57/2015 18. September 2015 Partizipative Demokratie zur Rettung des europäischen Projekts Die Europäische Bürgerinitiative, das Europäische Parlament als Mitgesetzgeber in den meisten EU-Politikbereichen, eine wichtigere Rolle für die nationalen Parlamente: der Lissabon-Vertrag hat viele positive Veränderungen zur Überwindungen der Kluft zwischen der EU und ihren Bürgerinnen und Bürgern bewirkt. Die bestehenden EU-Verträge bieten jedoch auch ungenutzte Möglichkeiten zur Verbesserung des politischen Handelns und zur internen und externen Stärkung der EU. Ob es nun um die Vertiefung der politischen Maßnahmen oder eine bessere Umsetzung geht – es gibt eine Vielzahl Politikbereiche und technische Instrumente, die genutzt werden könnten. Eben dies sollte nach Auffassung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA) gegenwärtig für die EU Priorität haben. Der EWSA wurde als Vertretungsinstanz der europäischen organisierten Zivilgesellschaft vom Europäischen Parlament darum ersucht zu prüfen, wie die Funktionsweise der EU durch die Ausschöpfung des Potenzials des Lissabon-Vertrags verbessert werden könnte, und über mögliche Entwicklungen und Anpassungen im gegenwärtigen institutionellen Gefüge der EU nachzudenken. In seiner Stellungnahme, die er auf seiner Plenartagung am 16. September verabschiedete, betont der EWSA, dass Demokratie und Rechenschaftspflicht grundlegende Konzepte der Unionsbürgerschaft sind und dass diesem Aspekt des Lissabon-Vertrags umfassend und systematisch Rechnung getragen werden muss. Künftig wird es außerdem notwendig sein, 1. die Zuständigkeiten des Europäischen Parlaments auszuweiten, etwa durch eine größere Rolle bei der wirtschaftspolitischen Steuerung Europas oder innerhalb des europäischen Semesters, und 2. für eine ausgewogenere Aufteilung der Verantwortlichkeiten und eine bessere interinstitutionelle Zusammenarbeit zu sorgen, um so die Gemeinschaftsmethoden zu festigen. Die Wirtschaftskrise wie auch die aktuellen Herausforderungen durch die Migration und ihre Auswirkungen auf die Freizügigkeit in der EU haben unionsinterne Spannungen und einen Vertrauensverlust seitens der Bürger bewirkt. "Es ist höchste Zeit, die Grundsätze der horizontalen Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit zu verbessern sowie die gläserne Decke zwischen der allgemeinen Öffentlichkeit und den EU-Institutionen zu durchbrechen. Wir müssen die Beteiligung der Zivilgesellschaft an demokratischen Prozessen und der europäischen Politikgestaltung sicherstellen. Wir müssen gemeinsam an der Zukunft der Union arbeiten", sagte Luca Jahier, Vorsitzender der EWSA-Gruppe Verschiedene Interesse und Berichterstatter für die vorgenannte Stellungnahme. Der erste Schritt zur Nutzung der bestehenden Bestimmungen des Lissabon-Vertrags wäre es, den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt zu erreichen (Artikel 3 EUV) und die fünf horizontalen Klauseln des AEUV (Artikel 8 bis 12) besser anzuwenden. Diese Bestimmungen sollten künftig genutzt werden, um die verschiedenen Politikbereiche der EU enger miteinander zu verknüpfen und die Rechenschaftspflicht gegenüber den EU-Bürgern zu erhöhen. Der Binnenmarkt sollte – unter besonderer Berücksichtigung des digitalen Binnenmarkts und der Energieunion – vollendet werden. Die EU sollte die Mittel erhalten, um im Zuge ihres Rue Belliard/Belliardstraat 99 – 1040 Bruxelles/Brussel – BELGIQUE/BELGIË Tel. +32 2 546 9406 – Fax +32 25469764 E-Mail: [email protected] – Internet: www.eesc.europa.eu Der EWSA auf: DE Eigenmittelsystems handeln zu können, was u.a. zu Skalenvorteilen in der ganzen EU beitragen würde. Darüber hinaus sollten zur Stärkung des Gefühls der gemeinsamen Bürgerschaft durch eine stärkere Beteiligung der Öffentlichkeit am EU-Entscheidungsprozess Maßnahmen ergriffen werden, um die EUGrundrechtecharta wirksam umzusetzen. Die existierenden Verträge bieten auch mehr Handlungsspielraum und Möglichkeiten für eine vertiefte Integration im Bereich Migration und Asyl sowie in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP). Schließlich würden der Ausbau der Leitungsstrukturen der Eurozone und die Vollendung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) eine echte wirtschaftspolitische Steuerung in Europa beschleunigen und eine vertiefte Integration gewährleisten. Dieser Wandel sollte auf vier Säulen beruhen: einer geldpolitischen und finanziellen, einer makro- und mikroökonomischen, einer sozialen und einer politischen Säule. Die Stellungnahme wurde mit 185 gegen 4 Stimmen bei 4 Enthaltungen verabschiedet. Berichterstatter war Luca Jahier, Mitberichterstatter war José Isaías Rodríguez García-Caro. Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an: Caroline Alibert-Deprez EWSA-Pressereferat E-Mail: [email protected] Tel.: +32 2 546 9406 / Mobil: +32 475 75 3202 ______________________________________________________________________________ Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss gewährleistet die Vertretung der verschiedenen wirtschaftlichen und sozialen Bereiche der organisierten Zivilgesellschaft. Er ist eine beratende Versammlung und wurde 1957 durch die Römischen Verträge errichtet. Die beratende Funktion des EWSA ermöglicht es seinen Mitgliedern und damit auch den Organisationen, die diese vertreten, am Beschlussfassungsprozess der EU teilzuhaben. Dem Ausschuss gehören 353 Mitglieder aus der ganzen EU an, die vom Rat der Europäischen Union ernannt werden. _______________________________________________________________________________ Rue Belliard/Belliardstraat 99 – 1040 Bruxelles/Brussel – BELGIQUE/BELGIË Tel. +32 2 546 9406 – Fax +32 25469764 E-Mail: [email protected] – Internet: www.eesc.europa.eu Der EWSA auf: