Anleitung zur Beurteilung des Pferdeheues Herausgegeben im Auftrage des Königl. Preuß. Kriegsministeriums Original erschienen im Verlag von Paul Parey in Berlin Berlin, den 29. Dezember 1888 Nachstehende Anleitung hat bei der Beurteilung des für die Armee bestimmten Pferdeheues zum Inhalt zu dienen. Kriegsministerium Militär-Oekonomie-Departement. 2 Vorwort Von den für den Beruf eines Proviant-Amts-Beamten unentbehrlichen Kenntnissen müssen besonders die naturwissenschaftlichen auf Anschauung gegründet sein. Um Gräser und Kräuter kennen und unterscheiden zu lernen, kann nichts mehr empfohlen werden, als diese Pflanzen dort, wo sie wachsen, aufzusuchen, sie eingehend zu betrachten, mit ähnlichen zu vergleichen und zu versuchen, aus ihren äußerlichen Merkmalen Art und Namen selbst ausfindig zu machen, dann die eingesammelten Pflanzen zu trocknen und nach Gattungen geordnet aufzubewahren. Zur Anlegung derartiger, hauptsächlich für Zwecke des Magazindienstes bestimmter Pflanzensammlungen soll durch die nachfolgende Darstellung ein Anhalt geboten werden. Es ist darin zur praktischen Anwendung der botanischen Kenntnisse bei der Bestimmung des Wertes der verschiedenen Heusorten auch eine Einteilung der Wiesenpflanzen nach ihrem Futterwert und zugleich ein Hinweis auf diejenigen äußeren Verhältnisse und Merkmale enthalten, welche neben der Zusammensetzung des Heus dessen Güte beeinflussen und erkennen lassen. Die Anleitung ist hauptsächlich für Zwecke des praktischen Bedürfnisses bestimmt, hat daher von einer erschöpfenden Abhandlung des Gegenstandes auch nach der botanischen Seite hin abgesehen. Gräser und Kräuter, welche für die Beurteilung von Heu keine Bedeutung haben, sind nicht aufgenommen worden. Von den weniger oder selten in größerer Menge vorkommenden Pflanzen sind nur diejenigen erwähnt, welche wegen ihrer Schädlichkeit besondere Beachtung verdienen. Zum Zwecke wissenschaftlich eingehenderer Beschäftigung mit der Naturgeschichte der Pflanzen und der Charakteristik der Futtermittel können die dieser Anleitung hauptsächlich zu Grunde gelegten Schriften empfohlen werden und zwar: Jessen, Deutschlands Gräser- und Getreidearten Langethal, Handbuch der landwirtschaftlichen Pflanzenkunde Leunis, Synopsis der Pflanzenkunde. Spezielle Botanik Potonie, Illustrierte Flora von Nord- und Mittel-Deutschland Garcke, Flora von Deutschland Wünsche, Schulflora von Deutschland Stebler und Schroeter, Die besten Futterpflanzen F. Burgtorf, Wiesen- und Weidenbau E. Wolff, Landwirtschaftliche Fütterungslehre L. Wittmack, Gras- und Kleesamen Diesen sind ferner anzureihen: J. Lehrke, Mischung und Aussaat der Grassämereien. Breslau 1888 W. Strecker, Erkennen und Bestimmen der Wiesengräser. Berlin 1888 3 Anleitung Das erste und wesentlichste Erfordernis zur Beurteilung von Heu ist die genaue Kenntnis seiner Bestandteile, der Wiesengräser und Wiesenkräuter. Die Gräser und grasartigen Gewächse zerfallen in drei Pflanzenfamilien: 1. die echten oder Süßgräser, botanisch gewöhnlich nur Gräser – Gramineae genannt, 2. die Halb- oder Sauergräser, Ried- oder Scheingräser, botanisch Cypergräser – Cyperaceae, 3. die Binsengewächse – Juncaceae. Die echten Gräser oder Süßgräser bilden eine der größten, am meisten verbreiteten und wichtigsten Pflanzenfamilie, zu welcher auch die Getreidearten gehören. Der Dauer nach unterscheidet man ein,- zwei- und mehrjährige Gräser, letztere auch ausdauernde oder perennirende genannt. Die ein- und zweijährigen Gräser pflanzen sich nur durch Samen fort, die ausdauernden durch Samen und Wurzelsprossen. Die einjährigen Gräser treiben am unteren Ende des Halmes, dicht über der Erde, einige kurze beblätterte Seitentriebe, welche in demselben Jahre noch in die Höhe schossen, sobald der Hauptstengel seine Höhe erreicht hat, oder wenigstens vorausgeschosst ist. Diese Seitentriebe treten dann teils gleichzeitig, teils später ebenfalls in Blüte. Deshalb sehen wir auch einjährige Gräser oft zweimal in Blüte treten. Bei den ausdauernden Gräsern liegt der untere Teil des Stammes unter der Erdoberfläche. Auch bei diesen entwickeln sich Seitentriebe, welche aber erst im folgenden Jahre schossen. Je nachdem die Seitentriebe entweder sich sofort nach oben wenden, alle oberirdischen Teile der Pflanze also dicht nebeneinander stehen, einen Horst bildend, oder zuerst unter oder an der Erde hin eine Strecke weit verlaufen, um sich dann erst aufwärts zu wenden, die oberirdischen Teile der Pflanze also von einander entfernt sind, unterscheidet man horstbildende und ausläufertreibende Gräser. Endlich werden noch, je nach der Benarbung in den Wiesen, Obergräser und Boden- oder Untergräser unterschieden. Obergräser werden alle Gräser genannt, welche mehr Halme als Blätter und Blätterbüschel aus dem Erdstamm treiben, und Untergräser solche Arten, bei denen letztere überwiegen. Die echten Gräser (Süßgräser haben in der Regel hohle, runde, niemals dreikantige Halme, mit vorstehenden Knoten. An diesen Knoten entspringen abwechselnd an zwei gegenüber liegenden Seiten des Halmes die Blätter der Gräser (zweizeilige, wechselständige Blätter). Der untere Teil des Blattes bildet eine den Halm umfassende Scheide, die in der Regel durch einen bis auf den Knoten herabgehenden Längsschlitz geöffnet, bei einigen Arten aber völlig geschlossen ist. Am Ende der Scheide, wo das Blatt den Halm verlässt, befindet sich an der Innenseite der Blattfläche ein häutiges Anhängsel, das Blatthäutchen, dessen Form zur Unterscheidung der Gräserarten von Bedeutung ist. Mit vollkommener Sicherheit sind, wie alle Pflanzen, auch die Gräser nur durch die eigentümliche Anordnung ihrer Blütenteile zu unterscheiden. Die eigentlichen Blütenteile der Gräser – Stempel, Staubfäden und Blumenblätter – sind jedoch so klein und bei vielen Arten so gleichförmig gebildet, dass die Unterscheidungsmerkmale ohne Benutzung einer Lupe schwer aufzufinden sind. Leichter bemerkbar sind die Unterschiede an den meist größeren Hüllblättern oder Klappen und an den Spelzen, welche die Blumen aller Gräser umhüllen, namentlich das Vorhandensein oder Fehlen, die Form und Stellung der Grannen. Die Blüten der Gräser sind in der Regel zu Ährchen vereinigt, manche Gräser tragen in einem solchen Ährchen nur eine Blüte, andere zwei oder mehrere. Hiernach untescheidet man einblütige, zweiblütige und mehrblütige Ährchen. Die Anordnung der Ährchen zu zusammengesetzten Blütenständen bildet das Hauptmerkmal, nach welchem man die Gräser zum leichteren Erkennen zunächst in größere Gruppen einteilt. Wenn unmittelbar an einem gemeinschaftlichen Hauptstiel hinauf mehrere Ährchen ohne merklichen Stiel aufsitzen, so nennt man den Blütenstand eine Ähre; wenn dagegen die Ährchen mit Stielen auf Ästen des Halmes stehen, so heißt der Blütenstand eine Rispe. Sind die Verästelungen so kurz, dass die Ährchen dicht an dem Halme zu stehen scheinen, so nennt man diese Form eine ährenförmige Rispe oder Scheinähre. Nach den augenfälligsten der vorerwähnten, ohne Hilfe eines Vergrößerungsglases aufzufindenden Kennzeichen sind die gewöhnlichsten Wiesen- und Weidegräser für das praktische Bedürfnis in folgende Gruppen zu unterteilen: 4 I. Ährengräser Die Blüten dicht an dem Halme in eine astlose Ähre oder Scheinähre gestellt. a. Ähre zylindrisch, den Halm ringsum gleichförmig umgebend (Scheinähre). 1. Gelbes Ruchgras, Anthoxanthum odoratum 2. Wiesen-Lieschgras, Timotheegras, Phleum pratense 3. Wiesen-Fuchsschwanz, Alopecurus pratensis 4. Geknieter Fuchsschwanz, A. geniculatus 5. Rotgelber Fuchsschwanz, A. fulvus b. Ähre drei Seiten des Halmes umgebend, so dass die vierte Seite nackt bleibt (Scheinähre). 6. Kammgras, Cynosurus cristatus. c. Ähre zwei miteinander gegenüberstehende Seiten des Halmes mit abwechselnd stehenden Ährchen bekleidend, die beiden anderen nackt. 7. Englisches Raygras, Lolium perenne 8. Italienisches Raygras, L. italicum 9. Quecke, Triticum repens 10. Sandzwenke, Brachypodium pinnatum d. Ährchen nur an einer Seite des Halmes, die anderen drei Seiten nackt. 11. Borstengras, Nardus stricta II. Rispengräser Alle Ährchen gestielt, Rispen bildend. a. Wurzelblätter borstenförmig-rundlich oder schmal zusammengefalzt. 12. Draht-Schmiele oder Schmele, Aira flexuosa 13. Roter Schafschwingel, Festuca rubra 14. Echter Schafschwingel, F. ovina 15. Wechselblättriger Schafschwingel, F. heterophylla 16. Silbergras, Corynephorus canescens b. Blätter alle flach, schmal oder breit. Ährchen mit 1 oder mehr hervorragenden Grannen) 17. Weiche Trespe, Bromus mollis 18. Trauben-Trespe, B. racemosus 19. Kriechendes Honiggras, Holcus mollis 20. Behaartes Hafergras, Avena pubescens 21. Wiesen-Hafer, A. pratensis 22. Französisches Raygras, A. elatior 23. Gold-Hafergras, A. flavescens Ährchen unbegrannt, Äste unten zu 1 bis 3 im Quirl) 24. Zittergras, Briza media 25. Dreizahngras, Trimodia decumbens 26. Wolliges Honiggras, Holcus lanatus 27. Knaulgras, Daktylis glomerata 28. Wiesen-Schwingel, Festuca pratensis 29. Rohr-Schwingel, F. arundinacea Ährchen unbegrannt oder sehr kurz begrannt, Äste unten zu 4 und mehr Nr. 38 und 39 haben kurze Grannen, bisweilen auch Nr. 36 und 37) 30. Sommer-Rispengras, Poa annua 31. Platthalm-Rispengras, P. compressa 32. Spätes Rispengras, P. serotina im Quirl. 5 33. Hain-Rispengras, P. nemoralis 34. Rauhes Rispengras, P. trivialis 35. Wiesen-Rispengras, P. pratensis 36. Fiorin-Gras, Agrostis alba 37. Gemeines Straußgras, A. vulgaris 38. Hunds-Straußgras, A. canina 39. Glanz-Schmiele oder Schmele, Aira caespitosa 40. Salz-Schwaden, Glyceria distans 41. Quell-Schwaden, Catabrosa aquatica c. Blätter meist breit, Halm meist steif (Schilfgräser). Halm steif, gerade oder etwas schief aufrecht, 1-2m und höher. Die Halme und halmähnlichen, am Grunde blattlosen Triebe stehen einzeln und bilden einen lockeren, gleichmäßig hohen Bestand. Einen geschlossenen Rasen bilden sie nicht, mitunter aber einen Horst. (z.B. Nr. 46) Das oberste Blatt dicht unter der Blütenrispe stehend. 42. Gemeines Dachrohr, Phragmites communis 43. Mielitz-Schwaden, Glyceria spectabilis 44. Manna-Schwaden, G. fluitans (kann auch zu b gerechnet werden) Das oberste Blatt weit unter der Rispe stehend. 45. Glanzrohr, Baldingera arundinacea 46. Blauer Schindermann, Molinia coerulea 47. Gemeines Landrohr, Calamagrostis lanceolata 48. Hügel-Landrohr, C. epigeios Von den Kennzeichen zur Unterscheidung der Gräserarten, welche auch im blütenlosen Zustande der Gräser sichtbar sind, haben folgende wesentliche Bedeutung: 1. Die Blattlage Wenn die jüngeren Blätter im Triebe einfach längs der Mittelrippe zusammengelegt sind (zusammengeklappt wie ein Buch), und je das ältere Blatt das nächstfolgende jüngere zwischen die Schenkel des Winkels nimmt, den die beiden Blatthälften miteinander bilden, so nennt man das Blatt gefalzt oder gefaltet. Wenn dagegen das Blatt in sich der Länge nach um sich selbst gerollt ist, die beiden Blattränder übereinander greifen und das ältere Blatt das jüngere tutenförmig umgibt, so heißt das Blatt gerollt. Diese Verschiedenheiten sind am leichtesten an den Spitzen der jungen Blätter oder an dem Querschnitt durch den Trieb zu erkennen. Die meisten Gräser haben die jüngeren Blätter im Triebe gerollt. Gefalzt sind sie nur bei Agrostis canina – Hunds-Straußgras Aira – Schmiele (alle Arten) Avena pratensis – Wiesen-Hafer Avena pubenscens – Behaartes Hafergras Bromus erectus – Aufrechte Trespe Cynosurus cristatus – Gemeines Kammgras Dactylis glomerata – Gemeines Knaulgras Festuca ovina – Schafschwingel Glyceria – Schwaden (alle Arten) Lolium perenne – Englisches Raygras Nardus stricta – Steifes Borstengras Poa – Rispengras (alle Arten) Triodia decumbens – Liegender Dreizahn 2. Das Blatthäutchen Das Blatthäutchen ist bei den meisten Gräsern kurz. Lang und sehr deutlich (meist länger als breit) ist es nur bei Agrostis alba – Fioringras 6 Agrostis canina - Hunds-Straußgras Aira – Schmiele (alle Arten) Avena pratensis – Wiesen-Hafer Avena pubenscens – Behaartes Hafergras Brachypodium – Zwenke (alle Arten) Calamagrostis – Landrohr (alle Arten außer C. arundinacea) Dactylis glomerata – Gemeines Knaulgras Glyceria spectabilis – Mielitzgras Glyceria fluitans – Schwadengras Milium effusum – Flattergras Phalaris arundinacea – Havel-Mielitz Phleum pratense – Wiesen-Lieschgras Poa trivialis – Gemeines Rispengras Poa serotina oder fertilis – Spätes Rispengras Poa annua – Jähriges oder Sommer-Rispengras Bei Glyceria spectabilis – Mielitzgras endigt das Blatthäutchen in eine lange häutige Spitze (Unterschied von den ähnlichen Phalaris arundinacea – Havel-Mielitz), bei Melica – Perlgras zeigt es dem Blatt gegenüber eine häutige Granne. 3. Die Blattscheiden Die Blattscheide der jüngeren Blätter bietet eines der besten Kennzeichen. Bei den meisten echten oder süßen Gräsern ist sie offen, d.h. geschlitzt, bei den sauren dagegen geschlossen. Indes haben auch folgende Süßgräser ganz oder bis zur Mitte geschlossene Blattscheiden. Avena pubenscens – Behaartes Hafergras Briza media – Gemeines Zittergras Bromus – Trespe (alle Arten) Dactylis glomerata – Gemeines Knaulgras Glyceria – Schwaden (alle Arten) Lolium italica – Italienisches Raygras Lolium perenne – Englisches Raygras Melica – Perlgras (alle Arten) Catabrosa aquatica – Quell-Schwaden Sesleria coerulea, ein bläulcihes Gras auf Kalkboden Auch die Behaarung der Blattscheiden kann in einigen Fälen gute Merkmale abgeben. Sie findet sich in Form filziger oder zottiger Haare bei Avena flavescens – Goldhafer Avena pubenscens – Behaartes Hafergras Brachypodium – Zwenke (alle Arten) Bromus mollis – Weiche Trespe Bromus racemosus – Traubige Trespe Bromus squarrosus – Sparrige Trespe Holcus lanatus – Wolliges Honiggras Koeleria cristata Melica ciliata – Bewimpertes Perlgras Meistens sind dann auch die Blätter behaart. Nach dem Futterwert werden die meisten Gräser gewöhnlich eingeteilt in vorzügliche, gute und geringe. In der folgenden Übersicht sind zugleich die wesentlichsten Kennzeichen und unterscheidenden Merkmale der einzelnen Gräser, ihre Blütezeit, Dauer, sowie ihre Standorte mit angegeben. 7 Erklärung der Abkürzung von Autorennamen: A. Br. Bernh. D. C. Desr. Ehrh. Fl. W Fr. Grcke Good. Hoppe Host Huds. Kth. Lmk Lk. L. M. u. K. Mnch Murr. P. B. = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = Alexander Braun Bernhardi de Candolle Desrouffeaur Ehrhardt Flora der Wetterau Fries Garcke Goodenough Hoppe Host Hudson Kunth Lamarck Link Carl von Linne Mertens und Koch Mönch Murray Pallisot de Beauvois Pers. Poir. Presl Rchb. Retz. R. Br. R. u. S. Rth. Schreb. Scop. Schk. Sm. Trin. Tul. Vill. Wahlbg Wahlnbg. Wallr. Web. With. = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = Persoon Poiret Presl Ludwig Reichenbach Retzius Robert Brown Römer und Schultes Roth von Schreber Scopoli Schkuhr Smith Trinius Tulasne Villars Wahlberg Wahlenberg Wallroth Weber Withering (Tabelle 1 Grasarten hier einfügen) 8 Der letzten Abteilung sind die nun folgenden Halb- oder Sauergräser – Cyperaceen – wegen ihrer meist rauen, scharfen und schneidigen Blätter und Halme, die das sogenannte saure Heu liefern, und ebenso die Binsengewächse – Juncaceen – wegen ihrer Härte und Zähigkeit sämtlich als schlechte Futterpflanzen beizuzählen 1. Die Halb- oder Sauergräser, Ried- oder Scheingräser – botanisch Cyperaceae – sind grasartige Pflanzen mit einzelnen Ährchen oder in Ähren, Trauben, Köpfchen, Rispen oder Spirren stehenden Ährchen von grüner oder bräunlicher Farbe. Von den echten Gräsern sind sie unterschieden durch die nicht längs gespaltenen, stets geschlossenen Blattscheiden, sowie durch den innwendig nie hohlen, sondern mit zelligem Marke angefüllten, meist knotenlosen, dreikantigen Halm und besonders durch die Ährchen ohne Vorspelzen (jede Blüte nur hinter einer Deckspelze). Die besondere Blütenhülle (Perigon) fehlt entweder oder wird gebildet aus einigen Borsten, Haaren oder kleinen Schuppen. Die Cyperaceen wachsen vorzugsweise auf feuchtem Boden (sogenannten sauren Wiesen), wo sie gegen die Süßgräser vorherrschen; auch in den höheren Gebirgsgegenden sind sie häüfig. Für praktische Zwecke genügt es, zwei Unterabteilungen der Cyperaceen zu unterscheiden, und zwar: a. die Riedgrasarten oder Seggen, botanisch Carices, b. die Simsengewächse, botanisch Scirpeae. Von der Pflanzengattung Segge (Carex) kommen in Deutschland nahezu 100 Arten vor. Die meisten bilden den Hauptbestand des Graswuchses auf nassen Wiesen, mehrere Arten sind Waldpflanzen, einige wachsen nur auf Sandboden. Viele der einzelnen Arten sind schwierig und nur durch die Beschaffenheit der Frucht von einander zu unterscheiden. Hauptmerkmale der Seggen sind eingeschlechtige Blüten, ohne Perigon, in Ährchen, deren Spelzen (Deckblättchen) allseitig dachziegelartig aufeinander liegen; knotenlose, meist dreikantige und scharfrandige, aber nicht hohle Halme, am Grunde mit röhrigen, ganzen oder netzartig durchbrochenen Blattscheiden, Blätter ohne Blatthäutchen. Man unterscheidet: a. Einjährige Seggen, das sind solche mit einem einzigen endständigen Ährchen; alle Arten derselben kommen nur zerstreut oder selten vor. b. Gleichährige Seggen, das sind solche mit mehreren Ährchen, alle oder doch der größte Teil derselben männliche und weibliche Blüten enthaltend, welche fast gleichgestaltet eine oft unterbrochene Ähre , seltener eine Rispe oder ein Köpfchen bildend. Die häufigsten Arten hiervon sind: Carex disticha Huds. (C. intermedia Good.), zweizeilige Segge (Bild 52) C. vulpina L., Fuchs-Segge (Bild 53) C. stellulata Good. (C. echinata Murr.), Sternförmige Segge (Bild 54) C. leporina L., Hafen-Segge (Bild 55) C. canescens L., Weißgraue Segge (Bild 56) auf nassen Wiesen und C. muricata L., Weichstachelige Segge (Bild 57) auf trockenem Boden. c. Verschiedenartige Seggen, das sind solche mit Ährchen getrennten Geschlechts, das entständige oder die obersten männlich, die übrigen weiblich, selten das entständige auch an der Spitze weiblich. Die häufigsten Arten hiervon sind: C. acuta L., Scharfe Segge (Bild 58) C. vulgaris Fries. (C. Goodenoughii Gay.), Wiesen-Segge (Bild 59) C. pallescens L., Blasse Segge (Bild 60) C. vesicaria L., Blasen-Segge (Bild 61) C. panicea L., Hirse-Segge (Bild 62) C. acuformis Ehrh. (C. paludosa Goodenoughii), Sumpf-Segge (Bild 63) auf nassem Boden und C. pilulifera L., Pillentragende Segge (Bild 64) auf trockenem Boden. Die geringe Nährkraft des sauren Heus ist nach vielseitiger, praktischer Erfahrung als feststehend zu erachten, obwohl dies durch chemische Analyse nicht nachzuweisen ist. 1 9 Die Simsengräser (Scirpeen) wachsen sämtlich nur auf sumpfigen Wiesen oder anderen feuchten Stellen. Sie haben sämtlich zweigeschlechtliche Blüten (Zwitterblüten) in mehrblütigen, zweireihigen oder meist dachziegeligen Ährchen; an Stelle des fehlenden Perigons sind meistens Borsten vorhanden. Die am häufigsten vorkommenden Scirpeen sind: die Teichbinse, Scirpus lacustris L. (Bild 65) die Sumpfbinse, Heleocharis palustris R. Br. (Scirpus palustris L.) (Bild 66) das schmalblättrige Wollgras, Eriophorum polystachyum L. (Eriophorum angustifolium Rth.) (Bild 67) das breitblättrige Wollgras, Eriophorum latifolium Hoppe (Bild 68) Die übrigen Arten, von denen die Cypergrasarten wegen ihrer zweizeiligen Blütendeckblätter eine besondere Gattung (Cyperus) bilden, kommen seltener oder nur stellenweise häufiger vor. Bie Pflanzenfamilie der Binsengewächse, botanisch Juncaceae, unfaßt die beiden Gattungen Juncus, Binse und Luzula D. C., Haimbinse oder Marbel. Die Juncaceen sind grasähnliche Kräuter, welche knotenlose, beblätterte oder blattlose, teils blühende, teils blütenlose Halme mit seiten- oder endständigen Trugdolden oder Köpfchen trieben, am Grunde von blattlosen Scheiden umgeben. Die Blätter der Juncus-Arten sind meist stielrund und kahl; die Blätter der Luzula-Arten sind grasartig, flach, meist weiß behaart und dadurch leicht von den ersteren zu unterscheiden. Die Juncaceen sind sämtlich auf sumpfigen Wiesen in größter Geselligkeit mit den Sauergräsern anzutreffen. Die häufigsten Arten sind: Juncus conglomeratus L., Geknäulte Binse (Bild 69) J. effusus L., Flatterbinse (Bild 70) J. articulatus L., (J. lamprocarpus Ehrh.), Gegliederte oder glanzfrüchtige Binse (Bild 71) J. bufonius L., Kröten-Binse (Bild 72) Luzula camprestris D.C., Feld-Hainbinse oder Feld-Marbel (Bild 73) Die Futterkräuter Für die Wertbestimmung des Heues ist die in demselben befindliche Menge guter oder schlechter Futterkräuter sehr wichtig. Von den guten Kräutern sind in erster Reihe wildwachsende, schmetterlingsblütige Pflanzen (Papilionaceae), Hülsenfrüchtler oder Leguminosen zu beachten, deren allgemeine Merkmale hier folgen: Sie haben entweder zu die stehende – dreizählige – Blätter wie Klee, Luzerne, Kornklee, Steinklee, oder auf beiden Seiten des Blattstieles mehrere Blättchen engefügt: gefiederte Blätter, und zwar unpaarig-gefiedert, wenn ein Endblättchen an der Spitze des Blattstieles vorhanden ist – wie bei Esparsette, Tragant, Wundklee – oder paarig gefiedert, ohne dieses Endblättchen, wie bei den Wicken und der Platterbse. Im letzteren Falle endigt der Blattstiel in eine Ranke oder Stachelspitze. Am Grunde des Blattstieles stehen stets zwei blattartige Anhängsel, bald mehr, bald weniger an den Stiel angewachsen, - die Rebenblätter. Der Blütenstand ist meist ein mehr oder weniger dichtes, rundes oder längliches Köpfchen – wie bei Klee, Luzerne – oder eine Traube – wie bei Esparsette, Steinklee. Er ist stets seitenständig (mitunter zwar scheinbar entständig), indem er dem Winkel eines Blattes entspringt. Die einzelne Blüte ist stes vollständig (aus Kelch, Krone, Staubgewächsen und Stempel zusammengesetzt). Die Blumenkrone ist unregelmäßig und besteht aus 5 Kronblättern, von denen das obere und größte die Fahne, die zwei seitlichen die Flügel und die zwei unteren meist kahnförmig verwachsenen das Schiffchen bilden. Die Früchte sind Hülsen (nicht Schoten), entweder kurz, oft 1- oder 2samig oder länger und vielsamig. Nächst den Schmetterlingsblütlern gehört eine Anzahl Doldengewächse, auch Schirmpflanzen, botanisch Umbelliferae, zu den bemerkenswerten Wiesenkräutern. Mehrere derselben sind zu den besten Futterpflanzen zu zählen (gemeiner Wiesenkümmel, große und Stein-Bibernell, gemeine Pastinake), andere zu den minder guten Kräutern 10 (unechte Bärenklau, Pferdekümmel) und einige gehören zu den schädlichsten Pflanzen (Wasser-Schierling, Taumel-Kerbel, röhrige Rebendolde u.a.). Diese Pflanzenfamilie ist leicht kenntlich an dem eigentümlichen Blütenstande. Der Hauptblütenstiel teilt sich an seiner Spitze strahlenförmig in mehrere Zweige, deren jeder sich meist an seiner Spitze wieder ebenso strahlenförmig in mehrere einfache Blütenstielchen teilt, welche an ihrer Spitze ein 5blättiges Blümchen tragen. Die Blüten liegen in ihrer Gesamtheit in einer flachen oder etwas gewölbten Ebene und bilden einen Schirm (zusammengesetzte Dolde). Bemerkenswert ist, dass die Doldenpflanzen im Baue, in der Form der Blätter und selbst in der Farbe der Blüten (meist weiß) einander sehr ähnlich sind. Von den sonst noch beachtenswerten Wiesenkräutern gehören mehrere zu der Familie der Kopfblütler, botanisch Compositae. Bei diesen sind mehrere oder viele kleine Blüten zu runden oder länglichen Köpfchen vereinigt und von einer gemeinschaftlichen Hülle von Deckblättern umgeben (Schafgarbe, Flockenblume, Wiesenbocksbart, Grundveste, Löwenzahn, Habichtskraut, Kratzdistel). Der Rest gehört in vereinzelten Exemplaren anderen Pflanzenfamilien an, deren wesentlichste Kennzeichen in der nachfolgenden Übersicht der nach dem Futterwert geordneten Wiesenkräuter angegeben sind. 11 (Tabelle 2 Kräuterarten hier einfügen) 12 Wertbestimmung des Heues Der Wert des Heues ist hauptsächlich abhängig von den Arten und dem Alter der Pflanzen, aus denen es besteht, ferner von der Art der Ernte und namentlich der Ernte-Witterung, sowie von der Art der Einbringung und der Aufbewahrung. Der Wert der einzelnen Pflanzen wird bedingt durch ihren Gehalt an verdaulichen Nährstoffen, außerdem von der Futtermenge, welche sie liefern. Der Nährstoffgehalt einer größeren Anzahl von Futterpflanzen ist nun zwar durch chemische Untersuchungen festgestellt worden. Von der größeren Mehrzahl der Futtergräser im Einzelnen aber sind bis jetzt die Verdaulichkeits-Verhältnisse überhaupt noch nicht ermittelt worden. Dann haben auch die Analysen einer Grasart durch verschiedene Chemiker zu sehr von einander abweichenden Ergebnissen geführt; denn es ist hierbei und durch Fütterungsversuche erwiesen worden, dass der Nährwert derselben Pflanzenart auf verschiedenen Bodenarten ein verschiedener ist, dass er ebenso in verschiedenen Jahrgängen wechselt, und auch ein verschiedener ist, je nachdem die Pflanzenart früher oder später gemäht, bei günstigem oder ungünstigem Wetter getrocknet und längere oder kürzere Zeit aufbewahrt worden ist. Aus diesen Ursachen muss von der Aufstellung stufenweise nach dem Futterwert geordneter Reihenfolgen der Gräser und Kräuter noch abgesehen werden. Für das praktische Bedürfnis wird es ausreichen, die Gräser und Kräuter, wie vorstehend geschehen, in drei Klassen einzuteilen, und zwar in 1. vorzügliche und gute, oder Gräser und Kräuter erster Güte, 2. ziemlich gute und unschädliche, oder Gräser und Kräuter zweiter Güte, 3. wertlose und schädliche. Ermittlung des Menge-Verhältnisses der Heu-Bestandteile Zur Wertbestimmung des Heues wird man zunächst ermitteln müssen, ob dasselbe vorwiegend aus Süßgräsern erster oder zweiter Güte besteht oder mit Sauergräsern bzw. in welchen ungefähren Verhältnissen gemischt ist; ferner ob darin bessere Futterkräuter, namentlich Leguminosen und gute Gewürzkräuter in mehr oder minder großer Anzahl vorhanden, oder ob und in welcher Menge wertlose oder gar schädliche Pflanzen darin enthalten sind. Je nach dem ungefähren Menge-Verhältnis der besseren Futterpflanzen zu den geringwertigen und nach dem Vorhandensein oder Fehlen wertloser, den Tieren widerlicher oder schädlicher Pflanzen würde man den Wert des Heues als solches bester Sorte, guter bis ziemlich guter, mittelmäßiger, geringer, oder schlechter Sorte abschätzen können. 2 Berücksichtigung des rechtzeitigen oder verspäteten Schnittes Es ist dabei aber zu beachten, dass die Einteilung in die erwähnten Klassen sich nur auf Pflanzen bezieht, die unter normalen Verhältnissen gewachsen und geerntet worden sind. Das zu richtiger Zeit (wenn die meisten Gräser zu blühen beginnen) geschnittene Heu besitzt mehr Nährkraft als das gegen Ende der Blüte geschnittene. Nach dem Abblühen der Gräser gemähtes Heu wird als „überständiges“ bezeichnet. Dasselbe hat ein mehr blasses, selbst bräunliches Aussehen. (Die Blüten sind oft abgefallen oder die Spelzen leer.) In Folge der Verholzung der Pflanzen verliert es sowohl an dem früheren Nährwert, wie an 2 Eine nähere Anleitung zur Abschätzung des Heues nach einer Wertreihe von fünf Klassen ist in Langethal´s Handbuch der landwirtschaftlichen Pflanzenkunde I Seite 185 enthalten. 13 der Verdaulichkeit. Den Verlust an Nährstoffen vom Beginn der Blüte bis zur vollständigen Samenbildung hat man auf durchschnittlich 20 Prozent der Gesamternte berechnet. Nach Verhältnis des zu späten Mähens, welches nach der Farbe des Heues und nach dem Grade der Verholzung der Stängel zu beurteilen ist, wird überständiges Heu entsprechend geringwertiger abzuschätzen sein, als dieses nach seinen Bestandteilen bei rechtzeitigem Schnitt der Fall gewesen wäre. Der Einfluss der Ernte-Witterung Dann ist bei der Schätzung des Heuwertes zu berücksichtigen, ob dasselbe bei günstigem oder bei ungünstigem Wetter getrocknet worden ist. Bei jedem Beregnen des Heues findet ein Verlust an allen Nährstoffbestandteilen statt. Durch wissenschaftliche Untersuchungen ist jedoch ermittelt worden, dass hierbei die eigentlichen Nährstoffe zunächst besser erhalten bleiben, als die Holzfaser. Deshalb hat bei Heu, welches nur in verhältnismäßig geringem Maße beregnet war und dann wieder getrocknet worden ist, eine verhältnismäßig günstigere chemische Zusammensetzung festgestellt werden können, als bei Heu, welches ohne Regen schnell getrocknet ist. Hierdurch erklärt sich die häufige Beobachtung im landwirtschaftlichen Betriebe, dass vorübergehend beregnetes und wieder gut getrocknetes Heu vom Vieh lieber gefressen wird, als das ohne allen Regen eingekommene Heu. Wenn das Heu aber bei anhaltendem Regen längere Zeit durchnässt gelegen hat, oder wiederholt und stark beregnet wurde, so wird es stets minderwertig. Es verliert dann wesentlich sowohl an Schmackhaftigkeit wie an Nährkraft, und zwar das Heu von kleeartigen Pflanzen und das mit vielen Wiesenkräutern durchsetzte Heu in höherem Grade, als das vorzugsweise aus Gräsern bestehende. Das Futter wird umso schlechter und schädlicher, wenn es in Gärung übergeht, durch Einwirkung der Nässe verschlämmt wird, sich mit Schimmelpilzen überzieht und schließlich ganz verdirbt.3 Je nach dem Grade, in welchem das heu vom regen getroffen wurde, verliert es die frische natürliche Farbe und den kräftigen Pflanzengeruch. Es nimmt eine immer blassere, zuletzt mehr gelbliche Färbung an. Durch eine zu starke Austrocknung des Heues bei brennender Sonnenhitze wird die Güte des Futters ebenfalls vermindert. Sprödigkeit und Zerbrechlichkeit der Halme und Blätter kennzeichnen derartiges Heu. Die Art und Dauer der Aufbewahrung Die Art und die längere oder kürzere Dauer der Aufbewahrung ist ebenfalls von Einfluss auf die Güte des Heues. Alles zur Aufbewahrung in Raufutter-Magazinen bestimmte oder im Freien in Schobern (Mieten) zu lagernde Heu muss gut getrocknet eingebracht, dann gleichmäßig ausgebreitet und fest zusammengetreten, demnächst vor Nässe, namentlich auch vor feuchten Wänden und bei Unterbringung auf Böden über Stallungen auch vor den Vieh-Ausdünstungen möglichst geschützt werden. Zur Aufbewahrung geeignet oder lufttrocken ist das Heu, wenn der Wassergehalt des Grünfutters, welcher 70 bis 75 Prozent beträgt, auf 14 bis 16 Prozent vermindert worden ist.4 Das lufttrockene Heu hat in der Scheune oder im Schober noch eine Gärung durchzumachen, wodurch sein Wassergehalt noch etwas vermindert wird und die sonstigen Pflanzenstoffe sich chemisch etwas verändern. Die Natur dieser Umbildungen ist noch nicht genügend aufgeklärt. In der Praxis nennt man gewöhnlich diese mit einer mäßigen Erwärmung verbundene Gärung, die sich auch durch einen stärker auftretenden Geruch bemerkbar macht, das Schwitzen des Heues, weil sich das Heu in dieser Zeit etwas feucht anfühlt. 3 Auf Wiesen, welche kurze Zeit vor dem Abmähen der Überschwemmung ausgesetzt gewesen sind, leidet das Heu bisweilen ebenfalls durch Verschlämmung. Solches Heu ist den Pferden schädlich. Durch die den Pflanzen anhaftenden getrockneten Schlammteile ist es leicht zu erkennen. 4 Für ein Merkmal hinlänglicher Trockenheit gilt es, wenn sich beim festen Zusammentreten eines Büschels Heu keine Feuchtigkeit mehr zeigt. 14 Ein nicht hinreichend trocken in Scheunen oder Schobern aufgestapeltes Heu kann sich bis zur Selbstentzündung erhitzen, verliert die frische Farbe und den Geruch oder schimmelt und fault. Gut gewordenes Heu kann bei trockener Aufbewahrung 1 bis 1 ½ Jahre erhalten werden. Es verliert jedoch nach mehrmonatlicher Lagerung allmählich an Nährkraft, auch nimmt seine Schmackhaftigkeit und Verdaulichkeit ab. Zum Teil ist dies dem Abbröckeln der feineren, gerade nährstoffreichsten Pflanzenteile zuzuschreiben. Durch wissenschaftliche Untersuchungen ist ermittelt worden, dass ein Jahr altes Heu an Wasser etwa 1/5 (3 bis 3 ½ Prozent) und an Protein 1/3 (2 Prozent) weniger enthält, als frisch geerntetes luftgetrocknetes Heu, wo zu noch der direkte Verlust durch Abbrechen der feineren Blätter und Blüten tritt. Die im Landwirtschaftsbetriebe häufiger beobachtete sehr geringe Nährwirkung überjährigen Heues ist hiernach erklärlich. Nach länger als 1 bis 1 ½ jähriger Aufbewahrung verliert das Heu in der Regel sein Aroma, wird staubig und wird vom Vieh verschmäht. Das Grummet Das Grummet (die Nachmahd, oder in Süddeutschland das Oehmd genannt) besitzt einen höheren Nährstoffgehalt und eine größere Verdaulichkeit als das Wiesenheu (die Vormahd oder der erste Schnitt), jedoch nur in dem Falle, dass es an und für sich tadellos und bei durchaus günstiger Witterung eingeerntet worden ist. Das Grummet erleidet jedoch in Folge der meist unbeständigen Herbstwitterung in Norddeutschland weit häufiger eine Verschlechterung, als das Heu vom ersten Schnitt, weil es eine größere Menge leicht löslicher Bestandteile enthält, wegen seiner zarten Beschaffenheit ehr durchnässt wird und langsamer trocknet. In Süddeutschland, wo – von den Gebirgslagen abgesehen – die Ernte früher vorgenommen werden kann, legt man dem Grummet deshalb einen höheren Stellenwert bei, als in Norddeutschland. Übrigens besitzt das Grummet an sich weniger Aroma und wohl auch weniger Schmackhaftigkeit, als gutes Heu vom ersten Schnitt, weshalb es zuweilen von den Pferden weniger bereitwillig verzehrt wird. Beurteilung des Heues nach Aussehen und Geruch Dem Aussehen nach kennzeichnet sich rechtzeitig geschnittenes und gut eingebrachtes Heu durch eine frische Farbe. Das auf fettem Boden gewonnene Heu hat ein etwas helleres, das mit vielen Futterkräutern durchwachsene, meist von guten Bergwiesen herrührende Heu ein etwas dunkleres Aussehen, wie das Heu der gewöhnlichen Talwiesen; das Heu von salzhaltigen Wiesen hat einen etwas bräunlichen Anflug 5 Da indes auch das geringwertige, hauptsächlich aus Halbgräsern bestehende Heu von nassen (sauren) Wiesen bei günstigen Ernte-Verhältnissen eine frische und häufig sogar lebhafter grüne Farbe, als das Heu von guten Wiesen hat, so kann die frische Farbe nur als ein Bestandteil dafür gelten, dass die Güte des Heues während und nach der Ernte durch Witterungseinflüsse oder mangelhafte Aufbewahrung nicht gelitten hat. Zu spät geschnittenes oder durch Regen beschädigtes Heu verliert, wie schon vorher erwähnt ist, die frische Farbe; ebenso auch Heu, welches nicht genügend ausgetrocknet eingescheuert worden (ist), und in Folge zu starker Gärung und Erhitzung eine gelbliche oder bräunliche Färbung annimmt. Fast alle Arten der Wiesengräser und Wiesenkräuter haben im getrockneten Zustande einen eigentümlichen Geruch. Der Heuwert kann indes bei gut eingebrachtem Heu nicht näher beurteilt werden. Gerade die Gräser und Kräuter, welche den stärksten Wohlgeruch entwickeln, wie Ruchgras, Mariengras, Steinklee u.a., sind Futterpflanzen zweiter Güte. Auch saure Gräser entwickeln einen süßlichen, ziemlich starken Geruch. Ein kräftiger Pflanzengeruch ist daher nur ein Kennzeichen guter Werbung und Aufbewahrung des Heues. Mit der längeren Aufbewahrung verliert sich der kräftige Geruch gut geworbenen Heues mehr und mehr und verschwindet bei überjährigem Heu fast gänzlich. Nach Wahrnehmungen im landwirtschaftlichen Betriebe ist das aus sogenannten Salzwiesen gewonnene Heu den Tieren ganz besonders gedeihlich. 5 15 Bei Heu, welches nach dem Schnitt mehrfach beregnet worden (ist), geht der Geruch schon vor dem Einbringen nach Verhältnis der Durchnässung verloren; ebenso verliert mangelhaft ausgetrocknet in die Scheunen gebrachtes Heu dort den Geruch. Ein dumpfiger Geruch ist das Merkmal des beginnenden oder erfolgten Verderbens. Derartiges, für Magazin-Verwendung unbrauchbares Heu überzieht sich in der Regel mit Schimmelpilzen und wird staubig. Heuarten, welche als Ersatz vom Wiesenheu zu verwenden sind Von denjenigen Pflanzenarten welche im heutrockenen Zustande in der Regel für sich allein verfüttert werden und deren Heu unter besonderen Umständen von den MagazinVerwaltungen an Stelle von Wiesenheu verwendet werden kann, sind hervorzuheben Rotklee, Weißklee, Schwedischer Klee, Wundklee, Wicken, Luzerne, Esparsette und Seradella. Der Nährstoffgehalt des Heues aller dieser Leguminosen-Arten ist unter gleich günstigen Ernte-Verhältnissen bedeutender, als der des Wiesenheues. Das Heu der Leguminosen ist aber dem Verderben und dem Abbröckeln viel leichter unterworfen, als das Heu der Wiesengräser. Wicken und Luzerne verholzen vom Beginn der Blüte an wesentlich schneller, als die Kleearten. Wundklee hat etwas weniger Nährstoffe, ist aber der Verholzung weniger ausgesetzt. Seradella besitzt den Vorzug, ihren hohen Nährwert fast bis zum Ende der Blüte beizubehalten. Am häufigsten wird deshalb von den aufgeführten Arten das Heu von Wicken und Luzerne als überständig anzutreffen sein. Lupinenheu ist als Ersatz von Wiesenheu nicht zu verwenden, da solches wegen seines Bitterstoffes nur sehr ungern von den Pferden genommen wird, sich auch häufig als schädlich erwiesen hat. 16