Klinische Pharmakologie WS 00/01

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Pharmakotherapie der Herzrhythmusstörungen
4. Pathophysiologie:
Herzrhythmusstörungen können idiopathisch auftreten, meist liegt ihnen aber eine
kardiale/extrakardiale Erkrankung zugrunde (z.B. Myokarditis, KHK,
Schilddrüsenfunktionsstörungen, Elektrolytentgleisungen oder Medikamentennw.(-Blocker))
a) Erregungsbildungsstörungen
 Normotope Rhythmusstörungen betreffen den Sinusknoten
Def.: Sinustachykardie: f>100 S./min)
Sinusbradykardie: f<50 S./min.
Sinusarrhythmie
 Heterope Rhythmusstörungen beschreibt man, wenn Erregungsbildung ausserhalb
des Sinusknotens im Myokard vorkommt:
 Supraventrikuläre Störungen:
- Paroxysmale supraventrikuläre Tachykardie
- Supraventrikuläre Extrasystolen
- Vorhofflattern und –flimmern
 Ventrikuläre Rhythmusstörungen:
- Ventrikuläre Extrasystolen
- Kammertachykardie
- Kammerflattern und –flimmern
b) Erregungsleitungsstörungen
Sie liegen vor, wenn die Ausbreitung der Depolarisation verzögert oder blockiert ist.
Vorkommen:
 zwischen Sinusknoten und Vorhofmyokard = Sinuatrialer Block
 zwischen AV-Knoten und Ventrikelleitungssystem = Atrioventr. Block
 während der Ausbreitung im Ventrikel = Intraventr./Schenkelblock
Therapieprinzipien
Störungen können ohne Krankheitswert auftreten (Extrasystolen) und die proarrhythmogene
Wirkung der Antiarrhythmika ist zu beachten, deshalb strenge Indikationsstellung zur
Therapie.
Indikationsstellungen:
relative Behandlungsindikation:
 bei starken subjektiven Beschwerden durch die
Rhythmussörungen
 wenn lebensbedrohliche Arrhythmien zu erwarten
sind, Entscheidung anhand des Malignitätsgrades der
Störung:
 evtl. Bewußtlosigkeit in der Anamnese
Supraventrikuläre Arrhythmien haben prinzipiell
eine gute Prognose, nur bei ausgeprägten Tachykardien mitAbsinken
des Herzzeitvolumens besteht zwingende Behandlungsindikation
absolute Behandlungsindikation:
Ventrikuläre Rhythmusstörungen helfen die Kriterien nach LOWN,
bei denen Häufigkeit, Polymorphie und Zeitpunkt des Einfallens
beurteilt werden
Prognose:
Entscheidend für die Prognose sind begleitende kardiale Erkrankungen:
 hohes Risiko bei:
 Frischem Herzinfarkt
 Zustand nach Reanimation
 Schlechter linksventr. Funktion nach Infarkten oder bei Kardiomyopathie
 KHK mit rez. Kammertachykardien
Vor Behandlungsbeginn Ausschluß extrakardialer Ursachen und von Begleiterkrankungen und
v.a. auch Ausgleich des Elektrolythaushalts (Kalium/Magnesium)
4.1 Antiarrhythmika
Einteilung nach Vaughan in die Klassen I-IV:
Eigenschaften:
 Alle Arrhythmika zeigen einen negativ inotropen Effekt, der auch zum
Absinken des Blutdrucks führen kann
 Wirksamkeit muss durch Verlaufskontrollen überwacht werden
 proarrhythmogene Effekte !!
4.1.1 Klasse I: Natriumantagonisten
Wirkprinzip: Blockade der Natriumkanäle mit Hemmung des raschen Natriumeinstroms zu Beginn
des Aktionspotentials  Verringerung der Leitungsgeschwindigkeit, Erhöhung der
Depolarisationsschwelle (Membranstabilisierung) und Zunahme der
Gesamtrefraktärzeit. Weitere Unterteilung in Klassen A-C wegen der unterschiedlich
ausgeprägten Wirkung auf den repolarisierenden Kaliumausstrom mit Beeinflußung
der AP-Dauer.
Klasse IA:
Chinidintyp
(verlängern das Aktionspotential!)
Präparate:
Chinidin (Chinidin-Duriles®)
Ajmalin (Gilurytmal®)
Prajmalin (Neogilurytmal®)
Disopyramid (Rythmodul®)
Procainamid (Procain-Duriles®)
Indikatonen:
Bei supraventrikulären Rhythmusstörungen, Vorhofflattern und –flimmern
sowie bei ventr. Tachykardien und Extrasystolen.
Pharmakokinetik:
Chinidin und Disopyramid werden nach oraler Gabe gut resorbiert und nach
einer HWZ von 5 h renal eliminiert
Da aber eine Interaktion mit der renalen Ausscheidung von Digoxin besteht,
wird die Digoxinwirkung bei gleichzeitiger Gabe erhöht.
Ajmalin unterliegt starken Resorptionsschwankungen bei oraler Gabe,
Prajmalin hingegen wird gut resorbiert.
Eine Procaintherapie wird meist i.v. begonnen und oral fortgesetzt.
Nebenwirkungen:
 Allergische Reaktionen bei Chinidin, Disopyramid und Procainamid
(Hautrektionen, evtl. Thrombozytopenie und Agranulozytose)
 Anticholinerger Effekt bei Chinidin, Procainamid und am stärksten bei
Disopyramid
 Durch Verbesserung der AV-Überleitungszeit kann dadurch die
Herzfrequenz initial paradoxerweise ansteigen!!
Durch den antichol. Effekt auch GI-Störungn, Mundtrockenheit, Miktionsund Akkomodationsstörungen
 NW des Chinidins: „Cinchonismus“ bei Überdosierung:
- zentralnervöse Störungen bis hin zum Delir
- Seh- und Hörstörungen und Erbrechen
- Auslösung einer sog. „Chinidin-Synkope“ durch ventrikuläre
Torsade de pointes- Tachykardie
- Kardiotox. NW mit Verbreiterung des QRS-Komplexes und
Verlängerung der QT-Zeit (> 25%  Absetzen)
Kontraindikationen:
 Schwere Herzinsuffizienz
 Sinusknotensyndrom, Bradykardie
 Höhergradige Erregungsleitungsstörungen
 Neigung zu Harnverhalt und Engwinkelglaukom
 Leber- und Niereninsuffizienz
 QT-Syndrom
 Bei Chinidin: Digitalisüberdosierung
Interaktionen
 Verstärkung der Wirkung von Anticholinergika
 Abschwächung der Wirkung durch Rifampicin und Phenytoin
(Enzyminduktion)
 Chinidin verstärkt die Wirkung von Reserpin, kurareartigen Mitteln
und Kumarinderivaten
Klasse IB = Lidocaintyp
Präparate:
Indikationen:
(verkürzen das Aktionspotential)
Lidocain (Xylocain®)
Tocainid (Xylotocan®)
Mexiletin (Mexitil®)
Phenytoin (Phenhydan®)
Sie greifen vorwiegend an den Kammern an, deshalb v.a. Einsatz bei ventrikulären
Extrasystolen und Tachykardien. Lidocain wird bevorzugt bei ventr.
Rhythmiusstörungen nach Infarkten oder Herz-Ops eingesetzt.
Aufgrund der guten Verträglichkeit ist 1. Wahl bei ventr. Stör..
Phenytoin, dessen Hauptindikation bei der Epilepsie liegt kommt bei
Glykosidintoxikation zur Anwendung.
Pharmakokinetik:
Lidocain zeigt bei i.v.-Gabe einen raschen Wirkungseintritt und eine gute
Steuerbarkeit, wegen seines hohen first-pass-Effektes ist es allerdings nicht
zur oralen Therapie geeignet. Hier kann man Tocainid und Mexiletin
einsetzen.
Um bei Phenytoin rasch die erforderlichen Wirkspiegel zu erreichen gibt man
i.v. einen Bolus von 125mg (evtl Wdh. nach 30 min.) bevor auf orale Therapie
umgestiegen wird. Wegen einer hohen Plasmaeiweißbindung und
Enzyminduktion in der Leber kommt es zu zahlreichen WW.
Nebenwirkungen:
Nach hohen Dosen kann es zu zentraler Erregung, Benommenheit und
Krämpfen kommen, bei Leber- Niereninsufizienz ist ein Dosisreduktion nötig.
Kontraindikationen:
 Schwere Hezinsuffizienz
 AV-Block II. und III. Grades
 Bradykardie
 Überempfindlichkeit gegenüber Lokalanästhetika
Klasse IC
(beeinflussen die AP-Dauer nicht!!)
Präparate:
Flecainid (Tambocor®)
Lorcainid (Remivox®)
Propafenon (Rytmonorm®)
Indikationen:
Bei Flecainid wurde eine erhöhte Mortlität bei einer Postinfarktstudie festgestellt,
daher ist der Einsatz (auch vom ähnlichem Lorcainid) auf besonders schwere
supraventrikulär Tachykardien und lebensbedrohliche ventr.Arrhythmien beschränkt.
Pharmakokinetik:
Flecainid wird nach oraler Gabe rasch resorbiert und zeigt eine hohe
Bioverfügbarkeit. HWZ 20 Stunden, Ausscheidung erfolgt renal.
Lorcainid zeigt bei Therapiebeginn einen hohen First-Pass-Effekt, der nach
wiederholter Gabe durch Sättigung des Enzymsystems abnimmt.
Bei Propafenon bleibt der First-Pass-Effekt erhalten, dies führt dazu, dass
nach guter enteraler Resorption nur 50% der Substanz verfügber sind.
Kontraindikationen:
 Z.n. Myokardinfarkt
 Sinusknotensyndrom, AV-Blockierungen
 Herzinsuffizienz
4.1.2 Klasse II -Adrenozeptorenblocker
Präparate:
Atenolol (tenormin®)
Metoprolol (Beloc®)
Acebutolol (Prent®)
Durch Blockade der kardialen -Rezeptoren wird der positiv
chronotrophe, dromotrope und bathmotrope Effekt der Katecholamine
abgeschwächt.
- Sinustachykardien
- supraventr. Tachykardien
- Extrasystolie
Antiarrhythmische Wirkung:
Indikationen:
Mittel der Wahl bei Rhythmusstörungen bei Hyperthyreose, da diese durch eine
gesteigerte Katecholaminempfindlichkeit begünstigt werden.
NW:
 Zunahme des Atemwegswiderstands
 negativ inotrop am Herzen
 Verstärkung bradykarder Rhythmusstörungen und Reizleitungsstörungen
 Herabsetzung der peripheren Durchblutung
 Erhöhung der Blutlipide
 GI-Stör., Müdigkeit, Leistungsminderung, Kopfschmerzen, allerg. Reaktionen
Kontraindikationen:
 obstruktive Atemweserkrankungen
 Bradykarde Rhythmusstörungen
 höhergradige AV-Blockierungen (>II.Grades)
 Dekompensierte Herzinsuffizienz
 Periphere arterielle Verschlußkrankheit
4.1.3 Klasse III
Präparate:
Sotalol (Sotalex®)
Amiodaron (Cordarex®)
Wirkmechanismus:
Durch Blockade der Kaliumkanäle kommt es zur Hemmung des
repolarisierenden Kaliumausstroms und damit zur Verlängerung des AP.
Indikationen:
Klasse III-A. sind zur Behandlung von supraventrikulären und ventrikulären
Stör, sowie des WPW-Syndroms geeignet.
Pharmakokinetik:
Sotalol ist der einzige -Blocker, der durch starken Einfluss auf die KaliumKanäle zusätzlich Klasse III-Eigenschaften besitzt.
Bioverfügbarkeit 100%, Initialdosierung von 160 mg kann bis zu 480 mg
gesteigert werden.
Amiodaron hat eine extrem lange HWZ von 14-28 Tagen, ist dadurch sehr
schlecht steuerbar. Die Behandkung deshalb mit Sättigungsdosen (600 mg pro
Tag über eine Woche). Anschließend Erhaltungsdosis von ca. 200mg/die.
Nebenwirkungen:
Sotalol zeigt -Blocker-NW (s.oben)
Bei Amiodaron können zahlreiche schwere NW auftreten:
- Gelblichbraune Hornhautablagerungen, Photosens., Hypo und
Hyperthyreose, Lungenfibrose, Erythema nodosum und periphere
Neuropathie
 deshalb ist Amiodaron nur Reservepräparat bei therapierefraktären
Stör.
Wechselwirkungen:
Digoxin- und Cumarineffekte können durch Amiodaron verstärkt werden.
Kontraindikationen:
 Sotalol s.oben
 Amiodaron: - Sinusbradykardie, Sinusknotensyndrom, AV-Block, Lungenund Schilddrüsenerkrankungen, Jodallergie, gleichzeitige
Einnahme von MAO-Hemmern
4.1.4 Klasse IV: Kalziumanagonisten
Dies sind Kalziumantagonisten mit antiarrhythmischer Wirkung: Verapamil und Diltiazemtyp.
Präparate:
Verapamil (Isoptin®, Veramex®)
Gallopamil (Procorum®)
Diltiazem (Dilzem®)
Wirkmechanismus:
Indikationen:
Durch Hemmung des Kalziumeinstroms kommt es zur Abnahme der
Depolarisationsgeschwindigkeit im Sinus- und AV-Knoten mit Verlängerung
der AV-Überleitungszeit.. Die Refraktärzeit wird verlängert, Nachpotentiale
werden unterdrückt.
Supraventrikuläre tachykarde Rh.-stör.
Pharmakokinetik:
Nach fast 100 %iger Resorption sehr hoher first-pass-Effekt 
Bioverfügbarkeit von nur 20-50%.
Nebenwirkungen:
AV-Blockierungen, Bradykardien, Blutdruckabfall, Obstipation, Hautrötung,
allerg. Hautreaktionen. Diltiazem hat im Tierversuch teratogene Wirkung
Kontraindikationen:
 Schwere Herzinsuffizienz
 Sinusknotensyndrom
 Höhergradige SA- und AV-Blöcke
 Vorhofflimmern und –flattern bei WPW-Syndrom ( durch schnellere
Überleitung über akzessorisches Bündel evtl Kammertachykardien)
MERKE:
Es sollte nur ein Antiarrhythmikum zum Einsatz kommen. Falls
Kombinationsbehandlung erforderlich sein sollte, nie zwei aus derselben Klasse
kombinieren!
Bei Kombination von Klasse II und Klasse IV evtl Verstärkung der neg.
chrontropen und dromotropen Eigenschaften  höhergradige AVBlockierungen und Bradykardien.
4.2 Tachykarde Herrhythmusstörungen
4.2.1 Supraventrikuläre tachykarde Rhythmusstörungen
Sinustachykardien:
Puls > 100 / min.
Sie treten meist symptomatisch als Folge von z.B. Anämie, Herzinsuffizienz, oder Hyperthyreose)
auf, d.h. Suchen der primären Ursache.
Beim sog. Hyperkinetischen Herzsyndrom (erhöhte Frequenz)  Überwiegen des Sympathikotonus
 -Blocker (z.B Metoprolol (Beloc®) 25-50 mg/die)
Supraventrikuläre Extrasystolen
Normalerweise ist keine Therapie notwendig, bei starken subjektiven Beschwerden evtl.
-Blocker.
Paroxysmale supraventrikuläre Tachykardie
Rez. Attacken von Herzrasen mit Frequenzen zw. 150 und 200 pro Minute, die unterschiedlich lang
sein können (Minuten – Tage!)
Evtl. begleitet von Schwindel oder Synkopen.
Vork.:
 Herzgesunde
 KHK, Myokarditis, Hyperthyreose
 Präexzitationssyndrom mit akzessorischem Bündel zw. Vorhöfen und
Kammern (z.B. WPW-Syndrom)
Maßnahmen bei akuter supraventrikulärer Tachykardie:
 Ausübung eines Vagusreizes, z.B. Massage des Carotissinus oder ValsalvaPreßmanöver
 Bei Erfolglosigkeit unter EKG-Kontrolle:
→ Verapamil (Isoptin®) 5 mg i.v. oder -Blocker (z.B. Propanolol 1 mg i.v., Sotalol
20 mg i.v.)
CAVE: Manifeste Herzinsuffizienz
 Digitalis 0,2 – 0,4 mg i.v., Kontraindikation: Vorhoftachykardie mit Block als möglicher
Hinweis auf Digitalisintox. (typ. ist Bigeminus / AV-Überleitungsstör. / ventr. Extrasystolen
 In therapieresistenten Fällen: Propafenon 30-70 mg i.v., als Ultima Ratio Amiodaron
5 mg/kg KG
Merke:
Sowohl Verapamil als auch Digitalis sind bei einem Präexzitationssyndrom
kontraindiziert, da sie die physiologische Überleitung im AV-Knoten blockieren
und daher die Überleitung über das akzessorische Bündel begünstigen.
Tachykardien bei Präexzitationssyndrom sprechen gut auf Ajmalin an.
Wenn häufig supraventr. Tachykardien auftreten, kann zur Dauerprophylaxe eine Therapie
mit Verapamil, β-Blocker oder Propafenon durchgeführt werden.
Bei Präexzitationssyndromen kann neben der Gabe von β-Blockern oder Prajmalin die elektrische
Ablation eines akzessorischen Bündels indiziert sein.
Vorhofflattern und –flimmern
Flattern:
 Freq. zw. 200-300 /min.
 Kammerfrequenz meist durch zusätzlichen 2:1 / 3:1 Überleitungs AV-Block
II.Grades niedriger
 In der Regel organische Urs. ( Mitralvitien, Myokarditis)
Flimmern:
 Freq. zw. 300-600 /min
 unregelmäßige Überleitung → absolute Arrhythmie
normofrequent, brady-, tachykard
 Chronisch (oft bei Mitralvitien, KHK (30 % idiopathisch)) und
intermittierend bei Gesunden (z.B. Alkoholexszess)
Behandlungsindikation: Aus subj. Beschwerden und Komplikationen heraus
Komplikationen:
- Bei Flattern Gefahr des Übergangs in eine 1:1-Überleitung
mit Kammertachykardie
- Thrombenbildung in den Vorhöfen → art. Embolien
- Absinken der Auswurfleistung durch fehlende Vorhofkontraktion um 20 %
- HMV sinkt durch ausgeprägte Tachy- / Bradyarrhythmie
Medikamentöse Rhythmisierung
Um das Ausschleudern von Vorhofthromben zu verhindern muss entsprechend vorliegender
Kontraindikationen eine Antikoagulation duchgeführt werden.
Bei der Rhythmisierung wird in zwei Stufen vorgegangen:
1. Normalisierung der Kammerfrequenz → v.a. durch Digitalisierung
Vorhofflattern wird durch durch Digitalis meist ins stabilere Vorhofflimmern überführt. Selten
dadurch Übersprung in Sinusrhytmus. Bei begleitender Tachykardie
zusätzlich Verapamil (Isoptin®)oder ein β-Blocker (z.B, Beloc®)
2. Rhythmisierung:
Chinidin in steigender Dosierung (3 x 200 mg bis 3 x 600 mg)
durch die bestehende Digitalisierung wird der zu Beginn mögliche
anticholinerge Effekt, der zur Beschleunigung der AV-Überleitung
führen kann, verhindert.
Durch das Chinidin kann sich der Digitalisspiegel erhöhen.
Testdosis des Chinidin vor Beginn, um allerg. Reakt. auszuschliessen.
Weitere Antiarrhythmika zur Rhythmisierung gegeben werden können,
sind Disopyramid (Rytmodul®), Sotalol (Sotalex®) und als
Reservepräparat Amiodaron (Cordarex®)
Wenn es medikamentös nicht gelingt → Kardioversion
Beachte: 1 Woche vorher Digitalis absetzen.
Nach erfolgreicher Kardioversion → Rezidivprophylaxe
Digoxin / Chinidin / Propafenon / Disopyramid
4.2.2 Ventrikuläre tachykarde Rhythmusstörungen
Ventrikuläre Extrasystolen
Einfache ventr. Extrasystolen
→ meist ist keine Therapie nötig, nach Sicherung eines ausgeglichenen
Elektrolythaushaltes kann bei Beschwerden Magnesium 90-240 mg/die
oder Sotalol in niedriger Dosierung (80 mg/die) gegeben werden.
Strategie: herzstärkende Med. + -Blocker
Potentiell maligne Rhythmusstörungen
→ Sotalol in einschleichender Dosierung sowie Mexiletin initial 400 mg
anschl. 600 mg
CAVE: neg. inotrope Wirkung
→ evtl Kombination von Sotalol + Mexiletin oder Sotalol + Disopyramid
→ in therapieresistenten Fällen Amiodaron (Spiegelkontrolle!) / Flecainid
Ventrikuläre Tachykardien
→ bei schweren Herzerkrankungen, oder als med.-tox. NW (Digitalis/
Chinidin) evtl. längeranhaltende lebensgefährliche Tachykardien.
→ Kammern durch ektopen Schrittmacher angetrieben dadurch
schlagen sie dissoziiert von den Vorhöfen mit 100-200 /min.
Bis zum kardiogenen Schock kann es gehen. Gefürchtet ist der Übergang
in Kammerflattern oder –flimmern.
Medikamentöse Therapie
bei akuter ventrikulärer Tachykardie ist Lidocain Mittel der Wahl
→ Bolus (100 mg i.v.) → Perfusor (100 mg/h)
wenn dies erfolglos bleibt → vor Kardioversion noch Amiodaron
(Kurzinfusion 300 mg in 250 ml Glukose über 20 Min. Erhaltungsdosis
10mg/kg KG)
Zur Rezidivprophylaxe → Klasse I-III AntiArr., evtl. Implantation eines
antitachykarden Schrittmachers.
Kammerflattern und –flimmern
- ventrikuläre Reentrymechanismen:
 Ventrikuläre Extrasystolen höherer Lown-Klass.
 Früh einfallende Extrasystolen mit sog. „R- auf T-Phänomen“
 Hypoxie
 Elektrolytstörungen (v.a. Hypokaliämie mit K+ < 3,5 mmol)
- Maßnahmen:
 Reanimation mit Herzmassage und Beatmung
 Defibrillationsversuch (200 bzw. 300 J)
 Adrenalin (Suprarenin®) 0,5 mg auf 10 ml NaCL verdünnt i.v. vor erneutem
Defibrillationsversuch
 Lidocain (z.B: Xylocain®) 1 mg / kg KG
 Nach erfolgreicher Defibrillation → Lidocain 100 mg/h als Rez.-Proph.
4.3 Bradykarde Herzrhythmusstörungen
Sinusbradykardie:
meist Folge erhöhten Vagotonus (Sportler)
therapiebedürftig, wenn sie Ausdruck einer Erkr. des
Sinusknotens ist, z.B. bei KHK oder Deg. des Erregungsbildungssystems → Synkopen.
Evtl. extrakardiale Urs. (Hypothyreose, Elektrolytstörungen,
Med.) müssen abgeklärt werden.
Auch bei höhergradigen sinuatrialen / atrioventrikulären Blockierungen.
Medikamentöse Therapie mit:
 m-Cholinozeptorantagonisten
 β-Adrenozeptoragonisten
Parasympatholytika
Präparate:
Atropin (Atropinsulfat®) 0,5 – 1 mg i.v.
Ipratopiumbromid (Itrop®) 3 x 10 mg / die
Wirkmechanismus: neg. chronotrope und dromotrope Wirkung am Herzen wird aufgehoben
NW:
da hohe Dosen notwendig sind → neben Tachykardien, typ. Parasympatholyt. NW
β-Sympathomimetika:
Präparate:
Orciprenalin (Alupent®) 0,5-1 mg i.v., bzw. 3-6 x 20 mg /die
Wirkmechanismus:
β1-Rez. werden erregt → Freq. ↑, Erregungsleitungsgeschw. ↑,
Kontraktilität ↑
NW: Durch Steigerung der Automatiebereitschaft → tachykarde Stör. bis zum Flimmern
Tremor, Schweissausbrüche, Angstzustände
Wegen vieler NW nur eingeschränkt als Langzeittherapie anwendbar (beide Stoffklassen!), deshlb v.a.
zur Behandlung akuter Bradykardien, sowie zur Überbrückung bis zur Schrittmacherimplantation.
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