Landesverband Hessen Globalisierung, Gerechtigkeit und Solidarität: Bausteine einer Sozialpolitik im 21. Jahrhundert Verfasser: Dr. Matthias Zimmer Beschluss des Landesausschusses der CDA Hessen am 17. April 2004 CDA-Landesverband Hessen • Postfach 19 40 • 65009 Wiesbaden Tel. (06 11) 16 65-5 22 • Fax (06 11) 16 65-4 40 eMail: [email protected] • http://www.cda-bund.de Globalisierung, Gerechtigkeit und Solidarität: Bausteine einer Sozialpolitik im 21. Jahrhundert Nach dem Ende des Ost-West-Konflikts ist der Begriff der Globalisierung zu einem populären Schlagwort geworden. Die Popularität des Begriffes erklärt sich aus seiner unmittelbaren Eingängigkeit: Globalisierung ist eine Alltagserfahrung, unmittelbar verständlich. Gleichzeitig ist der Begriff der Globalisierung seltsam unscharf und schillernd, weil sich in ihm beschreibende und normative Elemente mischen. Dies zeigt sich schon an der inhaltlichen Spannbreite der Themen, die unter dem Begriff der Globalisierung abgehandelt werden: grenzüberschreitende Finanz und Transaktionsströme, die Mobilität des Produktionsfaktors Arbeit, die zunehmende kulturelle Homogenisierung und Überlagerung lokaler Kulturen und Traditionen durch globale Marken und globale Kulturstandards, die zunehmende wechselseitige Durchdringung von Kulturen durch Migration, temporäre Mobilität und Kommunikation, die Revolutionen im Informations -, Kommunikations- und Transportwesen, die Fragen schließlich nach den gesellschaftlichen, sozialen und kulturellen Folgen einer Kompression von Raum und Zeit. Diese keineswegs vollständige Aufzählung zeigt, welche technologischen, ökonomischen, sozialen und gesellschaftlichen Umwälzungen mit dem Begriff der Globalisierung zusammengefasst werden. Doch im Kern geht es nicht um eine Analyse und Bestandsaufnahme dieser Prozesse, sondern um eine politische Bewertung. Die normative Dimension der Globalisierung ist die Frage nach den Bedingungen und Möglichkeiten nationaler und internationaler Gerechtigkeit. Globalisierung aktualisiert die Frage nach dem Leitbild des Zusammenlebens jenseits der Marktmechanismen. Die Frage, wie wir leben wollen, wird heute sowohl im kategorialen Rahmen des Nation alstaates als auch darüber hinaus zu beantworten sein. Die Industrialisierung des 19. Jahrhunderts hat die soziale Frage zu einem brennenden Problem werden lassen. Sowohl die Arbeiterbewegung als auch die christliche Soziallehre haben darauf je eigene Antworten gegeben. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wird die Globalisierung zu einem sozialen Problem, auf das es noch keine befriedigenden Antworten gibt. Dies gilt umso mehr, als viele Autoren behaupten, die Globalisierung unterlaufe auch das herkömmliche Verständnis von Staatlichkeit; sie sprechen von einem Abschied vom Nationalstaat, von einem Verlust an Steuerungskapazität, von einem Wegsickern staatlicher Autorität in regionale, internationale und transnationale Strukturen, Institutionen und Netzwerke. We r aber wenn nicht der Staat kann überhaupt Bedingungen sozialer Gerechtigkeit gesellschaftlich 2 verbindlich setzen? Wer wenn nicht der Staat kann Märkte ordnungspolitisch gestalten und einhegen? Und wer, wenn nicht der Staat, kann die Grundbedingungen funktionierender Märkte garantieren: den Schutz des Eigentums, Rechts- und Vertragssicherheit, soziale Stabilität? Die Globalisierung stellt uns vor viele Fragen. Gleichzeitig wird die Beantwortung der Fragen durch unterschiedliche Sichtweisen und Zugänge erschwert. Einige stehen der Globalisierung grundsätzlich positiv gegenüber. So wird argumentiert, Globalisierung – verstanden als eine Öffnung der Märkte, Abbau von Handelshemmnissen und wachsender weltweiter Arbeitsteilung – führe zu Wachstum und Wohlstand. Gleichzeitig sei damit die Hoffnung auf eine nachhaltige Entwicklung in der so genannten „Dritten Welt“ gegeben, weil Globalisierung der Königsweg aus dem Teufelskreis von Armut und Unterentwicklung sei. Andere sind grundsätzlich skeptisch und argumentieren, die Globalisierung unterlaufe sozialstaatliche Standards, führe zur Erosion sozialer Solidarität und sei, gerade im Verhältnis zur „Dritten Welt“, eine Fortsetzung diskriminierender wirtschaftlicher Strukturen. Diese in ihren Annahmen und Folgerungen unterschiedlichen Ansätze wurden in der Vergangenheit wiederholt medienwirksam deutlich: während sich die Weltwirtschaftsgipfel der acht führenden Industriestaaten als grundsätzliche Befürworter der Globalisierung sehen, machten die Gegendemonstranten in Seattle und Genua, aber auch auf den Weltsozialforen in Porto Allegre und Bombay, die negative Bilanz der Globalisierung auf. Gegenüber einer vereinfachten und der tatsächlichen Komplexität nicht gerecht werdenden Sichtweise gehen wir von folgenden Annahmen aus: a. Globalisierung ist kein Schicksal. Auch wenn Globalisierung als Ganzes nicht gesteuert werden kann ist es am Staat, eigenständig oder in Kooperation mit anderen Staaten oder Institutionen Globalisierung von innen zu gestalten. Globalisierung war politisch gewollt. Die politische Initialzündung der Globalisierung waren die Deregulierungsmaßnahmen seit den 1970er Jahren und die Aufhebung von Zöllen und Kapitalverkehrs-beschränkungen. Deshalb kann Globalisierung auch politisch gestaltet werden. b. Globalisierung hat positive und negative Seiten. Weder eine bloß ablehnende oder eine rein affirmative Einstellung zur Globalisierung hilfreich noch realistisch. Wichtig ist es, Handlungsspielräume in der Globalisierung zu erkennen und konsequent zu nutzen. Dies b etrifft sowohl Handlungsspielräume des Staates als auch derjenigen internationalen Organisationen, die (wie etwa die Weltbank oder der Internationale Währungsfond) Globalisierung als ihr „Tagesgeschäft“ 3 betreiben. Weder ein Abschied aus der Globalisierung noch ein radikaler Systemwechsel sind brauchbare Alternativen. Die Kritiker der Globalisierung sitzen, wie es Claus Leggewie ausgedrückt hat, „mit im Fiaker“. 1 Deshalb kann es nur darum gehen, Wege in der Globalisierung zu finden. c. Globalisierung ist ein Übergang; Übergänge aber können krisenhaft verlaufen. Deshalb ist es notwendig, mögliche Krisenszenarien vorzudenken und politische Antworten langfristig zu formulieren. Langfristig formulieren können wir nur dann, wenn wir ein gesellschaftspolitisches Leitbild haben. Gerade die christlich-soziale Idee ist als gesellschaftspolitisches Leitbild aktuell wie nie, gleichzeitig aber auch gefährdet durch eine Ideologie, die im Markt allein die Zukunft sieht. d. Das christlich-soziale Leitbild ist mit einem Primat des Marktes nicht vereinbar. Es betont im Gegenteil die Unverfügbarkeit der menschlichen Würde und formuliert Anforderungen an eine soziale, gerechte und mit menschlicher Würde vereinbare Form des Zusammenlebens und des Wirtschaftens. Der Mensch ist kein reiner homo oeconomicus . Dies bedeutet, dass nicht alles, was der Mensch tut, den Gesetzen von Angebot und Nachfrage unterworfen werden darf. In der Aussage der Globalisierungskritiker, die Welt sei keine Ware, kann sich christlich soziales Denken deshalb wieder finden. Globalisierung und Wirtschaft Durch die Globalisierung stehen nicht nur Firmen untereinander, sondern auch nationale Standorte insgesamt in einem Wettbewerb. Deutschland ist als Standort in die Diskussion gekommen. Ein Übermaß an Bürokratie, z u hohe Steuern und zu hohe Lohnnebenkosten, so wird argumentiert, führten zu einer strukturellen Schwächung des Standortes im internationalen Wettbewerb. Die Folge sei eine hohe Anzahl von Konkursen und die Abwanderung von Investivkapital ins Ausland. Damit einher gehe ein Verlust an Arbeitsplätzen, weil der Produktionsfaktor Arbeit in Deutschland insgesamt zu teuer geworden sei. In dieser, stark vereinfachten Darstellung mischen sich Momentaufnahmen verschiedener wirtschaftlicher Ebenen mit einer Deregulierungsideologie, die lediglich im Abbau von Regelungsdichte, dem Rückbau sozialer Sicherungssysteme und dem Abschmelzen von Lohnnebenkosten einen Königsweg zu internationaler Wettbewerbsfähigkeit sieht. Gleichwohl ist diese Sichtweise verkürzt, denn sie übersieht 1 Claus Leggewie, Die Globalisierung und ihre Gegner. München: Beck 2003, S. 15. 4 - - - dass Deutschland nach wie vor einen Spitzenplatz in den internationalen Exporten einnimmt; das die Arbeitsproduktivität in Deutschland nach wie vor sehr hoch ist; das das bisherige System sozialer Sicherung zu einer beispiellosen sozialen Stabilität geführt hat, die selbst ein zentraler Standortfaktor ist; das die Arbeitsmotivation, die sich aus dem Wissen um gesicherte Arbeitsplätze und soziale Sicherheit speist, einen nicht zu unterschätzenden Anreiz darstellt, sich mit einem Unternehmen und der Arbeit zu identifizieren; das hohe Bildungs- und Ausbildungsniveau in der Bundesrepublik Deutschland, das attraktiv ist für die Investition in qualifizierte Beschäftigung. Allerdings lässt sich die wirtschaftliche Position Deutschlands in der Globalisierung nur dann halten und ausbauen, wenn die für das Wirtschaften bestimmenden Rahmenbedingungen in der Bundesrepublik verändert werden. Globalisierung führt nicht an sich zu ökonomischen Verwerfungen, sie macht aber Strukturdefizite deutlich. In der notwendigen Strukturdebatte kann es aber nicht darum gehen, das weithin liberalisierte angloamerikanische Modell umstandslos nach Deutschland zu importieren. Die Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik hat eine eigene Struktur, eine eigene Tradition, und innerhalb des geistigen Horizontes dieser Tradition muss eine Antwort auf die Herausforderungen der Globalisierung gefunden werden, ohne die eigene Identität preiszugeben. Politik kann die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland durch ordnungspolitische Maßnahmen, den Umbau des Sozialstaats und den Abbau von Regelungsdichte befördern. Die materiellen Voraussetzungen für einen funktionierenden Sozialstaat aber schafft die Wirtschaft. Geld, dass in soziale Systeme fließt, muss erarbeitet werden. Wirtschaften im klassischen Sinn bedeutete aber nie, dass die Mittel den Zweck heiligten. Auch und gerade in der globalisierten Welt gibt es eine gesellschaftliche Verantwortung der Wirtschaft. Diese gesellschaftliche Verantwortung schließt ein - sich nicht nur am shareholder value zu orientieren, sondern die gesellschaftlichen und sozialen Kontexte mit zu bedenken; sich den Fragen sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit des Wirtschaftens zu stellen; die Pflicht zur Mitfinanzierung von Infrastruktur und Sozialsystemen anzuerkennen. 5 Gerade im letztgenannten Bereich muss konstatiert werden, dass Unternehmen zunehmend sich der Mitfinanzierung von öffentlichen Aufgaben entziehen. Die Folge ist ein Nachlassen des Steueraufkommens und eine Einschränkung der staatlichen Steuerautonomie. Corporate Sponsoring ist kein Ersatz für die Mitfinanzierung öffentlicher Aufgaben durch Steuern. Dass sich große Konzerne durch interne Verrechnungen von der Steuerpflicht befreien können, wie der katastrophale Einbruch der Gewerbesteuer nach de r letzten Steuerreform deutlich gezeigt hat, ist sowohl Zeichen für schlechte politische Gestaltung wie für ein fragwürdiges Verständnis von corporate citizenship . Die CDA tritt deshalb dafür ein dass - - - das bundesdeutsche Steuersystem vereinfacht wird und Ausnahmeregelungen und Abschreibungsmöglichkeiten weitgehend beseitigt werden; das eine Besteuerung von Wirtschaftseinheiten vereinfacht und für die Unternehmen wie die öffentliche Hand verlässlich erfolgt; dass die Möglichkeiten zur Verlagerung von Unternehmenssitzen in Niedrigststeuerländer oder offshore-Zentren durch international verbindliche Absprachen erschwert wird; dass internationale Vereinbarungen geschlossen werden, um vor allem im Verhältnis der OECD-Länder untereinander einen ruinösen Steuerwettbewerb zu unterbinden. Globalisierung und Finanzmärkte Die internationalen Finanzmärkte sind der am weitesten fortgeschrittene Bereich der Globalisierung. Die Geschwindigkeit der Transaktionen hat sich in den letzten Jahren ebenso vervielfacht wie das Volumen und die Instrumente. Gleichzeitig hat die häufig ungeregelte Dynamik der Finanzmärkte auch ihre hohe Krisenanfälligkeit demonstriert. In den Schulden- und Währungskrisen der vergangenen Jahre sind ganze Regionen in eine ökonomische Schieflage geraten. Menschen mussten erleben, wie ihr ökonomisches Schicksal nicht durch eigene Arbeit, sondern durch Spekulationen und Transaktionen in den Finanzmärkten bestimmt wurde. Die Größenordnung der Kapitalbewegungen an den Finanzmärkten ist längst entkoppelt von realen Produktions- und Investitionswerten. Spekulationsund Abitragegeschäfte bestimmen die internationalen Finanzbewegungen. Spekulationen gegen eine Währung zum Nachteil der Volkswirtschaft eines Landes sind ebenso Realität wie irrationale Dominoeffekte auf den Finanzmärkten, in denen nach Vorgaben von Marktführern wie bspw. privaten Rating-Agenturen oder führenden Markthändlern entschieden wird. Nicht wirtschaftliche Fundamentaldaten 6 bestimmen dann die Marktentwicklung, sondern sich selbst verstärkende Erwartungen, die nichts mehr mit einem Marktgleichgewicht zu tun haben. Deshalb stimmt die CDA dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken zu, das in einer Erklärung vom 9. Mai 2003 gefordert hat, für die internationalen Finanzmärkte „schrittweise und beharrlich Rahmenbedingungen einer internationalen sozialen Marktwirtschaft aufzubauen.“ 2 Nur eine funktionierende „global governance“ kann aus den ungeregelten Märkten mit ihrer hohen Volatilität eine stabile, nachhaltige und die Anforderungen sozialer Stabilität nicht vernachlässigende globale Wirtschaftsordnung schaffen. Dabei bedeutet „global governance“ nicht eine „Weltregierung“, sondern die Stärkung internationaler Institutionen und Organisationen sowie die Einführung verbindlicher Regelungen, an die die Staaten in ihrer eigenen Wirtschaftspolitik gebunden sind. Dazu gehören vor allem - - - die Einführung eines Insolvenzrechts für arme und hoch verschuldete Länder unter Federführung des IWF oder der Weltbank; die Verpflichtung offizieller Kreditgeber (vor allem IWF und Weltbank) auf Kriterien der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit anstatt ausschließlich auf eine Strukturanpassung durch Deregulierung; die Stärkung der nationalen Banken- und Börsenaufsicht; die Zusammenschließung von Währungsräumen zur Stabilisierung von Währungs- und Finanzbeziehungen; die Einführung einer Devisentransaktionssteuer (Tobin-Steuer); die Sicherung der Kreditversorgung vor allem kleiner und mittlerer Unternehmer auch nach der Standardisierung der Regeln und Verfahren zur Risikoeinschätzung im Kreditgeschäft (Basel II); die Diskriminierung von Fonds, die ihre Geschäfte aus Steueroasen heraus abwickeln; Förderung langfristiger Investitionen durch Zulassung von Kapitalverkehrskontrollen in Entwicklungsländern; Schaffung regelgebundener Strukturen zur Einbeziehung von Kreditgebern in die Lösung von Finanzkrisen („bail in“) zur Vermeidung von „moral hazard“ Verhalten von Kreditgebern. Die Situation auf den internationalen Finanzmärkten erinnert historisch an die Frühphase des Liberalismus und der Industrialisierung, in der die These vertreten wurde, Freihandel befördere automatisch den allgemeinen Wohlstand. Aber schon das deutsche Beispiel hat gezeigt, dass eine Volkswirtschaft erst für den Freihandel bereit sein muss, wenn sie durch diesen nicht Schaden „Internationale Finanzmärkte – Gerechtigkeit braucht Regeln“, Erklärung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Bonn 9. Mai 2003, S. 9. 2 7 nehmen soll. Ob eine vollständige Liberalisierung der Kapitalmärkte ebenfalls langfristig zu Wachstum und Wohlstand führt, mag dahingestellt bleiben. Kurz- und mittelfristig führt eine solche Liberalisierung zu schweren sozialen Verwerfungen, Krisen und politischer Instabilität. Man mag dies als zu erbringende Anpassungskosten marginalisieren. Doch wer zu einseitig auf den Markt setzt, übersieht die Konsequenzen von Marktversagen. Überdies entspricht es nicht unserer Auffassung von Gemeinwohl, alles zu Gunsten freier Kapitalverkehrsströme zu deregulieren. Politik hat den Auftrag, zu gestalten, nicht, sich aus der Gestaltung unter Verweis auf Deregulierung zurückzuziehen. Deshalb brauchen auch die internationalen Finanzmärkte einen regulatorischen Rahmen, der eine ordnungspolitische Grundeinsicht widerspiegelt: Das alles Wirtschaften nämlich nicht seine Zielsetzung in sich selbst trägt, sondern nur auf Grundwerte bezogen sein kann. Dabei ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass internationale Organisationen, Institutionen und Regelungen nur so stark sein können wie der Wille der beteiligten Staaten, diese auch zu tragen. In der jetzigen, von den OECD Ländern dominierten Weltwirtschaftsstruktur kommt diesen Staaten deshalb eine besondere Vorreiter- und Vorbildfunktion zu. Das Aufkündigen eines internationalen Konsenses zugunsten unilateraler Lösungen, fehlende innerstaatliche Umsetzungen von internationalen Verträgen und die Instrumentalisierung internationaler Organisationen schädig en das Vertrauen in die Berechenbarkeit und Wirksamkeit des Schutzes öffentlicher globaler Güter. Globalisierung und öffentliche Güter Öffentliche Güter sind solche, die durch den Markt nur unzureichend oder gar nicht bereit gestellt werden können, deren Gewährleistung jedoch im öffentlichen Interesse liegt. So ist beispielsweise eine funktionierende, regelgebundene Marktwirtschaft selbst ein öffentliches Gut, das von den Marktteilnehmern selbst nicht produziert werden kann. Die Schaffung eines organisatorischen Rahmens und die sanktionsbewehrte Durchsetzung verbindlicher Normen ist eine öffentliche, d.h. staatliche Aufgabe. Auch im eigenen Interesse brauchen Märkte eine Ordnung, die diese Märkte verfasst, ihre Grenzen aufzeigt und öffentliche Güter verbindlich schützt. Das Gemeinwesen kann, wie George Soros es formuliert hat, nicht durch Profitdenken erhalten werden; eine offene Weltgesellschaft muss sich des Schutzes gemeinsamer Interessen jenseits des Marktes vergewissern. 3 3 George Soros, Die offene Gesellschaft. Für eine Reform des globalen Kapitalismus. Berlin: Alexander-Fest-Verlag 2001 8 Die Globalisierung hat dazu geführt, dass es eine breitere Aufmerksamkeit für den Schutz globaler öffentlicher Güter gibt. Frieden, Recht und Ordnung, Ökologie und Soziales sind zunehmend Aufgaben der Staatenwelt insgesamt. Dies ist nicht nur in der UN-Charta, den Menschenrechtserklärungen und einer Vielzahl von internationalen Übereinkommen dokumentiert. Deshalb ist die Einsicht entscheidend, dass im Konflikt zwischen globalen öffentlichen Gütern und den Imperativen des wirtschaftlichen Wachstums der Kernbestand globaler öffentlicher Güter nicht zur Disposition gestellt werden darf. Längst ist es Gemeingut, dass nur eine Reduktion von Schadstoffen und eine nachhaltige Entwicklung das globale Ökosystem auf Dauer schützen kann. Und ebenso ist es heute ein „globaler Konsens“, dass bestim mte Formen ausbeuterischer Arbeitsbeziehungen (wie etwa Zwangs- und Kinderarbeit) zu Recht ebenso verboten sind wie die Einschränkung der Vereinigungsfreiheit oder Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf. 4 Darüber hinaus fordert die CDA aber die politischen Entscheidungsträger auf, sich international dafür einzusetzen - - - das im Rahmen der ILO und der Vereinten Nationen die Einhaltung internationaler Sozialstandards verstärkt durchgesetzt wird; das die Einhaltung sozialer Mindeststandards ein Kriterium der Kreditvergabe von Weltbank und IMF wird; dass im Rahmen der WTO fortgesetzte, massive Verstöße gegen die internationalen Sozialstandards durch die Androhung und Umsetzung handelspolitischer Nachteile geahndet werden können; das multinationale Unternehmen die von UN-Generalsekretär Kofi Annan im Rahmen der „Global Compact-Initiative“ vorgestellten neun Grundprinzipien als verbindlich anerkennen und über die Einhaltung der Prinzipien regelmäßig berichtet wird; dass der Verbraucher durch „social labelling“ üb er den sozialen und ökologischen Entstehungskontext eines Produkts informiert wird; das internationale Zertifikate für solche Produkte eingeführt werden, die in vorbildlicher Weise unter sozial fairen und ökologisch nachhaltigen Bedingungen hergestellt worden sind. In der Bundesrepublik fallen auch Maßnahmen der Daseinsvorsorge unter den weit gefassten Begriff der öffentlichen Güter. In den letzten Jahren hat es einen Paradigmenwechsel gegeben, bedingt auch durch eine Denkphilosophie, So der Exekutivdirektor der ILO, Kari Tapiola, in seiner Erklärung “Normen und grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit“ vor der Enquete -Kommission „Globalisierung der Weltwirtschaft – Herausforderungen und Antworten“, Berlin, 12. Februar 2001 (http://www.bundestag.de/gremien/welt/weltto/weltto116_stell002.pdf). 4 9 die sich von der Privatisierung öffentlicher Aufgaben nicht nur eine Entlastung der öffentlichen Kassen, sondern auch eine Effizienzsteigerung bei gleichzeitiger Kostensenkung versprach. Tatsächlich haben die Privatisierungen der Post, der Telekommunikation und die Liberalisierung auf dem Strommarkt durchaus solche Effekte mit sich gebracht. Gleichwohl sind wir der Überzeugung, dass es in öffentlichem Interesse ist, bestimmte Bereiche der Daseinsvorsorge nicht den Regeln von Angebot und Nachfrage zu unterwerfen. Dazu gehören - das Gesundheitssystem Kultur Bildung der öffentliche Raum. Das Gesundheitssystem in Deutschland Umbau. Dabei muss die Philosophie des Gesundheit nicht zu einem Gut zu Marktgesetzen unterworfen ist. Die Gesundheitswesen ist nicht mit einer Gesundheitssystem bleibt eine öffentliche gesellschaftlicher Solidarität. steht vor einem grundlegenden Umbaus aber sich daran richten, machen, das ausschließlic h den Steigerung der Effizienz im Privatisierung gleichzusetzen. Das Aufgabe und ein Kernbestandteil Kultur ist, gerade in Deutschland, immer eng an staatliche Förderung gebunden gewesen; dies macht den kulturellen Reichtum und die Vielfalt in Deutschland aus. Kultur schafft Freiräume, und sie spiegelt Identität. Eine Unterwerfung des kulturellen Sektors unter die Marktgesetze würde zu einer Verflachung des kulturellen Angebots und einer Ausrichtung kultureller Inhalte auf kommerzielle Verwertung führen. Bildung ist in Deutschland ein öffentliches Gut. In einer Wissensgesellschaft, in der die Erarbeitung, Aneignung und Anwendung von Wissen ein zentraler Produktionsfaktor ist, kann dies auch nicht anders sein. Bildung muss deshalb für alle offen stehen. Die CDA steht Studiengebühren nicht ablehnend gegenüber, sofern sie den Bildungseinrichtungen unmittelbar zugute kommen und ausreichend Vorkehrungen getroffen werden, über Stipendien und Kreditfinanzierung auch einkommensschwachen Schichten den Zugang zu weiterführender Bildung zu ermöglichen. Die CDA befürwortet einen stärkeren Wettbewerb gerade der Hochschulen untereinander. Ein solcher Wettbewerb darf aber nicht mit einer Marktöffnung, also dem unbegrenzten Zugang privater Anbieter im Bildungsbereich, verwechselt werden. 10 Der öffentliche Raum ist ein kollektives Gut, dass vor allem in den Städten die urbane Qualität definiert. Kommerzialisierung und Privatisierung des öffentlichen Raumes führen zu einer Verödung der Städte. Der Politik muss deshalb die Möglichkeit langfristiger Stadtplanung im öffentlichen Interesse erhalten bleiben. Darüber hinaus ist öffentliche Sicherheit keine Aufgabe, die sich zur Privatisierung eignet. Deshalb tritt die CDA dafür ein dass - - - in den Verhandlungen über ein Weltdienstleistungsabkommen (General Agreement on Trade in Services = GATS) die Basisdienstleistungen im Gesundheitswesen und in der Bildung ausgeklammert werden; das im Zuge der Handelsliberalisierungen entweder über das GATS oder ein neues Multilaterales Investitionsabkommen die europäischen Meistbegünstigungsausnahmen für die Filmförderung und das System öffentlich-rechtlichen Fernsehens bestehen bleiben; die Instrumentarien zur Gestaltung des öffentlichen Raums geschützt bleiben; dies betrifft bau- und planungsrechtliche Vorschriften, aber auch die Praxis, über Quersubvention den öffentlichen Personennahverkehr besonders zu fördern. Die Aussage, dass in der Liberalisierung der Dienstleistungen sich ein großer Wachstumsmarkt öffne, ist an sich noch keine Bewertung, ob eine solche Entwicklung auch im öffentlichen Interesse ist. Die Bürger haben einen Anspruch darauf, eine bestimmte Grundversorgung durch den Staat bereit gestellt zu bekommen. Darüber hinaus ist es Aufgabe von Politik, den Markt im Interesse des Gemeinwohls einzuhegen. Deshalb ist die Setzung regulatorischer Standards im Arbeitsschutz, in der Gesundheit, in der Lebensmittelsicherheit, in der Bausicherheit, oder im Marktzugang, um nur einige Bereiche zu nennen, kein Handelshemmnis, sondern Ausdruck des Gemeinwohlorientierten Gestaltungswillens von Politik. So verstanden sind öffentliche Güter „Ausdruck einer Demokratie, in der Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit, Solidarität und Kooperation einen hohen Stellenwert haben.“ 5 Globalisierung, Arbeitsmarkt und Gesellschaft Die für viele Menschen unmittelbar erfahrbaren Auswirkungen von Globalisierung finden auf dem Arbeitsmarkt statt, obwohl dieser gegenüber dem Finanzmarkt oder dem Dienstleistungsmarkt wenig liberalisiert worden ist. Julian Nida-Rümelin, „Der ineffiziente Markt. Kollektive Güter müssen vor Staatsabbau geschützt werden“, Frankfurter Rundschau 16. Oktober 2003. 5 11 Diese Erfahrungen haben zwei Wurzeln: Zum einen die zunehmende Verlagerung von Produktionsstätten in Billiglohnländer, zum anderen die legale und illegale Arbeitsmigration nach Deutschland. Deshalb ist Globalisierung für viele Menschen mit existenzieller Angst verbunden: Mit der Angst den Arbeitsplatz zu verlieren; mit der Angst, einen neuen Arbeitsplatz nur weit entfernt zu finden und dafür soziale Bindungen aufgeben zu müssen; mit der Angst vor der Konkurrenz zugewanderter Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt; mit der Angst vor Lohn- und Sozialdumping. Zusätzlich beflügeln die in der öffentlichen Diskussion vorgetragenen Rezepte diese vorhandenen Ängste. Deutschland, so heißt es, habe zu hohe Lohn- und Lohnnebenkosten; die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit spiegele strukturelle Schwächen der deutschen Wirtschaft wider; die Menschen müssten flexibler werden, sich den Erfordernissen des Arbeitsmarktes anpassen; die Zukunft gehöre den beruflich mehrfach gebrochenen Biographien; Arbeitslose müssten auch Arbeit annehmen, die weit unter ihrem Qualifizierungsniveau liegt. Vielfach spiegelt sich in solchen Aussagen eine Weltsicht, in der Arbeit nicht mehr als Bestandteil menschlicher Existenz und Würde, sondern ausschließlich als Produktionsfaktor unter Profitgesichtspunkten verstanden wird. 6 Eine solche Sichtweise wird immer wieder dann virulent, wenn ein Abbau von Beschäftigung nicht mit nachlassender Nachfrage, sondern mit Steigerung des shareholder values begründet wird; wenn gewinnbringende Unternehmen geschlossen werden, weil durch die Schließung noch mehr Gewinn ausgewiesen werden kann; und wenn schließlich Manager zu solchen Strategien dadurch ermuntert werden, weil ihr Gehalt nicht an die Anzahl der Arbeitsplätze gekoppelt ist, die in einem Unternehmen bestehen oder geschaffen wurden, sondern lediglich am erwirtschafteten Profit. Die gerade in den letzten Jahren vor allem in den USA (von Arthur Anderson bis Xerox) deutlich gewordene Verwischung des Übergangs vom Unmoralischen zum Ungesetzlichen im Namen des Profits zeigt darüber hinaus, dass die Mentalität des „Kasinokapitalismus“ (Susan Strange) auch vor Rechtsbrüchen nicht zurückschreckt. Angesichts solcher Entwicklungen auf die Selbstheilungskräfte des Marktes zu vertrauen und dem Staat Zurückhaltung zu empfehlen erscheint zynisch. Arbeitsbeziehungen sind immer auch soziale Beziehungen und damit normativ aufgeladen. Eine Reduzierung von Arbeitsbeziehungen auf die Profitmehrung reduziert den Menschen auf ein Mittel zum Zweck und legt eine moralische Deformation zu Tage, der durch bloße Appelle nicht beizukommen sein wird. 6 Zur Kritik vgl. Viviane Forrester, Die Diktatur des Profits. München: dtv 2002 12 Gleichwohl gilt es, den alarmistischen Stimmen über die Zukunftsfähi gkeit von Arbeit in Deutschland eine besonnene Analyse entgegen zu setzen. Wenn lediglich der Preis der Arbeit über Produktionsstandorte entscheiden würde, gäbe es eine massive Abwanderung von Arbeitsplätzen in Billiglohnländer. Die Kosten von Arbeit sind immer nur ein Faktor in der Standortentscheidung. Weitere wichtige Faktoren sind die soziale und politische Stabilität, die Qualität und Flexibilität der Arbeitskräfte, die Standards von Bildung und Ausbildung, die Verfügbarkeit von Forschungseinrichtungen, die öffentliche Infrastruktur, die Verkehrsbeziehungen, die Nähe von Zulieferbetrieben. Eine Verkürzung der Diskussion auf die hohen Lohnkosten in Deutschland blendet damit bewusst die für Standortentscheidungen ebenfalls wichtigen Kontextfaktoren aus. Diese Kontextfaktoren aber werden zu großen Teilen mit öffentlichen Geldern bereit gestellt. Auch deshalb ist ein verlässliches und verstetigtes Steueraufkommen der öffentlichen Hand der entscheidende Standortfaktor in Deutschland. Die Zukunft der Arbeit in Deutschland ist eng mit der Zukunft von Bildung und Ausbildung verknüpft. Hohe Standards und hohe Qualität in den Bildungssystemen sowie innovative Forschungseinrichtungen sind in der heutigen Wissensgesellschaft die Voraussetzung schlechthin für Innovat ion und Wachstum, damit auch für ein hohes Beschäftigungsniveau. In Deutschland hat sich, bei tendenziell rückläufiger Bevölkerungszahl, die Anzahl der Studenten in den letzten zwanzig Jahren verdoppelt. Allerdings haben die Ausgaben für Bildung und Ausbildung mit dieser Entwicklung nicht Schritt gehalten. Die qualitätsorientierte Förderung von Bildung und Ausbildung muss wieder eine politische Priorität werden. Mit ihr ist die Zukunft der Arbeit in Deutschland eng verknüpft. Mit den Vorschlägen der Herzog-Kommission hat die CDU ihre Vorschläge unterbreitet, wie die Belastung des Faktors Arbeit durch Lohnnebenkosten zurückgeführt werden kann. Allerdings muss auch konstatiert werden, dass in den letzten Jahren sich ein Ungleichgewicht herausgebildet hat: Arb eit wird stärker zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben herangezogen als Kapital. In diesem Ungleichgewicht steckt eine Gerechtigkeitslücke, die die Legitimität der Umbaubemühungen im Sozialstaat untergräbt. Deshalb ist es eine Frage der Verteilungsgerechtigkeit, wenn bei den kollektiven Bemühungen um eine Reform der Sozialsysteme Arbeit und Kapital gleichermaßen ihren Beitrag leisten. Schließlich gilt es auch, durch eine kluge Zuwanderungspolitik den Arbeitsmarkt in Deutschland zu stärken. Schon jetzt ist der Arbeitsmarkt gerade im Bereich der unteren Lohnsegmente durch illegale 13 Beschäftigungsverhältnisse mit ausländischen Arbeitnehmern gekennzeichnet. Dies betrifft Wirtschaftsbetriebe ebenso wie private Arbeitgeber, die sich über solche Beschäftigungsverhältnisse beispielsweise eine Hilfe im Haushalt oder bei der Pflege von Angehörigen sichern. Dies zeigt, dass auch in den unteren Lohnsegmenten durchaus eine Nachfrage nach Arbeit besteht, sich aber mangels effektiver Rechtsdurchsetzung oder als ungenügend empfundener Rahmenstrukturen in anderen als den offiziellen Arbeitsmärkten konkretisiert. Eine vernünftige Zuwanderungspolitik muss dies in Rechnung stellen und darauf achten, dass die Zuwanderung in den Arbeitsmarkt und nicht in die Sozialsysteme erfolgt. Zu einer vernünftigen Zuwanderungspolitik gehört auch eine zukunftsweisende Integrationsstrategie. Die Integration kann sich nicht am Leitbild einer multikulturellen Parallelgesellschaft orientieren, sondern muss, bei aller Achtung vor der Unterschiedlichkeit kultureller Prägungen, die Notwendigkeit einer gemeinsamen Basis für das Zusammenleben in einer Gesellschaft betonen. Dazu gehört die Aneignung der deutschen Sprache als Grundvoraussetzung gesellschaftlicher Kommunikation. Integration ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nicht lediglich als Annex der Sozialpolitik verstanden werden kann. Globalisierung, Staat und Demokratie Aus den bisherigen Überlegungen wird deutlich dass der Rückzug des Staates nicht die Lösung, sondern das Problem in der globalisierten Welt ist. Die Antwort auf die Probleme der Globalisierung kann nicht der Markt, sondern nur der Staat geben. Historisch hat sich der Staat als Schutzinstanz für die Gewährung von Sicherheit und die Durchsetzung des Rechts entwickelt. Später sind die soziale Ausgleichsfunktion und die Schaffung eines Rahmens für gesellschaftliche Partizipation in politischen Entscheidungen hinzu gekommen. Es spricht nichts dafür dass diese vier Funktionen des Staates durch die Globalisierung obsolet geworden sind. Es spricht aber alles dafür, diese Funktionen des Staates in der Globalisierung zu stärken. Sozialpolitik im 21. Jahrhundert braucht den kategorialen Rahmen des Staates, sie geht aber auch darüber hinaus. Sozialpolitische Standards können nicht mehr ausschließlich national begründet werden, sondern müssen sich in der Kooperation von Staaten, aber auch in internationalen Institutionen und Organisationen als Hilfsmittel staatlicher Politik niederschlagen. Dies erfordert aber auch eine über die exekut ive Ebene hinausgehende Stärkung demokratischer Strukturen von Zurechenbarkeit und 14 Partizipation. Nicht der Weltstaat ist Leitbild dieser Entwicklung, denn diesem Weltstaat entspricht keine Gesellschaft. Wohl aber eine Staatenwelt, die offen ist für zivilgesellschaftliche Partizipation, sich orientiert an den Prinzipien der Menschenrechte, der Nachhaltigkeit, der Solidarität und Gerechtigkeit und durch eine Globalisierung der normativen Fundamente menschlichen Zusammenlebens die Globalisierung der Märkte einholt und einhegt. Gradmesser einer solchen Politik im globalen Maßstab ist die Zunahme der substantiellen Freiheiten der Menschen. 7 Dies bedeutet nicht nur die Beseitigung der Hauptursachen von Unfreiheit wie etwa Armut, Despotie, Intoleranz, fehlende öffentliche Infrastruktur und Verweigerung von Marktzugängen, sondern die Zunahme politischer, ökonomischer, sozialer und partizipativer Verwirklichungschancen. In diesem Sinn verstanden kann Globalisierung die Chance bedeuten, mehr Freiheit und Gerechtigke it verwirklichen zu können – nicht nur in der Bundesrepublik, sondern weltweit. Dazu bedarf es aber des Mutes, politisch zu gestalten und den Zumutungen einer Ideologie, die sich jenseits des Staates glaubt, entschlossen entgegen zu treten. 7 Vgl. Amartya Sen, Ökonomie für den Menschen. Wege zu Gerechtigkeit und Solidarität in der Marktswirtschaft. München: dtv 2002. 15