1 Zum Begriff Religiosität

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Inhalt
1
ZUM BEGRIFF RELIGIOSITÄT ......................................................... 1
1.1
1.2
Das Problem des abstrahierenden Geistes .................................... 2
Lösung des Problems des abstrahierenden Geistes durch
Sprache in der Gruppe ..................................................................... 4
Wiedereinführung der rekursiv iteriert rückkoppelnden Prüfung
durch die Aufklärung ....................................................................... 5
Wiedereinführung der sinnlichen Rückverbindung zum Original
durch den Kritischen Rationalismus ................................................ 6
1.2.1
1.2.2
1.2.2.1
1.2.2.2
1.2.3
1.3
1.3.1
1.3.2
1.3.3
1.3.4
1.3.5
Abbildung und Rückkopplung auf der Ebene der Sinne ....................... 6
Aufhebung der Isolation im intersubjektiven Raum .............................. 6
Weiterentwicklung der Sprachebene............................................... 7
Annäherung an Transzendenz im Individuum................................ 8
Vermeidung der Kardinalfehler ........................................................ 9
Verweigerung des Transzendenten gegenüber dem Immanenten . 9
Erfahrung der Grenze ................................................................... 12
Anfang des Weges ........................................................................ 13
Versuch des Überschreitens der Grenze ...................................... 14
1.3.5.1
1.3.5.2
Das Transzendente auf der sinnlichen Ebene .................................... 14
Das Transzendente auf der sozialen Ebene ....................................... 16
1.3.5.3
Das Transzendente auf der geistigen Ebene ...................................... 16
1.3.5.2.1
1.3.5.3.1
Entfremdung .................................................................................................. 16
Sprachebene ................................................................................................. 18
1.4
1.5
1.5.1
1.6
Synthese .......................................................................................... 19
Mystische Erfahrung, Kensho und Satori, Kundalini .................. 21
Esoterik ......................................................................................... 22
Religionen und Kirchen .................................................................. 23
2
REFERENZ ....................................................................................... 26
1 Zum Begriff Religiosität
Die Begriffe Kirche, Gott und Religion werden hier nur gestreift, da sie
keinen ontologischen Gehalt haben. Kirche ist eine Organisation, ein
hierarchisch-autoritärer Ort der Korrumpierung von Macht 1 , der
Terminus Gott ist eine aus dem Kontakt mit einem antisozialenasozialen Umfeld geborene kompensative Idee2, und Religion ist eine
aus geistiger Unreife geborene Ideologie zur Stützung des irrationalen
und irrealen Bedürfnis nach Autorität und Kontrolle und Steuerung der
Umwelt. Alle drei sind durch Menschen geschaffen, alle drei sind
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optional, alle drei sind verunglückte Ansätze mit Transzendenz
innerhalb von Immanenz umzugehen. Die Menschheit wird an dem
Tag, an dem sie keine Religionen und keine Götter mehr benötigt, ihre
Fähigkeit zum Bösen überwunden und ihre Fähigkeit zur Aufklärung
umgesetzt haben.
Religiosität im Sinne von Spiritualität, die sich auf die Grenze 3 zum
Transzendenten, des sinnlich nicht Erfahrbaren und geistig nicht
Beschreibbaren, ausrichtet, ist, wie dargestellt werden wird, im
Gegensatz zu Religion eine zwingende und rationale Folge der
Entstehung der menschlichen Sprachfertigkeit4, 5, 6 und eine Bemühung
Realität erster Ordnung7 abzubilden.8
Als erstes wird, um sich der Möglichkeit und den Schwierigkeiten im
Umgang mit Transzendenz anzunähern, dargestellt, welches
prinzipbedingte Grundproblem der Geist in sich birgt 9 . Im zweiten
Schritt wird gezeigt, wie dieses Grundproblem in zwei Schritten gelöst
werden kann, da sich aus der Lösung des ersten 10 ein zweites Problem
ergibt 11 , um im Anschluss zu sehen, wie der Geist auf ein Niveau
gehoben werden kann, an dem er eine sichere Basis für sich finden
kann 12 . Daraus ergibt sich dann zuletzt für das Individuum die
Möglichkeit der Auseinandersetzung mit der Grenze zum
Transzendenten innerhalb der Immanenz 13. Abschließend wird auf die
Möglichkeit der Aufhebung der Immanenz bedingenden Widersprüche
eingegangen 14 und der Begriff Religion 15 unter dem Vorherigen
betrachtet.
1.1
Das Problem des abstrahierenden Geistes
Reduktion im Sinne von Komplexitätsreduktion, d.h. Selektion eines
Teils der Realität erster Ordnung unter Verlust aller anderen Teile ist
ein natürlicher Vorgang, der in allen Information verarbeitenden
Systemen auf jeder Ebene unvermeidbar ist. Auch unsere Sinne
reduzieren; da diese jedoch unsere Schnittstelle zur Realität erster
Ordnung darstellen, definieren wir die Information, die uns unsere
Sinne liefern, als vollständig16.
Abstraktion im Sinne von Selektion von Aspekten, Eigenschaften,
Wirkungen, die in einer hierdurch definierten Menge von Objekten
vorkommen, unter Verlust aller anderen Aspekte, Eigenschaften,
Wirkungen der zugehörigen Objekte der so definierten Menge, ist eine
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basale Eigenschaft des Nervensystems, das hierdurch die von unseren
Sinnen aufgenommene Realität erster Ordnung, die auf der Ebene der
Sinne immer noch eine sich zeitlich verändernde ist, zeitlich invariant
abbildet und so die Basis für den Geist schafft, der nur abstrakt arbeiten
kann.
Die sinnliche Wahrnehmung ist synchron, sie bleibt an das Original
gebunden und ist somit an sich vollständig. 17
Die Sphäre des abstrakten Geistes stellt im Gegensatz zur Sphäre der
sinnlichen Wahrnehmung
1. zuallererst eine Abkehr vom Sinnlichen und damit Schwach-Sinn
dar,
2. produziert in Folge der Trennung vom sich permanent
verändernden18 Objekt Asynchronität und damit Irrtümer und damit
Irr-Sinn,
3. und
erzeugt
durch die
vom
Sinnlichen
losgelösten
konstruktivistischen Phantasmen zuletzt Wahn-Sinn,
denn Abstraktionen ohne sinnliche Rückkopplung
- entbinden von der automatisch rekursiv iteriert rückkoppelnden
Prüfung der sinnlichen Wahrnehmung, 19
- selektieren einen Teilbereich der noch pragmatischen Ebene sowohl
räumlich wie zeitlich, der für sich alleine empirisch nicht sein kann,
- reduzieren das Ganze auf der semantischen Ebene auf einen
einzelnen Bedeutungsaspekt und
- löschen zuletzt die auf einen konkreten Kontext bezogene
pragmatische Ebene durch den Verlust des Zusammenhangs aus.
Die Möglichkeiten des abstrahierenden Geistes sind im (theoretisch)
isolierten Individuum, selbst wenn man das Ergebnis des Geistes als
Handlung in die Realität erster Ordnung zurückführt, um es dort zu
prüfen, nicht nur eng begrenzt, sie sind ohne die zusätzliche
Vorkehrungen der steten sinnlich-empirischen Prüfung, wie gezeigt,
hoch gefährlich. Die offensichtliche Gefahr der Isolation des Geistes
bis hin zum Solipsismus (und final zum Nihilismus) spiegelt sich im
Radikalen Konstruktivismus wider, der indem er sich mental selbst
isoliert zu dem Ergebnis kommt, dass es nur ihn selbst gäbe.20, 21
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Löst man das Problem, das Abstraktion mit sich bringt, so bietet der
Geist gerade durch sein Abstraktionsvermögen die Möglichkeit das
Transzendente als ein Anderes (gegenüber dem Immanenten) zu
erkennen und schafft damit die primäre Voraussetzung für den
Umgang mit dem Transzendenten.22
1.2
Lösung des Problems des abstrahierenden Geistes durch
Sprache in der Gruppe
Indem Sprache die Überschreitung der individuellen geistigen Grenzen
durch Teilen mit anderen Individuen ermöglicht, erlaubt sie dem
Individuum, die sich aus ihrem systembedingtem Mangel 23 ergebenen
irrsinnigen Annahmen, irrtümlichen Folgerungen und wahnsinnigen
konstruktivistischen 24 Phantasmen durch massive Erweiterung der
Datenbasis mittels Kommunikation 25 innerhalb des Raums des
Geistigen zu falsifizieren.
Die individuelle Stichprobe der Welt und die persönlichen Resultate des
Geistes werden durch die Gruppe um ein Vielfaches erhöht und über
Generationen, falls nichtflüchtige Speichermedien existieren,
exponentiell gesteigert.26
Sprachfertigkeit erlaubte es erstmals dem Menschen, die Grenze des
abstrahierenden Geistes in der Art zu transzendieren, dass er sie mit
seinesgleichen systematisch 27 teilen konnte. Speziell Primaten 28 und
auch andere höhere Arten 29 haben zumindest ein ähnliches latentes
Abstraktionsvermögen wie Kleinkinder, sie haben jedoch nicht den
physischen Sprachapparat30, der ihnen das Teilen ihrer Abstraktionen
ermöglicht. Wenn Menschen sie systematisch in Zeichensprache
schulen, erreichen sie einen hohen Grad an Kommunikationsfähigkeit,
komplexem, vorausschauendem, abstrahierendem, logischem und
problemlösendem Denkvermögen.
Die Aufhebung der Isolation des eigenen Geistes ermöglichte dem
Menschen seinen mentalen Fortschritt kulturell und aus der
Gesellschaft rückwirkend individuell hin zu seinen individuellen wie
systemisch bedingten absoluten geistigen Grenzen zu erweitern:
Sprache,
Schrift,
Buchdruck,
Hyperlinks,
Suchmaschinen,
Digitalisierung, Internet, Wireless Communication Networks 31
ermöglichten die exponentielle kulturelle Akkumulation, Bereitstellung
und Verarbeitung von Wissen in der Gemeinschaft, die im Idealfalle
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jedes Individuum überall und immer als Information, Wissen und
Bildung auf der syntaktischen, semantischen und pragmatischen Ebene
bis zu seiner persönlichen Grenze nutzen kann.
Das Prinzip, dass die Möglichkeiten durch Struktur und Dynamik der
Kommunikation die primär Ausdruck verleihenden und damit
bestimmenden Komponenten eines komplexen sozialen Systems sind,
findet sich bei Marshall McLuhan: „The medium is the message.“32
Qualitativ erhöht die Zerlegung in Teilprobleme und deren Verteilung
die Leistungsfähigkeit des Einzelnen durch Synergie in der Gruppe und
hält den Einzelnen durch Kooperation leichter bei schwierigen
Aufgaben. 33 Dadurch gelangt man in der Gruppe schneller vorwärts,
erreicht Probleme, zu denen man als Individuum nie gekommen wäre
und ermöglicht durch komplexe Zusammenarbeit emergente 34
Entwicklungsschritte bis hin zur heutigen Kultur.
Indem man die Grenzen des Geistes auslotet, erkennt man, dass das
Transzendente durch Analyse und Abstraktion nicht erreichbar ist,
was den zweiten wichtigen Schritt für den Umgang mit dem
Transzendenten darstellt.35
Dieser gemeinschaftliche Ausweg aus der Selektivität einer erstens
individuell und zweitens zufällig generierten Stichprobe aus der
Grundgesamtheit der Umwelt eröffnet jedoch eine neue Gefahr, die der
Manipulation durch die menschliche Umwelt, der, wie im Folgenden
beschrieben, begegnet werden kann.
1.2.1
Wiedereinführung der rekursiv iteriert rückkoppelnden
Prüfung durch die Aufklärung
Indem die Aufklärung die unaufhörlich kritisch reflektierende Haltung
gegenüber dem Geistigen fordert, die der Geist (im Gegensatz zum
Sinnlichen) prinzipiell gerade nicht enthält, wird die automatisch
rekursiv iteriert rückkoppelnde Prüfung, die in den Sinnen
prinzipbedingt vorhanden ist, für den abstrahierenden individuellen
Geist zwingend eingeführt. Immanuel Kants Sapere aude36 fordert auf,
zu wagen, sich nicht auf das vom Außen Gegebene 37 zu verlassen,
sondern selbst zu schmecken38, und selbst denkend zu prüfen.
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1.2.2
Wiedereinführung der sinnlichen Rückverbindung zum
Original durch den Kritischen Rationalismus
Indem Karl Popper im Kritischen Rationalismus die Falsifikation als
unabdingbare Notwendigkeit für die Wissenschaft fordert, wird die
stete Prüfung durch Rückverbindung zum Original und damit zu den
Sinnen wieder eingeführt. Mittels bewussten Falsifikationsversuchen
kann der abstrahierende Geist seinen grundsätzlichen Mangel an
sinnlicher Verbindung und die hierdurch verursachte Asynchronität mit
all ihren Folgen 39 durch sukzessive Approximation an Realität erster
Ordnung reduzieren.40
Durch Rückkopplung der geistigen zur sinnlichen Ebene wird die
dritte Voraussetzung für den Umgang mit dem Transzendenten
gelegt.41
1.2.2.1
Abbildung und Rückkopplung auf der Ebene der Sinne
Die sinnliche Wahrnehmung bildet sich genauso durch das Prinzip der
Kopie eines Originals wie die geistige Wahrnehmung: Die Einmaligkeit
des Beobachters (in Genetik und Epigenetik) und die zeitliche
Nichtstabilität des Beobachteten (siehe Heraklit18) erzeugt
Momentaufnahmen, die an sich isoliert 42 sind. Aus diesem Grunde
muss die sinnliche Wahrnehmung stetig aktualisiert (und durch
Vergleich mit anderen Beobachtern geprüft) werden. Der Unterschied
zum Geist liegt in der Stetigkeit der sinnlichen Wahrnehmung, während
der Geist sich durch Abstraktion von der Wahrnehmung vollständig
abkoppelt.43
1.2.2.2
Aufhebung der Isolation im intersubjektiven Raum
Das Intersubjektive als nächste Stufe über dem individuellen Geist
überwindet die Isolation durch Spiegelneuronen, indem die eigene
Empfindung zusammen mit dem eigenen Verhalten sensomotorisch im
Gehirn verbunden sind und diese eigene sensomotorische Qualität mit
fremdem Verhalten „spiegelnd“ verknüpft wird. Sinnliche
Wahrnehmungen können also intersubjektiv gemeinsam erlebt werden,
indem die Motorik des Gegenübers durch die eigene Sensorik mit der
eigene Motorik und einer zugehörigen eigenen Empfindung korreliert
werden. Das Verbindungselement ist die auf beiden Seiten vorhandene
Motorik, die beim anderen durch die eigene Sensorik innen und außen
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wahrgenommen wird. Ein Organismus ohne diese neuronal verknüpfte
Abbildung von Sensorik und Motorik in sich und in seiner sinnlichen
Wahrnehmung anderer Individuen existiert in einer isolierten
sinnlichen Welt: Seine sinnliche Wahrnehmung ist nicht nur individuell
im Sinne der Qualia 44 , sondern eine absolute Singularität, die damit
auch nicht als solche erkannt werden kann. Es entsteht die für einen
Menschen im ersten Moment paradoxe Situation, dass die eigene
Sensorik nicht als solche wahrgenommen werden kann, weil für dieses
Individuum nichts außer der Sensorik an sich, ohne ein Anderes, damit
ohne Grenze und damit ohne Bezugssystem, existiert. 45 Eine
Voraussetzung für Bewusstsein seiner selbst ist demnach die Fähigkeit
der differenzierten neuronalen Spiegelung der Umwelt, die erst
Vergleich und damit Unterscheidung und Identität ermöglicht. Da jedes
System, das sich fern des thermodynamischen Gleichgewichts
stabilisiert – und das sind alle biologischen und folglich neuronalen
und folglich geistigen Systeme – systembedingt offen auf ein
Umgebungssystem, das die essentiellen Ressourcen Energie, Materie
und Information liefert, ausgerichtet ist, ist die ontologische Bedingung
für diesen epistemologischen Schritt grundsätzlich vorhanden.
1.2.3
Weiterentwicklung der Sprachebene
Das Weiterschreiten im Sapere aude 46 zur Vervollkommnung der
Sprachebene47, 48 im weitesten Sinne von ausreichend vielen Individuen
in der Gemeinschaft49 kann durch
1. fehlerfreundliche Projektierung,
2. fehlertolerante Umsetzung und
3. stetige Prüfung durch bewusste Falsifikation 50 sowohl in der
Logik51 als auch in der Empirie52,
die prinzipielle Schwäche des abstrahierenden Geistes 53 , der
systembedingt das Irren und Phantasieren erschuf, ausgleichen.
Zentral hierfür ist, dass sich Gewissheit, soweit diese prinzipiell 54
möglich ist, nur im orts-, zeit-, methoden-, disziplin- und
personenvarianten Falsifikationsversuch findet, da der nichtsinnliche
Geist immer irren kann (siehe Immanuel Kant17). Dies ist von einem
isolierten Individuum prinzipiell nicht leistbar 55 . Eine maximal
differenzierte Sprache und ihre gewissenhafte Anwendung im Sinne
Ludwig Wittgensteins und der Analytischen Philosophie mit
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Sprachkritik 56 und Antipsychologismus 57 ist damit das entscheidende
Kriterium nicht nur für Prüfung im eigenen Bewusstsein im Sinne der
Aufklärung, sondern exponentiell darüber hinausgehend für die
Kooperation in der Gruppe.58, 59, 60, 61, 62, 63
In derselben Weise definieren sich soziale Wertesysteme (Ethiksysteme
und ihre Anwendungen in der Moral) prinzipiell emergent durch den
sozialen Umgebungsraum, also gerade nicht durch ein Individuum.
Den Gesamtraum kann man, wie Immanuel Kant dies in seinem
„Gottesbeweis“ tat64, Gott nennen und diesen Gott als Letztbegründung
zur Definition heranziehen; diese Vorgehensweise ist jedoch
offensichtlich optional. 65 Alternativ finden sich im Umgebungsraum
der Natur, speziell in Physik, Chemie und Biologie a priori Werte66, die
in allen Bereichen wirken, folglich in ihrer Universalität nur durch
interdisziplinäre Betrachtung zu erkennen sind, und weit besser als die
nicht falsifizierbare Annahme eines Gottes als Grundlage mentaler
Systeme – insbesondere auch ethischer Systeme – herangezogen
werden können.
Spätestens an diesem Punkt muss man sich bei der Annäherung an
die absolute Grenze – das Transzendente – für den rationalen, über
die Sinne prüfenden, Realität erster Ordnung fokussierenden Weg,
oder den irrationalen, sich von der physikalischen Welt isolierenden,
Phantasmen fokussierenden Weg entscheiden.67
1.3
Annäherung an Transzendenz im Individuum
Wie unter 1.2 Lösung des Problems des abstrahierenden Geistes durch
Sprache in der Gruppe beschrieben, kommt die Gruppe im Gegensatz
zum Individuum durch Synergie und Emergenz relativ schnell zur
Kontaktaufnahme mit dem Transzendenten 68 als mentales
Grenzphänomen 69 . An dieser Stelle der Entwicklung entsteht eine
Bifurkation, indem auf der einen Seite Spiritualität bzw. Religiosität
und der Begriff des Göttlichen im Sinne Meister Eckharts und auf der
anderen Seite irrational entgleisend Religion und die Idee
personifizierter Götter stehen.
Im Individuum kann unter bestimmten äußeren und inneren
Bedingungen eine Lösung für das Problem der Transzendenz gelingen.
Eine Lösung durch das Individuum zu gebären heißt nicht, als
Individuum isoliert zu sein! Es bedeutet: nicht nur als Element einer
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Gemeinschaft an einem emergenten Lösungsprozess mitzuwirken,
sondern zusätzlich als Person selbständig die Lösung zu finden. Da die
Lösung keine mentale Aufgabe mit einem eindeutigen
versprachlichbaren Ergebnis ist, kann die individuelle Lösung kein
Ersatz für die Gemeinschaftslösung sein70, aber sie kann Anderen in der
Gemeinschaft richtungsweisende Impulse vermitteln.
Es gibt Gemeinschaften 71 , die das Transzendente aus ihrer Kultur
heraus für das Individuum verfügbar machen; in der kapitalistischen
Welt und im Christentum muss das Individuum einen Weg im
Widerspruch zur Umwelt finden.
1.3.1
Vermeidung der Kardinalfehler
Im Individuum kann eine Lösung des Problems des Geistes bzgl. des
Transzendenten unter folgenden Grundbedingungen gelingen. Wenn
man
1. den unlogischen Definitionsversuch72 und
2. die irrationale Vermenschlichung73 des Transzendenten aufgibt,
3. sowie sprachlich im Religiösen im Sinne Meister Eckharts74, nicht
auf eine Gottheit, sondern auf das Göttliche fokussiert, und dieses
Göttliche als das Transzendente versteht,
dann ist die Erfahrung dieser Annäherung an das Transzendente die
maximal zugängliche Grenzerfahrung, die natürlicherweise jenseits
aller typisch, per se reduzierenden sinnlichen Erfahrung liegt, und sie
ist auch die Grenze des per se abstrahierenden Nervensystems und
seines emergenten Produkts, des Bewusstseins, das unsere geistige
Wahrnehmung ausmacht. Ob und, wenn ja, in wie weit diese
Annäherung an das Transzendente gelingen kann, werden wir im
Folgenden sehen.
1.3.2
Verweigerung des Transzendenten gegenüber dem
Immanenten
Jegliche Reduktion, jede Versprachlichung, jede Abstraktion, jede
Positivdefinition sowie jede Materialisierung, jede Konkretisierung,
jede direkte 75 sinnliche Wahrnehmung oder Personalisierung des
Transzendenten ist grundsätzlich nicht möglich, da das Transzendente
prinzipiell in keinster Weise und unter keinen Umständen reduzibel ist.
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Georg Wilhelm Friedrich Hegel drückte es folgendermaßen aus 76 :
„Dieses reine Sein ist nun die reine Abstraktion, damit das AbsolutNegative, welches, gleichfalls unmittelbar genommen, das Nichts ist.“
Der Versuch auf das Transzendente zuzugehen führt stets ins Nichts 77:
man kann keine direkte75 sinnliche Erfahrung mit ihm und keine
Positivaussage über es machen. Damit ergibt sich das Paradoxon, dass
man, wenn man aus der Immanenz kommt, das Transzendente in
immer größere Entfernung rückt, je mehr man sich ihm nähert; erreicht
man es, verschwindet es.
Das Transzendente ist das Alles, das Eine, das Einzige, das All-Eine; es
besitzt somit, da außer ihm nichts ist, keinen äußeren Bezugsrahmen, es
hat kein Gegenüber, und es ist folglich nicht unterschieden. Der Begriff
das All-Eine drückt es treffend aus: Das All-Eine ist ein Oxymoron,
weil Alles und Eins in der sich stetig ausdifferenzierenden Immanenz 78
stets Gegensätze sind, und es ist gleichzeitig ein Pleonasmus, weil das
transzendente Alles sich in der Umfassung und Einschließung von
Allem durch seine Nichtdifferenziertheit 79 , 80 , sein Eins- und
Einheitlichsein auszeichnet. Hierdurch wird die Auflösung durch
Vereinigung aller Differenzierung 81 , Trennung, Unterscheidung und
aller Gegensätze82 für den Geist deutlich.
Das Transzendente ist in seiner All-Einheit das Ununterschiedene und
Ununterscheidbare, erlaubt somit keine sinnlich erfassbare Darstellung,
oder, wie dies die jüdisch-christliche Tradition beantwortet: das, wovon
du dir kein Bild machen sollst: „Du sollst dir kein Bildnis noch irgend
ein Gleichnis machen, weder des, das oben im Himmel, noch des, das
unten auf Erden, oder des, das im Wasser unter der Erde ist.“ 83 Da jede
Abbildung ein Teil des Ganzen ist, ist jeder Versuch, das Ganze
abzubilden, absurd.
Das Transzendente ist in seiner All-Einheit die Summe von Allem,
erlaubt somit keine identifizierende Benennung. In Teilen des
Judentums wird folgerichtig nicht einmal der Name Gottes
ausgesprochen: „Da sagte Gott zu Mose: ‚Ich bin der, der ist und
immer sein wird. Sag den Israeliten: Der ‚Ich-bin’ hat mich zu euch
geschickt.’“84, weil die Anwendung eines Namens Individualisierung
und die einer Benennung Abstraktion darstellt, die beide
Unterscheidung ermöglichen, was nichts anderes bedeutet, als durch
eine Teilmenge von Eigenschaften zu reduzieren, und weil die
Möglichkeit des Konkreten durch Personifizierung mittels Bennennung
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in das Transzendente gelegt wird, was ebenso begrenzt. Weil jede
Personifizierung eine Konkretisierung ist, ist der Glaube an einen
personalen Gott absurd.
Das Transzendente kann in seiner All-Einheit auch nicht in Beziehung
zu etwas stehen, noch kann etwas zum Transzendenten in Beziehung
stehen, da es alles enthält, es absolut85, vollendet und losgelöst ist, oder
wie die Begriffe All-Eine und All-Einheit schon sagen: alleine steht,
folglich jeglicher Bezug prinzipiell unmöglich ist. Da alles Teil des
Transzendenten ist und im Transzendenten nichts unterschieden ist, ist
jeder Versuch, zum Transzendenten in Bezug zu treten oder vom
Transzendenten bezogen zu werden, absurd. Die Idee der
Beziehungsaufnahme kann nur auf der Ebene der Immanenz, die sich
im diametralen Gegensatz zur Einheit des Transzendenten durch
Differenzierung auszeichnet, entstehen; Beziehungsaufnahme ist
folglich eine rein immanente Idee, deren Bedeutung sich im
Transzendenten auflöst. Damit ergibt sich das Paradoxon, dass der
Versuch einer Beziehungsaufnahme zum Transzendenten aus der
Immanenz heraus das Prinzip der Beziehung umso mehr
verunmöglicht, je näher man der Transzendenz kommt.
Das Transzendente ist nicht Sein. Das Transzendente ist Existenz:
zeitlose, raumlose, wirkungslose Potenz86, 87. Das Seiende hat immer88
eine von Anderem unterschiedene Qualität, wogegen das Transzendente
alle Qualitäten beinhaltet. Das Seiende besitzt damit die Möglichkeit
des in Beziehung Stehens in sich, wogegen der Begriff der Beziehung
für das Transzendente durch seine All-Einheit sinnlos ist. Das Seiende
tritt ob seines in Beziehung Stehens in bilateral wirkende Beziehung89,
wogegen das Transzendente durch seine All-Einheit zeit- und raumlos
und damit wirkungslos ist.
Das Transzendente kann niemals direkt erkannt werden. Jeder Versuch,
das Transzendente direkt anzusehen, zu begreifen, zu verstehen, führt
in einen logischen Widerspruch (wie im Solipsismus, Nihilismus,
Radikalen Konstruktivismus, Positivismus, Psychologismus), oder wie
es Frank Herbert im Dune-Zyklus ausdrückt: „Es gibt einen Ort, an
den können selbst die Bene Gesserit nicht sehen.“90
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1.3.3
Erfahrung der Grenze
Die „Erfahrung“91 und Erkenntnis des Transzendenten speist sich aus
der Erfahrung und Erkenntnis der Grenze92 zum Transzendenten:
- Sinnlich wird der Unterschied als Trennung, Derealisation,
Getrenntsein,
Exklusion,
Separierung,
Asozialisierung,
Individualisierung, Egozentrierung, Entfremdung, Antisozialisierung
Hilflosigkeit etc., d.h. dem Prinzip nach als Grenze zum Außen und
zum Anderen durch den im Immanenten prinzipiellen Verlust von
Holismus und allen sich daraus ergebenden Möglichkeiten und
Konsequenzen93 erlebt94.
- Geistig wird der Unterschied durch die prinzipielle Unmöglichkeit
das Transzendente in irgendeiner Art und Weise positiv 95 definieren
zu können erkannt.
Da sich die Immanenz durch den Prozess von Differenzierung
auszeichnet, wird, je höher der Differenzierungsgrad und die
Differenzierungsfähigkeit ist, die Ausprägung der Immanenz umso
tiefer sein und die Distanz zum Transzendenten umso größer sein. Das
Prinzip von
1. qualitativer Differenzierung (Komplexitätsbildung),
2. Entstehung eines getrennten, qualitativ Neuen (Emergenz) und
3. in einem informationell geschlossenen Kreislauf rekursiv 96 iterierter
Prüfung (Rückkopplung)
ist universal: Die klassische Physik steht auf dem (wörtlichen)
Möglichkeitsraum der Quantenmechanik. Die Biologie definiert sich
durch
die
bilateral
austauschende
Wechselwirkung
des
Möglichkeitsraums der Physik (und Chemie). Die Spezies definiert sich
phylogenetisch durch die bilateral austauschende Beziehung mit ihrer
Umwelt. Der individuelle Organismus definiert sich ontogenetisch
durch die bilateral austauschende Beziehung mit seiner Umwelt. Man
muss hierzu nur den Umgebungsraum wegdenken und sieht sofort die
Auflösung des betrachteten Objekts. Vom Elementarteilchen zum
chemischen Element zum Mineral zur Pflanze zum Einzeller zum Fisch
und Insekt zum Reptil zum Säugetier und Vogel und Primaten und bis
dato auf diesem Planeten zuletzt zum Homo sapiens steigt der
Differenzierungsgrad und die Differenzierungsfähigkeit (und damit die
Entfernung vom Transzendenten) immer weiter an, was man an der
Entwicklung der Sinne und des Nervensystems über den Hirnstamm,
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das Limbische und Mesolimbische System und die Basalganglien bis
zum Anterioren Cingulären Cortex und Neocortex und
Emergenzphänomenen wie dem selbstreflektierenden Bewusstsein gut
nachvollziehen kann.
Durch den Trennungsakt der Differenzierung entsteht automatisch die
Möglichkeit von Wechselwirkung. Deshalb ist Kommunikation auf
jeder Ebene 97 vorhanden: der Ebene der Sinne, des Geistes, des
Intersubjektiven und des Sozialen die natürliche Konsequenz, die die
verlorene Grundqualität des Transzendenten, das Nichtgetrenntsein, in
der Immanenz spiegelt. Zwanglos ergibt sich hieraus der
Lösungsansatz für das Problem des Geistes 98 in kommunikativer
Zusammenarbeit im sozialen Raum.
Ohne Bezogenheit, Beziehung, Wechselwirkung, Kommunikation ist
qualitative Weiterentwicklung im Sinne einer qualitativen
Differenzierung hin zu höherer Komplexität und emergenten
Eigenschaften nicht möglich.
Auch die Bestimmungsstücke des Menschen, die das Immanente
wesentlich strukturieren und dynamisieren, erlauben die Grenze zum
Transzendenten zu erfahren:
- Offenheit und Komplexität,
- Zufälligkeit und Geist,
- Vulnerabilität und Regenerabilität,
- Begrenztheit und Sozialität,
- Endlichkeit und Sexualität.
1.3.4
Anfang des Weges
Obschon der selbstreflektierende Geist die Differenzierung weit stärker
anwachsen lässt, als dies die Sinne jemals könnten, und somit
Komplexität und damit Immanenz sich durch den Geist erstmals
nichtlinear steigern99, ermöglicht der bewusst selbstreflektierende Geist
erstmals die Möglichkeit, sich der Entfernung vom Transzendenten
bewusst zu werden und darauf zu reagieren.
Trotzdem das Transzendente durch das Immanente prinzipiell weder
sinnlich noch geistig direkt erlebt werden kann 100; kann das Immanente
sich auf die Grenze zum Transzendenten zu bewegen. Es ist möglich
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dies wie ein Mystiker, aus der Richtung der Transzendenz kommend101,
und wie ein Naturwissenschaftler, aus der reinen Immanenz kommend,
zu tun. 102 Beide Wege können rational 103 oder irrational gegangen
werden, aber nur im rationalen Erarbeiten beider Pole kann in ihrer
Verbindung der maximale „Blick“ auf den sich strukturierenden und
differenzierenden Kosmos einschließlich der Grenzbetrachtung des
Transzendenten104 erreicht werden.
Die prinzipiellen Schritte, die immer gegangen werden müssen, sind:
1. Sinnliche Wahrnehmung,
2. vollständige Versprachlichung der sinnlichen Erfahrungen,
3. gewissenhafte innere logische Prüfung,
4. finaler, ins Außen und damit zu den Sinnen zurück verbindender
empirischer Falsifikationsversuch, der möglichst orts-, zeit-,
methoden-, disziplin- und personenvariant sein soll.
Mit dem neuen Status quo beginnt der Prozess rekursiv iterierend neu,
prinzipiell ad infinitum.
1.3.5
Versuch des Überschreitens der Grenze
Wie unter 1.3.2 Verweigerung des Transzendenten gegenüber dem
Immanenten gezeigt, ist das Transzendente für das Immanente
prinzipiell nicht erreichbar. Bewegt man sich auf die Grenze zu und
versucht die Grenze zu überschreiten, führt dies jedoch zu
wahrnehmbaren Effekten.
1.3.5.1
Das Transzendente auf der sinnlichen Ebene
Versucht man auf der sinnlichen Ebene die Grenze zum Transzendenten
zu überschreiten, löst sich die Welt im üblichen Sinne auf 105 . Ein
fundamental immanentes Wesen erlebt das Transzendente entweder als
aufgelöst unstrukturiert chaotisch 106 oder als gebunden einheitlich
monoton107. Beides sind zutreffende Aspekte: Im Chaos finden sich alle
Möglichkeiten parallel wieder, es repräsentiert das All von All-Eine. Im
Gebundensein im Kontinuum findet sich das nichtdifferenzierte
Einssein wieder, es repräsentiert das Eine von All-Eine.
Das sinnliche Erleben im pränatalen Zustand liegt (gegenüber dem
extrem differenzierten und damit immanenten Zustand des
Erwachsenenbewusstseins) relativ nahe an der Transzendenz. Aspekte
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wie Gebundensein im Kontinuum 108 statt Beziehung zwischen
Getrenntem 109 ist wesentlich für das Transzendente. Aus diesem
Grunde ist es natürlich für (neuronal schon angelegte aber noch
undifferenzierte und damit neuronal chaotische) Säuglinge am Körper
getragen zu werden108, und aus diesem Grunde ist es für weniger
entwickelte Wesen, deren prinzipieller Differenzierungsgrad geringer
ist, die evolutionär noch nicht so tief in die Immanenz gewandert sind,
nicht nötig am Körper getragen zu werden.
Für den Erwachsenen ist die sinnliche Ebene deshalb besser geeignet
sich dem Transzendenten zuzuwenden, weil das Immanente durch
seinen fundamentalen Differenzierungsimpuls in der Evolution den
Geist erschuf und damit die Fähigkeiten der Differenzierung auf eine
neue Stufe brachten, die jene der Sinne exponentiell übersteigen. Im
Gegensatz zum Geist können die Sinne den Holismus und das
Gebundensein im Kontinuum gegenüber der Distanzierungs- und
Differenzierungsfähigkeit und der Fähigkeit des (getrennten) Egos in
Beziehung zu treten wesentlich besser erleben. Darum werden
Halluzinogene und Empathogene sowie Trance-, Traum- und
Meditationsverfahren und Initiations- und Quest-Riten seit es
Menschen gibt, als Katalysatoren eingesetzt.110, 111
Die Sinne können zentrale Aspekte des Transzendenten quantitativ
abgeschwächt, aber qualitativ zumindest so weit entsprechend erleben,
dass es wie ein Schatten um einige Dimensionen reduziert erlebbar ist,
da das Sinnliche gegenüber dem Geistigen Jahrmilliarden früher in der
Evolution entstand und damit dem Transzendenten wesentlich näher ist.
Wir tragen außerdem auf der physischen Ebene immer noch die
phylogenetische undifferenzierte Information der „Ursuppe“ in uns 112.
Daher können wir auf der sinnlichen Ebene das transzendente
Gebundensein im Kontinuum über das immanente Bezogensein und
Wechselwirken (im Gegensatz zum Getrennt- und Isoliertsein durch
Nichtbeantwortung der Umwelt und Nichtbeantwortetwerden durch die
Umwelt) und die transzendente Einheit über das immanente Wir-Sein
(im Gegensatz zur Ich-Existenz) zumindest „erahnen“.
Das Transzendente selbst bleibt dem Sinnlichen aber versperrt; ja es
kann es nicht einmal, so wie das Geistige, erkennen. Ohne das Geistige
weiß das Sinnliche nicht um das Transzendente und kann seine
Fähigkeiten nicht nutzen, weswegen Tiere keine Religiosität kennen.
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1.3.5.2
Das Transzendente auf der sozialen Ebene
Soziales Bewusstsein im Sinne eines „Wir sind“ ist ein dem
Transzendenten verwandter Bewusstseinszustand, falls dies nicht
Kompensation individueller Schwäche ist, sondern echter Ausdruck
eines starken Ichs, das sich seiner eigenen Nichtautarkie und der aller
anderen biologischen Wesen und damit seiner intrinsischen Pflicht 113
zum Antwortgeben (Ver-antwort-ung) gegenüber seiner Umwelt
bewusst ist: Hieraus leiten sich Gebundensein im Kontinuum,
Verwandsein zur Umwelt (auch zur Fremdgruppe) und Kooperation mit
der Umwelt ab. Ihm gegenüber steht das „Ich bin“ des rein immanenten
Bewusstseins, das sich getrennt vom Außen erlebt, das den Anderen als
anders und fremd erlebt, das in Konkurrenz lebt.
Der soziale Raum kann demnach das Individuum, indem es einen
Erfahrungsraum sowohl für die Sinne als auch für den Geist darstellt,
zum Transzendenten hintragen oder es davon entfernen.
1.3.5.2.1
Entfremdung
114
Die Entfremdung der westlichen Welt mit allen ihren zerstörerischen
und regenerationsverhindernden 115 Folgen basiert primär auf dem
schlagartigen Bruch des Kontinuums nach der Geburt 116 und in der
neurologisch prägenden Phase bis zum Abschluss der primären
Synaptogenese 117 mit ca. einem Jahr 118 , d.h. die basale essentielle
Bedürfnislage 119 des Säuglings wird inadäquat beantwortet 120 : Das
Gehirn eines Säuglings ist noch nicht fähig den hohen Immanenzgrad,
der von ihm gefordert wird, wenn man ihn vom Körper seines MitMenschen separiert, ihn in ein getrenntes Bett, einen Kinderwagen, ein
eigenes Zimmer legt zu integrieren und nimmt folglich Schaden 121, 122.
Die Wahrnehmung von Gebundensein im Kontinuum (siehe Jean
Liedloff108) wird zu Getrenntsein, das Eine wird zum Vielen und da das
Gehirn die für die Verarbeitung notwendigen Strukturen noch nicht
entwickelt hat, wird aus dem Erleben von Kohärenz Chaos, was die
Entwicklung des Gehirns blockiert 123 , was gerade den Aufbau der
Fähigkeit mit Immanenz umzugehen verhindert.
1.3.5.3
Das Transzendente auf der geistigen Ebene
Auf der geistigen Ebene kann das Transzendente, das All-Eine, durch
Negativdefinition124 vom Immanenten abgegrenzt werden, so wie der
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Begriff des Unendlichen niemals konkret, aber durch Inversion des
Endlichen abstrahierend gedacht werden kann. Außerdem kann das
Transzendente
durch
die
logische
Notwendigkeit
einer
Letztbegründung 125 , 126 und im Sinne einer empirischen
Fundamentaltheorie127 geistig konstruiert werden.
Das Transzendente könnte theoretisch mental durch vollständige
Abstraktion erkannt werden. Vollständige Abstraktion löscht jedoch
alles aus, es bleibt der Begriff des Nichts. 128
Dies ist nur auf den ersten Blick enttäuschen, da es die Gegensätze von
Alles und Nichts vereint und so den Mangel als Scheinproblem entlarvt,
und es ist befriedigend, indem es die Möglichkeiten des Geistes bis an
seine Grenzen ausschöpft.
Es ist auch nicht so unverständlich, wie es auf den ersten Blick
scheinen mag: Georg Wilhelm Friedrich Hegels „Reines Sein“ oder
Meister Eckharts „Göttliches“ sind, da sie ob ihrer Absolutheit und so
alles umfassenden Einheit zwangsläufig raum-, zeit-, wirkungs-,
struktur- und beziehungslos sind, für den menschlichen Geist nicht
direkt erfassbar und damit nicht direkt erkennbar, denn der einzelne
menschliche Geist erwuchs ontogenetisch aus konkreter Sinnlichkeit
und auch die Sinne erwuchsen phylogenetisch aus Stimulation durch
konkrete physikalische Umweltinteraktionen und er ist damit
fundamental an seine Sinnlichkeit und das Konkrete gebunden und
auch auf diese unabdingbar angewiesen, um seine systembedingten drei
Grundschwächen Schwachsinn, Irrsinn und Wahnsinn zu
minimieren129.
Da der Geist ein Emergenzprodukt und damit eine sprunghafte
differenzierte Weiterentwicklung des Immanenten auf eine vollkommen
neue Ebene innerhalb des Immanenten ist, und weil er gegenüber den
Sinnen aus Milliarden Jahren Differenzierungsarbeit entstand, ist er
dem Transzendenten weit ferner als die Sinne es jemals sein könnten.
Gleichzeitig aber gebar gerade diese Weiterentwicklung die
nichtsinnliche versprachlichende Abstraktionsfähigkeit, die durch das
Erkennen ihrer qualitativen Grenzen das Anderssein und die
prinzipielle Nichterreichbarkeit des Transzendenten zu erkennen
vermag; und genau das ist die Fähigkeit des Geistes, die er den Sinnen
zur Seite stellt. Die Grenze zum Transzendenten ist geistig erkennbar
(und danach fokussierbar und sinnlich erlebbar130), das, was dahinter
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steht, ist jedoch in keinster Weise erkennbar131 und niemals erlebbar, ja
es ist nicht einmal direkt denkbar, es ist nur abstrakt durch Negation
eines Etwas benennbar, das dem Gegenteil dessen, was der Geist
erkennen und benennen und positiv definieren kann, entspricht 132 .
Genau das sagt die jüdisch-christliche Tradition mit ihrem Verbot, Gott
in irgendeiner Weise (bildlich oder sprachlich) zu konkretisieren oder
zu (teil-)abstrahieren133.
Versucht der Geist die Grenze zum Transzendenten zu überschreiten,
wird er sich des begrenzenden Reduktionismus von Selektion und
Abstraktion bewusst. Er erkennt das Fehlen von Allheit und Einheit im
Immanenten und ihren immanenten Substituten Teilheit und Vielheit. 134
Der Geist kann demnach auf seiner Ebene die Qualitäten des
Transzendenten als Inverse des Immanenten erkennen und durch
Negativdefinition benennen, was als Differenzierung jedoch eine
typisch immanente Fähigkeit ist, die für das Immanente jedoch
natürlicherweise den einzigen Weg darstellt. 135 Der Geist ist deshalb
unverzichtbar, weil er einzig die Möglichkeit des Erkennens der
Distanz zum Transzendenten liefert und die Richtung bestimmen kann.
Der Geist, speziell der sprachliche, selbstreflektierende Geist ist
(bislang) die letzte Differenzierungsstufe des Homo sapiens und somit
am weitesten in die Immanenz vorgedrungen, hat damit den größten
Abstand zur Transzendenz und ist damit im Verhältnis zum alten
transzendenznahen Sinnlichen denkbar ungeeignet, sich auf das
Transzendente zu zubewegen. Aber er kann gerade durch seinen von
der Transzendenz fort entwickelten, höheren Differenzierungsgrad
erkennen, dass es neben dem Immanenten noch ein Transzendentes
geben muss, was den Sinnen, ob ihres durch ihre Transzendenznähe
geringeren Differenzierungsniveaus verwehrt bleibt. Die Ebene des
Geistes bietet folglich den Auslöser (Schlüssel) und die Ebene der
Sinne bietet die Methode (Tür) um das Maximum an Annäherung an
das Transzendente, das für das Immanente möglich ist, zu erreichen.
1.3.5.3.1
Sprachebene
Der Qualitätsunterschied zwischen Transzendentem und Immanentem
findet sich auch in der Sprache eingeprägt:
Schon der Begriff des „All-Einen“ zeigt das Transzendente und das
Immanente sprachlich perfekt ausgedrückt.136
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Im Wort „wirklich“ findet man die Grundqualität der Immanenz:
Bezeichnend für die Immanenz ist das Wirken alles Immanenten. Nur,
wenn etwas wirkt, dann ist es; Ohne Wirkung gäbe es keine
Veränderung, was der Existenz, dem All-Einen, dem Transzendenten
entspräche. Wirkung 137 setzt physikalisch Zeitlichkeit und
Räumlichkeit und immer (mindestens) zwei Partner voraus, also das
Getrennte, was der Grundqualität des Immanenten, des evolutionären
Differenzierungsimpulses entspricht.138
Ebenso zeigt das Wort „sinnlos“ die Notwendigkeit der sinnlichen
Verbindung mit Realität erster Ordnung. Sinnlose Gedanken und
sinnlose Taten zeichnen sich durch fehlende sinnliche Rückkopplung
aus. Beispiele hierfür sind alle bürokratischen und erlernten
Denkschemata und Handlungsvorgaben von Medizinern, Psychologen,
Pädagogen, Theologen, Juristen, Ökonomen etc. die sich auf Ideen von
Realität (Realität zweiter Ordnung) berufen und sich grundsätzlich
nicht auf das falsifizierbare empirische Hier und Jetzt (Realität erster
Ordnung) beziehen. Umgekehrt ist sinnvoll, was voll des Sinnlichen
ist: Das bloße Abstrakte139 ist genauso wenig sinnvoll wie das bloße
Virtuelle 140 , da beide keine sinnliche Verbindung zur Realität erster
Ordnung haben.
1.4
Synthese
Wenn Transzendenz das All-Eine141 ist und Immanenz sich durch einen
stetigen qualitativen Aufspaltungsprozess des All-Einen auszeichnet
und sich so immer weiter differenziert, dann ist das Immanente, da es
erstens nur Teil des Transzendenten ist und zweitens damit die
Qualitäten von Allheit und Einheit verlor und dafür Teilheit und
Getrenntheit hinzugewann, nicht in der Lage das Transzendente direkt
zu erleben, denn es ist in jeder Beziehung ihr komplementär
ergänzendes Gegenteil. Damit ist die direkte Erfahrung des
Transzendenten für das Immanente prinzipiell unmöglich. Das
Immanente muss sich folglich mit den Mitteln des Immanenten auf das
Transzendente zu bewegen: Der sprachliche Geist kann durch
systematische Falsifikation aller sich theoretisch offenbarenden Wege
zu der Erkenntnis des Prinzips der Negativen Theologie kommen. Die
sinnliche Ebene kann durch (den abstrahierenden Geist ignorierende)
Selbstbeschränkung das Prinzip von Nicht-Unvollständigkeit, NichtGetrenntheit und Nicht-Bedingtheit erleben, indem es seine
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Nichtvollkommenheit bis an die Grenze des Möglichen erweitert und
so – bildlich gesprochen – in den „Schein“ des Transzendenten tritt.
Die individuelle Lösung, die in unserer Kultur jedoch nur wenige
erreichen, besteht in der Verbindung zwischen der nonverbal
sinnlichen,
beziehungsorientierten,
holistischen,
parallel
prozessierenden,
komplex
bildlichen
Wahrnehmung
des
Unterbewusstseins142, dem Weg der Mystik, mit der verbal geistigen,
abstrahierenden, reduktionistischen, sequenziell prozessierenden,
lineare deduktiv folgernden Wahrnehmung des sprachlichen Geistes,
dem Weg der Naturwissenschaft. Dem alleinigen Weg der
Naturwissenschaft mangelt es an Einbettung, Zusammenhang und
Beziehung schaffendem Rahmen; er bleibt in der Detailbeschreibung
der Abläufe (Wirkungen) hängen. Dem alleinigen Weg der Mystik
mangelt es an Bezug zur sich durch Wirkung entwickelnden Welt; er
bleibt in der Zeitlosigkeit (Wirkungslosigkeit) hängen.
Die Verbindung143 ergibt
- die Aufhebung der Entkopplung zwischen der sinnlichen und der
geistigen Ebene durch Erkennen ihrer phylogenetischen und
ontogenetischen Verwandtschaft, ihrer gemeinsamen Basis in der
Transzendenz
und
ihrer
gemeinsamen
evolutionären
Entwicklungsaufgabe der Differenzierung in der Immanenz, die jeder
Einzelne durch stetige reflektierende Prüfung zu leisten hat, 144
- die Aufhebung der Entbindung des Geistes von der sinnlichen Welt,
der Realität erster Ordnung, durch empirische Rückkopplung des
geistigen Ergebnisses145,
- die Aufhebung der Trennung zwischen Individuum und Umwelt durch
Erkennen der Eigenschaften des Komplexen 146 , – prinzipielle
Nichtautarkie, Offenheit und Autonomie – zur integrierten Mitwelt147
in der Immanenz und ihrem Pendant Versorgtheit, Sicherheit und
Verbundenheit in der Transzendenz,
- die Wirkmächtigkeit des Bösen durch Ignoranz gegenüber den
Gesetzen des Seins148 in der Immanenz und
- die Möglichkeit der vollständigen Auflösung des Bösen durch
Erkennen seiner Nichtexistenz im Gewahrwerden des Nihil
privativum,
- die natürliche Notwendigkeit der Destruktion im Immanenten.
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1.5
Mystische Erfahrung, Kensho und Satori, Kundalini
Die zentrale Erfahrung in der Mystischen Erfahrung, in Kensho 149 ,
Satori 150 und Kundalini 151 ist ein Erleben, das das Transzendente auf
der sinnlichen Ebene erfahrbar macht. Auf der geistigen Ebene in der
Selektion, Reduktion, Abstraktion und abgrenzende Definition
bestimmend sind, ist es nicht erlebbar, da diese von der Transzendenz
durch ihren höheren Status in der Immanenz noch viel weiter von der
Transzendenz entfernt ist als die sinnliche Ebene. Die geistige Ebene
kann jedoch eine Negativbeschreibung liefern, wie sie hier versucht
wurde.
Die Mystische Erfahrung, Kensho, Satori und Kundalini sind keine
üblichen sinnlichen Erfahrungen äußerer Vorgänge, sie sind die sinnlich
erfahrbaren Aspekte des Transzendenten (nicht das Transzendente
selbst!): Sie machen das Transzendente durch den inneren Prozess der
Auflösung des Differenzierungsprozesses, aus dem Immanenz besteht
und der lebenslang das Nervensystem aufbaute und strukturierte,
erlebbar, indem alle Differenzierungen, Trennungen, Separierungen,
Abgrenzungen, Unterscheidungen, Definitionen, Bezeichnungen,
Personalisierungen, Individualisierungen, d.h. alle Gegensätzlichkeit
und alle konkreten Gegensätze 152 wieder zusammengeführt werden.
Die Folge ist das sinnliche Erleben der basalen essentiellen Qualitäten
der physischen Ebene: Gebundensein (im Kontinuum), Sichersein und
Versorgtsein und (!) deren grundsätzliches Nichtvorhandensein in der
Immanenz. 153 Diese Qualitäten sind in ihrer Reinform Gebundenheit
(im Kontinuum) und Sicherheit und Versorgtheit Aspekte der
Transzendenz. Das Immanente kann das Transzendente nicht direkt
erleben und kann damit die Reinform prinzipiell nicht erleben,
weswegen hier sprachlich Gebunden-Sein (im Kontinuum), Sicher-Sein
und Versorgt-Sein gewählt wurde, denn Sein hat immer die Qualität von
Bezogenheit und damit von Trennung und damit der Potenz von
mangelhafter Beantwortung der basalen essentiellen Qualitäten durch
die Umwelt.154
Transzendenzerfahrungen sind also im Kern sinnliche Erfahrungen,
jedoch können sie niemals quantitativ vollständig sein, da ein Teil des
Ganzen das Ganze nicht vollständig erfahren kann. Das, was erfahrbar
ist, sind:
1. die Erfahrung von Mangel essentieller Ressourcen als
typische155, 156 Qualität des Immanenten,
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2. die Möglichkeit und Suffizienz157 der Auflösung158 von Menschen (!)
gemachtem Mangel essentieller Ressourcen innerhalb der
Immanenz und
3. dessen Verschwindens im Ideal159 der Transzendenz.
Im mentalen Bereich erzeugt dies Negativdefinitionen und mündet im
Begriff des Nichts der gleichzeitig Alles ist; im sinnlichen Bereich
erzeugt dies approximativ Idealzustände für das Physische und mündet
in der Akzeptanz deren Nichtvorhandensein in der Immanenz und in
der
intrinsischen
Pflicht
zur
Verhinderung
aller
Regenerationsblockaden158, die verhindert werden können.
Als Metapher kann man das Resultat folgendermaßen beschreiben: Wir
haben das Paradies nie verloren. Es muss in jedem Moment durch das
Nicht-(adäquate-)Beantworten (Nihil privativum) des Hier und Jetzt mit
immensem Aufwand gegen die fundamentale Dynamik des Seins 160
verhindert werden. Würden wir den Aufwand des Nicht- und
Fehlbeantwortens 161 unterlassen, würde sich das Paradies spontan
sofort selbst wiederherstellen. Das Paradies ist kein Ort ohne
Beschädigung, Krankheit, Zerstörung und Tod, aber es ist ein Ort in
dem all dies adäquat und damit bestmöglich beantwortet wird. 162,163
1.5.1
Esoterik
Das Erleben, als Ausdruck der sinnlichen Ebene, darf niemals mit der
Beschreibung (z.B. in diesem Text) als Ausdruck der geistigen Ebene
verwechselt werden. Jede Formulierung ist Abstraktion und entfernt
sich damit von der Transzendenz und verliert so durch die
Versprachlichung das Spezifische des Erlebens, das gleichzeitig das
Wesentliche ist, auch wenn die Versprachlichung aus dem persönlichen
Erleben hervorgeht. Esoterik definiert sich gegenüber Spiritualität
darin, dass Esoterik die spirituelle Erfahrungsqualität durch verbale
Vermittlung zu erlangen sucht, was grundsätzlich unmöglich ist.
Sprachlich vermittelt werden können die Existenz des Transzendenten
und die Unmöglichkeit der sprachlichen Erfassung des Transzendenten.
Der Geist kann als allgemeiner und damit bedingt 164 (sprachlich)
übertragbarer Schlüssel (in Philosophie und negative Theologie)
eingesetzt werden. Die Sinne sind die individuelle Türe (Spiritualität),
durch die das Erleben als persönlicher Prozess führt. 165 Das sinnliche
Erleben kann sprachlich nicht weitergegeben werden. Deshalb sind
Prediger166, die ihr sinnliches Erleben verbal verkaufen, Scharlatane;
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und deshalb sind Menschen ohne eigenes Erleben 167, die Reden von
Predigern nachplappern, nichts als Dummschwätzer, die sich aus
Faulheit und Feigheit dem Sein zu verweigern suchen.
1.6
Religionen und Kirchen
Das Transzendente kann als undifferenzierter Anfangszustand, als das
All-Eine angesehen werden. Durch Differenzierung entstand (aus
unserer bisherigen Wahrnehmung und Erkenntnis!) mit dem Anfang
des Universums, in dem selbst die vier Wechselwirkungen der Physik
noch eins waren, über das Entstehen der Elemente der Chemie in
Sonnen und Supernovae und die Evolution in der Biologie bis zur im
Moment aus unserer Sicht höchsten Differenzierungsstufe des Geistes
des Homo sapiens auf intersubjektiver und sozialer Ebene das
Immanente. Dieser generelle Evolutionsprozess erzeugte und erzeugt
fortlaufend durch qualitative Differenzierung neue Möglichkeiten des
Komplexen. Die sinnliche und geistige Ebene des Menschen sind
folglich Qualitäten des Immanenten. Das Transzendente existiert als
All-Eines raum- und zeitlos; das Immanente ist als
Differenzierungsprozess zeitlich, räumlich, wirklich 168.
Durch physikalische und chemische Reize entstand sinnliche
Wahrnehmung, die ein Nervensystem hervorbrachte, das über die
Selektion hinaus immer mehr durch Abstraktion von gemeinsamen
Merkmalen und assoziativen Verknüpfungen sich auf eine zweite neue
Qualität, das Geistige zu bewegte. Durch Ausbildung einer durch
Spezialisierung komplex werdenden Struktur entstand das Gehirn in
mehreren Stufen vom Fisch und Reptil zum Säugetier und sprechenden
Menschen.
Mit
zunehmendem
Abstraktionsgrad
entstand
Reflektionsvermögen, das fähig wurde, den Prozess, aus dem es
hervorging, zu erkennen und sich der Existenz einer Quelle bewusst zu
werden.169 Indem sich das Immanente im Laufe der Evolution immer
weiter differenzierte, bewegte es sich teleonomisch (nicht teleologisch)
auf die Möglichkeit des komplex strukturierten, selbstreferenziell
selbstregulierten Geistes und darüber hinaus auf intersubjektiv
emergentes und bis dato als Maximum auf soziales Bewusstsein zu.170
Der mit Abstraktion einhergehende Isolationsprozess des Geistes 171
muss in weiteren Evolutionsschritten 172 gemeinschaftlich 173
überwunden werden, was durch bewusste Anwendung des uns zur
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Verfügung stehenden Wissens auf geistiger Ebene durch
Selbstregulation im sozialen Kontext heute bereits möglich wäre.
Durch
1. die prinzipielle phylogenetische Unfertigkeit des Gehirns und
2. die durch inadäquate Beantwortung 174 bedingte ontogenetische
Fehlentwicklung des individuellen Gehirns und
3. alle lebenslang pausenlos wirkende irreale und irrationale
gesellschaftliche Paradigmen175 und durch
4. das nicht (adäquat) Beantwortetwerden natürlicher endogener
Beschränkungen (Kein System ist nicht beschränkt!) und
natürlicher exogener Beschädigungen (Unfälle, Naturkatastrophen,
Angriffe) im und durch den sozialen Kontext
entstehen physisch essentielle 176 und sozial existenzielle
Überlastungserfahrungen 177 , die sich in Schwach-, Irr- und WahnSinn178 des Einzelnen und durch die soziale Dynamik der Vielzahl der
so unter ihrem möglichen Niveau bleibenden Individuen kumulativ in
daraus folgenden unnötigen anthropogenen Mangelzuständen 179 auf
gesellschaftlichem Niveau äußern, die ihrerseits, wie unter 2., 3., 4.
aufgeführt, bedingend und verstärkend und erhaltend auf das
Individuum zurückwirken. Das permanente Erleben von essentiellem
und existenziellem Mangel bei anderen und sich selbst führt dazu, dass
das Transzendente kompensatorisch personalisiert (Gott), es in
Sicherheit vermittelnden Ideologien (Religion) eingebettet und mittels
Macht verleihenden Organisationen (Kirche) verwaltet wird, 180 damit
die Gruppe durch die damit mögliche Ignoranz gegenüber
suboptimalen Umständen für den Einzelnen, die ohne diese Ignoranz
tatsächlich problemlos181 veränderbar wären, ihr Integritätsbewusstsein
für alle nicht akut Betroffenen erhalten kann und der Einzelne, der akut
betroffen ist, den ihn zerstörenden sozialen Mangel rationalisieren
kann. Dies ist das fundamentale Prinzip der nur beim Menschen
anzutreffenden Verantwortungslosigkeit, des nicht persönlich adäquat
im Kontext des zu Beantwortenden Antwortgebens, der schon ab dem
Säuglingsalter 182 zerstörten Freude am Erleben der intrinsischen
Pflicht 183 zur bewusst reflektierten Beantwortung der Umwelt 184 , das
durch systematische Ignoranz und Delegation an Autorität innerhalb
eines hierarchischen Systems entsteht.
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Die Sinne stehen dem Transzendenten evolutionär näher, weswegen
alle Religionen über die Sinne arbeiten müssen. Die geistige Ebene
bleibt aber dem Klerus vorbehalten, denn hier sitzt die Ebene des
ersten, Richtung weisenden Schrittes der Erkenntnis, der
Unterscheidung und der Entscheidung. Die Herrschaft über den Geist
garantiert die Herrschaft über die Sinne, indem der Geist der Kleriker
die Anwendung der Sinne der Adepten und Mitglieder steuert. Echte
Annäherung an das Transzendente gibt es aber nur in der freien
spiralförmigen Zusammenarbeit von geistiger und sinnlicher Ebene als
selbstregulierenden Prozess. 185 Indem dieser vom Klerus verhindert
wird (Nihil privativum), kann der Klerus die Herrschaft behalten, denn
auf der Ebene der Transzendenz gibt es keine Differenzierung und
damit keine Hierarchie und keine Autorität. Am sichersten kann man
den Geist durch Heraufbeschwören einer Vernichtungsgefahr
ausschalten, der das Stresssystem maximal aktiviert und damit den
präfrontalen Kortex deaktiviert: Sünde und Angst vor der Verdammnis
als soziale Exklusionsdrohung, die für ein offenes soziales System
immer tödlich wären, sind hierfür ideal geeignet. Der Umstand, dass
Transzendenz das exakte Gegenteil hiervon ist, stört die Kirchen dabei
nicht, denn ihr Ziel ist Herrschaft in der Immanenz und nicht Freiheit in
der Transzendenz.186
Die Gefahr von Religionen für die Gesellschaft ist ihre systembedingte
absolutistisch-hierarchisch-autoritäre Struktur, die Verantwortung nach
oben delegiert, und dies bis zu einem reinen Phantasiegebilde in Form
eines Gottes, in das man alles hineinprojizieren kann, was dem
einzelnen
Menschen
das
selbständige
selbstprüfende
Beantwortetwerden und Antwortgeben mit seiner Umwelt abspricht.
Religionen praktizieren wie alle Organisationen immer Antiaufklärung
und Antidemokratie, da religiöse Systeme prinzipiell auf nicht
hinterfragbarem und nicht prüfbarem absolutistischem Glauben
beruhen. In der römisch-katholischen Kirche war dies bis zum Zweiten
Vatikanischen Konzil noch so vollständig der Fall, dass es ganz
offiziell grundsätzlich keine Religionsfreiheit, keine Gewissensfreiheit,
ja sogar keine Menschenrechte gab187; Dies ist in praxi auch heute noch
der Kurs, wenn sich der gegenwärtige Papst Franziskus in einigen
Fragen auch explizit anders äußerte.188 Die Praxis zeigt stets: Kleriker
beanspruchen für sich eine nicht hinterfragbare und nicht prüfbare
absolute Wahrheit, die andere unhinterfragt und unprüfbar annehmen
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und glauben müssen, andernfalls sie als verderbt und verloren
betrachtet und sozial ausgeschlossen werden.
2 Referenz
1. Ontologische und epistemologische Basis
1
Nicht die Macht korrumpiert den Menschen, sondern der Mensch korrumpiert die
Macht, indem er kleinen schwachen und damit endogen machtlosen Individuen
exogene Macht verleiht, um sie im Gegenzug in einem hierarchisch-autoritären
System sowohl physisch-systemisch unter den Vorgesetzten als auch geistig unter die
Ideologie zu unterwerfen! Endogen Mächtige verlangt es nicht nach exogener Macht,
aber sie besitzen das Regulatorium, um mit Macht umzugehen. Endogen
Ohnmächtige verlangt es kompensativ nach exogener Macht, doch sie besitzen
logischerweise kein Regulatorium, um mit Macht umzugehen. Vgl. Das ohnmächtige
Zwiegespräch in Erich Kästner, 1932, Gesang zwischen den Stühlen: „Zur Macht
gelangt nur, wer die Macht begehrt. Ihm winkt sie zu. Ihm gibt sie dunkle Zeichen.
Und ihm befiehlt sie, eh sie ihm gehört: ‚Stell unser Bett auf einen Berg von Leichen!’
Die Macht liebt den, der sie entehrt. Denn sie ist eine Hure ohnegleichen. Sie liebt die
Mörder, und schläft mit Dieben. Schaut in die Bücher! Dort steht's aufgeschrieben.
[…]“
2
Vgl. den Evangelikalismus vor allem in den USA, der das durch eine antisoziale und
asoziale Umwelt erzeugte Kompensationsbedürfnis durch
a) Bestätigung und
b) Förderung
von
c) exogener Erweckung (Selbstbestätigungsfehler, Selbstwertdienliche Verzerrung)
und
d) endogener Selbstwirksamkeit (Entscheidungsillusion, Kontrollillusion)
maximal befriedigt, indem
1. „die bedingungslose Liebe eines Gottes“,
2. „die eigene Vollkommenheit als Schöpfung eines Gottes“ und
3. „die Erlaubnis und den Befehl eines Gottes, sich vollständig als das umzusetzen,
das man seinem Potential nach ist“
gepredigt werden.
Ein weiterer Aspekt kompensiert die kognitive Ebene: Indem die Anhänger die
absolutistische Exegese der Bibel durch Vermittlung einer Autorität anerkennen,
befreien sie sich von der in der Aufklärung gegebenen Verantwortung des Sapere
aude (siehe Fußnote 36) – um Wahrheit und Realität durch Transzendentalphilosophie
zu ermitteln – gegenüber allen, sie bewusst oder unbewusst mental vergiftenden
logischen und empirischen Wirrnissen ihrer Umwelt: kognitiven Verzerrungen,
Doublebinds, Lügen, Verlogenheit, mentalen Artefakten, konstruktivistischen
Kreationen der Realität zweiter Ordnung etc.
Ein Beispiel, an dem man diese Verkaufsstrategie (von deren Realitätsbezug erster
Ordnung ihre Protagonisten aber vollständig überzeugt sind!) sehr gut sehen kann, ist
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Joyce
Meyer
(www.youtube.com/results?search_type=search_videos&search_query=joyce+meyer,
16.07.2014).
Eine ähnliche egozentrisch-opportunistische Immunisierungsstrategie des doppelt
verschanzten Dogmatismus (Karl Popper) verwendet die Psychologie, wie
idealtypisch in der gesamten Psychoanalyse und Tiefenpsychologie (mit ansatzweiser
Ausnahme der intersubjektiven Richtung) (siehe speziell die Objektbeziehungstheorie
und den dort ältesten Vertreter Otto Kernberg und seinen sehr rationalen und um
Realitätsbezug erster Ordnung bemühten Kritiker Klaus Schlagmann) und der
Kognitionspsychologie (siehe vor allem Paul Watzlawick) zu sehen ist.
3
Vgl. Transzendentalphilosophie: Immanuel Kant, 1787, Kritik der ereinen Vernunft,
(http://www.korpora.org/kant/aa03, 16.07.2014) und 1788, Kritik der praktischen
Vernunft, (http://www.korpora.org/kant/aa05/, 16.07.2014).
4
Vgl. „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.“
(Johannes 1,1, http://www.bibel-online.net/buch/neue_evangelistische/johannes/1/#1,
16.07.2014)
5
Vgl. „Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.“ (Ludwig
Wittgenstein,
1922,
Tractatus
logico-philosophicus,
§5.6,
http://www.bazzocchi.net/wittgenstein/tractatus/deu/5_6.htm, 16.07.2014)
6
Vgl. Die Sprache als Ausdruck der Weltanschauung. (Wilhelm von Humboldt, 1820,
Über das vergleichende Sprachstudium in Beziehung auf die verschiedenen Epochen
der
Sprachentwicklung,
§17,
§20,
https://de.wikisource.org/wiki/%C3%9Cber_das_vergleichende_Sprachstudium_in_B
eziehung_auf_die_verschiedenen_Epochen_der_Sprachentwicklung, 01.07.2015)
7
Siehe Radikaler Konstruktivismus (Ernst von Glasersfeld, Heinz von Foerster, Paul
Watzlawick) z.B. bei Paul Watzlawick (1981, Die erfundene Wirklichkeit, 1991, Das
Auge des Betrachters).
8
Vgl. den Begriff der Vertikalspannung bei Peter Sloterdijk (2009, Du musst dein
Leben ändern – Über Anthropotechnik)
9
1.1 Das Problem des abstrahierenden Geistes
10
1.2 Lösung des Problems des abstrahierenden Geistes durch Sprache in der Gruppe
11
1.2.1 Wiedereinführung der rekursiv iteriert rückkoppelnden Prüfung durch die
Aufklärung und
1.2.2 Wiedereinführung der sinnlichen Rückverbindung zum Original durch den
Kritischen Rationalismus
12
1.2.3 Weiterentwicklung der Sprachebene
13
1.3 Annäherung an Transzendenz im Individuum
14
1.4 Synthese und 1.5 Mystische Erfahrung, Kensho und Satori, Kundalini.
15
1.6 Religion.
16
Siehe für eine ausführliche Darstellung (1) Ontologische und epistemologische Basis.
17
Vgl. „§ 11. Die Sinne betrügen nicht. Dieser Satz ist die Ablehnung des wichtigsten,
aber auch, genau erwogen, nichtigsten Vorwurfs, den man den Sinnen macht; und
27-52
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dieses darum, nicht weil sie immer richtig urtheilen, sondern weil sie gar nicht
urtheilen; weshalb der Irrthum immer nur dem Verstande zur Last fällt. […]“
(Immanuel Kant, 1798, Der Streit der Fakultäten, Anthropologie in pragmatischer
Hinsicht. Erster Theil. Anthropologische Didaktik. Erstes Buch. Vom
Erkenntnißvermögen. Rechtfertigung der Sinnlichkeit wider die Dritte Anklage.,
Akademie Ausgabe VII, S. 146, Z. 3, (http://www.korpora.org/Kant/aa07/146.html,
16.07.2014).
18
„Panta rhei“ „Alles fließt“, sinngemäß: „Man kann nicht zweimal in denselben Fluss
steigen.“ (Heraklit, 5. Jh. v. Chr.)
19
Die Entkopplung des abstrahierenden Geistes sieht man typisch im Aufbau eines
Kalküls. Die Axiome sind nicht hinterfragbar. Alles was deduktiv korrekt aus ihnen
abgeleitet wird, ist richtig. Egal, was du zu beweisen suchst, du musst nur dein
Axiomensystem anpassen, und du wirst erfolgreich sein. Dass das Ergebnis nicht
mehr mit der Empirie zusammenpasst, interessiert im Raum der Deduktion eines
Kalküls nicht!
20
Vgl. „Psychoanalyse ist jene Geisteskrankheit, für deren Therapie sie sich hält.“
(Karl Kraus, 1924, Nachts, III Zeit, http://www.textlog.de/39305.html, 16.07.2014)
21
Vgl. den Kritischen Rationalismus mit seiner Problembenennung „doppelt
verschanzten Dogmatismus“ und dessen Lösung „Falsifikationismus“ (Karl Popper,
1934, Logik der Forschung, 1963, Vermutungen und Widerlegungen – Das Wachstum
der wissenschaftlichen Erkenntnis)
22
Siehe 1.3 Annäherung an Transzendenz im Individuum.
23
Siehe 1.1 Das Problem des abstrahierenden Geistes.
24
Der radikale Konstruktivismus irrt gerade darin, dass er die Sinne sich irren sieht, wie
Immanuel Kant schon 1798 zeigte. Der Kritische Rationalismus setzt dagegen wie
Immanuel Kant auf die bewusste geistige rekursiv iterierte Prüfung. Siehe Fußnote
17.
25
Latein: communis, gemeinsam in der Gruppe
26
Beispielsweise bietet Big Data die Möglichkeit Stichproben durch eine Menge nahe
der Grundgesamtheit zu ersetzen, was den Zufallsfaktor weitestgehend eliminiert.
27
Tiere können Techniken auch weitergeben, jedoch nur durch Zusehen und
Nachahmen, was den Vermittlungserfolg auf einfache visuell kopierbare Techniken
limitiert.
28
Vgl. die Kommunikationsforschung mit Menschenaffen mit allgemeiner menschlicher
Zeichensprache wie der American Sign Language ASL, die es Affen ermöglicht
komplex zu kommunizieren. (https://de.wikipedia.org/wiki/Koko_%28Gorilla%29,
16.07.2014).
29
Die Begabung von einigen Hunden, die menschliche Sprache (sicherlich zusammen
mit anderen sensorischen Eindrücken wie Körpersprache und Geruch) syntaktisch
und semantisch extrem differenziert zu verstehen, und auch ein unbekanntes Wort zu
einem neuen Gegenstand zuzuordnen, was sogar pragmatische Fähigkeiten zeigt, ist
bekannt. Rabenvögel haben ein ausgesprochen kreatives Problemlöseverhalten, das
auch mehrstufige Lösungsverfahren gebiert, sie können gezielt betrügen, um sich
Vorteile zu verschaffen, und sie trauern gemeinschaftlich. Selbst gegenständlich und
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sogar seinesgleichen malende Elefanten scheint es zu geben, was immerhin eine
beeindruckende abbildende Leistung ist.
30
Wie man an einzelnen Papageien sieht, reicht die Sprachfertigkeit alleine nicht aus:
Die Fähigkeiten von einzelnen Papageien, nicht nur syntaktisch zu brillieren, sondern
auch semantische und pragmatische Fähigkeiten zu entwickeln, die über Dressur
hinausgehen, sind jedoch bekannt. Vermutlich ist die parallele Entwicklung des
Daumens ein ebenso ausschlaggebender Aspekt, da der Beginn der Abstraktion die
Handlungsebene unabdingbar benötigt.
Auch mit Meeressäugern gibt es diverse Versuche, die Objekte über Schallbilder
differenziert identifizieren. Softwaregestützte Analysen zeigen in der „Unterhaltung“
von Meeressäugern, dass deren „Sprache“ nicht nur syntaktisch sondern auch
semantisch hoch differenziert ist. Möglicherweise findet sich hier eine wesentlich
höhere sprachliche Intelligenz als bislang angenommen.
31
Derzeit erleben wir im digitalen Bereich vier weitere Entwicklungsschritte, die nur
durch exponentielle Erweiterung der Datenmenge und Verarbeitung, komplexe
Vernetzung und stetige Miniaturisierung möglich wurden:
1. Die syntaktische Suche wird durch die semantische Suche abgelöst.
2. Big Data ermöglicht erstmals die Abbildung von komplexer Wirklichkeit ohne (!)
von einer Stichprobe einer Grundgesamtheit abzuleiten, was das Problem der
Wahrscheinlichkeit aus der praktischen Statistik eliminiert. Das theoretische
Extrem wäre die Ablösung von Wahlen durch einen Big-Data-Fingerabdruck aller
wahlberechtigten Bürger, der das Wahlergebnis mit ausreichender Genauigkeit
und 100% Wahlbeteiligung generieren würde, was jedoch offensichtliche neue
Risiken mit sich brächte.
3. Das Internet der Dinge erweitert das Netz auf alle Gegenstände und Geräte.
4. Augmented Reality (Google Glass), das Brain-Computer-Interface, die Sprachund Gestenerkennung und die Quantified Self Movement vernetzen Körper und
Technik direkt.
Falls die Menschheit sich vom Wahnsinn der Sozialverwirrschaften, Hierarchie,
Autorität, Bürokratie, Antiaufklärung, Machtdelegation, Machtmissbrauch, dem
banalen Bösen und der unaufhörlichen umfänglichen Verletzung biologischer Gesetze
befreien kann, wäre eine totale Vernetzung ohne Schaden für den Einzelnen möglich
und könnte den entscheidenden emergenten Sprung des Geistes bewirken, wie ihn
Teilhard
de
Chardin
Anfang
des
20.
Jahrhundert
sah
(http://www.veoh.com/watch/v186834883mEbbmEs?h1=Wohin+fuehrt+die+Evolutio
n+-+Die+Entdeckungen+des+Teilhard+de+Chardin, 16.07.2014).
32
„Das Medium ist die Botschaft.“
Marshall McLuhan, 1967, The Medium is the Massage: An Inventory of Effects (Der
Setzfehler der Druckerei im Titel, „Massage“ statt „Message“, wurde von McLuhan
bewusst im Druck belassen.)
33
Die Favorisierung von Konkurrenz entspricht einer neurotischen Motivation im Sinne
Arthur Janovs, die auf Entfremdung im Sinne Arno Gruens beruht.
29-52
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34
Im physischen Bereich ist ein emergenter Schritt eine Ameisenstraße oder der Bau
einer Stadt. Im mentalen Bereich ist ein emergenter Schritt Sprache oder ein
Gesellschaftssystem.
35
Siehe 1.3 Annäherung an Transzendenz im Individuum.
36
Vgl. „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten
Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne
Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn
die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung
und des Muthes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere
aude! Habe Muth dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der
Wahlspruch der Aufklärung. […]“ (Immanuel Kant, 1784, Beantwortung der Frage:
Was
ist
Aufklärung,
https://de.wikisource.org/wiki/Beantwortung_der_Frage:_Was_ist_Aufkl%C3%A4ru
ng%3F, 16.07.2014)
Das Lateinische „sapere“ bedeutet: „schmecken“ sowie „rational vernünftig sein“;
„audere“ bedeutet: etwas Risikoreiches „wagen“; „audens“ bedeutet: „kühn“; „audeo“
bedeutet: „Lust haben“.
37
Dieses zu Prüfende vom Außen Gegebene ist nicht die eigene sinnliche
Wahrnehmung, sondern das im sozialen Raum übernommene Wissen. Heute würde
man von der Gefahr durch Kristalline Intelligenz (Raymond Bernard Cattell),
Prädikatives Denken (Elisabeth Dägling, Inge Schwank), Deklaratives Gedächtnis
und Bulimielernen sprechen. Vgl. Richard David Precht (2013, Anna, die Schule und
der liebe Gott – Der Verrat des Bildungssystems an unseren Kindern), André Stern
(http://www.andrestern.com, 16.07.2014), Gerald Hüther (2001, Bedienungsanleitung
für ein menschliches Gehirn, 2012, Jedes Kind ist hoch begabt – Die angeborenen
Talente unserer Kinder und was wir aus ihnen machen).
38
Das Schmecken darf durchaus auch als Hinweis auf mangelnde sinnliche Verbindung
zum Original mit den in 1.1 Das Problem des abstrahierenden Geistes genannten
fatalen Auswirkungen verstanden werden. Rational ist demnach, was sich stets an der
Realität erster Ordnung misst, was also immer sinnlich prüfend am Original gebunden
bleibt.
39
Siehe 1.1 Das Problem des abstrahierenden Geistes.
40
Vgl. auch die Idee des human enhancement im Transhumanismus, z.B. den Eyeborg
Neil Harbisson.
41
Siehe 1.3 Annäherung an Transzendenz im Individuum.
42
Für eine ausführliche Betrachtung siehe (1) Ontologische und epistemologische Basis.
43
Siehe 1.1 Das Problem des abstrahierenden Geistes.
44
Thomas Nagel, 1974, What is it like to be a bat?,
(http://organizations.utep.edu/Portals/1475/nagel_bat.pdf, 16.07.2014)
45
Ein Fisch leidet nicht wie ein Mensch, weil dessen Nervensystem nicht die nötigen
Voraussetzungen (Limbisches System, Präfrontaler Kortex) bietet; trotzdem kann ein
Mensch mitleiden, wenn er einen Fisch an der Angel zappeln sieht. Umgekehrt
könnte ein Fisch, der zwar Neuronen besitzt, die physische Schädigungen anzeigen,
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aber keine Spiegelneuronen, niemals mitleiden, wenn ein anderer Fisch physische
Schädigungen erfährt.
Ein Tier, das den Spiegeltest nicht besteht, wird das Tier, das es im Spiegel sieht,
grundsätzlich als fremd bewerten, weil die Propriozeption der eigenen Bewegungen
nicht mit der Optik der Bewegungen im Spiegel abgeglichen wird.
In gleicher Weise kann ein Säugling noch nicht (bzw. noch rudimentär) zwischen
sinnlichen Wahrnehmungen, die er aus seiner Umwelt und die er aus seinem eigenen
Körper erfährt, unterscheiden. Das entsprechende differenzierende neuronale System
wird erst erzeugt. Babys spiegeln anfangs rein automatisch (d.h. unbewusst, sie
schreien oder lächeln oder bilden Mimik und Gestik nach), um dieses neuronale
System aufzubauen.
46
Siehe Fußnote 36.
47
Vgl. „Die Philosophie ist ein Kampf gegen die Verhexung unseres Verstandes durch
die Mittel unserer Sprache.“ (Ludwig Wittgenstein, 1936-1946, veröffentlicht 1953,
Philosophische Untersuchungen, §109, Ludwig Wittgenstein Werkausgabe Band 1,
1999,
S. 231-485,
http://www.geocities.jp/mickindex/wittgenstein/witt_pu_gm.html#LocalLink-c109,
16.07.2014)
Dies heißt sowohl, dass die Sprache den Geist verhext, als auch, dass der
versprachlichende abstrahierende Geist die Mittel zur Überwindung bietet.
48
Die Sprachebene ist der einzig relevante abstrahierende Weg. Nichtsprachliche
abstrahierende Wege wie Musik oder bildende Kunst sind ob ihrer geringen
intersubjektiven Übertragungsfähigkeit gegenüber der Sprache nur marginal
gefährlich. Man beachte aber auch den Einsatz des Theaters bei den Jesuiten,
Architektur und die Einteilung in artgerechte und entartete Kunst im Dritten Reich,
die Traumdeutung und Mythologieentfremdung der Psychoanalyse, Rituale in
Religionsgemeinschaften und Werbung.
49
Vgl. „Was alle angeht, können nur alle lösen.“ und „Jeder Versuch eines Einzelnen,
für sich zu lösen, was alle angeht, muss scheitern.“ (Friedrich Dürrenmatt, 1962, Die
Physiker)
50
Falsifikation im Sinne des kritischen Rationalismus Karl Poppers.
51
Vgl.: 1.2.1 Wiedereinführung der rekursiv iteriert rückkoppelnden Prüfung durch die
Aufklärung.
52
Vgl. 1.2.2 Wiedereinführung der sinnlichen Rückverbindung zum Original durch den
Kritischen Rationalismus.
53
Siehe 1.1 Das Problem des abstrahierenden Geistes.
54
Vgl. die asymptotische Approximation an Realität erster Ordnung durch rekursiv
iterierte Falsifikation im Kritischen Rationalismus bei Karl Popper.
55
Vgl. 1.2 Lösung des Problems des abstrahierenden Geistes durch Sprache in der
Gruppe.
56
Der Zuhörer muss stets fragen, was der Sprecher mit dem Gesagten in dessen Kontext
aussagen will. Der antwortende Sprecher muss stets fragen, was der Beantwortet in
dessen Kontext fordert.
31-52
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57
Singuläre Genetik und Pfadabhängigkeit (Theorie Komplexer Systeme) und
resultierende Qualia (Thomas Nagel, 1974, What is it like to be a bat?,
http://organizations.utep.edu/Portals/1475/nagel_bat.pdf, 16.07.2014) sowie die
menschlichen Beschränkungen Anschauungsformen und Kategorien (Immanuel Kant,
1787, Kritik der reinen Vernunft) sind Teilaspekte des Geistes, die bewusst reflektiert
und falsifiziert (Karl Popper) werden können.
Die Psychologismen in
 René Descartes „Cogito, ergo sum.“ („Ich denke, also bin ich“) (1644, Principia
Philosophiae,
§7,
http://www.zeno.org/Philosophie/M/Descartes,+Ren%C3%A9/Prinzipien+der+Phil
osophie/1.+Ueber+die+Prinzipien+der+menschlichen+Erkenntniss, 16.07.2014),
 Johann Gottfried Herder „Ich fühle mich! Ich bin!“ (1769, Zum Sinn des Gefühls),
 Arthur Schopenhauers „Die Welt ist Wille.“ (1819, Die Welt als Wille und
Vorstellung,
http://www.zeno.org/Philosophie/M/Schopenhauer,+Arthur/Die+Welt+als+Wille+u
nd+Vorstellung, 16.07.2014) und
 António Damásio „Ich fühle, also bin ich.“ (1995, Descartes’ Irrtum – Fühlen,
Denken und das menschliche Gehirn)
definieren die Welt über einen individuellen Einzelaspekt und können so nur zu
diesem einen, ihrem Ergebnis kommen, da die Prämisse dies bereits vorgibt.
Der Radikale Konstruktivismus in
 Ernst von Glasersfelds „Es gibt keine Wahrheit und keine erkennbare Realität nur
Viabilität [lokal brauchbare, persönlich konstruierte, subjektiv bewertete
Annahmen].“ (1981, Die erfundene Wirklichkeit) (1991, Das Auge des Betrachters)
(1996, Radikaler Konstruktivismus – Ideen, Ergebnisse, Probleme) (1996, Wege
des Wissens – konstruktivistische Erkundungen durch unser Denken)
(http://www.youtube.com/watch?v=B5sW1RaTcx4,
http://www.youtube.com/watch?v=dNuOFvL2gAA, 16.07.2014),
 Heinz von Foersters „Es gibt keine Realität.“ „Wahrheit ist die Erfindung eines
Lügners.“ „Die von uns wahrgenommene Welt ist unsere Erfindung.“ (1981, Die
erfundene Wirklichkeit) (1998, Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners –
Gespräche für Skeptiker) (http://www.youtube.com/watch?v=2KnPBg-tanE,
16.07.2014),
 Paul Watzlawicks „Wahrheit und Realität sind immer eine Frage der persönlichen
Wirklichkeitskonstruktion.“ (1981, Die erfundene Wirklichkeit) (1983, Anleitung
zum
Unglücklichsein,
https://www.youtube.com/watch?v=b-XjxlpHdu4,
https://archive.org/details/P.Watzlawick_Anleitung.zum.Unglucklichsein,
16.07.2014)
(1991,
Das
Auge
des
Betrachters)
(https://www.youtube.com/watch?v=3dkrIN3Is1U,
http://www.youtube.com/watch?v=DbzxgkM7M_Y,
http://www.youtube.com/watch?v=M7aMmiMrYmU,
http://www.youtube.com/watch?v=I_BopjccbGQ, 16.07.2014)
reduziert die Betrachtung auf die Bewertung definierenden Aspekte (singuläre)
Individualität (Genetik) und Pfadabhängigkeit (Epigenetik und Neuroplastizität) in
Kombination mit dem Reduktionismus der sinnlichen Wahrnehmung sensorischer
Selektion und dem Konstruktivismus mentaler Abstraktion und Assoziation und
können so auch nur zu ihrem auf ihre Prämissen eingeschränkte Ergebnisse kommen.
15.05.2016
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Alle diese Ansätze sind nur verschiedene Weisen vor der Auseinandersetzung mit
Realität erster Ordnung auszuweichen, um das nicht vermeidbare Antwortgeben
gegenüber der Umwelt zu leugnen und damit die natürliche Verantwortung
abzustreifen.
Vgl. die Privatsprache bei Ludwig Wittgenstein (1953, Philosophische
Untersuchungen, http://www.geocities.jp/mickindex/wittgenstein/witt_pu_gm.html,
16.07.2014), die den Unsinn des Solipsismus in Psychologismus und Radikalem
Konstruktivismus evident macht.
58
Vgl. die rekursive Iteration der Diskursethik bei Jürgen Habermas (1981, Theorie des
kommunikativen Handelns).
59
Vgl. die Begriffe
 Autopoiesis;
Autopoiesis (= Selbstreproduktionsfähigkeit) entsteht durch selbstreferenzielle
Selbstregelung, -Organisation und -Regeneration komplexer, durch Oberflächen
begrenzter, aus Gründen der Entropie zwangsläufig offener, sich in nichtlinearen
Attraktoren rekursiv iterierend homöostatisch stabilisierender und damit
pfadabhängiger
Systeme
fern
des
thermodynamischen/statistischen
Gleichgewichts (Humberto Maturana und Francisco Varela, 1984, Der Baum
der Erkenntnis).
 Soziales System, durch Kommunikation erzeugt;
 Psychisches System, durch Denken erzeugt;
 Doppelte Kontingenz;
Doppelte
Kontingenz
(= bilateral-intersubjektive Interdependenz
= Intersubjektivität) existiert zusätzlich zur dynamischen selbstreferenziellen
genetischen Bedingtheit und erzeugt einen neuen emergenten Raum mit neuen
emergenten Eigenschaften, der die beiden Subjekte vollkommen neu definiert:
Kein einzelner Partner kann für sich alleine isoliert betrachtet werden. Doppelte
Kontingenz erzeugt automatisch Kommunikation, da Interdependenz gegenseitig
blockiert, dies die Systeme isoliert, was der fundamentalen Qualität der
Autopoiesis entgegengerichtet ist, da die Systeme wegen der allem zugrunde
liegenden Entropie sterben würden, was ob der nichtlinearen Dynamik des
basalen Attraktors, der biologische Systeme fundamental ausmacht, Spannung
aufbaut, die einen Lösungsimpuls durch Öffnung und damit Kommunikation
erzeugt.
 Anschlussfähigkeit;
Anschlussfähigkeit
ist
ein
voraussetzender
Selektionsprozess
für
Kommunikation und unabdingbare Voraussetzung für Kontinuität der
Beantwortung des Systems, ohne die das System aus dem Grunde der Entropie
stürbe. Anschlussfähigkeit bedingt Speicherkapazität. Anschlussfähigkeit ergibt
sich zwanglos aus der Qualität nichtlinearer Attraktoren. Nichtlineare (seltsame,
chaotische) Attraktoren haben eine nichtganzzahlige Dimension, d.h. ihr
Phasenraum hat keine Fixpunkte (wie beim gedämpften Pendel) und keine
Grenzzyklen (wie beim nicht gedämpften Pendel die beiden Maxima) sondern
ist offen, d.h. es gibt unendlich viele Zustände bzw. jeder nächste Zustand
unterscheidet sich von allen vorherigen Zuständen.
 Kommunikation als soziale Systeme (Gruppe) konstituierende Operation;
 Gedanken als mentale Systeme (Geist) konstituierende Operation;
33-52
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 Komplexitätsreduktion durch Abstraktion für das Individuum innerhalb des
sozialen Umgebungssystems;
 Strukturelle Kopplung getrennter Systeme über informationelle Offenheit
gegenüber operationeller Geschlossenheit;
in der systemtheoretische Soziologie bei Niklas Luhmann (1984, Soziale Systeme) mit
folgender Einschränkung:
Luhmann lässt das Individuum in der praktischen Anwendung durch den Ansatz der
Operationalen Geschlossenheit regelrecht untergehen: „Soziale Systeme bestehen aus
Kommunikation [und nicht aus Menschen oder deren Handlungen].“ Er geht mit der
basalen Qualität der Offenheit in komplexen Systemen in der Weise irreal um, dass er
nicht explizit unterscheidet zwischen der Autonomie der Selbstregulation
(Selbstreferenzialität) für die laufende Operation und der aus Negentropiegründen
erzwungenen Nichtautarkie bzgl. aller benötigten Ressourcen (Offenheit), die alles (!)
betrifft, was das System benötigt: Energie, Materie und Information. Indem er durch
die operationale Geschlossenheit die Selbstreferenzialität verabsolutiert, isoliert er de
facto das System auf der Informationsebene, was zwar die Theorie zu vereinfachen
scheint, aber in der Praxis unhaltbar und gefährlich ist, da nur die Basisinformationen
(Genetik und Status der abgeschlossenen Entwicklungsfenster) endogen (isoliert)
sind, die Selektion der gegenwärtig aktiven Basisinformation (Epigenetik und
peripheres Setting der Attraktoren) und die neuronale Plastizität jedoch, vom Status
quo (Pfadabhängigkeit) ausgehend, offensichtlich durch exogene Information
bestimmt werden: D.h. die laufende Operation (chemischer Prozess, Gedanke,
Kommunikation) ist tatsächlich autonom und kann die Systemgrenzen (in ihrer
Entstehung!) niemals direkt schneiden, die der aktuellen Operation zugrunde liegende
Funktionalität ist aber 1. exogen parametrisiert (Attraktoren) und 2. in einem
gewissen Freiraum, den das komplexe Procedere liefert, adaptiert (epigenetische
Selektion des Basiscodes und neuronale Plastizität) und ist somit sehr wohl mit dem
Umgebungssystem verbunden, also nicht geschlossen. Das Konstrukt der
strukturellen Kopplung löst zwar die Isolation wieder auf, führt aber in der Praxis
nicht dazu, dass das System mit dem Umgebungssystem als emergente unauflösbare
Einheit verstanden wird, wie dies in Physik und Biologie deutlich zu sehen ist.
Deshalb wirkt sich das Axiom der Operationalen Geschlossenheit für selbstregulierte
Subsysteme wie einzelne Menschen innerhalb einer Gruppe verheerend aus, wie man
an Anwendungen in der Betriebswirtschaft sieht, die das Individuum nach Luhmann
nur über dessen funktionale Aufgaben im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Analyse
definieren: Der Mensch ist hier nichts als ein funktionaler Netzwerkknoten, der auch,
wenn er als System definiert wird, operational geschlossen ist und daher von außen
nicht bedingt werden kann, also als isoliert betrachtet wird. De facto wird er aber
durch das Umgebungssystem informationell und damit in seinen internen Operationen
sehr wohl bedingt, ja alle Veränderungen gehen logischerweise immer und
ausnahmslos auf die Umwelt zurück, den alle für die Funktion (Autonomie)
benötigten Ressourcen (Materie, Energie, Information) müssen zwangsläufig
(Entropie) aus der Umwelt kommen (Nichtautarkie).
Exakt denselben systematisch basal zerstörerischen Ansatz praktiziert die Psychologie
seit über 100 Jahren! Luhmann macht folglich den selben Fehler wie die
Psychologisten und Konstruktivisten: er selektiert einen einzelnen Aspekt (lokale
Dynamik/Funktionalität) und isoliert diesen als absoluten Begriff der Operationalen
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Geschlossenheit, was der von Luhmann selbst gewählten systemischen
Betrachtungsweise grundsätzlich widerspricht und der Praxis in sofern widerspricht,
dass de facto die Operationalität des Systems phylogenetisch exogen definiert und
ontogenetisch in weiten Bereichen exogen durch Selektion und stetige Erweiterung
moduliert wird. (Vgl. die Wissenschaftsmetapher von den Zwergen, die auf den
Schultern von Riesen stehen.) Dass Operationale Geschlossenheit nur im Moment
des Status quo existiert, also eine zeitlose, nicht wirkende Eigenschaft des Jetzt ist,
ersieht man an Folgendem:
1. Pfadabhängigkeit (Entwicklungshistorie) ist logischerweise exogen bedingt: Jede
Veränderung des Systems bedarf des äußeren Einflusses aus entweder a) einem
kausal die endogene Funktion verändernden exogenen Einwirkenden (Information)
oder b) von Energie- und Materiezufluss für die Fortführung einer endogenen
Funktion. Speziell jedes selbstreferenziell selbstregulierte, qualitativ rekursiv
iteriert wachsende, komplexe, dissipative System fern des thermodynamischen
(statistischen) Gleichgewichts bedarf für seine Entstehung und Entwicklung
unabdingbar einer Umwelt, wie man an Phylogenese, Ontogenese und Epigenetik
ersehen kann.
2. Die Möglichkeit der peripheren Parametersteuerung komplexer Systeme entsteht
durch die Notwendigkeit der exogenen Belieferung aller benötigten Ressourcen
(psychologisch: Beantwortung endogener Bedürfnisse an der Systemoberfläche)
für die Selbstregulation in nichtlinearen Attraktoren.
Operationale Geschlossenheit ist somit ein nur theoretisch konsistenter Begriff; in
praxi führt er zu fundamentalen Widersprüchen, wenn man ihn nicht als alleinige und
wirkungslose Eigenschaft des Jetzt versteht, denn jede Operation bedarf der Umwelt
als alleinigem Lieferanten aller Ressourcen für die Operation, was die Operation
sofort für Veränderung öffnet, denn Qualität und Quantität der Belieferung wirken
sich sofort auf die zugrundeliegende Funktionalität der Operation aus.
60
Vgl. die rekursiv falsifizierende Iteration der Hermeneutik („hermeneutischer
Zirkel“) bei Hans-Georg Gadamer (1960, Wahrheit und Methode). Beachte die von
der Sichtweise dieses Textes grundsätzlich abweichende Haltung Gadamers
gegenüber Autorität.
61
Vgl. das Kommunikationsaxiom der Interpunktion von Paul Watzlawick (1969,
Menschliche Kommunikation – Formen, Störungen, Paradoxien).
62
Vgl. das Metakommunikative Axiom („Man kann nicht nicht kommunizieren.“) von
Paul Watzlawick (1969, Menschliche Kommunikation – Formen, Störungen,
Paradoxien). Hieraus folgt: Wenn man nicht nicht kommunizieren kann und nicht
nicht handeln kann (vgl. auch die Erbschuld in der katholischen Kirche) (und auch
das Gehirn ob seiner dynamischen Struktur in nichtlinearen Attraktoren nicht nicht
arbeiten kann), ist der Selbstregulationsprozess ununterbrochen (!) zu leisten und er
ist zu priorisieren, da jedes Nachlassen zwangsläufig Schäden in der prinzipiell
ununterbrochenen (!) Interaktion mit der Umwelt verursachen wird. Der
offensichtliche Grund ist: Das Prinzip der Dissipation ist fundamental, da es bereits
auf der Ebene der Physik im Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik (Entropie)
verwirklicht ist.
63
Vgl. das Prinzip von Fraktalen (z.B. „Apfelmännchen“ der Mandelbrotmenge), die
sich durch wiederholte Anwendung (rekursive Iteration: z(n+1) = z(n) + c mit der
35-52
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Anfangsbedingung z(0) = 0) einer Funktion immer weiter differenzieren, dabei die
Strukturen im Kleinen exakt wiederholen, aber im Großen ein gänzliche neues Bild
schaffen.
64
„Diese zwei Erfordernisse des uns durch das moralische Gesetz aufgegebenen
Endzwecks können wir aber nach allen unsern Vernunftvermögen als durch bloße
Naturursachen verknüpft und der Idee des gedachten Endzwecks angemessen
unmöglich uns vorstellen. Also stimmt der Begriff von der praktischen Nothwendigkeit
eines solchen Zwecks durch die Anwendung unserer Kräfte nicht mit dem
theoretischen Begriffe von der physischen Möglichkeit der Bewirkung desselben
zusammen, wenn wir mit unserer Freiheit keine andere Causalität (eines Mittels), als
die der Natur verknüpfen.
Folglich müssen wir eine moralische Weltursache (einen Welturheber) annehmen, um
uns gemäß dem moralischen Gesetze einen Endzweck vorzusetzen; und so weit als
das letztere nothwendig ist, so weit (d. i. in demselben Grade und aus demselben
Grunde) ist auch das erstere nothwendig anzunehmen: nämlich es sei ein Gott.*)
*) Dieses moralische Argument soll keinen objectiv=gültigen Beweis vom Dasein
Gottes an die Hand geben, nicht dem Zweifelgläubigen beweisen, daß ein Gott sei;
sondern daß, wenn er moralisch consequent denken will, er die Annehmung dieses
Satzes unter die Maximen seiner praktischen Vernunft aufnehmen müsse. -Es soll
damit auch nicht gesagt werden: es ist zur Sittlichkeit nothwendig, die Glückseligkeit
aller vernünftigen Weltwesen gemäß ihrer Moralität anzunehmen; sondern: es ist
durch sie nothwendig. Mithin ist es ein subjectiv, für moralische Wesen, hinreichendes
Argument.“ (Immanuel Kant, 1790, Kritik der Urteilskraft, Zweiter Theil. Kritik der
teleologischen Urteilskraft, Anhang. Methodenlehre der teleologischen Urtheilskraft,
§ 87. Von dem moralischen Beweise des Daseins Gottes, Akademie Ausgabe VII,
S. 450,
Z. 17,
http://korpora.zim.uni-duisburg-essen.de/kant/aa05/450.html,
16.07.2014)
65
Vgl. auch den Verzicht auf Letztbegründung bei Jürgen Habermas (1981, Theorie des
kommunikativen Handelns).
66
A priori Werte in Physik, Chemie, Biologie und Mathematik:
 Das Hamiltonsche Prinzip (Das Prinzip der kleinsten Wirkung existiert in der
gesamten Natur mit der Physik beginnend wie beim Fermatschen Prinzip.);
 Ockhams Rasiermesser (Das vorrangig geistige aber auch systemische
Einfachheitsprinzip erhöht die Robustheit versus Kompliziertheit mit vielen
Voraussetzungen, die jederzeit scheitern können.);
 Energiebedingtes Prinzip des lokalen Minimums (Vor allem im Falle einer
Veränderung der Umwelt wirkt ein zu hoher Energiebedarf als hauptsächlich
limitierender Faktor für alles Biologische aus der zwingenden Not des
Negentropieaufbaus heraus schnell tödlich.);
 Rekursion als Minimumprinzip der Logik;
 Selbstähnlichkeit als Minimumprinzip der Technologie (Fraktale in Geometrie,
Physik und Biologie);
 Ressourcenbedingte (und für den Transport energiebedingte) Lokalität von
Lösungen;
 Robustheitsbedingte Dezentralität von Lösungen;
 Falsifikationsbedingte Fehlerfreundlichkeit und Fehlertoleranz;
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 Qualitatives Wachstum fordernde (begrenzte) Labilität;
 Nachhaltigkeit aus Gründen der prinzipiellen Begrenztheit aller Ressourcen durch
im weiteren Sinne geschlossene Kreisprozesse (zero emission versus end of pipe;
reduce, reuse, recycle, redesign)
 Evolution durch Diversifikation und Falsifikation;
 Selbstreferenzielle Selbstregelung, Selbstorganisation, Selbstregeneration offener
nichtlinearer dissipativer Systeme fern des thermodynamischen Gleichgewichts;
 Komplexität durch Nichtautarkie und Offenheit in der fundamentalen Struktur
sowie Autonomie und Nichtlinearität in der dynamischen Struktur der
selbstreferenziellen Selbstregelung, Selbstorganisation und Selbstregeneration;
 Prinzip der endogenen (Selbst-)Regelung in komplexen Systemen versus dem
Prinzip der exogenen (Fremd-)Steuerung für lineare Systeme;
 Logische Basisprinzipien von Unterscheidung und Benennung mittel eines Kreises
durch Benennung von innen und außen und Translation zwischen innen und außen
(George Spencer-Brown, 1969, Laws Of Form LoF);
 Effizienz und Überlebenswahrscheinlichkeit von Kooperation versus Konkurrenz
in der eigenen biologischen und bei höheren Arten sozialen Gruppe (vgl.
http://www2.hsfulda.de/~grams/OekoSimSpiele/KoopEgoProgramm/KoopEgoKurzbericht.htm,
16.07.2014); (Die Größe der interaktiven sozialen Gruppe bei Spezies mit
Neokortex kann nach Robin Dunbar mit der Fläche des Neokortex korreliert
werden.)
 Spieltheorie vom Gefangenendilemma bis zur Tragik der Allmende
(https://de.wikipedia.org/wiki/Spieltheorie#Beispiele, 02.09.2014)
 Homo Reciprocans (Armin Falk, 2001, Homo Oeconomicus Versus Homo
Reciprocans - Ansätze für ein Neues Wirtschaftspolitisches Leitbild, http://ecollection.ethbib.ethz.ch/eserv/eth:25582/eth-25582-01.pdf, 10.09.2014)
 Synergie in der kooperativen Gruppe
 Emergenz in der kooperativen Gruppe
 Obere und untere Schranken wie die Planck-Welt als unterste Schranke der Physik
und die Lichtgeschwindigkeit als oberste Schranke der Geschwindigkeit; (In jedem
komplexen System, das nicht entarten soll, muss es obere und untere Schranken für
Parameter geben, die die nichtlineare Dynamik in Grenzen halten.)
 Prinzipielle Unbestimmtheit des Einzelnen und statistische Qualität des Gesamten
in der Quantenmechanik (Heisenbergsche Unschärferelation, schwache
Wechselwirkung und z.B. Neutronenzerfall, Vakuumfluktuation).
 Prinzipielle Unbestimmtheit hinreichend komplexer formaler Systeme (Kurt Gödel,
1931, Gödelsche Unvollständigkeitssätze)
 Mathematik als absolut universale Sprache, die im gesamten Universum
gesprochen wird.
Auch auf der anthropologischen Ebene finden sich direkt einsichtige Imperative, die
man a priori verstehen kann. Da sie geistiger Natur sind, haftet ihnen jedoch immer,
wie unter 1.1 Das Problem des abstrahierenden Geistes beschrieben, der Hautgout
des Schwach-, Irr- und Wahnsinnigen an:
 Anwendung von Gesinnungsethik und (!) Verantwortungsethik (Max Weber);
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 der Ökologische Imperativ (Hans Jonas) und der Kategorischer Imperativ
(Immanuel Kant) unter dem Aspekt der intrinsischen (!) Motivation, die konkrete
(!) Situation, in der ich mich hier und jetzt befinde, unter Beachtung der
zusätzlichen Pflicht zur Verantwortungsethik (!) so zu beantworten, dass die
Antwort, die ich gebe, für den zu Beantwortenden (!) in dessen (!) System und
einem möglichst großen sozialen Raum – im Idealfall den gesamten Planeten (!) –
und auch zeitlich (!) passt.
 Siehe auch die moralische Entwicklung nach Lawrence Kohlberg und
 die vertikal orientierte Entwicklung nach Peter Sloterdijk (2009, Du mußt dein
Leben ändern – Über Anthropotechnik) sowie
 die thymotische Energie nach Peter Sloterdijk (2006, Zorn und Zeit).
67
Siehe 1.3 Annäherung an Transzendenz im Individuum.
68
Das Transzendente ist das Gesamte, das Absolute: Alle Fragen, die das Transzendente
betreffen, sind damit durch Reduktion und Abstraktion nicht beantwortbar. Das
Gesamte ist nicht konkret beschreibbar, nicht positiv definierbar, nicht abbildbar und
nicht benennbar, da es keiner Einschränkung unterliegt. Das Gesamte ist nicht
sinnlich erlebbar, da es keinen kontrastierenden Umgebungsraum besitzt. Das
Absolute ist nicht beziehungsfähig, da es durch seine Vollständigkeit in sich alleine
steht. Das Transzendente ist nicht Sein sondern reine Existenz. Eine weiterführende
Diskussion findet sich unter 1.3.2 Verweigerung des Transzendenten gegenüber dem
Immanenten.
69
Vgl. Fußnote 5 und 6.
70
Vgl. Friedrich Dürrenmatt, 1962, Die Physiker.
71
Der Buddhismus fokussiert beispielsweise das Transzendente für das Individuum im
Gegensatz zum Christentum sehr stark, was nicht heißen soll, dass der Buddhismus
insgesamt das Transzendente stärker fokussieren würde. Indigene Völker wie die
nordamerikanischen Indianer hatten in ihrem Weltbild einen direkten Zugang zum
Transzendenten. Ebenso stehen die schamanischen Traditionen – zumindest für den
Schamanen – dem Transzendenten sehr nahe.
72
Vorgriff auf 1.3.2 Verweigerung des Transzendenten gegenüber dem Immanenten: Das
Transzendente kann man kognitiv bestenfalls durch eine Negativ-Definition wie in
der Negativen Theologie zu fassen (sic!) bekommen.
73
Vorgriff auf 1.3.2 Verweigerung des Transzendenten gegenüber dem Immanenten:
Jede Personifizierung ist zumindest eine Reduktion und ist damit inadäquat.
74
Vgl. 1.2 Lösung des Problems des abstrahierenden Geistes durch Sprache.
75
Dies wird unten 1.3.5 Versuch des Überschreitens der Grenze diskutiert.
76
Zitiert nach www.zeno.org, 16.07.2014: Georg Wilhelm Friedrich Hegel,
Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse, Erster Teil: Die
Wissenschaft der Logik, 1. Abteilung: Die Lehre vom Sein, A. Qualität, a. Sein, § 87.
77
Vgl. den Begriff des Nirwana im Buddhismus.
78
Singularität → Physik → Chemie → Biologie → individueller Geist →
Intersubjektivität → Sozialsystem.
79
Auf der Ebene der Physik spricht man von
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a) Homogenität (Alles besteht aus dem Gleichen: die Betrachtung beliebiger
Raumsegmente zeigt keine Unterschiede.),
b) Isotropie (Alle Betrachtungswinkel sind gleich: die Betrachtung in beliebigen
Richtungen zeigt keine Unterschiede.) und
c) Symmetrie (Es gibt keinerlei Änderungen in der Zeit: die Betrachtung einer
Transformation zeigt keine Veränderung der betrachteten Eigenschaft.).
80
Auf der Ebene der Biologie findet sich das Prinzip von Totipotenz und
Differenzierung in der Zygote wieder, wobei diese funktional einen Umgebungsraum
für ihre Genexpression (Epigenetik) benötigt; d.h. der Vergleich mit dem Begriff des
All-Einen bezieht sich nur auf die Vollständigkeit der endogenen Information, die im
Laufe ihrer Differenzierungsgeschichte (die bis zu ihrem Tod geht) einem
wechselnden Selektionsprozess unterworfen ist.
81
Qualitative Differenzierung ist der Grundimpuls des Kosmos (Vgl. Fraktale wie das
„Apfelmännchen“ der Mandelbrotmenge).
82
Vgl. die Zen-Praxis mit Koans in der Rinzai-Schule.
83
Siehe das Bilderverbot im Judentum und im frühen Christentum.
(2. Buch Mose Kapitel 20 Vers 4,
http://www.bibelonline.net/buch/neue_evangelistische/2_mose/20/#4, 16.07.2014)
84
Vgl. den Gottesnamen im Judentum (JHWH) und die Ersatzbenennungen Adonai
(meine Herren) oder HaSchem (der Name) unter diversen anderen
Ersatzbezeichnungen auch im Christentum. (2. Buch Mose Kapitel 3 Vers 14,
http://www.bibel-online.net/buch/neue_evangelistische/2_mose/3/#14, 16.07.2014)
85
Latein: absolutus vollendet, solutus losgelöst.
86
Anschaulich wird dies in der Quantenmechanik: Gemäß der Kopenhagener Deutung
legt in der Quantenmechanik die Wellenfunktion (ein „Teilchen“ ist es noch nicht) die
Wahrscheinlichkeiten (Dichtefunktion der Verteilungsfunktion) von Messwerten einer
Messgröße (Observable) fest; sie legt jedoch nicht fest, welcher Wert (Eigenzustand)
auftritt. Damit ist die Quantenmechanik „nichtreal“, d.h. es ist nach der
Kopenhagener Deutung vor der Wechselwirkung (Messung) nicht determiniert, wie
das Ergebnis nach der Wechselwirkung (Messung) aussehen wird. Der Zustand
danach wird aus allen Möglichkeiten, die vorher in der Wellenfunktion „gespeichert“
waren, durch die Wechselwirkung (Messung) „selektiert“ (Kollaps der
Wellenfunktion). Darüber hinaus ist die Quantenmechanik auch „nichtlokal“, d.h. es
gibt nach der Kopenhagener Deutung keinen absoluten Raumpunkt an dem eine
Wechselwirkung stattfindet, was sich in der Verschränkung von Teilchen zeigen lässt:
Siehe Bellsche Ungleichung (John Stewart Bell, 1964) und M. A. Rowe et al. (2001,
Experimental violation of a Bell's inequality with efficient detection)
(http://dx.doi.org/10.1038/35057215, 16.07.2014).
87
Vgl. den Begriff Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion sowie Superposition und
Dekohärenz der Quantenmechanik: In der Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion bzw. der
ihr zugrunde liegenden Verteilungsfunktion sind alle Möglichkeiten eines Systems
durch Wechselwirkung in einen (!) makroskopischen Zustand überzugehen als
Potential präsent.
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88
Wenn zwei Elementarteilchen auch in ihren inneren Eigenschaften per definitionem
identisch sein mögen (z.B. zwei Elektronen mit identischen Quantenzahlen), so
befinden sie sich immer noch an unterschiedlichen Orten in der Raumzeit.
89
Vgl. den Begriff Wechselwirkung der Physik im Zusammenhang mit dem Begriff
Dekohärenz der Quantenmechanik: Wechselwirkung führt den kohärenten Zustand
einer Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion in den Zustand der Dekohärenz über.
90
Frank Herbert, 1965, Dune (Die Bene Gesserit sind ein weiblicher Orden, dessen Ziel
es ist, den „Erlöser“ genetisch zu züchten. Sie stellen die treibende mentale Kraft im
Roman dar.)
91
Dies wird unten 1.3.5 Versuch des Überschreitens der Grenze diskutiert.
92
Siehe vor allem Transzendentalphilosophie (Immanuel Kant), Analytische
Philosophie, und die Paradigmenwechsel von der klassischen Physik zur
Quantenmechanik sowie in den Natur- und Sozialwissenschaften zur Theorie
komplexer Systeme.
93
Aus dem primären Impuls des Immanenten, der Differenzierung, ergeben sich
 die abstrakten Aspekte: Vielheit statt Einheit, Individualität / Teilheit statt Allheit,
Begrenztheit statt Vollständigkeit, Unvollständigkeit statt Vollkommenheit,
Unterscheidung statt Identität, Zeit statt Ewigkeit, Raum statt Unendlichkeit,
Verortung statt Nichtlokalität, Wirkung statt Konstanz, Sein statt Existenz,
Reduktionismus statt Holismus, Abstraktion / Darstellung / Benennung statt nicht
Darstellbares / nicht Benennbares sowie
 die konkreteren Aspekte, die sprachlich kaum fassbar sind: Mangel statt
Versorgtsein statt Versorgtheit, Endlichkeit statt Sichersein statt Sicherheit,
Bezogensein satt Gebundensein in der Gruppe statt Gebundenheit im Kontinuum,
Beziehung statt Verbundenheit, Alleinsein satt Gemeinsamsein satt Gemeinsamkeit,
Ich statt „Wir“ (Das Ununterschiedene kennt kein Wir im immanenten Sinne), Ego
statt „Solidarität“ (dito), Egozentrismus statt Metaschau, Egoismus statt
„Kommunismus“ (dito), Konkurrenz statt „Kooperation“ (dito), Siegen satt
„Arbeiten“ (dito), Gewinn statt „Produktion“ (dito), …
Alles, was in der Immanenz entsteht und was vom Menschen geschaffen wird, wie
Wirtschaft, Kultur, Empathie etc., dient der Kompensation der verlorenen
Transzendenz. Stellvertretend seinen hier drei Begriff aufgeführt:
 Wirtschaft löst das Problem der verlorenen Versorgtheit,
 Kultur löst das Problem der verlorenen Sicherheit,
 Empathie (und Sozialität) löst das Problem der verlorenen Gebundenheit im
Kontinuum.
Vgl. die Bestimmungsstücke des Menschen: Offenheit (und Komplexität), Zufälligkeit
(und Geist), Vulnerabilität (und Regenerabilität), Begrenztheit (und Sozialität),
Endlichkeit (und Sexualität) mit ihren in Klammern genannten natürlichen Antworten.
94
Vgl. das Prinzip der Vertreibung aus dem Paradies (1. Buch Mose Kapitel 3 Vers 23,
http://www.bibel-online.net/buch/neue_evangelistische/1_mose/3/#23, 16.07.2014)
95
Eine Negativdefinition z.B. im Sinne der Negativen Theologie ist möglich.
96
Rekursive Rückkopplung erzeugt eigentlich eine dreidimensionale Spirale und keinen
zweidimensionalen Kreis, weil sie die Dynamik des Systems verändert (vgl.
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Logistische Gleichung, Prozess der Handlungsmanipulation durch Bewusstsein,
Epigenetik, Neuroplastiziät).
97
Beginnend mit der Wechselwirkung auf der Ebene der vier Grundkräfte der Physik
existiert Wechselwirkung auf jeder Ebene in Chemie, Biologie, Geist,
intersubjektivem Raum und sozialem System.
98
Vgl. 1.2 Lösung des Problems des abstrahierenden Geistes durch Sprache in der
Gruppe.
99
Die nichtlineare Steigerung der Immanenz durch den Geist, Sprache und Kultur sieht
man an den Natur- Geistes- und Sozialwissenschaften, die mit jeder Beantwortung
einer Frage den Radius des n-dimensionalen Kreises des Weltwissens vergrößern und
so dessen Oberfläche, die das Nichtwissen repräsentiert, potentiell vergrößert; man
sieht es an den künstlerischen Tätigkeiten, die faktisch keine Grenze haben; und man
sieht es an der exponentiellen Entwicklung der Technik (z.B. Moorsches Gesetz).
100
Siehe 1.3.2 Verweigerung des Transzendenten gegenüber dem Immanenten.
101
Aus der Transzendenz kommend, heißt: sich von ihr entfernen!
102
„Wenn der Künstler [, Mystiker] aus metaphysischen Sphären [der Transzendenz] in
die Bereiche der konkreten Ursachen und zu den Realitäten der Form herabsteigt,
begegnet er auf halbem Wege den [Technikern,] Wissenschaftlern [in deren Sphäre
der Immanenz], die auf der Suche nach Ursachen, die sie in ihren Formeln
einzufangen gedenken, sich in die metaphysischen Sphären begeben.“ (An einer
Wand gleich hinter dem Ehrensaal des Deutschen Museums.)
103
Rational bedeutet hier: der Realität erster Ordnung und absoluten Wahrheiten
verpflichtet zu sein, indem man sich ihnen wie im Kritischen Rationalismus stetig
rekursiv iterativ approximiert, unabhängig davon, ob man sich ihnen für den
gesuchten Aspekt nun vollständig oder auch niemals absolut nähern kann.
Irrational bedeutet hier, der Realität erster Ordnung und absoluten Wahrheiten nicht
verpflichtet zu sein, was z.B. der Haltung des Radikalen Konstruktivismus, der
Psychoanalyse sowie dem weit überwiegenden Teil der Sozialwissenschaften und
speziell ihrer Praxis entspricht.
104
Dies entspricht Meister Eckharts Umgang mit dem Göttlichen.
105
Unter Auflösung der sinnlich erlebbaren Welt sind hier nicht die Phantasmen der
Psychiatrie zu verstehen, die, indem sie über Psychosen faselt, sich selbst beschreibt
(Karl Kraus), sondern eine Wahrnehmung der Welt, die dem holistischen,
gebundenen, nicht zeitlichen und nicht räumlichen Transzendenten näher ist als dem
zeitlich, räumlich und begrifflich differenzierten Immanenten.
106
Vgl. die Wirkung von Halluzinogenen wie LSD und Psilocybin.
107
Vgl. die Wirkung von Empathogenen wie MDMA.
108
Vgl. Jean Liedloff (1975, The Continuum-Concept, In Search of Lost Happiness)
(http://continuum-concept.de, 18.08.2014).
109
Eine Beziehung kann es logischerweise nur zwischen Getrenntem geben; umgekehrt
kann Verbundenes keine Beziehung haben, da es bereits eine Einheit bildet.
110
Dass LSD ein Halluzinogen und MDMA ein Empathogen ist, kommt nicht von
ungefähr; vereinfacht dargestellt ergibt sich folgendes Bild:
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LSD ist der potenteste Serotonin-Verstärker, den wir kennen. Serotonin ist der
Gegenspieler von Dopamin. Bzgl. Sensorik und Bewertung ist das Mesolimbische
System zentral. Da dopaminerge Neurone keine Afferenzen in den sensorischen Teil
des Kortex aufweisen, ist Dopamin ein selektiver Transmitter im regelnden
präfrontalen
Kortex,
repräsentiert
also
in
besonderem
Maße
den
Regelungsmechanismus. LSD reduziert damit in höchstem Maße die höchsten
mentalen Funktionen (Selektion, Reduktion, Abstraktion, definierende Abgrenzung,
Distanzierung). Gleichzeitig aktiviert Serotonin als Transmitter in den hinteren
sensorischen
Kortexarialen
die
Sinne.
(Vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Mesolimbisches_System#mediaviewer/Datei:Dopamins
ystem.png, 16.07.2014) Die Flashbacks des LSD sind nicht pharmakologisch
erklärbar und wegen der Zufälligkeit rein logisch auch nicht epigenetisch, d.h. LSDFlashbacks sind das Ergebnis von neuronalem Lernen derart, dass der präfrontale
Regel-Attraktor aus seinem Schwerpunkt in den Bifurkationsbereich verschoben
wurde.
Im Falle des Empathogens MDMA ist das Dopamin:Noradrenalin:SerotoninVerhältnis von 4:2:1 bemerkenswert. Dopamin schützt vor Chaos, indem es alle
bekannten (bereits erlebten) antisozialen und asozialen Aspekte des Immanenten
filtert. Das, was unter MDMA übrig bleibt, ist Verbundensein bzw. aus der Sicht des
Immanenten Nicht-Getrenntsein. Erwähnenswert ist auch, dass die empathogene
Wirkung von MDMA ein bis zwei Wochen anhält, was ebenso wenig
pharmakologisch oder epigenetisch erklärbar ist, d.h. hier wird eine alte
Erlebensqualität, die unter den gegebenen Umgebungsbedingungen deaktiviert wurde,
reaktiviert.
111
Siehe auch Transpersonale Psychologie und Holotropes Atmen (Stanislav Grof),
Antipsychiatriebewegung (Ronald D. Laing), Schamanische Methoden weltweit bis
zu den Aborigines (Carlos Castaneda, Michael Harner, Sandra Ingerman, Paul
Uccusic), Integrale Theorie (Ken Wilber).
112
Siehe die Ausdifferenzierung des Embryos mit seinem Durchlaufen prähumanoider
Formen wie Kiemenbögen, Schwimmhäuten etc.
113
Vgl. die Definition des Kategorischen Imperativs bei Immanuel Kant.
(Immanuel Kant, 1785, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten. Zweiter Abschnitt.
Übergang von der populären sittlichen Weltweisheit zur Metaphysik der Sitten.,
Akademie Ausgabe IV, S. 421, Z. 6, http://www.korpora.org/Kant/aa04/421.html,
16.07.2014) “Der kategorische Imperativ ist also nur ein einziger und zwar dieser:
Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie
ein allgemeines Gesetz werde.“
(Immanuel Kant, 1787, (2. Aufl.), Kritik der reinen Vernunft. I. Transscendentale
Elementarlehre. Anhang zur transzendentalen Dialektik. Zweite Abtheilung. Die
transscendentale Dialektik. Zweites Buch. Von den dialektischen Schlüssen der reinen
Vernunft. 3. Hauptstück. Das Ideal der reinen Vernunft. Anhang zur transscendentalen
Dialektik. Von dem regulativen Gebrauch der Ideen der reinen Vernunft., Akademie
Ausgabe
III,
S.
440,
Z.
23,
http://korpora.zim.uni-duisburgessen.de/Kant/aa03/440.html, 16.07.2014) „Ich nenne alle subjective Grundsätze, die
nicht von der Beschaffenheit des Objects, sondern dem Interesse der Vernunft in
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Ansehung einer gewissen möglichen Vollkommenheit der Erkenntniß dieses Objects
hergenommen sind, Maximen der Vernunft.“
(Immanuel Kant, 1788, Kritik der praktischen Vernunft. Erster Theil. Elementarlehre
der reinen praktischen Vernunft. Erstes Buch. Die Analytik der reinen praktischen
Vernunft. Drittes Hauptstück. Von den Triebfedern der reinen praktischen Vernunft.,
Akademie Ausgabe V, S. 82, Z. 8, http://korpora.zim.uni-duisburgessen.de/Kant/aa05/082.html, 16.07.2014) „Das moralische Gesetz ist nämlich für
den Willen eines allervollkommensten Wesens ein Gesetz der Heiligkeit, für den
Willen jedes endlichen vernünftigen Wesens aber ein Gesetz der Pflicht, der
moralischen Nöthigung, und der Bestimmung der Handlungen desselben durch
Achtung für dies Gesetz und aus Ehrfurcht für seine Pflicht. Ein anderes subjectives
Princip muß zur Triebfeder nicht angenommen werden, denn sonst kann zwar die
Handlung, wie das Gesetz sie vorschreibt, ausfallen, aber da sie zwar pflichtmäßig
ist, aber nicht aus Pflicht geschieht, so ist die Gesinnung dazu nicht moralisch, auf
die es doch in dieser Gesetzgebung eigentlich ankommt.“
114
Der Begriff der Entfremdung ist hier individualpsychologisch als separierte
Individuation (Arno Gruen, Émile Durkheim, Georg Simmel, Georg Wilhelm
Friedrich Hegel, Jean-Jacques Rousseau, Søren Kierkegaard, {mit Einschränkung
Albert Camus}, Romantiker) und weniger soziologisch als gesellschaftlicher Prozess
(Frankfurter Schule, Karl Marx, Bertolt Brecht, Jean-Paul Sartre) zu verstehen, weil
es hier um die Lösung im Individuum geht. Im Kapitel 1.2 Lösung des Problems des
abstrahierenden Geistes durch Sprache dreht sich die Perspektive um!
115
Das das Leben (über die Blockade seiner es primär definierenden
Regenerationsfähigkeit) verhindernde Nihil privativum (das Böse) ist der qualitative
Gegensatz zum bloß beschädigenden Destruktiven. Die quantitativ positiven
Gegensätze sind das Gute (das die selbstreferenzielle Selbstregeneration des
Biologischen Förderliche) und das Konstruktive.
116
Siehe Geburtshilfe und Babymassage bei Frédérick Leboyer, 1979, Sanfte Hände,
1980, Weg des Lichts, 1981, Geburt ohne Gewalt, 1982, Das Fest der Geburt, 1997,
Das Geheimnis der Geburt.
117
Nach der pränatalen Neurogenese dauert die primäre Synaptogenese ca. ein Jahr, in
dem die Synapsenanzahl ca. verdoppelt wird. Danach findet Lernen invers durch
Ausdünnung der Synapsen in der Art eines Bildhauers bis ca. zum 10. Lebensjahr
statt, wobei die Synapsenanzahl ca. auf 2/3 des Maximalwertes reduziert wird.
(Thomas Braun, ?, Gehirn & Geist) Da der Säugling noch nicht im Sinne des
Erwachsenen emotional oder intersubjektiv und noch nicht sozial oder kognitiv ist,
wird im ersten Jahr primär das sinnliche physiologische Erleben geprägt. Danach
beginnt das intersubjektive und soziale Erleben sich zu prägen. Das kognitive Erleben
beginnt ab dem 6. Lebensjahr die dominante Stellung einzunehmen. Danach sind die
primären Bahnen in der Art von Autobahnen (ontogenetisches Begabungs- und
Charakterprofil) im Nervensystem angelegt. Alles Weitere ist Ausdifferenzierung und
macht den größten Teil der Arbeit aus.
118
Vgl. 1.3.5.1 Das Transzendente auf der sinnlichen Ebene
119
Vgl. die Bedürfnis- und Wahrnehmungsqualität eines Säuglings wiedererlebt in einem
Primal: „Am nächsten Tag geriet ich wieder in dieses Gefühl des Baby-Primals, als
ich gerade eine Freundin besuchte, und ich merkte, daß dieses Urerlebnis noch etwas
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anderes zur Folge hatte. Ganz plötzlich fühlte ich meinen Körper lebendig werden,
als hätte ich einen sechsten Sinn, ein Bewußtsein von anderen Menschen. Ich fühlte
meinen Körper als wahrnehmenden Mechanismus lebendig werden, und das war
mächtiger als mein Sehen, mein Gehör, mein Geschmacks- oder Geruchssinn. Ich
glaube, diese Sinne sind bei unserer Geburt noch äußerst schwach entwickelt. Doch
ein Sinn ist bereits voll entwickelt, nämlich der Körper; mein Körper war wie ein
Radargerät. Als sich meine Freundin mir näherte, konnte ich den Abstand zwischen
ihr und mir allein mit dem Körper abschätzen. Ich konnte fühlen, wann sie sich mir
näherte und wann sie sich von mir entfernte. Sie stand auf und ging aus dem Zimmer.
Und ich begann verzweifelt zu weinen, wie ein kleines Baby, das von seiner Mutter,
die es gerade dringend braucht, allein gelassen wird. Meine Freundin kam ins
Zimmer zurück und ging auf das Bett zu. Ich fühlte, wie sie näher kam. Ich konnte sie
nicht sehen, aber mein Körper fühlte dieses Gefühl. Und in diesem Augenblick
geschah etwas anderes Erstaunliches: Ich fühlte tatsächlich jenes erste Mal, als mir
bewußt wurde, was ich tun mußte, um Schmerz zu lindern. Ich weiß, das klingt
unglaubhaft, aber ich habe es tatsächlich erlebt. Und mein erster Gedanke war, daß
Weinen sich gut anfühlt. Es half, den Schmerz erträglich zu machen. Und ich fühlte,
ich war ein Baby, und ich wußte, ich war ein Baby. Ich war irgendwo weit zurück in
meiner Vergangenheit, und es war phantastisch, daß ich weinen konnte, um den
Schmerz zu lindern, während ich hilflos dalag.“ (Arthur Janov, 1972, The Primal
Revolution - Toward a Real World, (Deutsch) 1976, Revolution der Psyche – Erfolge
der Primärtherapie, Kapitel 22, Das Leben nach der Primärtherapie, von Leslie Pam,
S. 276f)
120
Vgl. Arthur Janov, Frédérick Leboyer, Anna Katharina Braun, Jean Liedloff und
Alice Miller (www.alice-miller.com, 18.08.2014).
121
Siehe die neuro- und verhaltensbiologischen Forschungen von Anna Katharina Braun
(Magdeburg), speziell die frühe kurzzeitige (!) Separation von Mäusen von ihren
Müttern (http://www.uni-magdeburg.de/Braun.html, 18.08.2014).
122
Siehe Arthur Janov, 1975, Primal Man - The New Consciousness, 1983, Imprints The Lifelong Effects of the Birth Experience, 1991, The New Primal Scream - Primal
Therapy 20 Years on und die im Internet verfügbaren Bücher: 1996, Why You Get Sick
and How You Get Well, 2000, The Biology Of Love, 2012, Life before Birth
(http://www.dieontogenetischeseite.de/Buchuebersetzungen.htm, 18.08.2014)
123
Es handelt sich also nicht um eine Beschädigung im Sinne einer Destruktion, sondern
im Sinne eines Nihil privativum!
124
Siehe Negative Theologie beginnend mit Platon.
125
Die Letztbegründung fordert unter Einhaltung logischer Korrektheit (kein
Zirkelschluss) im Gegensatz zum Infiniten Regress (und zum bedingungslosen
Dogma) einen voraussetzungslosen Anfang, was man ebenso schon bei Platon findet.
126
Dem Prinzip nach versuchen alle Gottesbeweise der Notwendigkeit einer
Letztbegründung bzw. einer Anfangsbedingung für den menschlichen Geist zu
entsprechen, um dem infiniten Regress bzw. dem blinden Glauben zu entgehen und
sind damit vor allem anderem ein Symptom der Begrenztheit des menschlichen
Geistes und der systembedingten Widerwilligkeit seine Grenzen zu akzeptieren. Der
kosmologische Gottesbeweis (Thomas von Aquin) versucht den infiniten Regress
durch Definition eines Anfangs zu umgehen. Der ontologische Gottesbeweis versucht
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eine a priori Absolutheit zu finden (Anselm von Canterbury), die am Ende in
beliebigen Begrifflichkeiten stecken bleibt. Immanuel Kant postuliert die
Notwendigkeit a priori aus Gründen seines ethischen Konzepts. Der theologische
Gottesbeweis (Thomas von Aquin) macht es noch menschlicher, indem er eine
Intention vorgibt. Alle diese Versuche basieren zwangsläufig auf Prämissen und
können daher für das, was alles enthalten soll, niemals funktionieren. Siehe auch
Fußnote 135.
127
Da geistige Eigenschaften wie Intentionalität oder Bewusstsein nicht in einem linearkausalistischen Modell reduktionistisch erklärt werden können, bietet sich die in der
Theorie Komplexer Systeme existierende Idee starker Emergenz als Erklärungsansatz
an. Wird dieser wegen seines derzeit noch bestehenden Kontinuitätsbruchs abgelehnt
(Wir können den Sprung bislang noch nicht nachbilden, was in der zukünftigen
Entwicklung der künstlichen Intelligenz jedoch sehr wohl denkbar ist.), bleibt nur die
Feststellung, dass die betreffenden Eigenschaften fundamental schon auf unterster
Ebene angelegt sein müssen. Auf der logischen Ebene entspricht dies einer
Letztbegründung.
128
Das Absurde dieser Formulierung ist: Die vollständige (!) Abstraktion löscht das
Abstrahierte aus! (Vgl. das Zitat von Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Fußnote 76.)
129
Vgl. 1.1 Das Problem des abstrahierenden Geistes und 1.2.1 Wiedereinführung der
rekursiv iteriert rückkoppelnden Prüfung durch die Aufklärung und 1.2.2
Wiedereinführung der sinnlichen Rückverbindung zum Original durch den Kritischen
Rationalismus.
130
Auch die Sinne können das Transzendente nicht direkt erleben; sie können nur einen
qualitativen Hauch des Transzendenten, ein Ähnliches, das in den Sinnen aus der
noch undifferenzierten und damit dem Transzendenten noch nahen Zeit der
Entstehung der Sinne zurückblieb, erfassen. Siehe 1.3.5.1 Das Transzendente auf der
sinnlichen Ebene.
131
Siehe 1.3.2 Verweigerung des Transzendenten gegenüber dem Immanenten.
132
Vgl. die Negative Theologie.
133
Die vollständige Abstraktion führt das immanente Geistige über seine einzige
Möglichkeit, die Negativdefinition, in die für ihn maximale Erkenntnis des
Transzendenten. Vgl. das Zitat von Georg Wilhelm Friedrich Hegel in Fußnote 76
und siehe den Absatz auf S. 18 sowie die Fußnote 128.
134
Siehe 1.3.3 Erfahrung der Grenze und Fußnote 93.
135
Indem der Geist das Transzendente als logischen Einbettungsraum für den Raum des
Immanenten bzw. als Ursprung des Immanenten (z.B. indem das All-Eine durch eine
erste Differenzierung in das Immanente überging, der rekursiv iterierend wie in der
fraktalen Geometrie beliebig viele weitere Differenzierungen folgen können)
anerkennt, kann es grundsätzlich keine Beweise für das Transzendente mehr geben:
Transzendenz ist damit ganz im Gegenteil die fundamentale unabdingbare, nicht der
Welt (des Immanenten) zugehörige Voraussetzung für alles, was sinnlich
wahrgenommen und durch den Geist konstruiert werden kann, die absolute
Voraussetzung, die ultimative Voraussetzung, die Voraussetzung aller
Voraussetzungen. Diese absolute Voraussetzung kann aber niemals Ziel eines
Beweises sein, wenn man einen infiniten Regress vermeiden möchte, da jeder
45-52
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Beweis einer Grundlage bedarf und der Versuch, das All-Eine, die Grundlage
aller Grundlagen zu beweisen, zwangsläufig eine Petitio principii (Verwendung
der Voraussetzung, hier: Beweisvoraussetzung als Beweismittel; Zirkelschluss)
erzeugen würde; ja dies wäre sozusagen die vollständigste, alles umfassende
Petitio principii. Der Begriff Transzendenz ist wie die Zahl „42“ in Douglas Adams,
1979, The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy (Per Anhalter durch die Galaxis) “The
Answer to the Ultimate Question of Life, The Universe, and Everything” (Die Antwort
auf die ultimative Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest).
Siehe auch Fußnote 126.
Mit dem so geführten Beweis, dass man das Transzendente (unter Annahme
desselben als All-Eines und unter Vermeidung eines infiniten Regresses) ob
seiner Definition als All-Eines nicht beweisen kann, kann man das Transzendente
gerade wegen seines definitionsbedingten Scheiterns jeder Beweismöglichkeit an
sich als fundamentale Notwendigkeit für den Geist anerkennen. Es ist
offensichtlich, dass es ohne das Transzendente nicht geht: Es bedarf für den
menschlichen Geist (unter Vermeidung eines infiniten Regresses) einer
Voraussetzung aller Voraussetzungen. Lässt man diese weg, verschwindet die
Welt, zumindest jede für den menschlichen Geist (ohne infiniten Regress)
widerspruchsfrei denkbare Welt. Jedoch gibt es auch Schöpfungsmythen, die
mittels infiniten Regress konzipiert sind.
136
Siehe 1.3.2 Verweigerung des Transzendenten gegenüber dem Immanenten, Seite 11.
137
kg∙m2∙s-1
138
Vgl. die Begriffe „Wirks“ und „Passierchen“ bei Hans-Peter Dürr, wodurch Realität
erster Ordnung als Wechselwirkung und nicht als Teilchen definiert wird
(https://www.ixquick.com/do/metasearch.pl?language=deutsch&query=Wirks+Passie
rchen+Hans-Peter+D%C3%BCrr, 02.09.2014).
139
Erst dir Rückverknüpfung der Abstraktion zur Realität erster Ordnung (siehe 1.2.2
Wiedereinführung der sinnlichen Rückverbindung zum Original durch den Kritischen
Rationalismus) macht die Abstraktion sinnvoll.
140
Ein Computerspiel wird erst dadurch sinnvoll, dass die trainierten neuronalen
Fähigkeiten in der Realität erster Ordnung genutzt werden. In der virtuellen Welt des
Computerspiels sind sie grundsätzlich sinnlos.
141
Siehe 1.3.2 Verweigerung des Transzendenten gegenüber dem Immanenten.
142
Als Unterbewusstsein ist hier nicht das Unbewusste der Tiefenpsychologie gemeint,
sondern das parallele (!) Zusammenspiel aus 10 10 bis 1011 Neuronen mit jeweils 103
bis 104 Synapsen gegenüber der Teilmenge des durch das Bewusstsein aktiv
Erreichbaren und damit aktiv reflektierbaren und dem tatsächlich lächerlich kleinen
Bewusstsein, das sich in 7 ± 2 Items der Gedächtnisspanne bemisst.
143
Vgl. das umgekehrte Prinzip der Vertreibung aus
(1. Buch Mose Kapitel 3 Vers 23,
online.net/buch/neue_evangelistische/1_mose/3/#23, 16.07.2014)
144
Immanuel Kant, 1784, Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?
145
Falsifikationismus im Kritischen Rationalismus (Karl Popper)
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dem Paradies
http://www.bibel-
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146
Speziell sind dissipative Systeme gemeint, die sich fern des thermodynamischen
Gleichgewichts autonom Negentropie aufbauend durch nichtlineare Attraktoren
selbstregulierend stabilisieren, wie alle biologischen Systeme.
147
Vgl. Klaus Michael Meyer-Abich, 1990, Aufstand für die Natur - Von der Umwelt zur
Mitwelt.
148
Sein als Bezogenheit und Wechselwirkung von Getrenntem resultiert aus dem
Differenzierungsimpuls der Immanenz. Hieraus ergeben sich zwanglos Entropie
aufbauende dissipative Systeme, die stetig dem finalen thermodynamischen
Gleichgewichtszustand maximaler Entropie zustreben. Durch ausreichend hohe
qualitative Differenzierung entsteht Komplexität, die Negentropie aufbauende
dissipative Nichtgleichgewichtssysteme ermöglicht, die sich fern des
thermodynamischen Gleichgewichts in nichtlinearen Attraktoren stabilisieren können;
diese sind wegen der Stabilitätsbedingung, sich fern des thermodynamischen
Gleichgewichts zu stabilisieren, prinzipiell autonome, d.h. selbstorganisierte
selbstregulierte Nichtgleichgewichtssysteme, die wegen der Notwendigkeit des
inneren Negentropieaufbaus nichtautark sind und damit offen sein müssen.
Die Eigenschaften Negentropie aufbauender nichtlinearer attraktorgesteuerter
selbstorganisierender komplexer Systeme – prinzipielle Nichtautarkie, Offenheit und
Autonomie – fordern von der Umwelt:
1. Die intrinsische Pflicht zur Beantwortung der für die Negentropie aufbauende
Selbstorganisation nötige Materie, Energie und Information im Sinne des
Empfängers, d.h. das Bewertungssystem ist der Empfänger, niemals der Sender,
und
2. Die intrinsische Pflicht zur Achtung der Grenzen des Systems, d.h. die
Beantwortung an dessen Peripherie, ohne in das System steuernd hineinzugreifen,
denn jeder Eingriff (zer-)stört die Selbstregelung und Selbstorganisation und
damit das gesamte System.
Sowohl die Nichtbeantwortung des exogen Benötigten als auch die (Zer-)Störung der
endogen
selbstreferenziellen
Selbstregelung,
Selbstorganisation
und
Selbstregeneration ist ein Nihil privativum, da es die Grundqualität des Biophilen
ausschaltet und damit auf unterster Ebene das Leben durch grundsätzliche
Verhinderung tötet.
Eine bloße Beschädigung eines Organismus ist dagegen schon qualitativ weniger
zerstörerisch, da alles Lebendige sich gerade durch seine Selbstregeneration
auszeichnet, durch bloße Beschädigung also nur dann zu zerstören ist, wenn die
Beschädigung strukturell zerstört, was aber logisch den Rahmen der Beschädigung
verließe, da es einen Eingriff in die endogene Selbstregeneration darstellte.
Alle biologischen, geistigen und sozialen Systeme sind prinzipiell dieser Art!
149
Kensho ist ein Zen-Begriff aus dem Buddhismus: Das Erkennen der basalen Natur der
Erscheinungen; das Sehen der eigenen Buddha-Natur. Der zentral zu erkennende
Aspekt ist der Charakter des Seins, indem die Idee von Immanenz als Ansammlung
bedingter getrennter, existierender Dinge durch deren unbedingte verbundene, seiende
Wechselwirkung abgelöst wird, und Transzendenz als das All-Eine erkannt wird.
Kensho lässt die Frage, wer man selbst sei, unsinnig werden. Kensho löst die
gesellschaftlichen mentalen Überformungen auf. Kensho löst die durch
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Nichtbeantwortung in einer antisozialen asozialen Umwelt entstandene Idee eines
isolierten Ichs auf. Im Christentum entspricht dies im dortigen Sinnkontext einem
Erweckungs- bzw. Bekehrungserlebnis. Psychologisch kann man Kensho als
Entstehen einer direkten Verbindung zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein,
zwischen der sprachlichen und der nichtsprachlichen Ebene, zwischen Kognition und
Intuition verstehen.
150
Satori ist ein Zen-Begriff aus dem Buddhismus: Satori ist die Erleuchtung im Zen. Er
stellt ein vollständiges Gewahrwerden der Buddha-Natur allen Seins dar. In diesem
Zustand ist man von der Immanenz getrennt; eine Beschreibung wird damit
unmöglich. Satori ist im Gegensatz zum stark sinnlichen Kundalini-Prozess ein
geistiger und transzendentaler Schritt. Im Christentum entspricht dies einer
Gottesschau.
151
Kundalini ist ein Begriff aus dem Hinduismus: Der Kundalini-Prozess ist der
Erleuchtungsprozess im Yoga. Er hat im Gegensatz zu Kensho und Satori eine
dominante sinnlich-körperliche Komponente und umfasst alle Ebenen des
menschlichen Seins (körperliche, emotionale, kognitive, intersubjektive, soziale und
transzendentale Ebene). Im Christentum findet man Ähnliches in der Mystik. Siehe
Beispiele in Bonnie Greenwell, 2000, Kundalini.
152
Vgl. 1.3.2 Verweigerung des Transzendenten gegenüber dem Immanenten.
153
Siehe hierzu die Kundalinierfahrungen in Bonnie Greenwell (2000, Kundalini) und
die Erfahrungen Buddhistischer Meister in Erdmute Klein (1998, Buddhistische
Persönlichkeiten).
154
In der Transzendenz gibt es keine Trennung und damit kann es keinen Mangel geben.
155
Vgl. die erste der Vier Edlen Wahrheiten des Buddhismus: „Das Leben im
Daseinskreislauf ist letztlich leidvoll.“
156
Unter Mangel ist sowohl der durch das Immanente selbst bedingte strukturelle und
damit unabdingbare Mangel zu verstehen als auch jener durch Menschen verursachte
dynamische Mangel im Sinne des Bösen.
157
Vgl. die dritte der Vier Edlen Wahrheiten des Buddhismus: „Erlöschen die Ursachen,
erlischt das Leiden.“
158
Gemeint ist die Auflösung des Bösen (Hannah Arendt, 1965, Vorlesungen über das
Böse), des Nihil privativum (Augustinus), des Nekrophilen (Erich Fromm, 1973,
Anatomie der menschlichen Destruktivität), nicht des für den Differenzierungsprozess
des Immanenten, die Evolution, den qualitativen Wachstumsprozess unabdingbaren
Destruktiven. Siehe Fußnote 148.
159
Das Ideal kann nur approximativ isoliert z.B. in der Meditation erfahren werden.
160
Die fundamentale Dynamik des Seins ist a) Differenzierung in der Immanenz und b)
die durch ihrer Offenheit ununterbrochen Negentropie aufbauende, autonom
selbstreferenzielle
intrinsische
Selbstregelung,
Selbstorganisation
und
Selbstregeneration aller komplexer Systeme fern des thermodynamischen
Gleichgewichts, wie aller biologischer und sozialer Systeme sowie geistiger Systeme,
die sich mit der Physik bilateral wechselwirkend in nichtlinearen Attraktoren
stabilisieren.
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161
Fehlbeantwortungen sind Antworten auf der Basis des Antwortgebenden und nicht
auf der Basis des Beantworteten, wodurch sie für den Beantworteten nutzlos oder
schädlich sind.
162
Vgl. das Märchen mit den langen Löffeln: „Ein Rabbi kommt zu Gott: ‘Herr, ich
möchte die Hölle sehen und auch den Himmel.’ - ‘Nimm Elia als Führer’, spricht der
Schöpfer, ‘er wird dir beides zeigen.’ Der Prophet nimmt den Rabbi bei der Hand. Er
führt ihn in einen großen Raum. Ringsum Menschen mit langen Löffeln. In der Mitte,
auf einem Feuer kochend, ein Topf mit einem köstlichen Gericht. Alle schöpfen mit
ihren langen Löffeln aus dem Topf Aber die Menschen sehen mager aus, blass, elend.
Kein Wunder: Ihre Löffel sind zu lang. Sie können sie nicht zum Munde führen. Das
herrliche Essen ist nicht zu genießen. Die beiden gehen hinaus: ‘Welch seltsamer
Raum war das?’ fragt der Rabbi den Propheten. ‘Die Hölle’, lautet die Antwort. Sie
betreten einen zweiten Raum. Alles genau wie im ersten. Ringsum Menschen mit
langen Löffeln. In der Mitte, auf einem Feuer kochend, ein Topf mit einem köstlichen
Gericht. Alle schöpfen mit ihren langen Löffeln aus dem Topf. Aber - ein Unterschied
zu dem ersten Raum: Diese Menschen sehen gesund aus, gut genährt, glücklich. ‘Wie
kommt das?’ Der Rabbi schaut genau hin. Da sieht er den Grund: Diese Menschen
schieben sich die Löffel gegenseitig in den Mund. Sie geben einander zu essen. Da
weiß der Rabbi, wo er ist.“ (http://einklich.net/person/betrieb5.htm, 16.07.2014)
163
Vgl. die Theorie Komplexer Systeme mit den Begriffen: a) Entropie in der Physik
und Negentropie in der Biologie; b) Nichtautarkie, Bedürfnis und Offenheit; c)
Autonomie, Grenze, Selbstreferenz, Selbstregelung und Selbstregeneration.
164
Bedingt übertragbar ist der „Schlüssel“, weil der geistige Prozess ebenso wie der
sinnliche Prozess individuell geleistet werden muss. Das Nachplappern von Aussagen
(Esoterik) ist nicht der „Schlüssel“! Die Übernahme eines nicht selbst erstellten
„Schlüssels“ kann nach eingehender Prüfung passen, muss aber nicht passen. Vgl. 1.2
Lösung des Problems des abstrahierenden Geistes durch Sprache in der Gruppe.
165
Vgl. 1.3.5.3 Das Transzendente auf der geistigen Ebene.
166
Z.B. Eckhart Tolle, 2014, Leben im Jetzt
167
Yoga-Adepten, Zen-Meditierende und Christen gleichermaßen, die über Erleuchtung
phantasieren oder (wörtlich) sinn-los Sätze ihrer Lehrer wiederkäuen, um sich im
Schatten der Autorität vor dem Sapere aude (selbstständig mit den Sinnen
schmeckend und dem Geist denkend ergründen; siehe Fußnote 36) zu drücken.
168
„Wirklich“ meint hier nur sekundär „tatsächlich“. Siehe 1.3.5.3.1 Sprachebene.
169
Siehe Fluide Intelligenz (Raymond Bernard Cattell) und Funktionales Denken
(Elisabeth Dägling, Inge Schwank).
170
Es ist hierfür einerlei, ob man das Geistige als Grundqualität des Transzendenten
ansieht, das sich erst in höhern Differenzierungsformen zeigte oder als vollkommen
neues Produkt starker Emergenz.
171
Vgl. 1.1 Das Problem des abstrahierenden Geistes.
172
Vgl. die Kosmologie von Teilhard de Chardin (1940, {Deutsch} 1959, Der Mensch
im Kosmos) und hier den Begriff der Noosphäre im Bezug zu den heutigen
Möglichkeiten der Globalisierung, der kabellosen Kommunikation und des
weltumspannenden
Internets.
(Siehe
auch:
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http://www.veoh.com/watch/v186834883mEbbmEs?h1=Wohin+fuehrt+die+Evolutio
n+-+Die+Entdeckungen+des+Teilhard+de+Chardin, 18.08.2014)
173
Vgl. 1.2 Lösung des Problems des abstrahierenden Geistes durch Sprache in der
Gruppe.
174
Vgl. 1.3.5.2.1 Entfremdung.
175
Beispiele für irreale und irrationale Paradigmen in der Gesellschaft sind:
 Psychologismus → Individualismus → Profilierung → Konkurrenz
 Hierarchie → Autorität → Opferkult
 Radikaler Konstruktivismus
 Totale Ökonomisierung der Gesellschaft
 Neodarwinismus
 Ego-Bewusstsein
 Konkurrenz-Idee
 Der Homo Oeconomicus als optimal informierter (sic!) und rationaler (sic!)
Konsument
 Der Trickle-Down-Effect (ist real ein Fall-Up-Effect, der die Soziale Schere
erzeugt.)
 Anwendung statistischer Modelle auf den Finanzmarkt
 Anwendung statistischer Resultate auf Individuen in den gesamten
Sozialwissenschaften
 Anwendung linearer kausalistischer Modell auf komplexe Systeme wie
Organismen, Gruppen und soziale Systeme in den gesamten Sozialwissenschaften
 Die „Unsichtbare Hand des Marktes“ (Adam Smith, 1776, An Inquiry into the
Nature
and
Causes
of
the
Wealth
of
Nations,
https://en.wikisource.org/wiki/The_Wealth_of_Nations, 16.07.2014), die zwar die
Qualität der selbstreferenziellen Selbstregulation des Marktes als komplexes
System prinzipiell abbildet, aber nach 2½ Jahrhunderten auf eine völlig veränderte
quantitative Situation trifft, die sich durch totale Kapitalisierung
(Finanzmarktdominanz seit den 80ern), absolut maximale Vernetzung (globalisierte
Arbeitsteilung) und extrem beschleunigte Flussraten (Konsum und Derivate)
auszeichnet und damit im diametralen Gegensatz zum noch freien Raum des 18.
Jh. durch Grenzphänomene charakterisiert ist, die in keiner Weise mehr statistisch
oder linear-kausal, sondern nur noch durch nichtlineare komplexsystemische
Modelle nachvollziehbar sind.
 Entdemokratisierung durch exponentielle Entwicklung von Machtkonzentrationen
(Juli Zeh, 2009, Angriff auf die Freiheit. Sicherheitswahn – Überwachungsstaat
und der Abbau bürgerlicher Rechte) (Gerhart Baum, 2009, Rettet die Grundrechte
– Bürgerfreiheit contra Sicherheitswahn – Eine Streitschrift) (Thomas Darnstädt,
2009, Der globale Polizeistaat – Terrorangst Sicherheitswahn und das Ende
unserer Freiheiten) und Beschleunigung (vgl. den Begriff Beschleunigungskrise in
Peter Kafka, 1994, Gegen den Untergang) in Politik (Exekutive und speziell alle
Nachrichtendienste) und Wirtschaft (Google, Facebook etc.).
176
Hier sind vor alle nicht (adäquate) Beantwortungen von Bedürfnissen in
Entwicklungsfenstern (Säuglings- und Kleinkindalter, Adoleszenz) gemeint. Vgl.
1.3.5.2.1 Entfremdung.
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177
Jedes System ist limitiert und kann daher überlastet werden. Die Lösung hierfür sind
übergeordnete Systeme. Beantwortet das übergeordnete System die Überlastung eines
Subsystems nicht (adäquat), dann ist diese Nichteantwortung – nicht die primäre
Überlastung/Beschädigung! – existenziell zerstörend. Vgl. hierzu Judith Herman
(1992, {Deutsch} 1997, Die Narben der Gewalt, S. 9): „Erst wenn die Wahrheit [1.
der Primärbeschädigung durch den Primärtäter, 2. die Selbstheilung blockierende
Leugnung durch den Sekundärtäter (die Umwelt) und 3. die Tatsache der dreifachen
überdurchschnittlichen Stärke des 3.1. primär Beschädigten, 3.2. sekundär
Geopferten und 3.3. eine destruktive Eskalation durch den maximalen Gegenschlag
Vermeidenden] anerkannt ist, kann die Genesung […] beginnen.“
178
Vgl. 1.1 Das Problem des abstrahierenden Geistes.
179
Limitierung der Lebensbasis durch systematische Fehlentwicklung der basalen
physischen Ressourcen (Wasser, Luft, Ernährung, Biodiversität, Klima, Energie,
Kleidung, Wohnen, Gesundheit, Verkehr), der basalen sozialen Ressourcen (Bildung,
Kommunikation, Information, Recht, Solidarität, Gerechtigkeit, Anerkennung) sowie
der Regierungsform (Demokratie so weit wie möglich als direkte Basisdemokratie)
sowie allgemeiner universaler Paradigmen (Aufklärung, Kategorischer und
Ökologischer Imperativ, Falsifikationismus) mit den bekannten Folgen: Totale
Ökonomisierung, Ausbildung der Sozialen Schere und Abhängigkeit der
Bildungsmöglichkeiten vom individuellen ökonomischen Status speziell in
Deutschland, feministische Misandrie, milliardenfache Mangel- und Unterernährung
weltweit, anthropogener Klimawandel, Umweltverschmutzung (Nitrat im
Grundwasser, Kunststoffteppiche im Meer), Umweltverbrauch (Regenwälder,
Bergbau, Fracking), Ressourcenverbrauch (Phosphor, „Seltene Erden“, Süßwasser),
Rückgang der Biodiversität, Kernenergie, Verbrennung fossiler Energieträger.
180
Vgl. Jiddu Krishnamurtis Kritik an jedweder vorgegebener Form.
181
Lösungen sind für praktisch alle Probleme unserer Zeit bekannt und es mangelt auch
nicht an den hierfür notwendigen Ressourcen (wie man am Beispiel Welternährung
oder Energieversorgung optimal sehen kann), nur umgesetzt werden können sie nicht,
weil man dazu die konkrete Suboptimalität ansehen müsste, was die Menschen, weil
sie das nicht (adäquat) Beantwortetwerden (wörtlich) mit der Muttermilch (bzw.
deren Nichtvorhandensein, einem Nihil privativum) aufsogen und den damit
verbundenen Grundschmerz (vgl. den Begriff der primal pain bei Arthur Janov) in
jeder diesen triggernden Ähnlichkeit permanent ausblenden müssen.
182
Vgl. 1.3.5.2.1 Entfremdung.
183
Eine intrinsische Pflicht ist ein natürliches essentielles endogenes Bedürfnis und
damit das diametrale Gegenteil einer von außen oktroyierten Aufgabe!
184
Vgl. den Kategorischen Imperativ (Immanuel Kant).
185
Vgl. 1.3 Annäherung an Transzendenz im Individuum.
186
Vgl. Oskar Pfister (1944, Das Christentum und die Angst –
religionspsychologische historische und religionshygienische Untersuchung)
Eine
Bertrand
Russell
(1963,
Warum
ich
kein
Christ
bin,
http://www.positiveatheism.org/hist/russell2.htm, 16.07.2014) “Religion is based, I
think, primarily and mainly upon fear.” („Religion gründet sich, wie ich denke, zu
allererst und hauptsächlich auf Angst.“)
51-52
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Eugen Drewermann (1989, Kleriker – Psychogramm eines Ideals)
Hans Küng (2011, Ist die Kirche noch zu retten?)
Befreiungstheologie: Leonardo Boff (2013, Achtsamkeit – Von der Notwendigkeit
unsere Haltung zu ändern)
Eugen Biser (Bayerischer Rundfunk, 07.01.1998, alpha-Forum – Hubert Schöne im
Gespräch mit Eugen Biser, http://www.br.de/fernsehen/ard-alpha/sendungen/alphaforum/eugen-biser-gespraech100.html, 16.07.2014) „Die Menschen lassen sich durch
die Suggestion von Ängsten nicht mehr in die Kirche treiben […]“ und (Bayerischer
Rundfunk, 28.04.2003, alpha-Forum – Walter Flemmer im Gespräch mit Eugen Biser,
http://www.br.de/fernsehen/ard-alpha/sendungen/alpha-forum/eugen-bisergespraech102.html, 16.07.2014) „Man müsse den Menschen Angst machen, um sie
gefügig zu machen und sie zur Akzeptanz ihres Angebots zu bewegen.“
187
Vatikanum I, 1870, Dogmatische Konstitution „Dei Filius“ über den kath. Glauben
(http://www.forum-grenzfragen.de/kirchenamtliches/vaticanumi/dei-filius.html,
16.07.2014)
Vatikanum II, 1965, Erklärung Dignitatis Humanae über die Religionsfreiheit das
Recht der Person und der Gemeinschaft auf gesellschaftliche und bürgerliche Freiheit
in religiösen Belangen
(http://www.vatican.va/archive/hist_councils/ii_vatican_council/documents/vatii_decl_19651207_dignitatis-humanae_ge.html, 16.07.2014)
Vatikanum II, 1965, Erklärung Nostra Aetate über das Verhältnis der Kirche zu den
nichtchristlichen Religionen
(http://www.vatican.va/archive/hist_councils/ii_vatican_council/documents/vatii_decl_19651028_nostra-aetate_ge.html, 16.07.2014)
Vatikanum II, 1965, Erklärung Gravissimum Educationis über die christliche
Erziehung
(http://www.vatican.va/archive/hist_councils/ii_vatican_council/documents/vatii_decl_19651028_gravissimum-educationis_ge.html, 16.07.2014)
Friedrich Wilhelm Graf (SWR tele-akademie, 04.05.2014, Politik und Religion – Zur
Diagnose der Gegenwart, http://www.tele-akademie.de/begleit/video_ta140504.php,
16.07.2014)
Johann Kirchinger (Bayerischer Rundfunk, 11.12.2013, alpha-Campus – Kulturkampf
im Bayerischen Landtag – Auseinandersetzung des Staates mit der katholischen
Kirche in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, http://www.br.de/fernsehen/ardalpha/sendungen/alpha-campus/auditorium/kulturkampf-landtag100.html,
16.07.2014)
188
Papst Franziskus, 2013, Apostolisches Schreiben Evangelii Gaudium des Heiligen
Vaters Papst Franziskus an die Bischöfe an die Priester und Diakone, an die
Personen geweihten Lebens und an die christgläubigen Laien über die Verkündigung
des Evangeliums in der Welt von heute
(http://w2.vatican.va/content/francesco/de/apost_exhortations/documents/papafrancesco_esortazione-ap_20131124_evangelii-gaudium.html, 16.07.2014)
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