Zeittafel 1800 Seit Beginn des Jahrhunderts formieren sich Intellektuelle in der tschechischen Nationalbewegung (Wiedergeburt). Sie fördern die Kodifizierung und Anerkennung der Tschechischen Sprache (unterstützt auch von den deutschen Romantikern). Dem folgt bald das Verlangen nach politischer Autonomie. 1848 Slawenkongress in Prag. Ein Aufstand wird niedergeschlagen. Die Industrialisierung beginnt - und Böhmen wird das "industrielle Rückgrat" von Habsburg. 1914-1918 Erster Weltkrieg. Gegen die Monarchie bildet sich im Exil eine tschechische, von Tomáš Garrigue Masaryk angeführte, Opposition. 28.10.1918 Gründung der Tschechoslowakischen Republik, T.G. Masaryk erster Staatspräsident. Die bis dahin Ungarn administrativ unterstellten Slowaken bekennen sich zu dem neuen Staat. Tschechisch wird Amtssprache. 1919 Beitritt der Karpato-Ukraine (nach 1945 fällt sie an die Sowjetunion). 1918-1939 Erste Republik. Die Tschechoslowakei entwickelt sich in "Europas Zweite Schweiz" mit einer der stärksten Volkswirtschaften. 1933 Gründung der Sudetendeutschen Partei (SdP) durch Konrad Henlein. 1938 24.04. - Karlsbader Programm: die SdP fordert die völlige Autonomie des Sudentenlandes. Die Gegenvorschläge der Regierung in Prag werden abgelehnt. 29.09. - Hitler, Mussolini, Chamberlain und Daladier unterschreiben das Münchener Abkommen (was die Tschechen "Münchener Diktat" nennen). Die Grenzgebiete werden von der deutschen Armee besetzt. 05.10. - Präsident Beneš geht ins Exil nach England. Sein Nachfolger wird Dr. Hácha. 15.03.1939 Einmarsch und Besetzung durch deutsche Truppen. Bildung des Protektorats Böhmen und Mähren. Die Slowakei wird als "Schutzstaat" des Deutschen Reiches eigenständig (1939-1945). 10.06.1942 Auf Statthalter Neurath folgt Reichsprotektor Heydrich, der im Juni nach einem Attentat stirbt. Brutale Vergeltungsmaßnahmen, u. a. die Liquidierung des Dorfes Lidice. 1945 05.04. - "Karschauer Programm" der neuen Regierung unter Staatspräsident Fierlinger; Wiederangliederung der Slowakei. - Amerikanische und sowjetische Truppen befreien das Land: die in Jalta vereinbarte Demarkationslinie verläuft entlang: Budweis, Pilsen, Karlsbad. 05.05. - Prager Aufstand gegen die deutsche Besatzungsmacht. 09.05. - Einmarsch sowjetischer Truppen in Prag. Präsident Beneš übernimmt die Regierungsgeschäfte. Die nach ihm benannten Beneš-Dekrete sehen eine Bestrafung der Nazis und die Abschiebung der deutschen Bevölkerung unter Gewaltanwendung vor. Die Vertreibung der Sudetendeutschen beginnt. 19.06.1946 Die Kommunistische Partei wird in die Regierung gewählt und kann einen gewaltigen politischen Einfluss ausüben. Klement Gottwald (KPTsch) wird Ministerpräsident. 24.10.1946 Abschluss der Vertreibung von insgesamt 2,7 Mio. Deutschen. 25.02.1948 Vollständige Machtergreifung durch die Kommunisten (KPTsch) - mit Berufung auf die vorangegangenen freien Wahlen. Verfassungsänderung, Umgestaltung des Landes nach sowjetischem Muster. Erster "Arbeiterpräsident" wird Klement Gottwald. 1953-1957 Verfolgung des Klerus und politische Prozesse. 1957 Antonín Novotný wird Präsident. 1964 Kafka-Konferenz in Libnice. Auftakt zum Prager Frühling. Novotný tritt ab. Alexander Dubcek wird Vorsitzender der KP. Präsident wird General Ludvík Svoboda. 05.04.1968 Aktionsprogramm der KPTsch unter Alexander Dubcek ("Prager Frühling"). Er will einen Sozialismus mit menschlichem Antlitz einführen (Freilassung der politischen Gefangenen, Aufhebung der Zensur). 21.08.1968 Militärische Intervention - Einmarsch der sowjetischen Truppen und Truppen des Warschauer Paktes (ohne Rumänien); Breschnew-Doktrin der "Begrenzten Souveränität der sozialistischen Staaten". 17.04.1969 Ablösung Dubceks und Wahl Gustáv Husáks zum Generalsekretär der KPTsch. Selbstverbrennung des Studenten Jan Palach. Beginn der "Normalisierung". Die CSSR wird in der Folge einer der konservativsten Mitgliedsstaaten des Ostblocks. 01.01.1977 Bürgerbewegung "Charta 77". 17.11.1989 Das Bürgerforum wird zur tragenden Kraft der "Samtenen Revolution". 17. 11. - Die Polizei unterdrückt brutal eine Studenten-Demonstration, was eine Großdemonstration von bis zu 750.000 Menschen nach sich zieht. Unter den Rednern ist auch der Schriftsteller Václav Havel. Die kommunistische Regierung hat die Medien nicht mehr unter Kontrolle. Sie wird nach 40 Jahren ohne Blutvergießen abgesetzt. 10.12. - Staatspräsident Gustav Husak erklärt seinen Rücktritt. 28.12. - Alexander Dubcek wird zum Präsidenten der Föderalversammlung gewählt. 29.12. - Václav Havel wird von der Föderalversammlung zum Präsidenten der CSSR gewählt. 29.03.1990 Umbenennung in Tschechoslowakische Föderative Republik - Diskussionen über die wirtschaftliche Transformation (u. a. Liberalisierung der Binnen- und der Außenwirtschaft, Privatisierung der Staatsbetriebe). 23.04.1990 Erneute Umbenennung: Tschechische und Slowakische Föderative Republik (CSFR). 08./09.06.1990 Erste freie Parlamentswahlen in der CSFR. 05.07.1990 Vaclav Havel wird zum Präsident der CSFR gewählt. 21.02.1991 Beitritt der CSFR zum Europarat. 16.12.1991 Unterzeichnung EG-Assoziierungsabkommen. 05./06.06.1992 Parlamentswahlen in der CSFR. Der Ökonom Václav Klaus (Demokratische Bürgerpartei) wird Ministerpräsident. Er vertritt eine vom Thatcherismus inspirierte Wirtschaftspolitik ("Marktwirtschaft ohne Adjektiv"). Es wird eine Coupon-Privatisierung durchgeführt, wodurch 8 Mio. Tschechen Anteilseigner von privatisierten Firmen werden, was jedoch kein echtes Investment-Kapital nach sich zieht. Der linke autoritäre Politiker Vladimir Meciar wird Ministerpräsident in derSlowakei. Havel beantragt bei Klaus eine neue föderale Regierung mit Meciar zu bilden. Anstattdessen bestehen beide Politiker auf einer Trennung zwischen den beiden Staaten. 20.07.1992 Präsident Vaclav Havel tritt von seinem Amt zurück. 25.11.1992 Gesetz über die Auflösung der CSFR im Föderalen Parlament. 16.12. - Die neue Verfassung der Tschechischen Republik als "demokratischer Rechtsstaat" wird verabschiedet. Die Charta der Grundrechte und -freiheiten, die nach dem Umbruch im Januar 1991 von der tschechoslowakischen Bundesversammlung beschlossen worden war, wird unverändert von Tschechien übernommen. 01.01.1993 Tschechen und Slowaken bilden 2 unabhängige Republiken. Entstehung der Tschechischen Republik. 02.02.1993 Vereidigung des neugewählten Präsidenten Vaclav Havel. 30.06.1993 Beitritt zum Europarat. 29.10.1993 Wahl zum nicht-ständigen Mitglied des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen. 1994-1996 Das "tschechische Wirtschaftswunder" mit einer Arbeitslosenrate von 3,5 % und einer Inflationsrate von 8 % (Ungarn: 12 % Arbeitslosigkeit und 23 % Inflation). 01.02.1995 Inkrafttreten des EU-Assoziierungsabkommens. 28.11.1995 Zeichnung der OECD-Beitrittsurkunde in Paris. 31.05.1996 Wahl zum Abgeordnetenhaus. Die regierende Partei wird bestätigt, wenn auch mit Verlusten. 23.07. Zweites Kabinett Klaus. Dieser muß eine Allianz mit dem Sozialdemokraten Milos Zeman eingehen, der sich verpflichtet, nicht gegen Klaus' Regierung zu stimmen. Ende des tschechischen Wirtschaftswunders, eingeleitet durch einen Bankenkrach (12 Banken insolvent). Grund: innere Verflechtung von industriellen Großkomplexen, die durch faule Kredite künstlich aufrecht erhalten werden. Die tschechische Wirtschaft fällt in eine tiefe Rezession. Juni 1997 Bei einer Flutkatastrophe ungewöhnlichen Ausmaßes müssen 40.000 Menschen evakuiert werden. Gesamtschaden: 3 Mrd. Dollar. 21.01.1997 Unterzeichnung der Deutsch-Tschechischen Erklärung. 24.04.1997 Rede von Präsident Havel vor dem Deutschen Bundestag. 30.11.1997 Václav Klaus tritt nach Spendenaffaire zurück. Nachfolger wird Josef Tošovský. 20.01.1998 Wiederwahl des Präsidenten Václav Havel, Amtsantritt 0. 28.06.1998 Bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus gewinnen die Sozialdemokraten mit Milos Zeman (32 %) und können die Regierung bilden. 12.03.1999 Beitritt zur NATO (zusammen mit Polen und Ungarn) und Vorbereitungen für den EU-Beitritt. Ein Hindernis dabei ist das neu errichtete Atomkraftwerk von Temelin nahe der österreichischen Grenze, das trotz der Proteste Österreichs im Oktober 2000 ans Netz geht. 14. 05.2000 Die Wirtschaft hat wieder einen leichten Aufschwung. Allerdings Kollaps der drittgrößten Bank IPB. 25. 09.2000 In Prag wird das Treffen des IMF (Internationaler Währungsfond) und der Weltbank veranstaltet, begleitet von Straßenunruhen und Demonstrationen.