Förderpreis für ein Modellprojekt der Rehabilitationsklinik Heidelberg-Königstuhl Dr. Gabriele Karger Eine Million Bundesbürger leiden an chronischer Herzinsuffizienz, das heißt Herzmuskelschwäche. Für diese Patienten führt die Rehabilitationsklinik Heidelberg-Königstuhl seit Juni 1999 in Zusammenarbeit mit der kardiologischen und psychosomatischen Abteilung der Universitätsklinik Heidelberg ein kombiniertes stationär-ambulantes und interdisziplinäres Interventionsprogramm durch. Ziel und Hintergrund der Studie Im Rahmen dieser Studie wird untersucht, ob diese schwer chronisch kranken Patienten von einem intensiven Trainings- und Schulungsprogramm und einem psychosozialen und medizinischen Betreuungsprogramm profitieren können. Hintergrund der Untersuchung ist, dass die Zahl der Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz ständig steigt. Oft müssen diese Patienten vorzeitig berentet werden. Dadurch sowie durch häufige Arztbesuche, insbesondere aber durch häufige Krankenhausaufenthalte entstehen hohe Kosten für das Gesundheitsund Rentenversicherungswesen. Diese schwer herzkranken Patienten hatten bis vor wenigen Jahren eine sehr geringe Lebenserwartung, die der bei schweren Tumorerkrankungen entsprach. Dies hat sich dank neuer medikamentöser Behandlungsmöglichkeiten ( ACE-Hemmer, Betablocker, Aldosteron-Antagonisten ) deutlich gebessert. Leider erhalten aber noch immer viele der Patienten diese Medikamente nicht oder in zu niedriger Dosis, was zu einem wesentlichen Teil mit der schwierigen Einstellungsphase zu tun hat, die engmaschige klinische und laborchemische Kontrollen erforderlich macht. Trainingsprogramm verbessert Belastbarkeit Bis vor wenigen Jahren wurde Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz zur Herzentlastung eine strikte körperliche Schonung empfohlen. Es zeigte sich jedoch, dass dadurch ein Teufelskreis entstand. Das mangelnde Training führt in den peripheren Muskeln zum Abbau von Enzymsystemen, was eine ständig weiter abnehmende Belastbarkeit dieser ohnehin nur wenig belastbaren Patienten zur Folge hat. So konnte in den letzten Jahren gezeigt werden, dass ein niedrig dosiertes und ärztlich engmaschig überwachtes Trainingsprogramm sicher und ohne negative Effekte für das kranke Herz durchgeführt werden kann. Mittelfristig verbessert sich dadurch die Belastbarkeit der Patienten und zum Teil auch deren Herz-Kreislauf-Funktion. Herzinsuffizienz schränkt Lebensqualität ein Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz eine schlechte Lebensqualität haben. Dies hängt mit ihrer geringen Belastbarkeit und den dadurch eingeschränkten sozialen Möglichkeiten, den häufigen Krankenhausaufenthalten und mit durch die Krankheit ent- standenen Ängsten und Depressionen zusammen. Auch die Lebenspartner der Patienten sind durch diese Ängste und Sorgen stark belastet. Das Heidelberger Modellprojekt Das Modellprojekt der Rehabilitationsklinik Heidelberg-Königstuhl setzt bei allen aufgezeigten Punkten an. So werden die Patienten zunächst in der Herzinsuffizienzambulanz der Universitätsklinik Heidelberg kardiologisch voruntersucht und mittels Fragebogen zur psychosozialen Situation befragt. Dann kommt eine Gruppe von sechs bis zehn Patienten — wenn möglich gemeinsam mit ihren Lebenspartnern — zu einem dreiwöchigen stationären Aufenthalt in die Rehabilitationsklinik Heidelberg-Königsstuhl. Programmpunkte während des stationären Aufenthalts: • Regelmäßiges körperliches Training mit zweimal pro Tag 15 Minuten Ergometerintervalltraining, geführte Spaziergänge, leichte Gymnastik, Atemgymnastik sowie die Anleitung zum Selbstüben mit einem „Atemtrainer“. • Intensive Schulung der Patienten über ihre Erkrankung, deren Symptome, die Ernährung, die Medikamente, die Bewegungstherapie, die erforderlichen Allgemeinmaßnahmen und Anleitung zur Selbstbeobachtung, etwa über Gewicht, Wassereinlagerungen, Urinmenge und Luftnot. • Psychologische Betreuung durch eine Psychologin in Form von Einzel- und Gruppengesprächen sowie psychologische Gesprächsgruppe für die begleitenden Partner; Beratung durch einen Sozialarbeiter in beruflichen Dingen und zu Fragen zum Grad der Behinderung. • Erlernen von Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung, Yoga und Musiktherapie. • Diätberatungen und praktische Übungen in der Lehrküche mit salzarmer und fettarmer Kost und alternativen Möglichkeiten zum Salz beim Kochen. Parallel dazu finden täglich ärztliche Visiten mit einer Optimierung der medikamentösen Therapie sowie wöchentliche Leistungstests statt. Ambulante Nachtreffen Nach der stationären Phase finden etwa alle vier bis sechs Wochen ambulante Nachtreffen für einen Nachmittag statt, bei denen Probleme besprochen und Bewegungstherapie, Diätmaßnahmen, Entspannungstechniken sowie die Wissensinhalte wieder aufgefrischt werden. Zwischen den ambulanten Treffen werden die Patienten nochmals telefonisch kontaktiert und zu Problemen und ihrem Befinden befragt sowie dazu motiviert, die erlernten Maßnahmen auch zu Hause weiter durchzuführen. Die ambulanten Treffen und Telefonkontakte finden über mindestens ein Jahr und teilweise bis zu zwei Jahre nach dem stationären Aufenthalt statt. Erste positive Ergebnisse Bisher sind 63 Patienten stationär-ambulant betreut worden. Parallel dazu werden als Kontrollgruppe eine gleiche Anzahl von Patienten, die in üblicher Weise in der Universitätsklinik Heidelberg in der Herzinsuffizienzsprechstunde betreut werden und von ihren Befunden und sonstigen Merkmalen den stationär-ambulanten Patienten entsprechen, kardiologisch und psychosozial nachkontrolliert. Die wissenschaftliche Auswertung der Ergebnisse ist noch nicht abgeschlossen, es lassen sich aber bereits verschiedene erste Trends feststellen. So zeigte sich bei der überwiegenden Mehrzahl der Patienten in der Interventionsgruppe eine sehr positive Beurteilung des Programms, etwa zwei Drittel der Patienten nehmen regelmäßig an den Nachtreffen teil. Das psychische und soziale Befinden der Patienten hat sich durch das Programm signifikant und anhaltend gebessert. Die körperliche Leistungsfähigkeit, gemessen mit dem SechsMinuten-Gehtest, liegt am Ende des Programms durchschnittlich um etwa 20% ( signifikant ) höher als vor der Maßnahme. Die bessere Belastbarkeit hält auch in ähnlicher Stärke im weiteren Verlauf an. Die Kontrollgruppe zeigt bisher mehr Dekompensationen, wobei allerdings die Jahresauswertung der Kontrollgruppe zum Teil noch nicht abgeschlossen ist. Auszeichnung der Beteiligten Aufgrund der ersten positiven Ergebnisse erfuhr das Programm der Rehabilitationsklinik Heidelberg-Königstuhl bereits eine Wertschätzung, indem die daran beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen Sonderpreis der Bayerischen Landesbank für innovative Klinikprojekte im Bereich „Patient Education“ erhielten. Dieser Klinikförderpreis honoriert innovative Modellprojekte, die einen Beitrag zur sektorenübergreifenden Verbesserung der Patientenversorgung leisten. In mehreren Zeitungsartikeln in der regionalen Presse wurde über das Projekt und die Verleihung des Förderpreises an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter berichtet. Auch bei der Oberbürgermeisterin der Stadt Heidelberg fand das Projekt besondere Beachtung Rehabilitationsklinik Königstuhl in Heidelberg Fachklinik für Innere Medizin, Schwerpunktklinik für Herz- und Kreislauferkrankungen Postanschrift Rehabilitationsklinik Heidelberg-Königstuhl Kohlhof 8 69117 Heidelberg Telefon: 06221/9070 ( Vermttlung ) www.koenigstuhl.de [email protected]