Burghard, Waldemar Aufklärungserfolge fallen nicht vom

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Prof. Dr. Gerhard Wolf
Europa-Universität
Frankfurt(Oder)
Seminar : Strafrecht und Strafprozessrecht
Sommersemester 1995
Seminararbeit
Das Gesetz zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität
1
Gliederung :
Gliederungspunkt
1.
2.
3.
4.
4.1.
4.1.1.
4.1.2.
4.2.
5.
5.1.
5.1.1.
5.1.1.1.
5.1.1.2.
5.1.2.
5.1.3.
5.2.
5.2.1.
5.2.2.
5.2.3.
5.2.4.
5.3.
5.3.1.
5.3.2.
5.3.3.
5.3.3.1.
5.3.3.2.
5.3.4.
5.4.
5.4.1.
5.4.2.
5.4.3.
5.4.4.
5.5.
5.5.1.
5.5.2.
6.
6.1.
6.1.1.
6.1.2.
6.2.
7.
Seite
Einleitung
Ziel des OrgKG
Entstehungsgeschichte des OrgKG
Organisierte Kriminalität
Definition der Organisierten Kriminalität
Definitionsansatz der Kriminologie
Definitionsansatz der Polizei
Ursachen der Organisierten Kriminalität
Maßnahmen im Bereich der StPO
Die Rasterfahndung
Definition der Rasterfahndung
Die positive Rasterfahndung
Die negative Rasterfahndung
Voraussetzungen einer Rasterfahndung
Verfassungsrechtliche Problematik
Einsatz technischer Mittel
Definition von technischen Mitteln
Voraussetzungen zum Einsatz
Verfassungsrechtliche Problematik
Der Lauschangriff
Einsatz Verdeckter Ermittler
Definition für Verdeckte Ermittler
Voraussetzungen für den Einsatz
Verfassungsrechtliche Problematik
Schutzbereich des Art. 13 GG
Zulässigkeit von verdeckten Ermittlungen
Begehung milieutypischer Straftaten durch V.E.
Polizeiliche Beobachtung
Definition der Polizeilichen Beobachtung
Voraussetzungen für eine Ausschreibung
Verfassungsrechtliche Problematik
Kritik
Zeugenschutz
Regelung zum Zeugenschutz
Kritik an der Neuregelung
Maßnahmen im Bereich des StGB
Geldwäsche
Verschleierungstatbestand
Erwerbs-, Besitz- und Verwendungstatbestand
Weitere Regelungen
Resümee
6
6
7
8
8
8
10
10
11
11
11
11
12
12
12
13
13
14
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16
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19
20
20
20
21
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22
22
23
24
24
24
25
25
26
2
Literaturverzeichnis :
Kommentare :
Dreher, Eduard / Tröndle, Herbert
Strafgesetzbuch -Kommentar
46. Auflage
München 1993
(zit. : Dre/Trö, ...)
Karlsruher Kommentar
zur Strafprozeßordnung
3. Auflage
München 1993
(zit. : Bearbeiter in KK, ...)
Kleinknecht, Theodor / Meyer, Karlheinz /
Meyer-Goßner, Lutz
Strafprozeßordnung - Kommentar
42. Auflage
München 1995
(zit. : Klei/Mey, ...)
Lackner, Karl
Strafgesetzbuch - Kommentar
20. Auflage
München 1993
(zit. : Lackner, ...)
Schönke, Adolf / Schröder, Horst
Strafgesetzbuch - Kommentar
24. Auflage
München 1991
(zit. : Bearbeiter in Sch/Sch, ...)
Systematischer Kommentar
Strafprozeßordnung
Band I
11. Aufbau
Neuwied 1994
(zit. : Bearbeiter in SK StPO, ...)
Beitrag :
Gesine Kruse
Bundesrepublik Deutschland
in
Walter Gropp
Besondere Ermittlungsmaßnahmen zur
Bekämpfung der Organisierten
Kriminalität
Freiburg 1993
3
Aufsätze :
Burghard, Waldemar
Aufklärungserfolge fallen nicht vom
Himmel
in Kriminalistik 1994, S. 371
Caesar, Peter
Das Gesetz gegen die Organisierte
Kriminalität - eine unendliche
Geschichte?
in ZRP 1991, S. 241 ff
Eisenberg, Ulrich
Über Organisiertes Verbrechen
in JZ 1990, S. 574 ff
Eisenberg, Ulrich
Straf(verfahrens-)rechtliche Maßnahmen
gegenüber "Organisiertem Verbrechen"
in NJW 1993, S. 1033 ff
Frister, Helmut
Zur Frage der Vereinbarkeit verdeckter
Ermittlungen in Privatwohnungen mit
Art. 13 GG
in StV 1993, S. 151 ff
Hassemer, Winfried
Warum man den "Großen Lauschangriff"
nicht führen sollte
in DRiZ 1992, S. 357 f
Hilger, Hans
Neues Strafverfahrensrecht durch das
OrgKG
in NStZ 1992, S. 457 ff & S. 523 ff
Hund, Horst
Verdeckte Ermittlungen - ein gelöstes
Problem?
in StV 1993, S. 379 ff
Körner, Hans
Die Strafrechtspraxis im Labyrinth neuer
Betäubungsmittelrechtsbestimmungen
in NJW 1993, S. 233 ff
Krey, Volker
Zeugenschutz, Rasterfahndung,
Lauschangriff, Verdeckte Ermittler
in JR 1992, S. 309 ff
Krüger, Ralf
Verdeckte Ermittlungen im
Strafverfahren und die Unverletzlichkeit
der Wohnung
in ZRP 1993, S. 124 ff
4
Lesch, Heiko H.
Soll die Begehung "milieutypischer"
Straftaten durch verdeckte Ermittler
erlaubt werden?
in StV 1993, S. 94 ff
Lisken, Hans
Befugnis zum Belauschen?
in ZRP 1993, S. 121 ff
Meertens, Christoph
Das Gesetz gegen die Organisierte
Kriminalität, eine unerträgliche
Geschichte!
in ZRP 1992, S. 205 ff
Ranft, Otfried
Verdeckte Ermittler im Strafverfahren
nach dem Inkrafttreten des OrgKG
in Jura 1993, S. 449 ff
Rieß, Peter
Neue Gesetze zur Bekämpfung der
Organisierten Kriminalität
in NJ 1992, S. 491 ff
Schaefer, Christoph
Organisierte Kriminalität - eine kaum
hilfreiche öffentliche Diskussion
in NJW 1994, S. 774 f
Schoreit, Armin
Bekämpfung der organisierten
Kriminalität und anderer neuer Formen
von Straftaten aus der Sicht der Polizei
und der Staatsanwaltschaft
(Strafverfolgung)
in StV 1991, S. 535 ff
Schoreit, Armin
Organisierte Kriminalität
in MDR 1992, S. 1013 ff
Ungnade, Dieter
Rechtliche Aspekte bei der Umsetzung
des OrgKG und des Geldwäschegesetzes
in der Kreditwirtschaft
in WM 1993, S. 2069 ff
Vahle, Jürgen
Organisierte Kriminalität
in VR 1994, S. 67 ff
Weil, Stephan
Verdeckte Ermittlungen
Strafverfahren und die Unverletzlichkeit
der Wohnung
in ZRP 1992, S. 243 ff
5
Zachert, Hans-Ludwig
Elektronische Überwachung der
Wohnung als Mittel zur Bekämpfung
Organisierter Kriminalität
in DRiZ 1992, S. 355 ff
6
1. Einleitung
Durch das "Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der organisierten Kriminalität (OrgKG) vom 15.07.19921 wurde mit Wirkung
zum 22.09.1992 im Bereich der StPO, des StGB und des Betäubungsmittelgesetzes weitere
Normen eingeführt, um den Strafverfolgungsbehörden und den Gerichten neue Möglichkeiten
in die Hand zu geben, den illegalen Rauschgifthandel und die organisierte Kriminalität 2
wirkungsvoller zu bekämpfen.
Die folgende Bearbeitung hat zum Ziel, die neu eingeführten Paragraphen und die damit verbundenen Möglichkeiten für die Strafverfolgungsbehörden und die Gerichte kurz darzustellen
und unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zu erörtern.
Hierbei soll auch, was für das Verständnis zwingend notwendig ist, der Begriff der organisierten Kriminalität näher begutachtet werden.
2. Ziel des OrgKG
Der Gesetzgeber hat mit der Verabschiedung des OrgKG auf gesellschaftliche
Veränderungen, nämlich auf eine konkrete Kriminalitätsentwicklung reagiert.
Die organisierte Kriminalität, die sich in Form von zunehmender Zahlen von Drogentoten,
zahlreichen Beschlagnahmen immer größerer Mengen gefährlicher Drogen, illegalem Waffenhandel, Diebstahl und Handel mit hochwertigen Kfz, Straftaten im Zusammenhang mit der
Prostitution, Herstellung und Verbreitung von Falschgeld und der Erpressung von Schutzgeld
deutlich macht, ist zu einer Herausforderung für den Staat und die Gesellschaft geworden.3
Derartige Kriminalität stellt nicht nur eine Bedrohung für den jeweils betroffenen Bürger oder
des jeweils betroffenen Rechtsguts der Allgemeinheit dar, sondern es besteht darüber hinaus
die wachsende Gefahr der Unterwanderung und Korrumpierung staatlicher und gesellschaftlicher Institutionen.4
Folglich ist rechtspolitisches Ziel des OrgKG in erster Linie die Schaffung gesetzlicher Maßnahmen zur besseren Bekämpfung der organisierten Kriminalität.5
Der Gesetzgeber hat daher, um dieses Ziel zu erreichen, einerseits Änderungen des
materiellen Rechts vorgenommen, um mit schärferen Strafen für Straftaten der organisierten
Kriminalität die Abschreckungswirkung zu erhöhen 6 und eine angemessene Bestrafung zu
ermöglichen. 7 Andererseits hat er Änderungen im Bereich des Verfahrensrechtes
1verkündet
am 22.07.1992 im BGBl I, 1302 ff
muss noch geklärt werden, was organisierte Kriminalität ist
3BT-Dr 12/989, S. 1 ; Hilger in NStZ 1992, 457 ; Krey in JR 1992, 309 ; Meertens in ZRP 1992, 205 ;
Zahlenbeispiele bei Caesar in ZRP 1991, 241 ; Burghard in Kriminalistik 1994, 371 ; Kruse in Gropp, 105 (112)
4Krey in JR 1992, 309
5Rieß in NJ 1992, 491 ; Burghard in Kriminalistik 1994, 371
6wobei fraglich ist, ob schärfere Strafen die Abschreckungswirkung erhöhen, da die O.K. bisher auch nicht
abgeschreckt wurde - warum sollte sie es daher in Zukunft ?
7BT-Dr 12/989, S. 1 ; Hilger in NStZ 1992, 457 ; Krey in JR 1992, 309
2dabei
7
vorgenommen, um durch eine Verbesserung des Ermittlungsinstrumentariums den
Strafverfolgungsbehörden zu ermöglichen, in den Kernbereich der kriminellen Organisationen
einzudringen 8 . Weiter soll durch die neuen Regelungen ein weitreicherenden Schutz von
Zeugen gewährleistet werden.9
3. Entstehungsgeschichte des OrgKG
Das OrgKG hat eine lange Entstehungsgeschichte und ist vom Anfang bis zum Ende sehr
stark umstritten gewesen.10
Der Freistaat Bayern brachte aufgrund eines Berichts der Bundesregierung über die Rauschgiftsituation vom 02.11.198911 am 30.01.1990 einen Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung
des illegalen Rauschgifthandels ein. 12 Nahezu gleichzeitig legte Baden-Württemberg am
02.02.1990 ebenfalls einen Entwurf vor.13
Im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages fand am 15.03.1990 eine öffentliche Anhörung zu den vorgenannten Gesetzentwürfen statt. Der Bundesrat brachte am 11.05.1990 erstmalig den Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und
anderer Erscheinungsformen der organisierten Kriminalität (OrgKG) ein, der die beiden
verschiedenen Gesetzesentwürfe zusammenfasste.14 Nach der Bundestagswahl am 02.12.1990
beschloss der Bundesrat eine erneute Einbringung des Entwurfs des OrgKG beim
Bundestag. 15 Auf Antrag der Länder Baden-Württemberg und Bayern empfahlen am
15.04.1991 der federführende Rechtsausschuss und der Innenausschuss dem Bundesrat, den
Gesetzentwurf in veränderter Form beim Deutschen Bundestag einzubringen 16, worauf der
geänderte Gesetzesentwurf am 26.04.1991 vom Bundesrat beschlossen wurde. 17 Der
Bundestag verabschiedete dann am 04.06.1992 das OrgKG unter Berücksichtigung der
Änderungsempfehlungen des Rechtsausschusses.18 Am 26.06.1992 stimmte der Bundesrat zu,
so dass der Bundestag das OrgKG am 15.07.1992 beschloss.
8fraglich
ist, ob das durch das OrgKG überhaupt erreicht wird
12/989, S. 1 ; Krey in JR 1992, 309 ; Higer in NStZ 1992, 457
10zur Geschichte siehe auch Körner in NJW 1993, 233 (234) ; Caesar in ZRP 1991, 241f
Hilger in NStZ 1992, 457f ; Kruse in Gropp, 105 (147f)
11BT-Dr 11/5525
12BR-Dr 74/90
13BR-Dr 83/90
14BT-Dr 11/7663
15BR-Dr 919/90 vom 19.12.1990
16BR-Dr 219/91
17BT-Dr 12/989
18BT-Dr 12/2720
9BT-Dr
8
4. Organisierte Kriminalität
4.1. Definition der Organisierten Kriminalität
Das Phänomen der sogenannten Organisierten Kriminalität (O.K.) oder auch des organisierten
Verbrechens19 hat bisher keine gesetzliche oder allgemein geteilte und klare Definition gefunden, obwohl der Begriff vom Gesetzgeber, vor allem im OrgKG, verwendet wird. Des Weiteren scheint es ebenso an einer verlässlichen Beschreibung und Analyse der gemeinten Erscheinung zu fehlen.20
Eine Definition des Begriffs O.K scheint aber insoweit notwendig zu sein, damit klar erkenntlich wird, was durch die Einführung des OrgKG bekämpft und somit erreicht werden soll.
Erklärungen aus dem OrgKG zum Begriff der O. K. werden nur schemenhaft erkennbar. Der
Gesetzgeber sieht aber als typisch für die O.K. den unerlaubten Betäubungsmittel- und Waffenverkehr, Geld- oder Wertzeichenfälschung sowie die gewerbs- oder gewohnheitsmäßige
Begehung einer Straftat an.
Klarer wird der Begriff in den Begründungen zum Gesetzesentwurf. Danach ist die Rauschgiftkriminalität der (ein) wesentliche(r) Teil der organisierten Kriminalität. Weiteren zählen
zur organisierten Kriminalität der bandenmäßige Diebstahl und der Einbruchsdiebstahl vor
dem Hintergrund von Hehlerringen, die Verschiebung hochwertiger Kraftfahrzeugen in das
Ausland, illegalen Waffenhandel, Kriminalität im Zusammenhang mit der Prostitution und die
Erpressung von Schutzgeldern dazu.21 Besonderes Kennzeichen der dabei begangenen Verbrechen ist, dass die meist international verflochtenen Straftäter persönliche und geschäftliche
Verbindungen mit großer krimineller Energie und Kapitalkraft nutzen, um hohe illegale Gewinne zu erzielen.22
Weiterhin sind die Aktivitäten der O.K. oft so angelegt, dass Hauptpersonen nicht nach außen
hervortreten müssen, sondern die Straftaten von Randfiguren ausüben lassen, welche beliebig
austauschbar und ersetzbar sind, so dass durch ihre Festnahme die kriminellen Aktivitäten der
Organisation nicht wesentlich gestört werden.23
Der Begriff der O.K. ist durch diese Umschreibung aber noch nicht so weit geklärt, dass er als
definiert beschrieben werden kann, da er noch viel zu unbestimmt ist. Zur Klärung des
Begriffs der O.K. versuchen sich darüber hinaus die Kriminologie sowie die Polizei.
4.1.1. Definitionsansatz der Kriminologie
19der
Begriff Eisenbergs in NJW 1993, 1033 scheint nicht so gelungem, da sich die sogenannte O.K. nicht nur
durch Verübung von Verbrechen, sondern auch von Vergehen kennzeichnet
20Vahle in VR 1994, 67 ; Eisenberg in JZ 1990, 574
21BT-Dr 12/989, S. 20f
22BT-Dr 12/989, S. 20
23BGHSt 32, 115 (120) ; BT-Dr 12/989, S. 21
9
Grundsätzlich sieht die Kriminologie in der O.K. überwiegend ein Phänomen, das auf straff
strukturierte und stabile Tätergemeinschaft zurückzuführen ist. Der Begriff der O.K. wird üblicherweise als eine Form der geschäftsmäßigen und bürokratischen Deliktsbegehung bezeichnet; wobei das Bestehen der O.K. an die Übernahme bestimmter Funktionen gekoppelt ist,
welche von der Befriedigung der Nachfrage nach solchen Waren und Dienstleistungen, die offiziellen moralischen und rechtlichen Verbotsnormen unterliegen24, bis hin zu Aktivitäten im
Dienst von Staatsführungen bzw. politischen und wirtschaftlichen Interessengruppen
reichen.25
Insgesamt lässt sich aufgrund kriminologischer Informationen zwischen Organisations-, Kompetenz- und Funktionsmerkmalen unterscheiden.
Merkmale der Organisation sind der dauerhafte Zusammenschluss mehrerer Personen mit einem meist hierarchischen und gegebenenfalls zentralistischem Aufbau, eine arbeitsteilig
sowie ziel- bzw. aufgabenorientierte Struktur, wobei die Organisationsmitglieder weitgehend
auswechselbar sind bzw. sein müssen. Die Aufrechterhaltung des inneren Zusammenhalts
durch organisationseigene Normen und Regeln bzw. Initiations- und Aufnahmerituale ist ein
weiteres Organisationsmerkmal.26
Zu den Kompetenzmerkmalen gehört besonders die Verneinung einer Beschränkung auf bestimmte Delikte oder Deliktsgruppen, der Einsatz moderner technischer Mittel zur Straftatenbegehung und Kommunikation, wozu auch die Infrastruktureinrichtungen und die Transportmöglichkeiten gehören. Des weiteren zeichnen sich Kompetenzmerkmale in der Koordination
und Abwicklung überregionaler und teilweise internationaler Aktivitäten, in der Aufrechterhaltung der Loyalität der Organisationsmitglieder sowie die Verhinderung von Kooperation
mit Strafverfolgungsorganen durch Erzeugung von Angst durch Drohungen und
Ausführungen von solchen bzw. durch Gewährung von Schutz aus. Weiterhin soll durch
Bestechungen von Amtsträgern die staatliche Strafverfolgung neutralisiert werden, das
"Waschen" von illegalen Geldern durch Investitionen in legale Wirtschaftszweige sowie der
Erlangung wirtschaftlicher und politischer Macht ermöglicht werden.27
Letztlich gehören zu den Funktionsmerkmalen die Übernahme von Ordnungsaufgaben innerhalb der kriminellen Szene, die Befriedung einer vorhandenen oder erzeugten Nachfrage nach
bestimmten Waren oder Dienstleistungen sowie die Herbeiführung einer elastischen
Bedürfniskontrolle durch ein geregeltes Durchbrechen von Verboten.28
Nach Ansicht der Kriminologie kann also von O.K. (nur) dann gesprochen werden, wenn die
aufgeführten Merkmale erfüllt sind. Durch die zu umfangreiche Beschreibung der einzelnen
Merkmale kann aber nicht genau bestimmt werden was O.K. ist, da zu ungenau geblieben ist,
welche Merkmale mindestens erfüllt sein müssen, damit von O.K. gesprochen werden kann.
24Bsp.
Prostitution, illegaler Waffenhandel, Rauschgifthandel
in JZ 1990, 574
26Eisenberg in JZ 1990, 574f
27Eisenberg in JZ 1990, 574 (575)
28Eisenberg in JZ 1990, 574 (575)
25Eisenberg
10
Der Definitionsansatz der Kriminologie ähnelt darüber hinaus dem des Gesetzgebers, welcher
durch seine Unbestimmtheit abzulehnen ist.
4.1.2. Definitionsansatz der Polizei
Die Definition der O.K. durch die Polizei lautete längere Zeit folgend:
O.K. sind die auf Dauer angelegten, arbeitsteilig und geschäftsmäßig betriebenen Aktivitäten,
die von strukturierten Gruppen international und national strategisch und taktisch geplant und
durchgeführt werden, um hohe Gewinne zu erzielen oder Einfluss in Bereichen des
öffentlichen Lebens zu erreichen.29 Diese Definition krankt daran, dass durch diese im Grunde
nur eine besondere Variante der Gewerbsmäßigkeit umschrieben wird. Eliminiert waren damit
terroristische Taten aus politischer oder vergleichbarer Verblendung.30
Die dem OrgKG zugrundeliegende Definition lautet dagegen wie folgt:
O.K ist eine von Gewinnstreben bestimmte planmäßige Begehung von Straftaten, die einzeln
oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutung sind, wenn mehr als zwei Beteiligte auf
längere oder unbestimmte Dauer arbeitsteilig zusammenwirken und zwar
a) unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen,
b) unter Anwendung von Gewalt oder anderer zur Einschüchterung geeigneter Mittel oder
c) unter Einflussnahme auf Politik, Medien, öffentliche Verwaltung, Justiz und Wirtschaft.31
Diese Definition krankt ebenfalls an ihrer zu großen Unbestimmtheit, da sie wie die
Definition der Kriminologie versucht, alle in Betracht kommenden Wesensmerkmale zu
erfassen. Darüber hinaus wird auch hier nicht deutlich, welche Merkmale unbedingt gegeben
sein müssen und welche fehlen können, um immer noch von O.K. sprechen zu können.
Insgesamt lässt sich festhalten, dass weder durch den Versuch einer Definition noch mittels
der Beschreibung einzelner Merkmale das Phänomen der O.K. derzeit begrifflich vollständig
erfasst werden kann und wohl auch in Zukunft kaum zu erfassen ist.
In der weiteren Bearbeitung wird der Begriff der O.K. dahingehend verstanden, wie er durch
den Gesetzgeber in der Form der Entwurfsbegründung des OrgKG sowie der Definition der
Polizei beschrieben wird.
4.2. Ursachen der Organisierten Kriminalität
Die Ursachen, welche zu einem Erstarken der O.K. geführt haben, sind hier nicht umfassend
zu erläutern. Wesentlicher Grund dafür dürfte neben dem allgemeinen Wertewandel
insbesondere der Verfall des Beamtenethos, die Verwaltungsexpansion, die Ämterpatronage
29Vahle
in VR 1994, 67 ; Schoreit in StV 1991, 535 (536)
in StV 1991, 535 (536)
31Schoreit in MDR 1992, 1013 (1016) ; Kruse in Gropp, 105 (114)
30Schoreit
11
und erhebliche Kontrolldefizite sein. Möglicherweise geht die O.K. aber auch mit den
demokratischen und freiheitlichen Errungenschaften einher, wie sie beispielsweise durch die
Eröffnung
Europas
entstehen
(Freizügigkeit,
erleichterte
Reiseund
Kommunikationsmöglichkeiten, wirtschaftliche Erleichterungen). 32 Weiterhin dürften auch
schwer durchschaubare rechtliche Regelungen zum Erstarken und Entwickeln von O.K.
beitragen.
5. Maßnahmen im Bereich der StPO
Wie bereits oben kurz geschildert, war ein Ziel des OrgKG, dass es den Strafverfolgungsbehörden ermöglicht werden soll, durch die Verbesserung des strafprozessualen Ermittlungsinstrumentariums in Kernbereiche der kriminellen Organisationen einzudringen, um ihre
Struktur zu erkennen, zu zerschlagen und die hauptverantwortlichen Straftäter, die
Organisatoren, Finanziers und im Hintergrund agierende Drahtzieher zu überführen. 33 Da
herkömmliche Ermittlungsmethoden in diesen Bereichen bisher versagten, war es notwendig
das Ermittlungsinstrumentarium zu verbessern, namentlich durch Einführung bzw.
Legalisierung neuartiger Ermittlungsmethoden. Des Weiteren war der Zeugenschutz nicht
minder wichtig, denn nur durch die Gewährleistung der Sicherheit von gefährdeten
Auskunftspersonen, sind Aussagen von diesen zu erwarten, um Hintermänner und Drahtzieher
der O.K. zu überführen.34
Im Folgenden sollen die wesentlichen Neuregelungen im Bereich der StPO kurz dargestellt
und verfassungsrechtlich betrachtet werden.
5.1. Die Rasterfahndung
5.1.1. Definition der Rasterfahndung
Die Rasterfahndung wird in den §§ 98a-c StPO geregelt.
Ziel der Rasterfahndung ist der maschinell-automatisierte Datenabgleich zwischen
bestimmten, auf den Täter vermutlich zutreffenden Prüfungsmerkmalen (Rastern), um somit
Nichtverdächtige auszuschließen oder Personen festzustellen, die weitere für die Ermittlung
bedeutsame Prüfungsmerkmale erfüllen.
Die Rasterfahndung erfolgt dabei in zwei Schritten. In der ersten Phase geht es um die Gewinnung personenbezogener Daten, die von anderen Stellen erhoben und gespeichert worden
sind. In der zweiten Phase werden diese Daten mit anderen Dateien im Wege der
elektronischen Datenverarbeitung abgeglichen.35
Dabei wird die positive von der negativen Rasterfahndung unterschieden.
32Kruse
in Gropp, 105 (119)
12/989, S. 21 ; Krey in JR 1992, 309
34Krey in JR 1992, 309 ; BT-Dr 12/989, S. 21
35Rudolphi in SK StPO, § 98a, Rn. 2 ; Hilger in NStZ 1992, 457 (460)
33BT-Dr
12
5.1.1.1. Die positive Rasterfahndung
Die positive Rasterfahndung kennzeichnet sich dadurch, dass sie einen durch bestimmte
Merkmale gekennzeichneten Täter als positives Ergebnis eines Datenabgleichs finden will.36
Dazu werden in eine Datei eingegebene Erkenntnisse über den Gesuchten mit beliebig vielen
anderen Dateien, in denen der Täter ebenfalls gespeichert sein könnte, abgeglichen. Als
Ergebnis werden die übereinstimmenden Dateien zu einer dritten, das Täterbild
vervollständigenden Datei verbunden, so dass der Tatverdächtigenkreis so weit wie möglich
eingeschlossen wird.37
5.1.1.2. Die negative Rasterfahndung
Die negative Rasterfahndung zielt im Gegensatz zur positiven Rasterfahndung darauf ab, nicht
einen durch bestimmte Merkmale bereits individuell gekennzeichneten Täter herauszufiltern,
da der Polizei eben diese Merkmale nicht zur Verfügung stehen. Vielmehr wird versucht, über
vermutete Anhaltspunkte aus einem Datenbestand die Personen herauszufiltern, die den vermuteten Anhaltspunkt nicht aufweisen.38
Indem der Vorgang anhand unterschiedlicher Ausgangsdaten wiederholt wird, scheiden demzufolge eine Reihe von Personen aus, so dass letztlich nur noch eine kleine Gruppe derer
übrig sind, die als Verdächtige in Betracht kommen.
5.1.2. Voraussetzungen einer Rasterfahndung
Als Grundvoraussetzung für die Rasterfahndung werden zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür gefordert, dass eine Straftat von erheblicher Bedeutung aus einem bestimmten
Katalog, der in § 98 Abs. 1 StPO näher bezeichnet ist, gegeben ist. Weiterhin kann die Rasterfahndung nur dann angeordnet werden, wenn die Ermittlungen auf andere Weise erheblich
weniger erfolgversprechend oder wesentlich erschwert wären. Ist es nicht möglich mit Hilfe
anderer zur Verfügung stehender Ermittlungsmaßnahmen die vollständige Aufklärung der
Straftat annähernd in demselben Maße zu erreichen wie es mit der Rasterfahndung möglich
erscheint, so darf und kann diese eingesetzt werden.39
In dem § 98b StPO wird die betreffende Verfahrensregelung beschrieben.
Danach kann nur der Richter oder bei Gefahr in Verzug die Staatsanwaltschaft die Anordnung
der Rasterfahndung treffen. Die Anordnung durch die Staatsanwaltschaft muss innerhalb von
drei Tagen von dem Richter schriftlich bestätigt werden, da sie sonst außer Kraft tritt. In dem
36Hilger
in NStZ 1992, 457 (460) ; Kruse in Gropp, 105 (148f) ; Klei/Mey, § 98a, Rn. 1
in Gropp, 105 (149)
38Klei/Mey, § 98a, Rn. 1 ; Hilger in NStZ 1992, 457 (460) ; Kruse in Gropp, 105 (149)
39Hilger in NStZ 1992, 457 (460) ; Rudolphi in SK StPO, § 98a, Rn. 6ff ; BT-Dr 12/989, S. 37 ; Klei/Mey,
§ 98a, Rn 3ff
37Kruse
13
Fall sind die eingeleiteten Maßnahmen unverzüglich zu beenden und herausgegebene
Datenträger zurückzugeben.
5.1.3. Verfassungsrechtliche Problematik
Im Folgenden soll kurz (!) geprüft werden, ob die Regelung der Rasterfahndung verfassungsrechtlich problematisch ist.
Die Rasterfahndung stellt einen Eingriff in das vom BVerfG40 aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1
Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Aus diesem Recht
folgt, dass jeder grundsätzlich selbst über seine persönliche Daten bestimmen kann. 41 Die
Rasterfahndung, die eine automatische Speicherung und Verarbeitung personenbezogener Daten ermöglicht, greift daher in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sein, so dass
es einer gesetzlichen Ermächtigung bedarf. Durch die Einführung der §§ 98a-c StPO wurde
die gesetzliche Regelung geschaffen.
Fraglich ist, ob ein solcher Eingriff verhältnismäßig ist. Abzuwägen ist dabei zwischen einer
effektiven staatlichen Verbrechensbekämpfung im Allgemeininteresse und einer
Beschränkung der Verhaltensvielfalt des Menschen als unabdingbare Voraussetzung für eine
freie Kommunikation, persönlicher Initiative und Teilhabe am sozialen Geschehen. 42 Das
BVerfG führte weiter aus, dass die informationelle Selbstbestimmung Funktionsbedingung
einer demokratischen Gesellschaft ist. Da das Grundgesetz jedoch der
Gemeinschaftsbezogenheit Vorrang vor den Individualinteressen eingeräumt habe, seien
Einschränkungen im überwiegenden Allgemeininteresse grundsätzlich hinzunehmen. 43 Die
Strafverfolgung dient dem allgemeinen Rechtsgüterschutz, so dass eine Einschränkung der
informationellen Selbstbestimmung durch die Rasterfahndung verhältnismäßig ist, da dem
Gesetzgeber gleichzeitig die Verpflichtung auferlegt wird, Verfahrenssicherungen vorzusehen,
welche eine Beschränkung des Rechts begleiten.44
Kritik ist in der Form aufgekommen, dass der Gesetzgeber eine Vielzahl von Begriffen
gewählt hat, die als zu unbestimmt erscheinen.
In § 98a StPO wird von "Straftaten von erheblicher Bedeutung" und von "erheblich weniger
erfolgversprechend“ oder „wesentlich erschwert" gesprochen. Beispielsweise hätten alle Straftaten in einem Katalog aufgelistet werden können, so dass man diesen unbestimmten Begriff
hätte vermeiden können. Doch dürften diese Merkmale, vor allem durch den Rückgriff auf
den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, einer klaren Interpretation zugänglich sein, so dass
ihre Unbestimmtheit nicht zur Nichtigkeit des § 98a StPO führen kann.45
40BVerfGE
65, 1
65, 1 (43)
42Kruse in Gropp, 105 (165) ; Krey in JR 1992, 309 (312)
43BVerfGE 65, 1 (43 f)
44siehe ausführlich Kruse in Gropp, 105 (156 ff)
45Rudolphi in SK StPO, § 98a, Rn. 4
41BVerfGE
14
5.2. Einsatz technischer Mittel
5.2.1. Definition von technischen Mitteln
Der Einsatz technischer Mittel ist in den §§ 100c - 101 StPO geregelt.
Durch den Paragraphen 100c StPO ist nunmehr das Herstellen von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen, der Einsatz sonstiger technischer Mittel für Observierungszwecke und die Aufzeichnung des nichtöffentlich gesprochenen Wortes mit technischen Mitteln geregelt. Die gesetzliche Ermächtigung des § 100c zum Aufzeichnen des nichtöffentlich gesprochenen
Wortes umfassen aber nicht den Einsatz technischer Mittel, um in den Schutzbereich der
Wohnung (Art. 13 GG) einzudringen. Des Weiteren ist nicht zulässig, Lichtbilder und/oder
Bildaufzeichnungen von Vorgängen in einer nicht allgemein zugänglichen Wohnung zu
machen.46
Lichtbilder und Bildaufzeichnungen sind darüber hinaus auch gegen andere Personen zulässig,
sobald die Ermittlungen auf andere Weise weniger erfolgversprechend oder wesentlich erschwert wären. An den Einsatz von technischen Mitteln für Observierungszwecke und die
Aufzeichnung des nichtöffentlich gesprochenen Wortes gegen andere Personen ist neben der
Subsidaritätsklausel die Voraussetzung gebunden, dass auf Grund bestimmter Tatsachen angenommen werden kann, dass die Person mit dem Täter in Verbindung steht oder eine solche
Verbindung herstellen wird.
5.2.2. Voraussetzungen zum Einsatz
Das Herstellen von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen ist an die Voraussetzung geknüpft,
dass die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Täters auf
andere Weise weniger erfolgversprechend oder erschwert wäre. Technische Mittel dürfen
daneben nur dann eingesetzt werden, wenn eine Straftat von erheblicher Bedeutung vorliegt
und die Subsidaritätsklausel erfüllt ist.
Die Voraussetzungen zum Aufzeichnen des nichtöffentlich gesprochenen Wortes sind ähnlich
der Rasterfahndung.
Erstens wird der Verdacht gefordert, dass eine Straftat gemäß 100a StPO begangen wurde und
zweitens, dass die Ermittlungen auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wären. Weiterhin wird wieder die Anordnung des Richters und bei Gefahr in Verzug die Anordnung der Staatsanwaltschaft oder ihrer Hilfsbeamten gefordert, wobei diese wieder durch den
Richter innerhalb von drei Tagen schriftlich bestätigt werden müssen.
5.2.3. Verfassungsrechtliche Problematik
Sowohl Bildaufzeichnungen als auch die Verwendung von Peilsendern zu Observationszwecken und das Abhören und Aufzeichnen des nichtöffentlich gesprochenen Wortes stellen
46BT-Dr
12/989, S. 39 ; Rudolphi in SK StPO, § 100c, Rn. 3 ; Nack in KK, § 100c, Rn. 8
15
Eingriffe in Grundrechte dar, und zwar das Recht am eigenen Bild, am eigenen gesprochen
Wort sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht.47
Die genannten Maßnahmen, welche als öffentlich zu bezeichnen sind, greifen aber weit
weniger in den Schutzbereich ein, wie nichtöffentliche Maßnahmen, da der Betroffene nicht in
gleichem Maße darauf vertrauen kann, dass andere von seinem Gesprächen und Verhalten
keine Erkenntnis erhalten.48 Die Regelung des Einsatzes von technischen Mitteln muss sich
auch am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz messen lassen. Hier gelten die schon getätigten
Ausführungen zur Rasterfahndung (siehe Teil 5.1.3.). Ebenfalls muss bemängelt werden, dass
durch die große Unbestimmtheit von Begriffen wie "Straftaten von erheblicher Bedeutung"
und "erheblich weniger erfolgversprechend“ bzw. „wesentlich erschwert" Bedenken auftreten.
Darüber hinaus ist die Einbeziehung von Außenstehenden, welche unvermeidbar betroffen
sind, möglich. Da der Einsatz von technischen Mitteln gegenüber Dritten, durch die strenge
Subsidaritätsklausel gesichert ist, kann davon ausgegangen werden, dass der Einsatz
verhältnismäßig ist.
5.2.4 Der Lauschangriff
Im Folgenden sollen noch einige Ausführungen zum "kleinen" und "großen" Lauschangriff
gemacht werden, wobei auch nur kurz auf die Verfassungsmäßigkeit eingegangen werden soll.
Der Gesetzgeber hat in der Begründung zum Gesetzesentwurf einen Regelungsbedarf für das
Abhören und die Aufzeichnung des nichtöffentlich gesprochenen Wortes innerhalb und außerhalb von Räumen sowie die Anfertigung von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen von
Personen in dem durch Art. 13 geschützten Bereich gesehen.49 Daher war im Gesetzentwurf
zum OrgKG noch enthalten, dass technische Überwachungsgeräte im Beisein von nicht offen
ermittelnden Beamten zulässig seien.
Andere forderten und fordern die Einführung des großen Lauschangriffs, welcher ein
Abhören, Aufzeichnen und eine Anfertigung von Bildaufnahmen in den von Art. 13 GG
geschützten Bereich möglich machen soll. Einig ist man sich aber auch gleichzeitig darüber,
das eine solche Einführung ohne Änderung des Grundgesetzes unmöglich ist, da der
Wohnungsbegriff des Art. 13 GG weit auszulegen ist.50
Zachert schlägt daher vor, den Wohnungsbegriff einzuschränken, was aber nichts nutzen
sollte, da die Wohnung mindestens geschützt werden muss, um das Grundrecht aufrecht
erhalten zu können. Kriminelle Absprachen würden dann nur durch Art 13 GG geschützten
Wohnungen stattfinden, so dass kein Abhören möglich sein sollte.
47Rudolphi
in SK StPO, § 100c, Rn. 1 ; Kruse in Gropp, 105 (185 f)
in Gropp, 105 (186)
49BT-Dr 12/989, S. 38
50Eisenberg in NJW 1993, 1033 (1037) ; Zachert in DRiZ 1992, 355 ; Kruse in Gropp, 105 (187) ; Lisken in
ZRP 1993, 121 (122) ; Krey in JR 1992, 309 (313)
48Kruse
16
Somit würde nur eine Erweiterung der Schranken des Art. 13 GG in Frage kommen. Der Vorschlag Zacherts krankt aber an der zu großen Unbestimmtheit des Begriffs "Straftaten von erheblicher Bedeutung", da sein Vorschlag dem der §§ 100c f StPO ähnelt.
Fraglich bleibt, ob der kleine Lauschangriff verfassungsgemäß gewesen wäre. Das Abhören
und Aufzeichnen des nichtöffentlich gesprochenen Wortes ist nicht nur ein Eingriff in die allgemeine Persönlichkeit, sondern zugleich ein Eingriff in das speziellere Grundrecht aus Art.
13 GG.51
Nach dem BVerfG braucht der Mensch um der freien und selbstverantwortlichen Entfaltung
seiner Persönlichkeit Willen einen Innenraum, in den er sich zurückziehen kann, in den die
Umwelt keinen Zutritt hat und in dem er gewissermaßen in Ruhe gelassen wird.52
Es ließe sich erwägen, ob das Abhören und Aufzeichnen des nichtöffentlich gesprochenen
Wortes eine Grundrechtsschranke i.S. des Art. 13 GG darstellen kann. Als Durchsuchung i.S.
des Art. 13 Abs. 2 GG kann es nicht gerechtfertigt werden, da es an der Offenheit des staatlichen Handelns fehlt, welche für eine Durchsuchung gefordert wird. Auch durch Art. 13 Abs.
3 GG wird der Lauschangriff als strafprozessuale Ermittlungsmaßnahme nicht gerechtfertigt,
da solche nur zum Zwecke der Gefahrenabwehr bestimmt sind. Daraus folgt, dass auch der
kleine Lauschangriff nicht ohne Grundgesetzänderungen in Privatwohnungen möglich ist.
Zum gleichen Ergebnis muss man für Lichtbilder und Bildaufzeichnungen in Wohnungen
kommen, da diese Maßnahmen wie der kleine Lauschangriff nicht durch die
Grundrechtsschranken des Art. 13 GG gedeckt sind.
5.3. Einsatz Verdeckte Ermittler
5.3.1. Definition für Verdeckte Ermittler
Der Einsatz Verdeckter Ermittler ist in den §§ 110a - e StPO geregelt.
Dabei sind die Verdeckten Ermittler von den Vertrauenspersonen (V-Mann) zu unterscheiden.
Der V-Mann ist eine Person, die, ohne einer Strafverfolgungsbehörde anzugehören, bereit ist,
diese bei der Aufklärung von Straftaten auf längere Zeit vertraulich zu unterstützen, und deren
Identität grundsätzlich geheimgehalten wird.53
Der Verdeckte Ermittler ist ein Beamter des Polizeidienstes, der unter der ihm verliehenen,
auf Dauer angelegten, veränderten Identität ermittelt. Er kann aufgrund der Legende
Rechtshandlungen und Rechtsgeschäfte vornehmen, klagen und verklagt werden, Firmen
gründen und den neuen Namen in öffentliche Register eintragen lassen.54 Darüber hinaus ist
der Verdeckte Ermittler mit dem Einverständnis des Betroffenen ermächtigt, dessen Wohnung
zu betreten.
51BVerfGE
65, 1 (40) ; Hassemer in DRiZ 1992, 357 (358) ; Krey in JR 1992, 309 (313)
27, 1 (6) ; Eisenberg in NJW 1993, 1033 (1037)
53BVerfGE 57, 250 (284f) ; Krey in JR 1992, 309 (315)
54Nack in KK, § 110a, Rn. 8 ; Klei/Mey, § 110a, Rn. 7
52BVerfGE
17
5.3.2. Voraussetzungen für den Einsatz
Voraussetzung für den Einsatz eines verdeckt ermittelnden Beamten ist, dass zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Straftat von erheblicher Bedeutung
vorliegt. Zur Aufklärung von Verbrechen dürfen darüber hinaus Verdeckte Ermittler
eingesetzt werden, wenn die Gefahr einer Wiederholung besteht. Der Einsatz ist letztendlich
auch nur dann zulässig, soweit die Aufklärung auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich
erschwert wäre oder bei Aufklärung von Verbrechen die aufgrund der besonderen Bedeutung
der Tat den Einsatz gebieten und andere Maßnahmen aussichtslos wären.
Der Einsatz des Verdeckten Ermittlers ist nur nach Zustimmung der Staatsanwaltschaft zulässig. Bei Gefahr in Verzug ist die Zustimmung der Staatsanwaltschaft binnen drei Tagen notwendig.
Bei Einsätzen gegen einen bestimmten Beschuldigten oder wenn der Verdeckte Ermittler eine
nicht allgemein zugängliche Wohnung betritt, ist die Zustimmung des Richters notwendig,
wobei auch hier bei Gefahr in Verzug die Zustimmung der Staatsanwaltschaft genügt. Der
Richter muss hierbei innerhalb von drei Tagen schriftlich zustimmen.
5.3.3. Verfassungsrechtliche Problematik
Der Einsatz des Verdeckten Ermittlers unterscheidet sich von den anderen besonderen Ermittlungsmaßnahmen, da der Betroffene willentlich Einzelheiten aus seinem Privatleben
offenbart. 55 Daher soll im Folgenden geprüft werden, ob diese Regelung (§ 100c StPO)
verfassungsgemäß ist.
Durch die Befugnis des Verdeckten Ermittlers, nicht allgemein zugängliche Wohnungen betreten zu können, ist nicht nur ein Eingriff in die allgemeine Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1
S. 1 GG, sondern auch ein Eingriff in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus
Art. 13 GG gegeben.56
5.3.3.1. Schutzbereich des Art. 13 GG
Der Schutzbereich des Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung ist umfassend zu verstehen. Wohnung ist danach jeder nicht allgemein zugänglicher Raum, der zur Stätte des Aufenthalts oder des Wirkens von Menschen gemacht wird. Art. 13 GG will die räumliche Privatsphäre vor staatlichen Eingriffen schützen. 57 Damit ist grundsätzlich jede Form der
Einwirkung auf eine Wohnung durch die Staatsgewalt untersagt. Dieses Verbot umfasst das
55Kruse
in Gropp, 105 (190)
eine ausführliche Darstellung der Verfassungsmäßigkeit bezüglich Art. 2 GG muss hier leider verzichtet
werden, siehe Hund in StV 1993, 379
57BVerfGE 27, 1 (6) ; BVerfGE 32, 54 (71f) ; Frister in StV 1993, 151 (152) ; Weil in ZRP 1992, 243 (244) ;
Eisenberg in NJW 1993, 1033 (1037)
56auf
18
Betreten einer Wohnung sowie das Verweilen.58 Der Verdeckte Ermittler ist ein staatlicher
Funktionsträger und betritt die Wohnung des Betroffenen. Fraglich ist, wie sich das
Einverständnis auswirkt, welches der Ermittler unter seiner Legende erlangt hat.
Die h.M. vertritt die Auffassung, dass das aufgrund einer Täuschung erschlichene
Einverständnis den Tatbestand des Hausfriedensbruchs ausschließt. 59 Somit wird auch die
Meinung vertreten, dass durch das zu gebende Einverständnis zum Betreten, auch wenn es
durch Täuschung erschlichen wurde, dem verfassungsrechtlichen Schutzzweck des Art. 13
GG genüge getan ist. 60 Nach dieser Meinung wird der Schutzbereich des Art. 13 GG
überhaupt nicht berührt. Fraglich bleibt dann aber, warum der Einsatz eines Verdeckten
Ermittlers nur auf Grund einer richterlichen Anordnung genehmigt werden kann, wenn der
Schutzbereich gar nicht tangiert wird. Augenscheinlich ist, dass die Verneinung der
Eingriffsqualität und damit die Vereinbarkeit verdeckter Ermittlungen in Privatwohnungen
mit Art. 13 GG problematischer ist, als angenommen wird.61
Vertritt man dagegen die Auffassung, dass das durch Täuschung erschlichene Einverständnis
einen Hausfriedensbruch nicht ausschließen kann und somit eine Straftat des verdeckt ermittelnden Beamten bedingt vorliegt, muss man annehmen, dass ein Eingriff in den
Schutzbereich des Art. 13 GG vorliegt. Der Schutzbereich wäre demnach berührt.
Fraglich bleibt, ob bei der ersten Meinung, der Schutzbereich, trotz des tatbestandsausschließenden erschlichenen Einverständnisses berührt ist.
Entscheidend hierbei ist, ob die, durch die staatliche Täuschung herbeigeführte Einwilligung
für den Schutzbereich des Art. 13 GG beachtlich ist oder nicht,62 da der Schutzbereich des
Art. 13 GG auch dann betroffen sein kann, gleichwenn das Betreten der Wohnung nicht als
Eindringen anzusehen ist und damit der Tatbestand des § 123 StGB nicht erfüllt ist.63 Hierfür
sprechen folgende Gründe :
1. Der Schutzzweck des Art. 13 GG besteht darin, den Einzelnen vor staatlichen Eingriffen in
seine Privatsphäre zu schützen. Daher ist es unerheblich, ob die Wohnung mittels Gewalt oder
mittels Täuschung für Ermittlungen genutzt werden.64
2. Die Aufgabe dieses Grundrechts besteht hauptsächlich darin, den Grundrechtsträger vor
dem überlegenden Staat zu schützen. Dies geschieht überwiegend in einer Bindung der Staatsgewalt gemäß Art. 1 Abs. 3 GG sowie in der Regelung der Eingriffsvoraussetzungen. Ist es
dem Staat aber möglich, den Grundrechtsträger zu täuschen, wird das System der Grundrechtssicherung wirkungslos.65
58Weil
in ZRP 1992, 243 (244)
in Sch/Sch, § 123, Rn. 22 ; Lackner, § 123, Rn. 5 ; Dre/Trö, § 123, Rn. 10
60Krüger in ZRP 1993, 124 (125)
61Frister in StV 1993, 151 (153) ; Eisenberg in NJW 1993, 1033 (1038) ; Weil in ZRP 1992, 243 (244) ; Ranft in
Jura 1993, 449 (450)
62Weil in ZRP 1992, 243 (244) ; Eisenberg in NJW 1993, 1033 (1038)
63Frister in StV 1993, 151 (152) ; Weil in ZRP 1992, 243 (244)
64Weil in ZRP 1992, 243 (244) ; Frister in StV 1993, 151 (152)
65Weil in ZRP 1992, 243 (245)
59Lenckner
19
3. Ein wirksames Einverständnis für einen Eingriff in den Schutzbereich von Art. 13 GG setzt
aber voraus, dass es vom Berechtigten persönlich, ausdrücklich und freiwillig erteilt wird.
Aufgrund der vom Verdeckten Ermittler verwendeten Legende verkennt der Berechtigte aber
die vom Staat verfolgten Zwecke in dem Betreten seiner Wohnung, so dass er vom staatlichen
Eingriff überhaupt keine Kenntnis hat. Der Betroffene kann demzufolge sein Abwehrrecht gegenüber dem Staat überhaupt nicht nutzen, da er ja nichts von diesem Eingriff weiß.66
Daher kann die durch Täuschung erschlichene Gestattung zum Eindringen in die Privatsphäre
nichts daran ändern, dass der verdeckt ermittelnde Beamte in den Schutzbereich des Art. 13
GG eindringt.
Da das OrgKG den Art. 13 GG nicht als eingeschränktes Grundrecht zitiert, ist die Regelung
des § 110c S. 1 StPO damit bereits wegen einer Verletzung des Zitiergebots aus Art. 19 Abs.
1 S. 2 GG verfassungswidrig und nichtig.
5.3.3.2. Zulässigkeit von verdeckten Ermittlungen
Trotz der Verletzung des Zitiergebots stellt sich weiter die Frage, ob der Einsatz Verdeckter
Ermittler zulässig wäre. Art. 13 GG benennt selbst die Schranken der Unverletzlichkeit der
Wohnung, es darf grundsätzlich nur unter den in Abs. 2 und 3 genannten Voraussetzungen
eingeschränkt werden.
1. Bei dem Betreten der Wohnung durch den verdeckt ermittelnden Beamten könnte es sich
um eine Durchsuchung gemäß Art. 13 Abs. 2 GG handeln. Eine Durchsuchung kennzeichnet
sich dadurch aus, dass ziel- und zweckgerichtet in einer Wohnung durch staatliche Organe gesucht wird, um dort planmäßig etwas aufzuspüren, was der Inhaber der Wohnung von sich aus
nicht offen legt oder herausgeben will.67 Damit setzt eine Durchsuchung nach Art. 13 Abs. 2
GG die Offenlegung des vorzunehmenden Eingriffs voraus, so dass das Vorgehen der Verdeckten Ermittlers nicht als Durchsuchung angesehen werden kann, da es augenscheinlich an
der geforderten Offenheit mangelt.
2. Nach Art. 13 Abs. 3 GG würde die Zulässigkeit eines Zutrittrechts voraussetzen, dass der
Eingriff zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen
oder zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dient.
Der Bereich der präventiven Gefahrenabwehr dient zur Verhinderung von drohenden Gefahren, wogegen die Polizei im Bereich der repressiven Strafverfolgung wegen bereits geschehener Straftaten tätig wird. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass es sich bei der StPO
nicht um ein Gesetz zur Verhütung drohender Gefahren handelt, sondern dieses Gesetz mit
der Strafverfolgung einer anderen, von Art. 13 Abs. 3 GG nicht vorhergesehenen
Zweckbestimmung dient.68 Damit scheidet eine Legitimation des Zutrittrechts des repressiv
tätigen Ermittlers nach Art. 13 Abs. 3 GG aus.
66Eisenberg
in NJW 1993, 1033 (1038) ; Frister in StV 1993, 151 (152) ; Weil in ZRP 1992, 243 (245)
51, 97 (106) ; BVerfGE 32, 54 (73) ; Weil in ZRP 1992, 243 (245)
68Weil in ZRP 1992, 243 (246) ; Frister in StV 1993, 151 (154) ; Eisenberg in NJW 1993, 1033 (1038)
67BVerfGE
20
3. Über die in Art. 13 GG genannten Grundrechtsschranken hinaus werden weitere Eingriffsmöglichkeiten auf Grund ungeschriebener Schranken in die Unverletzlichkeit der Wohnung
erörtert.
Solch ungeschrieben Schranken können hier in zwei Möglichkeiten vorliegen und zwar, wenn
ebenso starke oder stärkere Freiheitsrechte anderer Personen entgegenstehen oder wenn dem
Individualgrundrecht Belange des Gemeinwohls entgegenzuhalten sind und diese höher zu gewichten sind, als die aus der Privatsphäre fließenden Befugnisse.69
Die Strafverfolgung in Form des Verdeckten Ermittlers dient jedoch im Gegensatz zu der Gefahrenabwehr nicht dem Schutz individueller Freiheitsrechte anderer Personen, so dass sich in
dieser Hinsicht keine Grundrechtskollisionen bei verdeckten Ermittlungen ergeben.70
Im Ergebnis ist festzustellen, dass sich verdeckte Ermittlungen im Strafverfahren, soweit sie
den Schutzbereich des Art. 13 GG berühren, nicht auf ungeschriebene Grundrechtsschranken
stützen können.
Verdeckte Ermittlungen in Wohnungen zum Zwecke der Strafverfolgung stehen also durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken entgegen.
5.3.4. Begehung milieutypischer Straftaten durch Verdeckte Ermittler
Im Zusammenhang mit dem Verdeckten Ermittler wird beklagt, dass diesem eine Beteiligung
an milieutypischen Straftaten nicht gestattet wurde. Lesch sieht es als nicht realistische Vorstellung an, dass Verdeckte Ermittler zwar im kriminellen Bereich agieren sollen, sich aber
aus der Begehung von Straftaten heraushalten müssen, da jeder Ermittler im Verlauf seines
Einsatzes mit dem Problem konfrontiert wird, sich an Straftaten zu beteiligen.71 Man könnte
der Ansicht Leschs folgen, da an der Effektivität des Verdeckten Ermittlers gezweifelt werden
kann, wenn diesem, nicht einmal zu seinem Schutz, die Begehung milieutypischer Straftaten
erlaubt wird. Dies zeigt sich besonders dann, wenn es dem Beamten deswegen nicht möglich
ist, in den kriminellen Bereich hineinzugelangen, da er die Keuschheitsprobe, d.h. das
Begehen einer Straftat, nicht ablegen kann. Problematisch ist aber, was man unter
milieutypischer Straftat zu verstehen hat. Hier zeigt selbst Lesch auf, dass man unter
milieutypisch jede Straftat aus dem Deliktskanon des Besonderen Teils verstehen kann.72
Wenn der Verdeckte Ermittler also Straftaten begehen darf, bleibt immer noch die Frage, wo
man die Grenze setzen soll, was wiederum zur Folge haben würde, dass als Vertrauensbeweis
immer eine Straftat gefordert werden würde, die dem Verdeckten Ermittler nicht möglich ist.
Das Begehen von milieutypischen Straftaten dürfte bei einer rechtsstaatlichen Betrachtungsweise unseres Strafverfahrens wohl sehr zweifelhaft sein, da eine solche Erlaubnis einem Ein-
69Weil
in ZRP 1992, 243 (247)
in NJW 1993, 1033 (1038) ; Frister in StV 1993, 151 (154)
71Lesch in StV 1993, 94
72Lesch in StV 1993, 94 (95)
70Eisenberg
21
geständnis des Rechtsstaates gleichkäme, Kriminalität nicht nur mit rechtsstaatlichen Mitteln
bekämpfen zu können.73
5.4. Polizeiliche Beobachtung
5.4.1. Definition der Polizeilichen Beobachtung
Die Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung ist in § 163e StPO geregelt. Die
Polizeiliche Beobachtung zielt auf die Erstellung eines Bewegungsbildes ab, welches durch
die planmäßige und grundsätzlich heimliche Beobachtung einer Person oder eines Objekts
erstellt wird, um Zusammenhänge und Querverbindungen innerhalb eines kriminellen
Personenkreises zu erkennen. 74 Die Beobachtung erfolgt durch die längerfristige
Nutzbarmachung der Ergebnisse polizeilicher Personenkontrollen jedweder Art für
Fahndungs- und Ermittlungszwecke.75
Notwendig für die Beobachtung ist, dass das Bundeskriminalamt oder ein Landeskriminalamt
Personen durch Einspeisung ihrer Daten in Personenfahndungssysteme ausschreibt. Wird die
ausgeschriebene Person angetroffen, erfolgt eine Registrierung darüber, welchen Reiseweg er
nimmt, in welcher Begleitung er sich befindet, was er bei sich führt u.ä..76
Wesentlich ist, dass der Betroffene keine Kenntnis von seiner Registrierung erhält. Auch
gegen andere Personen ist die Maßnahme gemäß § 163e Abs. 1 StPO möglich, wobei
besondere Voraussetzungen erfüllt sein müssen.
Weiterhin kann auch das Kennzeichen eines Kfzs ausgeschrieben werden.
5.4.2. Voraussetzungen für eine Ausschreibung
Die Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung setzt voraus, dass zureichende tatsächliche
Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen wurde.
Zusätzlich muss die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes
des Täters auf andere Weise erheblich weniger erfolgversprechend oder wesentlich erschwert
sein.
Bei Maßnahmen gegen andere Personen wird neben der Subsidaritätsklausel gefordert, dass
die Person mit dem Täter in Verbindung steht oder das sie eine solche Verbindung aufbaut.
Die Ausschreibung kann nur durch einen Richter, bei Gefahr in Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft angeordnet werden, wobei eine richterliche Bestätigung innerhalb von drei
Tagen nötig ist, da sonst die Maßnahme außer Kraft tritt.
5.4.3. Verfassungsrechtliche Problematik
73Schaefer
in NJW 1994, 774 ; Eisenberg in NJW 1993, 1033 (1039)
§ 163e, Rn. 1f ; Hilger in NStZ 1992, 523 (525)
75Schoreit in KK, § 163e, Rn. 1
76Kruse in Gropp, 105 (175) ; BT-Dr 12/989, S. 43f
74Klei/Mey,
22
Auch für die Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung ist die Nutzung zu anderen
Zwecken erhobener Daten mit Hilfe moderner Datenverarbeitung kennzeichnend. Daher wirft
sie ähnliche Fragestellungen wie die Rasterfahndung auf, so dass hier auf die Ausführungen
unter Punkt 5.1.3. verwiesen werden kann.
Die polizeiliche Beobachtung gliedert sich nach ihrem zeitlichen Ablauf in Datenerhebung,
Ausschreibung und Erfassung anlässlich einer polizeilichen Kontrolle sowie der Übermittlung
der registrierten Daten.
Bedenken begegnet die Ausschreibung und daher folgend die Beobachtung unter dem Gesichtspunkt des vom BVerfG vorgegebenen Verbots der Datensammlung auf Vorrat, was anscheinend durch die ausschreibende Stelle geschieht, da eine Beobachtung über einen
längeren Zeitraum erfolgt und somit viele Daten zusammengesammelt werden, um sie später
gegen den Täter zu verwenden. Des Weiteren besteht die Gefahr einer
persönlichkeitsfeindlichen Registrierung mit dem Ziel der Erstellung eines möglichst
umfassenden Persönlichkeitsbildes. Hier könnte man fragen, ob nicht das Grundrecht aus Art.
2 Abs. 1 GG verletzt sein könnte.
Weitere Bedenken ergeben sich zum einen aus der Einbeziehung unbeteiligter dritter Personen
gemäß § 163e Abs. 3 StPO, zum anderen im Hinblick auf die Möglichkeit, diese Ermittlungsmethoden auch gegenüber nicht beschuldigten Kontaktpersonen des Täters durchzuführen.77
Aber durch die unvermeidbare Betroffenheit Dritter folgt, dass Maßnamen, die hinsichtlich
des angestrebten Erfolgs geeignet und erforderlich sein mögen, besonders strengen
Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne unterliegen.78
Doch scheint die Verfassungsmäßigkeit aufgrund fehlender Regelungen bezüglich Übermittlungs- und Weiterverwendungsverbote sowie der Löschung von Dateien sehr zweifelhaft.
5.4.4. Kritik
Kritik ist neben der zweifelhaften Verfassungsmäßigkeit von Schoreit aufgekommen. Seiner
Meinung nach ist die Zielsetzung "Erstellung eines Bewegungsbildes" strafprozessual kaum
nachzuvollziehen. Die Anordnung muss für die Erforschung des Sachverhalts oder der Ermittlung des Aufenthalts des Täters dienen. Dass diese Zwecke nur durch das Festhalten der Personalien und die Information über einen Begleiter oder den Führer eines ausgeschriebenen Kfz
wirklich erreicht werden soll, bezweifelt Schoreit.79 Dieser Kritik ist sich anzuschließen. In einem Europa "ohne Grenzen" erscheint es nicht sehr zweckmäßig, auf den Zufall abzustellen,
dass die ausgeschriebene Person irgendwo und irgendwann mal angetroffen wird, da es außer
Polizeikontrollen keine weiteren Möglichkeiten mehr gibt (Bsp. Grenzkontrollen), den
77Kruse
in Gropp, 105 (177f)
in Gropp, 105 (178)
79Schoreit in KK, § 163e, Rn. 3
78Kruse
23
Aufenthalt
zu ermitteln.
Die wenigen Daten können daher kein "vollständiges
Bewegungsbild" darstellen.
5.5. Zeugenschutz
5.5.1. Regelung zum Zeugenschutz
Bundesrat und Bundesregierung waren sich darüber einig, dass eine Verbesserung des
Schutzes gefährdeter Zeugen im Interesse dieser Person, aber auch zur besseren Aufklärung
der O.K. unerlässlich ist, da die bisherige Geheimhaltung des Wohnortes für den Schutz von
Leib, Leben oder Freiheit nicht ausreicht.80
Durch die Neufassung des § 68 StPO und die Folgeänderungen in den §§ 168a, 200, 222 StPO
und § 172 GVG soll der Schutz gefährdeter Zeugen deutlich verbessert werden. Die Ausführungen sollen sich hier aber nur auf den § 68 StPO beziehen.
1. § 68 Abs. 1 S. 2 StPO - Zeugen, die ihre Wahrnehmungen in amtlicher Eigenschaft
gemacht haben, sind ohne weiteres befugt, aber nicht verpflichtet, anstelle ihres Wohnortes
den Dienstort anzugeben. Ziel dieser Vorschrift ist, Zeugen, die infolge ihrer beruflichen
Tätigkeit häufiger gefährdenden Angriffen ausgesetzt sind, besser zu schützen.81 Durch die
Angabe der Dienststelle anstatt der Angabe des Wohnortes wird im Grundsatz in gleicher
Weise ermöglicht, die Identität des Zeugen und die damit gegebenenfalls verbundene
Glaubwürdigkeit festzustellen82, so dass im Ergebnis nur festgestellt werden kann, dass dieser
Regelung nur eine klarstellende Bedeutung zukommt.
2. § 68 Abs. 2 StPO - Danach kann jeder Zeuge, auch bei Vernehmungen außerhalb der
Hauptverhandlung von dem jeweils Leitenden der Vernehmung oder von dem Richter
gestattet werden, statt des Wohnortes sein Geschäfts- oder Dienstort oder eine andere
ladungsfähige Anschrift anzugeben, wenn Anlass zu der Besorgnis besteht, dass andernfalls er
oder eine andere Person in Bezug auf irgendein geschütztes Rechtsgut gefährdet wird.83 Diese
Vorschrift dient sehr stark dem Zeugenschutz, da als eine andere ladungsfähige Anschrift
unter Umständen auch eine Polizeidienststelle in Betracht kommen kann, so dass notfalls die
Privatsphäre und die berufliche Sphäre des gefährdeten Zeugen geschützt werden kann.84 Eine
Identifizierung und die damit verbundene Glaubwürdigkeit wird durch diese Regelung nicht
beeinträchtigt, da der Zeuge Namen, Vornamen und Beruf angeben muss.
3. § 68 Abs. 3 StPO - Hiernach kann die Identität eines Zeugen, indem er keine Angaben zur
Person oder Angaben über eine frühere Identität macht, geheim gehalten werden, wenn durch
die Offenbarung von persönlichen Daten der Zeuge oder eine andere Person gefährdet wird.
Der Zeuge hat aber in der Hauptverhandlung auf Befragung anzugeben, in welcher
Eigenschaft er Zeuge geworden ist. Angaben, die eine Identifizierung des Zeugen möglich
80BT-Dr
12/989, S. 35f ; Hilger in NStZ 1992, 457 (458)
in NStZ 1992, 457 (458)
82Krey in JR 1992, 309 (310)
83Hilger in NStZ 1992, 457 (458f) ; Rieß in NJ 1992, 491 (494)
84Krey in JR 1992, 309 (310)
81Hilger
24
machen, sind bei der Staatsanwaltschaft zu verwahren und nach einem Ausschluss der
Gefährdung zu den Hauptakten zu nehmen. Durch diese Vorschrift soll der Zeugenschutz
vervollständigt werden, um einen Ausschluss der Gefährdung eines Zeugen oder anderen
Personen zu gewährleisten.
5.5.2. Kritik an der Neuregelung
Zu dieser neuen Vorschrift ist einige Kritik aufgekommen.
Einerseits wird bezweifelt, dass durch den Verzicht auf die Feststellung der Personalien ein
vollständiger Schutz des Zeugen gewährleistet werden kann, da dieser im Beisein des Angeklagten und des Verteidigers (der Verteidiger muss auf jeden Fall der Vernehmung beisitzen)
zu vernehmen ist und somit die Gefahr eines Wiedererkennens unwiderruflich besteht.85
Somit wird es in vielen Fällen nur möglich sein, Erkenntnisse gefährdeter Zeugen nur auf dem
Wege über Beweissurrogate nach § 251 Abs. 2 StPO oder auf dem Wege über Zeugen vom
Hörensagen in Prozess einzuführen, wobei zu bedenken ist, dass solche Aussagen nicht die
sichersten Beweismittel darstellen. Hierbei ist zu bedenken, dass die Belastung des Angeklagten durch anonyme Zeugen erheblich die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens in Frage stellt.86
Andererseits wird bezweifelt, dass die Glaubwürdigkeit eines Zeugen immer besteht, da
gemäß § 68 Abs. 3 StPO eine Identifizierung des Zeugen nicht mehr möglich ist. Der Schutz
der Glaubwürdigkeit erscheint umso notwendiger, als es sich teilweise bei diesen Zeugen um
solche Personen handelt, welche nach ihrem (strafrechtlich relevanten) Lebensstil die
Gelegenheit nutzen, sich Vorteile aller Art zu verschaffen, und nach der Erwartungshaltung
ihrer Auftraggeber (der Staatsanwaltschaft) Beweismaterial auch dort liefern, wo keines
vorhanden ist.87
6. Maßnahmen im Bereich des StGB
Ein weiteres Ziel des OrgKG zielt darauf ab, durch schärfere Strafen die Abschreckungswirkung zu erhöhen und durch Schaffung neuer Vorschriften das Abschöpfen von Geldern aus
der O.K. zu erleichtern.88
Daher sollen in folgenden die wesentliche Neuregelung des StGB kurz dargestellt werden,
wobei auf eine verfassungsrechtliche problematische Darstellung verzichtet wird.
6.1. Geldwäsche
85Ranft
in Jura 1993, 449 (451)
JR 1992, 309 (311) ; Ranft in Jura 1993, 449 (451)
87Eisenberg in NJW 1993, 1033 (1036)
88BT-Dr 12/989, S. 21
86Krey in
25
Der Tatbestand der Geldwäsche ist in § 261 StGB neu geregelt. Er ist sehr umfangreich (10
Absätze) und kompliziert.
Unter Geldwäsche ist die Einschleusung von (Vermögens-) Gegenständen aus O.K. in den legalen Finanz- und Wirtschaftskreislauf zum Zweck der Tarnung zu verstehen, wobei der Wert
des Gegenstandes erhalten aber dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden entzogen werden
soll.89 Der Tatbestand des § 261 StGB unterscheidet zwischen einem Verschleierungstatbestand und einem Erwerbs-, Besitz- und Verwendungstatbestand sowie weiterer Sonderregelungen90, auf die hier nicht eingegangen werden soll.
6.1.1. Verschleierungstatbestand
Nach § 261 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer einen Gegenstand, der aus einer bestimmten
Straftat stammt, verbirgt, seine Herkunft verschleiert oder die Ermittlung der Herkunft, das
Auffinden, den Verfall, die Einziehung oder die Sicherstellung eines solchen Gegenstandes
vereitelt oder gefährdet.
Tatobjekt i.S.d. § 261 StGB ist nicht nur Geld, sondern jeder für die Tat geeigneter Gegenstand, soweit er einen Vermögenswert darstellt.91 Weiter wird gefordert, dass dieser Gegenstand entweder aus einem Verbrechen, einem Vergehen nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtmG oder
von einem Mitglied einer kriminellen Vereinigung begangenen Vergehen herstammt. Dabei
ist zu beachten, dass dieser Gegenstand nicht unmittelbar aus der Vortat herrühren muss,
sondern er wird auch noch dann unter § 261 StGB erfasst, wenn der ursprünglich durch eine
Geldwäschehandlung erlangte Gegenstand später durch einen anderen ersetzt wird und dabei
sein Wert erhalten bleibt. 92 Letztlich wird noch gefordert, dass der Gegenstand verborgen,
seine Herkunft verschleiert oder die Sicherstellung des Gegenstandes vereitelt oder gefährdet
wird.
Vorsatz (bedingter genügt) ist hinsichtlich aller Tathandlungen erforderlich. D.h., dass der Täter wissen oder billigend in Kauf nimmt, dass er durch sein Handeln die Sicherstellung
vereitelt oder gefährdet. Die Vorstellungen bezüglich der vorausgegangenen Straftat müssen
nicht im einzelnen konkretisiert sein, es genügt schon die Annahme verschiedener
Herkunftsmöglichkeiten.93
6.1.2. Erwerbs-, Besitz- und Verwendungstatbestand
Nach § 261 Abs. 2 StGB macht sich strafbar, wer sich oder einem anderen einen Gegenstand,
der aus einer bestimmten Straftat stammt, verschafft oder wer einen solchen Gegenstand verwahrt oder für sich oder einen anderen verwendet.
89BT-Dr
12/989, S. 26 ; Lackner, § 261, Rn. 2 ; Vahle in VR 1994 67 (68)
in WM 193, 2069 (2070)
91Dre/Trö, § 261, Rn. 4 ; Lackner, § 261, Rn. 3 ; Ungnade in WM 1993, 2069 (2070)
92Ungnade in WM 1993, 2069 (2071)
93Lackner, § 261, Rn. 9 ; Dre/Trö, § 261, Rn. 16
90Ungnade
26
Durch diese Regelung soll erreicht werden, dass der Vortäter gegenüber der Umwelt isoliert
und der inkriminierte Gegenstand praktisch verkehrsunfähig und somit wertlos gemacht werden soll.94
Auch bei diesem Tatbestand genügt zur Erfüllung bedingter Vorsatz. Im Fall des Verwahrens
oder Verwendens muss der Täter die Herkunft des Gegenstandes im Zeitpunkt seiner Erlangung gekannt haben.95
Hinzuweisen ist noch, dass der Tatbestand des Verschaffens dann nicht gegeben ist, wenn der
Gegenstand, der von einer Straftat herrührt, nur gemietet oder vorübergehend genutzt wird, da
es an der Gewahrsamserlangung fehlt, welche für ein Verschaffen gefordert sein muss.96
6.2. Weitere Regelungen
Durch § 43a StGB wurde die Vermögensstrafe eingeführt. Das Gericht kann sie neben einer
lebenslangen oder einer zeitigen Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren verhängen. Höchstmaß der Vermögensstrafe sind 720 Tagessätzen. Die Vorschrift wurde eingeführt, um Geld,
welches durch Straftaten der O.K. erlangt wurde, aus dem Verkehr zu ziehen.
Des Weiteren wurde mit § 244a StGB der Schwere Bandendiebstahl eingeführt. Der Strafrahmen beträgt ein bis zehn Jahre. Strafbar ist der Diebstahl gemäß § 243 Abs. 1 S. 2 StGB sowie
§ 244 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 StGB bei Begehung als Bande, welche sich zur fortgesetzten Begehung von Raub und Diebstahl verbunden hat.
Die Gewerbsmäßige Bandenhehlerei, mit einem Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren,
wird durch § 260a StGB bestraft. Strafbar ist die Hehlerei bei Begehung als Bande, welche
sich zur fortgesetzten Begehung von Raub, Diebstahl oder Hehlerei verbunden hat.
Die eingeführten Tatbestände sollen augenscheinlich Straftaten in der organisierten
bandenmäßigen Begehungsform bestrafen.
7. Resümee
Das OrgKG ist trotz seiner Schwächen ein Schritt in die richtige Richtung.
Es wird aber weitgehend bemängelt, dass der Gesetzgeber zwar die Notwendigkeit einer speziellen Regelung zur Bekämpfung der O.K. gesehen und durch Gesetz eingeführt hat, aber für
die praktische Arbeit jedoch weit mehr Nachteile als Vorteile bringt. Es lässt auch vermuten,
dass die Bekämpfung der O.K. nicht einziges Ziel aller Regelungen ist.
Zu bemängeln ist die Unbestimmtheit einiger Begriffe sowie die verfassungsrechtlichen
Bedenken einiger Regelungen, so dass sich für die Zukunft mehr Klarheit gewünscht wird.
94BT-Dr
12/989, S. 27
§ 261, Rn. 8
96Ungnade in WM 1993, 2069 (2071)
95Lackner,
27
Abschließend ist zu sagen, dass das OrgKG aufgrund seiner Zielsetzung mit seinen Eingriffsschranken, Subsidaritätsklauseln und Verwertbarkeitsregelungen ein noch vertretbarer Kompromiss zwischen dem Schutz des einzelnen vor staatlichen Eingriffen und der Effektivität der
Strafverfolgung ist, wobei der Autor den § 110c StPO aus den oben genannten Gründen für
verfassungswidrig hält.
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