Manuskript In dem Modul körperorientierte Methoden Im Baustein Sensomotorik Sensorische Integration Von Merle Hinz & Friederike Jehring Semester: 1 Studiengang: Heilpädagogik Betreuer: Herr Burtscher Berlin, 18.12.2008 Gliederung des Referats 1. Was ist sensorische Integration? 2. Sensorische Integrationstherapie 2.1. Anna Jean Ayres die Begründerin der SI 2.2. Definition Sensorische Integrationstherapie 2.3 theoretische Grundannahmen 2.3.1. neuronale Plastizität 2.3.2. Adaption 2.3.3. Inner Drive 2.3.4. Hierarchie im Nervensystem und die Entwicklungsfolge 2.4. Symptome einer Inadäquaten SI 2.5.Störungen der SI 2.5.1. Modulationsstörung 2.5.1.1. taktile Defensivität 2.6. Behandlungsprinzipien 2.6.1. grundlegende Verhaltensweisen der/s Therapeuten 2.7. Behandlungsaktivitäten 2.7.1. Rollbrett 2.7.2. weitere Therapiemedien 2.8. Vergleich SI – Therapie und Spieltherapie 3. Zitat einer betroffenen Mutter 4. Quellenverzeichnis 5. Literaturverzeichnis 1. Was ist sensorische Integration? Die Integration der Sinne ist das Ordnen der Empfindungen, um sie gebrauchen zu können. Unsere Sinne geben uns Informationen über den physikalischen Zustand unseres Körpers und über die Umwelt um uns herum. Das Gehirn muss all die unterschiedlichen Empfindungen angemessen koordinieren. Gut integrierte Empfindungen können genutzt werden, um daraus Wahrnehmung, Verhaltensweisen und Lernprozesse zu formen. Die Handlungen werden komplexer, je mehr Sinnessysteme angesprochen und miteinander verknüpft werden. Beispielsweise drehen wir unseren Kopf, wenn wir akustische Reize aus einer Richtung wahrnehmen und kontrollieren mit den Augen, woher der Reiz kommt. 1 Während des Referates folgt an dieser Stelle ein Experiment. Die Kommilitonen werden in zwei Gruppen eingeteilt und haben die Aufgaben einerseits das Schälen einer Manderine mit ihren motorischen und koordinativen Anforderungen zu reflektieren, während die anderen Gruppenmitglieder alle Sinnesbereiche die dabei angesprochen werden erfassen sollen. Ziel ist es, den Vorgang sensorischer Integration d.h. Das optimale Zusammenspiel aller dieser Bereiche bewusst zu machen. 2. Sensorische Integrationstherapie2 2.1 Die Begründerin der Sensorischen Integrationstherapie; Jean Ayres: Jean Ayres wurde im Jahr 1923 in Kalifornien geboren. Sie absolvierte eine Ausbildung zur Ergotherapeutin. Ihre therapeutische Arbeit fand ihren Schwerpunkt zunächst in der Behandlung von Menschen mit neurologischen Störungen (Hirnverletzte mit perzeptiven Störungen). Sie stellte dabei fest, dass die Ursache vieler Probleme mutmaßlich auf Störungen in der Wahrnehmung zurückzuführen sind. Ihr besonderes Interesse galt dabei der Parallele zu Wahrnehmungsstörungen bei Kindern. Ayres entschloss sich zu einem zusätzlichen Studium der pädagogischen Psychologie. Nach Beendigung der Studienzeit war sie in einem Hirnforschungsinstitut in Los Angeles tätig und erforschte ab 1950 vor allem die Ursachen von Lernstörungen bei Schulkindern. Aus ihren dort erlangten neurophysiologischen Kenntnissen gründete sie eine Privatklinik („Ayres Clinic“), wo sie neue Behandlungsmethoden anwendete und schließlich auch die sensorische Integrationstherapie als basale Wahrnehmungsbehandlung entwickelte. Außerdem erarbeitete sie 1972 eine Testreihe, den „Southern California Sensory Integration Test“ (=SCSIT). Durch ihre Forschungsprojekte kam Ayres zu der Annahme, dass häufig eine basale Perzeptionsstörung für Lernstörungen verantwortlich ist. Sie erlangte grundlegende „Erkenntnisse über die Hirnfunktionsweisen und ihre Beeinflussung“. Neben der Ursachenforschung brachte Ayres einen wesentlichen Beitrag zur Analyse der Wirksamkeit von therapeutischen Maßnahmen. Sie lehrte an der Universität von Südkalifornien und entwarf ein pädagogisch – psychologisches Therapiekonzept für Kinder mit Defiziten in der Wahrnehmungsverarbeitung. Ab 1973 legte sie ihren Fokus auf die Verbesserung des SCSIT Testverfahrens und entwickelte daraus den standardisierten SIPT (“Sensory Integration and Practice Test”). Ayres starb im Jahr 1988 in Los Angeles. 2.2 Sensorische Integrationstherapie – Definition3 Die sensorische Integration nach Jean Ayres bedient sich neben standardisierten Diagnostikverfahren der freien Verhaltensbeobachtung. Ziel der Therapie ist die Verbesserung der sensorischen Integration mittels gezielter Reizsetzung. Nicht die fehlende defizitäre Funktion wird eingeübt bzw. verbessert, sondern die Wirkung der Sinnessysteme aufeinander. Der sensorischen Integrationsbehandlung geht eine genaue Befundung voraus, darauf aufbauend folgen stufenweise formulierte Zielsetzungen. In der Regel ist die Therapieform nondirektiv. Der Therapeut/in lässt sich die Richtung durch das Kind zeigen. Am intensivsten kommt eine Integration von Sinneseindrücken zustande, wenn das Kind von sich aus einen bestimmten Reiz wünscht und eine Tätigkeit einleitet, durch die es die gewünschten Empfindungen erhalten kann. Nur dann, wenn das Kind die Bedeutsamkeit seines Handelns erfährt, kann die therapeutische Arbeit erfolgreich sein. Zudem ist die sensorische Integrationstherapie eine ganzheitliche Therapieform, da Wechselwirkungen mit individuellen emotionalen, sozialen und kognitiven Funktionen berücksichtigt werden. 2.4. Grundannahmen 2.4.1. neuronale Plastizität Unter dem Begriff neuronale Plastizität versteht man die Fähigkeit des zentralen Nervensystems zur Formbarkeit, Organisation und der Reorganisation. Jean Ayres beschreibt neuronale Plastizität im Allgemeinen als einen normalen Vorgang des sich entwickelnden Gehirns der die Grundlage für einen therapeutischen Erfolg bildet.4 Diese Theorie konnte durch die gezielte Beobachtung hirngeschädigter Menschen bestätigt werden. Es wurde festgestellt, dass diese in der Lage sind, durch gezielte Stimulation verloren gegangene Fähigkeiten (z.B. dem Laufen) wieder neu zu erlernen. Dies ist nur durch die Reorganisation des Gehirns möglich. Dabei übernehmen Zellen die Funktionen der verletzten neuronalen Zellen, obwohl sie ursprünglich gar nicht dafür vorgesehen waren. 2.4.2 Adapation „Eine Adaption ist eine Reaktion, bei welcher die betreffende Person mit ihrem Körper und ihrer Umwelt in einer kreativen und sinnvollen Weise Handelt.“5 D.h. der Mensch lernt auf Reize adäquat zu reagieren. Dieser Vorgang ist zu erkennen, wenn ein Kind zur Seite gestoßen wird. Es zeigt in dem es sein Gewicht verlagert und nicht umfällt eine angepasste Reaktion. Somit lassen sich in den Reaktionen eines Kindes auf Reize, die Qualitäten seiner sensorischen Integrationsfähigkeit im Gehirn erkennen. Zusätzlich führt jede Anpassungsreaktion zu einer weiteren Integration. Die durch die Reaktion hervorgerufenen neuen Empfindungen werden in bereits bekannte und schon im Gehirn „gespeicherte“ Empfindungen eingeordnet. 6 Während des Referates wird nun ein Kommilitone/in gebeten, sich für einen Versuch zur Verdeutlichung des Anpassungsvorgangs bereit zu stellen. Der Kommilitone soll sich dabei auf eine sehr weiche Matte stellen und wird, ohne es vorher zu wissen, leicht zur Seite gestoßen. Beim ersten Stoß soll gezeigt werden, dass der Schüler sich durch ein Schwanken aus dem Gleichgewicht bringen lässt. Dann wird der Vorgang wiederholt. Der Schüler weiß nun was passiert und versucht im Normalfall sofort seinen Körper anzuspannen und dem leichten Stoß entgegen zu wirken, was in dieser Situation eine Adapation darstellt. 2.4.3. inner Drive Der inner Drive oder auch innerer Drang genannt, beschreibt den von der Natur gegebenen ausgeprägten Antrieb des Menschen seine Erlebniswelt zu entwickeln. Es ist nicht notwendig einem Kind zu sagen, dass es das Sitzen und Laufen erlernen soll. Das Kind ist, aus einem eigenen Bedürfnis heraus, gewillt dies selbst zu tun und versucht dies immer und immer wieder.7 Gebe es diesen nicht, so würde sich der Mensch nicht oder kaum weiterentwickeln. 2.4.4. Entwicklungsfolge und die Hierarchie im Nervensystem Anna Jean Ayres war der Annahme, dass sich Entwicklung in einer gewissen Reihenfolge vollziehe und alle weiteren Schritte sich auf den vorhergehenden aufbauen. Dabei wird davon ausgegangen, dass unser Nervensystem in einer bestimmten Abfolge hierarchisch geordnet ist. 8 Die einzelnen Entwicklungsschritte werden in sogenannte „Entwicklungsbausteine“ eingeteilt, die das Fundament für reifere und komplexere Entwicklungsstufen bilden. 9 Bspw. erlernt ein Kind erst den Kopf zu heben bevor es sitzt und es muss zunächst einmal aufrecht und stabil sitzen können, bevor es das Laufen erlernt. Dennoch wird das Nervensystem als ein offenes System beschrieben, denn sonst wäre der bereits beschriebene Prozess der neuronalen Plastiziät nicht möglich. Das Spiel in der SI-Therapie ist eine Situation in der das Kind „Lernen soll, wie man lernt“. Darunter wird verstanden, dass sich ein Kind in spielerischer Aktion unbewusst aneignet, alle Sinnesbereiche zu verknüpfen und sich allen Wahrnehmungsystemen zu bedienen und optimal zusammen „spielen“ zu lassen. Das Gehirn wird trainiert sich so zu ordnen, dass es besser arbeiten kann. Für diesen Prozess wird das komplette Nervensystem benötigt. Daraus folgt: umso mehr Sinnessysteme zusammenarbeiten, umso leichter fällt es einem Kind zu lernen.10 11 Diese Abbildung wird während des Vortrages in Form eines Wahrnehmunsbaumes einfach dargestellt und gemeinsam mit den Zuhörern ergänzt. 2.5 Symptome der sensorischen Integrationsstörung12 Kinder mit einer SI-Störung weisen oft keine eindeutigen neurologischen Funktionsverluste auf. Häufig zeigen sie jedoch typische Symptomatiken. Es lassen sich Symptome in den verschiedenen Lebensjahren unterscheiden: Im Säuglingsalter: Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus Saug- und Schluckprobleme Übermäßige Unruhe mit Schreiattacken bzw. auffallend geringe Aktivität Irritation/ Abwehr auf Lageveränderung Irritation/ Abwehr auf Berührung Im Kleinkind-Schulalter: Verzögerte, motorische Entwicklung mangelndes Selbst- und Körperbewusstsein verzögerte Sprachentwicklung Geräuschempfindlichkeiten Verhaltens- und Stressauffälligkeiten Anpassungsschwierigkeiten an neue Situationen Hyper-Hypoaktivität Teilleistungs- bzw. Lernstörungen Vermeidung der Hand zum Gebrauch (Dinge zu erfühlen, ertasten, etc.) 2.6. Störungen der Sensorischen Integration 2.6.1.Bsp. Modulationstörung Sensorische Modulation ist die Fähigkeit des ZNS, die Intensität und Dauer von Reaktionen an Empfindungen anzupassen.13 14 Ist diese Fähigkeit des Zentralnervensystems nicht gegeben, so spricht man von einer Modulationsstörung. Sie kann sowohl im taktilen, visuellen, auditiven, propriorezeptiven als auch im Bereich der vestibulären Wahrnehmung auftreten. Dabei unterscheidet man zwischen Dormanz einer Unterempfindlichkeit und der Defensivität einer ausgeprägten Abwehr und Überempfindlichkeit gegenüber Reizeinwirkungen. 2.6.1.1. Modulationsstörung am Beispiel der taktilen Defensivität: Hierbei versteht man eine negative und vermeidende Reaktion auf bestimmte „unschädliche“ taktile Stimuli. Eine adäquate Bedeutungszuweisung hinsichtlich der Berührungen ist beeinträchtigt.15 Folgende Reize beschreiben die Kinder meist als sehr unangenehm: Abreiben mit dem Handtuch gekitzelt oder durchgekrabbelt werden wenn sie eine Person von hinten berührt spezielle Nahrungsmittel bspw. Joghurt mit Fruchtstücken darin Kleidung aus Wolle, Seide oder Samt Anfassen von Sand Matsch und Dreck Körperhygiene besonders Haare waschen Zu beobachten ist häufig: verstärkte Ablenkbarkeit, Aktivität und Impulsivität auffällige vegitative Reaktion in Folgen von taktilen Reizen z.B. erhöhter Puls, Schwindel16 Aufgrund der großen Unsicherheit (welche durch die mangelnde Reizverarbeitung entsteht) sollte man den Kindern immer das Gefühl vermitteln, sie hätten die Situation unter Kontrolle. Das bedeutet Reizgabe (z.B. in Form von Berührung), sollten stets eindeutig und klar für sie sein. Man muss ihre Gefühle ernst nehmen und sie in kleinen Schritten an die verschiedenen Reize ranführen. Risikofaktoren für die Entstehung einer SI – Störung können sein: Sauerstoffmangel während oder nach der Geburt Infektionskrankheiten der Mutter während der Schwangerschaft Bewegungsmangel des Kindes reizarmes Milieu Alkohol- und Drogenkonsum der Mutter in der Schwangerschaft Seelischer Druck17 2.7. Behandlungsprinzipien18 2.7.1 grundlegende Verhaltensweisen des Therapeuten/in: Selbstbestimmte Eigenaktivität Der Therapeut gestaltet und strukturiert vorab den Rahmen der Therapie. Das Kind darf eigenaktiv auswählen und Handeln, dabei greift der Therapeut nur lenkend und unterstützend in das Handeln des Kindes ein. Zeit Das Kind sollte ausreichend Gelegenheit erhalten, sich sowohl mit den Personen, Räumlichkeiten und den Materialien auseinandersetzen zu können, auf die es während der Behandlung trifft. Das Kind dort abholen, wo es momentan ist Bei Therapiebeginn ist es ganz wichtig auf der richtigen Entwicklungsstufe des Kindes anzusetzen. Das heißt die Förderung wird an der Stelle angesetzt, bei der das Kind bereits Kenntnisse oder Fähigkeiten hat. positive Emotionalität Eine angenehme therapeutische Atmosphäre und die emotionale Beziehung zur Therapeutin können von großer Bedeutung sein. Die Wirksamkeit der Angebote wird wesentlich positiv beeinflusst durch Freude, Lust und Spaß bei den verschiedenen Tätigkeiten. Besonders im Bereich der Defensivität ist das Vertrauen des Kindes in den Therapeuten/in ganz besonders wichtig für den Verlauf der Therapie. Erregungsniveau Das Erregungsniveau wie auch die einzelnen Herausforderungen , welche in der Therapie angebracht werden, müssen auf jedes Kind individuell abgestimmt werden. Somit wird vermieden, dass ein Kind unterfordert, überfordert oder auch „über“- oder „unterreizt“ wird. Stimulationsreize sollten eindeutig sein, um eine spontane Anpassungsreaktion auszulösen, damit sie somit im ZNS sensorisch integriert werden können. 2.8. Behandlungsaktivitäten 2.8.1 Behandlungsaktiviäten am Beispiel Rollbrett19 Gewöhnlich liegt das Kind in Bauchlage auf dem Rollbrett. Es ist möglich damit am Fußboden (mit oder ohne Hindernissen) entlang zu fahren oder eine schräge Ebene beziehungsweise eine Rampe hinunter zu fahren. Die beiden Körperenden werden entgegen der Schwerkraft angehoben und in dieser Position gehalten. Die Bauchlage ist die Lageposition, in der Haltungs- und Bewegungsreaktionen ausgebildet werden, die zum Stehen, Gehen und weiteren sensomotorischen Handlungen des späteren Lebens führen. Das Rollbrett löst zudem Sinneswahrnehmungen und Bewegungsreaktionen aus, die man bei einem Kind nicht erreichen kann, wenn es einfach nur sitzt oder steht. Die Fähigkeit, die „Flugzeughaltung“ ohne große Anstrengung beibehalten zu können, dient zur Überprüfung der Wirksamkeit des Gleichgewichtsystems. Des Weiteren werden in der Bauchlage bestimmte Schwerkraftrezeptoren stimuliert. Die Ganzkörperbewegungen auf dem Rollbrett und die damit ausgelösten Sinneswahrnehmungen und –Verarbeitungen bauen die Grundstrukturen für Großhirnprozesse auf, die für das Lesen oder Schreiben Voraussetzung sind. Zudem wird durch die Ganzkörperbewegung auch die Basis für feinmotorische Fertigkeiten gegeben, d.h. die Grundlage, um Schreiben zu lernen oder handwerkliche Betätigungen umsetzen zu können. Ein Kind mit einem untererregbaren Gleichgewichtssystem zeigt gewöhnlich keine angemessene Körperspannung; es lässt den Kopf hängen und die Beine am Boden entlang schleifen. Es zeigt oftmals nach kurzer Zeit erste Anzeichen von Erschöpfung und Müdigkeit. Die Rollbrettaktivität stellt für das Kind eine große Anforderung dar, bei dem es überdurchschnittlich Krafteinsatz aufbringen müssen. Kinder mit einem übererregbaren Gleichgewichtssinn haben meist Angst, eine Rampenfahrt mit dem Rollbrett umzusetzen bzw. verweigern das Spiel mit dem Rollbrett. Die schnelle Geschwindigkeit löst bei ihnen häufig Schwindelgefühle hervor. Es gibt einige Modifikationsmöglichkeiten, einem ängstlichen Kind dazu verhelfen, die Rollbrettfahrt auszuprobieren. So können beispielsweise Pappkartons oder Schaumstoffwürfel vor die Rampe am Boden positioniert werden, um dem Kind die Sicherheit zu geben, in seiner Geschwindigkeit gebremst zu werden. Das Zerquetschen der Kartons kann dem Kind zusätzlich ein Gefühl von Stärke vermitteln und ihm ein Erfolgserlebnis ermöglichen. Dies wirkt sich wiederum positiv auf die Persönlichkeitsentwicklung aus. Wenn diese Rollbrettspiele regelmäßig wiederholt werden, bildet das Gehirn Sinneserfahrungen, von jedem Teil des Körpers aus. Es können Gedächtniseindrücke gesammelt werden, mit deren Hilfe das Kind schrittweise seine Körperwahrnehmung genauer ableiten kann. Die inneren „Landkarten“(- automatisierte Handlungsabläufe) die sich bei zunehmenden Rollbrettfahrten bilden, verhelfen dazu, dass das Kind seine Bewegungsplanung auch zu Hause oder in der Schule besser durchführen kann. Es bedarf somit einer ständigen Überprüfung des gesetzten Anforderungsniveaus. Wenn es die Fahrt auf dem Rollbrett durch wiederholte Übung integrieren konnte, ist es wichtig weitere Schweregrade zu finden, um dem Kind weitere Sinneseindrücke und Handlungen zu ermöglichen. Es wäre denkbar, das Kind einmal durch einen aufgestellten Tunnel fahren zu lassen oder einen Gegenstand von der Decke hängen zu lassen, der während der Rollbrettfahrt berührt oder mitgenommen werden soll. 2.8.2. Weitere Therapiemedien20 Im weiteren Verlauf werden Beispiele für verschiedene Therapiemedien beschrieben, die bei dem jeweiligen Sinnessystem einen angemessen Einsatz darstellen könnten. Beispiel 1: Sind Kinder im tiefensensiblen Bereich unterinformiert, so macht es sich beispielsweise dadurch bemerkbar, dass diese Kinder unverhältnismäßig oft fallen, sich stoßen und Dinge ggf. umwerfen. Das tiefensensible System umfasst drei Bereiche: Stellungssinn (Lage und Stellung des Körpers) Kraftsinn (Kraft und Tonus) Kinästhetik (Empfindungen der Bewegungen des Körpers) Da bei einer solchen Störung die Bewegungen des Körpers nicht richtig eingeschätzt werden können, benötigen die Kinder visuelle Kontrolle. In der Therapie können verschiedene Medien eingesetzt werden: Rollbrett, Hängematte, Schaukel, Trampolin, etc. Beispiele: Werfen von unterschiedlich schweren Säcken in einen Eimer (Kraftdosierung) Slalomfahrt mit dem Rollbrett um Schaumstoffblöcke Körperteile des Kindes (z.B. mit dem Igelball) überrollen und benennen lassen Kind sitzt im Hochkniestand auf einer 4 Punkt Schaukel und greift -während des Schaukelns- nach Gegenständen (u.v.m) Beispiel 2: Im Bereich des taktilen Systems können Kinder, wie bereits beschrieben, sowohl über- als auch unterinformiert sein. Bei überinformierten Kindern sollten zunächst keine passiven Berührungen eingesetzt werden. Die Therapie beginnt zunächst also mit aktivem Fühlen. Bei taktil unterinformierten Kindern empfiehlt sich für einen guten Therapieeinstieg das „Sandwich-Spiel“, bei dem das Kind zwischen Matten liegt und ausreichend Druck bekommt, damit es seinen Körper bewusst wahrnehmen kann. Mögliche Medien zur taktilen Stimulation: Igelbälle, Erbsen-/ Sandsäckchen, Hängematte, verschiedene Untergründe (Kunstrasen, Schaumstoff, etc.) Beispiel 3: Ein vestibulär unterinformiertes Kind zeigt Auffälligkeiten, da es starke Bewegungsreize benötigt und folglich auch bestimmte Gefahrensituationen schlecht einschätzen kann. Diese Kinder zeigen meistens ein hyperaktives Verhalten. Im Gegensatz dazu verhalten sich vestibulär überinformierte Kinder auf Spielplätzen eher stark zurückhaltend und erleben auf der Schaukel oder auch bei Autofahrten schnell Schwindelgefühle. Wichtig ist zu berücksichtigen, dass diese Kinder zu Beginn der Therapie nicht einfach auf die Therapieschaukel oder die Hängematte „getrieben“ werden. Ihre Signale von Unsicherheit und Angst sollten stets berücksichtigt werden. Folgende Therapiemedien könnten zum Einsatz kommen: Rollbrett, Trampolin, ggf. Schaukel (nicht aktiv schaukeln; um beispielsweise Gegenstände fangen zu können) Zur möglichen Anwendung von Therapiemedien innerhalb der SI – Therapie folgen nun zwei praktische Übungen, bei denen unsere Kommilitonen eigene sensorische Erfahrungen machen können. Insbesondere sprechen wir dabei das vestibuläre und propriorezeptive System an. Praktische Übungen: Übung 1: Fahren auf dem Rollbrett Übung 2: Peziball 2.9. Vergleich SI – Therapie und Spieltherapie21 Auf den „ersten Blick“ macht die Sensorische Integrationstherapie den Eindruck, als wäre sie nichts anderes als eine Spieltherapie, dennoch sind die Schwerpunkte dieser Therapie völlig andere. Die Spieltherapie ist eine Form der Psychotherapie und ergründet und vermittelt psychische und soziale Erfahrungen eines Kindes. Die SI – Therapie befasst sich natürlich auch mit diesen Bereichen, dennoch sind diese nicht vordergründig während der Behandlung. Spieltherapeuten sind sich bei ihrer Arbeit nicht bewusst über eine Einwirkung auf die sensorische Integration, da sie in der Regel keine Ausbildung zur planmäßigen Verbesserung diese Vorgänge erlangt haben. 3. Zitat einer Mutter über sensorische Integration:22 Situation: Austausch im Elternforum Thema: Junge (26 Monate) schlägt sich selbst auf den Kopf „ Ich habe solche Fälle jetzt schon öfter im Forum gelesen. Ich glaube, diese Kinder holen sich auf diese Weise Tiefeninformationen (= Reize im Körperinnern auf Muskel, Gelenke und Sehnen). […] Am Besten ist es, den Kindern bei jeder Gelegenheit Reize zu ermöglichen; rumtoben, Gliedmaßen mit der Hand drücken, schwere Sachen tragen und (Sandsäcke, Telefonbuch...). Zum Weiterlesen, mein Tipp: Sensorische Integration im Dialog“ (Ulla Kiesling)“ Mit diesem Zitat möchten wir darstellen, dass sich sensorische Integration und Maßnahmen zur Förderung der SI zu einem zunehmend bekannteren Themenfeld für Eltern entwickelt. Häufig recherchieren sie bereits eigenständig, wie sie selbst ihre Kinder unterstützen und Reize vermitteln können, nach denen sie suchen. Die SI – Therapie gibt Anregungen und Möglichkeiten (neben therapeutischer Begleitung) sensorische Integration auch im Alltag des Kindes mit einfachsten Materialien vielfältig zu fördern. 4. Quellenverzeichnis [1] (vgl.) Ayres, A.Jean, Bausteine der kindlichen Entwicklung, 4.Auflage, Berlin 2002,S.7-9 [2] (vgl.) Zimmermann, Anke,Ganzheitliche Wahrnehmungsförderung bei Kindern mit Entwicklungsproblemen, Möglichkeiten der sensomotorischen Integration, Dortmund 1998 [3] a.a.O.S.231-2321 (vgl.)http:// www.hoppsala.de/index.php?menueID=21&contentID=118 [4] (vgl.) Blanche, Erna I.; Roley, Smith Susanne; Schaaf, Roseann C., Sensorische Integration, Grundlagen und Therapie bei Entwicklungsstörungen, Berlin Heidelberg 2004 , S. 32 [5] Ayres, A. Jean (1984), Bausteine der kindlichen Entwicklung, 2. Auflage, Berlin Heidelberg 1992, S.18 [6] Ayres, Anna Jean, Bausteine der kindlichen Entwicklung, 2. Auflage, Berlin Heidelberg 1992, S.19 [7] ebd. [8] (Vgl.) Karch et al. 2002, Sensorische Integration Original – Heute, Zitat n. Dagmar Schulz 2006, S.47 [9] a.a.O.S.196 [10] a.a.O.S.666 [11] Abb. Söchtling, Elisabeth, Sensorische Integration Original und Heute, Idstein 2006, S.49 [12] (vgl.) http://www.fruehbehandlung.de/ian_sens.htm [13] (Vgl.) Söchtling, Elisabeth, Sensorische Integration Original und Heute, Idstein 2006, S.29 [14] Abb. Weller, unveröffentlichtes Material DPFA Zwickau 2003, [Theorie der sens. Modulation 1] [15] (Vgl.) Weller, [SY Disfunktionen 4], unveröffentlichtes Material, DPFA Zwickau 2003 [16] ebd. [17] http://www.fruehbehandlung.de/ian-sens.htm [18] (Vgl.) Weller ,[Einteilung von Behandlungsansätzen 2], unveröffentlichtes Material, DPFA Zwickau 2003, [19] a.a.O.S.248-2521 [20] (vgl.) http:// www.hoppsala.de/index.php?menueID=21&contentID=116 [21] Ayres, A. Jean, Bausteine der kindlichen Entwicklung, 2. Auflage, Berlin Heidelberg 1992, S.215-216 [22] http://www.parents.at 5. Literaturverzeichnis A.Jean Ayres, Bausteine der kindlichen Entwicklung, Die Bedeutung der Integration der Sinne für die Entwicklung des Kindes“, 4.Auflage, Berlin 2002 A.Jean Ayres, Bausteine der kindlichen Entwicklung, Die Bedeutung der Integration der Sinne für die Entwicklung des Kindes“, 2.Auflage, Berlin Heidelberg 1992 Biedermann, Katja, Anregung zur Therapiegestaltung nach SI-Grundlagen in Illustration, 3. Auflage, Dortmund 2003 (12) Blanche I., Erna .; Susanne Roley, Smith; Schaaf C., Roseann.: Sensorische Integration, Grundlagen und Therapie bei Entwicklungsstörungen, Berlin Heidelberg 2004 Doering, Winfried und Waltraut; Sensorische Integration, Anwendungsbereiche und Vergleich mit anderen Fördermethoden /Konzepten; 4. Auflage, Dortmund 1999 n Fisher/Murray/Bundy: „Sensorische Integrationstherapie: Theorie und Praxis“,1.Auflage, Springer Verlag, Berlin 1998 Kieslling, Ulla; Sensorische Integration im Dialog, Verstehen lernen und helfen, ins Gleichgewicht zu kommen; 2. Auflage, Dortmund 2000 Scheepers, Steding-Albrecht, Jehn: „Ergotherapie. Vom Behandeln zum Handeln.“ 2000 n 'Söchtling, Elisabeth, Sensorische Integration Original und Heute, Idstein 2006 Ausbildungsunterlagen: Heine, unveröffentlichte Material „Pädiatrie“; Völker Schule Osnabrück,2005 Weller, unveröffentlichtes Material DPFA Zwickau 2003 Internetadressen: http;// www.fruehbehandlung.de/ian_sens. http:// www.hoppsala.de/index?menueID=218=116