Raketenprinzip Für alle Arten der Fortbewegung gilt das gleiche Prinzip: Man stößt sich von einer bestimmten Materie ab. Betrachten Sie die Fortbewegung zu Lande, zu Wasser und in der Luft unter diesem Aspekt. Im Weltraum gibt es keine Materie von der man sich "abdrücken" könnte, daher muss diese Materie mitgeführt werden. In der Praxis stößt die Rakete meist heiße Gase mit hoher Geschwindigkeit aus und verliert dabei Masse. In der Massenveränderlichkeit eines Wechselwirkungspartners liegt der Unterschied zu den Problemen, die bisher mit dem Impulssatz behandelt wurden. Die Wirkung eines Raketenantriebs beruht auf Newtons fundamentalen Wechselwirkungsgesetz, welches besagt, dass jede Kraft eine gleich große, entgegengerichtete Kraft auslöst. Dieses Gesetz lässt sich einfach mit einem Luftballon verdeutlichen. Wird der Ballon unverschlossen und aufgeblasen losgelassen, fliegt er auf einer wilden Flugbahn davon. Beim aufgeblasenen Ballon steht die Luftmasse im Innern durch die Spannung der Ballonhülle relativ zu der Umgebung unter Überdruck. Im Moment des Loslassens gleicht sich dieser aus und ein Teil der ursprünglichen Gesamtmasse trennt mit einer Geschwindigkeit, die zur Druckdifferenz proportional ist, ab. Dadurch entsteht ein Kraftstoß, welcher den Ballon vorantreibt. Wir versuchen nun, dieses Reaktionsprinzip in Bezug auf ein Raketentriebwerk an drei physikalischen Modellen zu verdeutlichen. 1. Störung des in einem geschlossenen Behälter herrschenden Druckgleichgewichts durch eine einseitige Öffnung des Behälters. Durch die Verbrennung von Treibstoffen im Innern eines solchen Behälters entsteht Wärme. Damit erhöht sich auch die ungerichtete Molekularbewegung und ein Druck der Verbrennungsgase wird auf die Behälterinnenwand erzeugt. Ist der Druck im Innern nun höher als der umgebende Aussendruck, strömen die Verbrennungsgase beim Öffnen nach außen, um den Druck aus28 zugleichen und den Innendruck zu entspannen. Wenn jetzt der Behälter nur an einer bestimmten Stelle durch eine Bohrung geöffnet wird, kann nur dort der Druckausgleich stattfinden. Dabei tritt dann die enthaltene Gasmasse mit einer Geschwindigkeit proportional zum Druckunterschied und der Bohrungsgröße nach außen. Das Druckgleichgewicht an den gegenüberliegenden Wänden wird nun entsprechend der Bohrungsgröße einseitig verschoben, so dass in Richtung der nicht durchbohrten Wand, also in Richtung der Raketenspitze ein Schub entsteht. 2. Der Impulserhaltungssatz Der Impulserhaltungssatz besagt, dass im abgeschlossenen System der Gesamtimpuls konstant bleibt. Man versteht unter dem Gesamtimpuls die Vektorsumme aller Einzelimpulse. Der Impulserhaltungssatz kann gut an einem einfachen Experiment erläutert werden. Wenn ein Wagen 1 der Masse m1 mit einer Geschwindigkeit v1 unterwegs ist und während der Fahrt auf einen zweiten Wagen der Masse m 2 und der Geschwindigkeit v2, so gilt m1 • v 1 + m2 • v 2 = m1 • v 1' + m2 • v '2 , wobei mit den apostrophierten Größen die Größen nach dem Stoss genannt sind. Der Gesamtimpuls ist somit vor und nach dem Stoss gleich. 3. Der Satz von der Erhaltung des gemeinsamen Schwerpunkts Dieser Satz ist eigentlich nur eine andere Version des Impulssatzes. Er kann wiederum am Beispiel mit den zwei Wagen erläutert werden: Im Zustand der Ruhe besitzen beide Wagen zusammen einen gemeinsamen Schwerpunkt, dessen Lage auch während der Rollbewegung relativ zu den Wagen gleich bleibt. Der Wagen mit der größeren Masse, legt deshalb pro Zeiteinheit auch eine entsprechend kürzere Strecke zurück. Für diesen Lehrsatz gilt folgende Formel m1 • s1 = m2 • s2 , wobei m für die Masse und s für die zurückgelegte Strecke steht. Mittels dieser Voraussetzungen kann nun die Geschwindigkeit und die Schubkraft einer Rakete berechnet relativ einfach berechnet werden. Setzt man für die Masse der Rakete m1 und für die vom Treibwerk mit der Geschwindigkeit v2 abgestoßene Gasmasse m2, kann ihre Geschwindigkeit einfach mit dem Impulserhaltungssatz berechnet werden. Sie beträgt somit v1 = m2 m1 • v 2 .Ihr Schub F wird mit der ausgestoßenen Gasmasse m2 pro Zeiteinheit t und der Gasgeschwindigkeit v2 berechnet: F = m2 t • v 2 . Raketenprinzip Uni München http://www.bernd-leitenberger.de/saturn.html http://inspace.trekzone.de/nph-nge.cgi?n=raumfahrt.raketen&f=home 29 Die Ziolkowski – Raketenformel Bedingungen: Auf die Rakete sollen keine äußeren Kräfte wirken, d. h. Luftwiderstand und Gravitation Die Rakete soll aus der Ruhelage starten, d. h. zur Zeit t=0s soll die Geschwindigkeit v0=0m/s. Herleitung Die Start- oder Anfangsmasse der Rakete besteht aus 2 Teilen, nämlich aus der Masse des Treibstoffes mTr und der Leermasse mL es gilt also: Startmasse m0 = mTr + mL Während des ganzen Fluges stößt die Rakete stets die gleiche Gasmasse Δm in jeweils gleichen Zeitintervallen Δt aus. Durchsatz oder Abbrandgeschwindugkeit μ= ausgestoßene Masse Zeitinterv all μ= m = const. Δt Δ Bei konstantem Abbrand gilt: μ= mTr T Wobei T die Brenndauer vom Start bis zum Brennschluss ist. Für die Masse einer Rakete zu einer beliebigen Zeit t gilt. mt = m0 - μt = m0 - mTr •t T Die Geschwindigkeit der Rakete relativ zur Erde sei vt. Die Ausströmgeschwindigkeit des Gases sei w. Die Geschwindigkeit des Gases relativ zur Erde ist w - v t . Am Ende eines Zeitintervalls Δt gilt Masse Rakete mt - μ • Δt Geschw. der Rakete v t + Δv 30 Nach dem Impulserhaltungssatz muss die Summe von pRakete und pGas gleich dem Impuls zu Beginn des betrachteten Zeitintervalls Δt , d. h. gleich dem Impuls p t = mt • v t Es gilt: m t • v t = (m t - μ • Δt )(v t + Δv) - μ • Δt (w - (v t + Δv)) m t • v t = m t • v t + m t • Δv - μ • Δt • v t - μ • Δt • Δv - μ • Δt • w + μ • Δt • v t + μ • Δt • Δv / - m t • v t 0 = m t • Δv - μ • Δt • w mt • Δv - μ • Δt • w = 0 Aus der Gleichung folgt: mt • Δv = μ • Δt • w mt • v =μ• w Δt Δ mit Fs = μ • w v =a Δt Δ (Schub) Unter dem Schub eines Raketentriebwerkes (Formelzeichen: FS ) versteht man die von dem Gasausstoß herrührende Kraft, die die Rakete beschleunigt. Der Schub ist gleich dem Produkt ans der Abbrandgeschwindigkeit μ und der Geschwindigkeit w der ausgestoßenen Gase relativ zur Rakete. Weiter erfolgt für Δt → 0 aus der Gleichung m t • dv = w • μ • dt m t = m0 - μ • t (m 0 - μ • t ) • dv = w • μ • dt dv = w • μ • dt m0 - μ • t - μ • dt = d(m0 - μ • t) Daraus ergibt sich: dv = - w Durch Differenzstation lässt sich zeigen: d (mt ) = d (m0 - μ • t) = -μ dt dt oder d (m0 - μ • t) m0 - μ • t 31 Durch Integration erfolgt: dv = - w d (m 0 - μ • t) m0 - μ • t d (m 0 - μ • t) 0 -μ• t dx dv = - w ∫ ∫ m ∫x = ln x v t = - w • ln (m 0 - μ • t) + C Aus den Anfangsbedingungen t=0s und v=0m/s ergibt sich: 0 = - w • ln m0 + C C = w • ln m0 damit ergibt sich für die Geschwindigkeit (vor Abbrand) v t = - w • ln (m 0 - μ • t) + w • ln m 0 v t = w • (ln m 0 - ln (m 0 - μ • t)) v t = w • ln m0 m0 - μ • t v t = w • ln m0 mt Für die ideale Endgeschwindigkeit ergibt sich: v t = w • ln m0 mL Raketengleichung nach Ziolkowski Stufenprinzip 1. Stufe v1 = w • ln m01 mL1 2. Stufe v 2 = w • ln m02 mL 2 m02 = mL1 - mR ST1 3. Stufe v 3 = w • ln m03 mL 3 m03 = mL2 - mR ST2 32