26. Sonntag - Mund-Hand-Werk

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26.Sonntag im Jahreskreis/C/Evangelium01
Liebe Mitchristen!
Dieses Gleichnis, das wir gerade im Evangelium gehört haben ist den meisten von uns bekannt. Schon in der Schule hörten wir die
Geschichte vom reichen Mann und dem armen Zachäus. Irgendwie gönnen wir es dem Lazarus, daß er nach dem schlimmen irdischen
Leben in das Himmelreich eingehen durfte, doch es ist erschreckend, daß der reiche Mann so automatisch in der Hölle schmoren muß.
Wenn wir uns die Geschichte noch einmal genau betrachten so fällt uns auf, in welchem Überfluß der Reiche lebte. Er war in Purpur und
feinen Leinengewand gekleidet. So werden die Gewänder der hohen Priester beschrieben. Jedes Gewand kostete mehrere hundert
Mark, eine riesige Summe zu einer Zeit, als ein Tagelöhner etwa eine Mark am Tage verdiente. Weiter heißt es , daß er jeden Tag
herrlich und in Freuden lebte.
In einem Land, in dem einfache Leute glücklich waren, wenn sie einmal in der Woche Fleisch zu essen hatten, wo die Menschen sechs
Tage in der Woche schwer arbeiten mußten, da verkörpert der Reiche ein Leben in völliger Genußsucht.
Lazarus dagegen wartete auf das, was vom Tisch des Reichen herunterfiel. Zur Zeit Jesu gab es weder Messer, noch Gabel, noch
Mundtücher. Man aß mit den Fingern, die man sich in sehr wohlhabenden Häusern an einem Stück Brot abwischte. Das Brot wurde
anschließend fortgeworfen. Der Reiche verkörpert also Überfluß und Verschwendung.
Bei der zweiten wichtigen Person dieses Evangeliums, bei Lazarus, fällt uns sofort etwas auf: er ist die einzige Person, die in diesem
Gleichnis mit Namen genannt wird. Man könnte den Namen Lazarus übersetzen mit "Gott ist meine Hilfe". Lazarus war ein mit eiternden
Wunden bedeckter Bettler. Ja er war sogar so hilflos, daß er nicht einmal die in den Straßen umher lungernden Hunde, unreine Tiere,
die ihn belästigten abwehren konnte. Lazarus stellt hier im Gegensatz zum Überfluß und Verschwendung die hilflose, elende Armut dar.
Das ist die Szene, die in dieser Welt spielt. Gleich darauf wird uns das nächste Bild vorge-führt: Dort findet Lazarus alle Herrlichkeit, der
Reiche jedoch leidet schreckliche Qualen in der Hölle.
Es stellt sich nun die Frage: Worin bestand eigentlich die Sünde des Reichen? Er hat doch nie wirklich etwas Böses getan. Nirgends
lesen wir, daß er Lazarus verjagt oder gar geschlagen hätte. Er hatte scheinbar auch nichts dagegen, daß Lazarus das Brot aß, das er
wegwarf. Der Reiche Mann war überhaupt nicht absichtlich gegen den Armen grausam. Seine Sünde bestand darin, daß er nicht einmal
Notiz von Lazarus genommen hatte, daß er die ganze Situation einfach so hingenommen hatte. Für ihn schien es das Normalste von der
Welt zu sein, daß Lazarus Hunger und Schmerzen ertrug, während er selbst im Überfluß schwelgte.
Jemand hat einmal gesagt: "Nicht, was der Reiche tat, brachte ihn in den Kerker der Hölle, sondern vielmehr das, was er unterlassen
hatte."
Der reiche Mann sündigte, weil er Not und Leid in der Welt sah, ohne darauf zu reagieren und zu helfen. Ihm widerfuhr die Strafe eines
Mannes, der von nichts Notiz nimmt.
Sind nicht gerade wir, die wir in den reichen Ländern leben, in die Rolle dieses Reichen ge-schlüpft? Verhalten sich nicht die meisten
Menschen hier in den Industrieländern so?
Unsere Welt ist nicht mehr so klein wie damals zur Zeit Jesu. Es gibt das Fernsehen, Zeitun-gen und viele andere Medien, die uns
Berichte aus der ganzen Welt liefern. Wir wissen und sehen die Not der 3. Und 4. Welt. Wir sehen das große Elend in anderen Ländern
und es läßt uns kalt. Wir tun nichts Böses, aber wir denken nur an uns selbst. Wir sind entsetzt über jede Preissteigerung von Kaffee,
Tee, Kakao und Schokolade ohne darüber nachzudenken, daß Menschen für einen Hungerlohn in den Plantagen arbeiten, damit wir
günstig einkaufen können. Wir kaufen ohne jedes schlechte Gewissen die schönsten Perserteppiche handgeknüpft zu den niedrigsten
Preisen, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, daß diese Produkte durch wochenlange Kinderarbeit in den armen Ländern
hergestellt wurden. Wir verschwenden wichtige Rohstoffe unserer Erde als hätten wir das Recht den nächsten Generationen ihre
Lebensgrundlage zu nehmen! Ausländer, Asylanten werden von uns vielleicht gerade noch geduldet, aber durchaus nicht akzeptiert und
in unser Leben mit eingebunden.
Jesus Christus will uns wachrütteln. Er zeigt uns durch dieses Gleichnis, daß wir den falschen Weg eingeschlagen haben. Ihm
nachzufolgen bedeutet nicht einen bequemen, leichten Weg zu gehen, sondern die Not und das Elend anderer zu sehen und versuchen
etwas daran zu ändern. Packen wir es an, denn es lohnt sich!
Amen
26.Sonntag im Jahreskreis/C/Evangelium, 1.Lesung
Liebe Mitchristen!
Was würden wir sagen, wie würden wir reagieren, wenn uns jemand mit folgenden Worten ansprechen würde:
Wehe euch, die ihr euch keinerlei Gedanken macht über die Welt und über eure Zukunft. Ihr liegt auf den besten Möbeln, nutzt jeden
weltwirtschaftlichen Vorteil schamlos aus und schlagt die Zeit tot. Zum Essen holt ihr euch die besten Gerichte und laßt die edelsten und
ausgefallensten Lebensmittel aus den fernsten Ländern einfliegen. Ihr laßt euch gerne bedienen, weil ihr Geld habt und andere dadurch
unterdrücken und beherrschen könnt. Ihr sorgt euch nicht um den Untergang der einen Welt und der reichen Länder. Ihr feiert euer Fest
der Reichen und Sorglosen weiter. Doch bald ist dieses Fest vorbei!
Gefallen würden uns diese Worte sicherlich nicht - ja wir wären wahrscheinlich empört darüber: Das, was wir uns leisten, haben wir
schließlich auch verdient. Von nichts kommt nichts und wer etwas leistet, der kann sich auch etwas leisten. So einfach ist das!
Schließlich können wir alle nichts dafür, daß wir in einem Land leben, das zu den reichen dieser Welt gehört.
Solche Reaktionen mag auch der Prophet Amos gehört haben als er - wie uns die heutige Lesung berichtet - vor gut 2500 Jahren
versuchte der reichen Oberschicht ins Gewissen zu reden.
Armut und Reichtum, dieser Gegensatz zieht sich durch die ganze Menschheitsgeschichte: Nie haben es die Menschen fertiggebracht
einen gerechten Ausgleich zu schaffen; nie kam dieses Thema zur Ruhe und heute ist es vielleicht so aktueller denn je zuvor. Die
modernen Kommunikationsmittel liefern uns die Armut der Welt sozusagen frei Haus und dabei stehen sich keineswegs Einzelpersonen
gegenüber: Ganze Völker stehen auf der einen, der reichen Seite und leben gut, ja im Überfluß. Vor ihren Grenzen aber darben und
hungern Millionen, vegetieren ganze Nationen in Elend und Armut.
Erste Welt und Dritte Welt sind zu einem geflügelten Wort geworden, die eine Situation kennzeichnen, die von Jesus in seiner
Beispielerzählung vom Reichen und dem armen Lazarus unüberbietbar trefflich beschrieben wurde. Wir wissen, wie der Reiche, was
sich vor unserer Haustür abspielt: Die Hungersnot in Somalia, der Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien, die unvorstellbare Armut in
den Slums der Riesenstädte Mittel- und Südamerikas, Asiens und Afrikas - all das ist uns nicht fern. Lazarus liegt also vor der Tür.
Viele berechtige Einwände lassen sich finden, wenn es darum geht die eigene Verantwortung möglichst weit weg zu schieben: die
politischen Strukturen, die wirtschaftlichen Zusammenhänge, die Erblasten einer verfehlten Kolonialherrschaft usw. Aber mißbrauchen
wir diese Einwände nicht auch ganz gerne, weil sie einfach praktisch sind?
Eine Hausfrau hat in diesem Zusammenhang einmal gesagt: Wenn du trotz Armut in der Welt ohne schlechtes Gewissen weiter im
Reichtum leben kannst, wenn du in einer Welt des Hasses und der Gewalt die Liebe außer acht läßt, wenn du in einer Welt der
Maschinen den Menschen nicht beachtest, dann bist du bald ein Roboter ohne Herz und Gefühl.
Liebe Mitchristen, sind wir nicht auf dem besten Weg derartige Roboter zu werden? Die Worte des Propheten Amos haben, wie die
Geschichte zeigt, keine Wirkung gezeigt; ebensowenig die Erzählung Jesu. Die Ursachen hierfür liegen wohl weniger darin, daß wir die
Zusammenhänge nicht richtig erkennen können, sie sind wohl eher begründet in der Tatsache, daß wir Gefangene unseres eigenen
Wohlstandes geworden sind. Wir bewachen ihn eifersüchtig und wollen nur noch immer mehr. Das ist unser Sinn für die Realität und
daran krank unser Begriff von Solidarität. "Menschen", so schreibt die Dichterin Marie v.Ebner-Eschenbach, "die nach immer größerem
Reichtum jagen, ohne sich jemals die Zeit zu gönnen, ihn zu genießen, sind wie Hungrige, die immerfort kochen, sich aber nie zu Tische
setzen."
Liebe Mitchristen, Worte helfen nichts, wenn ihnen nicht die Taten folgen. Grundlage unseres Handelns sind die Worte Jesu, das
Handeln aber müssen wir schon selbst übernehmen! Die biblische Botschaft von der Würde des Menschen, von der Forderung nach
Gerechtigkeit, von der eigenen Verantwortung, vom rechten Umgang mit den Gütern dieser Welt, vom Aufruf zur Solidarität mit den
Menschen - all das ist genug. Das gibt uns den Weg vor, den es zu gehen gilt, damit in unserer Welt ein wenig mehr Hoffnung,
Zuversicht und sozialer Gerechtigkeit geschaffen wird. Jesus hat sicherlich nicht vom Reichen und von Lazarus erzählt, um uns zu
entmutigen - vielmehr beinhalten seine Worte den eindringlichen Appell zum Handeln.
Es gibt nur eine Welt und es gibt nur eine Menschheit. Je mehr wir das verdrängen, desto mehr Probleme bekommen wir damit. Der
Zustrom der Asylbewerber zeigt das ganz deutlich! Wir aber haben Mose, die Propheten und die Botschaft Jesu Christi, wir haben das
Potential an geistigen Kräften und logischem Denken und - wir haben nicht zuletzt auch ein Herz, das angesichts des
darniederliegenden Lazarus nicht gleichgültig bleiben kann. Solidarisch in der einen Welt, solidarisch mit allen Menschen - nur so
können wir den Weg in die Zukunft gehen. Nur so können wir auf Dauer miteinander leben, miteinander teilen, miteinander die Güter
dieser Welt, die Gott allen zum Nutzen gegeben hat, so gebrauchen, daß wir alle davon profitieren.
Um es mit einem alten Werbespruch zu sagen: Es gibt viel zu tun - packen wirs an!
Amen
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