Sind die Sicherheiten sicher

Werbung
Sind die Sicherheiten sicher?
Rückbaukostenproblematik bei Windenergiekonvertern
von Tilman Kluge1
Es sei dahingestellt, ob es Sinn macht, landwirtschaftliche Grundstücke oder
Grundstücksteile an Betreiber von Windenergiekonvertern zu verpachten oder zu
verkaufen. Hierüber mögen detaillierte Diskussionen insbesondere über die Themen
„Schutz des Landschaftsbildes“ und „Vogelschutz“ weiterführen.
Eine andere Problematik ist aber in jedem Fall akut und nimmt in der Praxis
bedenkliche Züge an. Bei der Errichtung von Windenergiekonvertern kann es vor
allem im Falle von Grundstücksverpachtungen an Windenergiekonverter-Betreiber
erforderlich sein, daß vom Betreiber gegenüber Grundstücksbesitzern zu deren
Gunsten Sicherheitsleistungen hinterlegt werden.
Behörden können diese Sicherheiten im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens
nicht als Regelfall verlangen. Manche Behörden tun es dennoch entgegen der
verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmung, daß (hier finanziell) belastende
Bescheide einzelfallbezogen zu begründen sind3,6. Denn eine die Begründung
ersetzende rechtliche Bestimmung existiert in der Regel nicht, wobei Erlasse nicht zu
diesen Bestimmungen zählen können, wohl aber Rechtsverordnungen und Gesetze.
So bleibt es beim einzelnen Betroffenen, insbesondere Verpächtern, sich im Rahmen
der abzuschließenden Verträge abzusichern.
In vielen Fällen ist von Zahlungen von etwa 25.000 Euro (€) die Rede. Tatsächlich
aber umfassen die Rückbaukosten oft das Mehrfache. Auch 40.800 € (80.000 DM) 5
sind wesentlich zu niedrig und auch noch deutlich zu niedrig, verbliebe das
Fundament im Boden (überschlägig 50.000 €, vgl. unten Grafik C). Wie kommt diese
Diskrepanz zustande?
Der Wiederverkaufs-Trick
Dem Grundstücksverpächter wird vorgerechnet, die Rückbaukosten-Summe sei zwar
höher als der tatsächlich angebotene Betrag. Aber der sei dadurch entstanden, daß
der Wiederverkaufswert des zu beseitigenden Windenergiekonverters von den
eigentlichen Rückbaukosten abzuziehen sei, und dadurch entstehe eben der
niedrigere Betrag.
Das aber ist ist eine Mogelpackung, denn im Grunde ist es egal, ob die
Sicherheitsleistung die Rückbaukosten in Form von Geld, in Form eines Stapels
Goldbarren oder eben in Form eines Windenergiekonverters abdeckt. Die Tücke des
Anteils „Windenergiekonverter“ liegt darin, daß man nicht weiß, welche Marktpreise
dann gegeben sind, wenn nach 10 bis 20 Jahren der Rückbau fällig wird.
Im Grunde kommt es im Falle dessen, daß eine zu geringe Sicherheit geleistet
wurde, nicht darauf an, ob der jeweilige Windenergiekonverter nun Eigentum des
Verpächters wäre oder nicht. Jedenfalls müßte ein vom Betreiber möglicherweise
alleingelassener Grundstückbesitzer selber zusehen, wie er „seine“ Windmühle auf
dem Markt los wird. Schon angesichts des damit verbundenen Stresses kann nur
empfohlen werden, sich nur auf Rückbau-Sicherheitsleistungen in Form von Geld
(Sparbüchern,....) oder Bankbürgschaften in Höhe der Rückbaukosten ohne
irgendwelche dubiose Abzüge einzulassen.
Zahlenbeispiele
Im folgenden werden Ansätze aufgeführt, mit Hilfe relativ einfacher Formeln einen
überschlägigen Rückbaukostenbetrag zu ermitteln. Denn stellenweise werden für
Anlagen um die 1,5 MegaWatt (MW) und mit Höhen von etwa 140m
(Flügeloberspitze) von manchem Anbieter unzulässig niedrige Rückbaukosten von
25.000 DM angegeben, ohne daß eine schnelle Gegenprüfung erfolgen könnte. Die
Fachliteratur (vgl. SCHWARZ 2000)2 u.a. präsentiert eine
Formel „5% der Investitionskosten“.
Nimmt man 1020 € (2000 DM) pro kW Nennleistung an (vgl. Grafik 1),
Grafik 1
Entwicklung der Investitionskosten (DEWI 1999)
wären das 5% von 1.530.000 €, also 76.500 € statt 25.000. Die Wechselbeziehung
zwischen der so ermittelten Zahlenreihe und Daten aus dem hier hinzugezogenen
Runderlaß Brandenburg4 (Tabelle ) liegt bei „R = 0,94“ in einer Skala vom
Schlechtestwert von 0 bis zum Bestwert von 1 (siehe Grafik 2). Ein Idealwert läge für
den Faktor, gemessen an der Korrelation zu den in Brandenburg ermittelten Kosten,
bei 6,5%.... statt bei 5%.
Grafik 2
Korrelation der Berechnung nach Investitionskosten mit den in Brandenburg errechneten Kosten
Der jährlich von der zuständigen Landesfachbehörde fortgeschriebene tabellarische
Anhang zum Windenergie-Runderlaß des Landes Brandenburg geht für die gleichen
Anlagen von ca. 110.000 € Rückbaukosten aus. Der amtliche gesamte Datensatz
von Brandenburg könnte für den Leistungsbereich von 500 KW bis 3 MW eine
(hinsichtlich des Exponenten) vereinfachte
Berechnungsformel „Höhe“ „(AnlagenhöheFlügelspitze : 10)² : (1,96) TSD €“
7
begründen. Die Wechselbeziehung zwischen der so ermittelten Zahlenreihe und den
Brandenburger Daten liegt bei „R = 0,89“ (siehe Grafik 3). Ein Idealwert läge für den
Exponenten, gemessen an der Korrelation zu den in Brandenburg ermittelten Kosten,
bei 2,1....statt bei 2
Grafik 3
Korrelation der Berechnung nach Höhe mit den in Brandenburg errechneten Kosten
Daß die Verfahren nicht miteinander gekoppelt sind, zeigt die niedrigere Korrelation
von „R=0,78“ zwischen den beiden Berechnungsgrundlagen (siehe Grafik 4).
Grafik 4
Korrelation zwischen Kostenberechung auf der Basis „Höhe“ und der Basis „Investitionskosten“
Zum Vergleich aller Verfahren siehe Grafik 5 (Basis „Höhe“) und 6 (Basis „Leistung“),
wobei naheliegenderweise die Formelberechnungen auf der Basis „Höhe“ und
„Leistung“ jeweils bei „R=1“ liegen, wobei sich die geringfügige Abweichung bei der
Variante „Höhe“ daraus ergibt, daß es sich (im Gegensatz zur Trendlinie) nicht um
eine lineare Funktion handelt.
Grafik 5
Grafik 6
Verbleib des Fundamentes im Boden?
In einigen Fällen wird davon auszugehen sein, dass das Fundament im Boden
verbleibt, Das kann allerdings rechtlich nicht als Regelfall angesehen werden, weil
dann, wenn landwirtschaftliche Fläche in Anspruch genommen wird, ein Verbleiben
des Fundamentes im Boden die (eigentlich zu rekultivierende) landwirtschaftliche
Fläche entwerten würde. Das heißt gleichzeitig, daß ein Verbleiben des
Fundamentes im Boden bereits Teil des Genehmigungsverfahrens gewesen sein
muß, da dies sowohl im Rahmen der naturschutzrechtlichen Eingriffs- und
Ausgleichsregelung, der agrarfachlichen Beurteilung und schließlich aber auch der
Berechnung von Sicherheitsleistungen erheblich sein kann bzw. im letzteren Falle ist.
Die Verfahren „HöheFlügespitze“ und „Investitionskosten“ (gemessen am Beispiel
Brandenburg) ergänzen sich, was an der erhöhten Korrelation der arithmetischen
Mittlung zum Ausgangswert (Grafik C) zu sehen ist. Der Exponent im Verfahren
„HöheFlügespitze“ läge bei 1,8, der Prozentsatz bei der Variante „Investitionskosten“
bei 3.
x (Achse quer) = Kosten BB ; y (Achse hoch) = Kosten HöheFlsp
x = Kosten BB ; y = Kosten 3%
x = Kosten BB ; y = Durchschnitt Grafiken A und B
x = Kosten 3% ; y = Exp. 1,8
1
Dipl. Ing. agr., Gartenstraße 4A, 65812 Bad Soden Ts.
SCHWARZ Chr., Rückbaukosten von Windenergieanlagen, Erneuerbare Energien 8/00 S.11 ff., Hann. 2000; vgl. hierzu auch taz 01.9.2001, Anti-Atomkraft-Lieder
reichen nicht, Berlin 2001
2
3
§39 VerwaltungsverfahrensG v. 25.5.1975 (BGBl.I S.1253) idF v. 21.9.1998 (BGBl.I S.3050), zul. geändert am 3.12.2001 (BGBl. I S. 3306) m.W.v. 1.1.2002
4
Runderlaß Min. f. Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr Brandenburg v. 07.5.2001
5
BUND Ebern, Windrad I und II auf dem Bretzenstein bei Ebern/Fierst/Recheldorf, Zeitungsber. und Bilder v. Aufbau (FT 14.05.01), Ebern 2001
6
....idR fehlt die verwaltungsverfahrensrechtlich gebotene Begründung (z.B. Unzuverlässigkeit des ASt, belegt an früheren Verfahren; fehlende Bonität etc.)
7
Die Division durch 1,96 korrigiert, da die Ausgangsdaten in „DM“ angelegt waren, diese zugrundegelegte Rechnung von „DM“ in EURO
Anhang
Höhen der Windenergiekonverter (Basis f. Anhang zum Runderlaß Brandenburg)
Komplette Rückbaukosten lt. Anhang zum Runderlaß Brandenburg
Rückbaukosten „nur Mast“ lt. Anhang zum Runderlaß Brandenburg
Berechnungsformel für den Korrelationskoeffizienten „R“
Herunterladen