MITTELEUROPÄISCHES THEATERKARUSSELL 2009 9. – 23.10. 2009 Im Oktober 2009 findet bereits zum fünften Mal im Theater Brett unter der Beteiligung polnischer, slowakischer, tschechischer und ungarischer Theater/Gruppen das Mitteleuropäische Theaterkarussell statt. Planung und Gesamtleitung: Nika Brettschneider und Ludvik Kavin Mit der Unterstützung von Visegrad fund Österreichisches Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung Collegium Hungaricum Polnisches Institut Slowakisches Kulturinstitut Tschechisches Zentrum Wiener Krakauer Kultur Gesellschaft Theater Institut Bratislava Radio Stephansdom Ö1 Die Aufführungen finden (mit deutschen Übertiteln) in den jeweiligen Sprachen statt. Kartenpreise: Vollpreis 16,Ermäßigt 12,-/10,Lesungen (außer am 13.10.) 7,Festivalpass, gültig für alle Veranstaltungen: 130,- / 40,- (ermäßigt) DAS PROGRAMM – Mitteleuropäisches Theaterkarussell 2009 09. Oktober, 20.00 Uhr BRÜCKENSCHLAG / Přemostění Andrea Buršová (Gesang) und Zdeněk Král (Komponist und Klavier) – Texte von Ernst Jandl in deutscher und tschechischer Sprache Eröffnung des Festivals; Ansprachen HAVEL SCHREIBT HUSÁK / Havel píše Husákovi Divadlo Feste & Reduta, Praha-Brno Der historische Brief, den Václav Havel mit der Macht des Ohnmächtigen 1975 an den damaligen Staatspräsidenten Gustáv Husák schrieb, ist die Folie für dieses Stück. Die beiden Schauspieler arbeiten mit allen Mitteln des Theaters und circensischen Elementen, doch die Komödiantik ist das Vehikel einer tiefen Frage, die nichts, aber auch gar nichts von ihrer Aktualität und überall gültigen Bedeutung eingebüßt hat: wie weit reicht die Verantwortung der Machthaber in die Zukunft? Welche Langzeitwirkung hat die Vernichtung der Kunst, des Denkens, der Seele? Und mit einem Mal wird aus einem historischen Dokument ein Text, wie er heute wieder geschrieben werden könnte... 10. Oktober, 20.00 Uhr PHILOSOPHIE IM BOUDOIR / Filozofia w buduarze (nach Marquis de Sade) Teatr Nowy, Kraków Regie: Bogdan Hussakowski Der Himmel der Philosophie und die Hölle der Banalität: alles das hat Platz in der Seele des Menschen – und erst recht in diesem phantasievollen Spiel auf der Bühne. Manche Szene mündet in einem brüllenden Ausbruch von Licht und Klang und führt doch mitten hinein in das Zentrum der Stille. Immer wieder kippt die Balance zwischen Rationalität und Emotionalität, Argumente verlieren ihre Kraft, Fakten lösen sich im Nichts auf. In Polen höchst erfolgreich aufgeführt, ist dieser Theaterabend ein Triumph der Phantasie und der szenischen Kraft. 11. Oktober, 11.00 Uhr Sektfrühstück mit Literatur: Armin Baumgartner liest aus seinem neuen Text EIN WUNDER UM 600 SCHILLING Der Schriftsteller Armin Baumgartner reiste im Februar 1990, keine drei Monate nach der „Schlüsselrevolution“ im November 1989, mit einem Freund nach Prag. Die Eindrücke, die er damals gesammelt hatte, beschreibt er in seiner Erzählung. Dabei wird klar, was Kafka mit der Schweiz zu tun hat, wie man auf Tschechisch das Wort „teuflisch“ nicht übersetzt und wie der Kommunismus das Verhalten der Vögel nachhaltig beeinflusste. – Eine kleine Reise in ein Land, das es so nicht mehr gibt, festgehalten in Erinnerungen, denen es an Skurrilität und Absurdität nicht mangelt: als ob David Lynch Kafka verfilmt hätte.“ 12. Oktober, 20.00 Uhr DER PULS DER ZEIT In der szenischen Lesung werden vier slowakische Einakter präsentiert, Stücke gegen den Totalitarismus. Die vier Autoren, in ihrer Jugend geprägt von den Ereignissen der Wendejahre, zeichnen ein differenziertes Bild der Gesellschaft. 13. Oktober, 20.00 Uhr VOM LEBEN IN DER WAHRHEIT Joachim Bißmeier liest Václav Havel Kammerschauspieler Joachim Bißmeier ist einer der profiliertesten Schauspieler im deutschen Sprachraum. Von 1965 bis 1992 war er am Wiener Burgtheater engagiert, es folgten viele große Charakterrollen an der Berliner Schaubühne, bei den Salzburger Festspielen, an den großen Bühnen in Frankfurt, Zürich, Düsseldorf. Seit einigen Jahren spielt er regelmäßig im Wiener Theater in der Josefstadt. Daneben gab es viele große Fernseh- und Filmrollen, Preise und Ehrungen. Mit der Rolle des VANEK in der Uraufführung von „Audienz“ und „Vernissage“ 1976 am Wiener Burgtheater wurde Bißmeier zu einem szenischen Alter ego von Václav Havel, der schon damals Träger des österreichischen Staatspreises für Europäische Literatur war. Als unter dem Burgtheaterdirektor Achim Benning Havels Stücke in Wien regelmäßig uraufgeführt wurden, gab Bißmeier der Figur ein besonderes Profil und trug, wie Václav Havel später sagte, wesentlich zum ebenso literarischen wie humanistischen und europaweiten Erfolg dieser Theaterstücke bei. 14. Oktober, 20.00 Uhr PHYSISCHE POESIE / Fyzické básnictví (Eine Performance) Mit Petr Váša, Brno Der vielseitige Künstler aus Brno hat sich in seinem Werk mit verschiedenen künstlerischen Techniken beschäftigt, Malerei, Sprache, Musik – und sie alle fließen ein in seine Produktionen. Er baut seine Aktionspoesie auf den Grundlagen von Latein, Griechisch, Tschechisch und Deutsch auf, schafft Kunstsprachen, vermischt Pantomime mit Geräuschen und reagiert auf die Töne und Klänge der Umgebung und der ganzen Welt. Nicht zuletzt nimmt er Eindrücke auf, die er auf seinen zahlreichen Gastauftritten in europäischen Ländern und den USA gesammelt hat. In der Performance reicht das Spektrum von der stimm- und bewegungsdramatischen Parodie auf den russischen Futurismus bis zum Translateinischen, und so schildert die PHYSISCHE POESIE auf jede erdenkliche Weise – aber immer so artifiziell wie witzig – das Alltagsleben, die Einflüsse des Banalen wie des Erhabenen, des Kurzlebigen wie des Unvergänglichen. 15. Oktober, 20.00 Uhr Vladislava Fekete: KURZE VERBINDUNGEN / Krátke spojenia Szenische Lesung Mit diesem Stück gewann die Leiterin des Slowakischen Theater-Institutes, Vladislava Fekete, den Alfréd Radok-Preis 2009 für das beste tschechische und slowakische Stück. Das Stück beschreibt ihre eigenen Erfahrungen, die sie, als Angehörige der slowakischen Minderheit in Serbien, später in der Slowakei gemacht hat. Es ist die Auseinandersetzung mit Beziehungen und dem Verlust der Heimat – eine Heimat, die für die meisten Figuren im alten Jugoslawien lag. Nun leben sie in verschiedenen europäischen Ländern und können nur noch per Telephon Kontakt halten. Ihre Begegnungen finden in der Vergangenheit statt. Und diese Vergangenheit wirft den Schatten des Krieges auf die Gegenwart... 16. Oktober, 20.00 Uhr NEBEL IM MOOR Deutsche Bühne Ungarn, Szekszárd In dem multimedialen Programm stehen Text, Musik und Projektion gleichberechtigt nebeneinander. Balladen von Goethe, Schiller und Brecht werden in dieser Interpretation zu aufregenden und berührenden szenischen Kostbarkeiten. Mit diesem Abend tritt das einzige deutschsprachige Theater in Ungarn nach langer Zeit erstmals wieder in Wien auf. 17. Oktober, 20.00 Uhr DIE TOTEN SEELEN / Mrtvé duše Teatr Skrat, Bratislava DIE TOTEN SEELEN sind ein textloses Theater der Erscheinungen, Menschen, die in ihrem Leben verflochten sind, ohne Ausweg, ausgebrannt. Ihr Alltagsleben, ausgefüllt mit trivialen Situationen, macht sie zu ohnmächtigen Darstellern eines wortlosen Dramas voller großer und kleiner Tragödien. In den Fragmenten ihrer Behausungen sehnen sie sich nach Erfüllung ihrer Vorstellungen, bleiben aber ohne Hoffnung. Ihr Lachen ist ohne Stimme, ihr Weinen ohne Tränen, ihre Sprache ohne Worte. Die Bilder der nächtlichen Siedlung werden überlagert von den Impressionen einer neuen Welt, in der sie sich nicht mehr zurechtfinden. 18. Oktober Symposion zum Thema 1989-2009 DIE ENTWICKLUNG DES THEATERS 15.00 – 18.00 Uhr Wissenschaftliche Diskussion 20.00 Uhr Podiumsdiskussion mit Szabo Attila (Budapest, Theaterwissenschaftliches Institut) Anna Grusková (Bratislava) Václav Cejpek (Brno, Rektor der Janáček-Akademie der Musischen Künste) Piotr Gruszczyński (Warszawa, Theaterkritiker, Dramaturg und Autor) sowie österreichischen Theater- und Kulturwissenschaftlern 19. Oktober, 20.00 Uhr MASSACZEM: EIN POETISCHES KONZERT Leitung: Judit Menyhért Fünf Frauen machen Musik, verbinden sie mit Dichtung, suchen nach den Stimmen der Instrumente, nutzen die Stimme als Instrument. Ihr Stil: eine Mischung aus traditioneller, klassischer und zeitgenössischer Musik. Dazu kommt der ganze Reichtum der verschiedenen ungarischen Nationalitäten, der schon so viele Komponisten begeistert und beeinflußt hat. Eine Überraschungsreise in das Nachbarland, eine Entdeckungsreise in einen reizvollen Musikkontinent. Und – Hand aufs Herz: wer kennt schon die transsylvanische Koboz? Diese Sonderform der Laute? Eben… 20. Oktober, 20.00 Uhr ALLEIN SEIN / Být sám Studio Marta (Theater der Janáček Akademie der musischen Künste, Brno) Es spielen und singen die Absolventen des Studiums Erziehungsdramatik für Gehörlose an der Janáček Akademie, Baßgitarre: Pavel Zemla, Geige: Ludmila Netolická Regie: Zoja Mikotová, Musik: Zdeněk Kluka Das Stück ist inspiriert von den Bildern und Tagebüchern des Malers Edvard Munch, von seiner Beschäftigung mit dem Kreislauf von Geburt bis Tod, von Leben und Liebe. Das Bewegungstheater übernimmt den Rhythmus der Natur, des Meeres, der Wellen, der Linien im Unendlichen, geht auf Entdeckungsreisen zum Unwiederholbaren, den Freuden von Leisesein und Schreien. Texte von Munch, Jan Skácel und Lieder auf Motive von K. Bremnes akzentuieren diesen besonderen Abend. 21. Oktober, 20.00 Uhr Andrzej Stasiuk: OSTMARK Szenische Lesung – Theater Brett Ensemble Das Stück wirft einen Blick in die (nahe?) Zukunft. Die Gesellschaft Westeuropas nähert sich in ihren Verfallssymptomen dem humanistischen Vorbild des Alten Rom: überaltert, verwirrt, dekadent und ohne Nachkommen, kurz arbeitsunfähig wäre... Junge, dynamische und kompromisslose illegale Arbeitskräfte aus dem Osten stehen bereit, das kurz vor der Selbstauflösung stehende System kurzerhand zu übernehmen. Als einer der drei Schwarzarbeiter aus dem Osten, Holzfäller in einem dunklen Wald, plötzlich ums Leben kommt, endet jäh der Traum vom besseren Leben. Gemeinsam stehen Ost und West vor der Frage, was mit der „illegalen“ Leiche geschehen soll. Das Auftauchen der ebenso hoffnungsfrohen wie nichtsahnenden Ehefrau verwandelt das gemeinsame Europa endgültig in einen Trümmerhaufen. 22. Oktober, 20.00 Uhr DIE VERSUCHUNG / Pokušenie Prešporské divadlo, Bratislava Nach dem Roman „Der Dämon und Fräulein Prym“ von Paulo Coelho Prešporské divadlo präsentiert als das erste professionelle slowakische Theater die Dramatisierung dieses Textes des weltberühmten Autors. Das Stück lebt von viel Bewegung und der außergewöhnlichen Musik, eine Projektionsfläche im Stil der Laterna Magica begrenzt die Spielfläche. Der Teufel treibt sein uraltes Spiel mit höchster Meisterschaft – er bietet demjenigen, der auch nur eines der zehn Gebote verletzt, eine Menge Gold. Und bald verwandelt sich das so blühende Dorf in eine Stätte willen-, seelenloser Menschen, die als Hüllen nur noch der Gier nachgeben. Doch unvermittelt zieht das Drama den Zuschauer in seinen Bann – denn wie würden wir uns denn verhalten? Wer kann der Versuchung widerstehen? 23. Oktober, 20.00 Uhr Beatrice Ferrolli: DIETRICH UND LEANDER - eine musikalische Begegnung Regie: Piotr Szalsza Teatr Korez, Katowice Aus den Biographien der vielleicht bekanntesten deutschsprachigen Sängerinnen Marlene Dietrich und Zarah Leander webt die österreichische Autorin einen besonderen Stoff: im Waschraum eines Hotels treffen die beiden Stars aufeinander. Die Tür klemmt, niemand vermisst sie, niemand erlöst sie. So sind sie allein, glauben sich unbeobachtet. Welten prallen aufeinander, politische Haltung und künstlerische Anschauung schaffen Differenz – und doch entsteht Nähe. In diesem Zusammenhang bekommt manch bekanntes Lied einen neuen Klang, entsteht eine neue Interpretation.