Anleitung zur Beurteilung des Pferdeheues - beim RCH-Team

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Anleitung
zur
Beurteilung des Pferdeheues
Herausgegeben im Auftrage des Königl. Preuß. Kriegsministeriums
Original erschienen im Verlag von Paul Parey in Berlin
Berlin, den 29. Dezember 1888
Nachstehende Anleitung hat bei der Beurteilung des für die Armee bestimmten
Pferdeheues zum Inhalt zu dienen.
Kriegsministerium
Militär-Oekonomie-Departement.
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Vorwort
Von den für den Beruf eines Proviant-Amts-Beamten unentbehrlichen Kenntnissen
müssen besonders die naturwissenschaftlichen auf Anschauung gegründet sein.
Um Gräser und Kräuter kennen und unterscheiden zu lernen, kann nichts mehr
empfohlen werden, als diese Pflanzen dort, wo sie wachsen, aufzusuchen, sie eingehend zu
betrachten, mit ähnlichen zu vergleichen und zu versuchen, aus ihren äußerlichen
Merkmalen Art und Namen selbst ausfindig zu machen, dann die eingesammelten Pflanzen
zu trocknen und nach Gattungen geordnet aufzubewahren.
Zur Anlegung derartiger, hauptsächlich für Zwecke des Magazindienstes
bestimmter Pflanzensammlungen soll durch die nachfolgende Darstellung ein Anhalt
geboten werden.
Es ist darin zur praktischen Anwendung der botanischen Kenntnisse bei der
Bestimmung des Wertes der verschiedenen Heusorten auch eine Einteilung der
Wiesenpflanzen nach ihrem Futterwert und zugleich ein Hinweis auf diejenigen äußeren
Verhältnisse und Merkmale enthalten, welche neben der Zusammensetzung des Heus
dessen Güte beeinflussen und erkennen lassen.
Die Anleitung ist hauptsächlich für Zwecke des praktischen Bedürfnisses bestimmt,
hat daher von einer erschöpfenden Abhandlung des Gegenstandes auch nach der
botanischen Seite hin abgesehen. Gräser und Kräuter, welche für die Beurteilung von Heu
keine Bedeutung haben, sind nicht aufgenommen worden. Von den weniger oder selten in
größerer Menge vorkommenden Pflanzen sind nur diejenigen erwähnt, welche wegen ihrer
Schädlichkeit besondere Beachtung verdienen.
Zum Zwecke wissenschaftlich eingehenderer Beschäftigung mit der Naturgeschichte
der Pflanzen und der Charakteristik der Futtermittel können die dieser Anleitung
hauptsächlich zu Grunde gelegten Schriften empfohlen werden und zwar:
 Jessen, Deutschlands Gräser- und Getreidearten
 Langethal, Handbuch der landwirtschaftlichen Pflanzenkunde
 Leunis, Synopsis der Pflanzenkunde. Spezielle Botanik
 Potonie, Illustrierte Flora von Nord- und Mittel-Deutschland
 Garcke, Flora von Deutschland
 Wünsche, Schulflora von Deutschland
 Stebler und Schroeter, Die besten Futterpflanzen
 F. Burgtorf, Wiesen- und Weidenbau
 E. Wolff, Landwirtschaftliche Fütterungslehre
 L. Wittmack, Gras- und Kleesamen
Diesen sind ferner anzureihen:
 J. Lehrke, Mischung und Aussaat der Grassämereien. Breslau 1888
 W. Strecker, Erkennen und Bestimmen der Wiesengräser. Berlin 1888
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Anleitung
Das erste und wesentlichste Erfordernis zur Beurteilung von Heu ist die genaue
Kenntnis seiner Bestandteile, der Wiesengräser und Wiesenkräuter.
Die Gräser und grasartigen Gewächse zerfallen in drei Pflanzenfamilien:
1. die echten oder Süßgräser, botanisch gewöhnlich nur Gräser – Gramineae genannt,
2. die Halb- oder Sauergräser, Ried- oder Scheingräser, botanisch Cypergräser –
Cyperaceae,
3. die Binsengewächse – Juncaceae.
Die echten Gräser oder Süßgräser bilden eine der größten, am meisten
verbreiteten und wichtigsten Pflanzenfamilie, zu welcher auch die Getreidearten gehören.
Der Dauer nach unterscheidet man ein,- zwei- und mehrjährige Gräser, letztere auch
ausdauernde oder perennirende genannt. Die ein- und zweijährigen Gräser pflanzen sich
nur durch Samen fort, die ausdauernden durch Samen und Wurzelsprossen.
Die einjährigen Gräser treiben am unteren Ende des Halmes, dicht über der Erde,
einige kurze beblätterte Seitentriebe, welche in demselben Jahre noch in die Höhe
schossen, sobald der Hauptstengel seine Höhe erreicht hat, oder wenigstens
vorausgeschosst ist. Diese Seitentriebe treten dann teils gleichzeitig, teils später ebenfalls
in Blüte. Deshalb sehen wir auch einjährige Gräser oft zweimal in Blüte treten.
Bei den ausdauernden Gräsern liegt der untere Teil des Stammes unter der
Erdoberfläche. Auch bei diesen entwickeln sich Seitentriebe, welche aber erst im
folgenden Jahre schossen.
Je nachdem die Seitentriebe entweder sich sofort nach oben wenden, alle
oberirdischen Teile der Pflanze also dicht nebeneinander stehen, einen Horst bildend, oder
zuerst unter oder an der Erde hin eine Strecke weit verlaufen, um sich dann erst aufwärts zu
wenden, die oberirdischen Teile der Pflanze also von einander entfernt sind, unterscheidet
man horstbildende und ausläufertreibende Gräser.
Endlich werden noch, je nach der Benarbung in den Wiesen, Obergräser und
Boden- oder Untergräser unterschieden. Obergräser werden alle Gräser genannt, welche
mehr Halme als Blätter und Blätterbüschel aus dem Erdstamm treiben, und Untergräser
solche Arten, bei denen letztere überwiegen.
Die echten Gräser (Süßgräser haben in der Regel hohle, runde, niemals dreikantige
Halme, mit vorstehenden Knoten. An diesen Knoten entspringen abwechselnd an zwei
gegenüber liegenden Seiten des Halmes die Blätter der Gräser (zweizeilige,
wechselständige Blätter). Der untere Teil des Blattes bildet eine den Halm umfassende
Scheide, die in der Regel durch einen bis auf den Knoten herabgehenden Längsschlitz
geöffnet, bei einigen Arten aber völlig geschlossen ist. Am Ende der Scheide, wo das Blatt
den Halm verlässt, befindet sich an der Innenseite der Blattfläche ein häutiges Anhängsel,
das Blatthäutchen, dessen Form zur Unterscheidung der Gräserarten von Bedeutung ist.
Mit vollkommener Sicherheit sind, wie alle Pflanzen, auch die Gräser nur durch die
eigentümliche Anordnung ihrer Blütenteile zu unterscheiden. Die eigentlichen Blütenteile
der Gräser – Stempel, Staubfäden und Blumenblätter – sind jedoch so klein und bei vielen
Arten so gleichförmig gebildet, dass die Unterscheidungsmerkmale ohne Benutzung einer
Lupe schwer aufzufinden sind. Leichter bemerkbar sind die Unterschiede an den meist
größeren Hüllblättern oder Klappen und an den Spelzen, welche die Blumen aller Gräser
umhüllen, namentlich das Vorhandensein oder Fehlen, die Form und Stellung der Grannen.
Die Blüten der Gräser sind in der Regel zu Ährchen vereinigt, manche Gräser tragen
in einem solchen Ährchen nur eine Blüte, andere zwei oder mehrere. Hiernach untescheidet
man einblütige, zweiblütige und mehrblütige Ährchen.
Die Anordnung der Ährchen zu zusammengesetzten Blütenständen bildet das
Hauptmerkmal, nach welchem man die Gräser zum leichteren Erkennen zunächst in
größere Gruppen einteilt.
Wenn unmittelbar an einem gemeinschaftlichen Hauptstiel hinauf mehrere Ährchen
ohne merklichen Stiel aufsitzen, so nennt man den Blütenstand eine Ähre; wenn dagegen
die Ährchen mit Stielen auf Ästen des Halmes stehen, so heißt der Blütenstand eine Rispe.
Sind die Verästelungen so kurz, dass die Ährchen dicht an dem Halme zu stehen scheinen,
so nennt man diese Form eine ährenförmige Rispe oder Scheinähre.
Nach den augenfälligsten der vorerwähnten, ohne Hilfe eines Vergrößerungsglases
aufzufindenden Kennzeichen sind die gewöhnlichsten Wiesen- und Weidegräser für das
praktische Bedürfnis in folgende Gruppen zu unterteilen:
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I. Ährengräser
Die Blüten dicht an dem Halme in eine astlose Ähre oder Scheinähre gestellt.
a. Ähre zylindrisch, den Halm ringsum gleichförmig umgebend (Scheinähre).
1. Gelbes Ruchgras, Anthoxanthum odoratum
2. Wiesen-Lieschgras, Timotheegras, Phleum pratense
3. Wiesen-Fuchsschwanz, Alopecurus pratensis
4. Geknieter Fuchsschwanz, A. geniculatus
5. Rotgelber Fuchsschwanz, A. fulvus
b. Ähre drei Seiten des Halmes umgebend, so dass die vierte Seite nackt bleibt (Scheinähre).
6. Kammgras, Cynosurus cristatus.
c. Ähre zwei miteinander gegenüberstehende Seiten des Halmes mit abwechselnd
stehenden Ährchen bekleidend, die beiden anderen nackt.
7. Englisches Raygras, Lolium perenne
8. Italienisches Raygras, L. italicum
9. Quecke, Triticum repens
10. Sandzwenke, Brachypodium pinnatum
d. Ährchen nur an einer Seite des Halmes, die anderen drei Seiten nackt.
11. Borstengras, Nardus stricta
II. Rispengräser
Alle Ährchen gestielt, Rispen bildend.
a. Wurzelblätter borstenförmig-rundlich oder schmal zusammengefalzt.
12. Draht-Schmiele oder Schmele, Aira flexuosa
13. Roter Schafschwingel, Festuca rubra
14. Echter Schafschwingel, F. ovina
15. Wechselblättriger Schafschwingel, F. heterophylla
16. Silbergras, Corynephorus canescens
b. Blätter alle flach, schmal oder breit.
Ährchen mit 1 oder mehr hervorragenden Grannen)
17. Weiche Trespe, Bromus mollis
18. Trauben-Trespe, B. racemosus
19. Kriechendes Honiggras, Holcus mollis
20. Behaartes Hafergras, Avena pubescens
21. Wiesen-Hafer, A. pratensis
22. Französisches Raygras, A. elatior
23. Gold-Hafergras, A. flavescens
Ährchen unbegrannt, Äste unten zu 1 bis 3 im Quirl)
24. Zittergras, Briza media
25. Dreizahngras, Trimodia decumbens
26. Wolliges Honiggras, Holcus lanatus
27. Knaulgras, Daktylis glomerata
28. Wiesen-Schwingel, Festuca pratensis
29. Rohr-Schwingel, F. arundinacea
Ährchen unbegrannt oder sehr kurz begrannt, Äste unten zu 4 und mehr
Nr. 38 und 39 haben kurze Grannen, bisweilen auch Nr. 36 und 37)
30. Sommer-Rispengras, Poa annua
31. Platthalm-Rispengras, P. compressa
32. Spätes Rispengras, P. serotina
im
Quirl.
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33. Hain-Rispengras, P. nemoralis
34. Rauhes Rispengras, P. trivialis
35. Wiesen-Rispengras, P. pratensis
36. Fiorin-Gras, Agrostis alba
37. Gemeines Straußgras, A. vulgaris
38. Hunds-Straußgras, A. canina
39. Glanz-Schmiele oder Schmele, Aira caespitosa
40. Salz-Schwaden, Glyceria distans
41. Quell-Schwaden, Catabrosa aquatica
c. Blätter meist breit, Halm meist steif (Schilfgräser).
Halm steif, gerade oder etwas schief aufrecht, 1-2m und höher. Die Halme und
halmähnlichen, am Grunde blattlosen Triebe stehen einzeln und bilden einen lockeren,
gleichmäßig hohen Bestand. Einen geschlossenen Rasen bilden sie nicht, mitunter aber
einen Horst. (z.B. Nr. 46)
Das oberste Blatt dicht unter der Blütenrispe stehend.
42. Gemeines Dachrohr, Phragmites communis
43. Mielitz-Schwaden, Glyceria spectabilis
44. Manna-Schwaden, G. fluitans (kann auch zu b gerechnet werden)
Das oberste Blatt weit unter der Rispe stehend.
45. Glanzrohr, Baldingera arundinacea
46. Blauer Schindermann, Molinia coerulea
47. Gemeines Landrohr, Calamagrostis lanceolata
48. Hügel-Landrohr, C. epigeios
Von den Kennzeichen zur Unterscheidung der Gräserarten, welche auch im
blütenlosen Zustande der Gräser sichtbar sind, haben folgende wesentliche Bedeutung:
1. Die Blattlage
Wenn die jüngeren Blätter im Triebe einfach längs der Mittelrippe zusammengelegt
sind (zusammengeklappt wie ein Buch), und je das ältere Blatt das nächstfolgende jüngere
zwischen die Schenkel des Winkels nimmt, den die beiden Blatthälften miteinander bilden,
so nennt man das Blatt gefalzt oder gefaltet. Wenn dagegen das Blatt in sich der Länge nach
um sich selbst gerollt ist, die beiden Blattränder übereinander greifen und das ältere Blatt
das jüngere tutenförmig umgibt, so heißt das Blatt gerollt. Diese Verschiedenheiten sind am
leichtesten an den Spitzen der jungen Blätter oder an dem Querschnitt durch den Trieb zu
erkennen. Die meisten Gräser haben die jüngeren Blätter im Triebe gerollt. Gefalzt sind sie
nur bei
Agrostis canina – Hunds-Straußgras
Aira – Schmiele (alle Arten)
Avena pratensis – Wiesen-Hafer
Avena pubenscens – Behaartes Hafergras
Bromus erectus – Aufrechte Trespe
Cynosurus cristatus – Gemeines Kammgras
Dactylis glomerata – Gemeines Knaulgras
Festuca ovina – Schafschwingel
Glyceria – Schwaden (alle Arten)
Lolium perenne – Englisches Raygras
Nardus stricta – Steifes Borstengras
Poa – Rispengras (alle Arten)
Triodia decumbens – Liegender Dreizahn
2. Das Blatthäutchen
Das Blatthäutchen ist bei den meisten Gräsern kurz. Lang und sehr deutlich (meist
länger als breit) ist es nur bei
Agrostis alba – Fioringras
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Agrostis canina - Hunds-Straußgras
Aira – Schmiele (alle Arten)
Avena pratensis – Wiesen-Hafer
Avena pubenscens – Behaartes Hafergras
Brachypodium – Zwenke (alle Arten)
Calamagrostis – Landrohr (alle Arten außer C. arundinacea)
Dactylis glomerata – Gemeines Knaulgras
Glyceria spectabilis – Mielitzgras
Glyceria fluitans – Schwadengras
Milium effusum – Flattergras
Phalaris arundinacea – Havel-Mielitz
Phleum pratense – Wiesen-Lieschgras
Poa trivialis – Gemeines Rispengras
Poa serotina oder fertilis – Spätes Rispengras
Poa annua – Jähriges oder Sommer-Rispengras
Bei Glyceria spectabilis – Mielitzgras endigt das Blatthäutchen in eine lange häutige
Spitze (Unterschied von den ähnlichen Phalaris arundinacea – Havel-Mielitz), bei Melica –
Perlgras zeigt es dem Blatt gegenüber eine häutige Granne.
3. Die Blattscheiden
Die Blattscheide der jüngeren Blätter bietet eines der besten Kennzeichen. Bei den
meisten echten oder süßen Gräsern ist sie offen, d.h. geschlitzt, bei den sauren dagegen
geschlossen. Indes haben auch folgende Süßgräser ganz oder bis zur Mitte geschlossene
Blattscheiden.
Avena pubenscens – Behaartes Hafergras
Briza media – Gemeines Zittergras
Bromus – Trespe (alle Arten)
Dactylis glomerata – Gemeines Knaulgras
Glyceria – Schwaden (alle Arten)
Lolium italica – Italienisches Raygras
Lolium perenne – Englisches Raygras
Melica – Perlgras (alle Arten)
Catabrosa aquatica – Quell-Schwaden
Sesleria coerulea, ein bläulcihes Gras auf Kalkboden
Auch die Behaarung der Blattscheiden kann in einigen Fälen gute Merkmale
abgeben. Sie findet sich in Form filziger oder zottiger Haare bei
Avena flavescens – Goldhafer
Avena pubenscens – Behaartes Hafergras
Brachypodium – Zwenke (alle Arten)
Bromus mollis – Weiche Trespe
Bromus racemosus – Traubige Trespe
Bromus squarrosus – Sparrige Trespe
Holcus lanatus – Wolliges Honiggras
Koeleria cristata
Melica ciliata – Bewimpertes Perlgras
Meistens sind dann auch die Blätter behaart.
Nach dem Futterwert werden die meisten Gräser gewöhnlich eingeteilt in
vorzügliche, gute und geringe.
In der folgenden Übersicht sind zugleich die wesentlichsten Kennzeichen und
unterscheidenden Merkmale der einzelnen Gräser, ihre Blütezeit, Dauer, sowie ihre
Standorte mit angegeben.
7
Erklärung der Abkürzung von Autorennamen:
A. Br.
Bernh.
D. C.
Desr.
Ehrh.
Fl. W
Fr.
Grcke
Good.
Hoppe
Host
Huds.
Kth.
Lmk
Lk.
L.
M. u. K.
Mnch
Murr.
P. B.
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=
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=
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Alexander Braun
Bernhardi
de Candolle
Desrouffeaur
Ehrhardt
Flora der Wetterau
Fries
Garcke
Goodenough
Hoppe
Host
Hudson
Kunth
Lamarck
Link
Carl von Linne
Mertens und Koch
Mönch
Murray
Pallisot de Beauvois
Pers.
Poir.
Presl
Rchb.
Retz.
R. Br.
R. u. S.
Rth.
Schreb.
Scop.
Schk.
Sm.
Trin.
Tul.
Vill.
Wahlbg
Wahlnbg.
Wallr.
Web.
With.
=
=
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=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
Persoon
Poiret
Presl
Ludwig Reichenbach
Retzius
Robert Brown
Römer und Schultes
Roth
von Schreber
Scopoli
Schkuhr
Smith
Trinius
Tulasne
Villars
Wahlberg
Wahlenberg
Wallroth
Weber
Withering
(Tabelle 1 Grasarten hier einfügen)
8
Der letzten Abteilung sind die nun folgenden Halb- oder Sauergräser – Cyperaceen
– wegen ihrer meist rauen, scharfen und schneidigen Blätter und Halme, die das sogenannte
saure Heu liefern, und ebenso die Binsengewächse – Juncaceen – wegen ihrer Härte und
Zähigkeit sämtlich als schlechte Futterpflanzen beizuzählen 1.
Die Halb- oder Sauergräser, Ried- oder Scheingräser – botanisch Cyperaceae –
sind grasartige Pflanzen mit einzelnen Ährchen oder in Ähren, Trauben, Köpfchen, Rispen
oder Spirren stehenden Ährchen von grüner oder bräunlicher Farbe.
Von den echten Gräsern sind sie unterschieden durch die nicht längs gespaltenen,
stets geschlossenen Blattscheiden, sowie durch den innwendig nie hohlen, sondern mit
zelligem Marke angefüllten, meist knotenlosen, dreikantigen Halm und besonders durch
die Ährchen ohne Vorspelzen (jede Blüte nur hinter einer Deckspelze). Die besondere
Blütenhülle (Perigon) fehlt entweder oder wird gebildet aus einigen Borsten, Haaren oder
kleinen Schuppen.
Die Cyperaceen wachsen vorzugsweise auf feuchtem Boden (sogenannten sauren
Wiesen), wo sie gegen die Süßgräser vorherrschen; auch in den höheren Gebirgsgegenden
sind sie häüfig.
Für praktische Zwecke genügt es, zwei Unterabteilungen der Cyperaceen zu
unterscheiden, und zwar:
a. die Riedgrasarten oder Seggen, botanisch Carices,
b. die Simsengewächse, botanisch Scirpeae.
Von der Pflanzengattung Segge (Carex) kommen in Deutschland nahezu 100 Arten
vor. Die meisten bilden den Hauptbestand des Graswuchses auf nassen Wiesen, mehrere
Arten sind Waldpflanzen, einige wachsen nur auf Sandboden. Viele der einzelnen Arten
sind schwierig und nur durch die Beschaffenheit der Frucht von einander zu unterscheiden.
Hauptmerkmale der Seggen sind eingeschlechtige Blüten, ohne Perigon, in Ährchen, deren
Spelzen (Deckblättchen) allseitig dachziegelartig aufeinander liegen; knotenlose, meist
dreikantige und scharfrandige, aber nicht hohle Halme, am Grunde mit röhrigen, ganzen
oder netzartig durchbrochenen Blattscheiden, Blätter ohne Blatthäutchen.
Man unterscheidet:
a.
Einjährige Seggen, das sind solche mit einem einzigen endständigen
Ährchen; alle Arten derselben kommen nur zerstreut oder selten vor.
b.
Gleichährige Seggen, das sind solche mit mehreren Ährchen, alle oder
doch der größte Teil derselben männliche und weibliche Blüten
enthaltend, welche fast gleichgestaltet eine oft unterbrochene Ähre ,
seltener eine Rispe oder ein Köpfchen bildend.
Die häufigsten Arten hiervon sind:
Carex disticha Huds. (C. intermedia Good.), zweizeilige Segge (Bild 52)
C. vulpina L., Fuchs-Segge (Bild 53)
C. stellulata Good. (C. echinata Murr.), Sternförmige Segge (Bild 54)
C. leporina L., Hafen-Segge (Bild 55)
C. canescens L., Weißgraue Segge (Bild 56) auf nassen Wiesen und
C. muricata L., Weichstachelige Segge (Bild 57) auf trockenem Boden.
c.
Verschiedenartige Seggen, das sind solche mit Ährchen getrennten
Geschlechts, das entständige oder die obersten männlich, die übrigen
weiblich, selten das entständige auch an der Spitze weiblich.
Die häufigsten Arten hiervon sind:
C. acuta L., Scharfe Segge (Bild 58)
C. vulgaris Fries. (C. Goodenoughii Gay.), Wiesen-Segge (Bild 59)
C. pallescens L., Blasse Segge (Bild 60)
C. vesicaria L., Blasen-Segge (Bild 61)
C. panicea L., Hirse-Segge (Bild 62)
C. acuformis Ehrh. (C. paludosa Goodenoughii), Sumpf-Segge (Bild 63) auf nassem
Boden und
C. pilulifera L., Pillentragende Segge (Bild 64) auf trockenem Boden.
Die geringe Nährkraft des sauren Heus ist nach vielseitiger, praktischer Erfahrung als feststehend zu
erachten, obwohl dies durch chemische Analyse nicht nachzuweisen ist.
1
9
Die Simsengräser (Scirpeen) wachsen sämtlich nur auf sumpfigen Wiesen oder
anderen feuchten Stellen. Sie haben sämtlich zweigeschlechtliche Blüten (Zwitterblüten) in
mehrblütigen, zweireihigen oder meist dachziegeligen Ährchen; an Stelle des fehlenden
Perigons sind meistens Borsten vorhanden.
Die am häufigsten vorkommenden Scirpeen sind:
die Teichbinse, Scirpus lacustris L. (Bild 65)
die Sumpfbinse, Heleocharis palustris R. Br. (Scirpus palustris L.) (Bild 66)
das schmalblättrige Wollgras, Eriophorum polystachyum L. (Eriophorum
angustifolium Rth.) (Bild 67)
das breitblättrige Wollgras, Eriophorum latifolium Hoppe (Bild 68)
Die übrigen Arten, von denen die Cypergrasarten wegen ihrer zweizeiligen
Blütendeckblätter eine besondere Gattung (Cyperus) bilden, kommen seltener oder nur
stellenweise häufiger vor.
Bie Pflanzenfamilie der Binsengewächse, botanisch Juncaceae, unfaßt die beiden
Gattungen
Juncus, Binse und
Luzula D. C., Haimbinse oder Marbel.
Die Juncaceen sind grasähnliche Kräuter, welche knotenlose, beblätterte oder
blattlose, teils blühende, teils blütenlose Halme mit seiten- oder endständigen Trugdolden
oder Köpfchen trieben, am Grunde von blattlosen Scheiden umgeben. Die Blätter der
Juncus-Arten sind meist stielrund und kahl; die Blätter der Luzula-Arten sind grasartig, flach,
meist weiß behaart und dadurch leicht von den ersteren zu unterscheiden. Die Juncaceen
sind sämtlich auf sumpfigen Wiesen in größter Geselligkeit mit den Sauergräsern
anzutreffen.
Die häufigsten Arten sind:
Juncus conglomeratus L., Geknäulte Binse (Bild 69)
J. effusus L., Flatterbinse (Bild 70)
J. articulatus L., (J. lamprocarpus Ehrh.), Gegliederte oder glanzfrüchtige Binse
(Bild 71)
J. bufonius L., Kröten-Binse (Bild 72)
Luzula camprestris D.C., Feld-Hainbinse oder Feld-Marbel (Bild 73)
Die Futterkräuter
Für die Wertbestimmung des Heues ist die in demselben befindliche Menge guter
oder schlechter Futterkräuter sehr wichtig.
Von den guten Kräutern sind in erster Reihe wildwachsende, schmetterlingsblütige Pflanzen (Papilionaceae), Hülsenfrüchtler oder Leguminosen zu beachten, deren
allgemeine Merkmale hier folgen:
Sie haben entweder zu die stehende – dreizählige – Blätter wie Klee, Luzerne,
Kornklee, Steinklee, oder auf beiden Seiten des Blattstieles mehrere Blättchen engefügt:
gefiederte Blätter, und zwar unpaarig-gefiedert, wenn ein Endblättchen an der Spitze des
Blattstieles vorhanden ist – wie bei Esparsette, Tragant, Wundklee – oder paarig gefiedert,
ohne dieses Endblättchen, wie bei den Wicken und der Platterbse. Im letzteren Falle endigt
der Blattstiel in eine Ranke oder Stachelspitze. Am Grunde des Blattstieles stehen stets zwei
blattartige Anhängsel, bald mehr, bald weniger an den Stiel angewachsen, - die
Rebenblätter.
Der Blütenstand ist meist ein mehr oder weniger dichtes, rundes oder längliches
Köpfchen – wie bei Klee, Luzerne – oder eine Traube – wie bei Esparsette, Steinklee. Er ist
stets seitenständig (mitunter zwar scheinbar entständig), indem er dem Winkel eines Blattes
entspringt. Die einzelne Blüte ist stes vollständig (aus Kelch, Krone, Staubgewächsen und
Stempel zusammengesetzt). Die Blumenkrone ist unregelmäßig und besteht aus 5
Kronblättern, von denen das obere und größte die Fahne, die zwei seitlichen die Flügel und
die zwei unteren meist kahnförmig verwachsenen das Schiffchen bilden. Die Früchte sind
Hülsen (nicht Schoten), entweder kurz, oft 1- oder 2samig oder länger und vielsamig.
Nächst den Schmetterlingsblütlern gehört eine Anzahl Doldengewächse, auch
Schirmpflanzen, botanisch Umbelliferae, zu den bemerkenswerten Wiesenkräutern.
Mehrere derselben sind zu den besten Futterpflanzen zu zählen (gemeiner Wiesenkümmel,
große und Stein-Bibernell, gemeine Pastinake), andere zu den minder guten Kräutern
10
(unechte Bärenklau, Pferdekümmel) und einige gehören zu den schädlichsten Pflanzen
(Wasser-Schierling, Taumel-Kerbel, röhrige Rebendolde u.a.).
Diese Pflanzenfamilie ist leicht kenntlich an dem eigentümlichen Blütenstande. Der
Hauptblütenstiel teilt sich an seiner Spitze strahlenförmig in mehrere Zweige, deren jeder
sich meist an seiner Spitze wieder ebenso strahlenförmig in mehrere einfache Blütenstielchen teilt, welche an ihrer Spitze ein 5blättiges Blümchen tragen. Die Blüten liegen in
ihrer Gesamtheit in einer flachen oder etwas gewölbten Ebene und bilden einen Schirm
(zusammengesetzte Dolde). Bemerkenswert ist, dass die Doldenpflanzen im Baue, in der
Form der Blätter und selbst in der Farbe der Blüten (meist weiß) einander sehr ähnlich sind.
Von den sonst noch beachtenswerten Wiesenkräutern gehören mehrere zu der
Familie der Kopfblütler, botanisch Compositae. Bei diesen sind mehrere oder viele kleine
Blüten zu runden oder länglichen Köpfchen vereinigt und von einer gemeinschaftlichen
Hülle von Deckblättern umgeben (Schafgarbe, Flockenblume, Wiesenbocksbart,
Grundveste, Löwenzahn, Habichtskraut, Kratzdistel).
Der Rest gehört in vereinzelten Exemplaren anderen Pflanzenfamilien an, deren
wesentlichste Kennzeichen in der nachfolgenden Übersicht der nach dem Futterwert
geordneten Wiesenkräuter angegeben sind.
11
(Tabelle 2 Kräuterarten hier einfügen)
12
Wertbestimmung des Heues
Der Wert des Heues ist hauptsächlich abhängig von den Arten und dem Alter
der Pflanzen, aus denen es besteht, ferner von der Art der Ernte und namentlich der
Ernte-Witterung, sowie von der Art der Einbringung und der Aufbewahrung.
Der Wert der einzelnen Pflanzen wird bedingt durch ihren Gehalt an verdaulichen
Nährstoffen, außerdem von der Futtermenge, welche sie liefern. Der Nährstoffgehalt einer
größeren Anzahl von Futterpflanzen ist nun zwar durch chemische Untersuchungen
festgestellt worden. Von der größeren Mehrzahl der Futtergräser im Einzelnen aber sind
bis jetzt die Verdaulichkeits-Verhältnisse überhaupt noch nicht ermittelt worden.
Dann haben auch die Analysen einer Grasart durch verschiedene Chemiker zu sehr
von einander abweichenden Ergebnissen geführt; denn es ist hierbei und durch
Fütterungsversuche erwiesen worden, dass der Nährwert derselben Pflanzenart auf
verschiedenen Bodenarten ein verschiedener ist, dass er ebenso in verschiedenen
Jahrgängen wechselt, und auch ein verschiedener ist, je nachdem die Pflanzenart früher
oder später gemäht, bei günstigem oder ungünstigem Wetter getrocknet und längere oder
kürzere Zeit aufbewahrt worden ist.
Aus diesen Ursachen muss von der Aufstellung stufenweise nach dem Futterwert
geordneter Reihenfolgen der Gräser und Kräuter noch abgesehen werden.
Für das praktische Bedürfnis wird es ausreichen, die Gräser und Kräuter, wie
vorstehend geschehen, in drei Klassen einzuteilen, und zwar in
1. vorzügliche und gute, oder Gräser und Kräuter erster Güte,
2. ziemlich gute und unschädliche, oder Gräser und Kräuter zweiter Güte,
3. wertlose und schädliche.
Ermittlung des Menge-Verhältnisses der Heu-Bestandteile
Zur Wertbestimmung des Heues wird man zunächst ermitteln müssen, ob dasselbe
vorwiegend aus Süßgräsern erster oder zweiter Güte besteht oder mit Sauergräsern bzw. in
welchen ungefähren Verhältnissen gemischt ist; ferner ob darin bessere Futterkräuter,
namentlich Leguminosen und gute Gewürzkräuter in mehr oder minder großer Anzahl
vorhanden, oder ob und in welcher Menge wertlose oder gar schädliche Pflanzen darin
enthalten sind.
Je nach dem ungefähren Menge-Verhältnis der besseren Futterpflanzen zu den
geringwertigen und nach dem Vorhandensein oder Fehlen wertloser, den Tieren
widerlicher oder schädlicher Pflanzen würde man den Wert des Heues als solches
bester Sorte,
guter bis ziemlich guter,
mittelmäßiger,
geringer, oder
schlechter Sorte
abschätzen können. 2
Berücksichtigung des rechtzeitigen oder verspäteten Schnittes
Es ist dabei aber zu beachten, dass die Einteilung in die erwähnten Klassen sich nur
auf Pflanzen bezieht, die unter normalen Verhältnissen gewachsen und geerntet worden
sind.
Das zu richtiger Zeit (wenn die meisten Gräser zu blühen beginnen) geschnittene
Heu besitzt mehr Nährkraft als das gegen Ende der Blüte geschnittene. Nach dem Abblühen
der Gräser gemähtes Heu wird als „überständiges“ bezeichnet. Dasselbe hat ein mehr
blasses, selbst bräunliches Aussehen. (Die Blüten sind oft abgefallen oder die Spelzen leer.)
In Folge der Verholzung der Pflanzen verliert es sowohl an dem früheren Nährwert, wie an
2
Eine nähere Anleitung zur Abschätzung des Heues nach einer Wertreihe von fünf Klassen ist in
Langethal´s Handbuch der landwirtschaftlichen Pflanzenkunde I Seite 185 enthalten.
13
der Verdaulichkeit. Den Verlust an Nährstoffen vom Beginn der Blüte bis zur vollständigen
Samenbildung hat man auf durchschnittlich 20 Prozent der Gesamternte berechnet. Nach
Verhältnis des zu späten Mähens, welches nach der Farbe des Heues und nach dem Grade
der Verholzung der Stängel zu beurteilen ist, wird überständiges Heu entsprechend
geringwertiger abzuschätzen sein, als dieses nach seinen Bestandteilen bei rechtzeitigem
Schnitt der Fall gewesen wäre.
Der Einfluss der Ernte-Witterung
Dann ist bei der Schätzung des Heuwertes zu berücksichtigen, ob dasselbe bei
günstigem oder bei ungünstigem Wetter getrocknet worden ist. Bei jedem Beregnen des
Heues findet ein Verlust an allen Nährstoffbestandteilen statt. Durch wissenschaftliche
Untersuchungen ist jedoch ermittelt worden, dass hierbei die eigentlichen Nährstoffe
zunächst besser erhalten bleiben, als die Holzfaser. Deshalb hat bei Heu, welches nur in
verhältnismäßig geringem Maße beregnet war und dann wieder getrocknet worden ist,
eine verhältnismäßig günstigere chemische Zusammensetzung festgestellt werden können,
als bei Heu, welches ohne Regen schnell getrocknet ist. Hierdurch erklärt sich die häufige
Beobachtung im landwirtschaftlichen Betriebe, dass vorübergehend beregnetes und wieder
gut getrocknetes Heu vom Vieh lieber gefressen wird, als das ohne allen Regen
eingekommene Heu.
Wenn das Heu aber bei anhaltendem Regen längere Zeit durchnässt gelegen hat,
oder wiederholt und stark beregnet wurde, so wird es stets minderwertig. Es verliert dann
wesentlich sowohl an Schmackhaftigkeit wie an Nährkraft, und zwar das Heu von
kleeartigen Pflanzen und das mit vielen Wiesenkräutern durchsetzte Heu in höherem Grade,
als das vorzugsweise aus Gräsern bestehende. Das Futter wird umso schlechter und
schädlicher, wenn es in Gärung übergeht, durch Einwirkung der Nässe verschlämmt wird,
sich mit Schimmelpilzen überzieht und schließlich ganz verdirbt.3
Je nach dem Grade, in welchem das heu vom regen getroffen wurde, verliert es die
frische natürliche Farbe und den kräftigen Pflanzengeruch.
Es nimmt eine immer blassere, zuletzt mehr gelbliche Färbung an.
Durch eine zu starke Austrocknung des Heues bei brennender Sonnenhitze wird die
Güte des Futters ebenfalls vermindert. Sprödigkeit und Zerbrechlichkeit der Halme und
Blätter kennzeichnen derartiges Heu.
Die Art und Dauer der Aufbewahrung
Die Art und die längere oder kürzere Dauer der Aufbewahrung ist ebenfalls von
Einfluss auf die Güte des Heues. Alles zur Aufbewahrung in Raufutter-Magazinen bestimmte
oder im Freien in Schobern (Mieten) zu lagernde Heu muss gut getrocknet eingebracht,
dann gleichmäßig ausgebreitet und fest zusammengetreten, demnächst vor Nässe,
namentlich auch vor feuchten Wänden und bei Unterbringung auf Böden über Stallungen
auch vor den Vieh-Ausdünstungen möglichst geschützt werden.
Zur Aufbewahrung geeignet oder lufttrocken ist das Heu, wenn der Wassergehalt
des Grünfutters, welcher 70 bis 75 Prozent beträgt, auf 14 bis 16 Prozent vermindert worden
ist.4
Das lufttrockene Heu hat in der Scheune oder im Schober noch eine Gärung
durchzumachen, wodurch sein Wassergehalt noch etwas vermindert wird und die sonstigen
Pflanzenstoffe sich chemisch etwas verändern. Die Natur dieser Umbildungen ist noch nicht
genügend aufgeklärt.
In der Praxis nennt man gewöhnlich diese mit einer mäßigen Erwärmung
verbundene Gärung, die sich auch durch einen stärker auftretenden Geruch bemerkbar
macht, das Schwitzen des Heues, weil sich das Heu in dieser Zeit etwas feucht anfühlt.
3
Auf Wiesen, welche kurze Zeit vor dem Abmähen der Überschwemmung ausgesetzt gewesen sind,
leidet das Heu bisweilen ebenfalls durch Verschlämmung. Solches Heu ist den Pferden schädlich. Durch
die den Pflanzen anhaftenden getrockneten Schlammteile ist es leicht zu erkennen.
4
Für ein Merkmal hinlänglicher Trockenheit gilt es, wenn sich beim festen Zusammentreten eines
Büschels Heu keine Feuchtigkeit mehr zeigt.
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Ein nicht hinreichend trocken in Scheunen oder Schobern aufgestapeltes Heu kann
sich bis zur Selbstentzündung erhitzen, verliert die frische Farbe und den Geruch oder
schimmelt und fault.
Gut gewordenes Heu kann bei trockener Aufbewahrung 1 bis 1 ½ Jahre erhalten
werden. Es verliert jedoch nach mehrmonatlicher Lagerung allmählich an Nährkraft, auch
nimmt seine Schmackhaftigkeit und Verdaulichkeit ab. Zum Teil ist dies dem Abbröckeln
der feineren, gerade nährstoffreichsten Pflanzenteile zuzuschreiben. Durch
wissenschaftliche Untersuchungen ist ermittelt worden, dass ein Jahr altes Heu an Wasser
etwa 1/5 (3 bis 3 ½ Prozent) und an Protein 1/3 (2 Prozent) weniger enthält, als frisch
geerntetes luftgetrocknetes Heu, wo zu noch der direkte Verlust durch Abbrechen der
feineren Blätter und Blüten tritt. Die im Landwirtschaftsbetriebe häufiger beobachtete sehr
geringe Nährwirkung überjährigen Heues ist hiernach erklärlich.
Nach länger als 1 bis 1 ½ jähriger Aufbewahrung verliert das Heu in der Regel sein
Aroma, wird staubig und wird vom Vieh verschmäht.
Das Grummet
Das Grummet (die Nachmahd, oder in Süddeutschland das Oehmd genannt) besitzt
einen höheren Nährstoffgehalt und eine größere Verdaulichkeit als das Wiesenheu (die
Vormahd oder der erste Schnitt), jedoch nur in dem Falle, dass es an und für sich tadellos
und bei durchaus günstiger Witterung eingeerntet worden ist. Das Grummet erleidet jedoch
in Folge der meist unbeständigen Herbstwitterung in Norddeutschland weit häufiger eine
Verschlechterung, als das Heu vom ersten Schnitt, weil es eine größere Menge leicht
löslicher Bestandteile enthält, wegen seiner zarten Beschaffenheit ehr durchnässt wird und
langsamer trocknet. In Süddeutschland, wo – von den Gebirgslagen abgesehen – die Ernte
früher vorgenommen werden kann, legt man dem Grummet deshalb einen höheren
Stellenwert bei, als in Norddeutschland.
Übrigens besitzt das Grummet an sich weniger Aroma und wohl auch weniger
Schmackhaftigkeit, als gutes Heu vom ersten Schnitt, weshalb es zuweilen von den Pferden
weniger bereitwillig verzehrt wird.
Beurteilung des Heues nach Aussehen und Geruch
Dem Aussehen nach kennzeichnet sich rechtzeitig geschnittenes und gut
eingebrachtes Heu durch eine frische Farbe. Das auf fettem Boden gewonnene Heu hat ein
etwas helleres, das mit vielen Futterkräutern durchwachsene, meist von guten Bergwiesen
herrührende Heu ein etwas dunkleres Aussehen, wie das Heu der gewöhnlichen Talwiesen;
das Heu von salzhaltigen Wiesen hat einen etwas bräunlichen Anflug 5 Da indes auch das
geringwertige, hauptsächlich aus Halbgräsern bestehende Heu von nassen (sauren) Wiesen
bei günstigen Ernte-Verhältnissen eine frische und häufig sogar lebhafter grüne Farbe, als
das Heu von guten Wiesen hat, so kann die frische Farbe nur als ein Bestandteil dafür
gelten, dass die Güte des Heues während und nach der Ernte durch Witterungseinflüsse
oder mangelhafte Aufbewahrung nicht gelitten hat.
Zu spät geschnittenes oder durch Regen beschädigtes Heu verliert, wie schon
vorher erwähnt ist, die frische Farbe; ebenso auch Heu, welches nicht genügend
ausgetrocknet eingescheuert worden (ist), und in Folge zu starker Gärung und Erhitzung
eine gelbliche oder bräunliche Färbung annimmt.
Fast alle Arten der Wiesengräser und Wiesenkräuter haben im getrockneten
Zustande einen eigentümlichen Geruch. Der Heuwert kann indes bei gut eingebrachtem
Heu nicht näher beurteilt werden. Gerade die Gräser und Kräuter, welche den stärksten
Wohlgeruch entwickeln, wie Ruchgras, Mariengras, Steinklee u.a., sind Futterpflanzen
zweiter Güte. Auch saure Gräser entwickeln einen süßlichen, ziemlich starken Geruch.
Ein kräftiger Pflanzengeruch ist daher nur ein Kennzeichen guter Werbung und
Aufbewahrung des Heues. Mit der längeren Aufbewahrung verliert sich der kräftige Geruch
gut geworbenen Heues mehr und mehr und verschwindet bei überjährigem Heu fast
gänzlich.
Nach Wahrnehmungen im landwirtschaftlichen Betriebe ist das aus sogenannten Salzwiesen
gewonnene Heu den Tieren ganz besonders gedeihlich.
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Bei Heu, welches nach dem Schnitt mehrfach beregnet worden (ist), geht der
Geruch schon vor dem Einbringen nach Verhältnis der Durchnässung verloren; ebenso
verliert mangelhaft ausgetrocknet in die Scheunen gebrachtes Heu dort den Geruch.
Ein dumpfiger Geruch ist das Merkmal des beginnenden oder erfolgten
Verderbens. Derartiges, für Magazin-Verwendung unbrauchbares Heu überzieht sich in der
Regel mit Schimmelpilzen und wird staubig.
Heuarten, welche als Ersatz vom Wiesenheu zu verwenden sind
Von denjenigen Pflanzenarten welche im heutrockenen Zustande in der Regel für
sich allein verfüttert werden und deren Heu unter besonderen Umständen von den MagazinVerwaltungen an Stelle von Wiesenheu verwendet werden kann, sind hervorzuheben
Rotklee, Weißklee, Schwedischer Klee, Wundklee, Wicken, Luzerne, Esparsette und
Seradella.
Der Nährstoffgehalt des Heues aller dieser Leguminosen-Arten ist unter gleich
günstigen Ernte-Verhältnissen bedeutender, als der des Wiesenheues. Das Heu der
Leguminosen ist aber dem Verderben und dem Abbröckeln viel leichter unterworfen, als
das Heu der Wiesengräser.
Wicken und Luzerne verholzen vom Beginn der Blüte an wesentlich schneller, als
die Kleearten. Wundklee hat etwas weniger Nährstoffe, ist aber der Verholzung weniger
ausgesetzt. Seradella besitzt den Vorzug, ihren hohen Nährwert fast bis zum Ende der Blüte
beizubehalten.
Am häufigsten wird deshalb von den aufgeführten Arten das Heu von Wicken und
Luzerne als überständig anzutreffen sein. Lupinenheu ist als Ersatz von Wiesenheu nicht zu
verwenden, da solches wegen seines Bitterstoffes nur sehr ungern von den Pferden
genommen wird, sich auch häufig als schädlich erwiesen hat.
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