Nochmal zu Verschwörungstheorien und ihren Anhängern von TomGard Pro @ 2011-06-05 – 18:40:28 Ich hole mal drei Texte vom Januar 2009 vor, die das Thema etwas ausführlicher aufgriffen, als jüngere, und denen mindestens indirekt zu entnehmen sein dürfte, warum ich heute auf angebliche oder wirkliche Verschwörungen anders eingehe, als damals. Kritik an dieser Differenz ist willkommen. "Nach 18monatiger Abstinenz zurück in der Bloggersphäre, verblüffte mich die Wandlung in der Szenerie der politischen Blogs. Bis Mitte 2007 hatte das Thema "9/11", hatten die Lügen und Unklarheiten um die damaligen Vorgänge nach meiner Wahrnehmung keine prominiente Rolle in den deutschen Blogs und im Gehölz der Information und Desinformation gespielt. Heute behandeln nicht nur zahlreiche Schreiber und Leser den "inside job" als eine feststehende Tatsache - ein Urteil, das ich teile; nein, es scheint, als habe das Thema über seine Stellung im Rahmen der US-Kriegspolitik hinaus wie ein tektonischer Bruch im zeitgeistigen Boden gewirkt. Als habe dieser Bruch einen Tsunami alter und neuer Verschwörungsmythen ausgelöst, dessen Wogen bis in die kommerziellen Medien schwappte und an nahezu allen Küsten der demokratischen Öffentlichkeit spürbar werden, wiewohl in ganz unterschiedlichem Maße. Im Umkreis der politischen Blogs sammelt diese Illuminaten-Welle, wie ich sie nennen werde, allen erdenklichen ideologischen Müll auf, überspült viele Analysen und Kritiken, verleibt sich zahlreich unvoreingenommene Befassung mit Geschäft und Gewalt ein und wirft alles zusammen zum Strandgut. Meine Verblüffung legte sich. Das hergebrachte Material der Illuminaten-Welle lag bereit, weil es sich um einen altbekannten Vorgang handelt. Wenn die Angehörigen unterworfener Völker und Klassen nicht länger zu ignorieren vermögen, wie die teils echten, teils gewähnten Pakte, die sie innerlich wie äußerlich mit ihrer Herrschaft geschlossen haben, Punkt für Punkt aufgekündigt werden, dann stellen sie mehrheitlich nicht den Pakt in Frage, sondern wittern Verrat! Es ist eine der letzten Möglichkeiten, gegen die Auflösung des Wahns solcher Paktiererei an ihm festzuhalten, und deshalb fördert der Vorgang die irrationalen Grundlinien berechnender Unterwerfung zu Tage. Einschub: Berechnende Unterwerfung Ich verwende einen Kommentar zur seinerzeitigen Debatte über das aktualisierte Milgram-Experiment: "Es bewies, dass "ein jedermann bereit ist, unbekannten Individuen schmerzhafte, möglicherweise tödliche Elektroschocks zu versetzen, sofern ein Mann in einem weissen Kittel es ihm befiehlt", rekapituliert die New York Times" So einen Satz zu kolportieren halte ich für voll daneben. 1) Den Teilnehmern des Experiments wurde seine Natur mitgeteilt. Also hat man zu schließen entweder a) Die Teilnehmer teilen grundsätzlich den Mythos, das menschliche Universum spiele sich im Wesentlichen zwischen den Polen Lohn und Strafe ab. Diesen Mythos gibt es sowohl in biblischer Gestaltung, wie auch in der modernen Religion, der Psychologie, die von sicherlich 98% der Leute als "Wissenschaft" geführt wird. Namentlich in Gestalt des Behaviorismus bzw. der von ihm beeinflußten Theorien. Zusätzlich ist diese Religion fester Bestandteil der pädagogischen Praxis, vom "Kindergarden" bis zur Universität. oder b) Die Teilnehmer brauchten / wollten dringend leichtverdiente $50 und verließen sich - mit welchem Hintergrund immer - auf die Rechtmäßigkeit eines universitären Experimentes. Das taten sie (noch) zu Recht! Folglich: Eher könnte einer sich wundern, daß kein größerer Anteil der Versuchsteilnehmer vollgültig "gehorchte". Der Gehorsam war in den Grundüberzeugungen und der Weltsicht der Probanden fest angelegt, deshalb waren sie welche! 2) Die Versicherung, es sei sicher gestellt worden, den Probanden sei das Milgram Experiment nicht bekannt, erscheint mir ziemlich verdächtig, zumal in New Haven und bei einem Anteil von über 82% mit mehr als High-School -Bildung, was die Abteilung 1b in den Blick rückt. 3) Eine methodische Zumutung, um es milde auszudrücken, finde ich, daß Burger zwar Befragungen mit dem Ziel durchführte, gewisse psychische "Grunddispositionen" zu quantifizieren, also eine Verbindung zwischen Gehorsam und "Charakter" herzustellen - eine Rassifizierung des Themas - aber keine Nachbefragung durchführte. Die Angaben der Probanden über Gründe und Hintergründe ihres Verhaltens, ob vorgeschoben oder nicht, wären geeignet gewesen, einige Lichter auf den Vorgang zu werfen. Dies (angeblich ?!) zu versäumen erfüllt in meinen Augen den Tatbestand bewußter propagandistischer Fälschung. 4) Die unvermeidliche und also beabsichtigte Botschaft dieser Fälschung wird weltweit so verstanden und verbreitet: Die Menschen "seien eben so", es verlangte sie nach Befehl und Gehorsam, also habe man sie zu "führen" und zu "leiten" - mit den gebotenen ethischen Rück- und Vorsichten, versteht sich. Kurzum: Das "Phänomen" wird zirkulär mit seinem eigenen Auftreten "begründet", naturalisiert und gerechtfertigt. Du siehst an Punkt 4, mir geht es nicht darum, das Phänomen zu leugnen. Jawohl, die Mehrheit der sozialisierten Leute - die Kulturfacetten spielen eine nahezu untergeordnete Rolle - neigen zu der angegebenen Weltsicht und entsprechendem Handeln. Aber Untersuchungen, wie die Vorliegende, beruhen obendrein auf einer weiteren Lüge, nämlich 5) Ohne auf eine "empirische" Untersuchung angewiesen zu sein hat jederman den Beweis im Kopf, daß vor der moralischen Weltsicht und also der Mythologisierung von Lohn und Strafe - die sich, das sei noch vorausgeschickt, doch vorzüglich auf das Selbstbild erstreckt - Berechnung zu stehen kommt. Dazu braucht niemand die moraltheologische Frage zu wälzen, ob vor der Moral das Fressen komme, weil die "Theorie", das Fressen käme zuerst, doch bitteschön in der Moral steckt. Herrschaft und Unterwerfung funktioniert dann und nur dann, wenn es einer Herrschaft gelingt, dem berechnenden Umgang der Sklaven und Knechte mit ihr, den sie bis auf den Tag mit Leibstrafen erzwingt, die Parameter herrschaftlicher Zwecke alternativlos zur Grundlage zu machen. Und nur unter dieser Voraussetzung erscheint ein "Lohn" als etwas, das mindestens "auch" auf einer Leistung des Belohnten, statt einzig auf den Zwecken und Kalkülen des Belohnenden beruht. Herrschaft muß ein von den Unterworfenen geteilter Zweck sein bzw. dauerhaft solche geteilten Zwecke reproduzieren, sonst geht sie nicht, jedenfalls nicht lange. Jeder Bürger kennt das Universum aus Lohn und Strafen, in dem seine Berechnungen befangen sind. An die Berechnung, nicht die Moral, wird in erster Instanz appelliert, um anschließend die gesellschaftlichen Folgen und Begleiterscheinungen der Berechnung pädagogisch, rechtlich, strafrechtlich und moralisch zu zügeln. Also: Die Leute sind in erster Linie mal gehorsam, weil sie berechnend sind, nicht erst gehorsam, und dann berechnend. Allerdings: Sobald der Gehorsam zur Gewohnheit und zum Charakter verfestigt wird, dreht ein Bürger das Verhältnis auch um, besteht in erster Instanz auf einem ideellen Lohn, an den er sich moralisch hält, bevor er zur Berechnung schreitet, ob er sich mit ihm tat-sächlich bescheiden muß, oder doch noch was darüber hinaus ganz rechtmäßig zu ergaunern ist. Doch selbst diese Verfestigung beruht noch auf der Leistung der Subjekte, und auch das bedarf keiner Untersuchung. Sich in dem Universum aus Lohn und Strafe, aus Berechnung und Gefühl zu bewegen, bedarf es Willensleistungen. Der berechnende Wille zur Unterwerfung muß mobilisiert werden, er muß sich an Strafen und ihren moralischen und rechtsförmigen Kriterien relativieren, diese Leistung nimmt die bürgerliche Herrsschaft niemandem außerhalb der Gefängnisse und dem Sonderfall der Kasernen ab. Folglich hat auch eine charakterlich verfestigte Fügsamkeit eine willentliche Seite und ein Organ, das imstande ist, die Verfestigung auch wieder aufzubrechen - nämlich mindestens infolge erzwungener Berechnungen. 6) Die entscheidende Hürde zum Aufbruch des angedeuteten phänomenologischen Kreislaufes, bei dem sich, wie auch in diesem "Experiment", Herrscher (in diesem Fall korrupte Geister) und Beherrschte so harmonisch einig werden, liegt mE allein darin, daß die Leut sich weigern, anhand ihrer eigenen Praxis wahr zu nehmen und einzugestehen, daß ihre Moral und ihre Berechnung dasselbe , nur zwei Betrachtungsweisen derselben Sache sind. Abstrakt gesagt ist diese Weigerung positiv, indem sich jemand ein Selbstbewußtsein als Organ seiner Weltsicht zulegt und sich, nämlich sein Tun und Wollen, seine Handlungsfähigkeit als berechnendes Individuum, von diesem Selbstbewußtsein und dem Weltbild, in das es eingebettet wird, derart abhängig zu machen, daß deren Dekonstruktion als eine finale persönliche Katastrophe nicht nur erscheint, sondern leicht auch eine zu werden droht, in vielfältigen Erscheinungsformen von Krankheit und Wahn. Auch davon ist in einigen Zusatzbemerkungen der Milgramm-Experimente stets die Rede gewesen: Schweißausbrüche, Zittern, hysterische Anfälle usw. Doch die "Analytiker" zogen es vor, dahinter den eingebauten Gottvater, notfalls in Gestalt des freudschen Archipatriarchen am Werk zu sehen. Fortsetzung: Verschwörungstheorien Mancher Leser wird mir entrüstet entgegen halten, eine Vielzahl von Verschwörungen und Machenschaften sei unwiderleglich entdeckt, viele auch offiziell eingestanden, meist Jahrzehnte später. Einen Moment Geduld bitte, ich komme darauf. Der kollektive Aufschrei "Betrug, Verrat", ist ein Aufstand in den Reihen der Kleinbürger, die "ihren" Staat gegen alle schlechten Erfahrungen noch immer wenigstens theoretisch als einen nationalen Anwalt und internationalen Sachwalter ihrer Interessen behandeln wollen. Kein Wunder, daß dann, ähnlich wie im Deutschland der 20ger und 30ger Jahre des letzten Jahrhunderts, ein grausliches Amalgam aus geistigen Versatzstücken "linker" wie "rechter" Empörung entsteht. Ich fürchte, ähnlich wie im damaligen Deutschland, wird sich auch die Masse des Pöbels (1) aus dem Strandgut bedienen, den die Illuminaten-Welle und andere, assoziierte Wahnwellen auf verwüstetem Land und in verwüsteten Seelen abladen. Dann nämlich, wenn die Verträge auch offiziell gekündigt werden, wenn die Herrschaft sich veranlaßt sieht, einen "New Deal" anzubieten. Daher kann man gut darauf wetten, daß die Illuminaten-Welle zum Teil zweckmäßig gesteuert und befördert wird. Verschwörung? Ja, aber das ist nicht der "Witz" daran, sondern die Gründe, warum sie verfängt! Der unvermeidliche "New Deal" kann im heutigen Deutschland und im übrigen Westeuropa weder "amerikanisch" ausfallen, noch nazideutsch, und das kann man "riechen". Die Mitteilungen der Herrschenden ans Volk zielen doch auf allen Ebenen auf solche "Einsicht". Die Sowjetunion war eine andere Sorte Gegner und Feind, als diejenigen, die in feindseliger Komplizität zu identifizieren und zu stellen die imperialistischen Herren im Begriffe sind. Und seinerzeit gab es regional potente Arbeiterbewegungen, welche die Herrschaften teils an sich zu ziehen, teils zu vernichten hatten. Überhaupt steht im Hintergrund, daß die Festigkeit der meisten europäischen Herrschaften von keinem faschistischen Staatswesen zu überbieten ist. Daher werden überwiegen auswärts Herrschaften und Volk zur Vernichtung anstehen. Allgemeine Voraussetzungen Seit es Könige und Tempelherren gibt, gibt es auch Tempelkrieger und Thronwachen, gibt es Verschwörung zur und gegen die Macht. Wie sollte es anders sein, entstammt doch die Herrschaft Gegensätzen in der unterworfenen Gesellschaft, welche sie bewirtschaftet, denen sie eine haltbare Verlaufsform zu geben sucht, sie erhält, daher weiter treibt und ausbaut. Folglich setzen sich diese Gegensätze auch innerhalb des herrschaftlichen Personals und in ihren Institutionen durch. Schon deshalb kann Herrschaft nie anders vonstatten gehen, als mittels Verschörung feindlicher Brüder in und zu ihr. Damit könnte klar sein, diese Verschwörungen sind keine "gegen das Volk", denn just in diesem Punkt sind sich die Brüder einig, auch wenn ihnen das hin und wieder selbst anders erscheinen mag. Wenn wir die Phänomenologie der Verschwörung in dem Zusammenhang benutzen wollen, dann wäre "Politik" prinzipiell eine "Verschwörung" gegen das "Volk" zu nennen, in Gestalt jeder einzelnen Maßnahme der Gewaltausübung, deren Zusammenwirken die Geschichte und das "System" der Herrschaft ergibt. Das Resultat dieses Zusammenwirkens tritt den Herrschenden als Voraussetzung und "Sachzwang" der Herrschaft "selbst", also ihres Selbst-Zweckes, und daher der Handlungen des Herrschaftspersonals entgegen. Verschwörungen dieses Personals beruhen daher auf einer mehr oder minder gelungenen Antizipation künftiger Herrschaftsresultate, und ihr Gelingen ist und wird ein Dienst am System der Herrschaft im Allgemeinen und der Machtausübung im Besonderen, deren jeweiliger Gewinn im Konkurrenzerfolg der Verschwörer liegt. Folglich ist dieser Konkurrenzerfolg identisch mit gelungener und zweckmäßiger Herrschaftsausübung. (Vgl. meine Texte zu Nationalismus und der Scheidung von professionellen Nationalisten und Amateuren) Eine Verschwörung wird das politischen Geschäft an sich auf idealtypische Weise dann und insofern, als und solang es darauf zielt, die Gegensätze, denen sich die Gewaltausübung wie deren Akklamation verdankt, aus der Welt zu schaffen. Denn das schließt ja nichts Geringeres ein, als die physische Vernichtung oder jedenfalls Kaltstellung desjenigen Personals, das auf der "unerwünschten" Seite des Gegensatzes steht, auf den die Gewalt zielt. Dieser idealtypische Übergang charakterisiert die faschistische Gesinnung und Gewaltausübung. Doch auch unterhalb dieser Schwelle, z.b. im Strafrecht zu Kapitalvergehen, macht sich das bemerkbar. In diesem Sinne ist - um ein beliebtes Beispiel zu nehmen - eine Verschärfung der Sexualstrafgesetzgebung, die maximal abschreckend wirken soll, indem es die Straftäter nach begangener Tat sicher aus dem Verkehr zu ziehen verspricht, eine politische Verschwörung zur Aufrechterhaltung der Verhältnisse zu nennen, unter denen fortgesetzt genotzüchtigt und vergewaltigt wird. An dieser "Schnittstelle" zum Strafrecht wird zugleich der Unfug einer Verwechslung von Herrschaft mit den Verschwörungen zu ihr offenkundig - oder etwa nicht? Zusammenfassend gesagt ist Verschwörung daher ein Modus der Herrschaft, doch eben deshalb nicht ihr Begriff. Folglich klärt Aufdeckung von Verschwörungen nicht über Herrschaft auf, sie verklärt sie vielmehr - üblicherweise zu einer ideellen "Volksherrschaft", an der sich ihr Personal beständig vergehe. Beispiel 9/11 Die aktualen militärpolitischen Zwecke und Wirkungen im Zusammenhang mit 9/11 liegen offen auf dem Tisch. Angriff auf Afghanistan und den Irak Bush's Kriegserklärung an den Rest der Welt ("War on Terror") emanzipierte sich freizügig und offenherzig von dem vorgeblichen Anlaß. Die Anschläge, so "unerhört" sie in der politischen Landschaft der Zeit erschienen, gaben nicht das klitzekleinste Argument dafür her, da habe sich statt einer kleinen Gruppe von Verschwörern eine "Welt" von Terroristen gegen die USA verschworen. Im Gegenteil, Planung und Ausführung mußte in den Händen einer Gruppe gelegen haben, die exklusiv und abgeschottet genug war, das Projekt nicht allzu vorzeitig zu verraten (es wurde verraten, aber das Thema verfolge ich hier nicht weiter). Dies Argument war einfach und billig zu haben. Jeder Fünftklässler sollte imstande sein, es nicht nur zu verstehen, sondern es selbständig zu fassen. Äquivalente Aufgaben werden routinemäßig von ihm verlangt, z.b. wenn er Textaufgaben die Algorithmen zu ihrer Lösung entnehmen soll. Hätte Bush oder sonstwer eingewandt, man habe über solch einen umfassenden globalen Terrorangriff Erkenntnisse, die mit den Anschlägen nichts zu tun haben, hätte derselbe Fünftklässler antworten können: Und warum habt ihr die Anschläge dann nicht verhindert?! Das Mittel eines "inside job" gibt die Rechtfertigung, zu der verwendet wurde, also gar nicht her. Die Verschwörungstheoretiker, statt die Rechtfertigung der Kriegspolitik anzugreifen, rechtfertigen sie selbst - nämlich im Nachhinein, anhand des Erfolges der angeblichen oder wirklichen Verschwörung. Spätestens hier sollte der Leser merken, daß es für den Angriff auf die politischen Ziele und Zwecke, in denen die Vorgänge von 9/11 eine Rolle spielen, völlig belanglos ist, wer die Täter und Verschwörer waren. Damit will ich nicht behaupten, die Täterschaft sei politisch generell belangslos, aber für jene Gegnerschaft und insbesondere für eine Aufhetzung der Leut zu ihr, ist sie's. Man kann an der Stelle auch das Motiv erkennen, das die Verschwörungstheoretiker bewegt, einen "inside job" geradezu abzufeiern, indem sie seinen Erfolg einer gelungenen Antizipation der Verschwörer zuschreiben. Wie oben allgemein begründet, ist diese Zuschreibung eine Verlegung! Der Erfolg liegt nicht in der Antizipation, sondern in der Bereitschaft der Unterworfenen, sich für die Zwecke der Herrschaft mobilisieren zu lassen, oder ihre Folgen und Lasten wenigstens zu dulden. So nehmen die Verschwörungstheoretiker den Pöbel (1) vor der Kritik an dem Gebrauch in Schutz, den er willig von sich machen läßt, indem sie ihn einen Mißbrauch heißen. Im Gewinn dieser Operation liegt merklich auch ihr Zweck: Die Verschwörungstheoretiker sprechen den Pöbel auf derselben Ebene an, auf welche die Herrschaft ihn gewaltsam verpflichtet, nämlich vermittels der Empörung über das Unrecht, das an ihm begangen wurde, indem ein Herrschaftspersonal sich mittels eines "inside job" an ihm vergangen habe. Als ob nicht an den kriegerischen Zwecken, die anläßlich des "inside job" verkündet wurden, direkt ablesbar wäre, daß dieser Pöbel - jedenfalls ein Teil von ihm - genau dazu da ist und sein soll, sich für die Zwecke seiner Herrschaft zerfetzen und verbrennen zu lassen! Da also die Behauptungen und Unterstellungen der Bush-Administration hinreichten, die Mehrheit der Amerikaner von der Rechtmäßigkeit der mindestens hunderttausendfachen Vernichtung unbeteiligter Menschen zu überzeugen, warum sollte dann die Tötung einiger Tausend Amerikaner, begleitet von der Ankündigung, weitere amerikanische Opfer in mindestens derselben Größenordnung hinzu zu fügen, Unrecht gewesen sein?! Unterdessen feiern die Nachfolger der Verschwörer - darunter Herr Obama - die Toten von 9/11 längst als Märtyrer im Dienste Amerikas. Und genau das waren sie dann auch, egal, ob der Täter Cheney oder BinLaden heißt oder Beide im Verein. In Summe umgeht die Verschwörungstheorie Aufklärung über und Kritik der Vorgänge, indem sie der Ehrfurcht vor und Anbetung der Macht seitens ihrer Adressaten das gewohntes Ziel wegzunehmen und durch ein anderes zu ersetzen sucht: Die "Illuminaten". Oder wie immer sie die Gesellschaft der Verschwörer sonst nennen wollen. Die Ehrfurcht und Anbetung wird einfach umgedeutet und mit einem negativen Vorzeichen versehen, sodaß unter dem Strich die Anbetung abstrakter Macht in einer vollgültig narrativen Gestalt übrig bleibt Im Grunde - um die Narration zu illustrieren - kann ein Gläubiger nur darauf hoffen, eines Tages werde das echte oder unechte "Alien" sich vor ihm entbergen und sagen: "Mein lieber Sohn, Du bist der Wahrheit sehr nahe gekommen. Und jetzt sage ich Dir, wie es wirklich ist!" Der harte Kern der Verschwörungstheorien ist kindliche Abgötterei, überwiegend verräterisch patriarchalisch. Deutlich mehr "kleine" Jungen als Mädels hegen sie. Und ich bin ziemlich überzeugt, eine realitätsnähere Variante davon leitet seit einem knappen Jahr den neuen amerikanischen Präsidenten, der in gewisse Zusammenhänge eingeweiht wurde, nachdem durchgesetzt war, daß er die Wahl gewinnen solle. Obama mag sich jetzt im Bewußtsein seiner nun endlich in der allerobersten weltlichen Etage angesiedelten Verantwortung durchaus als ein "guter" Verschwörer empfinden und ehrlich "im Dienste des Volkes" Maßnahmen einleiten wollen, die ihm als harte aber unausweichliche Notwendigkeiten in der Selbstbehauptung einer Supermacht vorgestellt und seiner Handlungsfähigkeit damit voraus gesetzt worden sind. Soweit die Verschwörungstheoretiker sich mit der Frage nach den Herrschaftszwecken abgeben, geschieht das folglich offensiv falsch. Sie verrätseln, was sie aufzudecken vorgeben, und das "Volk", das sie ideell und moralisch in Schutz nehmen, liefern sie theoretisch wie praktisch der Politik und den Politikern aus. Das ist ihr "Job" im Gefüge der Herrschaft, den sie ausüben, obwohl vielleicht viele von ihnen ihn ablehnten, würder er ihnen angetragen. Dieselbe Argumentation gilt für alle anderen involvierten Zwecke amerikanischer, mittelbar und inmittelbar auch europäischer Politik im Zusammenhang mit 9/11: Übergang zur Kriegsökonomie, Verhängung des Ausnahmezustandes mit Übergängen zur Militärdiktatur und Militärjustiz. Instrumentalisierung der NATO für die militärische Offensivstrategie, militärische Präemtivdoktrin einschließlich des Einsatzes ultimater Waffen bzw. dessen Androhung und und und - die Liste der offiziellen, halboffiziellen und leicht kenntlichen Zwecke und Ziele wäre zu verlängern. Ich wiederhole, ich behaupte nicht, es sei belanglos, daß die Anschläge von 9/11 unter maßgeblicher Beteiligung von Mitgliedern amerikanischer Geheimdienste, des Pentagon und des Personals im weißen Haus verübt wurden. Die Tatsache läßt Erkenntnisse über den Zustand und die Zwecke der amerikanischen Herrschaft und den Stand der imperialistischen Konkurrenz zu, die zur Erklärung der politischen und ökonomischen Vorgänge damals wie heute beitragen. Doch auch hier gilt, für die Prüfung solcher Erkenntnisse bzw. Überlegungen ist die letzte Sicherheit über die Vorgänge und erst recht den Umkreis der Beteiligten ohne Belang. Solche Prüfung hat zu klären, ob und in welchen Hinsichten die Pläne und Absichten, die man ermittelt zu haben glaubt, in sich stimmig sind und ihre potentiellen Ziele erreichen (können), oder nicht. Denn das entscheidet darüber, ob die wirkliche oder angebliche Verschwörung eine belanglose Anekdote der Geschichte wird, wie etwa die Iran-Kontra-Affäre oder die false-Flag Operation, die einem Angriff auf Kuba vorausgehen sollte. Das Beispiel Pearl Harbour zeugt davon: Die Mobilisierung der amerikanischen Bevölkerung für den langen und opferreichen Feldzug zur Herstellung der unangefochtenen pazifischen Hegemonie und die Anstrengungen, welche die Kriegswirtschaft von ihr verlangte, wäre nicht in der geschehenen Weise zu haben gewesen, hätte man den Japanern nicht ihr Angriffsziel zum Fraße vorgeworfen. Deshalb hätte diese Episode seinerzeit einiges über die ungenannten Ziele der USA verraten. Im Falle von 9/11 kann ich nichts Vergleichbares erkennen, im Gegenteil. Die Wahl Obamas und ihre Umstände zeugen, denke ich, davon, daß die Mobilisierung und die damit verbundenen Planungen ihr Ziel verfehlt haben. 9/11 wird eher eine Anekdote werden. (1) Das Wort "Pöbel" soll keine Überhebung ausdrücken. Der Ausdruck gibt der Weise einen Namen, wie ein Volkskörper Berücksichtigung durch seine Herrschaft erfährt und also auch den Methoden, mit denen der Pöbel Berücksichtigung fordern kann und ggf. berechnend gewährt bekommt. Er soll hier ein Zwangsverhältnis charakterisieren, keine "Eigenschaften" im charakterologischen Sinne. o o Kommentare (6) Weitersagen Facebook Twitter E-Mail Tags: o verschwörung Trackback-URL: http://www.blog.de/htsrv/trackback3.php/11268762/ab50b 6 Kommentare zu "Nochmal zu Verschwörungstheorien und ihren Anhängern" Kommentar schreiben Subkommentare ausblenden o o o j-ap (Besucher) http://allensteyn.blogsport.de/ 2011-06-08 @ 18:11:19 Hallo Thomas! Ich stelle noch zwei Passagen aus älteren Kommentaren von mir herein; der Vollständigkeit halber: 1. »Darum mußte, in präemptiver Paranoia, jede andere Herrschaft als die von Bürgern über Bürger nicht etwa als falsch und unpraktisch, sondern als subjektiv böse, zersetztend und abgrundtief scheußlich verteufelt werden und es gehört sich für die bürgerliche Ideologie, jeden Widerstand gegen ihre recht eigentliche Verwirklichung als Anschlag auf und Sabotage der Gemeinschaft zu perhorreszieren.« 2. »Der Skandal und die Affäre sind in liberalen Demokratien nichts anderes als die Verlaufsform der Gesellschaftszweckerfüllung: Die Aufregung über »skandalöse Umstände« lebt stets vom absoluten, unhintergehbaren Blankovertrauen dressierter Staatsbürgerhirne in die Techniken der staatlichen Geschäftsordnung; mithin also von der Vorstellung, daß das demokratische Procedere, wenn es nur hinreichend vorschriftsmäßig besorgt und beachtet werde, die Garantie dafür sei, daß einem durch die Staatsgewalt immer und überall nur Gutes widerfahre. Wer darauf besteht, daß das Herrschaftspersonal der Nation, vom kleinsten Amtsinspektor über den Staatsanwalt bis hinauf zum Kriegsminister und Bundespräsidenten, nur ja nicht säumig werde, der erhebt eben nicht von außen einen Einspruch gegen die politische Gewalt, sondern stellt sich im Gegenteil in Eigenregie auf den Standpunkt der Amtsaufsicht und fordert sein Recht auf die Staatsgewalt und ihren nur folgerichtigen Vollzug ein!« Die bürgerliche Gesellschaft treibt von sich aus auf so einen Verfolgungswahn zu: die Protokolle der Weisen von Zion wurden glaube ich schon tausendmal als Fälschungen der zaristischen Geheimpolizei entlarvt. Daraus folgte nun aber nicht, daß man sie auf den Kehrichthaufen geworfen hat, sondern ihre Strahlkraft ist nach wie vor ungebrochen, wennzwar auf die Erscheinungsformen wechseln mögen. Warum ist das so? Wenn Du mich fragst: Weil die »Weisen von Zion« die fällige und konsequente Antwort sind auf den kruden Obskurantismus, der im Herzen der bürgerlichen Gesellschaft mit all ihren Realfiktionen und -abstraktionen vor sich hin west. Oder plakativer: Die »Weisen von Zion« (oder: die Bilderberger, die Trilaterale Kommission usw. usf.) sind Name, Adresse und Telefonnummer zur »unsichtbaren Hand« Adam Smiths. Gruß Josef o o o Auf Kommentar antworten Permalink Zeige diesen Thread o TomGard Pro 2011-06-09 @ 12:44:31 Lieber Josef, vorab: Mein Text ist ja aus drei Teilen roh zusammengefügt und kaum geglättet, und besonders der mittlere, die anderen begrifflich verklammernde Teil über "die irrationalen Grundlinien berechnender Unterwerfung" - wie ich ihn einleitete hat den Mangel, induktiv am Milgram-Theorem entlang formuliert zu sein, weil ursprünglich ein Kommentar zu diesem Thema. Insofern mutet er dem Leser einige Unbequemlichkeiten zu. Ich frage mich nun, inwieweit Du ihn überhaupt gelesen hast, insbesondere den Abschnitt über berechnende Unterwerfung. Denn was Du zur "Vervollständigung" deklarierst, ist, behaupte ich, eine Gegenposition. Solch ein Mißverständnis kommt in den überwiegenden Fällen zustande, weil der falsch Zustimmende "auf derselben Seite" einer Front zu agieren glaubt, wie der Redner. Das Jenseits der Front charakterisierst Du mit: - "kruden Obskurantismus" - "mußte ... jede (nicht bürgerliche) Herrschaft (statt) etwa als falsch und unpraktisch, als subjektiv böse ...und abgrundtief scheußlich verteufelt werden" und machst folgende (Beweg-)Gründe, Ursachen bzw. "Organe" für das Angegriffene namhaft: - "absolutes, unhintergehbares Blankovertrauen dressierter Staatsbürgerhirne" - die (irrtümlich oder wahnhaft, das unterscheidest Du nicht) dem Staatswesen als eingeborenes Anliegen bzw. Zweck unterstellte "Garantie, daß einem durch die Staatsgewalt immer und überall nur Gutes widerfahre", sowie: - "den Standpunkt der Amtsaufsicht (des bürgerlichen Individuums), sein Recht auf die Staatsgewalt und ihren nur folgerichtigen Vollzug". Nur dem letzten Punkt könnte ich, wenn ich ihn nominell nehme und also von den anderen trenne, zustimmen, alles andere ist - theoretisch - ein Angriff auf das, was ich geschrieben habe, bzw. - praktisch - an meinem Zeug vorbei geschrieben. Ich nehme jetzt diesen letzten Punkt und schaue, wie er zu den anderen gebettet ist. Ein individuelles "Recht" an der Staatsgewalt trennt offensichtlich unter dem Namen "Recht" die Gewalt von denen, die ihre Sachwaltern sind und sie ausüben, um, scheinbar anschließend, unter dem Namen "Recht" Titel zu versammeln und einzuklagen, unter denen der Sprecher An-Rechte an dieser Gewalt geltend machen will. Ich behandele das jetzt geradezu übermäßig ausführlich, daher die Betonung "scheinbar anschließend". Die Scheinhaftigkeit ist doch schlicht kenntlich, weil die in der Tat obskure Trennung der Gewalt von einem "ausübenden" Personal unter dem Namen Recht der Titelhuberei voraus gesetzt wird, und in diesem Sinne wie ein argumentativer Grund der Titelhuberei figuriert, obwohl die Trennung an sich, ohne den Inhalt, den sie erst von den geltend gemachten Titeln erhält, weder Gründe noch irgendwie bestimmte Berufungsinstanzen hergibt. Das weiß auch ein Jeder, weshalb diese obskure Trennung vom Ansatz her in zwei Varianten auftritt und vorgebracht wird: Recht und Un-Recht. Folglich stellt der Schein den Sachverhalt rückwärts dar, der darin besteht, daß eine gewalttätige Instanz Titel setzt, nämlich für diejenigen Anliegen, Zwecke und Handlungen von Unterworfenen, die sie von der Drohung auszunehmen gewillt ist, sie vernichtend zu bekämpfen. Der Vorgang ist überhaupt der ganze Inhalt von "Unterwerfung" von Seiten der ausübenden Gewalt: Die Setzung von Ausnahmen in einem dauerhaften, zum Institut ausgestalteten Vernichtungsfeldzug. Und dieser dauerhaft zum Institut ausgestaltete Vernichtungsfeldzug trägt den Namen "Recht". Oder eben "Unrecht". Die Titel, welche Recht und Unrecht setzen und scheiden sind identisch mit dem (wohl-)bestimmten Willen eines zu einer Instanz ausgeformten gemeinschaftlichen Herrschaftswillens gewalttätiger Personen. Um dieser (Wohl-)Bestimmtheit willen unterliegt auch der korporative Wille des herrschenden Personals der Dynamik der Unterwerfung, die es gemeinsam den Unterworfenen abverlangt, und daher der Formierung in der Dichotomie von "Recht" und "Unrecht". (Deshalb die Klammern um "wohl-", es handelt sich stets um einen Formierungsprozess) Wie könnten diese einfachen Zusammenhänge noch deutlicher illustriert werden, als derzeit in Libyen?? Hier paßt ein break (Jana kommt gerade), ich setze die Argumentation später fort. Auf Kommentar antworten Permalink Zeige diesen Thread j-ap (Besucher) http://allensteyn.blogsport.de/ 2011-06-09 @ 13:52:16 Lieber Thomas, vielleicht hilft es Dir ja, den vollständigen Kommentar und den Kontext, in dem er steht, zu lesen: http://www.freitag.de/politik/1122-wenn-die-justiz-sich-wie-ein-tierverh-lt-das-man-von-seiner-beute-zerren-muss#comment-272441 Da ging es um Skandale und Affären und die Rolle, die sie spielen. Das ist deshalb nicht unerheblich, weil genau der Zusammenhang ein Licht darauf wirft, wie das kommt, daß jemand auf irgendwelchen Verschwörungen als »Erklärung« verfällt: Nur wer glaubt, daß die Herrschaft als solche noch gar nicht verkehrt ist, sondern eine Art Hebel fürs soziale Interesse — eben: Politik, die sie immer und überall treiben wollen —, der bringt es dahin, alle Beschädigungen und Opfer, die sie hinterläßt, einem Kreis von Verschwörern anzulasten, die die gute, wahre und schöne Herrschaft sabotiert und hintertrieben haben müssen, woraus folgt, daß bei der Abstellung solcher Machenschaften der Laden so ideal rund laufen würde, wie man es von ihm glaubt. Was ist das? Ist der Staat eine reine Wahnvorstellung, eine »HalluziNation«, die es gar nicht gibt? Oder ein staatsbürgerliches Fehlkalkül? Oder doch eine Realabstraktion, d.h. ein völlig irres Ding, das gleichwohl durch gesellschaftliche Praxis zur Geltung kommt, »als ob«? — Ich neige letzterem zu. Grüße bitte die Jana von mir, und bestelle ihr, wenn Du magst, daß ich mich bei ihr noch für ein böses Wort entschuldigen möchte, das ich mal im Zorn fallen ließ. Bis später! Auf Kommentar antworten Permalink Zeige diesen Thread TomGard Pro 2011-06-10 @ 09:53:00 Lieber Josef, "Oder doch eine Realabstraktion, d.h. ein völlig irres Ding, das gleichwohl durch gesellschaftliche Praxis zur Geltung kommt, »als ob«?" - fragst Du. Ich antworte: Die Frage ist eine theologische Mystifikation, indem sie mit den Attributen "völlig irre" und "als ob" das "real" in "Realabstraktion" nicht gelten lassen will, und damit implizit eine "Wirklichkeit" gleichsam ober- oder unterhalb der "Realität" erfindet. Realität möge man im obigen Satz getrost durch "Handlungszusammenhang" ersetzen. Handlungszusammenhänge sind - ein wenig tautologisch bestimmt, aber das geht nicht anders, wie der Fortgang immerhin andeuten wird - "das, womit irgendzwei Menschen es zu tun haben", und "irgendzwei" steht da symbolisch für den kulturellen - nicht nur biologischen - Begriff der Gattung, den Marx "materialistisch" nannte - übrigens in voller, aber bewußt nie ausgetragenen Opposition zu seinem paternalischen Gönner Engels, ich erwähne das, weil ich es später noch zu verwenden gedenke - und zwar deshalb, weil er diese "Materie" als geschichtliches Resultat von Handlungen, nicht als Voraussetzung und "Substrat" derselben aufgefaßt und vor allem untersucht hatte. Resultat - das gliedert den Handlungen auch Wahrnehmung, Auschauung, Erkenntnis, Begriff ein. (Anm.: daher ist Marx ein "Konstruktivist" zu heißen, wiewohl er über den Konstruktivismus unserer Tage einen qualitativen Schritt hinaus gegangen ist, und das wiederum liegt, "technisch" aka bildungsgeschichtlich daran, daß die heutigen Konstruktivisten Hegels "Entwickelungen" entweder nicht kennen, oder nicht verstehen, aber dennoch plündern.) Hegels praktisch bedeutsamste Erkenntnis lautet: "Abstraktionen in der Wirklichkeit geltend machen, heißt Wirklichkeit vernichten." Hinter Marx zurück blieb er damit nur hinsichtlich des oben skizzierten Begriffs der Wirklichkeit, denn er wurde trotz erbitterter Anstrengungen den theologischen Substanzcharakter des ihm überlieferten Wirklichkeitsbegriffes nicht los, konservierte ihn im Systemcharakter und -begriff seiner Philosophie selbst. Marx begriff nicht nur, sondern zeigte, daß und wie diese Vernichtung menschlichem Lebenprozess und Dasein galt und auf es wirkte, und allenfalls mittelbar auch der "Natur", sprich, den außerleiblichen Bestandteilen des menschlichen Lebensprozesses. Herrschaft überhaupt, "sans phrase", ist schon eine Realabstraktion und diejenigen Realabstraktionen, mit denen wir es heut zu tun haben, d.h. global: alle Fetische nebst ihren "Tempeln" und "Schreinen", als da sind die "Verselbständigung des abstrakt freien Willen" (Staat), Geld, Banken, Weltfinanzsystem, Weltmarkt nebst seinen Agenturen (=imperialistische Staaten, heute "Das Imperium" im Bildungsprozess) sind allesamt von dieser elementaren Abstraktion abgeleitet, die ihren geschichtlichen Ausgangspunkt höchst wahrscheinlich in der Unterwerfung des weiblichen Geschlechtes gehabt hat. Und ihr Begriff ist einfach und schlicht: Die Verwandlung von Gewalttätigkeit in eine "Produktivkraft" im Dienste eines eines exklusiven, elitären Teil eines Gemeinwesens. (Anm.: Hier liegt übrigens, schätze ich, der harte Kern des Irrtums von Marx in allem, worin er sich irrte, vor allem seiner blöden Geschichtsontologie: Er sah den Begriff implizit in der Trennung von Hand- und Kopfarbeit. Kenntlich ist das z.b. an der unseligen Scheidung von "Produktivkräften" und "Produktionsverhältnissen", die im marx'schen Begriff des Kapitalverhältnisses im besten Hegelschen Sinne "aufgehoben" ist, ohne daß Marx selbst diese Konsequenz sonderlich zur Kenntnis zu nehmen beliebte, vor allem nicht in seinen politischen Aussagen ...) Meine Antwort an Dich, Josef, lautet also: Jawohl, eine Realabstraktion, aber so, wie Du sie faßt, ist sie Spielzeug und elitäres Pläsierchen eines dressierten Verstandes, der sich seiner, dh. der Verstandesfesseln zu entledigen sucht, ohne dabei seine im breitesten Sinne "bequeme" Lage aufgeben zu wollen. Das ist eine furztrocken sachlich gemeinte Aussage! --Ich werde die Debatte von meiner Seite weiterführen, im Anschluß an den untenstehenden Kommentar, aber heute und vielleicht auch morgen kümmere ich mich aus aktuellem Anlaß um Fukushima, denn der "Unfall" hat eine weitgehend unterschätzte politische Dimension. Bis dann Dein Thomas Auf Kommentar antworten Permalink Zeige diesen Thread TomGard Pro 2011-06-10 @ 11:32:51 PS: Falls Du, Josef, oder sonstwer sich beschweren mag, daß ich doch selbst wiederholt von "Wahn" im Zusammenhang mit Realabstraktionen geredet habe, gebe ich noch was zu bedenken. Ich habe hoffentlich wenigstens an einer Stelle auf die klassische Auffassung einer "idée fixe" verwiesen, um abzugrenzen, von welchem Begriff des Wahns ich rede. Vielfach habe ich ihn auch mit "Mythos" assoziiert, was andeuten sollte, daß ich den Kreis der betreffenden Wahnvorstellungen einen Komplex und ein System von Vorstellungen nenne, unter denen die "befallenen" Menschen ihre persönlichen und sozialen Handlungen abwickeln. Mit dem individuellen Irresein ist das insofern verknüpft und verknüpfbar, als die Mehrzahl der psychopathischen Wahnvorstellungen die Betroffenen nicht handlungsunfähig macht, im Gegenteil: Es handelt sich meistens um Konstruktionen, welche die Handlungsfähigkeit des Betreffenden theoretisch wie praktisch aufrecht erhalten - nur nicht zwingend auch im jeweils gegebenen sozialen Kontext. Auf Kommentar antworten Permalink o o TomGard Pro 2011-06-09 @ 22:52:54 Hallo Josef, hat ein wenig gedauert, u.a. deshalb, weil ich einen Entwurf zwischenzeitlich wegwarf. Es wäre mir lieb gewesen, Du hättest gegen den letzten Kommentar geschossen, nämlich gegen seine Hauptaussage: >Der Vorgang ist ... der ganze Inhalt von "Unterwerfung" von Seiten der ausübenden Gewalt: Die Setzung von Ausnahmen in einem dauerhaften, zum Institut ausgestalteten Vernichtungsfeldzug ... gegen Anliegen, Zwecke und Handlungen von Unterworfenen. Dieser Vernichtungsfeldzug trägt den Namen "Recht". Oder eben "Unrecht".<<br /> Die behauptet ja immerhin sowas wie ein "Prinzip" des Herrschens unabhängig von Zwecken der Herrschenden. An Einwänden hätte ich den umfangreichen Fortgang etwas strukturieren können. Die Aussage hatte ich im Kommentar abstrakt aus dem Phänomen einer Trennung von Recht und Gewalt ausgepopelt, und Dir und anderen Lesern damit zugemutet, es für alle rechtsförmige Gewalt gelten zu lassen, wie immer sie im Besonderen beschaffen sei. Ich will nun zusätzlich die Gelegenheit nutzen, auf die Behandlung der Sache in meinem Text zur Psychologie d. bürgl. Individuums zu verweisen, in dem ich dasselbe wie folgt am Beispiel des mosaischen Gesetzes darstelle: "Eine gesellschaftliche Partei macht sich zum Sachwalter eines ideellen Institutes, welches "eigentlich" (metaphysisch) das ganze Gemeinwesen umgreifen soll und setzt diesen Anspruch blutig durch: a) Legalitätsprinzip (1. Gebot). Den Unterworfenen wird das Leben unter Bedingungen zugestanden und damit ins Recht gesetzt." Das beschreibt die Grundlegung einer Tempelherrschaft, egal, ob in Mesopotanien, Ägypten, im ehemaligen Kanaan, ob die Maya- und Inkatempelherrschaften, die Christianisierung des mittelalterlichen Europa, und geradezu idealtypisch liegt sie in einer der "menschenfreundlichsten" Missionen der christlichen Geschichte vor, in den jesuitischen Reducciones. Die einzige Voraussetzung meiner Beschreibung ist die Existenz einer "gesellschaftlichen Partei" innerhalb (!) eines Gemeinwesens, die den Gegensatz zu einer anderen blutig aufmacht, und folglich einen (!, mindestens!) antagonistischen Inhalt des Gegensatzes, der die Parteien scheidet, einerseits zur Ent-Scheidung bringt, andererseits in derselben Ent-Scheidung festschreibt. Im Falle des "Jesuitenstaats" ist dieser Gegensatz einfach die territoriale Eroberung und Usurpation, und die Festschreibung lag in der Priesterherrschaft, welche die vernichtende Wirkung auf die indianischen Gemeinwesen puffernd und mildernd kanalisierte. Mein Herumreiten auf den Reduktionen wird Dich vermutlich schon mißmutig gemacht haben, aber ich habe einen guten Grund dafür und bitte noch um ein wenig Geduld. Zunächst ist festzuhalten, daß für den vernichtenden Staatswillen der Jesuiten kein anderer Inhalt galt und theoretisch geltend gemacht werden kann, als der religiös / weltanschaulich motivierte Wille selbst. Für die beteiligten Individuen, einmal dort gelandet / verschlagen, ist das einfach identisch mit dem Beschluß, dort zu bleiben und dennoch nicht zu "verwildern", sprich, die indianische Lebensweise nicht zu assimilieren, wie das zahlreich und mit Lust Franzosen taten, besonders Katalanen und Kelten - selbst erst vor relativ kurzer Zeit christlich usurpiert - , das urbane Proletariat des absolutistischen Zentrums und enteignete Bauern, letztere heilfroh, dem Klerus entkommen zu sein, der ihnen in der französischen Provinz vernichtend zugesetzt hatte. Der religiös / weltanschauliche Herrschaftswille der Jesuiten enthielt allerdings ein unverzichtbares sozialökonomisches Moment: Import der archaischen Urbanität der Kleruskultur (Ordens- und Klosterkultur, welche die Jesuiten gleichzeitig im Sinne einer Renaissancekultur "utopisch" zu reformieren versuchten. Das war ein einerseits bewährtes, andererseits effektiv modernisiertes Konzept, das unter den gegebenen Umständen und dem militärischen Druck der Eroberung relativ einfach zu importieren und unter geeigneten, der Umgebung geschuldeten, Adaptionen zu oktroyieren ging. Und damit habe ich den Übergang zu dem im Eingangsbeitrag genannten Moment: Eine Herrschaft muß sich für die Unterworfenen unverzichtbar machen und also eine Funktion für sie einnehmen, damit sie haltbar wird bzw. bleibt. Von hier aus wechsle ich zu einem anderen Extrem, das viele Leser aus der Bebilderung in "Die sieben Samurai" oder eher "Die glorreichen Sieben" kennen werden. Da kommt eine Bande Raubritter in ein Dorf, nimmt den Leuten ein Drittel der Ernte weg, macht die Widerstehenden platt, killt demonstrativ den einen oder anderen Dorfältesten und vergewaltigt gleich noch Weiber und Kinder im Dutzend. Unter der Ankündigung, daß sie noch ganz anders können, falls sie im kommenden Jahr nicht mindestens dieselbe Erntemenge bereit gestellt finden, verschwinden sie wieder. Pure Gewalt. Von Recht keine Spur. Oder? Oder! Denn mit der "Rate" des Raubes und der angeschlossenen Drohung haben sich die Raubritter zur Daseinsbedingung der Dorfbewohner gemacht, die angenommen, oder verworfen werden kann. Dasselbe - wenn auch versteckter - gilt für die Vergewaltigungen, weshalb ich sie hier einführte. Wenn die Dorfbewohner die unausgesprochene Rechtsetzung annehmen, und im folgenden Jahr eine Anzahl Mädchen und Frauen zu dienstbaren Huren bestimmen, besteht die "Bezahlung" dieser Huren im Verzicht auf Vergewaltigung. Und im Folgejahr wird beispielsweise eine Abordnung der Dorfältesten die Ritter empfangen, um ihnen mitzuteilen, daß sie nur 40 Säcke Korn, statt der geforderten 50 bereit stellen können, wenn das Dorf weiter existieren soll, und werden sich zum Beweis ihres Einwandes als Schlachtopfer anbieten, da sie andernfalle eh verhungern würden. Und dann gehen die Geschichten halt ihren Gang. Eine knappe Bemerkung zur Funktionalität der letzteren Form der Herrschaft. Hat aus irgend welchen historischen Gründen auf einem hinreichenden Territorium die Lage Platz gegriffen, daß ein Teil der agrarischen und handwerklichen Überschüsse dem Erhalt einer Kriegerkaste dient, wird er halt zur Existenzbedingung, der Raub wird zum Daseinszweck und -grund für die Clans und Familien der Kriegerkaste, und die Bauern sind das Personal einer archaischen Form von Ausbeutung und Sklaverei, deren Funktionalität für die Unterworfenen darin liegt, daß sie der Konkurrenz innerhalb der Kriegerkaste in derselben Bewegung Schranken und Erfolgsmaßstäbe setzen. Der Erfolg liegt darin, daß die Überschußproduktion nicht zusammenbricht, sondern, im Gegenteil, in überschaubarer Generationenfolge zunimmt. Nebenbei: Ein Programm zur Bevölkerungsexplosion, das folgerichtig über diese Wirkung periodische Zusammenbrüche erleidet ... Damit bin ich bei der Klammer der beiden Extreme: Herrschaft ist und bleibt, offen auch in den angeblich so undurchschaubaren spätbürgerlichen Formen, auf die ich in einem späteren Posting noch eingehen werde, banale Sklaverei, und ihr ebenso simpler Grund, wie vermittelt er auch immer auftritt, ist der Wille der Mitglieder der herrschenden Klasse und Kasten, Arbeitssklaven zu halten, zu vergewaltigen, Hurendienste zu erwerben, und sich in den Schlachten der Konkurrenz der Herrscher als die geschickteren, gewaltigeren und siegreichen Mörder und Mordbrenner durchzusetzen. Daß die Jesuiten dem funktionellen Moment der Sklaverei eine kulturalistische Enklave schufen, bewirtschaften und - für eine historisch kurze Zeit, die von den Mordbrennern rasch beendet wurde - erhalten konnten, ändert rein gar nichts daran. Das jesuitische Experiment war gewissermaßen eine Nachgeburt der feodalen Eroberung des tribal geprägten Europa auf der Basis der spätfeudalen Aufgabentrennung in den herrschenden Ständen. Da nahmen die Jesuiten praktisch die Funktion einer christlich reformierten Bürokratie ein, ihr sklavenhalterischer Vernichtungswille galt der indigenen Kultur und Lebensart, nicht den leiblichen Eingeborenen, und zwar deshalb, weil die Überschüsse nicht verfressen, sondern zur höheren Ehre der christlichen Kultur und Weltanschauung verwandt werden sollten. Und damit zurück zu Dir, Josef, und Deinem Text: "mußte ... jede (nicht bürgerliche) Herrschaft (statt) etwa als falsch und unpraktisch, als subjektiv böse ...und abgrundtief scheußlich verteufelt werden" Alle Herrschaft ist "abgrundtief scheußlich" und ihr Personal ist im rationellen Sinne "subjektiv böse", weil es sklavenhalterische Zwecke verfolgt. Es nimmt den Unterworfenen die Hoheit über ihr Dasein und ihre Lebensführung, verleibt beides ihrem persönlichen wie korporativen Dasein ein, frißt Lebenskraft, macht sie nieder und demütigt sie vergewaltigend. Da beißt die Maus kein Faden ab. "Falsch" und "unpraktisch" ... naja, Schwamm 'drüber. Auch die Tatsache, daß in der spätbürgerlichen Gesellschaft kenntlich wird, wie klein der Kreis der echten Profiteure, wie weit der Kreis der Unterworfenen sich über das Herrschaftspersonal selbst erstreckt, ändert nichts an diesem Basisverhältnis und seiner Diagnose. Neben dieser Unwahrheit besteht die Wahrheit Deiner Diagnose darin, daß diese einfach zu habende Einsicht den Unterworfenen erst kommt, wenn sie meinen, das Herrschaftspersonal aus einem gewähnten Dienst entlassen zu sollen, den sie in Wahrheit ausschließlich selbst leisten. Soweit für heute. Gruß Thomas (Ps schau jetzt nicht mehr 'drüber, Korrekturen evtl. morgen in einer Fortsetzung) o o Auf Kommentar antworten Permalink EHEC - HUS, Bund verfolgt Anschlagstheorie von TomGard Pro @ 2011-06-07 – 21:16:24 Nicht in seiner Pressemeldung, sondern in einer angeschlossenen, knappen PDF Datei, teilt das Bundesinstitut für Risikobewertung mit, das Ausbruchsgeschehen der Epidemie lege nahe, daß es sich um einen Anschlag handeln könne. Freilich verklausuliert es diese Mitteilung. " ... ist es aus Sicht des BfR wahrscheinlich, dass der Eintrag des Erregers im jetzigen Ausbruchsgeschehen in betroffene Lebensmittel über den Menschen oder vom Menschen über die Umwelt erfolgt sein kann. Der Erreger kann über Lebensmittel verbreitet werden." Der Punkt, der dieser eigenartigen Aussage ihre Richtung gibt ist dieser: "Das Reservoir für EaggEC sind nach derzeitigem Kenntnisstand Menschen, während es für STEC/EHEC Stämme Tiere (...)sind." Ich will daran erinnern, daß der bislang virulenteste Erreger vom Serotyp O157 im humanen Krankheitsgeschehen, je heftiger es ist, weitgehend bis vollständig untergeht, also aus den Ausscheidungen verschwindet. Mensch zu Mensch Übertragungen traten daher bislang nahezu ausschließlich in Familienclustern auf. Das Institut weiter: "Das Referenzlaboratorium für E. coli am BfR hat den Erregertyp EaggEC bisher nicht bei Tieren und in Lebensmitteln finden können. Auch Auswertungen aus der Literatur geben keine Hinweise darauf, dass der Stamm bislang in Lebensmitteln und Tieren vorkam. Jedoch sind weltweit insgesamt nur wenige EHEC O104 Stämme gefunden worden." Ich will nicht entsagen, auf meinen ersten Beitrag zum Thema zu verweisen, in dem ich für die Anschlagstheorie argumentierte, es sei schwer vorstellbar, daß die vielfältigen neuen Eigenschaften und Auffälligkeiten des Pathogens, besonders seine um mehr als verdoppelte, bezogen auf die Host-Spezifik (Erwachsene!) mehrhundertfach höhere Virulenz und Pathogenität, nach einmaligem Wirtswechsel spontan auftreten und erstmals in einer Epidemie der vorliegenden Signatur auffällig werden. Das BfR nennt dies Argument nicht, verwendet es aber sinngemäß: "Dem BfR liegen jedoch keine Erkenntnisse vor, dass der derzeitige EHEC-Ausbruch auf einer Übertragung von Mensch zu Mensch beruht. Die Faktenlage spricht jedoch dafür, dass der Mensch als Quelle für eine mögliche Kontamination von Lebensmitteln und Umwelt in Frage kommen könnte." "Könnte"! Ja, wer wohl auch sonst - Aliens? Der strafende jüdische Gott? Und wenn Tiere als Wirte und Reservoir ausfallen, bzw. höchstens neuerlich welche sind, dann haben weder sie, noch Biogasanlagen die chimärisch neuen Erreger dieser Epidemie ausgebrütet. Der Epidemie, wohlgemerkt! Wenngleich es selbstverständlich möglich und wahrscheinlich ist, daß ein Vieh die Chimärengattung, den Hybrid-Klon, ausbrütete, mit oder ohne Anstoß oder Nachhilfe von Seiten eines Menschen bzw. eines Institutes. Damit ist in meinen Augen die Anschlagstheorie offiziell. o o Kommentare (6) Weitersagen Facebook Twitter E-Mail Tags: o bakteriologische waffe o o o e. coli EHEC HUS Trackback-URL: http://www.blog.de/htsrv/trackback3.php/11280674/c6840 6 Kommentare zu "EHEC - HUS, Bund verfolgt Anschlagstheorie" Kommentar schreiben Subkommentare ausblenden o o o Sebastian R (Besucher) http://www.wissenslogs.de/wblogs/blog/enkapsis 2011-06-07 @ 22:11:34 EAEC-Bakterien (EaggEC) werden JAWOHL in Tieren gefunden, das geht GLASKLAR aus der Literatur hervor. Ich weiß also nicht, was da bei der Recherche mal wieder schief gelaufen ist. Quellen dazu sind hier zu finden: Enteroaggregative Escherichia coli from humans and animals differ in major phenotypical traits and virulence genes Subtypes of intimin among non-toxigenic Escherichia coli from diarrheic calves in Brazil eae-negative attaching and effacing Escherichia coli from piglets with diarrhea Sagen kann man, dass sich die EAEC-Serotypen zwischen Mensch und Tier anscheinend in der Pathogenität unterscheiden und nicht die Gleichen sind. Die Aussage "Das Referenzlaboratorium für E. coli am BfR hat den Erregertyp EaggEC bisher nicht bei Tieren und in Lebensmitteln finden können" betrifft daher nur das Referenzlabor und nicht alle Wissenschaftler weltweit. Schliesslich lässt sich in den oben verlinkten Studien ja nachlesen, dass EAEC bei Tieren gefunden wurden! o o o Auf Kommentar antworten Permalink Zeige diesen Thread o TomGard Pro 2011-06-07 @ 22:40:35 Danke für die Mitteilung aber im Abstract Deines ersten Links heißt es abschließend: "Relationship was not found among the strains of this study, and the assessed animals may not represent a reservoir of human pathogenic typical EAEC." Ich bin weder Genetiker noch Mikrobiologe, werde daher nicht versuchen, selbst "in medias res" der Datenbanken zu gehen, um die für den "HybridKlon" bisher für charakteristisch gehaltenen Virulenzgene mit den von Dir angegebenen Quellen abzugleichen. Überdies begründet das Institut nur seine Schlüsse, nicht die Weise, wie es zu ihnen gelangte, und das geschieht aus praktischen, kriminologischen Rücksichten. Es geht - Nomen est Omen - um Risikoabschätzung, also um die Frage, wie wahrscheinlich es ist, daß sich die Chimäre vor Ort auf nicht artifizielle Weise geklont und so vermehrt hat, daß sie unabsichtlich in der geschehenen Weise und im geschehenen Umfang in den Verkehr gelangen konnte. Wenn ich hinzu zähle, daß die Fälle, auf die Du verweist, veterinärmedizinisch auffällig wurden - aber eben nicht hier, sondern in Brasilien und Afrika bleiben nichtartifizielle Szenarien kaum weniger unwahrschleinlich, als wenn die Aussage des Institutes so exakt stimmte, wie Du es verlangst. o o o Auf Kommentar antworten Permalink Sebastian R (Besucher) http://www.wissenslogs.de/wblogs/blog/enkapsis 2011-06-07 @ 22:55:13 Blenden wir einfach mal alle fachspezifischen Details aus, so muss man sagen, dass EAEC in Tieren nachgewiesen wurden - Punkt. Inwiefern sie sich zu EAECSerotypen, die hauptsächlich den Menschen als Wirt haben, unterscheiden, ist eine andere Frage, die allerdings noch nicht genau geklärt ist und so lassen die Autoren der ersten Studie dies ja auch offen: "[...]further studies are necessary to evaluate the human and animal pathogenicity of atypical EAEC, which may rely on yet uncharacterized virulence factors." Verschwörungstheorie hin oder her - das war der Punkt, den ich klarstellen wollte! Mehr nicht! o o Auf Kommentar antworten Permalink o o TomGard Pro 2011-06-08 @ 00:13:30 Was ich vertrete, ist keine Verschwörungstheorie, sondern die These, die Epidemie könnte ein militärischer Feldversuch mit wohlgezieltem Anschlagscharakter sein, welch Letzterer nur denjenigen zweifelsfrei bekannt gemacht wird, die es angeht. Allerdings beginnt die Tatsache, daß ich gehindert werde, das obenstehende in die Presse zu lancieren, meine Auffassung zu wandeln. Übrigens brachten mich die Angaben des RKI über die Verteilung der Erkrankungen in Norddeutschland ins Grübeln. Es erscheint mir nur allzu plausibel, daß das Erscheinungsbild so ausfallen könnte, wenn der Erreger in geeigneter Höhe in der deutschen Bucht als Aerosol (verschwörungstheoretisch: Chemtrail) entlassen wird. Je nach Lokalwetter wird es sich über auflandige Zungen, Regenfronten und Schauerinseln über die Felder und Gärten verteilen, mancher wird es über sein Gartengemüse aufnehmen, der Nachbar vielleicht über die Ketten- Ware aus lokaler Produktion, der Dritte vom Markt in der Stadt. Das Pathogen wird, wenn die Operation nicht allzu oft wiederholt wird, nicht nachweisbar sein. Und damit entfiele endgültig der Einwand, bei dem Pathogen handele es sich um keine "anständig" wirksame Waffe. Sie hat genau das richtige Profil, falls der Attentäter die Bundesregierung nicht nötigen will, den deutschen Luftraum zu schließen und militärisch zu verteidigen, und der Regierung umgekehrt ein lebhaftes Interesse unterstellt, die Warnung, die ihr der Anschlag erteilt, auf Kosten der Betroffenen passieren zu lassen. Wie schon mal gesagt, ist das nur eines der möglichen Szenarien bis hinab zum durchgeknallten Einzeltäter. Dennoch verwende ich jetzt folgende Kenntnisse: Die Dorset-Experimente (experimentelle Verbreitung von E.Coli im großen Stil von See aus über auflandige Winde), deren Weiterführung die britische Regierung 2001 ausdrücklich nicht ausschließen wollte. Quelle: http://www.nr23.net/govt/spray_dorset.htm In Norwegen über Städten: http://www.nr23.net/govt/spray.htm Mit tödlicher Sicherheit sind diese Experimente auch an deutschen Küsten und in deutschen Städten gelaufen, ging es doch in den 50ger und 60ger Jahren um vermeintliche sowjetische Expansionsszenarien. Das britische Militär und die britischen Geheimdienste verfügen also über einschlägige Kenntnisse, einschließlich der metereologischen Feldkenntnis, zur effektiven Durchführung eines solchen Anschlages. o o o o o Auf Kommentar antworten Permalink Sebastian R (Besucher) http://www.wissenslogs.de/wblogs/blog/enkapsis 2011-06-08 @ 16:48:10 Ich hatte mich heute Morgen an das Bundesinstitut für Risikobewertung gerichtet, um die Pressemitteilung von gestern zu kritisieren, da nach meinem Kenntnisstand dort eine Fehlinformation auftrat. Ich wurde dann prompt von einem Wissenschaftler belehrt, der sogar an der von mir verlinkten Studie beteiligt war. Ich zitiere ihn mal einfach: "Die Arbeiten sind mir bekannt, an einer war unser Labor beteiligt (Uber et al.). Sicherlich finden sie auch bei Tieren Stämme die eine aggregativ-ähnliche Adhärenz an Zellen zeigen hierfür können jedoch verschiedene Adhärenzmechanismen eine Rolle spielen. Fakt ist bisher, dass typische EAggEC mit dem Markergen AggR nicht bei Tieren gefunden worden sind, das geht aus den drei Arbeiten, insbesondere der von Uber et al. hervor. Da aber der Ausbruchsstamm O104:H4 die typischen Merkmale der Enteraggregativen E. coli zeigt und AggR positiv ist, wie das bei den humanen EAggEC der Fall ist, gehört er nicht zu den Erregern die bei Tieren gefunden worden sind. Somit ist der Hinweis, dass das Erregerreservoir vermutlich der Mensch ist, durch ihre Unterlagen nicht widerlegt." Es stimmt also schon, dass es EAEC bei Tieren gibt, diese besitzen jedoch im Gegensatz zu den humanpathogenen EAEC nicht das AggR-Gen. Das ging nach meiner Meinung aus den von mir verlinkten Studien so nicht hervor, weswegen ich die Meldung als Fehlinformation eingestuft hatte. Aus diesem Grund sei klargestellt, dass die Pressemitteilung des BfRs doch korrekt ist! o o Auf Kommentar antworten Permalink o o TomGard Pro 2011-06-10 @ 20:14:25 Das Bäuerlein wars!! im Verein mit der Hexe ... (Und Gaddafi hat, wie ihr wißt, persönlich Massenvergewaltigungen angeordnet und das Viagra dazu bestellen lassen.) Der wissenschaftliche Sprecher des RKI steht neben seinem Fürsten, ringt die Hände, hebt an, einen Satz zu sagen, schluckt Luft, schließt den Mund wieder. Und es wird durchgehen, wie zur Zeit der Inquisition. Gar nicht so viele werden es heute glauben wollen, "die Sprosse war's, sie hat den Teufel ausgebrütet und geboren, mit Hilfe des Bäuerleins, das die Hexe lenkte", aber sie wissen, es ist "etwas 'dran", wenn der Fürst es sagt, denn was der Fürst sagt, das zählt, zählt mehr als alles andere, weil er einen "Grund" hat, es zu sagen, und auf den wird es am Ende angekommen sein, wie immer die Geschicht ausgeht. Und so werden die Leut zum finstersten Aberglauben buchstäblich polizeilich gewungen. In einer Woche werden fast alle glauben, das Bäuerlein war mit der Hexe im Bunde, weil es be-un-ruhigend und gefährlich ist, sich an etwas anderes zu erinnern, wenn zählt, was der Fürst gesagt hat und die Hexe verbrannt wird. Um der alternativlosen "Lebenschancen" willen, die Polizei und Militär einem Menschen einräumen, muß der glauben, was zu glauben er geheißen wird. Brennen wird die Hexe von Salem. So rabiat hab ich mir die Umsetzung nicht vorgestellt, als ich das neue Zeitalter des Aberglaubens verkündete. Ich schließe dieses Blog. Brennen wird die Hexe von Salem. o o Auf Kommentar antworten Permalink Absage von TomGard Pro @ 2011-06-11 – 12:59:55 Einen schuf er aus Stein und den andern aus Erde Und aus funkelndem Silber mich! Verrat ist mein Werk - und mein Name Marina; Vergänglicher Meer-Schaum bin ich Einen schuf er aus Lehm - aus der Rippe den andern. Ein Sarg grenzt, ein Grab ihre Welt ... Ich bin getauft im Taufstein des Meeres Bin im Flug unentwegt zerschellt! Keinerlei Herz und keinerlei Reuse fängt meinen trotzigen Eigensinn ein. Nie werde ich - sieh meine wildwirren Locken Das Salz der Erde sein. Zerteil ich mich auch an granitenen Knien, Mit den Wellen ich widersteh! Es lebe die Gischt - das fröhliche Schäumen, Der hohe Schaum auf der See. Marina Zwetajewa, Mai 1920 ----------------"Die Sprosse war's, nicht die Gurke", titelt der Standard spöttisch. Klar, es gibt ihn, den einen oder anderen Leser, der denkt - sogar schreibt - 'weder Sprosse, noch Gurke'. EHEC war's - wenn einer denn darauf vertraut, das Personal, das die Faeces der Kranken untersucht, sei nur auf übliche, nämlich verhohlene Weise, bestechlich ... Doch EHEC hat mit dem halbparasitischen Symbionten, den er trägt, Zellen und Gefäße seiner Wirte angegriffen. Er hat sich nicht auf die nichtvorhandenen Beine und Flügel geschwungen, die Menschen epidemisch anzufallen. Er hat sich nicht über die trojanischen Pferde der Haus- und Wildtiere in unsere Nahrungskette geschlichen, weder in die Nahrung, noch das Wasser. Nicht hier, nicht unter den Menschen, die er befiel. Er mag auf - und auch in - Pflanzen überlebt haben, doch auch auf sie flog er nicht von selbst. Er hat sich von dort nicht auf Winde geschwungen, ist nicht von Pflanze zu Pflanze gesprungen. ---Während die Presse gestern noch einen wissenschaftlichen Mitarbeiter des RKI gestikulierend und händeringend neben den Krankheitsministern sah, auch wenn er kaum mehr, als ein heiser geflüstertes Moment mal?! hervor brachte, ist der Mann heute "gedumpt". Vielleicht ist er jetzt Sterilisationsassistent. Das Zepter übernahm sein gebriefter Chef, der Herr Burger, der eilig versichert, er habe "schon am Vorabend" gesagt, es sei die Sprosse, jawohl, man sei sich da fast sicher gewesen - obwohl sie zu dieser Zeit noch keiner in flagranti ertappt hatte, im Abfallkübel, in dem sie es frech mit EHEC, dem bösen O104 weiter trieb, nach begangener Tat. ---Ich hatte schon anlässlich der Generalwarnung des RKI, die komplett unprofessionell gewesen wäre, wenn keine weiteren, als die angegebenen Kenntnisse vorlagen, gemutmaßt, das RKI kenne die - menschliche - Quelle. Nun, da es keine menschliche Quelle geben soll - falls man nicht noch die Hexen von Bienenbüttel verbrennt, die auf die Sprossen geschissen haben müßten, nachdem sie den Teufel ausbrüteten - und auch keine tierische, nur die göttliche Intuition der Minister, die wissen, die Sprosse war's - die "Hauptquelle" nämlich, das läßt noch Raum, unliebsame Nebenquellen zu verstopfen - so oder so - - bin ich dessen sicher. ---Natürlich liegt es nahe, zu vermuten, "Chancellor Merkel" bzw. jemand aus ihrem Gefolge, habe aus Washington das Geschenk der Zusicherung mitgebracht, die Sache werde nicht wiederholt. Vielleicht nachdem die Kanzlerin zusicherte, man werde nach Gaddafis Tod die Besatzung Libyens federführend mittragen, aus der sich die USRegierung 'raushalten will. Aber wir wissen es nicht. Dieser Wind kann auch aus einer anderen Ecke geweht haben. ---Überhaupt, Gaddafi. Jeder, der über ein klein wenig Verstand verfügt und einige Informationen, konnte in der vergangenen Woche anhand von Photos und Filmen, die von beiderseits der Front veröffentlicht wurden, erkennen: Der Genozid der libyschen Völker hat begonnen. Die Explosionswolken eines beträchtlichen Teils der Bomben, die in Tripolis Zentrum fallen, tragen die Signatur einer thermobarischen Waffe. Und da die Anzahl direkter Opfer nach Zeugenberichten noch immer vergleichsweise gering ist, kann es sich nicht um konventionelle thermobarische Waffen handeln, denn die entziehen, beim zu beobachtenden Kaliber, der Luft noch in einigen hundert Metern Entfernung sämtlichen Sauerstoff. Die Opfer ersticken einfach, auf offenem Gelände. Es gibt nur eine "thermobarische" Waffe, die anders, die grausamer wirkt und noch viel, viel mehr Menschen tötet: Uranoxid. Das vergast beim Aufschlag und bringt reichlich eigenen Sauerstoff mit. Vielleicht schon an diesem schönen Pfingstwochenende, vielleicht auch erst nächste Woche oder noch etwas später, werden wir, hier, in Deutschland, wie in anderen Teilen Europas unseren "Anteil" der Ladung einatmen. Und das Heulen und Zähneklappern angesichts der steigenden unerklärlichen, tödlich ermüdenden Krankheitsbilder, die irgendwann in Krebs umschlagen, wird anschwellen - langsam, aber sicher. Übrigens - einen Genozid begeht man an einem "Volk" (und ausnahmsweis ist es an der Stelle egal, was ihr Hirnwixer euch unter dem Trumm vorstellt), nicht an einer "Rasse". Das wußten - so ganz nebenbei erwähnt - schon die biblischen Heerscharen, die damit zwar nicht anfingen, aber Ruhmlieder auf die Heldentat, alle männlichen und empfängnisfähigen weiblichen "Feinde" zu erschlagen, die weiblichen Kinder dagegen zu vergewaltigen und mitzuführen, überlieferten. ---Und schließlich Fukushima. Inzwischen mag ich nicht mehr ausschließen, daß die Havarie des Reaktor 1 die Wirkung eines geschickt plazierten und programmierten Stuxnet-Virus war, es gibt eine Reihe von Anzeichen, die darauf deuten könnten. Aber wurscht. Zu Buche stehen Veröffentlichungen einschlägiger japanischer Regierungsstellen und Institute in den vergangenen drei Wochen, die direkt wie indirekt eingestanden, daß praktisch besehen - alle bisherigen Mitteilungen über die Havarie, ihren Umfang und ihre Folgen, nicht nur geschönt, sondern erstunken und erlogen gewesen sind, viele Meßdaten eingeschlossen, auch aus dem Kraftwerk selbst. Die IAEA setzte das iPünktchen darauf. Nachdem und obwohl die Desinformation durch die japanischen Institutionen, vor allem auch der Regierung, verbunden mit dem Massenmord an unzähligen Japanern, die rechtzeitig, oder zumindest früher aus der unmittelbaren Gefahrenzone zu bergen gewesen wären, eingestanden war, lobte die internationale Atomenergiebehörde die japanische Regierung über den grünen Klee für ihr "ausgezeichnetes" Krisenmanagement. So ist hoch offiziell die militärisch abgesicherte Politik verkündet, der Kraftwerksökonomie die Menschenopfer zu bringen, die sie nach Ansicht des Herrschaftspersonals zweckmäßig fordert. Im Ergebnis nicht anders, als in alten Maya-Kulten, werden die Betreffenden gefesselt über den Abgrund auf die gespitzten Pfähle gekippt, wo sie qualvoll verscheiden. Und zwar nicht bloß Japaner, bei weitem nicht. Das Schicksal des Werkes ist völlig ungeklärt. Und während man in Tokio derzeit 10 "heiße" Partikel (Uran, Transurane und andere radioaktive Festkörper) pro 10 Kubikmeter Luft und Tag mißt - das ist die Tagesdosis eines Einwohners - sind es in Seattle an der Nordwestküste der USA derer noch 5. ---- Nein, ich werde mich nicht in diesem Krieg der Paläste gegen die Hütten einhausen und beheimaten, auch nicht in der Position eines Chronisten, oder eines kritischen Begleiters der Tagespolitik. Ich bleibe so heimatlos, wie es Marina Zwetajewa war, bevor sie ihre Abschiedsreise nach Moskau antrat, von der sie gewußt haben muß, daß sie allenfalls nach Sibirien führen mußte. Wo sie von eigener Hand starb. Erhängt. Vielleicht eine finale Selbstkritik, unnötigerweise diesen Tod zu wählen, so unwürdig einer Frucht des Meeres und des Schaumes. ----Pedantisch betrachtet ist der Krieg zu früh eskaliert worden. Die imperialistischen Staaten Europas sind noch nicht aufgestellt, Aufstände zusammen zu schießen. Aber es sind weit und breit keine Leut zu sehen, die sich auf eine Weise aufzustellen und zu rüsten gewillt wären, daß sie zusammen geschossen werden müssten. Ein wenig Knüppelschwingen, ein paar Leut zu Gemüse prügeln, einige vorsorglich aus dem Verkehr ziehen - und a Ruah iis'. Ich werde gewiß noch hier vor mich hin mumblen, doch nicht mehr zur Tagespolitik, sondern mit Bedacht und Ruhe tun - so man mir die Ruhe läßt - was ich mir im Herbst letzten Jahres vorgenommen hatte, als ich dies Blog eröffnete. Mein chaotisches Archiv ordnen und bearbeiten. o o Kommentare (4) Weitersagen Facebook Twitter E-Mail Tags: o o o o o o ehec fukushima herrschaft ich libyen zwetajawa Trackback-URL: http://www.blog.de/htsrv/trackback3.php/11299240/f8b13 4 Kommentare zu "Absage" Kommentar schreiben Subkommentare ausblenden o o o j-ap (Besucher) http://allensteyn.blogsport.de/ 2011-06-16 @ 19:28:27 Hallo Thomas, ich selber bin auch gerade dabei, manches zu ordnen, in der Hauptsache meinen Hegel und, jawohl, die Psychologie des bürgerlichen Individuums, die Du schon mehrmals empfohlen hast. Ich muß das Ding nun wirklich mal aufschlagen, weil ich Dir ansonsten nämlich immer schwerer folgen kann. Ich hatte das mal ausgedruckt, fällt mir ein: Es lag zuzeiten in verstreuter Form in diversen Regalen herum (im Bureau muß bei mir immer Unordnung herrschen, sonst kann ich nicht arbeiten), bislang habe ich aber nur einen Teil davon aufgetrieben. Übrigens: Warum setzt Du keine Links auf diese Schrift? Weil der GSP und seine Zirkulare unterm VS-Mikroskop liegen? Fall ja: und wenn schon? Was macht's? Immerhin veranstaltet der GSP ja auch jours fixes, Kongresse und gibt weiter die Zeitschrift heraus, ohne daß sich deshalb das SEK jeden Leser greift. Also was soll das? (Es kann natürlich auch sein, daß es einen anderen, eher »technischen« Grund dafür gibt, der Dich Abstand nehmen läßt von direkten Verbindungen dieser Art — fall das zutreffen sollte, antworte bitte unterm Stichwort »Roter Oktober« [;-)], damit ich weiß, daß sich diese meine Nachfrage erledigt hat.) Gruß! o o o Auf Kommentar antworten Permalink Zeige diesen Thread o TomGard Pro 2011-06-20 @ 11:55:19 Hallo Josef, mich mal meld'. "Also was soll das?" Die fragliche Broschüre gibt's nicht online. Die Begründung, die Du zitierst, warum ich nicht auf den Ggstp. verlinke, war auf das Forum bezogen, in dem mein Text zuerst erschien, ich vergaß, sie zu entfernen. Warum ich hier nicht auf den Ggstp verlinke, hat andere Gründe. Zum vorletzten Absatz meiner "Absage": Sieht inzwischen danach aus, daß Merkel und Sakozy in Griechenland das Exempel erzwingen wollen, eine europäische Armutsrevolte militärisch niederzuschlagen. Zugleich wird Spanien erkennbar so "gestellt", daß man das Paradigma bei Bedarf dort vollenden kann. so long Thomas o o Auf Kommentar antworten Permalink Phineas Freek (Besucher) 2011-06-20 @ 21:43:25 Hallo Thomas, die Durchsetzung des europäischen Finanzregimes wäre in Griechenland ganz außer Frage ausschließlich nur militärisch durchzusetzen! Die derzeitigen Verhältnisse und der Widerstandswille der Bevölkerung (die sind mehrheitlich so auf Krawall gebürstet, dass sprengt die hiesige Vorstellungskraft) ließen der griechischen Regierung dazu gar keine einzige alternative Option! Käme eine Einigung mit der konservativen Opposition zustande, wäre dass zumindest theoretisch denkbar – rollen dort zur Rettung des Euros allerdings wirklich die Panzer, hätte Papandreou auch viele Nationalisten auf dem Hals. Die haben nicht nur weitläufige Verbindungen zum Militär und diversen Geheimdienstzirkeln - die haben auch einen Haufen (modernste) Waffen. Der innere Krieg würde so offen entbrennen, nicht nur gegen die verarmte Bevölkerung, sondern auch gegen Teile der Herrschaftselite. Das wissen doch auch hiesige „Dienste“, so dass ich eher eine „hilflose“ Verzögerungs- und Hinhaltetaktik hier am Wirken sehe (und die kleine Hoffnung, die Verelendung doch noch ohne Panzer durchsetzten zu können), um den kaum noch aufzuhaltenen Zerfall der Währungsunion für die Hauptprotagonisten so „weich“ wie möglich zu gestalten. Aber vielleicht hat Du ja noch andere Anhaltspunkte für Deine abschließende Annahme in der obigen Antwort an Josef. Beste Grüsse Phineas o o o Auf Kommentar antworten Permalink Zeige diesen Thread o TomGard Pro 2011-06-23 @ 10:12:04 Hallo Phineas, ich sitze 'dran, vermelde ich mal eben. Über eine Fortsetzung des angefangenen "Crash-Kurses" zum Geld will ich den Begriff des Weltgeldes geben, und zeigen, daß, nachdem Staatswesen und Geld dasselbe, auch Euro und Dollar dasselbe sind, nämlich dasselbe Gemeinwesen, trotz der Souveränitätsgrenzen der unterschiedlichen und obendrein konkurrierenden Krediteure. Daß Griechenland folglich nicht "pleite" gehen und die Währungsunion nicht "zerfallen" kann, sie in Griechenland vielmehr neu formiert wird. Übrigens auch im Falle eines Ausscheidens aus der WU. Dauert halt. Gruß Thomas Auf Kommentar antworten Permalin Wissen: Zum ewigen Thema "Umwelt vs. Anlage" von TomGard Pro @ 2011-06-12 – 12:54:15 In meiner Leseerfahrung driften der ideologische Gebrauch, der von gewissen, ausgewählten Resultaten der Genforschung innerhalb wie außerhalb verschiedener Wissenschaftsdisziplinen gemacht wird, und Richtung und Erkenntnisgewinne spezieller genetischer Forschung weit und steil auseinander, und zwar geschieht das in zwei konträren, aber auch komplementären, gegabelten Ästen. In einem Zweig des ersten Astes behauptet und behandelt man als "erwiesen", die genetische Ausstattung eines Individuums sei überwiegend bestimmend für seine phänotypischen Züge, für die Richtung, die seine Entwicklung nehme, für seine "Fähigkeiten" und "Schwächen" und somit auch, wenn auch überwiegend mittelbar, für sein Lebens-"Schicksal". TomGard - Leser wissen, das ist eine nahezu 100%ig rassistische Interpretation gewisser Daten, von denen weiter unten noch die Rede sein wird. Demgegenüber steht eine breite, fachspezifische Forschung am Modus der Genexpressionen, Epigenetik, genetischen Evolutionsfaktoren ("Evolutionsgene"), Populationsgenetik ganz allgemein, deren Resultate einzeln wie zusammengefaßt darauf hinaus laufen würden, das rassistische Denk- und Interpretationsmuster genetischer Prädestination, das überwiegend als "klassischer Darwinismus" ausgegeben wird (1), komplett zu verwerfen und möglichst mit der Wurzel aus dem Bewußtsein wenigstens des Fachpublikums zu tilgen. Über einen Artikel, der dies illustrieren kann, bin ich heute gestolpert. Doch, Achtung: Die Dekonstruktion des Rassismus bedarf keiner biologischen Wissenschaft! Vor allem genügen biologische Erkenntnisse nicht für die Dekonstruktion! Sie hat auf der Ebene des Selbstbewußtseins der Kulturteilnehmer stattzufinden. Aber da in diesem rassistisch geprägten Selbstbewußtsein und seiner propagandistischen Pflege biologische Erkenntnisse, bzw. was dafür ausgegebe wird, eine prominente Rolle spielen, taugt es nicht, sie zu ignorieren. Der zweite Ast steht gegenständig zum ersten: Da realisieren Genetiker en detail das allgemeine Wissen, daß jeder einzelne Bestandteil eines tierische Lebensprozesses aus genetisch codierten und zu decodierenden Stoffwechselprozessen zusammen gesetzt ist, und demgegenüber steht ein Zweig des öffentlichen (ideologischen) Bewußtseins, an dem alle nur denkbaren esotherischen Früchte hängen. Die Früchte - von unterschiedlichem bis gegensätzlichem "Fruchtfleisch" - vereinigt der Geruch und Geschmack, dem Konzept der Determination und Prädestination ein "Aber" entgegen zu setzen, und sei es um den Preis, es in cosmische oder metaphysische Bereiche zu verlagern, die im Mehrheitsbewußtsein der bürgerlichen Gesellschaften keine Rolle spielen und daher auch nicht in der gesellschaftlichen Praxis. Man sieht, das verbindende Moment der komplementären Äste, ist der Umstand, daß die Leut vom Konzept des Determinismus gesellschaftlich nicht "los" kommen (2). Wie immer es beim "Durchgang" durch fachwissenschaftliche Forschung einerseits, und polit- bzw. sozialökonomische Verwertung andererseits verändert wird, seine Rolle im Alltagsbewußtsein und den Ideologien bleibt wesentlich dieselbe. Die Bilder wechseln, das Bebilderte bleibt identisch (3). Für den Moment will ich an dem verlinkten Paper und unter globalem Verweis auf die in den vergangenen 10 Jahren gewonnenen Erkenntnisse zu epigenetischen Vorgängen nur ein kleines Moment herausgreifen. In der Popularisierung genetischer Forschung sind gewisse - übrigens in vielen Fällen durchaus zweifelhafte - Resultate der Zwillingsforschung immer mehr zum Totschlagsargument in Diskussionen über den "Einfluß" der "Gene" resp. der "Umwelt" auf den individuellen Phänotyp und seine Entwicklung geworden. Natürlich ist die ganze sozialdarwinistische Debatte ganz einfach an ihrer Scheinhaftigkeit zu kippen. Beide Seiten gehen nämlich von einer identischen rassistischen Potentialvorstellung über "Fähigkeiten", "Eigenschaften", "Züge" eines Individuums aus, die sie nur unterschiedlich bebildern. Das eine Bild - "Gene" - beruft eine Art semimechanische Festverdrahtung, eine "Hardware", die konstruktiv begrenzt sei. Das andere Bild - "Umwelt" - beruft eine - ebenfalls semimechanische dynamische Hydropneumatik. Das "Potential" wird als eine Art füllbares Fluidreservoir vorgestellt, das sich entweder spontan, oder mithilfe sozialer Kanalisation zu einem System von Adern- und Läufen ausbaut, also keine innere Grenze hat. Schaut man genauer hin, kommt das eine Bild nicht ohne das andere aus. Die hydropneumatische Dynamik geht immer von einer Statik aus, und die semimechanische Statik ist nur dynamisch zu ermessen. Folglich kleiden sich nur bestimmte Interessen an gesellschaftlicher Kanalisierung in solche Bilder, mehr ist an ihnen nie 'dran. Aber - siehe weiter oben - das "Kippen" hilft der Sache nicht ab, weil die Debatte nur von einem zum anderen der eingangs beschriebenen komplementären Äste huppt. Es zählt halt nicht, was "ist", sondern was getan wird (4), und getan wird die rassistische Sortierung von Menschenmaterial in Karrieren, die Zuteilung und Begrenzung von "Lebenschancen", einschließlich der (aktiven) Zurichtung der Individuen auf sie. Das braucht ein "Weiß-Warum", einen "Sinn" bzw. eine höhere "Bedeutung", und die kriegt sie dann halt. Und mit dieser Vorbemerkung nun zur eigentlichen Sache: Die Forschungen an epigenetischen Vorgängen und an Evolutionsgenetik lassen die "Bedeutung", die der Zwillingsforschung zugemessen wird, längst nicht mehr zu, weil sie klar stellten, daß individuell unterschiedliche Genexpression genetisch ähnlicher Individuen mit unterschiedlicher Individualgeschichte vielfach erst epigenetisch in den Folgegenerationen wirksam werden. Das ist eine ziemlich geniale "Strategie" in der Evolution von Generalisten in der Tierwelt. In der Geschichte der Populationsentwicklungen werden gekoppelte Genomkomplexe positiv selektiert, die sich im Zusammenwirken mit epigenetischen Faktoren in variabel selektierten Umwelten besonders bewähren, sofern es diese Variabilität gibt. Das klärt übrigens immerhin zu einem Teil einen alten Scheinwiderspruch, mit dem heute besonders Kreationisten hausieren gehen, nämlich die merklich größere evolutive Dynamik sog. "höher entwickelter" Tiere. Es gibt auch einen Einblick in die überraschende Dynamik der Artentwicklung bei einer Reihe von Tierarten, zum Beispiel Vögeln und Fischen, die sich geradezu "blitzartig" in bestimmte Umweltnischen "hinein" entwickeln können, und dort als Spezialisten auftreten. In den Schulen scheint stattdessen noch gelehrt zu werden, die sog. Gendrift - und Genshift - (Wer kann, nehme lieber die englische Wiki) sei ein Zufallsprozess (stochiastisch). Schlicht falsch. Mehr noch: Es ist längst klar, wenn auch noch nicht im Einzelnen aufgeklärt und verstanden, daß ein Tier die epigenetische Ausstattung, die es selektiv aktiviert und an die Folgegeneration weiter gibt, wählt, indem es sich in bestimmten gleichgewichtigen Ent-Scheidungssituationen so - oder so verhält. Bei sozial lebenden Tieren akkumulieren diese Entscheidungsprozesse, da sie das Verhalten der Herdenoder Hordenmitglieder, oder auch der Sexualpartner, formen. Das oben verlinkte Papier läßt erahnen, daß diese Vorgänge weitreichende Folgen für die genetische Ausstattung einer Population und die Dynamik seiner Veränderung hat. Und es steht wahrlich nicht allein in der Landschaft, nur ist meine Zeit begrenzt, und ich belasse es für den Moment bei diesem Beispiel. Also auch ohne eine umfassende Subjekttheorie, wie z.b. Georg Litsche sie lehrt, ist zu erkennen, daß die Tiere - und nicht erst das menschliche Tier - mindestens in erheblichem Maße auch biologisch ihre eigene Schöpfung sind, und dazu keiner Gentechnik bedürfen. (1) ... es hingegen nur sehr bedingt ist, wie einer feststellen kann, der auf Darwins Originaltexte und Überlegungen zurück greift ... (2) Eine Ebene darunter heißt das, sie kommen vom Konstrukt der Kausalität nicht weg, was noch eine Ebene tiefer heißt: Vom Dualismus Geist- Materie, aka Substanzialismus, und das wiederum umgreifend gefasst: Vom religiösen BewußtSein kommen sie nicht weg. Wie auch. Es ist die allgemeinste Form des BewußtSeins, ein unterworfenes Subjekt zu sein und als ein solches zu handeln. (3) Das Grundmuster der Realabstraktion namens "Geschichte". (4) Das ist eine bewußt unzureichende Formulierung, denn nur was getan wird, ist. Nur kann diese Tat-Sache in einem Zusammenhang von Herrschaft und Unterwerfung nicht gelten, weil mindestens die Unterworfenen sich ein falsches - nennen wir es hier pragmatisch: einseitiges - Bewußtsein dessen, was sie tun, zulegen müssen, weil sie, um zu (über)leben, ihren Willen zugleich brechen und zur Wirkung kommen lassen. o o Kommentare (3) Weitersagen Facebook Twitter E-Mail Tags: o o o o genetik rassismus subjekte umwelt Trackback-URL: http://www.blog.de/htsrv/trackback3.php/11303711/28df1 3 Kommentare zu "Wissen: Zum ewigen Thema "Umwelt vs. Anlage"" Kommentar schreiben o o TomGard Pro 2011-06-23 @ 10:18:01 Die Arbeit von Mae Wan Ho habe ich in den vergangenen Jahren häufig verfolgt, so gut ich konnte. Das Thema dieses Eintrages behandelt sie in einer populärwissenschaftlichen Veröffentlichung, die an der Gentechnologie ansetzt. Lesen. Und wer kann und mag, darf mir das Buch gern schenken, damit ich es auch lesen kann. o o Auf Kommentar antworten Permalink o o TomGard Pro 2013-01-01 @ 16:43:27 Mythos Intelligenz Welchem Interesse dient das Tradieren der Anlage-Umwelt-Kontroverse? von Erich Ribolits Erschienen in: Anzengruber/Reiterer (Hg.): Begabungsglaube. Analyse, Kritik, Schulrealität. Schulheft 109/2003, S. 13-25 Auszüge: ... Die Differenzen zwischen den zu diametral einander gegenüberstehenden Positionierungen hochstilisierten Ansichten liegen somit bloß auf der Ebene der Gewichtung der beiden Einflussfaktoren. Es geht bei der permanent aufgewärmten Anlage-Umwelt-Diskussion einzig um die Frage, ob der eine oder der andere Faktor mehr Einfluss hat – ob jeweils die Gene oder die Umwelt mit 20 Prozent, 50 Prozent, oder vielleicht gar mit 80 Prozent zu Buche schlagen. Die sogenannten Genetiker unterscheiden sich von den Umwelttheoretikern nur darin, dass sie den Erbanlagen – in Relation zur Umwelteinwirkung – ein höheres Gewicht beimessen. Und umgekehrt argumentieren auch Umwelttheoretiker bloß mit einem dominanteren Einfluss der Aufwuchsbedingungen gegenüber den Genen. ... Beide vorgeblichen Kontrahenten argumentieren damit, dass Anlage und Umwelt einander quantitativ ergänzen. Was sich jedoch vordergründig wie ein weitgehender Konsens anhört, birgt bei genauerer Betrachtung in sich eine äußerst gravierende, in der Regel allerdings geflissentlich übersehene Gemeinsamkeit der beiden Ansichten. Tatsächlich wird über die Diskussion, in welchem Ausmaß Umwelt und Gene zur Genese geistiger Leistungen beitragen, bloß ein Streit zwischen vorgeblich gesellschaftspolitisch konträren – „links“ beziehungsweise „rechts“ angesiedelten – Positionen suggeriert. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich jedoch, dass die beiden Theorien gar nicht in einander diametral gegenüberstehenden Lagern verankert sind. Denn nicht nur, dass sie einander bedingen und ohne Rückgriff auf die jeweils andere nicht auskommen, sie sind in letzter Konsequenz sogar desselben Geistes Kind! Die Fokussierung des Streits auf die Frage, ob die Gene oder die Umwelt prozentuell mehr oder weniger zur Intelligenzausprägung beitragen, offenbart nämlich vor allem, dass beide Theorien fest in der Tradition des das bürgerlich-kapitalistische System begründenden dualistischen Weltbilds verankert sind. Körper und Geist, bzw. Natur und Kultur werden strikt geschieden. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Mensch als „Produkt“ genetischer Ausstattung oder als ein solches der Umwelteinflüsse wahrgenommen wird – von einer Auf- spaltung in „passives Rohmaterial“ und „programmierende Instanz“ wird in beiden Fällen ausgegangen. Für die einen ist es die genetische Programmierung, die ein mehr oder weniger rationelles Reagieren auf die dem Menschen äußerlich gedachte Umwelt möglich macht; für die anderen ist dazu die Programmierung durch eine arrangierte Umwelt notwendig. Die Gentheoretiker postulieren ein Programm, das sich aus der evolutionären Entwicklung ableitet, im Menschen somit schon als angelegtes Potenzial schlummert und durch die Umwelt bloß aktualisiert werden muss – selbstverständlich aber nur im programmgemäßen Umfang geweckt werden kann. Die Umweltapologeten sehen im Menschen dagegen eine für nahezu jede Software geeignete Hardware, ihr Hauptaugenmerk richtet sich somit auf die Rahmenbedingungen der Programmierung. ... Beiden Theorien wohnt die Ansicht inne, dass der Mensch eine nach Ursache-WirkungsRelationen funktionierende biochemisch-mechanische Einheit darstellt, die kraft einer ihr gegebenen Intelligenz mit einer außerhalb und unabhängig von ihr existierenden Wirklichkeit in Relation tritt. ... Fortsetzung mit dem Begriff des Eigensinns, den ich verpaßt habe, im nächsten Kommentar o o Auf Kommentar antworten Permalink o o TomGard Pro 2013-01-01 @ 16:51:26 Erkennt man allerdings an, dass sich Intelligenz vom (verkörperten) Verhalten nicht trennen lässt, muss man auch akzeptieren, dass es Intelligenz als abstrakte Größe überhaupt nicht gibt. Intelligenz in der Vorstellung einer mehr oder weniger gegebenen Annäherung an ein ideales (Reaktions-)Programm ist eine Chimäre. Was intelligentes Verhalten ist, bestimmt sich einzig über die agierende Person und ihren subjektiven Kontext zur Situation, in der es zu handeln gilt – jede objektive Bewertung ist unmöglich. Selbstverständlich kann davon ausgegangen werden, dass es individuell-genetische Faktoren gibt, die in irgendeiner Form mit den unterschiedlichen Reaktionsweisen von Menschen auf Probleme korrelieren. Im Sinne einer Wenn-dann-Relation daraus allerdings abzuleiten, dass sich darin eine höhere oder niedrigere Intelligenz widerspiegelt, wäre grotesk. Intelligenz ist eben kein objektivabstraktes Programm, das – im Sinne von Richtig-Falsch-Maßstäben, die ein „höherer Programmierer“ irgendwann festgelegt hat – Menschen mehr oder weniger adäquat auf die Umwelt reagieren lässt. Sofern der Begriff überhaupt Sinn gibt, kann Intelligenz nur als das Vermögen des Menschen umschrieben werden, in der Auseinandersetzung mit der Umwelt zu eigensinnigen Reaktionen fähig zu sein, zu solchen also, die nicht automatisch einem durch irgendjemand anderen vorhersagbaren Muster folgen. ... Wenn mit Intelligenz begrifflich jenes Besondere des Menschen ausgedrückt werden soll, das ihn aus der restlichen Natur heraushebt, darf sie nicht einseitig an rationellem Verhalten orientiert sein. Mit anderen Worten: Intelligenz darf nicht mit Logik gleichgesetzt werden! Der Mensch hat Bewusstsein, er ist somit nicht bloß fähig, sich, wie ein Tier, im Sinne auferlegter Reaktionsweisen – also logisch – zu verhalten. Er kann, auf Basis seiner Fähigkeit zur rationalen Verarbeitung seines Wissens sowie zur Orientierung an jeweils souverän gesetzten Zielen, autonom handeln. Eine Interpretation von Intelligenz, die dieser prinzipiellen Freiheit des Menschen gerecht wird, müsste somit an der Fähigkeit ausgerichtet sein, Wissen selbstbestimmt einsetzen und eigensinnige Antworten auf Fragen finden zu können. Wird Intelligenz jedoch – so wie es in der Anlage-Umwelt-Kontroverse von beiden Parteien gemacht wird – darüber definiert, wieweit den (fremdbestimmten) Vorgaben irgendwelcher Tests entsprochen wird, dient der Begriff per se dazu, Menschen zu instrumentalisieren ... In der Marktgesellschaft mündet jede Frage nach Qualität oder Güte stets in Überlegungen nach der ökonomischen Verwertbarkeit. Es ist völlig egal, ob Produkte irgendwelcher Fertigungsprozesse, zwischenmenschliche Handlungen, die Natur oder Menschen bewertet werden, letztendlich geht es immer um die Frage, wieweit sich das „Bewertete“ für die „Verwertung“ eignet; wieweit es also dem Profit-Machen dienstbar gemacht werden kann. Der Tatsache entsprechend, dass in der Marktgesellschaft der Gebrauchswert in allen Bereichen zunehmend vom Tauschwert überlagert wird, tritt als Wert schlussendlich überhaupt nur mehr ins Bewusstsein, was sich in Form von Geld ausdrücken lässt. Wie schon weiter vorne angesprochen, wird die Haltung zur „Anlage-UmweltKontroverse“ oft als ein Streit zwischen gesellschaftspolitisch „links“ und „rechts“ angesiedelten Positionen interpretiert. In diesem Sinn sind jene, die die Vorstellung eines dynamischen Begabungsbegriffs vertreten, meist auch davon überzeugt, dem gesellschaftlichen Status quo besonders kritisch gegenüberzustehen und das „emanzipatorisch-linke Fähnchen“ hoch zu halten. Tatsächlich wirkt jedoch schon das Aufgreifen des Intelligenzbegriffs immanent antiemanzipatorisch. Auch in der Auseinandersetzung um die Ursachenzuschreibung von Intelligenz zeigt sich – so wie ja bei vielen anderen Fragen –, dass die humanitäre Linke den Boden der grundsätzlichen Akzeptanz des herrschenden Konkurrenzkapitalismus nie verlassen hat. Sie bewegt sich im selben Argumentationskorsett wie die von ihr häufig als „rechts“ gescholtenen Anlagetheoretiker. Gehuldigt wird von beiden Seiten dem Fetisch Markt. Uneins ist man sich bloß darin, ob die geeigneten Konkurrenzmonaden für die verschiedenen Bereiche des Kampfes jede/r gegen jede/n primär durch ein pädagogisch verbrämtes Zurichtungsoder doch eher durch ein Ausleseverfahren (beziehungsweise in naher Zukunft vielleicht auch durch ein genetisches Optimierungsverfahren) gewonnen werden sollen. ... Über viele Jahre waren die Leitwissenschaften im Prozess der Herstellung verwertbaren Humankapitals eine weitgehend zur Didaktik verkürzte Pädagogik und eine zur Reparaturwissenschaft reduzierte Psychologie. Die willigen Vollstrecker der jeweils neu verkündeten Erkenntnisse hinsichtlich der Zurichtung von Humanressourcen für deren betriebswirtschaftliche Verwertung stellte das „Fußvolk der Humankapitalmechaniker/innen“ (Kindergärtner/innen, Lehrer/innen, Erziehungs- und Bildungsberater/innen, EB-Trainer/innen etc.). Im Sinne der Tatsache, dass bisher alle an der Frage nach den Ursachen unterschiedlicher Verwertbarkeit der Humanressourcen Interessierten die Notwendigkeit effektiver Lernarrangements außer Zweifel gestellt haben, gipfeln die Gen-Umwelt Diskussionen stets in didaktisch-manipulativen Vorstellungen: Bringt es etwas, Heranwachsende ihrer „Individuallage“ entsprechend getrennt zu beschulen oder lässt sich auch durch gemeinsamen Unterricht ein lohnender Ertrag erreichen; gibt es Psychotechniken und Unterrichtsformen, die besonders zu einer Steigerung der „Selbstausbeutungsbereitschaft“ beitragen; welche Lehr-/Lernarrangements versprechen bei spezifischen Zielgruppen die höchste Effektivität; u.ä.? Was bei derartigen Fragen jeweils als „besser“ oder „schlechter“ zu gelten hat, entscheidet sich stets anhand ökonomischer Rationalitätskriterien. ... (Gegen die hier ausgelassene gentechnologische Perspektive angeblich heilbarer Dummheit das optimistische Statement Auch über den Weg gentechnologischer Manipulation wird es nicht zu schaffen sein, den Menschheit ins „Paradies der unbewussten Einheit mit der Natur“ zurückzutreiben. So wie es der Erziehungswissenschafter Wolfgang Fischer einmal formuliert hat, findet Bildung – die Selbstbefreiung des Individuums – zwar tatsächlich nur selten mit Hilfe der Schule, aber dennoch immer wieder trotz ihr statt. o o Auf Kommentar antworten Permalink jenseits von Gut und Böse, Zitate von TomGard Pro @ 2011-06-22 – 13:06:36 (Exzerpte - veröffentlicht wider Willen, um ihn abspeichern zu können) Erstes Hauptstück: Von den Vorurtheilen der Philosophen. 1)...Was in uns will eigentlich "zur Wahrheit"? - In der that, wir machten langen Halt vor der Frage nach der Ursache dieses Willens, ... Gesetzt, wir wollen Wahrheit: warum nicht lieber Unwahrheit? Und Ungewissheit? Selbst Unwissenheit? - Das Problem vom Werthe der Wahrheit trat vor uns hin ... 2) "Wie könnte Etwas aus seinem Gegensatz entstehn? Zum Beispiel die Wahrheit aus dem Irrthume? Oder der Wille zur Wahrheit aus dem Willen zur Täuschung? Oder die selbstlose Handlung aus dem Eigennutze? Oder das reine sonnenhafte Schauen des Weisen aus der Begehrlichkeit?..." Diese Art zu urtheilen macht das typische Vorurtheil aus, an dem sich die Metaphysiker aller Zeiten wieder erkennen lassen; diese Art von Werthschätzungen steht im Hintergrunde aller ihrer logischen Prozeduren; aus diesem ihrem "Glauben" heraus bemühn sie sich um ihr "Wissen", um Etwas, das feierlich am Ende als "die Wahrheit" getauft wird. Der Grundglaube der Metaphysiker ist der Glaube an die Gegensätze der Werthe. ...?nur vorläufige Perspektiven, vielleicht noch dazu aus einem Winkel heraus, vielleicht von Unten hinauf, Frosch-Perspektiven gleichsam ?... 3. ... man muss noch den grössten Theil des bewussten Denkens unter die Instinkt-Thätigkeiten rechnen, und sogar im Falle des philosophischen Denkens; ...So wenig der Akt der Geburt in dem ganzen Vor- und Fortgange der Vererbung in Betracht kommt: ebenso wenig ist "Bewusstsein" in irgend einem entscheidenden Sinne dem Instinktiven entgegengesetzt, - das meiste bewusste Denken eines Philosophen ist durch seine Instinkte heimlich geführt und in bestimmte Bahnen gezwungen. Auch hinter aller Logik und ihrer anscheinenden Selbstherrlichkeit der Bewegung stehen Werthschätzungen, deutlicher gesprochen, physiologische Forderungen zur Erhaltung einer bestimmten Art von Leben. Zum Beispiel, dass das Bestimmte mehr werth sei als das Unbestimmte, der Schein weniger werth als die "Wahrheit": dergleichen Schätzungen könnten, bei aller ihrer regulativen Wichtigkeit für uns , doch nur Vordergrunds-Schätzungen sein, eine bestimmte Art von niaiserie, wie sie gerade zur Erhaltung von Wesen, wie wir sind, noth thun mag. Gesetzt nämlich, dass nicht gerade der Mensch das "Maass der Dinge" ist ..... 4. Die Falschheit eines Urtheils ist uns noch kein Einwand gegen ein Urtheil ... Die Frage ist, wie weit es lebenfördernd, lebenerhaltend, Arterhaltend, vielleicht gar Art-züchtend ist; und wir sind grundsätzlich geneigt zu behaupten, dass die falschesten Urtheile ... uns die unentbehrlichsten sind, dass ohne ein Geltenlassen der logischen Fiktionen, ohne ein Messen der Wirklichkeit an der rein erfundenen Welt des Unbedingten, Sich-selbst-Gleichen, ohne eine beständige Fälschung der Welt durch die Zahl der Mensch nicht leben könnte, - ... 5. (Gegen Philosophen, TG) ... Sie stellen sich sämmtlich, als ob sie ihre eigentlichen Meinungen durch die Selbstentwicklung einer kalten, reinen, göttlich unbekümmerten Dialektik entdeckt und erreicht hätten ...: während im Grunde ein vorweggenommener Satz, ein Einfall, eine "Eingebung", zumeist ein abstrakt gemachter und durchgesiebter Herzenswunsch von ihnen mit hinterher gesuchten Gründen vertheidigt wird: - sie sind allesammt Advokaten, welche es nicht heissen wollen ... 6. Allmählich hat sich mir herausgestellt, was jede grosse Philosophie bisher war: nämlich das Selbstbekenntnis ihres Urhebers und eine Art ungewollter und unvermerkter mémoires; insgleichen, dass die moralischen (oder unmoralischen) Absichten in jeder Philosophie den eigentlichen Lebenskeim ausmachten, aus dem jedesmal die ganze Pflanze gewachsen ist. In der That, man thut gut (und klug), zur Erklärung davon, wie eigentlich die entlegensten metaphysischen Behauptungen eines Philosophen zu Stande gekommen sind, sich immer erst zu fragen: auf welche Moral will es (will er -) hinaus? ... Wer aber die Grundtriebe des Menschen darauf hin ansieht, wie weit sie gerade hier als inspirirende Genien (oder Dämonen und Kobolde -) ihr Spiel getrieben haben mögen, wird finden, dass sie Alle schon einmal Philosophie getrieben haben, - und dass jeder Einzelne von ihnen gerade sich gar zu gerne als letzten Zweck des Daseins und als berechtigten Herrn aller übrigen Triebe darstellen möchte. Denn jeder Trieb ist herrschsüchtig: und als solcher versucht er zu philosophiren. - Freilich: bei den Gelehrten, den eigentlich wissenschaftlichen Menschen, mag es anders stehn - ... Die eigentlichen "Interessen" des Gelehrten liegen deshalb gewöhnlich ganz wo anders, etwa in der Familie oder im Gelderwerb oder in der Politik; ... 7. Wie boshaft Philosophen sein können! Ich kenne nichts Giftigeres als den Scherz, den sich Epicur gegen Plato und die Platoniker erlaubte: er nannte sie Dionysiokolakes. Das bedeutet dem Wortlaute nach und im Vordergrunde "Schmeichler des Dionysios", also TyrannenZubehör und Speichellecker; zu alledem will es aber noch sagen "das sind Alles Schauspieler, daran ist nichts Ächtes" (denn Dionysokolax war eine populäre Bezeichnung des Schauspielers). Und das Letztere ist eigentlich die Bosheit, welche Epicur gegen Plato abschoss: ihn verdross die grossartige Manier, das Sich-in-Scene-Setzen, worauf sich Plato sammt seinen Schülern verstand, - ... 8. In jeder Philosophie giebt es einen Punkt, wo die "Überzeugung" des Philosophen auf die Bühne tritt .. Wichtig und gut! 9. "Gemäss der Natur" wollt ihr leben? Oh ihr edlen Stoiker, welche Betrügerei der Worte! Denkt euch ein Wesen, wie es die Natur ist, verschwenderisch ohne Maass, gleichgültig ohne Maass, ohne Absichten und Rücksichten, ohne Erbarmen und Gerechtigkeit, fruchtbar und öde und ungewiss zugleich, denkt euch die Indifferenz selbst als Macht - wie könntet ihr gemäss dieser Indifferenz leben? Leben - ist das nicht gerade ein Anders-sein-wollen, als diese Natur ist? Ist Leben nicht Abschätzen, Vorziehn, Ungerechtsein, Begrenzt-sein, Different-sein-wollen? Und gesetzt, euer Imperativ "gemäss der Natur leben" bedeute im Grunde soviel als "gemäss dem Leben leben" - wie könntet ihr's denn nicht? Wozu ein Princip aus dem machen, was ihr selbst seid und sein müsst? - In Wahrheit steht es ganz anders: indem ihr entzückt den Kanon eures Gesetzes aus der Natur zu lesen vorgebt, wollt ihr etwas Umgekehrtes, ihr wunderlichen Schauspieler und Selbst-Betrüger! Euer Stolz will der Natur, sogar der Natur, eure Moral, euer Ideal vorschreiben und einverleiben, ihr verlangt, dass sie "der Stoa gemäss" Natur sei und möchtet alles Dasein nur nach eurem eignen Bilde dasein machen - als eine ungeheure ewige Verherrlichung und Verallgemeinerung des Stoicismus! Mit aller eurer Liebe zur Wahrheit zwingt ihr euch so lange, so beharrlich, so hypnotischstarr, die Natur falsch, nämlich stoisch zu sehn, bis ihr sie nicht mehr anders zu sehen vermögt, - ... Aber dies ist eine alte ewige Geschichte: was sich damals mit den Stoikern begab, begiebt sich heute noch, sobald nur eine Philosophie anfängt, an sich selbst zu glauben. Sie schafft immer die Welt nach ihrem Bilde, ... Philosophie ist dieser tyrannische Trieb selbst, der geistigste Wille zur Macht, zur "Schaffung der Welt", zur causa prima. 10. Der Eifer und die Feinheit, ich möchte sogar sagen: Schlauheit, mit denen man heute überall in Europa dem Probleme "von der wirklichen und der scheinbaren Welt" auf den Leib rückt, giebt zu denken ... ...In einzelnen ... Fällen mag ...ein solcher Wille zur Wahrheit, ein ausschweifender und abenteuernder Muth, ein Metaphysiker-Ehrgeiz des verlornen Postens betheiligt sein, der zuletzt eine Handvoll "Gewissheit" ... einem ganzen Wagen voll schöner Möglichkeiten vorzieht; es mag sogar puritanische Fanatiker des Gewissens geben, welche lieber noch sich auf ein sicheres Nichts als auf ein ungewisses Etwas sterben legen. Aber dies ist Nihilismus und Anzeichen einer verzweifelnden sterbensmüden Seele ... Bei den stärkeren, lebensvolleren, nach Leben noch durstigen Denkern scheint es anders zu stehen: indem sie Partei gegen den Schein nehmen und das Wort "perspektivisch" bereits mit Hochmuth aussprechen, indem sie die Glaubwürdigkeit ihres eigenen Leibes ungefähr so gering anschlagen wie die Glaubwürdigkeit des Augenscheins, welcher sagt "die Erde steht still", und dermaassen anscheinend gut gelaunt den sichersten Besitz aus den Händen lassen (denn was glaubt man jetzt sicherer als seinen Leib?) wer weiss, ob sie nicht im Grunde Etwas zurückerobern wollen, das man ehemals noch sicherer besessen hat, irgend Etwas vom alten Grundbesitz des Glaubens von Ehedem, vielleicht "die unsterbliche Seele", vielleicht den alten Gott", kurz, Ideen, auf welchen sich besser, nämlich kräftiger und heiterer leben liess als auf den "modernen Ideen"? ... Das Wesentliche an ihnen ist nicht , dass sie "zurück" wollen: sondern, dass sie - weg wollen. Etwas Kraft, Flug, Muth, Künstlerschaft mehr und sie würden hinaus wollen, - und nicht zurück! 11. ... Kant war vor Allem und zuerst stolz auf seine Kategorientafel, er sagte mit dieser Tafel in den Händen: "das ist das Schwerste, was jemals zum Behufe der Metaphysik unternommen werden konnte". - Man verstehe doch dies "werden konnte"! er war stolz darauf, im Menschen ein neues Vermögen, das Vermögen zu synthetischen Urteilen a priori, entdeckt zu haben. Gesetzt, dass er sich hierin selbst betrog: aber die Entwicklung und rasche Blüthe der deutschen Philosophie hängt an diesem Stolze und an dem Wetteifer aller Jüngeren, womöglich noch Stolzeres zu entdecken - und jedenfalls "neue Vermögen"! - Aber besinnen wir uns: es ist an der Zeit. Wie sind synthetische Urtheile a priori möglich? fragte sich Kant, und was antwortete er eigentlich? Vermöge eines Vermögens: leider aber nicht mit drei Worten, sondern so umständlich ... Man war sogar ausser sich über dieses neue Vermögen, und der Jubel kam auf seine Höhe, als Kant auch noch ein moralisches Vermögen im Menschen hinzu entdeckte: - denn damals waren die Deutschen noch moralisch, und ganz und gar noch nicht "real-politisch". - ... Aber dergleichen Antworten gehören in die Komödie, und es ist endlich an der Zeit, die Kantische Frage "Wie sind synthetische Urtheile a priori möglich?" durch eine andre Frage zu ersetzen "warum ist der Glaube an solche Urtheile nöthig?" - nämlich zu begreifen, dass zum Zweck der Erhaltung von Wesen unsrer Art solche Urtheile als wahr geglaubt werden müssen; weshalb sie natürlich noch falsche Urtheile sein könnten! Oder, deutlicher geredet und grob und gründlich: synthetische Urtheile a priori sollten gar nicht "möglich sein": wir haben kein Recht auf sie, in unserm Munde sind es lauter falsche Urtheile. Nur ist allerdings der Glaube an ihre Wahrheit nöthig, als ein Vordergrunds-Glaube und Augenschein, der in die Perspektiven-Optik des Lebens gehört. 12. ... - man muss auch jener anderen und verhängnissvolleren Atomistik den Garaus machen, welche das Christenthum ... gelehrt hat, der Seelen-Atomistik. Mit diesem Wort sei es erlaubt, jenen Glauben zu bezeichnen, der die Seele als etwas Unvertilgbares, Ewiges, Untheilbares, als eine Monade, als ein Atomon nimmt: diesen Glauben soll man aus der Wissenschaft hinausschaffen! Es ist... ganz und gar nicht nöthig, "die Seele" selbst dabei los zu werden und auf eine der ältesten und ehrwürdigsten Hypothesen Verzicht zu leisten ... Aber ... Begriffe wie "sterbliche Seele" und "Seele als Subjekts-Vielheit" und "Seele als Gesellschaftsbau der Triebe und Affekte" wollen fürderhin in der Wissenschaft Bürgerrecht haben. ... 13. Die Physiologen sollten ... den Selbsterhaltungstrieb als kardinalen Trieb eines organischen Wesens (ansetzen). Vor Allem will etwas Lebendiges seine Kraft auslassen - Leben selbst ist Wille zur Macht... 14. Es dämmert jetzt vielleicht in fünf, sechs Köpfen, dass Physik auch nur eine Welt-Auslegung und -Zurechtlegung und (keine) Welt-Erklärung ist: aber, insofern sie sich auf den Glauben an die Sinne stellt, gilt sie als mehr und muss auf lange hinaus noch als mehr, nämlich als Erklärung gelten. Sie hat Augen und Finger für sich, sie hat den Augenschein und die Handgreiflichkeit für sich: das wirkt auf ein Zeitalter mit plebejischem Grundgeschmack bezaubernd... - es folgt ja instinktiv dem Wahrheits-Kanon des ewig volksthümlichen Sensualismus. Was ist klar, was "erklärt"? Erst Das, was sich sehen und tasten lässt, - bis so weit muss man jedes Problem treiben. Umgekehrt: genau im Widerstreben gegen die Sinnenfälligkeit bestand der Zauber der platonischen Denkweise, welche eine vornehme Denkweise war, - vielleicht unter Menschen, die sich sogar stärkerer und anspruchsvollerer Sinne erfreuten, als unsre Zeitgenossen sie haben, aber welche einen höheren Triumph darin zu finden wussten, über diese Sinne Herr zu bleiben: und dies mittels blasser kalter grauer Begriffs-Netze, die sie über den bunten Sinnen-Wirbel - den Sinnen-Pöbel, wie Plato sagte warfen. Es war eine andre Art Genuss in dieser Welt-Überwältigung und Welt-Auslegung nach der Manier des Plato, als der es ist, welchen uns die Physiker von Heute anbieten, ... "Wo der Mensch nichts mehr zu sehen und zu greifen hat, da hat er auch nichts mehr zu suchen" - das ist freilich ein anderer Imperativ als der Platonische, welcher aber doch für ein derbes arbeitsames Geschlecht von Maschinisten und Brückenbauern der Zukunft, die lauter grobe Arbeit abzuthun haben, gerade der rechte Imperativ sein mag. 15. ... muss man darauf halten, dass die Sinnesorgane nicht Erscheinungen sind im Sinne der idealistischen Philosophie: als solche könnten sie ja keine Ursachen sein! Sensualismus ... somit als regulative Hypothese, um nicht zu sagen als heuristisches Princip. - Wie? ...die Aussenwelt wäre das Werk unsrer Organe? Aber dann wäre ja unser Leib, als ein Stück dieser Aussenwelt, das Werk unsrer Organe! Aber dann wären ja unsre Organe selbst - das Werk unsrer Organe! Dies ist... eine gründliche reductio ad absurdum: gesetzt, dass der Begriff causa sui etwas gründlich Absurdes ist. Folglich ist die Aussenwelt nicht das Werk unsrer Organe -? ( "causa sui": beachte Selbst-erkenntnis, Setzung des Grundes im Setzenden TG) 16. Es giebt immer noch harmlose Selbst-Beobachter, welche glauben, dass es "unmittelbare Gewissheiten" gebe, zum Beispiel "ich denke", oder, wie es der Aberglaube Schopenhauer's war, "ich will": gleichsam als ob hier das Erkennen rein und nackt seinen Gegenstand zu fassen bekäme, als "Ding an sich", und weder von Seiten des Subjekts, noch von Seiten des Objekts eine Fälschung stattfände. Dass aber "unmittelbare Gewissheit", ebenso wie "absolute Erkenntniss" und "Ding an sich", eine contradictio in adjecto in sich schliesst ... : man sollte sich doch endlich von der Verführung der Worte losmachen! Mag das Volk glauben, dass Erkennen ein zu Ende-Kennen sei, der Philosoph muss sich sagen: "wenn ich den Vorgang zerlege, der in dem Satz "ich denke" ausgedrückt ist, so bekomme ich eine Reihe von verwegenen Behauptungen, deren Begründung schwer, vielleicht unmöglich ist, - zum Beispiel, dass ich es bin, der denkt, dass überhaupt ein Etwas es sein muss, das denkt, dass Denken eine Thätigkeit und Wirkung seitens eines Wesens ist, welches als Ursache gedacht wird, dass es ein "Ich" giebt, endlich, dass es bereits fest steht, was mit Denken zu bezeichnen ist, - dass ich weiss , was Denken ist. Denn wenn ich nicht darüber mich schon bei mir entschieden hätte, wonach sollte ich abmessen, dass, was eben geschieht, nicht vielleicht "Wollen" oder "Fühlen" sei? Genug, jenes "ich denke" setzt voraus, dass ich meinen augenblicklichen Zustand mit anderen Zuständen, die ich an mir kenne, vergleiche , um so festzusetzen, was er ist: wegen dieser Rückbeziehung auf anderweitiges "Wissen" hat er für mich jedenfalls keine unmittelbare "Gewissheit". - An Stelle jener "unmittelbaren Gewissheit", an welche das Volk im gegebenen Falle glauben mag, bekommt dergestalt der Philosoph eine Reihe von Fragen der Metaphysik in die Hand, recht eigentliche Gewissensfragen des Intellekts, welche heissen: "Woher nehme ich den Begriff Denken? Warum glaube ich an Ursache und Wirkung? Was giebt mir das Recht, von einem Ich, und gar von einem Ich als Ursache, und endlich noch von einem Ich als Gedanken-Ursache zu reden?" ... 17. Was den Aberglauben der Logiker betrifft: so will ich ... eine kleine kurze Thatsache unterstreichen, ... nämlich, dass ein Gedanke kommt, wenn "er" will, und nicht wenn "ich" will; so dass es eine Fälschung des Thatbestandes ist, zu sagen: das Subjekt "ich" ist die Bedingung des Prädikats "denke". Es denkt: aber dass dies "es" gerade jenes alte berühmte "Ich" sei, ist, milde geredet, nur eine Annahme, eine Behauptung, vor Allem keine "unmittelbare Gewissheit". ... schon dies "es" (in es denkt, TG) enthält eine Auslegung des Vorgangs ... 18. An einer Theorie ist wahrhaftig nicht ihr geringster Reiz, dass sie widerlegbar ist: gerade damit zieht sie feinere Köpfe an. ... 19. Die Philosophen pflegen vom Willen zu reden, wie als ob er die bekannteste Sache von der Welt sei; ... Wollen scheint mir vor Allem etwas Complicirtes, Etwas, das nur als Wort eine Einheit ist ... (es folgt eine reduktionistische Tirade, die nichtmal von historischem Interesse ist) .... insofern wir im gegebenen Falle zugleich die Befehlenden und Gehorchenden sind, und als Gehorchende die Gefühle des Zwingens, Drängens, Drückens, Widerstehens, Bewegens kennen, welche sofort nach dem Akte des Willens zu beginnen pflegen; insofern wir andererseits die Gewohnheit haben, uns über diese Zweiheit vermöge des synthetischen Begriffs "ich" hinwegzusetzen, hinwegzutäuschen, hat sich an das Wollen noch eine ganze Kette von irrthümlichen Schlüssen und folglich von falschen Werthschätzungen des Willens selbst angehängt, ... L'effet c'est moi: es begiebt sich hier, was sich in jedem gut gebauten und glücklichen Gemeinwesen begiebt, dass die regierende Klasse sich mit den Erfolgen des Gemeinwesens identificirt. Bei allem Wollen handelt es sich schlechterdings um Befehlen und Gehorchen, auf der Grundlage, wie gesagt, eines Gesellschaftsbaus vieler "Seelen" (gemeint ist eine organische Hierarchie im Lebewesen, TG): weshalb ein Philosoph ... Wollen an sich schon unter den Gesichtskreis der Moral fassen sollte: Moral ... als Lehre von den HerrschaftsVerhältnissen ..., unter denen das Phänomen "Leben" entsteht. 20. (Schematische Identität oder "Systemik" der bisherigen Philosophie) ... sie mögen sich noch so unabhängig von einander mit ihrem kritischen oder systematischen Willen fühlen: irgend Etwas in ihnen führt sie, irgend Etwas treibt sie in bestimmter Ordnung hinter einander her, eben jene eingeborne Systematik und Verwandtschaft der Begriffe. Ihr Denken ist in der That viel weniger ein Entdecken, als ein Wiedererkennen, Wiedererinnern, eine Rück- und Heimkehr in einen fernen uralten Gesammt-Haushalt der Seele, aus dem jene Begriffe einstmals herausgewachsen sind: - Philosophiren ist insofern eine Art von Atavismus höchsten Ranges. ... Philosophen des ural-altaischen Sprachbereichs (in dem der Subjekt-Begriff am schlechtesten entwickelt ist) werden mit grosser Wahrscheinlichkeit anders "in die Welt" blicken und auf andern Pfaden zu finden sein, als Indogermanen oder Muselmänner: der Bann bestimmter grammatischer Funktionen ist im letzten Grunde der Bann physiologischer Werthurtheile und Rasse-Bedingungen. 21. Die causa sui ist der beste Selbst-Widerspruch, der bisher ausgedacht worden ist, eine Art logischer Nothzucht und Unnatur: aber der ausschweifende Stolz des Menschen hat es dahin gebracht, sich tief und schrecklich gerade mit diesem Unsinn zu verstricken. Das Verlangen nach "Freiheit des Willens", ... das Verlangen, die ganze und letzte Verantwortlichkeit für seine Handlungen selbst zu tragen und Gott, Welt, Vorfahren, Zufall, Gesellschaft davon zu entlasten, ist nämlich nichts Geringeres, als eben jene causa sui zu sein und, mit einer mehr als Münchhausen'schen Verwegenheit, sich selbst aus dem Sumpf des Nichts an den Haaren in's Dasein zu ziehn. Gesetzt, Jemand kommt dergestalt hinter die bäurische Einfalt dieses berühmten Begriffs "freier Wille" ... so bitte ich ihn, seine "Aufklärung" um einen Schritt weiter zu treiben und auch die Umkehrung ... aus seinem Kopfe zu streichen: ich meine den "unfreien Willen", der auf einen Missbrauch von Ursache und Wirkung hinausläuft. Man soll nicht "Ursache" und "Wirkung" fehlerhaft verdinglichen, wie es die Naturforscher thun (und wer gleich ihnen heute im Denken naturalisirt -) gemäss der herrschenden mechanistischen Tölpelei, welche die Ursache drücken und stossen lässt, bis sie "Wirkt"; man soll sich der "Ursache", der "Wirkung" eben nur als reiner Begriffe bedienen, das heisst als conventioneller Fiktionen zum Zweck der Bezeichnung, der Verständigung, nicht der Erklärung. Im "Ansich" giebt es nichts von "Causal-Verbänden", von "Nothwendigkeit", von "psychologischer Unfreiheit", da folgt nicht "die Wirkung auf die Ursache", das regiert kein "Gesetz". Wir sind es, die allein die Ursachen, das Nacheinander, das Für-einander, die Relativität, den Zwang, die Zahl, das Gesetz, die Freiheit, den Grund, den Zweck erdichtet haben; und wenn wir diese Zeichen-Welt als "an sich" in die Dinge hineindichten, hineinmischen, so treiben wir es noch einmal, wie wir es immer getrieben haben, nämlich mythologisch. Der "unfreie Wille" ist Mythologie: im wirklichen Leben handelt es sich nur um starken und schwachen Willen. - 22. Man vergebe es mir als einem alten Philologen, der von der Bosheit nicht lassen kann, auf schlechte Interpretations-Künste den Finger zu legen - aber jene "Gesetzmässigkeit der Natur", von der ihr Physiker so stolz redet, wie als ob - - besteht nur Dank eurer Ausdeutung und schlechten "Philologie", - sie ist kein Thatbestand, kein "Text", vielmehr nur eine naivhumanitäre Zurechtmachung und Sinnverdrehung, mit der ihr den demokratischen Instinkten der modernen Seele sattsam entgegenkommt! "Überall Gleichheit vor dem Gesetz, - die Natur hat es darin nicht anders und nicht besser als wir": ein artiger Hintergedanke, in dem noch einmal die pöbelmännische Feindschaft gegen alles Bevorrechtete und Selbstherrliche, insgleichen ein zweiter und feinerer Atheismus verkleidet liegt. Ni dieu, ni maître" - so wollt auch ihr's.- und darum "hoch das Naturgesetz"! - nicht wahr? ... Wort "Tyrannei" schliesslich unbrauchbar oder schon als schwächende und mildernde Metapher - als zu menschlich erschiene; und der dennoch damit endete, das Gleiche von dieser Welt zu behaupten, was ihr behauptet, nämlich dass sie einen "nothwendigen" und "berechenbaren" Verlauf habe, aber nicht, weil Gesetze in ihr herrschen, sondern weil absolut die Gesetze fehlen ... Gesetzt, dass auch dies nur Interpretation ist - und ihr werdet eifrig genug sein, dies einzuwenden? - nun, um so besser. 23. Die gesammte Psychologie ... als Morphologie und Entwicklungslehre des Willens zur Macht zufassen, wie ich sie fasse - daran hat noch Niemand in seinen Gedanken selbst gestreift: sofern es nämlich erlaubt ist, in dem, was bisher geschrieben wurde, ein Symptom von dem, was bisher verschwiegen wurde, zu erkennen. ... schon eine Lehre von der gegenseitigen Bedingtheit der "guten" und der "schlimmen" Triebe, macht, als feinere Immoralität, einem noch kräftigen und herzhaften Gewissen Noth und Überdruss, - noch mehr eine Lehre von der Ableitbarkeit aller guten Triebe aus den schlimmen. Gesetzt aber, Jemand nimmt gar die Affekte Hass, Neid, Habsucht, Herrschsucht als lebenbedingende Affekte, als Etwas, das im Gesammt-Haushalte des Lebens grundsätzlich und grundwesentlich vorhanden sein muss, folglich noch gesteigert werden muss, falls das Leben noch gesteigert werden soll, - der leidet an einer solchen Richtung seines Urtheils wie an einer Seekrankheit. (Ende erstes HUPTstck) Kommentar schreiben Weitersagen Facebook Twitter E-Mail Tags: nietzsche EAEC - nicht EHEC von TomGard Pro @ 2011-06-16 – 12:37:07 (Entwurf - veröffentlicht wider Willen, um ihn abspeichern zu können) Vorab: Es könnte der Eindruck entstehen, ich wolle Sebastian jetzt vorführen, doch das ist nicht meine Absicht. Nur geht es mir neben der sachlichen Klärung auch um die Weise, wie Irrtümer, blinde Flecken und Ideologien zustande kommen - Erkenntnis ist immer (auch(?)) Selbsterkenntnis, right? S. hatte geschrieben: "E.coli kann Wochen bis Monate in einer trockenen Umgebung überleben und kühlgehalten sogar Jahre." und sich auf diese Veröffentlichung berufen: http://aem.asm.org/cgi/reprint/71/11/6657 Nun, ihr wißt sicherlich, E.Coli ist ein gramnegatives Bakterium, hat nur eine einschichtige Hülle nebst Lipidmembran und ist daher nahezu wehrlos gegen Trockenstress. Doch, in der Tat, der Bakteriophage, den die EHEC - Stämme E.Colis in einer Mobilitätsinsel ihrer quasichromosomalen DNA einbauen, hilft dieser Empfindlichkeit in erstaunlichem Umfang ab. Mit der Folge, daß in den Trockenstressexperimenten, die 2005 zu der obigen Veröffentlichung führten, und die global Trocknungsprozesse zum Vorbild hatten, die in Konservierungsprozessen der Lebensmittelindustrie angewandt werden, die EHEC's überlebten, während die anderen Colis starben. Das Verotoxin, für die die beiden stx-Gene der EHEC-Stämme kodieren, wird (vorwiegend?)unter Stress exprimiert und ist ein Lektin, das im Normalfall zwischen Lipidmembran und Hülle akkumuliert. Seine Auswirkungen sind molekularbiologisch noch weitgehend unklar, und werden es auch wohl bleiben, denn sie hängen nicht nur vom Wirtsmilieu im engen Sinne ab, sondern auch von der übrigen Darmflora und deren Zustand, u.a. davon, inwieweit das Schleimhautgewebe der Magen- und Darmwand andere E.Colis integriert hat, vgl. z.b. http://tomgard.blog.de/2011/04/25/wissen-symbiose-darmbakterien-symbiont-11053458/ Immerhin ist klar, daß die Zell-Agglutination, die das Lektin verursachen kann, einen Schutzwall gegen Trockenstress aufbauen kann, und dieser Mechanismus dürfte an der Trockenheitstoleranz der EHEC-Stämme beteiligt sein. Damit haben wir einen Eckwert für die DREI-seitige Wirt-Pathogen Coevolution des Bakteriophagen (ich hab seinen Namen grad nicht präsent), E.Colis und der jeweiligen Säugetier-Wirte. Zu der haben wir weiter festzuhalten, daß die EHEC-Stämme ausschließlich für höhere Primaten pathogen sind, mit einer einschränkenden Unklarkeit hinsichtlich Schweinen. Doch in diesen Wirten scheinen sie überwiegend unter zu gehen, SOBALD sie (schwer) pathogen werden: Wie das Team um Prof. Karch feststellte, verschwindet der berüchtigte Serotyp O157 aus den Ausscheidungen Erkrankter binnen 4 bis 7 Tagen. Der Krankheitsstress tötet die Bakterien ab, zurück bleiben in unbekanntem Umfang re-mobilisierte Bakteriophagen. Auch die Quote von nur 3,5% unauffälligen Ausscheidern unter hoch exponiertem Personal fleischverarbeitender Betriebe spricht für diesen Befund, umso mehr, wenn man die oben angeführte hohe Überdauerungsrate der Stämme in Betracht zieht. Der EAEC-Stamm, der seine maßgebliche Beteiligung an der - nun, nennen wir es neutral Genese des neuen Erregers mit 93% des Genoms mitteilt, hat nun aber keine (bzw keine bekannten, was vorderhand dasselbe ist), tierischen Wirte. Daraus, nebst der Phänomenologie der Epidemie, folgt: 1) Die im neuen Erreger vorliegende Kombination stx2 + agg-Genen ist in seinem Wirt hoch pathogen, und insofern gegenselektiert, mit dem (bedingten) Ausgleich dafür, daß er außerhalb des Hauptwirtes voraussichtlich länger überdauert. (Anm: Über die Virulenz ist damit noch nichts Abschließendes gesagt, da sie durch Virulenzfaktoren bedingt ist, die zum Zeitpunkt der Aggregation von stx2 /agg noch nicht in der aktuellen Kombination vorgelegen haben müssen.) 2) Für den Inkubationsort, der den neuen Erreger hervor brachte, gibt es drei unterscheidbare Varianten: a) menschlicher (oder äffischer) Darm. b) Petrischale c) (häusliche) Biogasanlagen, Jauchegruben etx., in denen die Asscheidungen von Menschen und den üblichen Verdächtigen unter den Haustieren zusammen kommen. Für den Fall 2c ist zu beachten, daß der ENTSTEHUNGSort schwerlich identisch mit dem VERBREITUNGSort sein kann. Nichts deutet darauf hin, daß der neue Stamm im Falle einer spontanen, isolierten Entstehung auf Fäkaliensubstraten besonders selektiert würde, jedenfalls nicht gegenüber den bisher aufgetretenen Verotoxin-bildenden Varianten. Stammte er beispielsweise- aus einer Biogasanlage, so würde er vielleicht bei der Düngung ausgebracht, überlebte zusammen mit EHEC-"Vorfahren", landete ggf. in ein paar Sprossen ... und ginge ENTWEDER wieder unter, ODER würde, siehe Punkt 1, in menschlichen Wirten, von denen er SPORADISCH via Schmierinfektion weiter gegeben würde, binnen kurzem auffällig! JEDENFALLS in seiner jetzigen Gestalt, d.h. mit den gg. Pathogenitäts UND Virulenzfaktoren. Vor allem in Familienclustern! So. Und nun sucht das BfR die Quelle der Epidemie im Saatgut aus (China/Japan/Korea/Malaisia/whatever). Was unterstellt das? Das unterstellt, daß dies Saatgut hunderttausendfach bis Mio-fach mit Exemplaren des Erregers, die nach jeder Menge Trockenstress auf dem Saatgut dennoch überdauert haben, kontaminiert waren, und dort drauf gelangten, ohne in den Kultivierungsländern letztlich je auch nur ein einziges Mal aufgefallen zu sein. (der koreanische Fall von 2006 könnte, muß aber nicht von einem Klon desselben Stammes verursacht gewesen sein) Klartext: Das BfR geht in der Saatguthypothese IMPLIZIT von einer Entstehung in der Petrischale nebst anschließender bewußter Ausbringung zu terroristischen Zwecken aus. Womit ich nicht gesagt haben will, daß ich diese Variante für sonderlich plausibel halte, es gibt andere, die mir plausibler erscheinen. Ich habe an dieser Variante nur beispielhaft durchgespielt, womit ich argumentierte und von Dir, Sebastian, mit ziemlich wenig Sachkenntnis, z.b. über die Unterschiede zwischen "Sex" unter Eukarioten resp. Prokarioten, zwischen Clonierung und Phylogenes über Keimbahnen, abgebügelt wurde. "Wissenschaftsseite" Never mind. Kommentar schreiben Weitersagen Facebook Twitter E-Mail Tags: bakteriologische Waffe eaec ehec wissenschaft Das "weiß_warum" von TomGard Pro @ 2011-06-15 – 21:47:48 Warum erscheint (Doppelsinn!) bürgerliche Rationalität so unentrinnbar an ihren Gegenpol, Irrationalität, gekettet? (Ja, das ist so, aber alle Beispiele, die ich dafür geben kann, taugen weniger, als das, was ihr selbst euch dazu vorzulegen imstande seid) Eine Teilantwort habe ich hier gegeben. Eine gekonnte Beschreibung, die eine Reihe Beispiele beruft, auch wenn sie nicht ausgeführt sind, fand ich hier. Kommentar schreiben Weitersagen Facebook Twitter E-Mail Tags: ratio Sinn vernunft weiß_warum Das Wort zu Pfingsten von TomGard Pro @ 2011-06-13 – 15:20:44 "Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, die Eure Schulweisheit sich nicht träumen läßt" Der Hamlet ist in einer Hinsicht gewiß das volkstümlichste Stück der Shakespeare-Truppe. Es malt ein Bild auf der Grundierung des Ressentiments, das der urbane Plebs, den die elisabethanische Handels- und Marinemacht vom Land entwurzelt und in die Städte gelockt und gespült hatte, gegen seine Herrschaft hegte, und dafür Legenden und mythische Motive mobilisierte, in denen, obwohl ihres Zusammenhangs und narrativer Kraft weitgehend ledig, vorchristliche Traditionen überlebt hatten. Der zitierte Spruch, das will ich vollständigkeitshalber erwähnen, spiegelt heidnische Bruchstücke in der katholischen Ritual- und Symbolkultur, die in der Reformation englischer Prägung zum Teil überlebte und sie vom kontinentalen Protestantismus schied. So waren der Sprecher der zitierten Volksweisheit, Hamlet, und ihr Adressat, Horatio, beide Studenten in der Reformationshochburg Wittenberg, und die angesprochene "Schulweisheit" ("philosophy") ist die rationalistische Tradition, die in den kontinentalen Zentren der Renaissance gewachsen war. Hamlet ist ein Volksheld, seine Tragödie das Drama des zum Scheitern verurteilten Versuches der Selbstbehauptung eines ständischen, bäuerlich-handwerklichen Verstandes gegen die Angriffe, denen seine hergebrachte Einbettung in die materiellen und geistigen Volkstraditionen ausgesetzt war. Klerus und Staatsbürokratie, obwohl zeitweise in erbittertem Kampfe, waren die herrschaftlichen "Speerspitzen" im Kampfe des Bürgertums um die Erweiterung der Geldökonomie, der im wachsenden Geldbedarf des angehenden Kolonialreiches ihren mächtigsten Hebel hatte. Die antiklerikale Note des geflügelten Wortes, symbolisiert in der Verortung "zwischen Himmel und Erde", ging seither nahezu unter. Noch in meiner Jugend, vor einem halben Jahrhundert, war die Spruchweisheit überwiegend von der religiösen Volkstradition usurpiert. Seither gewannen die paganistischen Motive Raum und Oberhand, sie in die alten und neuen esotherischen Traditionen einzugliedern. Meistenteils geschieht das herablassend ironisch, denn mit der "New Age" - Bewegung und den Psychokulten hat die Esotherik sich ihrer rebellischen Motive durch Ritualisierung entledigt und ist in Nischen der Nationalkulturen abgewandert und beheimatet. Doch genau in dieser Beheimatung, behaupte ich, ist die Volksweisheit gewissermaßen "zu sich selbst" gekommen, nämlich zu der Einheit hinter ihrer antiklerikalen und antirationalistischen Ambiguität. Heute kann man sie ohne Verlust paraphrasieren: "...Dinge zwischen Himmel und Erde, die sich der Verstand nicht träumen läßt." In Klammern, zur Befriedigung der Logik, kann man dem Verstand noch ein kleines "gewöhnlich(e)" beiordnen und befindet sich dann vollgültig in der übergreifenden religiösen Tradition, die den humanistischen Rationalismus einschließt. Wieso? Na, stellt doch mal die Gegenthese auf! Sagt doch mal laut vor Euch hin: Es gibt nur all die Dinge zwischen Himmel und Erde, die der Verstand sich träumen läßt. Falls Ihr es fertig brächtet, Euch obendrein unter "Verstand" nicht "die" (oder "eine") individuelle Vernunft vorzustellen, sondern - um es ganz rationalistisch auszudrücken - das Aggregat eines arbeitenden Kulturprozesses, an dem jedes beteiligte Individuum wirkt, dann habt ihr einen Pfad beschritten, in dessen Verlauf ein Konsens der alten nordamerikanischen Kulturen lag, der freilich schon angegriffen und teilweise zerrüttet war, bevor er dokumentiert wurde: Wir träumen die Dinge. Gemeinsam und jeder für sich. Im Traum, dachte der Dakota, gelange er auf die Ebene, auf der die Gegenstände beheimatet seien, die in der erlebten Realität, in die sie gleichsam hinein ragten und Spuren in ihr hinterließen, unkenntlich blieben. Vergleicht das mal mit Plato's Höhlengleichnis und erwägt den Gegensatz in und hinter den Ähnlichkeiten der Vorstellung. Soweit mein Gedenken der Feier des "heiligen Geistes". Kommentar schreiben Weitersagen Facebook Twitter E-Mail Tags: ratio realität religion traum