EVERHARD HOLTMANN 5 Die Krise des Föderalismus und der kommunalen Selbstverwaltung Einführung Die Weimarer Reichsverfassung hatte die Verteilung von Macht und Zuständigkeiten zwischen Reich, Ländern und Gemeinden in einer Weise geregelt, die im Verhältnis zwischen diesen drei Gebietskörperschaften von Beginn an Spannungen und Konflikte erzeugte. Die Strukturmängel und die Reformbedürftigkeit dieses "labilen Föderalismus" (Richard Thoma) der Weimarer Verfassungskonstruktion traten bald deutlich zutage. Schon der territoriale Zuschnitt der neuen (alten) Länder war extrem ungleichgewichtig: Preußen hatte rund 37 Millionen Einwohner und umfasste allein etwa drei Siebtel des gesamten Reichsgebiets; das kleinste Land SchaumburgLippe zählte hingegen nicht einreal 50 000 Einwohner. Im Reichsrat, der Ländervertretung, war Preußen nach Zahl und Wahlmodus seiner Vertreter dennoch doppelt benachteiligt; denn 13 von 26, später 27 Stimmen entfielen auf Provinzialvertreter, welche häufig anders als die Vertreter des preußischen Staatsministeriums stimmten, so dass auf Grund dieses abweichenden Stimmverhaltens beispielsweise zwischen Juli 1921 und August 1928 Preußen nur bei etwa jeder fünften namentlichen Abstimmung das Gewicht seines Stimmblocks geschlossen einsetzen konnte. Zum anderen blieb das Verhältnis zwischen den Kompetenzen des Zentralstaates und originären Länderrechten unausgewogen. Eine durchdacht dezentrale Verteilung der Staatsaufgaben zwischen Reich und Ländern hatte, wie der Staatsrechtler Richard Thoma 1930 bemängelte, nicht stattgefunden. So wurden einerseits innerhalb Preußens die Geschäfte der Landesverwaltung und Landespolitik faktisch rezentralisiert. Andererseits sahen sich die Kleinstaaten infolge ihrer unzureichenden Verwaltungs- und Finanzkraft zur Erfüllung der ihnen zufallenden öffentlichen Aufgaben sichtlich überfordert. Überdies waren in die Verfassung keine wirksamen föderalistischen Hemmungen gegen das Vordrängen zentralistischer Bestrebungen der Reichsgewalt eingebaut worden. Zumal im Bereich der Finanzverfassung fehlten echte und unantastbare bundesstaatliche Mitwirkungs- und Verteilungsgarantien. Die Folge war, dass die Steuergesetzgebung und der Finanzausgleich zwischen Reich, Ländern und kommunalen Organen seit 1920 einseitig nach den gesetzlichen Vorgaben der Reichspolitik aus- und umgestaltet worden sind. Dieser unitarisierenden Entwicklungstendenz konnte sich der Reichsrat nicht wirkungsvoll widersetzen. Die Ländervertretung hatte im Gesetzgebungsverfahren keine wirkliche Vetomacht. Somit ermangelte es eines Einigungszwangs zwischen Zentralstaat und Ländern, wie er für den kooperativen Föderalismus der nachmaligen Bundesrepublik kennzeichnend und stilbildend geworden ist. Dennoch kam es 1928 von Seiten des Reiches und der Länder zu einem ernsthaften Versuch, die bei der Verfassungsgebung versäumte Reichsreform nachzuholen. Der 171 von der Länderkonferenz im Juli 1930 mit großer Mehrheit (einschließlich der Vertreter Preußens) verabschiedete Neugliederungsplan zielte im Kern darauf ab, den Dualismus zwischen Reich und Preußen durch die Zerlegung des mit Abstand größten Landes in "neue" Länder aufzulösen; im Gegenzug sollte die Position der "alten" Länder dadurch aufgewertet werden, dass ihnen erweiterte Zuständigkeiten vom Reich übertragen wurden. Das Zustandekommen dieses Vorschlags für eine "differenzierte Gesamtlösung" der Reichsreform, dem - mit Ausnahme Bayerns - alle größeren Länder zustimmten, bezeugt, dass auf der zweiten staatlichen Ebene der Weimarer Republik die bestimmenden politischen Kräfte durchaus willens und imstande waren, eine heikle und komplizierte Konfliktregelung schiedlichfriedlich auszuhandeln. Die Reichsreform ist denn auch letztlich nicht an etwa mangelnder föderalistischer Kompromissbereitschaft der Länder gescheitert (auch der hinhaltende Widerstand Bayerns allein hätte sie wohl nicht verhindert), sondern weil sich die innenpolitischen Bedingungen für staatliche Reformen mit der 1930 aufbrechenden und durch die Wirtschaftskrise beschleunigten allgemeinen Systemkrise jäh verschlechterten. Brünings Notverordnungs-Regime führte einen autoritären Zentralismus ein, welcher die Länder in ihrer Haushaltspolitik wie auch als Organe der vollziehenden Ordnungsgewalt enger denn je den Anweisungen des Reiches unterwarf. Für die Präsidialkabinette waren die mit dem Konzept Reichsreform verbundenen Pläne einer Verfassungs- und Verwaltungsreform nur mehr ein machtpolitischer Hebel, um die Fundamente der parlamentarischen Demokratie zu unterhöhlen und das noch von einer Weimarer Koalition regierte Preußen als Machtfaktor auszuschalten. Umgekehrt waren die republiktreuen Kräfte in dieser Situation nicht willens, das Bollwerk Preußen" einfach preiszugeben. Der Preußenschlag" Papens vom 20. Juli 1932 war der spektakuläre Höhepunkt in der schrittweise verwirklichten kalten politischen Gleichschaltung der Länder, wie sie mit den BrüningNotverordnungen 1930 eingeleitet worden war. Mehr noch als die Länder waren die Städte und Gemeinden im Fortgang der 20er Jahre vor allem finanziell zunehmend in die Abhängigkeit des Reiches geraten. Eine dem Artikel 28,2 des Grundgesetzes vergleichbare institutionelle Garantie der kommunalen Selbstverwaltung kannte die Weimarer Reichsverfassung nicht. Der Zentralstaat wies den Gemeinden gleichwohl fortwährend neue Pflichtaufgaben zu, ohne die dadurch entstehenden Mehrkosten ausreichend zu kompensieren (was eine Überdehnung der örtlichen Gewerbesteuer zur Folge hatte), und er regierte zugleich über den Umweg zweckgebundener Zuweisungen (Fondswirtschaft) zunehmend in den Kernbereich kommunaler Angelegenheiten hinein. Als die Arbeitslosenzahlen infolge der einbrechenden Großen Depression ab 1930 in die Höhe schnellten, erreichte die Finanznot der Gemeinden und insbesondere der großen Städte ein dramatisches Ausmaß. Die prekäre Haushaltslage bot der konservativen Rechten willkommenen Anlass, um mit intellektueller Schützenhilfe prominenter Staatsrechtslehrer einen Frontalangriff gegen die demokratische Kommunalverfassung zu eröffnen. Speziell die als Folge der Demokratisierung des Gemeindewahlrechts beklagte "pluralistische Zersetzung" der Gemeindepolitik war diesen Kreisen ein Dorn im Auge. In Wahrheit aber ist die in der ideologischen Krisenliteratur der Carl Schmitt, Ernst Forsthoff und Arnold Koettgen stilisierte "Krise der kommunalen Selbstverwaltung" Ausdruck der auch das Gemeindeleben durchdringenden politischen Radikalisierung gewesen und zum anderen als Ergebnis des autoritärstaatlichen Notverordnungskurses erst wesentlich mit herbeigeführt worden. So wurden die direkten staatlichen Eingriffsrechte auf dem Verordnungswege beträchtlich ausgeweitet, wurde die faktische Reichszuständigkeit für gemeindliche Angelegenheiten ausgedehnt. Ferner erzwangen die staatlicherseits verfügten Einspargebote, Steuerregelungen und Anleihekontrollen eine empfindliche Einschränkung kommunaler Investitionen und Daseinsfürsorgeleistungen. Den finanziell, machtstaatlich und auch durch die Radikalisierung des öffentlichen Lebens bewirkten Lähmungszustand der Selbstverwaltung spiegelte die gemeinde- 172 interne Politikentwicklung ab 1930 wider. Ratsvertreter der extremen Flügelparteien NSDAP und KPD, wenngleich der Zahl nach noch zu wenig, um eine Verhinderungskoalition zu bilden, nutzten ihr Mandat zu demagogischen Auftritten. Die formal rechtswidrige Weigerung zahlreicher Ratsvertretungen, die Steuerverordnungen des Reiches in gemeindliche Beschlüsse umzusetzen, dokumentiert nicht nur die Selbstblockade kommunaler Parteipolitik, sondern zog auch die staatliche Pfändung von Gemeindesteueranteilen sowie die Einsetzung von Staatskommissaren nach sich. Somit war schon vor der nationalsozialistischen Machtergreifung im Januar und März 1933 die Verstaatlichung und innere Auflösung demokratischer kommunaler Selbstverwaltung weit fortgeschritten. Chronik 27. April 1926 18. November 1927 16.-18. Januar 1928 27./28. September 1929 17. November 1929 21. Juni 1930 1. Dezember 1930 3. Dezember 1930 4. Februar 1931 5. Juni 1931 5. August 1931 9. August 1931 24. August 1931 24. April 1932 3. Finanzausgleichsgesetz: Neuregelung der Zuständigkeitsverteilung zwischen Reich und Ländern hinsichtlich der Steuerquellen und Steuererträge sowie deren Unterverteilung Bochumer Rede Hjalmar Schachts: Polemik gegen anleihefinanzierte "Luxusausgaben" der Gemeinden Von Reichskanzler Marx einberufene Länderkonferenz in Berlin: Einsetzung eines paritätischen Verfassungsausschusses zur Vorbereitung einer Verfassungs-, Finanz- und Verwaltungsreform Jahresversammlung des Deutschen und des Preußischen Städtetages in Frankfurt am Main Gemeindewahlen in Preußen Annahme zweier Gutachten zur Zuständigkeitsabgrenzung und Verwaltungsorganisation durch den Verfassungsausschuss der Länderkonferenz ("differenzierte Gesamtlösung") Notverordnung (NotV0): Gehaltskürzungen für Angestellte und Beamte in Reich, Ländern und Gemeinden; Senkung der kommunalen Realsteuern Reich-Länder-Richtlinien für das Schuldenwesen der Gemeinden Volksbegehren des "Stahlhelm" zur Auflösung des Preußischen Landtags NotVO: Gehaltskürzungen auch für Gemeindearbeiter; Haushaltssicherungsvorschriften, u. a. durch verschärfte staatliche Kommunalaufsicht NotVO über kommunale Sparkassen und Giroverbände Volksentscheid zur Auflösung des Preußischen Landtags mit 37 Prozent Ja-Stimmen gescheitert NotVO: Regelungsermächtigung an die Länder hinsichtlich kommunaler Haushaltswirtschaft Landtagswahlen in Preußen, Bayern und weiteren Ländern; Preußische Staatsregierung nach Rücktritt nurmehr geschäftsführend im Amt 173 20. Juli 1932 25. Oktober 1932 12. März 1933 "Preußenschlag" Papens: Absetzung der preußischen Staatsregierung und der Schutzpolizeiführung; Einsetzung einer kommissarischen Regierung Entscheidung des Preußischen Staatsgerichtshofes in der Sache "Preußen kontra Reich" Gemeindewahlen in Preußen 174 Stiller Verfassungswandel durch vordringende Reichsgewalt Seit 1920 hatte sich im Ergebnis der Bemühungen, die enormen finanziellen und sozialen Folgelasten des Krieges und der Stabilisierungskrise zu bewältigen, die Aufgabenverteilung zwischen Reich und Ländern erheblich verschoben. Ausgangs der 20er Jahre konstatierte der Verfassungsrechtler Gerhard Lassar einen Verfassungswandel, der sich als "Vordringen der Reichsmacht" äußere. Lassar nannte als Gründe bzw. Erscheinungsformen dieser stillen Machtverschiebung: das Übergewicht der Zentralorganisationen, insbesondere der Reichstagsfraktionen, im Parteiensystem; die eingeübte Praxis der wirtschaftlichen und kulturellen Interessenverbände, bevorzugt das Spitzengespräch mit Reichsstellen zu suchen; die mangelnde Ausgewogenheit der Ländergliederung; die Entschlossenheit des Reiches, die ihm in Art. 14 WRV eingeräumten Möglichkeiten auszunutzen, reichseigene Verwaltungseinrichtungen zu schaffen; die den Zentralinstanzen im Bereich der Finanz-, Wirtschafts- und Sozialpolitik übertragenen selbständigen Entscheidungsund Verordnungs-Befugnisse (Kartellaufsicht, Schlichtungswesen, Steuerverbund u. a. m.); schließlich das Entstehen einer öffentlichen Nebenverwaltung durch privatwirtschaftliche Aktivitäten des Reiches.(1) Von allen diesen hier aufgezählten Schritten hin zum Einheitsstaat war die "Verreichlichung" der Steuer- und Finanzhoheit sowie die damit verbundene Übergabe des Finanzverwaltungsapparats an das Reich der wohl folgenreichste. Die Erzbergersche Finanzreform von 1920 hatte die innerstaatlichen Gewichte "zugunsten einer starken Zentralgewalt und zu Lasten der Kompetenzen der Einzelstaaten und Gemeinden" entscheidend verrückt."(2) Der Aufbau einer Reichsfinanzverwaltung durchbrach, freilich gedeckt durch Art. 14 WRV, die Regel, dass Reichsgesetze durch Landesbehörden ausgeführt werden. Die Steuerverteilung zwischen Reich, Ländern und Gemeinden wurde durch das Finanzausgleichsgesetz vom 27. April 1926 sowie dessen nachfolgende Novellierungen (3) grundlegend neu gestaltet. Da die ertragreichsten vormaligen Landessteuern (Einkommensteuer, Vermögensteuer) auf das Reich übergegangen waren und dieses auch die Umsatzsteuer als Steuerquelle in starkem Maße erschloss, wurde es notwendig, die Länder für den Einnahmeausfall durch entsprechende Überweisungen aus dem Steueraufkommen des Reiches zu entschädigen. Die im Rahmen dieses Steuerverbunds vorgenommene Umverteilung war beträchtlich: Im Rechnungsjahr 1929 etwa waren von rund 9,33 Mrd. RM Einnahmen an Besitz-, Verkehrs- und Verbrauchssteuern sowie Zöllen rund 3,27 Mrd. RM an die Länder und Gemeinden zu überweisen(4) (vgl. Tab. 1). Die Aufteilung erfolgte nach' dem Aufkommensprinzip, d. h. Bemessungsgrundlage der Verteilung war nicht die Bevölkerungszahl, sondern das Steueraufkommen der einzelnen Länder. Dies verursachte ein Steuerkraftgefälle; überwiegend agrarische Länder wie Bayern oder Mecklenburg-Schwerin erhielten Zuweisungen unterhalb des Reichsdurchschnitts. (5) (vgl. Tab. 2). Das Finanzausgleichsgesetz enthielt eine sogenannte Arme-Länder-Klausel (§ 35). Sofern ein Land bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer-Zuteilung den Reichsdurchschnitt um mehr als 20 Prozent unterschritt, war der Fehlbetrag bis auf 80 Prozent des Gesamtmittels auszugleichen. Hierfür stellte das Reich z. B. 175 Tabelle 1: Steuereinnahmen der Länder und Gemeinden (Ertragsziffern in Mio. RM) Entnommen aus: Anschütz/Thoma, HB. des Dt. Staatsrechts Bd. I, Tübingen 1930, S. 331 176 Tabelle 2: Verteilung der Überweisungssteuern auf die Länder nach dem Aufkommensprinzip Entnommen aus: Anschütz/Thoma, HB. des Dt. Staatsrechts Bd. I, Tübingen 1930, S. 338 1926 insgesamt 16,5 Mio. RM bereit, die u. a. an Anhalt, Mecklenburg-Schwerin, Schaumburg-Lippe, Lippe-Detmold, aber auch an Bayern ausgezahlt wurden.(6) Die Weiterverteilung innerhalb der Einzelstaaten war landesgesetzlich geregelt. In Preußen z. B. behielt das Land 55 Prozent der Verbundmasse für sich selbst und reichte 38 Prozent an die Gemeinden sowie je 2(1)/Z Prozent an die Provinzen und Kreise weiter (2 % flossen in die Landesschulkasse). In Bayern betrug der Selbstbehalt des Landes 60 Prozent, in Württemberg 66 2/3 Prozent, in Sachsen hingegen 47 Prozent. Auch für die Unterverteilung an die kommunalen Gebietskörperschaften war in erster Linie deren Steueraufkommen maßgebend.(7) Das Weimarer System des Steuerverbunds und Finanzausgleichs trug also durchaus moderne Züge. Dennoch bewirkte es unter der gegebenen Verfassungslage einen spürbaren Souveränitäts- und Machtverlust der Länder. Das Reich regelte und veränderte die Steuergesetze, und es war dabei weder durch konkrete Verfassungsbestimmungen, welche die Aufteilung wichtiger Steuern verbindlich vorschrieben, noch durch einen, generellen Zustimmungsvorbehalt seitens der Ländervertretung (vergleichbar dem heute für das Bund-Länder-Verhältnis wichtigen Institut zustimmungspflichtiger Bundesgesetze) gebunden. Folglich ordnete das Reich auch "die Landessteuern in ihren Einzelheiten, bestimmt ihre Höhe und geht dazu über, einen Lastenausgleich zwischen den Ländern zu entwickeln sowie den Landesfinanzausgleich und den interkommunalen Lastenausgleich zu regeln"(8) Die Länder büßten somit, wie Lassar schreibt, bis zum Ende der 20er Jahre im wesentlichen die Möglichkeit ein, "über ihre Einnahmen und Ausgaben selbst Entschließungen zu treffen und sind daher nicht imstande, von den ihnen verbliebenen Zuständigkeiten nach eigenem Ermessen Gebrauch zu machen. Sie sind hierzu nur noch fähig in den schmalen Grenzen, die ihnen zur Finanzierung eigener Aufgaben verbleiben, nachdem die zwangsläufigen Ausgaben geleistet sind". Gleiches gelte für die Gemeinden; auf 177 deren Steuer-. und Haushaltszuständigkeit wirke das Reich durch die Finanzverfassung indirekt "stärkstens" ein.(9) Dies war insoweit zutreffend, als die den Gemeinden zufließenden staatlichen Steueranteile weder durch Verfassung noch Einzelgesetze des Reiches quotiert waren. Die Höhe der Beteiligung blieb den Ländern überlassen. Die zentralistische Regelung der Steuer- und Finanzfragen wurde aus Ländersicht auch deshalb als finanzielle Belastung spürbar und als Machteinbuße zunehmend - schwerer erträglich, weil die öffentlichen Aufgaben und Ausgaben im Zuge des Ausbaus sozialstaatlicher Leistungen im Vergleich zur Vorkriegszeit stark ausgeweitet worden waren, zugleich aber der aus dem alten Reich übernommene Grundsatz fortbestand, dass die Länder Leistungsgesetze des Reiches zu vollziehen haben. Insbesondere in den ersten Nachkriegsjahren waren die Ausgaben sämtlicher Gebietskörperschaften sprunghaft gewachsen; dabei entfielen, neben den unmittelbaren Kriegsfolgelasten (v. a. Reparationen) die größten Zuwächse auf die soziale Fürsorge und den Bildungssektor. (10) (vgl. Tab. 3). Weil, so beschrieb Ottmar Bühler 1930 die Auswirkungen der gewachsenen Staatsintervention auf das bundesstaatliche Machtgefüge, die Pflicht der Länder zum Vollzug von Reichsgesetzen gerade auch im Bereich der Wohlfahrtspflege fortgalt (bei der Erwerbslosenfürsorge ab 1927 allerdings an die Gemeinden weitergereicht wurde), seien "tatsächlich auf dem Wege der Lastenzuweisung seitens des Reichs die Finanzen der Länder und mittelbar damit ihr Verhältnis zum Reiche mindestens ebenso beeinflusst worden wie durch die Regelung der Steuerquellen"(11) Zwar schrieb das Finanzausgleichsgesetz in § 54 vor, dass das Reich Ländern oder Gemeinden und Kreisen neue Aufgaben nur dann zuweisen dürfe, wenn es gleichzeitig für die Bereitstellung der erforderlichen Mittel Sorge 178 Schaubild 1: Verwaltungsaufbau in Preußen (7 östliche Provinzen) 179 Schaubild 2: Verwaltungsaufbau in Bayern 180 trug.(12) Dieser Vorbehalt stellte indes nach einem zeitgenössischen Urteil "nicht viel mehr als eigen guten Vorsatz" dar.(13) Unter solchen Bedingungen sind nicht nur die Finanz- und Verwaltungskraft der kleinen Länder, die ja sämtlich einen eigenständigen Behördenapparat unterhielten (vgl. Schaubilder 1-3), hoffnungslos überfordert gewesen, sondern spätestens mit Einbruch der Großen Wirtschaftskrise auch Mittelstaaten zu Kostgängern des Reiches geworden. Carl Moser von Filseck, Gesandter Württembergs in München, vermerkt in einem Bericht von Februar 1931, "dass der Hessische Finanzminister wegen Kassenschwierigkeiten auf den 1. Januar in Berlin gewesen sei, dort fünf Tage bei Ministerialbeamten habe antichambrieren müssen, von denen er nur die Bemerkung zu hören bekommen habe, dass Hessen besser täte, sich mit Preußen zu vereinigen, denn als Einzelstaat ein kümmerliches Dasein zu fristen. Dabei habe es sich um den geringfügigen Betrag von 1,6 Millionen gehandelt, die Mitte Januar schon wieder hätten zurückbezahlt werden können. Das habe ihn [den Bayrischen Ministerpräsidenten Held - d. Verf.] auf den Gedanken gebracht, ob sich nicht die vier süddeutschen Staaten in solchen Fällen unter sich aushelfen könnten. Sie könnten sich gegenseitig Konten eröffnen, z. B. hier bei der Staatsbank, und dann gegen Schatzanweisungen auf die Domänen im Notfall Kredit in Anspruch nehmen. Dies würde um so weniger Schwierigkeiten begegnen, als solche Kassenschwierigkeiten doch nicht bei allen vier Ländern zugleich auftreten würden".(14) Schaubild 3 (Verwaltungsorganisation der Kleinstaaten) 181 Etwa zum gleichen Zeitpunkt arbeitete der Staatsrechtler Carl Schmitt, einer der intellektuell einflussreichsten Kritiker der parlamentarischen Demokratie von rechts, mit der ihm eigenen analytischen Schärfe die das Reich-Länder-Verhältnis betreffenden Konstruktionsfehler der Weimarer Reichsverfassung heraus: "Man hat in der Weimarer Nationalversammlung die Frage nach dem Verhältnis von Parlamentarismus und Föderalismus ignoriert und doch eine bundesstaatliche Organisation beibehalten. Man hat die Hegemonie Preußens in der geschriebenen Verfassung beseitigt, und doch Preußen unverändert mit dem ganzen faktischen Übergewicht seines Umfanges bestehen lassen, so dass die Inkongruenz zwischen verfassungsgesetzlichem und tatsächlichem Einfluss geradezu phantastisch werden musste. Man hat, als man die preußische Hegemonie beseitigte, nicht etwa das einzig noch mögliche andere bundesstaatliche Konstruktionsprinzip übernommen, nämlich ein Gleichgewichtssystem ungefähr gleich großer und gleich einflussreicher Länder, sondern, weil man sich aus guten Gründen nicht entschließen konnte, Preußen aufzuteilen, von den beiden allein möglichen Systemen - hegemonischer oder Gleichgewichtsstaat - keins gewählt und trotzdem die bundesstaatliche Organisation beibehalten. Man hat endlich ein allgemeines Grundgesetz aller bundesstaatlichen Organisationen, nämlich das richtige Verhältnis von Freiheit und Einfluss der Einzelstaaten [... ], anscheinend ahnungslos verkannt und die Zuständigkeit des Reiches außerordentlich ausgedehnt, andererseits aber auch die Länder, obwohl man sie mit ihrem Umfang und dem Kern ihrer staatlichen Macht, der Executive, unverändert weiterbestehen ließ, trotzdem nicht durch einen größeren Einfluss auf die Bildung des Reichswillens entschädigt, sondern auch noch die verfassungsmäßigen Rechte des Reichsrates möglichst bescheiden gehalten mit dem Erfolg, dass sich nunmehr die Länder ihren oft sehr großen Einfluss auf ganz anderen Wegen verschaffen, als man aus dem Text der Reichsverfassung ablesen könnte."(15) Das "unharmonische Durcheinander unitarischer und betont föderalistischer Organisationsprinzipien"(16) ließ zwar eine Reichsreform als Finanz- und Verwaltungsreform in und zwischen Reich und Ländern dringlich erscheinen. Es hat aber bis zum Ende der 20er Jahre nicht zu unheilbaren Funktionsstörungen im Verhältnis zwischen Reich und Ländern geführt. Dazu trug entscheidend bei, dass bis zur Wende des Jahrzehnts zwei politische Voraussetzungen erfüllt blieben: Einmal bestand beiderseits doch eine hinreichend große Bereitschaft zu "bundesfreundlichem" Verhalten. Zum anderen ist das parlamentarische System auf Länderebene bis 1930 leidlich in Takt geblieben, und dies wiederum garantierte eine demokratische Kontrolle der Länderexekutiven, die trotz der geschilderten Aushöhlung ihrer Kompetenzen einen wichtigen Machtfaktor darstellten: Den Ländern waren die Aufgaben der Wohlfahrtspflege, des Schulund Bildungswesens sowie der Polizei zu selbständiger Erledigung überantwortet. Die allgemeine innere Verwaltung blieb, hob etwa Lassar hervor, "als solche Landessache". Und: "Da die allgemeine innere Verwaltung das stärkste verwaltungsmäßige Mittel zur politischen Durchsetzung ist, so ist in ihrem Fehlen eine immanente Schwäche des Reichs und zugleich eine Stärke der Landesbureaukratien, besonders der preußischen, begründet, die sie zu einer geschlossenen Ausübung der den Ländern verbliebenen Zuständigkeiten befähigt."(17) Auch deshalb blieb in den Bürokratien zumindest der größeren Länder das Bewusstsein einer legitimen Eigenstaatlichkeit gegenwärtig.(18) 182 Die Tätigkeit des Reichsrates ist ein Gradmesser für die bis 1930 nutzbaren föderativ-staatlichen Handlungsspielräume wie auch für deren in der Konstruktion dieses Verfassungsorgans angelegten Beschränkungen. Obgleich mit einem nur mittelbaren Gesetzesinitiativrecht ausgestattet (lt. Art. 69,2 WRV konnte der Reichsrat Gesetzesvorlagen beschließen", die dann von der Reichsregierung im Reichstag einzubringen waren) und gegenüber dem Parlament über eine vergleichsweise schwache Einspruchsmöglichkeit verfügend, an welcher Reichsgesetze bis 1930 nur sehr selten gescheitert sind,(19) hatte sich beispielsweise der preußische Stimmenblock, trotz häufig gespaltenen Stimmverhaltens, doch "zuweilen auch stark genug erwiesen, um eine Opposition des Reichsrats gegen die unitarische Regierung zu führen"(20) Dass sich mitunter ein "erfolgreicher partikularistischer Widerstand aus der Sphäre des Reichsrats" formierte, hat konservativen Befürwortern eines Einheitsstaats ebenso wenig gefallen wie andererseits die ersichtliche Neigung der Ländervertreter, nach parteibzw. koalitionspolitischen Erwägungen abzustimmen, dem vordemokratischen Bild eines homogenen Staatswillens entsprach.(21) Und doch mag gerade diese "Parteipolitisierung" der Ländervertretung, in Kombination mit dem stabilisierenden Element der Beschlüsse sachkundig vorbereitenden Reichsbürokratie(22), den so mühsamen Prozess parlamentarischer geleiteter Staatswillensbildung integrierend gestützt haben. Unvollendete Reichsreform Die vom 16.-18. Januar 1928 von Reichskanzler Marx nach Berlin einberufene Länderkonferenz ist ein Beleg dafür, dass auf beiden staatlichen Ebenen ein gemeinsamer Wille erkennbar vorhanden war, die das Verhältnis zwischen Reich und Ländern belastenden Probleme auf dem Verhandlungsweg zu lösen. Die Konferenz, an welcher Mitglieder des Reichskabinetts und sämtliche Ministerpräsidenten der Länder teilnahmen, erbrachte in der Sache noch kein Ergebnis. Eine gemeinsame Entschließung begnügte sich mit der diplomatischen Einigungsformel, dass "die Weimarer Regelung des Verhältnisses zwischen Reich und Ländern unbefriedigend ist und einer grundsätzlichen Reform bedarf" und ferner "eine starke Reichsgewalt notwendig ist".(23) Doch wurde ein achtzehnköpfiger, paritätischer Verfassungsausschuss (unter Vorsitz des Reichskanzlers) eingesetzt, mit dem Auftrag, praktikable Vorschläge für eine Verfassungs- und Verwaltungsreform sowie für eine sparsame Finanzwirtschaft zu erarbeiten .(24) Nach langwierigen Beratungen wurden am 21. Juni 1930 die beiden vom Unterausschuss vorgelegten Gutachten zur Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen Reich und Ländern und zur Neuorganisation der Länder im Verfassungsausschuss mit 15 gegen 3 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) angenommen (vgl. Dok.1 und 2). Die zentralen Punkte fasste Arnold Brecht, als Ministerialdirektor der preußischen Staatskanzlei einer der Architekten des Reformplans, hernach wie folgt zusammen: "1. Die Zentralverwaltung der preußischen Staatsregierung wird mit der Zentralverwaltung der Reichsregierung vereinigt. 2. Die regionalen und örtlichen preußischen Behörden werden mit denen des Reiches vereinigt. 183 3. Infolgedessen wird Preußen als Staat oder Land vollständig beseitigt. 4. Die dreizehn preußischen Provinzen einschließlich Berlins werden neue Länder unmittelbar unter der Reichsregierung. Ihre Verfassung wird durch einfaches Reichsgesetz geregelt. 5. Alle Aufgaben, die nicht notwendigerweise dem Reiche vorbehalten bleiben müssen, werden durch einfache Reichsgesetze auf die alten und neuen Länder übertragen. . . . 6. Die Grenzen der neuen Länder werden durch einfache Reichsgesetze baldmöglichst neu festgelegt, wie es praktischen Bedürfnissen in wirtschaftlicher und verwaltungsmäßiger Beziehung am besten entspricht. o 7. Zu kleine Länder sowie Enklaven werden mit den neuen Ländern durch einfaches Reichsgesetz vereinigt nach vorherigen Verhandlungen der beteiligten Stellen. 8. Der Status der größeren Länder- Bayern, Sachsen, Württemberg und Baden bleibt im wesentlichen der gleiche wie nach der Weimarer Verfassung. Sie genießen daher eine etwas größere Unabhängigkeit als die neuen Länder; z. B. haben sie das Recht, ihre eigenen Verfassungen innerhalb der durch die Weimarer Verfassung gezogenen Grenzen zu bestimmen, ihr altes Gebiet zu behalten und innerhalb der ihnen durch die Weimarer Verfassung gewährten Zuständigkeit Gesetze zu erlassen. Dieser Status soll ihnen verfassungsmäßig garantiert werden, so dass Änderungen nicht durch einfaches Reichs- 184 gesetz, sondern nur durch Verfassungsänderung herbeigeführt werden können; ... 9. Der preußische Stimmenblock im Reichsrat verschwindet. Die Stimmen im Reichsrat werden unter allen Ländern, alten und neuen, im Verhältnis ihrer Einwohnerzahl verteilt. 10. Reichsgesetze, die nur die neuen Länder angehen (vgl.Nr.4 und 6), sollen entweder durch Reichstag und Reichsrat genau wie alle übrigen Reichsgesetze verabschiedet werden, oder aber so, dass an der Beratung und Abstimmung nur diejenigen Mitglieder teilnehmen, welche die neuen Länder vertreten ... "(25) Wichtigstes Ergebnis war, so Brecht rückblickend, "die Beseitigung Preußens als selbständiger Staat" und die Erhebung der bisherigen preußischen Provinzen zu reichsunmittelbaren Ländern (26) die im Reichsrat mit voller Stimmenzahl vertreten sein sollten. Zwar entfiel dem Plan zufolge eine eigene preußische Zentralregierung; doch blieb durch die beabsichtigte Personalunion zwischen den Regierungen der neuen Länder und den für die Landesverwaltung jeweils zuständigen Reichsbeamten die preußische allgemeine Landesverwaltung "in ihrem Wesen erhalten".(27) Dies wie auch die Übertragung der gemeinsamen Gesetzesbefugnis für die neuen Länder an ein aus Reichstagsabgeordneten und Reichsratsvertretern dieser Länder zusammengesetztes Reichsorgan hätte der Reform einen unübersehbar rezentralisierenden Zug verliehen, der durch erweiterte Reichszuständigkeiten für die alten Länder nur teilweise ausbalanciert worden wäre. Die Bayrische Landesregierung hegte die Befürchtung, ein in Länder aufgeteiltes Preußen werde die süddeutschen Länder majorisieren. Sie hat sich deshalb beharrlich, wenngleich vergeblich den Plänen einer Auflösung Preußens und der Verschmelzung seiner Verwaltung mit Reichsstellen widersetzt. Im November 1929 legte Ministerpräsident Dr. Held dem Unterausschuss der Länderkonferenz einen Entschließungsantrag vor, der den abweichenden Münchner Standpunkt zusammenfasste: "Der Unterausschuss wolle sich dahin entschließen: Der sogenannte Dualismus zwischen Preußen und Reich wird in seinen Ursachen und Auswirkungen übertrieben. Die Schwierigkeiten und Unzuträglichkeiten sind nicht so tiefgreifend, dass eine grundstürzende Änderung des Verfassungsbaues notwendig wäre. Ihre Beseitigung ist durch jene Änderungen der Reichsverfassung möglich, die Bayern zur Herbeiführung klarer und verfassungsmäßig dauernd gesicherter Rechtszustände vorgeschlagen hat. Die sogenannte differenzierte Gesamtlösung ist staatsrechtlich weder notwendig noch zweckmäßig. Sie ist politisch gefährlich, weil sie unter Beseitigung des bundesstaatlichen Grundsatzes der rechtlichen Gleichheit aller Reichsteile das Reich in zwei rechtlich und politisch ungleiche Teile spalten würde. Der Dualismus würde nicht beseitigt, sondern nur verlagert werden. Ein neuer Dualismus zwischen dem Norden und dem Süden mit ungleich größeren Schwierigkeiten und Gefahren würde entstehen. Die differenzierte Gesamtlösung wäre auch keine Endlösung. Sie würde den Verfassungsfrieden nicht herbeiführen, sondern verschärfte Verfassungskämpfe im Gefolge haben und schließlich, da für das reichsunmittelbare Gebiete das zentralistische System in der Hauptsache aufrechterhalten bleiben soll, auf den zentralisierten Einheitsstaat hintreiben, der für Deutschland untragbar ist."(28) Mit dieser betont föderalistischen Position, die von Befürwortern eines dezentralen Einheitsstaates gelegentlich als "partikularistisch kritisiert 185 wurde",(29) hat sich Bayern nicht durchsetzen können. Am 24. Juni 1930 beschloss der Reichstag, "die Regierung zu ersuchen, dem Reichstag einen Gesetzentwurf über eine umfassende Reichsreform, insbesondere mit- dem Ziele der Beseitigung des Dualismus zwischen Reich und Preußen und einer zweckmäßigen Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen Reich und Ländern vorzulegen".(30) Dieser Parlamentsauftrag blieb unerledigt. Die finanziellen Auswirkungen von wirtschaftlicher Depression und des 1931er Bankenkrachs, das sprunghafte Anwachsen der republikfeindlichen extremen Flügelparteien bei Reichstags- und Landtagswahlen sowie die autoritäre Wendung vom parlamentarischen Regierungssystem zum Notverordnungskurs der Präsidialkabinette zogen auch die Länderpolitik und das bundesstaatliche Machtgefüge in den Sog der allgemeinen Systemkrise. Der Weimarer Föderalismus denaturierte zu einem Exekutivföderalismus geschäftsführender Landesregierungen, die, ihrer parlamentarischen Mehrheiten verlustig, mehr und mehr zu bloßen Vollzugsorganen einer mit Notverordnungen regierenden Reichsgewalt wurden. Unter diesen Vorzeichen war an eine normale parlamentarische Erledigung der Reichsreform nicht mehr zu denken. Kernstücke des Reformpakets, etwa die Aufhebung der Eigenstaatlichkeit Preußens, wurden vielmehr im innenpolitischen Machtkampf hinfort gezielt instrumentalisiert. Die Lähmung des parlamentarischen Regierungssystems in den Ländern Bei der Serie der Landtagswahlen vom Sommer 1930 bis zum Spätherbst 1932 erzielten die extremen Flügelparteien der Kommunisten und Nationalsozialisten in ununterbrochener Folge z. T. erdrutschartige Stimmengewinne. Dies machte die Bildung regierungsfähiger Mehrheiten in den Landtagen unmöglich und führte zur Lähmung des parlamentarischen Regierungssystems in fast allen größeren und mittleren Ländern. Im Sog des Reichstags-Wahlerfolgs vom 14. September 1930 steigerte die NSDAP bei den am gleichen Tag stattfindenden Braunschweiger Landtagswahlen ihren Stimmenanteil von 3,7 Prozent auf 22,2 Prozent. Dieser Trend setzte sich von da ab fort: 23,4 Prozent am 30. November 1930 bei den Bürgerschaftswahlen in Bremen, 27 Prozent am 3. Mai 1931 in SchaumburgLippe, 37,2 Prozent 14 Tage später in Oldenburg, 26,2 Prozent am 27. September 1931 in Hamburg, 37,1 Prozent am 15. November 1931 in Hessen. Nach den Aprilwahlen 1932 war die NSDAP auch in Preußen (von 1,8 % auf 43,2 %) und in Anhalt (von 2,1 % auf 40,9 %) zur mit Abstand stärksten Partei vorgerückt (vgl. Tab. 4). Im preußischen Landtag verfügten Nationalsozialisten und Kommunisten (12,8 %) hernach über eine negative Majorität, wie zuvor bereits in Hessen.(31) Dem zeitlichen Rhythmus der Landtagswahlen und der dabei zutage tretenden Radikalisierung des Wählerverhaltens folgend, hat sich die Erosion der parlamentarischen Demokratie auf Länderebene in mehreren Schritten vollzogen: Geschäftsführende Landesregierungen waren seit Sommer 1930 in Sachsen (22. Juni), in Bayern (26. August), in Hamburg (Oktober 1931), Hessen (Dezember 186 1931) und Württemberg (März 1932) im Amt. Ausnahmslos hatten hier zuvor bürgerliche Regierungsbündnisse oder die Parteien der Weimarer Koalition ihre Mehrheit verloren. In Bayern, wo nach dem Regierungsaustritt des Bauernbunds eine BVP-SPD-Koalition rechnerisch möglich gewesen wäre, scheiterte diese am machtpolitischen Durchhaltewillen der stärksten Landespartei: "Man gewöhnt sich allmählich an den Zustand, dass die zurückgetretene Regierung Held als geschäftsführende Regierung auch weiterhin die Geschicke Bayerns leitet. Wenn auch anerkannt wird, dass dieser Zustand auf die Dauer unhaltbar ist, so hat man doch gesehen, dass eine Änderung desselben ohne Neuwahlen nicht möglich ist. Die Sozialdemokraten haben es nicht vermocht, eine Regierung zu bilden, und die Bayerische Volkspartei zeigt keine Neigung, ehe nicht Neuwahlen ein Bild von dem tatsächlichen Kräfteverhältnis gegeben haben, eine neue Koalition einzugehen, für die fast nur die Sozialdemokraten in Betracht kommen könnten, die ja durch ihre Mitwirkung bei der Etatsabgleichung sich stark dafür empfohlen haben. Wie ich schon früher hervorhob, befindet sich die Bayerische Volkspartei in dieser Situation ganz wohl und es eilt ihr mit Neuwahlen gar nicht, da sie hofft, dass, wenn dieselben möglichst hinausgezögert werden, sich inzwischen wieder eine andere politische Situation ergibt, dass namentlich bis dahin die Nationalsozialisten abgewirtschaftet haben werden, indem viele enttäuschte Wähler von ihnen abrücken werden."(32) Für die Abstützung der auf Reichs- und Länderebene bröckelnden parlamentarischen Fundamente der Weimarer Republik kam dem Fortbestand der von einer Weimarer Koalition im Landtag gestützten preußischen Regierung eine Schlüsselstellung zu. Die Regierung Braun-Severing war als bremsendes Element gegenüber einer ungehemmten autoritären Transformation des demokratischen Verfassungsstaates doppelt wirksam: Sie stützte mit der ganzen Macht einer noch republikloyalen Landesexekutive das Kabinett Brüning und trug so dazu bei, eine reine Rechtsregierung auf Reichsebene vorerst zu verhindern. Umgekehrt sah sich 187 Brüning, um nicht Preußens Unterstützung für sein Krisenregiment aufs Spiel zu setzen, genötigt, seine weiterreichenden Pläne für eine Gleichschaltung und Entparlamentarisierung des Landes Preußen aufzuschieben.(33) Das um Weihnachten 1930 angekündigte, am 4. Februar 1931 vom "Stahlhelm" förmlich eingereichte Volksbegehren zur Auflösung des Preußischen Landtags einte die antidemokratischen und republikfeindlichen Parteirichtungen unterschiedlicher Couleur zu einem konzentrischen Angriff auf die preußische Koalition. Dem Volksbegehren schloss sich neben Parteien und Verbänden der Rechten sowie partikularistischen Kräften wie der Hannoverschen Landespartei auch die DVP an. Diese spielte insoweit eine die Regierungsachse Reich-Preußen demontierende Doppelrolle, als sie im Preußischen Landtag in scharfer Opposition stand und die Unterstützung Brünings im Reichstag mit der Forderung verknüpfte, Preußen der präsidentiellen Macht zu unterstellen.(34) Im Juni 1931 forderte der DVP-Vorsitzende Dingeldey, die fälligen innenpolitischen Kurskorrekturen, "die in der Loslösung vom Sozialismus bestehen", müssten auch "zu neuen Verhältnissen in Preußen führen". Vom Kanzler und seinen ZentrumsParteifreunden in Preußen erwarte die DVP, dass der Preußische Landtag sich noch im laufenden Jahre freiwillig auflöse.(35) Der Volksentscheid, an dem sich die KPD und, besonders intensiv agitierend, auch die NSDAP beteiligten, verfehlte zwar am 9. August 1931 die notwendige Mehrheit. Doch bedeuteten die 37 Prozent Ja-Stimmen für die vereinigten Republikgegner einen beträchtlichen Propagandaerfolg. Die der Weimarer Koalition verschaffte politische Atempause währte jedoch nur bis zu den regulären Landtagswahlen im April 1932. Mit Ausnahme Bayerns, wo die BVP ihre führende Stellung hauchdünn um 0,1 Prozent behauptete, rückte die NSDAP überall zur stärksten Landespartei auf. In Preußen erreichten die Nationalsozialisten 43,2 Prozent, die Kommunisten verbesserten sich auf 12,8 Prozent. Das Landtagswahlergebnis vom 24. April 1932 bedeutete, wie Karl Dietrich Bracher schreibt, "eine Machtverschiebung in den Parlamenten der größten, über Dreiviertel der deutschen Bevölkerung umfassenden Länder". Dort hatte bislang die demokratische Mehrheit von 1928 eine Stütze für die Durchhaltepolitik der Reichsregierung gebildet und darüber hinaus dem widerstrebenden Reichsinnenminister schärfere Maßnahmen zum Schutz der Republik direkt auferlegt. (36) Zwar gelang der NSDAP die Regierungsbeteiligung vorerst nur in kleineren Ländern wie Mecklenburg-Strelitz, Anhalt und Thüringen (allein regierte sie in Oldenburg und MecklenburgSchwerin). Aber infolge der Verluste der Mittelparteien und der SPD war in den neugewählten Landtagen keine konstruktive Mehrheitsbildung mehr möglich. In Bayern und Baden amtierten die geschäftsführenden Landesregierungen weiter, und auch in Preußen blieb, nach dem Rücktritt des resignierenden Ministerpräsidenten Otto Braun, dessen Regierung nurmehr geschäftsführend im Amt. So war denn auch dieses Landesparlament "in den lähmenden Bann einer negativen "Sperrmehrheit" koalitionsunfähiger Rechts- und Linksblöcke geraten".(37) Ihrer parlamentarischen Legitimation verlustig, hatte die Preußische Regierung fortan ihren verbliebenen politischen Handlungsspielraum gegenüber autoritären Verordnungen des Reiches eingebüßt. Eigentlich ging es nurmehr darum, die - freilich schon nationalsozialistisch durchsetzte - Schutzpolizei und Ministerialverwaltung des Landes dem Zugriff der antirepublikanischen Rechten nicht preiszugeben. 188 Aushöhlung des Föderalismus durch das Notverordnungs-Regime der Präsidialkabinette Während durch die Wahlerfolge extremer Parteien dem Länderparlamentarismus seit 1930 der Aktionsboden wegbrach, griff die Notverordnungspolitik der Reichsregierung unter Brüning und insbesondere unter Papen in Parlaments- und Exekutivrechte der Länder - ebenso der Gemeinden - von oben massiv ein. Die Finanzkrise der öffentlichen Haushalte, ausgelöst durch exorbitant steigende Ausgaben für die Erwerbslosenfürsorge und die im Gefolge der Bankenzusammenbrüche von Mai/Juni 1931 eintretenden Zahlungsschwierigkeiten, sowie der Zwang zu einschneidenden Sparmaßnahmen, die auch nötig wurden, um das Vertrauen der Auslandsgläubiger zurückzugewinnen, boten den Anlass zu einschneidenden Eingriffen in Parlaments- und Länderrechte. Zweifellos waren die Finanznöte speziell der "Zwergländer" (A: Brecht) nachgerade dramatisch. Am 28. Februar 1931 notierte die Vossische Zeitung: "Die Rede, mit der Minister v. Reibnitz im Landtag von Mecklenburg-Strelitz die Haushaltsberatung einleitete, gab einen betrüblichen Einblick in die Finanznöte des Landes. Der Haushaltsplan weist, wiewohl er um 20 v. H. in den Ausgaben eingeschränkt wurde, ein Defizit von 2,4 Mio. auf. Da die Abstriche im Etat nicht mehr zu verantworten seien, so erklärte der Minister, ergebe sich die zwingende Folgerung, dass Mecklenburg-Strelitz nicht mehr lebensfähig und deshalb der Anschluss an Preußen so bald als möglich vorzunehmen sei."(38) Ende März 1931 beschloss der Braunschweigische Landtag mit den Stimmen der bürgerlichen Parteien und der Nationalsozialisten, die Geschäfte der Steuerverwaltung aus Ersparnisgründen auf das Reich zu übertragen. Die Regierung Brüning griff auf das Instrument der Notverordnungen zurück. Auf diese Weise wurden mit Wirkung vom 28. März, 7. Oktober und 9. Dezember 1931 die Bezüge der Reichsbeamten und Reichsversorgungsempfänger sowie im gleichen Umfang auch der Landes- und Gemeindebediensteten zum Zwecke der Haushaltssanierung schrittweise abgesenkt (zu den prozentualen Kürzungen vgl. Tab. 5). Mit der sogenannten Dietramzeller Notverordnung (24. August 1931) wurden die Landesregierungen ermächtigt, abweichend von geltendem Landesrecht "alle Maßnahmen, die zum Ausgleich der Haushalte von Ländern und Gemeinden (Gemeindeverbänden), erforderlich sind, im Verordnungswege vorzuschreiben"; dies schloss die Minderung von Personalausgaben ausdrücklich ein (vgl. Dok. 3). Die psychologische wie verfassungspolitische Tragweite dieser Notverordnungen, die mit dem finanziellen Notstand allein nicht zu begründen waren, kann schwerlich überschätzt werden. Hans Mommsen vertritt die These, "dass die kontinuierliche Senkung der Beamtengehälter, die von der Beamtenschaft, zusammen mit den Abbaumaßnahmen der Länder, als schleichende Gefährdung ihrer beruflichen und materiellen Existenz aufgefasst wurde, die Widerstandskraft der Bürokratie in Reich, Ländern und Gemeinden gegen die nationalsozialistischen Diktaturpläne gelähmt hat"(39) Die den Länderregierungen per Verordnung übertragene Ermächtigung, Gehaltssenkungen und andere Sparmaßnahmen an den Landtagen - und Gemeindevertretungen vorbei zu verordnen, zementierte den Machtverlust der Landes- und 189 Kommunalparlamente. Nochmals Mommsen: "Diese Bestimmung, die mit der verheerenden Kassenlage begründet wurde, verstärkte das autoritäre Element auf der Länderebene."(40) Das präsidentiell gedeckte Vorgehen der Reichsregierung hat nicht nur im ReichLänder-Verhältnis den Zentralismus verschärft, sondern auch auf der Ebene der Landespolitik die Gewaltenteilung zwischen gewählter Volksvertretung und verantwortlicher Regierung zugunsten einer selbstherrlichen Exekutivmacht aufgehoben. Die damit einhergehende Rückbildung des demokratischen Bundesstaates in einen obrigkeitlichen "Regierungsföderalismus" (so Thomas 190 Nipperdeys Kennzeichnung der Wilhelminischen Verfassungspraxis) wird deutlich an der informellen Aufwertung des Reichsrates. Es gibt Hinweise dafür, dass sich das Kabinett Brüning angesichts wachsender Schwierigkeiten, im Reichstag für das Sparprogramm eine Mehrheit zu gewinnen, verstärkt um politische Rückendeckung der Ländervertretung bemüht hat.(41) Die Länder haben sich dem Kurs einer gouvernementalen Krisenlösung ohne, ernsthaften Widerstand angepasst. So wurde die Klage der Bayrischen Regierung beim Staatsgerichtshof gegen die zunächst als schweren Eingriff in Länderrechte kritisierte Steuervereinheitlichungs-Verordnung von Dezember 1930 nach einigen Zugeständnissen Brünings Mitte 1931 zurückgezogen. Im Reichsrat gelegentlich vorgebrachte Proteste gegen die Praxis der Reichsregierung, die Länder mit Notverordnungen vor vollendete Tatsachen zu stellen und sie auf diese Weise zu "bloßen Vollzugsorganen der Reichsregierung" zu degradieren (so der sächsische Ministerpräsident Schieck in der Reichsratssitzung Anfang Oktober 1931), sind wirkungslos verpufft. Für diese Anpassungshaltung gab es unterschiedliche Beweggründe. Einmal war innerhalb der die konservativen Landesregierungen stützenden politischen Kräfte die geistige Entfremdung vom Verfassungsgedanken der parlamentarischen Demokratie inzwischen weit vorangeschritten. Exemplarisch dokumentiert wird dies durch einen Wahlaufruf der Bayrischen Volkspartei von April 4932, in dem diese das Bekenntnis formuliert, Bayern freizuhalten von Parteiherrschaft und von "Auswüchsen parlamentarischer Regierungsweise.(42) Zum anderen hegten auch verfassungsloyale Länderrepräsentanten die Überzeugung, dass eine gestärkte Regierungsgewalt und deren entschiedener Einsatz gegen umstürzlerische Bewegungen der einzige Ausweg seien, um die Auslieferung der Macht im Staate an die Feinde der Republik zu verhindern. Von solchen Erwägungen geleitet, unternahm Otto Braun im Spätsommer 1931 einen letzten - von Bayern opponierten und von Brüning zurückgewiesenen - Vorstoß zur Reichsreform, als er vorschlug, ohne Verfassungsänderung Teile der preußischen Verwaltungsbehörden (u. a. das Innen- und Justizressort) mit Reichsministerien in einer "Verwaltungsgemeinschaft" zu verschmelzen.(43) Die den Ländern aufgenötigte, aber von ihnen auch akzeptierte Kooperation mit der Reichsregierung unter den Vorgaben des Notverordnungs-Regimes hat die Aushöhlung des Weimarer Föderalismus im Endeffekt beschleunigt. Zwar gelang es am 5. April 1932, das von mehreren Ländern ultimativ geforderte SA-Verbot in einer von Preußen und Bayern angeregten Konferenz der Landesinnenminister mit Reichsminister Groener durchzusetzen.(44) Doch erwies sich die Hoffnung auf ein, eigenständiges Machtgewicht und die Verfassung schützendes Korrektiv der Länder spätestens mit Papens Notverordnungen vom 18. und 28. Juni als trügerisch, als das Versammlungs- und Uniformverbot unter Missachtung der Polizeihoheit der Länder wieder aufgehoben wurde. Der "Preußenschlag" Papens am 20. Juli 1932 besiegelte die "politische Scheinexistenz"(45) nicht nur der Preußischen Regierung Braun-Severing, sondern auch des Weimarer Föderalismus insgesamt Der Staatsgerichtshof, von der für abgesetzt erklärten Regierung und auch von Baden und Bayern angerufen, fällte am 25. Oktober 1932 ein Urteil von "grotesker Zwiespältigkeit" (Bracher): Einerseits wurde die Absetzung der preußischen Minister für ungültig erklärt und der Reichsregierung das Recht abgesprochen, dem preußischen Staatsministerium 191 die Vertretung im Reichsrat zu entziehen.(46) Somit wurde die "formelle Verreichlichung Preußens" vorerst blockiert.(47) Andererseits befand das Gericht die Einsetzung eines Reichskommissars für das Land Preußen und dessen Ermächtigung, preußischen Ministern vorübergehend Amtsbefugnisse zu entziehen und diese Befugnisse selbst zu übernehmen oder anderen Personen als Kommissaren des Reiches zu übertragen", als mit der Verfassung vereinbar. Damit waren nicht nur die von Papen machtpolitisch geschaffenen Fakten nachträglich legalisiert worden. Es zeichnete sich vielmehr auch, so Bracher, "zugleich eine verfassungsrechtliche Konsequenz von größter Bedeutung ab: Wenn die Präsidialregierung, selbst nur außerparlamentarisch sanktioniert, eine geschäftsführende Landesregierung durch präsidialen Akt ablösen konnte, nur weil der zuständige Landtag dazu nicht in der Lage war, dann musste dies für fast alle größeren Länder, ja für die ganze politische Struktur der Weimarer Republik sogleich von unabsehbarer Bedeutung werden".(48) 192 Die "Krise der kommunalen Selbstverwaltung" - Ideologie und Wirklichkeit In einem im Dezember 1931 vorgelegten Gutachten bezeichnete Staatssekretär a. D. Johannes Popitz die Finanzwirtschaft der Gemeinden als das eigentliche Kernproblem des künftigen Finanzausgleichs zwischen Reich, Ländern und Gemeinden.(49) Diese Aussage bezog Popitz ausdrücklich auf beide Seiten der Doppelfunktion, welche von Gemeinden und Gemeindeverbänden im politischen System Weimars - wenngleich noch ohne eine verfassungsrechtlich verbürgte institutionelle Garantie(50) - als Unterbau des staatlichen Gefüges bereits wahrgenommen wurde: Im Sektor eigenverantwortlicher kommunaler Selbstverwaltung sei das Finanzgebahren seit 1918 allgemein unsparsam" gewesen; die nach dem Krieg eingetretene "Politisierung im Sinne eines bestimmenden Einflusses des Parteibetriebes" habe wesentlich zu jenen Zuständen geführt, die "eine sparsame, rationelle und sachliche Verwaltung erschwerten und die Finanznot steigerten". Diese sei zudem durch eine allgemein extensive Ausdehnung öffentlicher Aufgaben, die den Gemeinden zusätzliche Verpflichtungen und Ausgaben brachte, noch verschärft worden.(51) Damit stützte Popitz, wenngleich um moderate Formulierungen bemüht, jene sich um die Jahrzehntwende ausbreitende konservative Zeitkritik, welche die vorgeblichen "Luxusausgaben" und die wirtschaftliche Eigenbetätigung von (großstädtischen) Kommunen zu wesentlichen Ursachen einer "Krise der Selbstverwaltung" hochspielte. Die restaurative Stoßrichtung solcher Argumentation war offenkundig. Sie zielte im Kern gegen die Gemeindedemokratie des 1919 eingeführten allgemeinen Wahlrechts; dieses habe die kommunale Willensbildung dem hergebrachten, bewährten Grundsatz "sachlicher" Entscheidung entfremdet und einer kostspieligen Interessenpolitik geöffnet. Diese Kritik, die zum Standardrepertoire der aufgeregten Antiparteienpolemik mittelständischer Rathausparteien, Hausbesitzerlisten und auch der 1929 in zahlreiche Gemeinderäte einrückenden Wirtschaftspartei gehörte, erhielt durch die fachliche Autorität von "überparteilichen" Finanzexperten wie Popitz sowie die intellektuelle Schützenhilfe prominenter Staatsrechtslehrer wie Arnold Koettgen und Ernst Forsthoff öffentliches Gewicht. Koettgen zufolge ließ' sich die "Krise der heutigen Kommunalverwaltung" nicht aus ihren zeitbedingten Wirtschartsund Finanzproblemen, sondern ursächlich allein "unmittelbar aus dem Wesen der Gemeinde selbst erklären". Ursprünglich sei die Gemeinde in genossenschaftlicher Verband, "raumbezogene Heimatgemeinschaft", und als solche "gegenüber jedweden sonstigen sozialen Gruppierungen wesensgemäß neutral" gewesen. Die im Zuge der Entwicklung zur Industriegesellschaft eingetretene Wandlung der Bürger- zur Einwohnergemeinde habe alte "gemeinschaftsmässige Bindungen zersetzt", zumal in der anonymen Gestalt großer Städte. Die Gemeinde sei in ein "Instrument rationalen Interessenausgleichs" ökonomistisch umgedeutet worden, sie widme sich, ihrem genossenschaftlichen Zweck wesensfremd, der Regelung wirtschaftlicher Interessen der Gemeindebewohner und betreibe "die funktionelle Expansion der Kommunalverwaltung auf bislang von der Privatwirtschaft betreute Gebiete".(52) 193 Die antipluralistische Tendenz des vorgeblichen Gegensatzes zwischen "eigentlicher" und "entarteter" Gemeindeselbstverwaltung wird in Koettgens Ablehnung der "eigenartigen Zwischenschaltungen zwischen Großstadt und Bürger in Gestalt wirtschaftlicher und politischer Organisationen" sichtbar. Als Träger eines neuen bürgerschaftlichen Gemeinschaftsbewusstseins seien diese Organisationen schon deswegen ungeeignet, "weil genossenschaftliche Verbindungen unter allen Umständen unmittelbarer Natur" sein müssten. Wohl aber drohten diese "heute überaus bedeutsamen Zwischenträger die Einheit der Kommune pluralistisch zu sprengen, wie insbesondere das Beispiel der politischen Parteien schon heute lehrt" (53) Solchen Tendenzen müsse der Staat unter allen Umständen wehren, solle "sich die Großstadt nicht zu einem pluralistischen Sprengkörper im Gefüge des Staates entwickeln". Nicht die Demokratie habe die Krise der Selbstverwaltung heraufbeschworen, sondern "die Denaturierung der Demokratie in dem Parteienstaat"; dessen besonderes Kennzeichen sei der "Mangel jeglicher repräsentativer Bindungen dieser Parteien an das Ganze der Volksgemeinschaft". Parteienstaat bedeute "die herrschaftsmässige Handhabung des Staatsapparates im isolierten Interesse der jeweils an der Macht befindlichen Gruppen". Die Lage der kommunalen Selbstverwaltung sei deswegen "hoffnungslos", weil sie sich entweder "freiwillig dem Einfluss der den Staat zur Zeit beherrschenden Partei erschließen" ließe, oder aber "Zuflucht bei der Opposition" suche, die, ihrerseits unter dem Gebot des Parteienstaates stehend, die jeweilige Gemeinde "in eine parteipolitische `Zelle` zu verwandeln" bemüht sein werde.(54) Ähnlich Koettgen stellte Ernst Forsthoff "das Entfallen der geistig-politischen Voraussetzungen der Selbstverwaltung" fest, wandelte aber die Pluralismuskritik ab. Auch Forsthoff geißelte die "Politisierung" des Gemeindelebens, weil diese die "Gefahr einer pluralistischen Zersetzung des Staates" in sich schließe. Diese Gefahr gehe aber nicht vorrangig von Parteien aus, sondern von der "Gemeindebürokratie": Kommunale Ämter würden "vielfach nach dem `Beutesystem` unter die Anwärter verteilt, die von den `Regierungsparteien` vorgeschoben werden". Den Staat gefährde diese Entwicklung, "indem sie einerseits die politische Substanz an die Gemeinden bindet, andererseits in den zentralen gemeindlichen Organen das Bestreben erweckt, Einfluss zu gewinnen auf die politische Gestaltung, und sie damit in die Träger politischer Bestrebungen einreiht ".(55) Diese Kritik war deshalb wirkungsvoll, weil sie unterschwellige Großstadtfeindschaft und populäre Antiparteienaffekte aufgriff und diesen die kommunale Zielscheibe gleichsam präparierte. Das von Koettgen, Forsthoff und anderen in Anlehnung an Carl Schmitt entworfene Idealbild einer "Einheit der Bürgerschaft im kleinen" - verfasst als genossenschaftlicher Lokalverband, welcher die "Einheit der Nation im großen" widerspiegele und, den souveränen Staatswillen von unten nicht antastend, sinnvoll ergänze - war eine ideologische Konstruktion und letztlich metaphysisch begründet. Das Bild kam jedoch einem weit verbreiteten, diffusen Harmoniebedürfnis und einer ebenso ausgeprägten Sehnsucht nach dem starken, vom "Parteigeist" nicht angekränkelten Staat entgegen. Für die kommunale Protestbewegung des Besitzmittelstandes aus Handwerk, Hausbesitz und Gewerbe, die sich ausgangs der 20er Jahre gegen die 194 "Verschwendungssucht" und "Futterkrippenpolitik" der Gemeindeverwaltungen formierte,(56) lieferte es einen theoretischen Überbau. Gleich den akademischen Hütern einer konservativen Staatslehre und Gemeindeauffassung mochten sich die mittelständischen Protestwähler nicht damit abfinden, dass die Demokratisierung des Wahlrechts die Geschäftsgrundlagen der Kommunalpolitik verändert hatte - zumal sie ihre materiellen Interessen unmittelbar berührt sahen. Das bis 1918 von einem plutokratischen Klassenwahlrecht geschützte Vertretungsprivileg der vormaligen Hausbesitzerparlamente war gebrochen. Stattdessen hatten breite Bevölkerungsschichten, die zuvor in Gemeindevertretungen unterrepräsentiert gewesen waren, hinfort an der Verteilung und Aushandlung kommunaler Einnahmen, Ausgaben und Personalentscheidungen erstmals gleichberechtigt Anteil. Vor allem Mehrheitsbeschlüsse über die Erhöhung der Gemeindesteuern riefen regelmäßig den erbitterten Widerstand der bürgerlichen "Mitte" hervor. Blind für die Einsicht, dass ja erst die verbandsförmige Organisierung unterschiedlicher Interessen deren Konfliktaustrag berechenbar und durchsichtiger macht, erschien selbst im nüchternen Fachverstand eines Johannes Popitz kommunale Parteipolitik als Inbegriff unsachgemäßer und unheilvoller Politisierung: "Abstimmung nach Fraktionen auch über reine Zweckmäßigkeitsfragen, Hineintragung der großen Parteigegensätze in rein lokale und regionale Angelegenheiten, offenes Hervortreten der Bestimmung der Beschlüsse durch Abwägung nach den Interessen sozialer Größen statt nach dem Gemeindewohl, vielfach auch Unfähigkeit, die Verantwortung für unpopuläre, aber notwendige Maßnahmen zu übernehmen. "(57) Die Gemeinden und ihre berufenen Vertreter bei den kommunalen Spitzenverbänden, etwa des Deutschen Städtetages, haben auf diese Krisendiskussion, in der Forderungen nach sparsamer Haushaltspolitik und Demokratiekritik wirkungsvoll vermischt wurden, auffallend defensiv reagiert. Dies erklärt sich einmal damit, dass die Oberbürgermeister der wegen ihrer aktiven Investitions- und Wirtschaftstätigkeit besonders heftig attackierten Großstädte, von Ausnahmen abgesehen, ihrerseits nicht selten ein distanziertes Verhältnis zu kommunaler Parteipolitik pflegten. Hans Luther z. B., zunächst hauptamtlicher Geschäftsführer des Deutschen Städtetages und hernach Stadtoberhaupt in Essen, hat sich rückblickend einen "Politiker ohne Partei" genannt.(58) Und über Richard Rive, von 1906-1933 Oberbürgermeister in Halle, schreibt sein Biograph: "Er fand auch in den besseren Jahren von 1925-1928 kein gutes Verhältnis zu diesem pluralistischen, von heftigem politischen Streit gekennzeichneten Weimarer Parteienstaat. So wie er meinte, dass überhaupt das Prinzip der Auslese dem der Wahl überlegen sei, so fand er, dass die Politisierung seitdem Umsturz von 1918 den Ruin und die Entartung der Kommunalverwaltung heraufbeschwöre und die Steinsche Organisation der Selbstverwaltung nun von demokratischen und kommunistischen Anschauungen ausgehöhlt werde."(59) Selbst beim Präsidenten des Städtetages, Oskar Mulert, an sich ein entschiedener Anwalt des politischen Primats der gewählten Gemeindevertretung, zeigte die anhaltende Entpolitisierungskampagne Wirkung. Im Januar 1932 äußerte er, die Verwaltung einer Gemeinde sei "keine politische Regierung, sondern eine nach wirtschaftlichen und gerechten Gesichtspunkten".(60) 195 196 Zum anderen waren die kommunalen Haushaltsprobleme zu Beginn der 30er Jahre eine unübersehbare Tatsache geworden. Die akuten Finanznöte verliehen spätestens jetzt den seit Jahren erhobenen Vorwürfen der Verschwendung und einer durch "Größenwahn" ehrgeiziger Lokalpolitiker verursachten Überschuldung scheinbar Glaubwürdigkeit. Im September 1924 hatte Hjalmar Schacht, seinerzeit Reichsbankpräsident, im Reichsministerium des Innern erstmals seine Bedenken gegen kommunale Auslandsanleihen vorgetragen. Diese würden in der Regel für "unproduktive Zwecke wie Straßen- und Wohnungsbau" verwendet.(61) Im Oktober 1927 verschärfte Schacht die Polemik. Öffentlich erhob er in Bochum gegenüber den Gemeinden den Vorwurf, mit kommunalen Anleihen "Luxusausgaben" zu finanzieren. "Ich stelle hiermit fest, dass wir ohne die Luxusausgaben der Städte nicht eine einzige kommunale Auslandsanleihe aufzunehmen brauchten." Die Gemeinden hätten u. a. "Paläste" gebaut und "Rittergüter" erworben.(62) In der Rückschau stellt sich mithin die Frage nach den tatsächlichen Bestimmungsgründen der kommunalen Haushaltskrise: Inwieweit war diese hausgemacht, inwieweit extern verursacht? Gab es zwischen gemeindlicher Investitionstätigkeit - insonderheit den vielgeschmähten "Luxusausgaben" -und übermäßiger Verschuldung einen nachweislichen Zusammenhang? Klärend für die Beantwortung dieser Frage ist die genauere Betrachtung der Entwicklung der Gemeindefinanzen und deren zahlenmäßiger Unterteilung nach wesentlichen Einnahme- und Ausgabenpositionen. Das Rechnungsjahr 1929 hatten Gemeinden und Kreise mit einem Fehlbetrag von rund 260 Mio. RM abge- 197 schlossen. Trotz diverser Sparmaßnahmen erweiterte sich die Deckungslücke 1931 auf rund 400 Mio. RM (vgl. Tab. 7). Sinkenden Einnahmen (durch konjunkturbedingte Steuerausfälle) standen steigende Mehrausgaben durch höhere Unterstützungsleistungen für die sogenannten Wohlfahrtserwerbslosen sowie für die Verzinsung und Tilgung von Schulden gegenüber. Obwohl die Gemeinden bereits 1929 mit Hilfe der Sparkassen und Girozentralen eine Umschuldung mittel- und kurzfristiger in langfristige Schulden eingeleitet hatten, brachte die Konsolidierungsaktion, wie Berechnungen des Städtetags über Veränderungen im Schuldenstand von 1929 auf 1931 zeigen, nur begrenzten Erfolg (vgl. Tab. 8). Zwar zeigte die Auslandsverschuldung eine rückläufige Tendenz. Aber die Summe der Gesamtverbindlichkeiten, und darunter auch der Anteil mittel- und kurzfristiger Inlandskredite, schwoll binnen zweier Jahre von rund 6,5 Mrd. RM (März 1929) auf rund 8,4 Mrd. RM (März 1931) deutlich an. Schlüsselt man die Ursachen systematisch auf, so lässt sich feststellen: Die Finanznot der Gemeinden war verursacht durch langfristig wirksame, strukturbedingte Faktoren, die sich im Zusammentreffen mit kurzfristig wirksamen, konjunkturbedingten Faktoren um die Jahrzehntwende zur eigentlichen Haushaltskrise verdichtet haben. Bei den strukturellen Problemen lassen sich wiederum externe, d. h. von den Gemeinden nicht selbst steuerbare und interne, d. h. durch eigenständige kommunale Aktivitäten (im Bereich freiwilliger Leistungen) hervorgerufene Wirkungen unterscheiden. Zu den externen Wirkungen sind die im Zuge der Ausweitung wohlfahrtsstaatlicher Leistungen den Gemeinden übertragenen gesetzlichen Pflichtaufgaben (u. a. insbesondere die Fürsorge für ausgesteuerte Erwerbslose) sowie die die Gemeinden benachteiligende Konstruktion des innerstaatlichen Finanzausgleichs zu rechnen. Interne Wirkungen gingen aus vom Ausbau der kommunalen Infrastruktur und der sozialen Dienste sowie der wirtschaftlichen Tätigkeit der kommunalen Eigenbetriebe. Die Entwicklung der wirtschaftlichen Gesamtlage ab 1929 deckte die strukturellen Probleme der kommunalen Finanzwirtschaft dann fühlbar auf: Der Konjunktureinbruch führte zu geringeren Zuweisungen aus der 198 Steuerverbundmasse und ließ andererseits die Aufwendungen für die Arbeitslosenhilfe sprunghaft ansteigen. Die Bankenkrise von Mai/Juni 1931 und der Abfluss kurzfristiger Auslandsanleihen verschärften überdies die Liquiditätsund Deckungsschwierigkeiten der gemeindlichen Etats. Im März 1931 listete der Preußische Städtetag in einer Denkschrift den für die kommunale Finanzwirtschaft folgenreichen Wirkungszusammenhang auf. Die Zahl der Wohlfahrtserwerbslosen in den preußischen Gemeinden und Kreisen stieg von 225 000 bei Jahresbeginn 1930 auf 665 100 am 1. März 1931. Entsprechend verdoppelte sich der Unterstützungsaufwand binnen eines Jahres auf rund 345 Mio. RM. Da sich die Einnahmen nicht in gleichem Umfang steigern ließen, mussten die Ausgaben gedrosselt werden, und dies hauptsächlich zu Lasten der Personal- und Sachkosten im Verwaltungshaushalt der Gemeinden. Beförderungs- und Einstellungssperren reduzierten die Personalausgaben, weitere Einsparungen im Tiefbau, im Schul-, Bildungs- und Gesundheitswesen, bei städtischen Anstalten und in der allgemeinen Verwaltung summierten sich für das Jahr 1930 in Gemeinden mit mehr als 25 000 Einwohnern auf rund -80 Mio. RM. Trotz der rigorosen Sparbeschlüsse ergab sich auf Grund des Mehraufwands für die Wohlfahrtserwerbslosen und Mindereinnahmen ein effektiver Fehlbetrag von ca. 225 Mio. RM. Angesichts dieser Situation wiederholte der Städtetag seinen Vorschlag, die Krisenunterstützung und die Wohlfahrtsfürsorge für Erwerbslose zusammenzuführen und die Gesamtlasten auf Reich, Länder und Gemeinden im Verhältnis 2:1:1 neu zu verteilen.(63) Am Problem der Erwerbslosenfürsorge wird das Missverhältnis der Verteilung öffentlicher Aufgaben und Lasten auf Reich, Länder und Gemeinden sowie im innerstaatlichen Finanzausgleich besonders deutlich. Die enorme Steigerung der öffentlichen Ausgaben war angesichts der Kriegsfolgelasten und sozialen Nöte der Zeit unausweichlich. Das räumten auch konservative Finanzsachverständige wie Popitz ein, auch wenn sie ansonsten mit Unbehagen "die übermäßige Ausdehnung der Staatstätigkeit, die längst auf dem Wege vom Verwaltungsstaat mit seinem Gegenstück, dem Steuerstaat, schon die Stufe des Wohlfahrtsstaats überwunden hat und die Entwicklung zum Versorgungsstaat schlechthin zu nehmen droht(64), registrierten. Das seit 1927 geltende dreiteilige System der unterstützenden Arbeitslosenhilfe sah vor, dass Erwerbslose nach Auslaufen der Versicherungsleistungen und der Aussteuerung aus der sogenannten Krisenfürsorge (deren Kosten zu 4/5 vom Reich, zu 1/5 von Gemeinden getragen wurden) der voll kommunal finanzierten Wohlfahrtsfürsorge überstellt wurden. Die Logik des Systems führte dazu, dass mit steigenden Arbeitslosenraten und gekürzten Leistungszeiten immer mehr Hilfsbedürftige auf gemeindliche Zuschüsse angewiesen waren (vgl. Tab. 9). Städtetagspräsident Mulert rechnete 1932 vor: "Sondert man den kommunalen Finanzbedarf nach Ausgabenzwecken, so zeigt sich, dass das Steigen der Ausgaben für die Arbeitslosen zu einem völligen Strukturwandel im Gemeindehaushalt geführt hat. Die Ausgeben der Gemeinden für die Erwerbslosenfürsorge einschließlich des Gemeindeanteils an der Krisenfürsorge, die 1928 160 Mill. RM erforderten, sind 1929 auf 270 Mill. RM und 1930 auf 605 Mill. RM angeschwollen, um 1931 den gewaltigen Betrag von 1,1 Millrd. RM zu erreichen, obgleich die Unterstützungssätze seit 1930 wiederholt herabgesetzt worden sind."(65) 199 Um die kommunale Erwerbslosenfürsorge aufrechterhalten zu können, waren die Gemeinden gezwungen, neue, auch kurzfristige Kredite aufzunehmen. Dadurch geriet die Ende 1929 eingeleitete Konsolidierungsaktion neuerlich ins Stocken.(66) Für die Gemeinden war dies der Anlass, wiederholt auf eine grundlegende Korrektur der Lasten- und Steuerverteilung zwischen den öffentlichen Gebietskörperschaften zu dringen. Anlässlich der Vorstellung eines vom Deutschen Städtetag erarbeiteten Sanierungsprogramms im August 1931 mahnte Mulert: Ohne Bereinigung des Problems von Reich und Preußen, ohne Neuordnung des Verhältnisses der Gemeinden zum Reich werde man die bestehenden Schwierigkeiten nicht bewältigen. Die Reichsreform müsse auch den Finanzausgleich bringen.(67) Reformbedürftig war aus Gemeindesicht sowohl die Größenordnung als auch der Modus der Steuerverteilung. Auf der Jahresversammlung des Deutschen Städtetages am 27. September 1929 in Frankfurt/Main führte Präsident Mulert hierzu aus: 200 "Eine systematische Regelung des Finanzausgleichs - mehrmals versucht - musste immer wieder hinausgeschoben werden. Die unzusammenhängenden Teilregelungen brachten den Gemeinden als den politisch schwächsten regelmäßig weitere Verschlechterungen ihrer finanziellen Lage. Die Reichsfinanzstatistik lässt klar erkennen, dass infolgedessen die Finanzlage der Gemeinden heute ungünstiger ist als vor 5 Jahren. Trotz des Anwachsens der Steuererträge, insbesondere aus den Überweisungssteuern, reichten die Mehreinnahmen nicht aus, um das sehr viel stärkere Anwachsen des Zuschussbedarfs auszugleichen. Die finanzielle Bedrängnis der Gemeinden tritt noch stärker hervor, wenn man sie mit den Länderfinanzen vergleicht, die eine weit weniger ungünstige Entwicklung genommen haben. Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an die große Entlastung, die die Länderfinanzen durch die Einführung der Arbeitslosenversicherung erfahren haben, während die gleiche Maßnahme den Gemeinden im Gefolge keine Erleichterung brachte. Wir unterwerfen uns dabei durchaus nicht blindlings dem sogenannten Gesetz des zwangsläufigen Wachsens der öffentlichen Ausgaben. Für die Gemeinden aber sind diese gesteigerten Mehrausgaben, sei es durch die wirtschaftliche und soziale Entwicklung, sei es in besonderem Maße durch die Reichsund Landesgesetzgebung, zum allergrößten Teil zwangsläufig geworden. Man spricht zwar viel von einem Lastenausgleich; gehandelt hat man aber in den letzten Jahren umgekehrt."(68) Die Neuverteilung des Steueraufkommens war für die kommunalen Repräsentanten mit dem Problem des im Bereich der Finanzpolitik fortgeschrittenen Zustands zentralstaatlicher Regelung eng verknüpft. Man hatte sehr aufmerksam das Bestreben des Staates registriert, beispielsweise über Fonds einen indirekten Weg des "Mitregierens" zu erschließen sowie für eine einheitliche Durchführung erlassener Gesetze und Vorschriften gegenüber Ländern und Gemeinden gleich selbst zu sorgen.(69) Interessant ist nun, dass sich die Interessenvertreter der Gemeinden nicht, wie die um ihre föderalistischen Kompetenzen besorgten Länder, prinzipiell gegen den Gesetzeszentralismus wandten, sondern sich dem Reich als direkte Partner, gleichsam in einem vorweggenommenen dezentralen Einheitsstaat, empfahlen: Das Reich solle, forderte Mulert bereits auf dem 7. Städtetag 1927, die Verteilung der Steuerquellen und Steueranteile nicht mehr, wie bis dahin, für Länder und Gemeinden gemeinsam ausweisen, sondern die Steuerverteilung zwischen Ländern und Gemeinden präzise abgrenzen. 1929 beklagte Mulert vor dem gleichen Forum, wie nachteilig sich das Fehlen einer engeren Verbindung zwischen Reich und Gemeinden auswirke. Die vom Städtetag geforderte Einrichtung einer Kommunalabteilung im Reichsinnenministerium erscheine dringlicher denn je.(70) Diese Perspektive einer direkten Verständigung zwischen Reich und Selbstverwaltungsorganen kollidierte freilich mit dem (noch ungeschriebenen) Verfassungsgrundsatz, dass die Regelung von Gemeindeangelegenheiten Ländersache ist. Die Perspektive erwies sich spätestens mit Beginn der Notverordnungspolitik, durch die der Staat massiv in den Kernbereich kommunaler Zuständigkeiten eingriff, als überholt. Angesichts leerer Gemeindekassen und hektischer Sparmaßnahmen fand der Vorwurf, an der Finanzmisere seien in hohem Maße "Luxusausgaben" schuld, in der Öffentlichkeit bereitwillig Aufnahme. Die Stoßrichtung und Qualität der Argumentation war durchaus verschieden. Während Hjalmar Schacht unter Luxusausgaben neben den erwähnten " Rittergütern a und "Palästen- auch Stadien, Schwimmbäder, Hotels, Flughäfen, Messegelände, Museen und 201 Grünanlagen einordnete(71) und damit weite Bereiche kommunaler Kulturpflege und Wirtschaftsförderung attackierte, war für den Finanzpolitiker Popitz das Hauptärgernis die "ungeregelte, mangelhaft kontrollierte Kreditpolitik", die das Ausgabeverhalten der öffentlichen Hände leite und eine solide Haushaltsführung gefährde: "Denken Sie an die Wohnungspolitik! Ich glaube, wir sind uns doch wohl heute darüber klar, dass es mit das Verhängnisvollste in unserer Wirtschaftspolitik gewesen ist, dass wir gerade diese Wohnungspolitik einheitlicher Leitung entzogen haben, dass wir sie einer Fülle von Willensträgern überlassen haben, die sich nun je nach ihrer politischen Struktur in eigener Regie oder durch Kreditgewährung aus öffentlichen Mitteln auf diesem gewaltigen Gebiet betätigt haben, das doch der Bedarfswirtschaft der freien Wirtschaft abgenommen worden ist und deswegen, seiner automatischen Regulierung beraubt, besonders sorgfältig behandelt werden mußte."(72) Auch die Personalpolitik der Gemeinden wurde zur Zielscheibe der Kritik. Popitz rechnete vor, dass die Zahl der Beamten, Arbeiter und Angestellten in Gemeinden und Gemeindeverbänden (ohne Bedienstete der selbständigen Werke) Ende Mai 1928 insgesamt rund 390 000 betrug. Der dafür erforderliche Kostenaufwand belief sich auf 1,9 Mrd. RM. Dabei habe sich die gerade in den Gemeinden beobachtbare Politisierung "besonders schlimm" ausgewirkt, weil aus Proporz gründen überflüssige Stellen nicht eingespart, vielmehr neu geschaffen würden.(73) Die Städte haben sich gegen den unterstellten Kausalzusammenhang zwischen Verschuldungskrise und leichtfertiger Ausgabenfreudigkeit entschieden gewehrt und - zu Recht - darauf verwiesen, dass die beanstandete kommunale Investitionstätigkeit die Lebensverhältnisse breiter Bevölkerungsschichten verbessert habe und folglich dem Gemeinwohl diene. Auf der Städtetagsversammlung 1927 in Magdeburg bezog Mulert dies ausdrücklich auch auf den kommunalen Wohnungsbau: "Gerade die jüngste Entwicklung hat nur zu anschaulich gezeigt, dass der private Kapitalmarkt leider noch viel zu schwach ist, um dem Wohnungsbau die erforderlichen Kapitalien zur Überwindung der Wohnungsnot zuzuführen. Die Ergebnisse der Reichswohnungszählung haben erneut den Nachweis geliefert, dass die Wohnungsnot in den Städten noch immer erschreckend groß ist. Würden die Städte nicht gegen ihre elementarste Pflicht verstoßen, wenn sie die Behebung dieser gegenwärtig vielleicht sozialpolitisch dringendsten Frage dem freien Spiel der Kräfte überlassen wollten? Die Kapitalien, welche die Gemeinden für den Bau von gesunden und wohlfeilen Heimstätten für die breiten Schichten der Bevölkerung verwenden, kommen der Wirtschaft ebenso zugute, wie die Aufwendungen für irgend einen anderen produktiven Zweck."(74) In der Tat waren jedenfalls die Großstädte zu großen Arbeitgebern geworden. Allein die Stadtverwaltung Berlin beschäftigte Ende der 20er Jahre gegen 23 000 Beamte und Angestellte, ferner 6 100 kfm. Hilfskräfte und 18 000 Arbeiter, die Bediensteten der städtischen Betriebe nicht eingerechnet .(75) Die Ausweitung der kommunalen Stellenpläne in den 20er Jahren ist jedoch der Vermehrung des Angebots öffentlicher Leistungen im eigenen und übertragenen Wirkungskreis der Gemeinden gefolgt. Die Städte räumten durchaus ein, dass die Kreditfinanzierung ihrer Investitionstätigkeit eine Konsolidierung der kommunalen Haushalte erschwere. Aber, so konterten sie den Luxusausgaben-Vorwurf, die Anleihen würden durchwegs zu produktiven Zwecken verwendet (vgl. Tab. 10): 202 "Die Versuche, die Ausnahmen, die es wie überall im Leben auch hier gibt, zu verallgemeinern, müssen geradezu als eine Irreführung der öffentlichen Meinung bezeichnet werden. Wie die Feststellungen des Statistischen Reichsamtes ergeben, sind von den gesamten Inlands- und Auslandskrediten der Kommunen für Unternehmungen, Betriebe und Vermögensverwaltung 39,3 v. H., für Wohnungs- und Siedlungswesen und die dazu gehörigen Aufwendungen für Straßenbau, Kanalisation und dergl. 36,3 v. H. aufgenommen worden; der Rest ist im wesentlichen für dringliche soziale und kulturelle Zwecke, wie Krankenhäuser, Schulen usw. verbraucht worden."(76) Dass ein erklecklicher Teil der aufgenommenen Kredite als Anlagekapital in die von den Verbänden der privaten Wirtschaft heftig kritisierten(77)- kommunalen Wirtschaftsbetriebe floss, hatte aus Sicht der Gemeinden gerade etatentlastende Effekte. Die Eigenbetriebe, erläuterte der Duisburger Oberbürgermeister Jarres 1929, hätten einen wesentlichen Rückhalt in den Gemeindehaushalten gebildet, wobei es gelungen sei, die Tarife für Strom, Gas und Wasser durchweg auf und sogar unter dem Preisniveau privater bzw. gemischtwirtschaftlicher Werke zu halten.(78) Auch das Popitz-Gutachten von Ende 1931 enthält den Hinweis, dass 1927/28 insgesamt 8 Prozent des Finanzbedarfs und 12 Prozent des Zuschussbedarfs der kommunalen Haushalte aus Überschüssen der Eigenbetriebe gedeckt worden seien.(79) 203 Finanzausgleich als "Notreform" Im Zuge des Notverordnungskurses leitete das Reich eine "Notreform" der Gemeindefinanzen ein und erweiterte auf diesem Wege seine finanzwirtschaftlichen Kompetenzen zu Lasten der Länder und Gemeinden beträchtlich. Durch die Notverordnung vom 26. Juli 1930 wurde den Gemeinden auferlegt, sogenannte Notsteuern - Biersteuer, Getränkesteuer und eine Bürgersteuer - zu erheben. Letztere war eine nach Jahreseinkommen gestaffelte Kopfsteuer, die auch Ehegatten und Dienstboten einbezog.(80) Das Reich setzte weitgehend die Erhebungs-Richtlinien selbst fest. Eine weitere Notverordnung vom 1. Dezember 1930 brachte u. a. eine mehrjährige Ausgabenbegrenzung für die Gemeindeverwaltungen. Ferner wurden die Gemeinden auf eine Gehaltskürzung für ihre Bediensteten gemäß der Reichsregelung festgelegt. Gleichzeitig wurden die Realsteuern (Grund- und Gewerbesteuer) gesenkt und vereinheitlicht. Für die kommunale Selbstverwaltung brachte insbesondere die Notverordnung vom 5. Juni 1931 eine tiefe Zäsur. Abermals wurden die Gehälter der kommunalen Beamten und Angestellten abgesenkt. Die Ausdehnung der Kürzungsauflagen auch auf die Gemeindearbeiter griff in die Tarifautonomie der Länder und Gemeinden direkt ein. Zur Sicherung der Haushaltsführung wurden in die Verordnung außerdem Bestimmungen aufgenommen, die dem Reich die Möglichkeit eröffneten, in das bis dahin in ausschließlicher Länderhoheit liegende Kommunalverfassungsrecht hineinzuwirken. Der Reichsfinanzminister sicherte sich zur Überprüfung der korrekten Verwendung der den Kommunen zur Erleichterung ihrer Wohlfahrtslasten zur Verfügung gestellten Mittel eine unmittelbare staatliche Rechtsaufsichtsbefugnis. Mit einer weiteren Notverordnung am 5. August 1931 wurde kommunalen Sparkassen und Giroverbänden untersagt, Anleihen, Darlehen und sogar Kassenkredite an Gemeinden und Gemeindeverbände auszureichen. Ab 7. Oktober d. J. unterlag die Aufnahme von Anleihen, Darlehen und Bürgschaften durch Gemeinden und Kreise der Genehmigung der Landesregierung oder von dieser beauftragten Behörden. Ab demselben Datum wurden Neubauten für öffentliche Verwaltungsgebäude bis Ende März 1934 untersagt. Am 24. August wurden die Landesregierungen ermächtigt, gegebenenfalls abweichend vom Landesrecht per Verordnung alle Maßnahmen zu treffen, die zum Ausgleich der Länder- und Gemeindehaushalte erforderlich seien. Auf diese Weise konnten Personalausgaben und andere Ausgaben der Gemeinden von Staats wegen gekürzt werden. In einem Rundschreiben an die Landesregierungen wies das Reichsfinanzministerium auf die damit geschaffene Möglichkeit hin, unmittelbar in das Gemeinderecht einzugreifen und beispielsweise die Kommunalaufsicht zu verschärfen. Hinfort konnten die Gemeindevorsteher durch die Landesbehörde ermächtigt werden, auch gegen den Widerstand ihrer gewählten Vertretungskörperschaften Sparmaßnahmen anzuordnen.(81) Die Gemeindepolitiker reagierten auf die Maßnahmen der Reichsregierung zwiespältig. Einesteils wurde anerkannt, dass etwa die neuen Notsteuern den Gemeinden pro Jahr rund 220 Mio. RM an Mehreinnahmen brachten und auch sonst die Gemeindehaushalte nicht unerheblich entlastet wurden. "Das Reich hat hiermit die Dringlichkeit der Gemeindeaufgaben anerkannt."(82) Auch lag die 204 fortschreitende Ausdehnung der Reichszuständigkeiten auf Gemeindeangelegenheiten durchaus auf der Linie einer Tendenz hin zum Einheitsstaat, wie sie seitens kommunaler Spitzenvertreter seit längerem befürwortet wurde. Andererseits war unverkennbar, dass insbesondere durch die reichsseitige Regelung der Gemeindesteuern, durch die Verschärfung der Staatsaufsicht und Eingriffe in kommunales Tarifvertragsrecht die Selbstverwaltung massiv eingeschränkt worden ist. Auf der Ebene der Gemeindevertretungen rief diese staatlich verfügte Entmündigung, wie im folgenden letzten Abschnitt dargestellt wird, heftige Reaktionen und passiven Widerstand hervor. Radikalisierung und Selbstlähmung der Kommunalpolitik Die aus der Sicht einer vordemokratischen Gemeindeideologie so beredt beklagte "Politisierung" des Gemeindelebens trat Ende der 20er Jahre tatsächlich ein. Allerdings nicht als eine Folge von Parteipatronage und pluralistischer "Zersetzung". Ursächlich lag dies vielmehr daran, dass, wie Wilhelm Külz 1931 schrieb, die "Politik von Reich und Staat immer mehr ihre letzten und fühlbarsten Auswirkungen in den Gemeinden und deren Verwaltung fand"(83) Die infolge der dramatisch verschlechterten Kassenlage der Kommunen verschärften finanziellen Verteilungskämpfe, die weltanschaulichen Positionskämpfe, die von rechts- und linksextremistischen Rathausfraktionen geschürt wurden, schließlich die dirigistischen Eingriffe vonseiten der Reichsregierung veränderten die Bedingungen und die Atmosphäre der Kommunalpolitik sichtlich. Die Auswirkungen der autoritären Notverordnungspolitik beschnitten die Selbstverwaltungsrechte der gewählten und der hauptamtlichen kommunalen Organe, und sie machte, den Konflikt zwischen Rat und Gemeindeverwaltung anheizend, die Hauptverwaltungsbeamten teilweise zu kommissarischen verlängerten Armen des Staates. Sie wurden beauftragt, die Haushaltskürzungen und neuen Notsteuern auch gegen das Votum bzw. die Weigerung der Ratsversammlungen zwangsweise durchzusetzen. Anfang 1932 ordnete der preußische Innenminister per Erlass an, in den Regierungsbezirken der Rheinprovinz staatliche Kommissare zu bestellen, welche in Gemeinden, die mit Zinszahlungen für staatliche Kredite bzw. mit der erhöhten Provinzialumlage in Rückstand waren, die Aufbringung der Gelder sicherzustellen hatten gegebenenfalls sollten den Gemeinden zustehende Reichssteuerüberweisungen einbehalten werden (dieses widerfuhr im Januar 1932 beispielsweise den Gemeinden des Landkreises Wetzlar).(84) Hinzu kamen, die Handlungsfähigkeit der Gemeindeparlamente zusätzlich einengend, die Auswirkungen der parteipolitischen Polarisierung. Zwar blieben die Kräfteverhältnisse in Gemeinderäten und Kreistagen in den größten Ländern (Preußen, Bayern) bis März 1933 auf dem Stand der Novemberwahlen von 1929 gleichsam eingefroren. Aber bereits 1929 hatte sich das Ratsklima deutlich verändert: neben der Wirtschaftspartei und Bürgerlisten, die in zahlreichen Kleinund Mittelstädten aus dem radikalisierten Besitzmittelstand Zulauf erhielten, stellte die KPD insbesondere in Berlin und den Großstädten der Industrieregionen 205 stärkere Fraktionen. Die NSDAP war vorläufig noch auf den Status einer kommunalen Splittergruppe verwiesen (vgl. Tab. 11). Die nach den 1929er Kommunalwahlen überwiegend gestärkte Position der Kommunisten sowie die Präsenz herausfordernd auftretender NS-Ratsmitglieder haben die Grundlage für eine konstruktive und sachbezogene Ratsarbeit, die unter den Bedingungen rigider Sparmaßnahmen und autoritärer Krisensteuerung von oben ohnedies einer Gratwanderung gleichkam, zusätzlich untergraben. Die Nationalsozialisten nutzten die Ratsversammlungen als Bühne für demagogische 206 und rassistische Forderungen: gegen "Bonzentum" und neue Anleihen, gegen den "jüdisch-marxistischen Kapitalismus" und die "Erfüllungspolitik" auch in den Gemeinden. Eine bürgerliche Einheitsfront wurde von ihnen strikt abgelehnt.(85) Die kommunistischen Ratsfraktionen wiederum wurden kraft zentraler Parteianleitung ab Ende 1928 auf kompromisslose Opposition und schroffe Abgrenzung gegenüber der SPD verpflichtet: Ablehnung der Gemeindehaushalte (gerade auch in SPD-geführten Verwaltungen) und Ablehnung sozialdemokratischer Bewerber bei Personalwahlen; Absprachen oder Arbeitsgemeinschaften mit anderen Parteien wurden als "kleinbürgerliche" Abweichung zurückgewiesen. Auf der Sitzung des KPD-Zentralkomitees im August 1929 gab Wilhelm Koenen den Kurs vor. "Wir müssen überhaupt den Feind innerhalb der Gemeinde schärfer anprangern als bisher. Es herrscht bei unseren Genossen noch zu sehr das Gefühl, dass schließlich in der Selbstverwaltung doch so eine Art von Vertretung der allgemeinen Gemeindeinteressen vorhanden wäre. Diese Vorstellung muss vernichtet werden."(86) Das staatliche Notverordnungsregime erzeugte darüber hinaus eine weitere Variante kommunaler Obstruktionspolitik. Häufig weigerten sich Ratsmehrheiten, die unpopulären neuen Notsteuern bzw. Sparmaßnahmen durch entsprechende Beschlüsse umzusetzen. Auch die Parteien, schreibt Bernhard Blühen im kommunalen Jahrbuch 1932, die "im Reichstag sich für die Notverordnungen notgedrungen einsetzten, konnten nicht verhindern, dass in den Gemeindeparlamenten, wenn es sich um die Einführung unpopulärer Steuern handelte, ihre Parteifreunde anders stimmten. Die Erhöhung der Biersteuer, die Einführung der Getränkesteuer, die Einführung und Erhöhung der Bürgersteuer wurden in der Mehrzahl der Gemeindeparlamente abgelehnt. Die Kürzung der Beamtengehälter wurde in den Gemeindeparlamenten vielfach bekämpft, wenn auch naturgemäß dieser Kampf ergebnislos war. Die mehr oder minder negativen Beschlüsse der Gemeindeparlamente, die vielfach die Haushaltspläne ablehnten und die zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichts im Haushaltsplan erforderlichen Steuern verweigerten, führten zu einem verstärkten Eingreifen der Staatsaufsicht" (87) Allein in Preußen schritt die - noch republikanische - Staatsregierung zur Ernennung von nahezu 500 Staatskommissaren, die, ungeachtet des hinhaltenden Widerstands der Gemeindeparlamente und auf zunächst unsicherer rechtlicher Grundlage, zur Ersatzvornahme der staatlicherseits verfügten Zwangsmaßnahmen ermächtigt waren. Die Einsetzung von Staatskommissaren ist ein Symbol für die spätestens 1932 sichtbar werdende, weitgehende Selbstlähmung des Gemeindeparlamentarismus. Bedenkt man außerdem das Ausmaß der von der Regierung Papen/Gayl nach dem "Preußenschlag" eingeleiteten personellen Säuberungsaktion gegen republiktreue hohe Beamte, die auch zahlreiche Landräte erfasste, so hatte schon vor der nationalsozialistischen Machtergreifung im Januar/März 1933 die faktische staatliche Gleichschaltung unübersehbar ein fortgeschrittenes Stadium erreicht. 207 Anmerkungen 1 Gerhard Lassar: Gegenwärtiger Stand der Aufgabenverteilung zwischen Reich und Ländern, in: Anschütz/Thoma, HbI)StR I, Tübingen 1930, S. 320, 312f. 2 Dietmar Petzina: Soziale und wirtschaftliche Entwicklung, in: Jeserich/Pohl/v. Unruh (Hrsg.), Deutsche Verwaltungsgeschichte Bd. 4, Stuttgart 1985, S. 56 3 RGBI. 1926/I, S. 203 und RGBI. 1927/I, S. 91 4 Ottmar Bühler: Die Zuständigkeitsverteilung auf dem Gebiete des Finanzwesens, in: Anschütz/Thoma (wie Anm. 1), S. 330f. 5 Ebenda, S. 338 6 Ebenda, S. 337 7 Ebenda, S. 338 8 Lassar (wie Anm. 1), S. 318 9 Ebenda, S. 315 10 Petzina (wie Anm. 2), S. 58 11 Bühler (wie Anm. 4), S. 339 12 Verwaltungsaufbau, Steuerverteilung und Lastenverteilung im Deutschen Reich (Einzelschriften zur Statistik des Dt. Reiches Nr. 6), Berlin 1929, S. 126 13 Bühler (wie Anm. 4), S. 339 14 Politik in Bayern 1919-1933, Berichte des Württemb. Gesandten Carl Moser v. Filseck, Stuttgart 1971, S. 244 15 Reichsreform. Mitteilungen des Bundes zur Erneuerung des Reiches, Jg.: 3/1931, H. 1, S. 16 f. 16 Carl Bilfinger: Der Reichsrat, in: Anschütz/Thoma (wie Anm. 1), S. 549 17 Lassar (wie Anm. 1), S. 318 f. 18 Richard Thoma: Das Reich als Bundesstaat, in: Anschütz/Thoma (wie Anm. 1), S. 175 19 Bilfinger (wie Anm. 16), S. 561 20 Ebenda, S. 557 21 Ebenda, S. 558f 22 Theodor Eschenburg: Bundesrat - Reichsrat - Bundesrat, in: Der Bundesrat als Verfassungsorgan und politische Kraft, Bad Honnef/Darmstadt 1974, S. 45; auch Bilfinger, a. a. O. 23 zit. nach Franz Albrecht Medicus: Reichsreform und Länderkonferenz, Berlin 1930, S. 5 f. 24 Siehe Thoma (wie Anm. 18), S. 185 25 Arnold Brecht: Föderalismus, Regionalismus und die Teilung Preußens, Bonn 1949, S. 135 f. 26 Ebenda, S. 137 27 Medicus (wie Anm. 23), S. 56 f., 61 28 Abdr. in: Medicus (wie Anm. 23), S. 42; vgl. auch Politik in Bayern (wie Anm. 14), S. 219 29 Auf der Staatsrechtslehrertagung in Jena 1924 führte Gerhard Anschütz aus: "Bayern war stets und ist noch heute das Hauptverbreitungsgebiet einer Reichsansicht, für die das Verhältnis Bayerns zum Reich kein Unterordnungsverhältnis, sondern ein Bundesverhältnis unter Gleichen bedeutet, ..: gerade von diesem bayerischen Föderalismus, der zumindestens fünfzig Prozent Partikularismus ist, gilt, was ich vorhin bemerkte: er dient nicht gemeinsamen Interessen aller oder vieler Länder, vielmehr Sonderinteressen, . . ." (VVdt.StRL 1, S. 23) 208 30 Medicus (wie Anm. 23), S. 75 31 Zahlenangaben nach Jürgen Falter/Thomas Lindenberger/Siegfried Schumann: Wahlen und Abstimmungen in der Weimarer Republik, München 1986, S. 89 ff. 32 Politik in Bayern (wie. Anm. 14), S. 241 33 Vergl. hierzu Karl Dietrich Bracher: Die Auflösung der Weimarer Republik, Villingen 1971, S. 495 ff:; Hans Mommsen: Die verspielte Freiheit, Frankfurt/M./Berlin 1990, S.403 34 Bracher (wie Anm.= 33), S. 342 ff. 35 Deutsche Allgemeine Zeitung Berlin vom 4. 6.1931, zit. in Reichsreform H. 6/1931, S.114 36 Bracher (wie Anm. 33), S. 440 37 Ebenda, S. 443 38 zit. in Reichsreform H. 3/1931, S. 53 39 H. Mommsen. Die Stellung der Beamtenschaft in Reich, Ländern und Gemeinden in der Ära Brüning, in: VZG 21. Jg./1973, H. 2, S. 165 40 Mommsen (wie Anm. 33), S. 401 41 So mit Bezug auf Presseberichte in Reichsreform, H. 1/1931, S. 19 42 42 zit. in: Politik in Bayern (wie Anm. 14), S. 254 43 Siehe Reichsreform H. 7/1931, S. 144; auch H. Mommsen (wie Anm. 33), S. 417 44 Bracher (wie Anm. 33), S. 428 ff. 45 H. Mommsen (wie Anm. 33), S. 457 46 Kernpassagen des Urteils zit. bei Bracher (wie Anm. 33), S. 510 47 H. Mommsen (wie Anm. 33), S. 457 48 Bracher (wie Anm. 33) S. 510 49 Johannes Popitz: Der künftige Finanzausgleich zwischen Reich, Ländern und Gemeinden, Berlin 1932, S. 1, auch 322 50 Art. 127 WRV gewährte "das Recht der Selbstverwaltung innerhalb der Schranken der Gesetze" und schrieb damit die Gemeinde-Autonomie nach herkömmlicher Lehre als Grundrecht im bzw. gegenüber dem Staat fest. Vgl. Heiko Faber: Art. 28, 2, Alternativkommentar zum Grundgesetz, Bd. I,2 1989, S. 1708; ferner Wilhelm Ribhegge: Die Systemfunktion der Gemeinden, in: APUZ B47/73, S. 8 51 Popitz (wie Anm. 49), S. 7 f. 52 Arnold Koettgen: Die Krise der kommunalen Selbstverwaltung [1931], in: ders., Kommunale Selbstverwaltung zwischen Krise und Reform, Stuttgart usw. 1968, in der Reihenfolge der Zitate S. 1-20 53 Ebenda, S. 16, Anm. 40 54 Ebenda, S. 32 f. 55 Ernst Forsthoff. Die Krise der Gemeindeverwaltung im heutigen Staat, Berlin 1932, S. 57 ff. 56 Dazu exemplarisch Everhard Holtmann: Politik und Nichtpolitik, Opladen 1989, S. 97 ff. 57 Popitz (wie Anm. 49), S. 8 58 Wolfgang Haus: Biographien deutscher Oberbürgermeister, in: Archiv für Kommunalwissenschaft 1965/I,, S. 132 59 Ebenda, S. 133 60 Zitat nach Reichsreform H. 1/1932, S. 6 61 Karl-Heinrich Hansmeyer (Hrsg.): Kommunale Finanzpolitik in der Weimarer Republik, Stuttgart usw. 1973, S. 160 209 62 Ebenda, S. 167f.; vgl. auch Ruth Wimmert Charakteristika der Berliner Kommunalpolitik in den Jahren der Weimarer Republik, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 1969/I, S. 97 63 Reichsreform H. 4/1931, S.72 f. 64 Popitz (wie Anm. 49), S. 3 65 Kommunales Jahrbuch 1932, S. 49 66 Ebenda, S. 89, 329 67 Reichsreform H. 7/1931, S. 145 68 Jahresversammlung des Deutschen Städtetages 1929, S. 35 f. 69 So Mulert auf der Versammlung des 7. Deutschen Städtetages am 23. September 1927 in Magdeburg, S. 49 f. 70 Jahresversammlung 1929 (wie Anm. 68), S. 20 f. 71 Siehe Hansmeyer (wie Anm. 61), S. 167 f. 72 Johannes Popitz: Der Finanzausgleich und seine Bedeutung für die Finanzlage des Reichs, der Länder und Gemeinden, Berlin 1930, S. 6 73 Ebenda, S. 8 74 Jahresversammlung 1927 (wie Anm. 69), S. 39 75 Wimmer (wie Anm. 62), S. 88 76 Jahresversammlung 1929 (wie Anm. 68), S. 37 77 Siehe Carl Böhret: Aktionen gegen die "Kalte Sozialisierung" 1926-1930, Berlin 1966 78 Jahresversammlung des Preußischen Städtetages, 1929, S. 29 79 Popitz (wie Anm. 49), S. 46 80 Statistisches Jahrbuch deutscher Städte 1932, S. 369 ff. 81 Vgl. hierzu die zusammenfassende Darstellung in Kommunales Jahrbuch 1932, S. 2 ff. 82 Kommunales Jahrbuch 1931, S. 60 83 Ebenda, S. 47 84 Reichsreform H. 1/1932, S. 4 85 Vgl. Kommunales Jahrbuch 1931, S. 49, und 1932, S. 44 f. 86 Volker Wünderich: Arbeiterbewegung und Selbstverwaltung. KPD und Kommunalpolitik in der Weimarer Republik, Wuppertal 1980, zit. S.179; vgl. auch Kommunales Jahrbuch 1931, S. 44 ff., und 1932, S. 48 87 Kommunales Jahrbuch 1932, S. 46 f. Literatur Anschütz, Gerhard/Thoma, Richard (Hrsg.): Handbuch des Deutschen Staatsrechts Bd. I, Tübingen 1930 Biewer, Ludwig: Reichsreformbestrebungen in der Weimarer Republik, Frankfurt/Main usw. 1980 Bilfinger, Carl: Der Reichsrat, Bedeutung und Zusammensetzung, in: Anschütz/Thoma (Hrsg.), 1930, S. 545-567 Böhret, Carl: Aktionen gegen die "Kalte Sozialisierung" 1926-1930, Berlin 1966 Bracher, Karl Dietrich: Die Auflösung der Weimarer Republik, Villingen, 5. Aufl. 1971 Brecht, Arnold: Föderalismus, Regionalismus und die Teilung Preußens, Bonn 1949 210 Bühler, Ottmar:. Die Zuständigkeitsverteilung auf dem Gebiete des Finanzwesens, in: Anschütz/Thoma (Hrsg.), 1930, S. 321-345 Der Deutsche Städtetag. 25 Jahre Gemeinschaftsarbeit deutscher Städte (Schriftenreihe des Deutschen Städtetages Heft 12), Berlin 1930 Eschenburg, Theodor: Bundesrat - Reichsrat - Bundesrat. Verfassungsvorstellungen und Verfassungswirklichkeit, in: Der Bundesrat als Verfassungsorgan und politische Kraft, hrsg. vom Bundesrat, Bad Honnef/Darmstadt 1974 Faber, Heiko: Der Artikel 28 Abs. 1, 11, Abs. 2, in: Alternativ-Kommentar zum Grundgesetz, 2. Aufl. 1989, Bd. I, S. 1705-1746 Falter, Jürgen, Lindenberger, Thomas, Schumann, Siegfried: Wahlen und Abstimmungen in der Weimarer Republik. Materialien zum Wahlverhalten 1919-1933, München 1986 Forsthoff, Ernst. Die Krise der Gemeindeverwaltung im heutigen Staat, Berlin 1932 Hansmeyer, Karl-Heinrich (Hrsg.): Kommunale Finanzpolitik in der Weimarer Republik, Stuttgart usw. 1973 Haus, Wolfgang. 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