werden.
Risiken für Transplantationen ergeben sich aus der Fähigkeit von Retroviren, Gene zu
aktivieren oder zu inaktivieren. Außerdem ist nicht auszuschließen, dass PERVs mit humanen endogenen Retroviren rekombinieren könnten. Ebenso führen aktive Retroviren
zur Immunsuppression.
Bei einem Screening auf das Vorhandensein von PERVs bei Xenotransplantierten,
Schlachtern und Blutspendern konnten in keinem Fall Viren nachgewiesen werden. Die
untersuchten Xenotransplantations-Empfänger wurden nur kurzzeitig extrakorporal behandelt und erhielten anschließend eine Allotransplantation.
Aus Sicht von Herrn Dr. Denner spricht für die Verwendung von Organen aus Schweinen, dass die humanpathogenen Erreger beim Schwein bekannt, diagnostizierbar und
eliminierbar sind. Für PERVs gibt es etablierte Nachweismethoden, eine PERV-Übertragung bei Transplantationen und Primatentierversuchen ist bisher nicht nachgewiesen
und es gibt keine Hinweise auf eine Ko-Verpackung von humanen und porcinen
endogenen Retroviren. Es sollte weiterhin eine breite ethisch-politische Debatte zur Xenotransplantation stattfinden.
Die BSU informierte die HKFG über:
-
die Novellierung des Gentechnikgesetzes (46. Sitzung, TOP IV, 47. Sitzung, TOP
IV, 48. Sitzung, TOP IV, 49. Sitzung, TOP IV),
-
die Sitzung des Länderausschusses Gentechnik am 12./13. November 2003 in
Hamburg, u.a. über die gemeinsame Arbeitsgruppen LAG - LANA „Monitoring“ und
„Umsetzung der Freisetzungsrichtlinie“ zur Einbeziehung naturschutzrechtlicher
Fragen (46. Sitzung, TOP IV),
10
-
die Sicherheitsmaßnahmen beim Umgang mit adenoviralen Vektoren mit zellzyklusaktivierenden Genen (46. Sitzung, TOP IV),
-
den Besuch einer polnischen Delegation im Rahmen des Twinning-Projektes in
Hamburg (48. Sitzung, TOP IV).
Insgesamt wurden von der BSU im Jahr 2004 folgende Verfahren nach dem GenTG
durchgeführt (siehe Anhang II):
-
Anmeldeverfahren nach § 8 Abs. 2: E34-217/03, E34-237/03, E34-238/03, E3443/04, E34-59/04, E34-75/04, E34-76/04, E34-94/04, IB24-100/04, IB24-126/04,
IB24-201/04,
-
Anmeldeverfahren nach § 8 Abs. 1: E34-64/04,
-
Anmeldeverfahren nach § 8 Abs. 4 Satz 2: E34-13/04, E34-26/04, E34-37/04,
IB24-81/04, IB24-121/04, IB24-126/04, IB24-124/04, IB24-149/04, IB24-157/04,
IB24-171/04, IB24-217/04, IB24-225/04,
-
Anmeldeverfahren nach § 9 Abs. 2: E34-45/04
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Über Inhalt und Fortgang der Verfahren wurde die HKFG jeweils unterrichtet.
Genehmigt
Für die Richtigkeit
Professor Dr. V. Beusmann
Dr. D. Sowitzki
(Vorsitzender)
(BSU, IB24)
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Anhang I
Tagesordnungen
der Sitzungen der HKFG im Jahr 2004
Tagesordnung der 46. Sitzung am 22. Januar 2004
I.
Genehmigung der Tagesordnung
II.
Koexistenz von Landbauformen mit und ohne Gentechnik - Stand der Diskussion
III.
Genehmigung der Protokolle der 44. und der 45. Sitzung sowie des
Tätigkeitsberichtes 2003
IV.
Allgemeine Mitteilungen der für die Gentechnik zuständigen Behörden
V.
Verschiedenes
Tagesordnung der 47. Sitzung am 25. März 2004
I.
Genehmigung der Tagesordnung
II.
Genehmigung des Protokolls der 46. Sitzung der HKFG
III.
Retrovirale Transgenese und Onkogenese
IV.
Allgemeine Mitteilungen der für die Gentechnik zuständigen Behörden
V.
Verschiedenes
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Tagesordnung der 48. Sitzung am 10. Juni 2004
I.
Genehmigung der Tagesordnung
II.
Genehmigung des Protokolls der 47. Sitzung
III.
Umweltwirkungen herbizid- und insektenresistenter Pflanzen
IV.
Allgemeine Mitteilungen der für die Gentechnik zuständigen Behörden
V.
Verschiedenes
Tagesordnung der 49. Sitzung am 9. Dezember 2004
I.
Genehmigung der Tagesordnung
II.
Xenotransplantation
III.
Genehmigung des Protokolls der 48. Sitzung der HKFG
IV.
Allgemeine Mitteilungen der für die Gentechnik zuständigen Behörden
V.
Verschiedenes
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Anhang II
Titel der gentechnischen Arbeiten,
die der HKFG im Jahr 2004
zur Kenntnis gegeben wurden
Antrag E34-237/03 vom 16.12.2003, Beiersdorf AG, Sicherheitsstufe 1.
Projekt: Herstellung von rekombinanter DNA über Klonierungen in E. coli (Herstellung von T7 Promotorkonstrukten für nicht radioaktive Northern-Analysen).
Antrag E34-238/03 vom 16.12.2003, Beiersdorf AG, Sicherheitsstufe 1.
Projekt: Charakterisierung humaner Aquaporine in eukaryontischen Zelllinien.
Antrag E34-13/04 vom 15.01.2004, Universität Hamburg, Sicherheitsstufe 1.
Projekt: Isolierung und Charakterisierung des "Intensifier Gens" aus Zea mays.
Antrag E34-26/04 vom 30.01.2004, Bundesforschungsanstalt für Forst- und Holzwirtschaft, Sicherheitsstufe 1.
Projekt: Strukturelle und physiologische Untersuchung von transgenen Aspen.
Antrag E34-37/04 vom 19.12.2003, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf,
Sicherheitsstufe 1.
Projekt: Molekulare Charakterisierung von Mikrometastasen.
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Antrag E34-43/04 vom 24.02.2004, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf,
Sicherheitsstufe 1.
Projekt: Molekulare Mechanismen von Wachstumsfaktoren, Zytokinen und
vasoaktiven Substanzen bei renalen Zellen.
Antrag E 34-45/04 vom 3.03.2004, Evotec OAI AG, Sicherheitsstufe 2.
Projekt: Viraler Gentransfer klonierter und charakterisierter Gene in primäre Neurone, die aus Maus- oder Rattenembryonen gewonnen wurden.
Antrag E34-59/04 vom 19.03.2004, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, Sicherheitsstufe 1.
Projekt: Expression kleiner GTP-bindender Proteine (Rab-GTPasen) in Bakterien.
Antrag E34-64/04 vom 26.03.2004, Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, Sicherheitsstufe 3.
Projekt: Untersuchungen zur Struktur und Replikation von Coronaviren.
Antrag E34-75/04 vom 30.04.2004, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Sicherheitsstufe 1.
Projekt: Pathogenese der Anti-Basalmembran Glomerulonephritis im Mausmodell.
Antrag E34-76/04 vom 30.04.2004, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf,
Sicherheitsstufe 2.
Projekt: In vivo und in vitro Untersuchungen zur Bedeutung von I kappa Ba (IkBa),
einem Inhibitor des Transkriptionsfaktors NF-kB, bei entzündlichen Nierenerkrankungen.
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Antrag E34-81/04 vom 6.05.2004, IHFgGmbH, Sicherheitsstufe 1.
Projekt: Untersuchungen zur Signaltransduktion und transkriptionellen Aktivität
von reproduktionsrelevanten Hormonen und Wachstumsfaktoren.
Antrag E34-94/04 vom 10.05.2004, AVG Abfall-Verwertungs-Gesellschaft mbH, Sicherheitsstufe 1.
Projekt: Verbrennung von gentechnisch verändertem Saatgut sowie von Verpackungsmaterial (Säcke, Beutel, Tüten, Kartons).
Antrag IB24-100/04 vom 15.06.2004, Evotec Neurosciences, Sicherheitsstufe 1.
Projekt: Gentransfer klonierter, humaner und charakterisierter Gene und / oder
kurzer Sequenzen zur Proteinproduktion in Escherichia coli oder in eukaryontische Zelllinien, wie SK-N-BE2 (ATCC #CRL-2271), HEK293 (ATCC #CRL-1573),
H4 (ATCC #HTB-148), SH-SY5Y (ATCC #CRL-2266), CHO (ATCC #CCL-61), U373
(ECACC #89081493).
Antrag IB24-121/04 vom 13.7.2004, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Sicherheitsstufe 1.
Projekt: Identifizierung von Genprodukten, die HPA in metastasierenden Zellen
binden.
Antrag IB24-124/04 vom 13.07.2004, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Sicherheitsstufe 1.
Projekt: Pathomechanismen der altersabhängigen Makuladegeneration.
Antrag IB24-126/04 vom 19.07.2004, Europäisches Laboratorium für Molekularbiologie,
Sicherheitsstufe 2.
Projekt: Strukturproteomics von Mycobacterium tuberculosis
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Antrag IB24-149/04 vom 23.08.2004, Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin,
Sicherheitsstufe 2.
Projekt: Deletion der Hitze-Schock-Gene in Leishmania major.
Antrag IB24-157/04 vom 12.08.2004, Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf,
Sicherheitsstufe 2.
Projekt: Adenovirus-vermittelte Überexpression signaltransduzierender G-Proteine und Calcium-Homöostase-Proteine in einem rekonstituierten Herzgewebe.
Antrag IB24-171/04 vom 16.08.2004, Murinus GmbH Hamburg-Eppendorf, Sicherheitsstufe 1.
Projekt: Herstellung und Charakterisierung transgener Mausmodelle für die
biomedizinische und pharmazeutische Forschung und Industrie.
Antrag IB24-201/04 vom 22.10.2004, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Sicherheitsstufe 1.
Projekt: Expression von klonierten Genen des Vesicular Stomatitis Virus.
Struktur und Expression von Genen ribosomaler Proteine.
Subklonierung von Exon I- Sequenzen des humanen c-H-ras Onkogens und Protoonkogens.
Antrag IB24-202/04 vom 26.10.2004, Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin,
Sicherheitsstufe 3.
Projekt: Untersuchungen zur Replikation, Partikelbildung und Proteinfunktion von
Flaviviren (Gelbfieberviren (YF), Denguevirus (DEN), West Nil Virus (WN), Modoc
Virus).
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Antrag IB24-217/04, vom 12.10.2004, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Sicherheitsstufe 1.
Projekt: Nonvirale antiangiogene somatische Gentherapie der akuten myeolischen
Leukämie.
Antrag IB24-225/04 vom 24.11.2004, Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin,
Sicherheitsstufe 2.
Projekt: Untersuchungen zum zielgerichteten Proteintransport in die apikalen
Organellen von Plasmodium falciparum und funktionelle Analyse der
Merozoiteninvasion.
Antrag IB24-241/04 vom 30.11.2004, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Sicherheitsstufe 1.
Projekt: Haltung von Wirbeltieren unter S1-Bedingungen - Versuchstierkundlichtierärztliche Betreuung.
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