Dachorganisation der Schweizer KMU Organisation faîtière des PME suisses Organizzazione mantello delle PMI svizzere Umbrella organization of Swiss SME Pressedienst November 2008 Bern, 1. Dezember 2008 Lu/rs Seite 2 3 4 Alpentransitbörse: Kein Blankocheck für den Bundesrat! Beim Klimaschutz liegt die Schweiz bestens auf Kurs Die Macht der Steuerbürokratie muss eingeschränkt werden News Milchpreis gibt zu reden Energie-Partnerschaft Lehrstellenbörse Echt gleichwertig 6 6 6 7 Statistiken Statistik I: Leichter Schuldenabbau Statistik II: Eingetrübte Konsumentenstimmung 8 9 Schweizerischer Gewerbeverband Union suisse des arts et métiers Unione svizzera delle arti e mestieri Schwarztorstrasse 26, Postfach, 3001 Bern ∙ Telefon 031 380 14 14, Fax 031 380 14 15 ∙ [email protected] www.sgv-usam.ch Alpentransitbörse: Kein Blankocheck für den Bundesrat! Die Wirtschaft kämpft weiterhin gegen die Einführung der Alpentransitbörse (ATB). In einem Brief an alle Mitglieder des Ständerates warnt sie davor, dem Bundesrat einen Blankocheck auszustellen. Die beiden Wirtschaftsspitzenverbände sgv und economiesuisse, der Nutzfahrzeugverband Astag sowie die Dachorganisation der Verkehrsverbände strasseschweiz appellieren in ihrem Schreiben an die Ständeräte, auf ihre ursprüngliche Haltung zur ATB zurückzukommen. Das bedeutet konkret: Sie sollen in Abänderung der bundesrätlichen Vorlage eine zweimalige Zustimmung des Parlaments verlangen, nämlich zur Genehmigung von allfälligen völkerrechtlichen Verträgen mit der EU, und zur Genehmigung eines Ausführungsgesetzes. Der Nationalrat hat die Kompetenz zum Abschluss von völkerrechtlichen Verträgen nun wieder in die Hände des Bundesrats gelegt. Damit hätte das Parlament lediglich noch einmal, bei der Detailregelung der ATB im Rahmen der Genehmigung des nötigen Ausführungsgesetzes, ein Rückweisungs- bzw. Mitspracherecht. „Es geht nicht an, dass eine so tiefgreifende Zäsur in der Schweizer Verkehrspolitik wie die Alpentransitbörse ohne die weitgehende Mitbestimmung von National- und Ständerat mit dem Ausland verhandelt und geregelt werden kann, zumal dies sowohl wirtschaftlich wie gesellschaftlich eine massive Zäsur für unser Land mit sich bringen würde“ heisst es in dem Brief unmissverständlich. Noch weniger statthaft wäre es, dem Bundesrat sogar einen Blankoscheck auszustellen. Schliesslich werden die „Stöckli“-Mitglieder aufgefordert, den Zahlungsrahmen für den nichtalpenquerenden Schienengüterverkehr für 2011 bis 2015 gemäss bundesrätlicher Botschaft bei 100 Millionen. Franken zu belassen. Die grundlegende Umgestaltung der Vorlage, wie es der Nationalrat beantragt, ist nach Ansicht der Wirtschafts- und Verkehrsverbänden nicht sinnvoll. Denn mit einer Erhöhung des Beitrags auf 200 Millionen Franken zur Erhöhung des Bahnanteils vor allem im Binnenverkehr widerspricht die Vorlage der Verfassung, die in Artikel 84 Absatz 2 nur die Verlagerung des alpenquerenden Transitverkehrs von Grenze zu Grenze stipuliert. Fazit: „Eine derartige Richtungsänderung in der Güterverkehrspolitik bedarf so oder so zwingend einer Volksabstimmung.“ Patrick M. Lucca 2’250 Zeichen inkl. Leerschläge 2/9 Beim Klimaschutz liegt die Schweiz bestens auf Kurs Der gut verschwiegene Erfolg Allen Klima-Unken zum Trotz: Neuste Berechnungen des Bundesamts für Umwelt BAFU zeigen, dass die Schweiz ihre bis Ende 2012 geltenden internationalen Verpflichtungen im Klimaschutz erfüllen kann. Allerdings weiss bisher fast niemand davon… Allein den Medienleuten des Centre Patronal (CP) ist es zu verdanken, dass eine positive Information aus dem Umweltbereich nun einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wird. Denn die ökologisch angeblich sooo engagierten Medien haben die BAFU-Meldung vom vergangenen 24. Oktober, die unter dem Titel „Die Schweiz ist für die erste Etappe im Klimaschutz auf Zielkurs“ lief, gar nicht thematisiert. CP holt es nun nach und verbreitet die gute Kunde, dass dank des Engagements der Wirtschaft die Schweiz voraussichtlich ihre Ziele zur Reduktion der Treibhausgase erreichen kann. Mit dem Ja zum Kyoto-Protokoll hat sich unser Land 2003 verpflichtet, den Ausstoss von klimaerwärmenden Treibhausgasen bis 2012 um 8 Prozent unter das Niveau von 1990 senken (von 52,8 auf 48,6 Millionen Tonnen). Das Parlament setzte noch eines drauf: Das CO2-Gesetz verlangt in der gleichen Zeit sogar eine Reduktion um 10 Prozent. Dies soll vorab durch die CO2-Abgabe auf Brennstoffen, den privatwirtschaftliche Klimarappen auf Treibstoffen und Zielvereinbarungen des Bundes mit der Wirtschaft erreicht werden. Dank eines stetigen Engagements der Wirtschaftsverbände spielen freiwillige Reduktionsmassnahmen eine wichtige Rolle. Diese Anstrengungen zeitigen bereits erste Erfolge. BAFU-Berechnungen zeigen, dass das erste Ziel – die Reduktion um 8 Prozent – nicht nur erreicht, sondern gar übertroffen werden dürfte. Der Ausstoss von Treibhausgasen sinkt voraussichtlich auf 48,4 Millionen Tonnen, um 0,2 Millionen Tonnen mehr als festgelegt. Rund zwei Drittel der Einsparungen werden im Inland generiert, der Rest dank ausländischen Emissionszertifikate. Das zweite Ziel – die gesetzlich vorgesehene CO2Reduktion um 10 Prozent – liegt laut BAFU dank einer neuen Vereinbarung mit der Stiftung Klimarappen bezüglich der Verwendung ihrer Reserven ebenfalls in Reichweite, zumal es durch die wirtschaftliche Entwicklung einen Rückgang beim Energieverbrauch geben dürfte. Dass diese höchst erfreuliche Meldung von den schweizerischen Medien nicht verbreitet wurde, ist wohl kein Zufall. Für Agathe Tobola Dreyfuss, Energie-Fachfrau des sgv, steht jedenfalls fest: „Die grosse Mehrheit der Medienleute setzt sich für den Ausbau der CO2-Abgabe, wie ihn Links-Grün, Bundesrat Leuenberger und das BAFU propagieren. Dazu passen Berichte über erfolgreiche Anstrengungen der Privatwirtschaft eben nicht.“ Man erlebe ähnliche Probleme auch im Verkehrsbereich, insbesondere bei der LSVA und beim Neuwagenverkauf: „Zahlen und Studien, die das Transportgewerbe entlasten oder gegen weitere Erhöhungen von Abgaben sprechen, werden zumeist verschwiegen.“ Michael Gehrken, Direktor des Nutzfahrzeugverbandes Astag, teilt diese Meinung. „Es ist eine wichtige Aufgabe der betroffenen Verbände – und insbesondere des sgv – mit einem klaren Kommunikationskonzept für korrekte Information zu sorgen. Das ist zwar mühsam, aber durchaus machbar, denn die Schweizer Öffentlichkeit lässt sich bekanntlich nicht gern manipulieren, weder von der Politik noch von den Medien.“ Patrick M. Lucca 3’260 Zeichen inkl. Leerschläge 3/9 Die Macht der Steuerbürokratie muss eingeschränkt werden Der Triumph der administrativen Logik Ausländischen Beobachtern erscheint die Schweiz als kleines Paradies mit einer moderaten Besteuerung und einem souveränen Volk. Der gut informierte Beobachter weiss jedoch, dass die Realität ganz anders aussieht. Die institutionellen Pluspunkte unseres Steuersystems werden oft als Beispiele zitiert. Der Föderalismus, der den Kantonen eine weitgehende Steuerautonomie und direkte Demokratie gewährt sowie den Bürgern das Recht zugesteht, bei der Festlegung der Steuersätze das letzte Wort zu haben, begünstigt das milde helvetische Steuerklima. Die Zahlen bestätigen, dass die Schweiz im internationalen Vergleich gut abschneidet: die hiesige Steuerquote (29,4 Prozent im Jahr 2006) ist tatsächlich beträchtlich geringer als der Durchschnittswert der EU-Staaten (vor der Osterweiterung) und der OECD, der bei 40 Prozent liegt. Unerfreuliche Tendenz Doch aufgepasst Die helvetische Steuerdemokratie ist eine Scheindemokratie; und zwar aus zwei Gründen. Einerseits belastet die Zunahme der Steuern, Abgaben und anderer Vergütungen das Budget der Steuerpflichtigen immer stärker. Diese zumeist nur auf einer Verordnung (und nicht einem Gesetz) beruhenden modernen Bürden entziehen sich der Kontrolle der Bürger. Andererseits – und vor allem – ist es die zunehmende Macht der rund 7 000 Steuerbeamten des Bundes, der Kantone und der Gemeinden, die mit ihrer technischen Begutachtungen bei der Umsetzung der Steuergesetzgebung direkte Einflussnahme betreiben. Drei Beispiele veranschaulichen diese bürokratischen Ausrutscher. Demokratie-Defizit Die Schweizerische Steuerkonferenz (SSK), der die leitenden Steuerbeamten von Bund und Kantonen angehören, hat jüngst klammheimlich das Kreisschreiben „Wegleitung zur Bewertung von Wertpapieren ohne Kurswert für die Vermögenssteuer“ abgeändert, was eine beträchtliche Erhöhung der Steuerlast für eine Mehrheit der KMU zur Folge hat. Dabei lässt sich eine besorgniserregende Parallele zum neuen Lohnausweis ziehen. Im einen wie im anderen Fall hat sich die SSK nicht nur Kompetenzen technischer Natur, sondern auch politische Vorrechte angemasst wie beispielsweise die Festlegung der Inkraftsetzung der neuen Direktive auf den 1. Januar 2009. Diese unerfreuliche Situation, in der Beamte die Politik ersetzen, zeugt von einem mächtigen Demokratie-Defizit. Die Macht der SSK kontrastiert mit der Schwäche der Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren (FDK), dem politischen Kontrollorgan der SSK, die bei diesem Dossier durch totale Abwesenheit geglänzt hat. Verwirrspiel MWSt Ein weiteres Beispiel demokratischen Verwirrspiels: die Mehrwertsteuer (MWSt). Das MWSt-Regime beruht auf einem soliden demokratischen Fundament, indem die drei Steuersätze – der Normalsatz von 7,6, der reduzierte Satz von 2,4 und der Spezialsatz von 3,6 Prozent für touristische Beherbergung – in der Bundesverfassung verankert sind. Deshalb muss auch nur die geringste Änderung dieser Steuersätze obligatorisch eine Volksabstimmung durchlaufen, bei der eine doppelte Mehrheit (Volk und Stände) verlangt wird. Das erklärt übrigens auch, warum das Projekt „Ideale MWSt" des Bundesrates, das auf einem Einheitssatz beruht, so Erfolgschancen hat. 4/9 Weniger bekannt ist jedoch, dass es im MWSt-System auch Steuersätze gibt, die auf einseitige Art und Weise von der Hauptabteilung MWSt der Eidgenössischen Steuerverwaltung (HAMWSt) festgelegt worden sind: es sind die Saldosteuersätze (SStS), von denen aktuell deren sieben existieren. Die Abrechnungsmethode nach SStS zeichnet sich durch ihre Einfachheit aus. Um den von einem Unternehmen geschuldeten Steuerbetrag festzulegen, genügt es, die während der Abrechnungsperiode realisierten Umsatzzahlen mit dem von der HAMWSt festgelegten SStS zu multiplizieren. Es ist daher nicht verwunderlich, dass ein Drittel aller MWSt-pflichtigen Unternehmen auf diese Methode zurückgreift. Mit anderen Worten sind also rund 100 000 Betriebe – davon die meisten KMU – bei der Festlegung ihres MWSt-Satzes von einem administrativen Akt abhängig! Seltsame Methoden Das dritte Beispiel, das die administrative Einflussnahme auf den politischen Prozess belegt, zeigt sich bei der Umsetzung der Unternehmenssteuerreform II (USTR II), die in der Volksabstimmung vom 24. Februar 2008 angenommen worden ist. Nach der Abstimmung hat sich die eidgenössische Steuerverwaltung der Sache sofort angenommen und eine Agenda für die Einführung der Reform ausgearbeitet. Dabei hat sie auch ein Kreisschreiben zur Anwendung der USTR II publiziert, das vom 8. Juli bis 6. August 2008 in die Anhörung geschickt worden ist – notabene also während der Sommerferienperiode! Auch mit dem besten Willen war es niemandem möglich, innerhalb einer derart kurzen Frist eine fundierte Stellungnahme abzugeben zu einer dermassen technischen Materie wie dem Kreisschreiben „Teilbesteuerung der Einkünfte aus Beteiligungen im Geschäftsvermögen und zum Geschäftsvermögen erklärte Beteiligungen“. Notwendiges Gegengewicht In Steuerfragen beruht unsere Demokratie auf einer Informations-Asymmetrie. Auf der einen Seite ist die Administration mit ihrem Spezialwissen, auf der anderen Seite die Politik (Regierung und Parlament) mit ihren allgemeinen Kenntnissen. Doch Wissen bedeutet Macht. Konsequenz: der Unwissende ist dazu gezwungen, sich einem Profi anzuvertrauen – etwa so, wie ein Automobilist seinem Garagier vertrauen muss. Leider allzu oft wird aus diesem Anvertrauen aber ein „Laissezfaire“, womit zugleich der Triumph der administrativen Logik über die legitime Demokratie untermauert wird. Mangels Kontrolle fühlen sich die Beamten dazu autorisiert, die Gesetze nach eigenem Gutdünken zu interpretieren, Kreisschreiben auf einseitige Art und Weise auszuarbeiten und den Zeitpunkt ihrer Inkraftsetzung festzulegen. Dieser Missstand muss korrigiert werden. Es ist an der Zeit, ein Kontrollprozedere einzuführen und ein Gegengewicht zu schaffen. Das lässt sich jedoch nicht nur mit einer Verstärkung der Überwachungsmittel erreichen, über die sowohl die Exekutive als auch die Legislative gegenüber der Administration verfügen, sondern mit dem Beizug der direkt betroffenen Kreise bei der Ausarbeitung der administrativen Verordnungen. Marco Taddei, Vizedirektor sgv 6'150 Zeichen inkl. Leerschläge 5/9