Date nach Plan

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Date nach Plan Gottesdienstserie, Teil 4
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17.Nov. 2013; Pfr. B. Botschen
Date nach Plan
Wir haben es im Film gesehen: Das ganze „Daten“, also das Treffen mit möglichen Partnern,
ist anspruchsvoll. Auf der einen Seite sollte man die wichtigsten Informationen weitergeben:
„Ach, übrigens, ich habe zu Hause noch 6 Kinder zwischen 1 und 8 Jahren.“ Aber noch
wichtiger ist, dass man jemandem persönlich, direkt und von Herzen begegnet.
So eine persönliche und herzliche Begegnung mit Gott war auch der Gottesdienst im Neuen
Testament. Heute schauen wir im ersten Punkt an, wie sich der Gottesdienst seitdem entwickelt hat.
1. Gottesdienst nach dem Neuen Testament
Gehen wir noch einmal kurz zurück zum Gottesdienst im Neuen Testament. Paulus beschreibt ihn so: „Wenn ihr zusammenkommt, hat jeder etwas beizutragen: Einige singen ein
Loblied, andere legen Gottes Wort aus. Einige geben weiter, was Gott ihnen klargemacht
hat, andere beten in unbekannten Sprachen, die dann für alle ausgelegt werden.“
(1.Kor.14,26) Darüber habe ich letzte Woche gesprochen und die Predigten noch einmal
aufgelegt.
Wie ging es danach weiter? Aus dem Jahr 150 n.Chr. haben wir von Justin dem Märtyrer
eine Beschreibung des Gottesdienstes. Es heisst darin: „Es werden die Aufzeichnungen der
Apostel und die Schriften der Propheten vorgelesen.“ Zunächst hatten christliche Gemeinden
kaum etwas vom Neuen Testament. Sie hatten z.B. einen Brief, den Paulus geschrieben hat.
Wo immer Gelegenheit bestand, hat man diese Briefe aber abgeschrieben und verbreitet. Im
Laufe des 2. Jahrhunderts haben sich die Schriften, die heute im Neuen Testament zusammengefasst sind, sehr schnell gefestigt.
Justin der Märtyrer beschreibt weiter, wie dann eine Ansprache des Vorstehers folgte.
Danach standen alle auf und man hat gemeinsam gebetet. Lustig für uns der Abschluss:
„Nachdem wir die Gebete beendet haben, grüssen wir einander mit einem Kusse.“ Der
Bruderkuss kommt ja auch im Neuen Testament vor – ob wir ihn aber wieder einführen
sollen, lasse ich einmal dahin gestellt.
In der Beschreibung von Paulus tauchen Loblieder auf, die spontan angestimmt wurden.
Leider waren viele Christen theologisch nicht sehr gebildet. Im gleichen Brief muss Paulus
erklären, dass es sich für Christen nicht gehört, zu Huren zu gehen und dass man bei Jesus
auch daran festhält, dass er nicht nur gestorben, sondern auch auferstanden ist.
Das hat dazu geführt, dass manche dieser spontan entstehenden Lieder vom Inhalt her nicht
korrekt waren. Worauf man sie abgeschafft hat. Leider hat sich diese Tendenz später noch
verstärkt und hat die Kirchen dominiert: Hauptsache, es ist alles ganz korrekt! X-Mal seither
gab es wegen dem ‚korrekten’ Glauben Kirchenspaltungen.
Als Kaiser Konstantin im 4. Jahrhundert Christ wurde, hat sich viel verändert. Plötzlich
wurde das Christentum, das vorher über Jahrhunderte hinweg erbittert bekämpft wurde,
Staatsreligion. Die Massen strömten in die Kirchen. Man hat grosse Kirchen gebaut, um
Platz zu schaffen.
Leider ging mit dem Bau von Kirchen der Gottesdienst in den Häusern verloren. Im Neuen
Testament waren Privathäuser oft der Treffpunkt für die Christen. Aber mit dem Bau von
Kirchen wurden im Jahr 360 n.Chr. Abendmahlsfeiern in Häusern verboten. Das geistliche
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Leben wurde auf die Kirchen konzentriert und erst in den letzten 50 Jahren hat sich dieser
Schwerpunkt mit dem Aufkommen von Hauskreisen langsam wieder verschoben.
Diese Überbetonung von Kirchgebäuden wirkt bis heute nach. In der Stadt Zürich z.B. hat
sich die Zahl der Reformierten von 266'000 im Jahr 1960 auf ca. 90'000 reduziert. Die Zahl
der Kirchen blieb mit 47 aber gleich. Es fällt uns schwer, sie loszulassen. Aber wir müssen
als ganze Kirche aufpassen, dass wir im Verhältnis nicht zu viel Geld in den Erhalt von
Gebäuden stecken müssen.
Im Mittelalter passierten drei Dinge: Erstens haben die Reformatoren vom allgemeinen
Priestertum gesprochen. Aber das hat letztlich nichts daran geändert, dass die Gottesdienste
von A-Z von Pfarrern gestaltet wurden. Zweitens kam im Mittelalter der Kirchenzwang dazu.
Die Kirchenpflege hatte die Aufgabe, darauf zu achten, dass alle in den Gottesdienst
kommen. Zwingli in Zürich und Calvin in Genf hatten das Ziel, die ganze Gesellschaft
christlich zu erziehen. Das hat auf der einen Seite auch viel Gutes bewirkt. Aber auf der
anderen Seite wirkt das bis heute nach. Als Christ sollte man fröhlich und überzeugt das
machen, was man wichtig für den Glauben findet – aber niemals erzwungen und aus einem
schlechten Gewissen heraus.
Drittens stand für die Reformatoren das „Wort“ im Zentrum. Endlich gab es die Bibel und
Gottesdienste auch auf Deutsch. Weg mit dem ganzen Latein! Die Menschen sollen doch
verstehen, worum es geht! Aber gleichzeitig hat damals das Trockene der reformierten
Kirche begonnen. Man übermalte die Bilder in den Kirchen, sie sollten nicht vom Wort
ablenken. Im ersten Moment hat man sogar die Orgeln stillgelegt. Die Gottesdienste wurden
präzise, nüchtern, emotionslos.
Das prägt uns bis heute. Bis heute sagt man auf reformierter Seite oft „Ich gehe in die
Predigt“, und nicht: „Ich gehe in den Gottesdienst.“ Die Predigt bildet das Zentrum. Aber wir
haben das im Filmausschnitt bei den Vorbereitungen zu einem Date gespürt: Es genügt
nicht, alle Informationen zu liefern. Informationen sind wichtig. Aber irgendwann muss auch
das Herz berührt werden, ob es jetzt um die Beziehung zwischen Menschen oder die
Beziehung zu Gott geht.
Über lange Jahre war der Gottesdienst ein Date nach Plan. Er verfestigte sich in der Form.
Das war lange Zeit kein Problem. Die Menschen waren gewohnt, langen Reden konzentriert
zuzuhören. Der Musikstil blieb über Jahrhunderte fast gleich. Die Lieder der Reformatoren
haben auch nach 300 Jahren vom Stil und Wortschatz her gepasst.
Aber irgendwann in den letzten 50 Jahren haben wir in der katholischen und reformierten
Kirche den Anschluss verpasst. Wir haben es in unserer Kirchgemeinde untersucht: Die
traditionellen Lieder aus dem Gesangbuch sind für Personen unter 50 Jahren einfach nicht
mehr geeignet. Deshalb legt man heute bei der Ausbildung von Kirchenmusikern Wert
darauf, dass sie nicht nur die alten Lieder auf der Orgel spielen können, sondern auch mit
neuer Musik zurecht kommen. Die Frage nach den richtigen Liedern sorgt in vielen
Kirchgemeinden für lange Diskussionen. Wenn man nur traditionelle Lieder singt, kommen
die Jungen nicht. Wenn man nur moderne Lieder sind, enttäuscht man die älteren
Generationen, die, die in der Regel in unsere Gottesdienste kommen.
2. Die Zukunft
Man spürt, dass viele dieser Entwicklungen der letzten 2000 Jahre uns bis heute prägen.
Wie kann es weitergehen? Diese Frage haben sich Konvent und Kirchenpflege vor einem
guten Jahr gestellt. Zwei Dinge sind uns dabei wichtig. Der erste Punkt betrifft die Gestaltung
der Gottesdienste:
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1. Wir werden in den nächsten 1-2 Jahren die Bandbreite unserer Gottesdienste bündeln.
Das wird nicht die Rejoice-Gottesdienste betreffen. Aber wir wollen mehr Gottesdienste und
zwar an allen Orten und auch an den Festtagen, gemischter gestalten. Was heisst das
konkret?
Wenn wir nur an einem Ort Gottesdienst feiern, egal ob Karfreitag oder Ostersonntag oder
Pfingsten oder unter dem Jahr, wollen wir diese Gottesdienste mehr und mehr so gestalten,
dass sie sich in der Mitte zwischen einem Rejoice und einem klassischen Gottesdienst
bewegen. Das heisst, der Ablauf wird aufgelockert. Es werden – auch wenn der Gottesdienst
in Weiningen stattfindet – zwei bis drei moderne Lieder eingebaut.
Es ist nötig, die Kirche in Weiningen von der Technik her auf das vorzubereiten. Das soll in
den nächsten Monaten passieren. Es soll mit einem kleinen Aufwand möglich sein, mit
Keyboard, Gitarre und Bass plus zwei bis drei Sängerinnen moderne Lieder zu singen.
Ausserdem verschieben wir die Beginnzeit in Weiningen immer mehr Richtung 10.15 Uhr.
Schon jetzt sind alle Fest-Gottesdienste dort um diese Zeit. Wir glauben, dass diese Zeit
besser zur heutigen Gesellschaft passt, als 9.15 Uhr. Gleichzeitig wird 10.15 Uhr unsere
Haupt-Gottesdienstzeit und es soll leichter fallen, zwischen den einzelnen Orten hin und her
zu wechseln, weil die Zeit die gleiche ist. Gottesdienste um 9.15 Uhr gibt es in Weiningen nur
noch, wenn ein Pfarrer zwei Gottesdienste hintereinander macht.
2. Der zweite Punkt ist schwerer umzusetzen, weil man ihn nicht einfach so organisieren
kann. Wir haben in der Kirchenpflege ein Legislaturziel formuliert, das uns wohl noch länger
begleiten wird. Dabei geht es um das Stichwort ‚Vernetzung’. Dieses Ziel enthält zuerst eine
Diagnose unserer jetzigen Situation: „Viele unserer Mitglieder beteiligen sich aktiv in einer
Gruppe, ohne den Gottesdienst als Angebot für sich wahrzunehmen.“
Das enthält einen sehr erfreulichen Teil: „Viele unserer Mitglieder beteiligen sich aktiv in
einer Gruppe …“. In unserer Kirchgemeinde laufen mehrere Dinge grossartig. Die Hauskreise sind sehr treu unterwegs. Viele, viele Menschen sind bereit, sich irgendwo zu
engagieren. Der Bazar ist einer der Höhepunkte, aber diese Bereitschaft durchzieht unser
ganzes Kirchenjahr. Wir sind bereit, anderen zu dienen. Ob das mit einem Kaffee ist, wie hier
im Treffpunkt, oder ob wir die drei Projekte privat finanziell unterstützen – wir versuchen,
unseren Platz in dieser Welt einzunehmen.
Gleichzeitig fehlt uns etwas: „… ohne den Gottesdienst als Angebot für sich wahrzunehmen.“ Als Vision für unsere Kirchgemeinde haben wir formuliert: „Der Gottesdienst steht im
Zentrum unserer Kirchgemeinde. Er ist der Ort, an dem möglichst viele Fäden zusammengeführt werden.“ Eine Kirche kann nicht ohne ein gemeinsames Zentrum aufblühen. Diese
Reihe zum Thema Gottesdienst war nur ein erster kleiner Schritt. Viele andere wird es noch
brauchen. Aber das Ziel ist klar: Wir wünschen uns Gottesdienste, die wir gemeinsam feiern.
Sie sind lebendig, sie berühren Kopf und Herz und es ist ein Ort, an dem man sich trifft.
Unter der Woche leben wir in ganz vielen Gruppen, aber am Sonntag strömen wir zusammen, um Gott zu feiern und uns neu ausrüsten zu lassen für die nächste Woche.
Wenn ich das sage, sage ich das auch auf dem Hintergrund der letzten drei Gottesdienste zu
diesem Thema: Auf dem Hintergrund des ersten Gottesdienstes, in dem ich behauptet habe,
dass Gemeinde nur funktionieren kann, wenn der Gottesdienst das gemeinsame Zentrum ist.
Mit dem Vorbild des Gottesdienstes im Alten Testament, bei dem man spürt, wie wichtig es
schon vor 3000 Jahren war, dass das Volk sich beim Tempel versammelt und Gott anbetet.
Und auf dem Hintergrund des Neuen Testamentes, der so ein frisches, fröhliches und
bewegtes Bild vom Gottesdienst zeichnet.
Der Gottesdienst kann und soll etwas Grossartiges sein und werden – auch in unserer
Kirchgemeinde! AMEN.
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