Zusammenfassung Stochastik Klasse 11 Die bedingte Wahrscheinlichkeit PA(B) gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Ereignis B eintritt, wenn das Ereignis A schon eingetreten ist. PA (B) P( A B) P( A ) Der allgemeine Multiplikationssatz ist eine Verallgemeinerung der Pfadregel. Er folgt durch Umstellen der Formel für die bedingte Wahrscheinlichkeit. 1. P( A B) PA (B) P( A ) PB ( A ) P(B) Die Formel für die totale Wahrscheinlichkeit ist eine Verallgemeinerung der 2. Pfadregel. Man berechnet die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses B als Summe der zum Ereignis B führenden Einzelwahrscheinlichkeiten im Baumdiagramm. P(B) PA1 (B) P( A1) PA 2 (B) P( A 2 ) ... PA i (B) P( Ai ) P(B) P( A1 B) P( A 2 B) ... P( A i B) Gilt für zwei Ereignisse A und B (z. B. Ziehen mit Zurücklegen) PA(B) = P(B) bzw. PB(A) = P(A), so sind die beiden Ereignisse A und B unabhängig. Andernfalls sind sie abhängig. Der Satz von Bayes drückt die Abhängigkeit einer bedingten Wahrscheinlichkeit PB(Ai) bzw. PB(A) von einer nichtbedingten Wahrscheinlichkeit P(Ai) bzw. P(A) aus. Die Formel nach Bayes folgt aus den allgemeinen Formeln für die 1. und 2. Pfadregel und der Formel für die bedingte Wahrscheinlichkeit. PB ( A i ) P( A i ) PA i (B) bzw. PB ( A ) n P( Ak ) PA k 1 k (B) P( A B) P(B) Wahrscheinlichkeit Die Wahrscheinlichkeitsfunktion P ordnet jedem Ereignis E genau eine reelle Zahl aus dem Intervall [0;1] zu, die Wahrscheinlichkeit des Ereignisses E. ( Schreibweise: P: E P(E) ) Zufallsexperimente, bei denen Chancengleichheit für alle Elementarereignisse ( ̂ Einzelelemente der Ergebnismenge) besteht, heißen Laplace-Experimente. Die Wahrscheinlichkeit 1 des sicheren Ereignisses wird gleichmäßig auf die Elementarereignisse verteilt. (Beispiel: Würfeln mit einem „gerechten“ Würfel) Unter der Voraussetzung der Gleichwahrscheinlichkeit eines jeden Elementarereignisses aus der Ergebnismenge gilt für die Wahrscheinlichkeit P(E) eines Ereignisses E: P(E) = E Anzahl der für das Ereignis E günstigen Ergebnisse Anzahl der möglichen Ergebnisse Diese Wahrscheinlichkeitsdefinition wird als klassische bzw. LaplaceWahrscheinlichkeit bezeichnet. Eigenschaften der Wahrscheinlichkeitsfunktion P (1) Für alle Ereignisse E gilt 0 P(E) 1. (2) P( )= 1 und P( )= 0 (3) Wenn A B , dann gilt: P(A B) P( A ) P(B) . (4) Ist E das Gegenereignis zu E, dann gilt: P( E) = 1 – P(E). (5) Sind A und B zwei beliebige Ereignisse, so gilt: P(A B) P(A ) P(B) P(A B) Unabhängigkeit von Ereignissen Rauchen und Sportverein In einer aktuellen Umfrage an einer Schule ist erfasst worden, wie viele Schülerinnen und Schüler der 10. bis 12. Klassen regelmäßig rauchen und Mitglied in Sportvereinen sind. Die absoluten Häufigkeiten sind aus der folgenden Tabelle zu entnehmen. Raucher h(R) Nichtraucher Mitglied Sportverein h(S) 40 74 nicht Mitglied Sportverein h(nS) 62 64 Untersuchen Sie, ob es eine Abhängigkeit zwischen einer Mitgliedschaft im Sportverein und dem Rauchen gibt. Sport und Rauchen in einer Stadt Zur Vorbereitung einer Werbekampagne gegen das Rauchen ist in einer Stadt ermittelt worden, dass unter den Mitgliedern von Sportvereinen im Alter von 15 bis 65 Jahren 40% rauchen. Von allen Einwohnern im gleichen Alter, die nicht in einem Sportverein sind, wurden 48% Raucher(innen) festgestellt. Bekannt ist, dass jeder vierte Bewohner der Stadt Mitglied in einem Sportverein ist. Untersuchen Sie, ob sich die Mitgliedschaft in einem Sportverein günstig auf das Nichtrauchen auswirkt. Vierfeldertafel: Raucher Mitglied im nicht Mitglied im Vergleich der Sportverein (S) Sportverein (nS) Quotienten: 0,40*0,25=0,10 0,48*0,75=0,36 0,46 (R) Nichtraucher (nR) 0,10 ? 0,46 0,25 1,00 0,4 0,46 0,60*0,25=0,15 0,25 0,52*0,75=0,39 0,75 0,54 1,00 Die beiden Merkmale Rauchen und Mitglied in einem Sportverein sind für die Bewohner der Stadt nicht unabhängig voneinander. Die Größe der Abweichung der beiden Quotienten gibt möglicherweise einen Hinweis auf die Stärke der Abweichung an. (Beschreibende Statistik 12/13) Übungsaufgaben Übungsaufgaben Berechnung von Wahrscheinlichkeiten 1. In einer Urne befinden sich genau 30 Kugeln, und zwar 15 rote neun weiße und sechs grüne Dieser Urne werden auf „gut Glück" genau sechs Kugeln gleichzeitig entnommen. Mit welcher Wahrscheinlichkeit p erfasst man dabei a) nur rote, weiße b) nur weiße, c) nur grüne d) zwei grüne und vier e) von den roten genau drei und von den weißen genau zwei Kugeln? 2. An einem Handballturnier nehmen (genau) 18 Mannschaften teil, aus denen durch Los zwei Gruppen zu je 9 Mannschaften gebildet werden. Unter den teilnehmenden Mannschaften befinden sich (genau) fünf Mannschalten der höchsten Spielklasse. Bestimmen Sie die Wahrscheinlichkeiten der folgenden Ereignisse A = {alle Mannschalten der höchsten Spielklasse befinden sich in derselben Gruppe} B = {in einer Gruppe befinden sich 2 Mannschaften der höchsten Spielklasse, in der anderen 3} 3. In einer Lieferung von 50 Teilen befinden sich genau 5 Ausschussteile. Zwischen Hersteller und Käufer wurde vereinbart, dass die Sendung nur dann angenommen wird wenn sich in einer (ohne Zurücklegen entnommenen) Stichprobe von 4 Teilen nicht mehr als ein Ausschussteil befindet. Mit welcher Wahrscheinlichkeit p wird diese Sendung angenommen7 4. Einer Lostrommel, die genau zehn Lose (zwei Gewinnlose und acht Nieten) enthält, werden „auf gut Glück“' zwei Lose gleichzeitig entnommen. Geben Sie eine geeignete Ergebnismenge an. Berechnen Sie die Wahrscheinlichkeit der folgenden Ereignisse: A = {es wird kein Gewinnlos gezogen} B ={es wird genau ein Gewinnlos gezogen} 5. Bei den acht Teilnehmern eines Informatikkurses hat sich ein Vertreter der Softwarefirma All Right angesagt, der Raubkopien aufspüren soll. Genau zwei der Teilnehmer besitzen Raubkopien von All Right. Als sie vom Vertreter befragt werden, sind natürlich alle acht Teilnehmer ohne eine solche Raubkopie. Daraufhin wählt der Vertreter ,auf gut Glück -alle hinterlassen bei ihm denselben ehrlichen Eindruck (genau) drei von ihnen aus, um ihre Software zu kontrollieren. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Vertreter (vorausgesetzt, er übersieht keine Raubkopie) bei dieser Vorgehensweise mindestens einen der „Räuber" erwischt? 6. Die Seltenflachen eines ungezinkten den Ziffern 1, 2, 3 und 4 beschriftet. auf der Fläche, auf der das Tetraeder Aus den geworfenen Ziffern wird unter vierstellige Zahl gebildet. Tetraeders sind (paarweise verschieden) mit Als Ergebnis eines Wurfes zählt die Ziffer liegt. Das Tetraeder wird viermal geworfen. Beachtung der Wurfreihenfolge eine a) Bestimmen Sie die Anzahl n der verschiedenen Zahlen, die auftreten können. b) Bestimmen Sie die Anzahl m der möglichen Zahlen, die genau drei gleiche Ziffern aufweisen. c) Mit welcher Wahrscheinlichkeit p tritt eine Zahl mit vier verschiedenen Ziffern auf? d) Mit welcher Wahrscheinlichkeit p wird eine Zahl mit genau zwei Dreien gebildet9 Übungsaufgaben I (Ergebnismengen und Ereignisse) Montagsfahrrad Die Firma Diamint stellt Fahrräder her. Untersuchungen in der Montageabteilung haben ergeben, dass an den Tagen Dienstag bis Freitag montierte Fahrräder mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,05 Montagefehler aufweisen, montags montierte Räder mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,15. Es wird an allen Tagen (Montag-Freitag) die gleiche Stückzahl produziert. a) Berechnen Sie die Wahrscheinlichkeit, dass bei zufälliger Auswahl eines Fahrrades aus der Gesamtproduktion ein am Montag produziertes Fahrrad gezogen wird, welches keine Montagefehler aufweist. b) Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass beim Kauf eines Fahrrades ein Montagefehler auftritt? c) An einem aus dieser Produktion stammenden Fahrrad ist eine fehlerhafte Montage festgestellt worden. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Fahrrad montags montiert wurde? d) Auf welche Wahrscheinlichkeit müsste das Auftreten von Montagefehler am Montag gesenkt werden, damit die Wahrscheinlichkeit bei zufälliger Auswahl eines Fahrrades aus der Gesamtproduktion für einen Montagefehler nicht größer als 0,06 ist? Lösungsskizze Ereignisse: a) b) c) d) M:= Fahrrad montags produziert; nM:= Fahrrad nicht montags produziert; F:= Fahrrad mit Fehlern nF:= Fahrrad ohne Fehler p = 0,2*0,85 = 0,17 p = 0,2*0,15+ 0,8*0,05 = 0,07 M p = 0,03/0,07 = 0,428 nM 0,06 > 0,2*x + 0,8*0,05 ; x<0,1 F 0,03 0,04 0,07 nF 0,17 0,76 0,93 0,2 0,8 Häufigkeiten Zufallsexperiment: a) Ein Tetraeder wird 200mal nacheinander geworfen. b) Ein Tetraeder wird 350mal nacheinander geworfen. Die Ergebnisse werden jeweils in einer Häufigkeitstabelle erfasst. Augenzahl 1 2 3 4 Augenzahl 1 2 3 45 52 54 80 91 4 87 Definition: Tritt ein Ereignis A bei n-maliger Durchführung ein und desselben Zufallsexperimentes genau Hn(A)-mal ein, so bezeichnet man Hn(A) H (A ) als die absolute und hn(A)= n als die relative Häufigkeit des n Ereignisses A. Die relative Häufigkeit wird oft auch in Prozent angegeben. Empirisches Gesetz der großen Zahl Die relativen Häufigkeiten hn(A) eines Ereignisses A werden nach einer hinreichend großen Anzahl n von Durchführungen eines Zufallsexperimentes stabil. Eigenschaften von relativen Häufigkeiten (1) hn (A ) hn (1 ) hn ( 2 ) ... hn (i ) mit A 1 ; 2 ;...; i (2) 0 h n ( A ) 1 (3) hn( )= 1 und hn( )= 0 (4) Sind die Ereignisse A und B unvereinbar, so gilt: hn (A B) hn (A ) hn (B) . (5) Für beliebige Ereignisse A und B gilt: hn (A B) hn (A ) hn (B) h n (A B) Grundbegriffe der Stochastik Einen Vorgang nennt man Zufallsexperiment, wenn dabei mindestens zwei Ergebnisse (Ausgänge) möglich sind und es vor Ablauf des Vorgangs nicht vorhersagbar ist, welches der möglichen Ergebnisse eintreten wird. Eine Menge heißt Ergebnismenge eines Zufallsexperimentes, wenn jedem möglichen Ergebnis des Zufallsexperimentes genau ein Element aus der Menge zugeordnet wird. Man schreibt i (mit i ) für die einzelnen Ergebnisse des Zufallsversuches und 1; 2 ;...; n für die Ergebnismenge. Teilmengen der Ergebnismenge werden als Ereignis bezeichnet. Ein Ereignis A tritt ein, wenn als Versuchsergebnis ein Ergebnis aus A erzielt wurde. Ein Ereignis, dass keine Ergebnisse enthält (also nicht eintreten kann) heißt unmögliches Ereignis. (Symbol: (leere Menge)) Ereignisse, die genau ein Ergebnis enthalten nennt man Elementarereignisse. Das Ereignis , welches alle Ergebnisse enthält, heißt das sichere Ereignis. Aufgabe: Erläutern Sie mithilfe des Zufallsexperimentes „Würfeln mit einem regelmäßigen Würfeln“ die o. g. Begriffe. Bedingte Wahrscheinlichkeit und Vierfeldertafeln Zwei unterscheidbare L-Würfel werden gleichzeitig geworfen. Die interessierenden Ereignisse seien A={Augensumme ist größer als 8} und B={Augensumme ist ungerade}. a) Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit für eine ungerade Augensumme unter der Bedingung, dass die Augensumme größer als 8 ist? b) Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit für eine Augensumme größer 8 unter der Bedingung, dass die Augensumme ungerade ist? Lösung: Es handelt sich jeweils um eine bedingte Wahrscheinlichkeit. Man erhält P(A) = 10 18 und P(B) = . Für die Schnittmenge 36 36 A B ergibt sich A B ={(3+6);(6+3);(4+5);(5+4);(5+6);(6+5)}, d. h. P( A B ) = 6 . Die bedingte Wahrscheinlichkeit PA(B) (Teilaufgabe 36 a)) beschreibt, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine ungerade Augensumme (Ereignis B), die größer ist als 8, erscheint. 6 P(A B) 3 PA(B) = = 36 . Mit einer Wahrscheinlichkeit von 60% ist 10 5 P(A ) 36 unter den Augensummen größer als 8 eine ungerade Zahl. Berechnen Sie PB(A) (Teilaufgabe b)). Vergleichen Sie beide Ergebnisse. Definition: Wenn A und B zwei beliebige Ereignisse mit P(A)>0 sind, dann bedeutet PA(B) die durch A bedingte Wahrscheinlichkeit von B. PA(B) wird berechnet als Quotient der Wahrscheinlichkeiten der Ereignisse A B und A. PA(B) = P(A B) P(A ) Darstellung in einer Vierfeldertafel Vierfeldertafeln sind zu zwei Ereignissen und deren jeweiligen Gegenereignis systematisch aufgebaute Tabellen bzw. Tafeln, die beim Lösen von stochastischen Problemen (insbesondere zur bedingten Wahrscheinlichkeit) hilfreich sein können. A A B P( A B) p 1 P(A B) p 2 P(B) = p1+p2 B P(A B) p 3 P(A B) p 4 P( B ) = p3+p4 P(A) = p1+p3 P( A )= p2+p4 1 In Vierfeldertafeln (siehe Bild) werden in den inneren eigentlichen vier Feldern die Wahrscheinlichkeiten (oder relativen Häufigkeiten oder absoluten Häufigkeiten) der paarweise unvereinbaren Ereignisse A B , A B, A B und A B eingetragen. Die Wahrscheinlichkeiten oder Häufigkeiten der Einzelereignisse sind als Spalten bzw. Zeilensummen an den Rändern der Tabelle notiert. A A B 6 36 12 36 18 36 B 4 36 14 36 18 36 10 36 26 36 1 Aufgabe: Auf Grund von Beobachtungen weiß man, dass beim Einschalten einer Anlage das Bauteil A mit der Wahrscheinlichkeit 0,05 und das Bauteil B mit der Wahrscheinlichkeit 0,07 ausfällt. Dass zwar A, aber nicht B ausfällt, tritt mit der Wahrscheinlichkeit 0,004 ein. Mit welcher Wahrscheinlichkeit fällt wenigstens eines dieser beiden Bauteile beim Einschalten der Anlage aus? (Hinweis: Erarbeiten Sie eine Vierfeldertafel) Axiomensystem von Kolmogorov Der russische Mathematiker A. N. Kolomogorov (1903-1987) fand 1933, dass lediglich drei Regeln (Axiome) für das Rechnen mit Wahrscheinlichkeiten ausreichen, um alle anderen Rechenregeln daraus abzuleiten. Unter Axiomen versteht man (mathematische) Aussagen und Begriffe, die nicht aus anderen Aussagen bzw. Begriffen ableitbar sind. Axiome sind wahr und bilden die Grundlage für mathematische Theorien. Eine Funktion P, die jeder Teilmenge A einer endlichen Ergebnismenge eine reelle Zahl P(A) zuordnet, heißt Wahrscheinlichkeitsverteilung (bzw. Wahrscheinlichkeitsfunktion oder Wahrscheinlichkeitsmaß), wenn sie folgenden drei Bedingungen genügt: Axiom 1 (Nichtnegativität) : P(A) > 0 Axiom 2 (Normiertheit): P( )= 1 Axiom 3 (Additivität): P(A B) P( A ) P(B), falls A B Aufgabe: Zeigen Sie, dass sich die folgenden Aussagen aus den Axiomen von Kolmogorov ableiten lassen: a) P( A ) = 1 – P(A) b) P( )= 0 c) P(A) < 1 d) P(A B) P(A ) P(B) P(A B)