Kulturelle Unterschiede beim Marketing über Twitter Inwiefern beeinflusst Kultur die Art und Weise, wie deutsche und niederländische Unternehmen Twitter nutzen? Masterarbeit zur Erlangung des Grades Master of the Arts (MA) Universität Utrecht Fakultät der Geisteswissenschaften Master Duitse taal en cultuur: interculturele communicatie Betreuer: Dr. Stefan Sudhoff Studentin: Annie Burkhardt Datum: 02.07.2014 Studentennummer: 3997685 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung..................................................................................................................................................... 2 2. Theoretischer Rahmen ................................................................................................................................ 3 2.1 Marketing .............................................................................................................................................. 3 2.2 Web 2.0 ................................................................................................................................................. 4 2.2.1 Creative consumers ........................................................................................................................ 5 2.2.2 Social media ................................................................................................................................... 5 2.2.3 Nutzung von social media in Deutschland und den Niederlanden ................................................ 9 2.3 Twitter ................................................................................................................................................. 10 2.3.1 Begriffe und Funktionen auf Twitter ............................................................................................ 11 2.3.2 Interaktivität ................................................................................................................................. 16 2.3.3 Twitter-Nutzer in Deutschland und den Niederlanden ................................................................ 19 2.4 Kultur ................................................................................................................................................... 20 2.4.1 Die Dimensionen von Hofstede .................................................................................................... 21 2.4.2 Die Kulturstandards von Thomas ................................................................................................. 22 2.4.3 Kulturunterschiede zwischen den Niederlanden und Deutschland ............................................. 23 2.5 Kultur und Web 2.0 ......................................................................................................................... 24 3. Fragestellung und Hypothesen.................................................................................................................. 26 3.1 Fragestellung ....................................................................................................................................... 26 3.2 Hypothesen ......................................................................................................................................... 26 4. Methode .................................................................................................................................................... 29 5. Analyse der Forschungsergebnisse ........................................................................................................... 35 5.1 Mentions, hashtags und retweets ....................................................................................................... 36 5.2 Interne und externe Links ................................................................................................................... 40 5.3 Interaktivität ........................................................................................................................................ 42 5.4 Themenauswahl .................................................................................................................................. 45 5.5 Anredeformen ..................................................................................................................................... 47 5.6 Höflichkeitsformeln ............................................................................................................................. 50 5.7 Emoticons ............................................................................................................................................ 51 6. Diskussion .................................................................................................................................................. 53 7.Fazit ............................................................................................................................................................ 60 8. Literaturverzeichnis ................................................................................................................................... 61 9. Anhang ...................................................................................................................................................... 62 1 1. Einleitung Diese Arbeit ist im Rahmen des Masters Interkulturelle Kommunikation an der Universität Utrecht entstanden. Sie beschäftigt sich mit der Frage, ob es bezüglich der Art und Weise, wie deutsche und niederländische Mobilfunkunternehmen Twitter zu Marketingzwecken nutzen, kulturelle Unterschiede gibt, und wenn ja, welche. Die Welt des Marketings hat sich durch die Entstehung des Webs 2.0 stark verändert. Die damit verbundenen neuen Technologien haben unter anderem eine Verschiebung der Macht von Unternehmen zum Konsumenten zuwege gebracht und dazu beigetragen, dass Informationen sich immer schneller und in immer weiteren Kreisen verbreiten. Twitter ist einer der neuen Marketingkanäle, die einem Unternehmen heutzutage zur Verfügung stehen, um in Dialog mit Konsumenten zu treten, Informationen zu verbreiten und Produktpromotion zu betreiben. Kultur ist, verschiedenen Forschungen zufolge (Berthon, Plangger, Shapiro, & Pitt, 2012), (Burton & Soboleva, 2011), (Koesler & Pookulangara, 2011), (Petina, Zhang, & Basmanova, 2013), (Ribière, Haddad, & Vande Wiele, 2010), ein wichtiger Einflussfaktor auf die Art und Weise, wie Konsumenten und Unternehmen auf Twitter und anderen sozialen Medien interagieren. Der Forschungsstand zum Thema Web 2.0 und Kultur wird nichtsdestotrotz als noch relativ begrenzt umschrieben. In dieser Arbeit werden Tweets von deutschen und niederländischen Mobilfunkunternehmen in Bezug auf acht Aspekte analysiert. Dabei werden die Kulturstandards von Alexander Thomas (Thomas, 2009) herangezogen, um einschätzen zu können, ob gefundene Unterschiede durch kulturelle Normen und Konventionen verursacht sein könnten. In den folgenden Kapiteln wird zunächst der theoretische Hintergrund zu den Themen Marketing, Web 2.0, Twitter und Kultur zusammengefasst. Danach werden Fragestellung und Hypothesen sowie die Forschungsmethode umschrieben. Anschließend werden die Forschungsergebnisse präsentiert, welche im Diskussionskapitel in Zusammenhang mit dem theoretischen Hintergrund gebracht werden. Zum Schluss folgt das Fazit. 2 2. Theoretischer Rahmen In diesem Kapitel werden zunächst die wichtigsten theoretischen Hintergründe zu den Themen Marketing, Web 2.0, social media und Twitter zusammengefasst. Zudem wird auf die Themen Kultur, Kultur und Web 2.0 sowie Kulturunterschiede zwischen Deutschland und den Niederlanden eingegangen. 2.1 Marketing Die Geschichte der Marketingforschung geht zurück auf den amerikanischen Autor und Professor Philip Kottler. Das traditionelle Marketing wird in seinen erfolgreichen Büchern mehrfach umschrieben und definiert. (Petersen, 2013, S. 24) Die Definition des Begriffes Marketing lautet wie folgt: „the process of planning and executing the conception, pricing, promotion and distribution of ideas, goods and services to create and exchange value, and satisfy individual and organizational objectives.” (de Pelsmacker, Geuens, & van den Bergh, 2010, S. 2) Traditionelles Marketing, wie es von Kottler umschrieben wurde, hat sich im Laufe der Jahre weiterentwickelt. Der Schwerpunkt der Marktingarbeit lag vor den 60er Jahren noch vor allem auf dem Produkt. Man bewarb dieses Produkt über Massenmedien wie beispielsweise Zeitungen, Zeitschriften, Radio, Poster oder Fernsehen. Auf diese Weise konnte man eine sehr große Zielgruppe erreichen. In den 60er Jahren bewegte man sich langsam weg von Produkt- und Produktionsdenken und man begann den Schwerpunkt immer mehr auf den Markt zu legen. Der Konsument und seine Bedürfnisse begannen größeren Einfluss auf die Produktion zu auszuüben, wodurch Werbung eine viel größere Wichtigkeit erlangte. In den 90er Jahren begann man sich mit dem sogenannten direct marketing zu beschäftigen. Es handelt sich dabei um eine Form des Marketings, die es dem Produktanbieter ermöglicht, Marketingmittel auf individuelle Konsumenten abzustimmen. Mithilfe dieser Form von Marketing strebte man eine direkte und strukturelle Beziehung zwischen dem Produktanbieter und dem Produktabnehmer an. (Hoekstra, 2013). Bei der Entwicklung hin zum direct marketing spielte auch die Praxis der Marktsegmentierung eine große Rolle. Ab den 80er und 90er Jahren teilte man große Konsumentengruppen in kleinere Segmente mit ähnlichen Eigenschaften und Verhaltensweisen ein. Diese Segmente konnte man dann mit spezifischen Angeboten über die von ihnen bevorzugten Kommunikationskanäle erreichen. Die Erfindung des Internets und die Möglichkeiten, die dadurch geboten wurden, haben das Fachgebiet des Marketing auf eine neue Entwicklungsstufe gehoben. (Berthon, Plangger, Shapiro, & Pitt, 2012, S.261-262) In den nächsten Abschnitten wird umschrieben wie das Internet und Web 2.0 heutzutage zu Marketingzwecken genutzt werden. 3 2.2 Web 2.0 Das Internet ist eine Multimediaplattform, die es Konsumenten weltweit ermöglicht mit Firmen und miteinander zu kommunizieren. Als das Internet in zunehmendem Maße von Haushalten und Firmen genutzt wurde, erkannten viele Unternehmen die Wichtigkeit ihrer Präsenz auf dieser neuen Plattform. Man begann Broschüren und sonstige Promotionsmaterialien in einfache Webseiten umzugestalten. Diese Webseiten wurden auch „brochureware“ genannt. Die Art und Weise, wie man sich online präsentierte, entwickelte sich schnell und reichte schon bald von Webshops über OnlineKoordinationsprogramme bis hin zu Entertainment und Bildung. Viele Unternehmen erkannten ihre Chancen auf der neuen Plattform und begannen Inhalte online zu publizieren. In kurzer Zeit gab es eine neue Reihe von Innovationen und neuen Onlinetechnologien, die wir heute Web 2.0 nennen. (Berthon, Plangger, Shapiro, & Pitt, 2012, S. 261-262) Web 2.0 wird umschrieben als: „eine neue Phase der Evolution des Internets, die eine Verschiebung von Denkmustern zuwege gebracht hat, hinsichtlich der Art und Weise wie Individuen mit einander kommunizieren und kollaborieren, sowie der Erstellung ihrer eigenen Nutzererfahrungen.“ (Ribière, Haddad, & Vande Wiele, 2010, S. 335, eigene Übersetzung) Web 2.0 umfasst ein weites Spektrum an Webseiten, auf denen Nutzer Inhalte kreieren, produzieren, bearbeiten und miteinander vermischen können ohne dazu besondere technische Kenntnisse zu benötigen. Web 2.0 werden die folgenden Eigenschaften zugeschrieben: menschenzentriert, lädt zum Mitwirken und Mitbestimmen ein, interaktiv, gemeinschaftlich, legt den Schwerpunkt auf soziale Interaktionen liefert neue Möglichkeiten für Individuen und Unternehmen (Ribière, Haddad, & Vande Wiele, 2010, S. 335) Die Begriffe Web 2.0, social media und creative consumers werden oft ungenau und untereinander auswechselbar genutzt, weil sie sehr eng miteinander verbunden sind. Abbildung 1 zeigt, wie die verschiedenen Begriffe miteinander in Verbindung stehen. Web 2.0 kann als die technische Infrastruktur ABBILDUNG 1: W EB 2.0, SOCIAL MEDIA UND CREATIVE CONSUMERS (B ERTHON , P LANGGER , S HAPIRO, & PITT, 2012, S.262) gesehen werden, die das soziale Phänomen der 4 kollektiven Medien möglich macht und den von Konsumenten gererierten content unterstützt. Soziale Medien legen den Schwerpunkt auf die Inhalte (content), die von den creative consumers erzeugt werden. (Berthon, Plangger, Shapiro, & Pitt, 2012, S.262) Nach Berthon, Plangger, Shapiro und Pitt (2012) haben Web 2.0-Technologien drei wichtige Entwicklungen zuwege gebracht: Eine Verschiebung der Aktivtät vom Desktop in das Netz, eine Verschiebung der Wertschaffung von den Unternehmen hin zum Konsumenten und eine Verschiebung der Macht von den Unternehmen zum Konsumenten. Für Unternehmen sind vor allem die Entwicklungen im Bereich der social media und der crative consumers zu beachten. 2.2.1 Creative consumers Berthon et al. (2012) umschreiben creative consumers als die „Dynamos der neuen Medienwelt“ (Berthon, Plangger, Shapiro, & Pitt, 2012, S.263, eigene Übersetzung). Creative consumers produzieren content in Form von Worten, Texten, Bildern und Videos. (Berthon, Plangger, Shapiro, & Pitt, 2012, S. 263) Diese Inhalte werden auch user generarated content (UGC) oder consumer generated content (CGC) genannt. Mundpropaganda kann sich durch Web-2.0-Technologien heutzutage weltweit verbreiten. Vor der Entstehung von Web 2.0 blieb diese oft auf einen kleinen Freundes- oder Familienkreis beschränkt. Außerdem werden Nachrichten gespeichert und können auch später immer wieder abgerufen werden. Das bedeutet, dass die Meinungen einzelner Konsumenten über ein Produkt durch Web-2.0-Technologien nicht nur direkt viel sichtbarer sind, sondern auch später jederzeit von anderen abgerufen werden können. (Koesler & Pookulangara, 2011, S. 348) 2.2.2 Social media Social media sind das Produkt von internetbasierten Applikationen, die auf der technologischen Grundlage des Web 2.0 basieren. Sie umfassen sowohl das Verhalten als auch die Inhalte, die durch Interaktionen zwischen Individuen und Organisationen verbreitet werden. Social media zeichnen sich durch eine große Anzahl an Kanälen aus, über die diese Interaktion zwischen Individuen und Organisationen ermöglicht und verbreitet wird. Typischerweise sind social media einfach zugänglich und können eine breite Zielgruppe erreichen. Die ersten sozialen Medien umfassten Text, hauptsächlich in der Form von Blogs (eine Kurzform von „web log“). Blogs sind Webseiten, die im Besitz von Individuen sind und von ihnen regelmäßig mit Kommentaren und Tagebucheinträgen, teilweise begleitet von Bildern, Videos und Links zu anderen Blogs oder Webseiten, gefüllt werden. Mikroblogs, wie zum Beispiel Twitter, sind soziale Netzwerkseiten, die es den Nutzern ermöglichen sehr kurze öffentliche Nachrichten zu senden und zu empfangen. Diese Nachrichten haben oft eine maximale Zeichenanzahl, die der Nutzer schreiben kann. Es gibt auch Webseiten, die das Verbreiten 5 von Fotos (z.B. Flickr oder Instagram) oder Videos (z.B. Youtube) ermöglichen. Des Weiteren gibt es auch Netzwerke. Dies sind Dienste, auf denen die Nutzer Freunde und Bekannte suchen, zu ihrem Netzwerk hinzufügen, Nachrichten an Freunde verschicken und ihr persönliches Profil gestalten und updaten können (z.B. Facebook). Die Funktionen von social media im internationalen Kontext Nach Berthon et al. (2012) erfüllen soziale Medien, in einem internationalen Kontext betrachtet, drei wichtige Funktionen. Erstens fördern sie eine schnelle Verbreitung von Informationen. Zweitens ermöglichen sie eine beschleunigte Ausbreitung und Verschmelzung von interpretativen Bezugssystemen, die diesen Informationen Bedeutung geben. Drittens ermöglichen sie eine äußerst schnelle Aktions- beziehungsweise Interaktionskoordination. (Siehe Abbildung 2) A BBILDUNG 2: D IE FUNKTIONEN VON SOCIAL MEDIA IM INTERNATIONALEN KONTEXT (B ERTHON, P LANGGER , S HAPIRO , & PITT , 2012, S. 267) Social media als Marketingmittel Social media sind ein sehr wichtiges Element einer integrierten Marketingkampagne. Sie dienen dazu das Ansehen eines Unternehmens zu vergrößern, Information zu teilen und Netzwerke aufzubauen. Über Blogs können Unternehmen Einfluss ausüben, über Kanäle wie Xing oder LinkedIn können neue Mitarbeiter werben und über Twitter oder Facebook Diskussionen führen und Fragen beantworten. Petersen umschreibt soziale Medien als die neue Form von Public Relations (PR), bei denen der Dialog im Vordergrund steht und die Macht mehr als je zuvor beim Kunden liegt. (Petersen, 2013, S. 290) Auch Berthon et al. (2012) haben festgestellt, dass der Einsatz von sozialen Medien als Marketingmittel viele Chancen für Unternehmen bietet. Allerdings gibt es auch viele Misserfolge bei der Nutzung von sozialen Medien im Marketingbereich. Berthon et al. (2012) nennen fehlende Kenntnisse über social media und fehlendes Bewusstsein der Machtverschiebung zwischen Unternehmen und Konsumenten als mögliche Gründe für diese Misserfolge. Für Unternehmen, die soziale Medien in dem oben umschriebenen internationalen Kontext effektiv einsetzten wollen, haben Berthon et al. (2012) deshalb die Eigenschaften von sozialen Medien in diesem Kontext in fünf Axiomen zusammengefasst. 6 1. „Soziale Medien sind ein Produkt der Technologie, Kultur und der Regierung eines Landes.“ (Berthon, Plangger, Shapiro, & Pitt, 2012, S.265, eigene Übersetzung) Das soziale Medien-Profil eines Landes wird von diesen drei Faktoren bestimmt. Der Grad der technologischen Entwicklung in einem Land führt dazu, dass bestimmte soziale Medien in einem Land bekannter sind als andere. In Ländern mit schlechter Internetschnelligkeit wird der Videodienst Youtube viel seltener genutzt. Grund dafür ist, dass das Laden der Videos bei schlechter Verbindung (zu) lange dauert. Die Einstellung der Regierung eines Landes gegenüber einem bestimmten sozialen Medium hat auch Einfluss auf das soziale Medien-Profil dieses Landes. In China wurde zum Beispiel die Nutzung des sozialen Netzwerks Facebook von der Regierung für die Bevölkerung, aber auch für ausländische Besucher blockiert. Auch kulturelle Normen und Werte haben Einfluss auf die Wahl und Popularität von sozialen Medien. Dieses erste Axiom macht deutlich, dass Unternehmen, die soziale Medien in ihre Marketingstrategie einbringen wollen, dabei international gesehen keine standardisierte Herangehensweise einsetzten sollten. Die social media-Strategie muss an nationale Unterschiede angepasst werden, um erfolgreiches Marketing betreiben zu können. (Berthon, Plangger, Shapiro, & Pitt, 2012, S.265) 2. „Im Zeitalter der sozialen Medien bleiben lokale Geschehnisse selten lokal.“ (Berthon, Plangger, Shapiro, & Pitt, 2012, S. 266, eigene Übersetzung) Im heutigen Zeitalter werden lokale Geschehnisse fast unvermeidlich global verbreitet. Früher war die Wahrscheinlichkeit, dass lokale Geschehnisse global bekannt wurden relativ klein, wodurch Risiken von Unternehmen auf lokalem Niveau gehandhabt werden konnten. Heutzutage kann ein unzufriedener Konsument oder ein Fehler eines Unternehmens auf lokalem Niveau durch soziale Medien global zu immensen Schädigungen des Images und/oder der Verkaufszahlen eines Unternehmens führen. Für eine internationale social media-Marketingstrategie bedeutet das, dass lokale Nachrichten bezüglich der Produkte und Marken eines Unternehmens unter ständiger Beobachtung stehen und scheinbar lokale Probleme die globale Strategie eines Unternehmens massiv beeinflussen können. Gleichzeitig können aber auch lokale Erfolgsgeschichten eingesetzt werden um die Marke(n) des Unternehmens weltweit zu stärken. (Berthon, Plangger, Shapiro, & Pitt, 2012, S. 266) 3. „Im Zeitalter der sozialen Medien sind allgemeine Phänomene selten allgemein.“ (Berthon, Plangger, Shapiro, & Pitt, 2012, S. 266-267, eigene Übersetzung) 7 Wie auch schon vor der Entstehung von sozialen Medien werden globale Phänomene, wie zum Beispiel die Erderwärmung oder die Finanzkrise, oft auf lokalem Niveau (re-)interpretiert. Das heißt, dass solche Phänomene in verschiedenen Ländern, Staaten und Regionen unterschiedlich betrachtet und verarbeitet werden. Seit der Entstehung von sozialen Medien verläuft dieser Prozess allerdings viel schneller und die Folgen sind viel schlechter vorhersehbar. Für internationales Marketing bedeutet das, dass man nationale Denkbilder und Interpretationsweisen beachten muss und dass eine global standardisierte social media-Strategie kaum erfolgreich zu realisieren ist. (Berthon, Plangger, Shapiro, & Pitt, 2012, S. 266-267) 4. „Die Aktionen und Kreationen von creative consumers neigen dazu ein Produkt der jeweiligen Technologie, Kultur und Regierung eines Landes zu sein.“ (Berthon, Plangger, Shapiro, & Pitt, 2012, S. 267-268, eigene Übersetzung) Wie oben umschrieben, sind creative consumers Menschen, die sich ein Produkt zu eigen machen und es für von den ursprünglichen Zwecken abweichende Ziele einsetzen. Als Beispiele hierfür nennen Berthon et al. (2012) Cola-Flaschen, die in Städten wie Manila als Lichtquelle genutzt werden. Der arme Teil der Bevölkerung lebt dort in Häusern, die so nah aneinander gebaut wurden, dass es keine Fenster und deshalb kaum Licht in den Häusern gibt. Darüber hinaus sind die Stromkosten dort sehr hoch. Eine Gruppe von Studenten hat alte Plastik Cola Flaschen in die Wellblechdächer eingebaut und auf diese Weise diese Häuser mit einer natürlichen Lichtquelle versehen, die einer 60Watt-Glühbirne gleicht. Creative consumers wie diese, hat es schon immer gegeben. Allerdings tragen die Trends der customizsation und Individualisierung sowie die Möglichkeit diese praktischen Adaptionen von Produkten über social media unter Freunden oder Followern zu verbreiten zur schnelleren Verbreitung dieses Phänomens bei. Berthon et al. (2012) betonen, dass Menschen in verschiedenen Ländern Produkte auf der Basis von jeweils lokal vorliegenden Bedürfnissen einsetzten und anpassen. Für Unternehmen bieten creative consumers eine wichtige Inspirationsquelle, da sie ganz unerwartete Produktvorteile durch ihre Anpassungen hervorheben. Unternehmen müssen sich davon bewusst sein, dass diese ungebräuchliche Nutzung ihrer Produkte stattfindet und die Nachrichten hierüber ständig beobachten. Es kann nämlich auch zu unerwünschten Änderungen eines Produktes kommen, wie das zum Beispiel im Aufstand gegen Gaddafi in Libyen der Fall war. Dort montierten die Rebellen eine Kamera und ein Maschinengewehr auf ein Fischer-Price Spielzeugauto. Auf diese Weise entstand eine ferngesteuerte Waffe aus einem Kinderspielzeug. (Berthon, Plangger, Shapiro, & Pitt, 2012, S. 267-268) 5. „Technologie neigt dazu von der Geschichte beeinflusst zu sein.“ (Berthon, Plangger, Shapiro, & Pitt, 2012, S. 268-269, eigene Übersetzung) 8 Technologien, die in einem Land genutzt werden, sind das Ergebnis der bestehenden Infrastruktur, Kultur und Regierung. Technologie entwickelt sich nach Berthon et al.(2012) nicht auf Grund der optimalen Lösung für ein Problem, sondern eher nach dem Prinzip der Massenträgheit. Drei Faktoren bestimmen den Stand der Technologie in einem Land: der Stand der Technologie heute und in der Vergangenheit, die Kultur des Landes und die Gesetzgebung, die durch die Regierung des Landes erlassen wird. Daraus lässt sich wiederum schließen, dass eine global standardisierte social media Strategie wenig Chancen auf Erfolg hat. Unternehmen müssen sich über den Stand der lokalen Technologie informieren um angemessene Marketingkanäle zu identifizieren. (Berthon, Plangger, Shapiro, & Pitt, 2012, S. 268-269) Ein Nachteil der Marketingarbeit mit social media ist es, dass ihr Effekt nur sehr schwierig zu messen ist. Eine professionelle Anwesenheit auf social media verlangt Investitionen in Wissen und Arbeitskraft. Aufgrund des Erfolgs der social media-Kampagnen verschiedener Organisationen und Politiker (wie zum Beispiel Obama), erkennen viele Unternehmen ein großes Potential dieser zusätzlichen Marketingkanäle. Man kann auf sozialen Medien direkt erkennen wie viele Freunde oder Follower ein Unternehmen hat und kann messen wie oft auf Statusmeldungen oder Tweets reagiert und auf Links geklickt wurde. Dennoch fehlt nach Burton und Soboleva (2011) eine auf Forschung basierte kosteneffiziente Herangehensweise bei der Marketingarbeit über social media. (Burton & Soboleva, 2011, S. 491) 2.2.3 Nutzung von social media in Deutschland und den Niederlanden Im Jahr 2013 waren 78% der Deutschen bei einem sozialen Netzwerk angemeldet. Davon nutzten 67% diese auch aktiv. Vor allem die Gruppe der älteren und männlichen sozialen MedienNutzer ist in den letzten Jahren gewachsen. Die meisten Menschen, die keine sozialen Medien nutzen, nennen als Grund hierfür, dass sie keinen Nutzen für sich darin sehen. Diese Menschen schätzen die Chance, dass sie in Zukunft soziale Medien nutzen werden, als ziemlich unwahrscheinlich ein. Spitzenreiter unter den sozialen Medien in Deutschland ist eindeutig Facebook. (Berg, 2013) Nach Angaben des statistischen Bundesamtes nutzten 37% aller Unternehmen mit Internetzugang im Jahr 2013 soziale Medien, um sich aktiv mit Privatkunden und Geschäftspartnern auszutauschen. Bei Großunternehmen mit 250 Beschäftigten oder mehr lag dieser Anteil schon bei 56%. Social media waren im Vergleich zu Wiki-Wissensmanagementsystemen und Multimediaportalen (z.B. Youtube) die am meisten genutzten Plattformen. 62% der Unternehmen nutzten social media zur Gestaltung des Unternehmensprofils und zur Darstellung der eigenen Produkte. In den Wirtschaftszweigen Information, Kommunikation und Reparatur von Datenverarbeitungs- und Telekommunikationsgeräten wurden soziale Medien am häufigsten 9 genutzt. 23% der Unternehmen, die soziale Netzwerke nutzten, verfügen über Richtlinien dazu. (Statistisches Bundesamt, 2013) In den Niederlanden sind soziale Netzwerke sehr beliebt. Im Jahr 2012 waren zwei Drittel der Niederländer mit Internetzugang in einem sozialen Netzwerk aktiv. Fast alle niederländischen Jugendlichen zwischen zwölf und 25 Jahren hatten einen Account auf einem sozialen Netzwerk (95%). Für etwa ein Fünftel der 65 bis 75-jährigen galt dasselbe. Im Jahr 2012 waren 41% der Unternehmen auf mindestens einem sozialen Medium aktiv. Bei großen Unternehmen mit 500 Mitarbeitern oder mehr lag dieser Anteil bei mehr als 75%. Vor allem bei Unternehmen in der ICT-Branche und der Gastronomie liegt die Aktivität auf sozialen Medien sehr hoch. Der am meisten genannte Grund für die Nutzung von social media war die Vermarktung von Produkten, sowie die Entwicklung des Firmenimages. (Centraal Bureau voor de Statistiek, 2013) 2.3 Twitter Twitter ist ein sogenannter Mikroblog. Mikrobloggen ist eine schnelle, direkte und hinsichtlich der Zeichenzahl eingeschränkte Form des Bloggens. Ein Mikroblog ist relativ einfach aufgebaut und die soziale Umgebung ist dabei oft etwas geschlossener als bei anderen sozialen Medien. Es gibt neben Twitter noch andere Mikroblogdienste wie zum Beispiel Path. (Petersen, 2013, S.309) Auf Twitter kann man sich, wie auf den meisten anderen sozialen Netzwerken ein privates oder ABBILDUNG 3: BEISPIEL EINES UNTERNEHMENSACCOUNTS ein Unternehmensprofil einrichten. In Abbildung 3 ist als Beispiel das Unternehmensprofil des Mobilfunkunternehmens Vodafone in den Niederlanden abgebildet. Das Profil besteht aus einem Profilbild (hier das Logo des Unternehmens) und einem kurzen informativen Text. In diesem Beispiel wird im Text umschrieben, wofür dieser Twitter Account gedacht ist; außerdem enthält er einen Link zur Kundendienstwebseite von Vodafone. Private Accounts umfassen an dieser Stelle oft eine kurze stichwortartige Umschreibung der Person, deren Hobbys, Beruf oder ähnliches. Unterhalb des Profils wird angezeigt wie viele Tweets (d.h. Nachrichten) ein Account schon verschickt hat, wie viele Follower dieser Account hat und wie viele Accounts von Vodafone gefolgt werden. Rechts davon gibt es den Button: „Follow“. Sobald man auf diesem Button klickt, abonniert man alle Nachrichten, die dieser Account in der Zukunft verschicken wird. Man muss nicht unbedingt zurückgefolgt werden, wenn man jemandem folgt. Man macht also nicht, wie das bei Facebook der Fall ist, einen 10 Freundschaftsantrag, der vom gewünschten Freund bestätigt werden muss. Alle Nachrichten der Accounts, denen man folgt, werden auf der Homepage wiedergegeben, dies wird auch timeline genannt. (Smith, 2013) ABBILDUNG 4: D IE H OMEPAGE VON TWITTER / D IE T IMELINE Diese timeline wird ständig mit den neuesten Nachrichten aktualisiert. Ältere Nachrichten verschieben sich nach unten, sobald es aktuellere Nachrichten gibt. Das bedeutet, dass eine Person, die relativ vielen Accounts folgt, die meisten Nachrichten nur kurze Zeit oben im Newsfeed sieht und weiter nach unten scrollen muss um ältere Nachrichten zu sehen. Nachrichten auf Twitter sind deshalb ziemlich flüchtig. Auf der linken Seite wird eine Top 10 von Trends wiedergegeben. Das sind Themen, die zur Zeit in einer vom Twitter-Nutzer gewählten Region oder weltweit am meisten auf Twitter besprochen werden. Im Beispiel (Abbildung 4) wurde die Region Den Haag gewählt und es lässt sich erkennen, dass das Eurovision Song Festival und verschiedene Teilnehmer an diesem Wettbewerb am Freitag vor dem Eurovision-Finale am meisten besprochen wurden. 2.3.1 Begriffe und Funktionen auf Twitter Im folgenden Abschnitt werden einige wichtige Begriffe und Funktionen von Twitter umschrieben: Tweet: Auf Twitter ist die maximale Zeichenanzahl einer Nachricht 140 Zeichen. Eine solche kurze Nachricht wird ein Tweet genannt. Sie kann durch ein Bild, ein Video oder einen Weblink ergänzt werden. (Petersen, 2013, S. 309-311) In den Abbildungen 5-7 sind jeweils ein Tweet mit Bild, ein Tweet mit Weblink und ein Tweet mit einem Video zu sehen. Aufgrund der begrenzten Zeichenanzahl werden Weblinks oft gekürzt. Es gibt verschiedene Dienste, wie zum Beispiel Bitly.com, die dieses Kürzen des Links für Twitter-Nutzer übernehmen. Man fügt 11 einfach den ursprünglichen langen Link in ein Fenster ein und es wird sofort eine Kurzversion dieses Links generiert, den man dann auf Twitter nutzen kann. ABBILDUNG 5: TWEET MIT B ILD ABBILDUNG 6: TWEET MIT V IDEO # ABBILDUNG 7:TWEET MIT LINK Retweet: Das sogenannte „retweeten“ ist eine Funktion auf Twitter, über die man Nachrichten eines anderen Twitter-Nutzers unter den eigenen Followern verbreiten kann. Auf diese Weise kann auf Twitter schnell ein Schneeballeffekt eintreten, wodurch eine Nachricht in kurzer Zeit eine große Reichweite erreichen kann. Es gibt zwei verschiedene Arten, wie man auf Twitter eine Nachricht eines anderen Nutzers retweeten kann. Erstens, kann man einfach auf den sogenannten retweet-Button klicken. Dann erscheint der Tweet mit dem Profilbild des Verfassers auf der Profilseite des Retweeters und im Newsfeed seiner Follower. In Abbildung 8 ist an dem grünen Zeichen mit den beiden Pfeilen oberhalb des Tweets zu erkennen, dass die Universiteit Utrecht den Tweet von ABBILDUNG 8: E IN RETWEET BEI DEM DER RETWEET-BUTTON GENUTZT WURDE @LoesKeijsers 12 geretweetet, das heißt unter den Followern der Universität verbreitet hat. Zweitens kann man sich dafür entscheiden eine Nachricht eines anderen Nutzers zu zitieren. Das geschieht, indem man den auf den Zitieren-Button klickt. Die originale Nachricht erscheint dann zwischen Anführungszeichen und dem Fenster, in dem man Tweets verfassen kann. Wenn diese originale Nachricht inklusive Anführungszeichen die maximale Zeichenanzahl von 140 Zeichen nicht voll ausnutzt, kann der Retweeter die originale Nachricht mit einem Kommentar versehen, indem er diesen vor oder nach der orginalen Nachricht eingibt. Der zitierte Tweet erscheint mit dem Profilbild des Retweeters und mit Erwähnung des originalen Verfassers der Nachricht auf der Profilseite des Retweeters und im Newsfeed seiner Follower. (Smith, 2013) In Abbildung 9 ist zu sehen, dass @ArieDijkstra die Nachricht von @dakkindercentra zitiert hat. Die originale Nachricht ist mit Anführungszeichen markiert. Arie Dijkstra liefert dazu vor dieser Nachricht den Kommentar „Handig!“ ABBILDUNG 9: E IN RETWEET BEI DEM DIE ZITIERFUNKTION GENUTZT WURDE Mention: Eine mention findet statt, wenn ein Twitter-Nutzer einen anderen Twitter-Nutzer in seinem Tweet mit dessen Twitternamen nennt. (mention= englisch für erwähnen/nennen) Man erkennt eine mention am @-Zeichen vor dem Namen. Auf diese Weise kann man über Twitter auf die Nachrichten von anderen Nutzern reagieren und Gespräche führen. Sobald jemand einen Twitter-Nutzer mit einer mention in seinen Tweets erwähnt, bekommt dieser Nutzer eine Meldung von Twitter. (Smith, 2013) Es ist bemerkenswert, dass Nachrichten, die eigentlich nur für eine Person bestimmt sind, von einem großen Publikum gelesen werden können. (Burton & Soboleva, 2011, S. 492) Im untenstehenden Beispiel in Abbildung 10 ist ein Gespräch zwischen einem Konsumenten und Vodafone Deutschland abgebildet. Wie man sieht, können auch andere dieses Gespäch mitlesen und sich in die Diskussion einbringen. 13 ABBILDUNG 10: E IN G ESPRÄCH ZWISCHEN EINEM K ONSUMENTEN UND VODAFONE D EUTSCHLAND MIT MENTIONS Direct Message (DM) Eine Direct Message (oder kurz DM) ist eine private Nachricht, die nur vom Verfasser und vom Empfänger gelesen werden kann. Eine DM auf Twitter hat dieselbe begrenzte Zeichenanzahl von maximal 140 Zeichen wie ein Tweet. Man kann DMs nur an andere Twitter-Nutzer versenden, die auch Follower sind. (Smith, 2013) Hashtag Ein hashtag besteht aus einem #-Zeichen und einem Wort oder einigen Wörtern die alle ohne Leerzeichen aneinander geschrieben werden. Hashtags können verschiedene Funktionen haben. Einerseits kann man mit hashtags eine Situation oder ein Gefühl ganz kurz zusammenfassen (siehe Abbildung 12) und eine Nachricht mit einer persönlichen Wertung versehen. Das ist praktisch, weil man mit wenigen Zeichen mehr ausdrücken kann. (Smith, 2013) So bezeichnet zum Beispiel der hashtag #NSfail, dass irgendetwas mit den Zügen der Niederländischen Bahn NS nicht geklappt hat und, dass man findet, dass die NS versagt hat. (siehe Abbildung 11) F ABBILDUNG 11: BEISPIEL EINES TWEETS MIT DEM HASHTAG #NS FAIL 14 ABBILDUNG 12:BEISPIEL EINES TWEETS IN DEM ÜBER DEN HASHTAG # FRÖHLICH EIN G EFÜHL GEÄUßERT WIRD Zudem kann man sogenannte hashtags auch verwenden um eine Nachricht zu einem bestimmten Thema für andere Twitter-Nutzer in einem Newsfeed auffindbar zu machen. Wenn man ein #-Zeichen vor ein bestimmtes Wort in der Twitternachricht stetzt, erscheint diese Nachricht in den Suchergebissen von anderen Twitter-Nutzern, die nach diesem Wort suchen. Bei großen Ereignissen wird manchmal ein hashtag von der Organisation erfunden, damit alle Tweets zu diesem Ereignis in einem Newsfeed gesammelt werden können. Für das Eurovision Song Festival 2014 wurde zum Beispiel der hashtag #Joinus verbreitet. Man sieht aber auch, dass viele Menschen einfach #ESF14 nutzen. Manchmal einigt man sich also inoffiziell auf einen bestimmten hashtag zu einem Ereignis. Bei Tweets über Fußballspiele hat sich zum Beispiel eingebürgert, dass der hashtag aus jeweils drei Buchstaben der gegeneinander antretenden Mannschaften besteht. Beim Champions League-Spiel Bayern München gegen Real Madrid wurde zum Beispiel der hashtag #bayrea genutzt. (Siehe Abbildung 13) ABBILDUNG 13: T WEET ZUM C HAMPIONS LEAGUE SPIEL B AYERN MÜNCHEN GEGEN R EAL MADRID MIT DEM HASHTAG #BAYREA Twitter wird aufgrund der begrenzten Zeichenzahl und der Tatsache, dass man jemanden folgen kann ohne dass diese Person auch zurückfolgt, als ein ungebräuchlicher Spieler im social media-Feld gesehen. In Anbetracht der besonderen Demografie der Twitter-Nutzer (hoher Ausbildungsgrad und hohes Einkommen) wird Twitter als ein Nischenmarkt unter den social media und als eine einzigartige Marke betrachtet. (Petina, Zhang, & Basmanova, 2013, S. 1549) Verschiedene Autoren betonen, dass Twitter für Unternehmen im Bereich der externen Kommunikation mit Kunden große Potentiale bietet. Twitter wird in diesem Zusammenhang umschrieben als „a tool to create electronic word of mouth“, als „ a viral marketing mechanism“ und als „a form of online word of mouth branding“. (Burton & Soboleva, 2011) 15 2.3.2 Interaktivität Interaktivität ist eine Eigenschaft, die allen sozialen Medien und insbesondere Twitter zugeschrieben wird. Nach Brown, Sundar und Kalyanaraman (2003) gibt es verschiedene Konzeptualisierungen der Interaktivität einer Webseite. Nach der funktionalen Sichtweise wird die Interaktivität einer Webseite gekennzeichnet durch die Dialog- und Informationsaustauschkapazität eines Interfaces. Die Interaktivität wird also von technischen Aspekten einer Webseite bestimmt, wie zum Beispiel E-MailLinks, Feedback-Formulare, Chatrooms und Video- oder Audiodownloads. Die reine Anwensenheit solcher Merkmale reicht nach der funktionalen Sichtweise aus, um eine Webseite als interaktiv zu beurteilen. Das Ausmaß, in dem diese Features in der Praxis tatsächlich eine Dialog- oder Diskursfunktion erfüllen, wird in dieser Sichtweise nicht beachtet. (Brown, Sundar, & Kalyanaraman, 2003, S. 33) Die contingency view sieht Interaktivität dagegen als einen Prozess, der Nutzer, Medien und Nachrichten beinhaltet und legt den Schwerpunkt auf die Art und Weise, wie Nachrichten miteinander verknüpft sind. Die Definition von Interaktion nach dieser Sichtweise ist: „an expression of the extent that in a given series of communication exchanges, any third (or later) transmission (or message) is related to the degree to which previous exchanges referred to even earlier transmissions” (Brown, Sundar, & Kalyanaraman, 2003, S. 34) Nach dieser Sichtweise kann man drei Niveaus von Interaktivität unterscheiden: twoway/noninteractive (i.F. nicht interaktiv), reactive (i.F. reaktiv) und responsive/interactive (i.F. interaktiv). Nicht interaktive Kommunikation kommt vor, wenn Nachrichten bilateral fließen. Als Beispiel nennen Brown et al. (2003) die Kommunikation in einem Chatroom, bei der Nutzer A und Nutzer B beide etwas schreiben, dabei aber nicht aufeinander eingehen und die jeweilige Anwesendheit des anderen nicht erkennen. Wenn Nutzer A anfängt auf Nutzer B’s Nachrichten zu antworten, wird diese Kommunikation als reaktiv umschrieben. Um völlig interaktiv zu sein, muss Nutzer A nicht nur auf die Nachrichten von Nutzer B eigehen, sondern auch eigene frühere Nachrichten und frühere Nachrichten von Nutzer B auf eine logische Art und Weise in die Kommunikation mit einbeziehen. Interaktivität ist demnach Feedback, dass sich sowohl auf frühere Nachrichten bezieht als auch auf die Art und Weise, wie sich diese früheren Nachrichten auf noch frühere Nachrichten beziehen. (Brown, Sundar, & Kalyanaraman, 2003, S. 35) Burton und Soboleva (2011) haben auf der Basis der funktionalen Sichtweise und der contigency view Twitternachrichten auf ihre Interaktivität untersucht. Auf der Basis der contigency view haben sie eine Klassifizierung erstellt und gemessen, wie interaktiv Tweets sind. Tweets sind nach Burton und Soboleva (2011): interaktiv, wenn sie einen hashtag enthalten, 16 mittelmäßig interaktiv, wenn sie retweets oder mentions enthalten, reaktiv, wenn sie eine Antwort auf einen anderen Tweet sind. sehr interaktiv, wenn ein Tweet zwei oder mehr dieser Merkmale enthält, Außerdem haben Burton und Soboleva (2011) Twitter auch aus einer funktionalen Sichtweise heraus betrachet. Dazu haben sie die Anzahl der Tweets mit internen (Links, die auf eigene Kommunikationskanäle der tweetenden Person/Organisation weiterleiten) und externen Links (Links, die auf andere Seiten weiterleiten) gemessen. Es stellt sich die Frage, ob diese Art die Interaktivität von Twitter und einzelnen Twitteraccounts zu messen ausreichend ist. Wenn man die obenstehende Definition aus der funktionalen Sichtweise betrachtet, würde man erwarten, dass bei einer Analyse die Möglichkeit anderen Nutzern persönliche Nachrichten zu schicken und andere Features von Twitter mit einbezogen werden müssten. Auch bei der Analyse auf der Basis der contigency view und der Einteilung der Tweets in die verschiedenen Kategorien der Interaktivität gibt es Ungenauigkeiten. Hashtags werden als interaktiv eingeteilt. Es wird hier angenommen, dass Burton und Soboleva (2011) diese Einteilung gemacht haben, da sich Tweets mit dem selben hashtag auf das selbe Thema und sich deshalb auf einander beziehen. Das muss aber überhaupt nicht der Fall sein. Nutzer A und Nutzer B können beide über ein Ereignis tweeten und dabei den selben hashtag verwenden ohne dabei auf die Nachrichten des anderen einzugehen oder sogar ohne zu wissen/erkennen, dass sie beide über dasselbe Thema tweeten. Nach der Definition von Brown, Sundar und Kalyanaraman (siehe oben) würde das bedeuten, dass diese beiden Tweets mit demselben hashtag nicht interaktiv sind und nicht wie in Burtons und Sobolevas Klassifizierung interaktiv. Die Einteilung des retweets als interaktiv ist auch fragwürdig, weil beim retweeten nicht auf eine Nachricht geantwortet wird. Die geretweetete Nachricht wird unmodifiziert weiterverbreitet. Nur wenn beim Retweeten die Zitierfunktion genutzt und die originale Nachricht mit einem Kommentar versehen wird, kann man einen retweet als reaktiv betrachten. Eine mention ist nach der Definition von Brown, Sundar und Kalyanaraman (2003) wohl in den meisten Fällen als reaktiv zu beurteilen. Diese Klassifizierung ist aber nur dann richtig, wenn die mentions genutzt werden um ein Gespräch zu führen. Das ist aber gar nicht immer der Fall. 17 ABBILDUNG 14: BEISPIEL EINES TWEETS, IN DEM DIE MENTION-FUNKTION NICHT GENUTZT WIRD UM EIN GESPRÄCH ZU FÜHREN In Abbildung 14 ist ein Tweet der niederländischen Fernsehsendung „de Wereld draait door“ zu sehen, in dem angekündigt wird, dass die Sendung jetzt auf Nederland 1 anfängt und, dass Jort Kelder, Ellen ten Damme und Leona Philippo zu Gast sein werden. Dieser Tweet ist nicht dafür gedacht ein Gespräch mit anderen Twitter-Nutzern anzuknüpfen. Wahrscheinlich wird hier die mention- Funktion genutzt, damit Interessierte sich direkt das Twitterprofil der anwesenden Gäste durch Klicken ansehen können. Außerdem werden die genannten Gäste automatisch durch Twitter über die mention benachrichtigt und wissen somit, dass ihr Besuch angekündigt wurde. Wenn man diese Beobachtungen zusammenfasst, muss man feststellen, dass ein Tweet, der einen hashtag, eine mention und/ oder einen retweet enthält, nicht unbedingt sehr interaktiv ist. ABBILDUNG 15: E IN RETWEET MIT EINER MENTION. In Abbildung 15 ist ein retweet zu sehen, der eine mention enthält. Dennoch kann dieser Tweet nach der Definition von Brown, Sundar und Kalyanaraman (2003), nicht als sehr interaktiv umschrieben werden. Der Tweet geht überhaupt nicht auf frühere Nachrichten ein und ist auch keine Antwort auf eine Nachricht eines anderen Twitter-Nutzers. Demnach ist nicht interaktiv hier wohl die bessere Klassifizierung. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Klassifizierung der Interaktivität von Tweets nicht auf der Basis von den von Burton und Soboleva (2011) vorgeschlagenen Merkmalen erreicht werden kann. Viel wichtiger scheint es zu betrachten, inwiefern die Tweets eine Antwort oder Reaktion auf frühere Tweets sind. Aufgrund dessen wird im Kapitel Methode eine andere Herangehensweise vorgeschlagen. 18 2.3.3 Twitter-Nutzer in Deutschland und den Niederlanden In der unterstehenden Grafik (Abbildung 16) wird angezeigt welcher Anteil der Internetnutzer in verschiedenen Ländern Twitter aktiv nutzen. ABBILDUNG 16: I NTERNETNUTZER DIE TWITTER AKTIV NUTZEN PRO LAND IN % (PEERREACH. COM, 2013) Wie man direkt erkennen kann, gibt es in Saudi Arabien mit Abstand die meisten aktiven TwitterNutzer. In Deutschland nutzt nur ein Prozent aller Internetnutzer Twitter aktiv. (Peerreach.com, 2013) Im Vergleich zum Vorjahr hat die Anzahl der Twitter-Nutzer (sowohl aktiv als auch inaktiv) in Deutschland 87 % zugenommen. Eine Onlinestudie von ARD und ZDF hat ergeben, dass im Jahr 2013 nur rund sieben Prozent der deutschen Nutzer täglich die Seite besucht haben, während 50 Prozent der insgesamt 3,9 Millionen erfassten Nutzer seltener als einmal im Monat die Seite besuchten. Das bedeutet, dass die Anzahl der aktiven Twitter-Nutzer im Vergleich zum Jahr 2012 zehn Prozent zurückgegangen ist. Monatlich waren etwa 1,95 Millionen Menschen durch Lesen und Schreiben auf Twitter aktiv. Ein Großteil der in letzten Jahr hinzugekommenen deutschen Twitter-Nutzer bleibt laut Buseman (2013) passiv. Das durchschnittliche Alter der Twitter-Nutzer lag zwischen 25 und 30 Jahren. Auch fiel auf, dass der Bildungsgrad der deutschen Twitter-Nutzer höher liegt als bei anderen social media-Nutzern. (Buseman, 2013) Dies stimmt überein mit der oben umschriebenen internationalen Demografik der Twitter-Nutzer. Die Niederlande stehen in Abbildung 16 mit elf Prozent an siebter Stelle. Auch in den Niederlanden ist ein Rücklauf der Aktivität auf Twitter zu erkennen. Die NOS berichtet, dass die durchschnittlichen Tweets pro Follower pro Woche sich im Vergleich zum Vorjahr fast halbiert haben. 19 Die Anzahl der Twitter-Nutzer hat nicht abgenommen und ist mit 27 Prozent der Niederländer gleich geblieben. (NOS, 2013) Das durchschnittliche Alter der niederländischen Twitter Nutzer liegt bei 24,5 Jahren. 25% der niederländischen Twitteraccounts sind Unternehmensaccounts. (Peerreach.com, 2013) Insgesamt scheint es in beiden Ländern einen Trend zu weniger Aktivität auf Twitter zu geben. Dennoch lässt sich festhalten, dass Twitter in den Niederlanden von einem viel größeren Anteil der Internetnutzer aktiv genutzt wird. 2.4 Kultur Kultur ist ein Begriff, der nur sehr schwierig zu definieren ist. Die amerikanischen Anthropologen Alfred Kroeber und Clyde Kluckhorn fanden schon im Jahre 1952 164 verschiedene Definitionen dieses Begriffs. Nach Spencer-Oatey und Franklin (2009) gibt es jedoch einige Aspekte, die in den meisten Definitionen übereinstimmen: „Kultur manifestiert sich durch verschiedene Typen von Regelmaß. Kultur wird in Verbindung mit sozialen Gruppen gebracht, dennoch teilen zwei Individuen in einer solchen Gruppe nie genau dieselben kulturellen Charakteristiken. Kultur beeinflusst das Verhalten von Menschen sowie ihre Interpretation des Verhaltens anderer. Auch wird Kultur erlernt oder konstruiert durch Interaktion mit anderen.“ (SpencerOatey & Franklin, 2009, S.13-15, eigene Übersetzung) Verschiedene wissenschaftliche Disziplinen wie die Psychologie, die Anthropologie, die internationale Betriebswirtschaft, die Linguistik und die Diskursforschung, haben sich mit der Frage beschäftigt, wie man die Kultur eines Landes oder einer Region messen kann. In der Forschung nach Kultur unterscheidet man zwischen der emic und der etic Perspektive. Dieses Begriffspaar wurde von dem amerikanischen Linguisten Kenneth Pike eingeführt und ist vom Begriffspaar Phonetik und Phonemik abgeleitet. Bei der emic Perspektive geht man davon aus, dass Ideen, Verhaltensweisen, Gegenstände und Konzepte kulturspezifisch sind. Wenn man von dieser Perspektive ausgeht, muss man jede Kultur einer Kulturgemeinschaft als ein Unikum betrachten, das nicht mit der Kultur anderer Gemeinschaften und Gesellschaften zu vergleichen ist. Man erforscht die Kultur „von innen“. Die etic Perspektive geht davon aus, dass Ideen, Verhaltensweisen, Gegenstände und Konzepte kulturübergreifend sind. Man kann in dieser Perspektive zwei Kulturen mithilfe von theoretischen Konzepten miteinander vergleichen und die Kultur eines Landes, einer Region oder einer Organisation messen. Man erforscht die Kultur dann „von außen“. (Spencer-Oatey & Franklin, 2009, S. 13-34) 20 2.4.1 Die Dimensionen von Hofstede Einer der bekanntesten und am meisten zitierten Kulturforscher ist Geert Hofstede. Er geht von der etic Perspektive aus und hat ein Messsystem entwickelt, mit dem man Kulturen miteinander vergleichen kann: die Kulturdimensionen. Hofstede führte seine Forschung nach arbeitsbezogenen Werten und Einstellungen in den 60er und 70er Jahren in dem internationalen IBM durch. Mit Hilfe von Fragebögen ermittelte er die Werte und Einstellungen der Mitarbeiter in verschiedenen Ländern. Die gefundenen Werte fasste Hofstede in einigen Dimensionen zusammen. (Spencer-Oatey & Franklin, 2009, S. 17) Da die Dimensionen von Hofstede in der Forschung zu Thema Web 2.0 und Kultur oft verwendet werden, werden sie in der unterstehenden Tabelle kurz zusammengefasst. Dimension: Definition: Machtabstand Das Ausmaß, in dem weniger mächtige Mitglieder einer Gesellschaft erwarten und akzeptieren, dass Macht ungleich verteilt ist. Individualismus Kulturen, die einen hohen Wert in Bezug auf diese Dimension aufweisen, bevorzugen locker mit einander verwobene soziale Strukturen, in denen von Individuen erwartet wird, dass sie für sich selbst sorgen. Kulturen, die einen niedrigen Wert auf dieser Dimension aufweisen, bevorzugen eng miteinander verbundene soziale Strukturen, in denen Individuen auf die Hilfe von Familienmitgliedern oder Mitgliedern einer In-Gruppe erwarten im Tausch gegen ihre Loyalität gegenüber der Gruppe. Maskulinität/ Die maskuline Seite dieser Dimension repräsentiert Gesellschaften, in denen Femininität Wert gelegt wird auf Werte wie Leistung, Heldentum, Durchsetzungsvermögen und materielle Belohnungen für Erfolg. In Gesellschaften, die auf der femininen Seite dieser Dimension angelegt sind, wird Wert gelegt auf Zusammenarbeit, Bescheidenheit, Sorge für die schwächeren der Gesellschaft und Lebensqualität. Unsicherheitsv Das Ausmaß, in dem die Mitglieder einer Gesellschaft sich unbehaglich fühlen bei ermeidung Unsicherheit und Ambiguität. pragmatisch/ Diese Dimension umschreibt wie Menschen heute und in der Vergangenheit mit normativ der Tatsache umgehen, dass vieles von dem was um uns passiert nicht erklärt werden kann. In normativen Gesellschaften wollen Menschen so viel wie möglich erklären. In pragmatischen Gesellschaften finden Menschen sich mehr damit ab, dass die Komplexität des Lebens nicht erklärt werden kann. 21 Genuss/ Genuss steht für Gesellschaften, in denen Individuen relativ frei ihren natürlichen Beherrschung menschlichen Bedürfnissen in Bezug auf Spaß haben und Lebensfreude, nachgehen können. Beherrschung steht für Gesellschaften, in denen die Befriedigung dieser Bedürfnisse durch strickte soziale Normen eingeschränkt werden. Abbildung 17: Die Dimensionen von Hofstede (Hofstede, Dimensions, 2014) (Spencer-Oatey & Franklin, 2009, S.29) Trotz ihrer großen Bekanntheit werden die Dimensionen von Hofstede auch häufig kritisiert. Unter anderem wird genannt, dass die in einem Unternehmen gesammelte Information nicht einfach auf die gesamte Bevölkerung eines Landes übertragen werden kann. Es gab nur eine begrenzte Anzahl an Teilnehmern pro Land und auch nur eine begrenzte Anzahl an Fragen pro Dimension. Die Interviewer waren scheinbar verhältnismäßig unerfahren. Folglich werden die Ergebnisse als nicht repräsentativ für die ausgewählten Länder befunden. Außerdem werden die Dimensionen als eine Art „Snapshot“ gesehen, die dem komplexen Prozess der sich ständig ändernden Kultur eines Landes nicht gerecht wird. Auch wird Hofstede Ethnozentrismus vorgeworfen in Bezug auf die gewählten Dimensionen (Kumaravadivelu, 2010). Nach Holliday et al. (2010) hat Hofstede trotz aller Kritik wichtige Faktoren eingeführt, die in jeder Forschung bezüglich interkultureller Interaktion wichtig sein können. Das Problem ist seiner Meinung nach, dass viele Forscher das Modell von Hofstede übernommen haben ohne die Komplexität von interkultureller Interaktion und anderer Aspekte der Kulturdefinition zu berücksichtigen (Holliday, Hyde, & Kulman, 2010, S.81). In dieser Arbeit werden die Dimensionen von Hofstede nicht verwendet, da sie als zu allgemein eingeschätzt werden. Wie unten umschrieben liefern die Kulturstandards von Alexander Thomas (Thomas, 2009) eine spezifischere Umschreibung der Unterschiede zwischen den beiden hier untersuchten Ländern. Dennoch werden die Dimensionen von Hofstede bei möglichen zukünftigen Untersuchungen, die mehr als zwei Länder in die Analyse mit einbeziehen, als hilfreich erachtet. 2.4.2 Die Kulturstandards von Thomas Neben der oben umschriebenen Allgemeinheit der Dimensionen von Hofstede trägt auch die Tatsache, dass in den in Kapitel 2.5 (siehe unten) umschriebenen Forschungen nur eine begrenzte Anzahl an Korrelationen zwischen den Dimensionen und der Nutzung von sozialen Medien gefunden wurde, dazu bei, dass in dieser Arbeit eine andere Herangehensweise gewählt wurde. Wie oben umschrieben erforscht Geert Hofstede Kultur aus einer etic Perspektive heraus. Alexander Thomas hingegen erforscht Kultur auf der Basis der emic Perspektive. Er erforscht die Kulturunterschiede 22 zwischen zwei Ländern aufgrund von semi-strukturierten Interviews mit Menschen, die von dem einen in das andere Land umgezogen sind. Er fragt nach sogenannten critical incidents: Momente in einer Interaktion, in denen die Menschen aus der Gastkultur auf eine Art und Weise reagieren, die die interviewte Person nicht erwartet hätte. Aufgrund der Analyse dieser Interviews erstellt Thomas sogenannte Kulturstandards. Dies sind die wiederkehrenden, zentralen, orientierenden Charakteristiken dieser Kultur. Nachteil an diesen Kulturstandards ist es, dass sie nicht (wie die Dimensionen von Hofstede) eingesetzt werden können um eine größere Anzahl von verschiedenen Ländern miteinander zu vergleichen. Sie beziehen sich immer nur auf die Unterschiede zwischen den beiden untersuchten Ländern. (Spencer-Oatey & Franklin, 2009, S. 33 & 34) 2.4.3 Kulturunterschiede zwischen den Niederlanden und Deutschland Nach Alexander Thomas (2009) werden Kulturunterschiede zwischen Deutschland und den Niederlanden häufig unterschätzt. Die beiden Länder sind Nachbarländer und sprachlich kann man sich meistens recht gut verständigen. Trotzdem kann es vor allem in Arbeitszusammenhängen zu Überraschungen kommen, weil so vieles vertraut erscheint. (Thomas, 2009, S.41) Für Deutschland und die Niederlande hat Thomas die folgenden Kulturstandards definiert: Kulturstandards Niederlande: Beziehungs- /Personenorientierung: Kennenlernen der Person, Aufbau und Pflege einer Vertrauensbeziehung stehen im Vordergrund. Informalität und Konsensusorientierung: Informeller Umgang („du“), flache Hierarchien und Mitspracherechte sind Ausdruck einer egalitären, calvinistisch geprägten Gesellschaft. Pragmatismus und Flexibilität: Abläufe sind wenig reguliert, gegebenenfalls entstehende Unsicherheit wird zugunsten von Flexibilität akzeptiert, Herausforderungen werden pragmatisch angegangen. Keine strikte Trennung von Arbeits- und Lebensbereichen: Privat- und Arbeitsleben werden häufig vermischt, auch als Ausdruck einer ausgeprägten Beziehungsorientierung. Low-Context Culture: Man sagt, was man denkt, eindeutig und unverschlüsselt. Das „Was“ ist wichtig, nicht das „Wie“. Kritik wird direkt aber eher prozessbezogen kommuniziert. Kulturstandards Deutschland: Sachorientierung: Konzentration auf Inhalte und Aufgaben (Priorität). Über die Sache wird eine (Personen-) Beziehung hergestellt. Formalität und Hierarchieorientierung: Abläufe und Personenbeziehungen werden durch formale Ansprache („Sie“), Betonung von Titeln, Funktionen und Abhängigkeiten geprägt. 23 Regelorientierung: Regeln und Strukturen sind wichtig. Sie dienen zur Risikominimierung, Orientierung , Kontrolle und Fehlervorbeugung. Trennung von Persönlichkeits- und Lebensbereichen: Beruf und Privates werden ungern vermischt. Low-Context Culture: Man sagt, was man denkt, eindeutig und unverschlüsselt. Das „Was“ ist wichtig, nicht das „Wie“. Kritik wird direkt, aber häufig personenbezogen geäußert. (Enders, 2011) (Thomas, 2009) 2.5 Kultur und Web 2.0 Obwohl der Forschungsstand zum Thema Web 2.0 und Kultur noch als relativ begrenzt umschrieben wird, gibt es dennoch einige Forschungen, die sich schon mit diesem Thema befasst haben. Ribière, Haddad und Vande Wiele (2010) fanden eine Korrelation zwischen Hofstedes Kulturdimension Unsicherheitsvermeidung und der expressiven Nutzung von Web-2.0-Technologien. Sie stellten fest, dass die Wahrscheinlichkeit, dass unsicherheitsvermeidende Gruppen soziale Medien expressiv (für soziale Kontakte) nutzen, niedriger liegt als bei risikofreudigeren Gruppen. Auch fanden sie eine Korrelation zwischen der Kulturdimension Langzeitorientierung und der instrumentalen Nutzung von Web 2.0 Technologien. Der Term instrumentale Nutzung umfasst die Informationssuche, das Sammeln von Wissen, kommerzielle Transaktionen und nicht soziale Kommunikation. Menschen, die aus einer langzeitorientierten Kultur kommen, nutzen Web-2.0-Technologien öfter instrumental. (Ribière, Haddad, & Vande Wiele, 2010, S. 349-356) Auch Pookulangara und Koesler (2011) beschäftigten sich mit dem Thema Web 2.0 und Kultur und erstellten ein Model, das Hofstedes Kulturdimensionen mit dem TAM 3-Model (Technology Acceptance Model) verbindet. Dieses Model soll es ermöglichen, Kultur als einen vorhersagenden und vermittelnden Faktor bei der Akzeptanz von neuen Technologien zu bewerten. (Koesler & Pookulangara, 2011,S. 351-353) Der oben umschriebene Artikel von Berthon et al. (2012) betont mehrmals, wie wichtig der Einfluss von Kultur auf soziale Medien ist und dass man diesen Faktor bei der Marketingarbeit auf keinen Fall vernachlässigen sollte. (Berthon, Plangger, Shapiro, & Pitt, 2012) Auch zum Einfluss von Kultur auf die Nutzung von Twitter sind schon Studien erschienen. Pentina, Zhang und Basmanova (2013) stellten fest, dass Halls Kulturdimension high- versus lowcontext das Vertrauen von Konsumenten in die Marken, die sie auf Twitter folgen, beeinflusst. Hall hat, ähnlich wie Hofstede, verschiedene Dimensionen eingeführt womit Kultur gemessen werden kann. Die Dimension high- versus low-context umschreibt das Ausmaß, in dem Menschen in einer bestimmten Kultur die Bedeutung einer Nachricht explizit und verbal äußern. (Spencer-Oatey & Franklin, 2009, S. 23) In der high-context Kultur der Ukraine ist es nach Pentina, Zhang und Basmanova (2013) ausreichend, wenn ein Unternehmen ein Profil auf Twitter eingerichtet hat. Wenn 24 die ukrainischen Konsumenten Twitter als Marke Vertrauen schenken, dann wird dieses Vertrauen automatisch auf die Unternehmen und Marken, die auf Twitter anwesend sind, übertragen. In einer low- context Kultur, wie in Amerika, reicht ein Profil allein nicht aus. Dort wird von einem Unternehmen Interaktivität erwartet und Konsumenten vertrauen dem Unternehmen nur dann, wenn sie über Twitter den Dialog suchen. (Petina, Zhang, & Basmanova, 2013, S. 1551-1552) Burton und Soboleva (2011) führen eine Klassifizierung von Tweets ein, die sie entweder als interaktiv oder reaktiv einteilen. (siehe Kapitel 2.3.2) Sie kamen zu dem Schluss, dass man im Fall der untersuchten Länder USA und Australien kaum Unterschiede zwischen den beiden Kulturen erkennen konnte, sondern dass es vor allem innerhalb dieser Länder sehr große Unterschiede gibt. (Burton & Soboleva, 2011, S. 497) Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass man sich im Allgemeinen darüber einig ist, dass Kultur einer der Faktoren ist, die die Nutzung von sozialen Medien beeinflussen. Neben Kultur werden auch der Stand der Technologie in einem Land, die Haltung der Regierung gegenüber sozialen Medien (Berthon, Plangger, Shapiro, & Pitt, 2012), Aspekte der Pflege von sozialen Kontakten, Effizienz, Datenschutz, soziales Geschlecht, subjektive Normen und Wahrnehmung (Ribière, Haddad, & Vande Wiele, 2010, S. 342) als Einflussfaktoren genannt. Wie der Einfluss von Kultur auf die Nutzung von sozialen Medien sich genau manifestiert, ist noch nicht ausreichend erforscht. Die oben umschriebenen Forschungen lassen allerdings vermuten, dass die Bewertung von kulturellen Aspekten als Einflussfaktor auf die Nutzung von sozialen Medien richtig ist. 25 3. Fragestellung und Hypothesen 3.1 Fragestellung In dieser Masterarbeit wird die folgende Leitfrage beantwortet: Gibt es Unterschiede bezüglich der Art und Weise, wie deutsche und niederländische Mobilfunkunternehmen Twitter zu Marketingzielen einsetzen und wenn ja, sind diese Unterschiede kulturell bestimmt ? Zur Beantwortung dieser Leitfrage wurden die folgenden Teilfragen gestellt: - Welche Unterschiede sind beim Marketing über Twitter zwischen deutschen und niederländischen Unternehmen bezüglich der Nutzung von mentions, hashtags und retweets zu erkennen? - Welche Unterschiede sind beim Marketing über Twitter zwischen deutschen und niederländischen Unternehmen bezüglich von internen und externen Links zu erkennen? - Welche Unterschiede sind beim Marketing über Twitter zwischen deutschen und niederländischen Unternehmen bezüglich der Interaktivität zu erkennen? - Welche Unterschiede sind beim Marketing über Twitter zwischen deutschen und niederländischen Unternehmen bezüglich der Themenauswahl (Produktwerbung, Firmenpromotion, allgemeine Nachrichten, branchenspezifische Nachrichten, lokale Geschehnisse, Witze, sonstiges) zu erkennen? - Welche Unterschiede sind beim Marketing über Twitter zwischen deutschen und niederländischen Unternehmen in Bezug auf Anredeformen (Du/Sie, Jij/U) zu erkennen? - Welche Unterschiede sind beim Marketing über Twitter zwischen deutschen und niederländischen Unternehmen in Bezug auf Höflichkeitsformeln und Emoticons zu erkennen? 3.2 Hypothesen H1 a): Niederländische Unternehmenstweets weisen mehr mentions auf als deutsche Unternehmenstweets. Mentions werden, wie oben umschrieben, unter anderem genutzt um Gespräche zu führen. Nach Thomas (Thomas, 2009) gibt es in den Niederlanden keine strikte Trennung von Lebens- und Persönlichkeitsbereichen. Das Kennenlernen einer Person, der Aufbau und die Instandhaltung einer Beziehung stehen im Vordergrund. Aufgrund der fehlenden Trennung von Lebens- und Persönlichkeitsbereichen wird in dieser Arbeit erwartet, dass es mehr und vielfältigere Themen gibt, worüber in den Niederlanden gesprochen werden kann. Außerdem wird erwartet, dass der Aufbau und die Instandhaltung einer persönlichen Beziehung längere Gespräche erfordern als zum Beispiel 26 eine sachliche Abhandlung einer Frage. Aufgrund dieser Erwartungen wird die Hypothese aufgestellt, dass niederländische Unternehmensaccounts mehr und längere Gespräche führen und deshalb mehr mentions verwenden. H1 b): Deutsche Unternehmenstweets enthalten mehr hashtags als niederländische Unternehmenstweets. Nach Thomas (Thomas, 2009) sind die Deutschen regelorientiert. Regeln und Struktur dienen zur Risikominimierung, Orientierung, Fehlervorbeugung und Kontrolle. Hashtags können genutzt werden um einen Tweet einer bestimmten Kategorie zuzuordnen (zum Beispiel #ESF14 bezeichnet die Kategorie: alle Tweets zum European Songfestival). Auf diese Weise hilft man dem Tweet-Leser bei der Orientierung und bietet Struktur an. Aus diesem Grund wird angenommen, dass die deutschen Unternehmensaccounts mehr hashtags verwenden als die niederländischen. H1 c): Niederländische Unternehmensaccounts retweeten öfter als deutsche. Nach den Kulturstandards von Thomas ist die niederländische Kultur geprägt von einer Konsensusorientierung, sowie einer starken Beziehungsorientierung. Wenn ein Twitter-Nutzer einen Tweet retweetet, verbreitet er diesen Tweet unter seinen eigenen Followern. Das bedeutet, dass er/sie dem ursprünglichen Verfasser dabei hilft diesen Tweet unter einem breiteren Publikum zu verbreiten. So können verschiedene Accounts zusammenarbeiten und eine Beziehung aufbauen. Aus diesem Grund, wird erwartet, dass die niederländischen Unternehmensaccounts mehr retweeten als deutsche. H2: Deutsche Unternehmensaccounts verbreiten mehr interne Links als niederländische Unternehmensaccounts. Mit internen Links sind Links gemeint, die auf andere Marketingkanäle des Unternehmens führen, wie zum Beispiel die eigene Webseite oder den eigenen Webshop. Externe Links führen auf Webseiten, die nicht dem Unternehmen zugeschrieben werden können. Für das Marketing eines Unternehmens ist es wünschenswert, dass potentielle Kunden auf die eigenen Kanäle des Unternehmens geführt werden, da sie dies einen Schritt näher zu einer möglichen Kaufentscheidung bringt. Nach den Kulturstandards von Thomas (Thomas, 2009) kennzeichnet sich die deutsche Kultur durch eine Sachorientierung, bei der Inhalte und Aufgaben Priorität haben. Da Twitter von Unternehmen als zusätzlicher Marketingkanal genutzt wird, wird erwartet, dass die deutschen Unternehmensaccounts durch die Verbreitung von internen Links sich auf genau diese Aufgabe konzentrieren. 27 H3: Die niederländischen Unternnehmenstweets sind interaktiver als die deutschen. Wie auch schon in H1 a) umschrieben wurde, wird in den Niederlanden nach Thomas (Thomas, 2009) Wert auf den Aufbau und die Pflege einer Vertrauensbeziehung gelegt. Die Forschung von Pentina, Zhang und Basmanova (2013) stellte fest, dass die Interaktivität von Unternehmensaccounts in lowcontext Kulturen ein wichtiger Faktor für den Aufbau von Konsumentenvertrauen ist. Auch Deutschland wird von Thomas als eine low-context Kultur umschrieben. Dennoch wird erwartet, dass die Kombination der Beziehungsorientierung und der low-context Kultur der Niederlande dazu beiträgt, dass niederländische Unternehmensaccounts interaktiver sind als die deutschen. H4 a): In deutschen Unternehmensweets sind die Themen marketingorientierter als in niederländischen Tweets. Nach den Kulturstandards von Thomas (Thomas, 2009) zeichnet sich die deutsche Kultur durch eine Sachorientierung aus, bei der Inhalte und Aufgaben Priorität haben. Da Twitter von Unternehmen als zusätzlicher Marketingkanal genutzt wird, wird erwartet, dass sich die deutschen Unternehmensaccounts, wie oben umschrieben, auch auf diese Aufgabe konzentrieren. Es wird erwartet, dass marketingorientierte Themen, wie Produkt- und Firmenwerbung, bei den deutschen Tweets öfter vorkommen als bei den niederländischen Tweets. H4 b): Die Themen in den niederländischen nicht interaktiven Unternehmenstweets sind diverser als in den deutschen Unternehmenstweets. Wie oben umschrieben gibt es nach Thomas in den Niederlanden keine strikte Trennung von Lebensund Persönlichkeitsbereichen. Aufgrund dieses Kulturstandards wird erwartet, dass die Themen, die von niederländischen Unternehmen angesprochen werden, diverser sind als die der deutschen Unternehmen. H 5 a): In deutschen Tweets werden mehr Höflichkeitsformeln und formelle Anrede genutzt als in niederländischen Tweets. Thomas umschreibt, dass formelle Anrede ein wichtiger Aspekt der deutschen Kultur ist. Es wird in dieser Arbeit erwartet, dass sich die Formalität der Deutschen und die Informalität der Niederländer auch in Unternehmenstweets wiederspiegelt, das heißt, dass deutsche Tweets mehr formelle Anredeformen und Höflichkeitsformeln aufweisen. H 5 b): In deutschen Unternehmenstweets werden weniger Emoticons genutzt als in niederländischen Tweets. Emoticons werden genutzt um Gefühle zu äußern und werden in dieser Arbeit als informell beurteilt. Aus diesem Grund wird erwartet, dass Emoticons von deutschen Twitteraccounts seltener genutzt werden als von niederländischen. 28 4. Methode Um die obengenannten Forschungsfragen beantworten zu können, werden jeweils vier deutsche und vier niederländische Unternehmensaccounts von Mobilfunkanbietern auf Twitter ausgewählt. In dieser Forschung wird eine Branche gewählt, um die Vergleichbarkeit der Daten zu erhöhen. Die Mobilfunkbranche scheint ein interessantes Forschungsgebiet, da in dieser Branche in beiden Ländern besonders viele Unternehmen auf Twitter aktiv sind. Bei der Auswahl der Accounts wird darauf geachtet, dass über diese Accounts regelmäßig getwittert wird und dass sie tatsächlich mit dem jeweiligen Unternehmen verbunden sind. Die in dieser Arbeit gewählten Mobilfunkanbieter sind: In Deutschland In den Niederlanden Deutsche Telekom: @deutschetelekom T-mobile: @tmobile_webcare Vodafone: @vodafone_de Vodafone: @VodafoneNL Congstar: @congstar KPN: @KPN O2: @o2de Hi: @Hi Der Mobilfunkmarkt in Europa ist geprägt von Konkurrenz und einer hohen Marktsättigung. Vier von fünf Personen in Europa haben einen Vertrag für mobile Dienste und in den meisten europäischen Ländern liegt die Rate der Abonnenten bei über 90 %. (GSMA, 2013) Die untenstehende Grafik (Abbildung 18) liefert einen Überblick, wie die hier untersuchten Mobilfunkunternehmen 29 miteinander vernetzt sind und auf welchen der hier untersuchten Märkte sie aktiv sind. ABBILDUNG 18: D IE HIER UNTERSUCHTEN MARKEN UND IHRE MUTTERKONZERNE Die Deutsche Telekom AG verkauft im deutschen Markt Mobilfunkangebote unter dem Namen Telekom Deutschland GmbH und über die Tochtergesellschaft Congstar GmbH. Im niederländischen Markt hat die Deutsche Telekom AG die Marke T-mobile. (Deutsche Telekom, 2014) Das spanische Telekommunikationsunternehmen Telefónica agiert unter der Bezeichnung O² auf dem Deutschen Markt (Telefónica, 2014) und das britische Unternehmen Vodafone bietet unter diesem Namen sowohl in Deutschland als auch in den Niederlanden Mobilfunkdienste an. (Vodafone, 2014) Im Niederländischen Markt hat KPN die Marke KPN und die Tochtergesellschaft Hi. (KPN, 2014) Wie in Abbildung 18 zu erkennen ist, werden jeweils zwei Marken gewählt, die in beiden Ländern aktiv sind: Vodafone und T-mobile/Telekom Deutschland. KPN und die Deutsche Telekom sind in dieser Arbeit interessant, weil beide frühere Staatsunternehmen sind, die privatisiert wurden. (KPN, 2014) (Deutsche Telekom, 2014) Bei der Analyse werden die 50 letzten Tweets, Twitter-Gespräche (eine längere Folge von Tweets die auf einander antworten) und retweets analysiert. Diese werden im Zeitraum April bis Mai 2014 rückgehend in der Zeit gesammelt. Twitter-Gespräche werden bis zum neunten Antwort-Tweet in die Analyse miteinbezogen. Die folgenden Aspekte werden bei der Analyse betrachtet: Nutzung von mentions, hashtags und retweets 30 Alle mentions und hashtags, die in den Tweets der Unternehmen vorkommen, werden gezählt. Auch wird gezählt, bei wie vielen Tweets des Unternehmens es sich um retweets handelt. Nutzung von internen und externen Links Erstens wird in dieser Arbeit analysiert, wie viele Links die verschiedenen Accounts in ihren Tweets verarbeiten. Zweitens wird darauf geachtet, ob es sich dabei um interne oder externe Links handelt. In dieser Arbeit werden alle Links, die auf andere Marketingkanäle des Unternehmens führen (Unternehmenswebsite, Webshop, Forum, Facebookaccount usw.), als interne Links gewertet. Links der Videodienste Youtube und Vine werden hier nicht als Links gezählt. Beide Dienste bieten die Möglichkeit ein Video direkt in Twitter abzuspielen. Das bedeutet, dass ein Nutzer nicht auf diese Links klicken muss um die Inhalte zu sehen. Alle anderen Links werden als externe Links eingeteilt. Interaktivität: Wie im theoretischen Rahmen an Beispielen gezeigt wurde, wird die Klassifizierung der Interaktivität von Tweets nach Burton und Soboleva (2011) nach der contigency view hier als recht fragwürdig beurteilt, da die Nutzung von hashtags, mentions und retweets nicht unbedingt etwas über die Interaktivität eines Tweets aussagt. Aufgrund dessen wird in dieser Arbeit von der Definition von Interaktivität von Brown, Sundar und Kalyanaraman (2003) nach der contingency view ausgegangen. In ihrem Artikel umschreiben sie, dass Kommunikation als nicht interaktiv gesehen werden kann, wenn zwei Nutzer eines Chatrooms beide Nachrichten verschicken, aber dabei nicht aufeinander eingehen und die Anwesenheit des anderen Nutzers überhaupt nicht anerkennen. Sobald einer der Nutzer auf die Nachrichten des anderen antwortet, wird die Kommunikation als reaktiv klassifiziert. Wenn ein längeres Gespräch entsteht bei dem auf frühere Nachrichten beider Nutzer eingegangen wird, dann ist die Kommunikation interaktiv. In dieser Arbeit wird dieses Beispiel auf die Nutzung von Twitter übertragen. Tweets sind demnach - nicht interaktiv, wenn sie in keiner Weise auf andere Twitter Nutzer eingehen; - reaktiv, wenn es nur eine Antwort auf eine Nachricht eines anderen Twitter Nutzers gibt und - interaktiv, wenn sich ein Gespräch entwickelt, bei dem das Unternehmen drei oder mehr Tweets verschickt, oder, wenn das Unternehmen in seine Tweets auf zwei oder mehr Twitter-Nutzer eingeht. 31 ABBILDUNG 19: BEISPIEL EINES NICHT I NTERAKTIVEN TWEETS DER D EUTSCHEN TELEKOM AG In Abbildung 19 ist ein Beispiel eines Tweets zu sehen, der nach der Definition von Brown, Sundar und Kalyanaraman (2003) als nicht interaktiv klassifiziert wurde. Die Deutsche Telekom AG hat eine Nachricht verschickt, aber niemand hat darauf reagiert. Andere Twitter Nutzer erkennen die Anwesenheit dieses Tweets nicht an. ABBILDUNG 20: BEISPIEL EINES REAKTIVEN T WEETS VON C ONGSTAR In Abbildung 20 ist ein reaktiver Tweet nach der obengenannten Definition zu sehen. Der Twitter-Nutzer @DerOerl verschickt eine Nachricht an @Congstar, die darauf mit einer Antwort reagieren. 32 ABBILDUNG 21: BEISPIEL EINES I NTERAKTIVEN TWEETS VON CONGSTAR In Abbildung 21 ist ein Twitter-Gespräch zu sehen, dass nach der oben genannten Definition als interaktiv klassifiziert wurde. @Congstar geht auf frühere Nachrichten ein und spricht in ihrem Tweet nicht nur die potentielle Neukundin @Koenigin_Frosch an, sondern auch andere Beteiligte am Gespräch. Themenauswahl bei nicht interaktiven Tweets Alle nicht interaktiven Tweets werden in verschiedenen Themenbereiche wie zum Beispiel Produktwerbung, Firmenpromotion, allgemeine Nachrichten, branchenspezifische Nachrichten, lokale Geschehnisse und Sonstiges eingeteilt. Anredeformen und Höflichkeitsformeln In den Tweets, in denen andere Nutzer direkt angesprochen werden, wird gezählt, welche Anredeformen (du/Sie und jij/u) dabei genutzt werden. Außerdem werden die in den Tweets genutzten Höflichkeitsformeln, wie zum Beispiel Bitte, Danke usw. gezählt. Emoticons wie ;)^^ usw. 33 Emoticons sind Kombinationen verschiedener auf einer Computertastatur vorhandener Zeichen, mit der eine Gefühlsäußerung wiedergegeben werden kann. (duden.de, 2014) Alle Emoticons in den Tweets werden gezählt. Untenstehend wird die bei der Analyse genutzte Checkliste wiedergegeben. Tweets pro Twitter Gespräch insgesamt Anzahl Nutzung von mentions Anzahl pro Twitter-Gespräch Nutzung von hashtags Anzahl pro Twitter-Gespräch Nutzung von retweets Anzahl Nutzung von Links Anzahl (intern/ extern) Interaktivität Anzahl (nicht interaktiv/ reaktiv/ interaktiv) Themenauswahl bei nicht interaktiven Tweets - Anzahl (Produktwerbung/ Firmenpromotion/ branchenspezifische Nachrichten/ Feiertage / Entertainment/ Sonstiges) - Anzahl (nicht marketingorientiert /marketingorientiert) Anredeformen Anzahl Höflichkeitsformeln Anzahl Emoticons Anzahl 34 5. Analyse der Forschungsergebnisse In diesem Kapitel werden die Forschungsergebnisse pro Teilfrage zusammengefasst. Zunächst wird auf allgemeine Beobachtungen, mentions, hashtags und retweets eingegangen. Darauf folgen die Ergebnisse bezüglich der internen und externen Links, der Interaktivität und der Themenauswahl. Zum Schluss werden die Ergebnisse zu den Anredeformen und Emoticons präsentiert. Bei der Analyse der verschiedenen deutschen und niederländischen Unternehmensaccounts fiel auf, dass diese unterschiedliche Herangehensweisen beim Marketing über Twitter aufweisen. Drei der acht untersuchten Unternehmen nutzen nämlich zwei Accounts zur Kommunikation über Twitter: Einen Hauptaccount und einen Webcareaccount. Über den Hauptaccount werden Erfolgsgeschichten, Neuigkeiten aus dem Unternehmen, Firmenpromotion und Produktpromotion verbreitet. Der Webcareaccount ist dafür da, Fragen von Kunden zu beantworten und Beschwerden abzuhandeln. Ein solcher Webcareaccount repräsentiert den Kundendienst eines Unternehmens online. Diese Herangehensweise wurde bei den hier untersuchten Unternehmen von KPN (NL) und Hi (NL), sowie von der deutschen Telekom (DE) gewählt. Die Accounts @KPNwebcare und @HI_Webcare regieren dabei direkt auf negative Bemerkungen, Beschwerden und Fragen, die den Hauptaccounts @KPN und @Hi gestellt werden. In Abbildung 22 ist ein Beispiel abgebildet, in dem zu sehen ist, dass die Nutzerin @GerieStiens auf den Tweet von @Hi mit einer Beschwerde antwortet. Darauf geht @HI_Webcare dann direkt ein. Bei @deutschetelekom wird der Kunde in einem solchen Fall von @deutschetelekom gebeten, sich mit Problemen oder Fragen bei @telekom_hilft zu melden. Die übrigen fünf Unternehmen haben die beiden Aufgaben (Webcare- und Hauptaccount) in einem Account kombiniert (@Vodafone_de und @o2de) oder konzentrieren sich ABBILDUNG 22: BEISPIEL DER H ERANGEHENSWEISE VON @HI UND @HI_WEBCARE ausschließlich auf die Fragen und Beschwerden von Kunden (@tmobile_webcare, @vodafoneNL und @congstar). Diese verschiedenen Herangehensweisen der Unternehmen können die Vergleichbarkeit der Forschungsergebnisse beeinträchtigen. In weiteren Forschungen ist es deshalb empfehlenswert Twitteraccounts zu betrachten, die dieselbe Herangehensweise verwenden. 35 5.1 Mentions, hashtags und retweets In dieser Arbeit wurden die Tweets von vier deutschen und vier niederländischen Unternehmensaccounts hinsichtlich der verwendeten mentions, hashtags und retweets betrachtet. Die Ergebnisse sind in der unterstehenden Grafik (Abbildung 23) zusammengefasst. Anteil der Tweets mit mentions, hashtags und retweets Deutschland gesamt 82.00% Niederlande gesamt 77.00% 26.50% 13.00% 3.00% Mentions Hashtags 1.50% Retweets ABBILDUNG 23: ANTEIL DER D EUTSCHEN UND N IEDERLÄNDISCHEN T WEETS DIE MENTIONS, HASHTAGS UND RETWEETS ENTHALTEN In dieser und den folgenden Grafiken ist jeweils der Anteil der Tweets abzulesen, in denen ein Phänomen ein oder mehrmals vorkommt. In Abbildung 24 wird der Anteil der Tweets, die eine oder mehrere mentions enthalten pro Account wiedergegeben. Anteil der Tweets mit mentions pro Account 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 98% 92% 100% 100% 76% 62% Deutsche Vodafone Congstar Telekom (DE) (DE) (DE) 58% O2 (DE) T-mobile Vodafone KPN (NL) (NL) (NL) 50% HI (NL) ABBILDUNG 24: ANTEIL DER T WEETS PRO ACCOUNT , DIE MENTIONS ENTHALTEN 36 Wie man in Abbildung 24 erkennen kann, gibt es in beiden Ländern zwei Accounts, die sehr viele mentions verwenden und zwei Accounts, bei denen der Anteil der Tweets, die eine mention enthalten, etwas bzw. viel niedriger liegt. Bei den deutschen Accounts sind die Unterschiede etwas kleiner als bei den niederländischen Accounts. Vodafone (92%) und O2 (98%) verwenden die meisten mentions, gefolgt von Congstar (76%) und der Deutschen Telekom (62%). In den Niederlanden verwenden zwei der hier untersuchten Accounts eine oder mehrere mentions in jedem Tweet: Tmobile und Vodafone. KPN und Hi dagegen verwenden in nur 58% bzw. 50% der Tweets eine mention. Diese Ergebnisse zeigen, dass die Verwendung von mentions eines Unternehmensaccounts nicht auf die Art und Weise, wie es in der Hypothese angenommen wurde, von Kultur beeinflusst wird. Es gibt sehr große Unterschiede innerhalb der beiden Länder. Die Vermutung liegt nahe, dass das Ziel, das mit einem Account verfolgt wird (Webcare oder Firmenpromotion), einen großen Einfluss auf die Verwendung von mentions hat. Die drei Accounts, die den niedrigsten Anteil an Tweets mit mentions aufweisen (KPN, Hi und Deutsche Telekom), haben Webcare und Firmenpromotion getrennt in zwei Accounts und nutzen den Hauptaccount somit nicht hauptsächlich zur Interaktion mit anderen. T-mobile, Vodafone NL und Congstar nutzen ihre Accounts dagegen ausschließlich zur Beantwortung von Fragen und zur Abhandlung von Beschwerden. Dabei werden viel mehr mentions verwendet. Der im Vergleich zu den anderen beiden Accounts mit derselben Herangehensweise relativ niedrige Anteil der Tweets mit mentions bei Congstar wird durch eine tägliche Begrüßung und Verabschiedung des Accounts verursacht. (Siehe Kapitel 5.4 Themenauswahl) Diese Tweets sind an alle Follower des Accounts gerichtet und enthalten deshalb keine mention. Die Accounts von O2 und Vodafone DE nutzen ihre Accounts für sowohl Webcare als auch Firmenpromotion. Der Schwerpunkt liegt bei beiden Accounts jedoch vor allem beim Kundendienst. Das ist auch am Anteil der Tweets mit mentions der beiden Accounts abzulesen. In Hypothese H1 a) wurde aufgrund der Kulturstandards von Thomas (Thomas, 2009) angenommen, dass die niederländischen Unternehmensaccounts mehr mentions in ihren Tweets verwenden als die deutschen. Diese Hypothese konnte auf der Basis der hier vorliegenden Ergebnisse nicht bestätigt werden. 82% der deutschen Tweets enthalten eine mention gegenüber 77% der niederländischen. Die Unterschiede zwischen verschiedenen Accounts aus demselben Land sind groß. Deshalb wird hier angenommen, dass die Verwendung von mentions nicht von der Kultur, sondern von der Herangehensweise und dem Ziel des Marketings über Twitter beeinflusst wird. 37 Die Ergebnisse zur Verwendung von hashtags zeigen einen Unterschied von 13,5 % zwischen den deutschen und den niederländischen Accounts auf. 26,5 % der niederländischen Tweets enthält ein hashtag. Bei den deutschen Tweets liegt dieser Anteil bei nur 13% der Tweets. Anteil der Tweets mit hashtags pro Account 66% 70% 60% 50% 40% 40% 40% 30% 20% 6% 10% 6% 0% 0% 0% T-mobile (NL) Vodafone (NL) 0% Deutsche Telekom (DE) Vodafone (DE) Congstar (DE) O2 (DE) KPN (NL) HI (NL) ABBILDUNG 25: ANTEIL DER T WEETS PRO ACCOUNT , DIE EINEN HASHTAG ENTHALTEN In Abbildung 25 ist zu sehen, dass der hohe Anteil der niederländischen Tweets, die einen hashtag enthalten, von der ausgiebigen Verwendung von hashtags von einem der niederländischen Accounts (Hi) verursacht wird. Bei diesem Account enthalten 66% der Tweets mindestens einen oder mehrere hashtags. In Abbildung 26 ist zu sehen, dass manche Tweets dieses Accounts fast ausschließlich aus hashtags bestehen. Des weiteren ist in Abbildung 25 zu sehen, dass es unter den niederländischen Accounts zwei Accounts gibt (T-mobile und Vodafone), die in den hier untersuchten Tweets überhaupt keine hashtags verwenden. Die Accounts ABBILDUNG 26: HI VERWENDET SEHR VIELE HASHTAGS der Deutschen Telekom und von Vodafone in Deutschland verwenden jedoch beide hashtags. Hier zeigt sich, dass die Unternehmen mit demselben Mutterkonzern in den beiden Märkten hinsichtlich dieses Aspektes ihrer Tweets unterschiedlich agieren. Bei der Deutschen Telekom/ T-mobile ist der Unterschied mit 40% sehr deutlich, bei Vodafone müsste eine Untersuchung einer größeren Anzahl an Tweets ausweisen, ob hier tatsächlich unterschiedliche Strategien bei der Nutzung von hashtags für Deutschland und die Niederlande eingesetzt werden. In Deutschland hat nur der Account von Congstar in den hier untersuchten Tweets überhaupt keine hashtags verwendet. Es fällt auf, dass die drei Accounts, die Twitter ausschließlich zum Webcare nutzen (Congstar, T-mobile und Vodafone NL), alle drei auch keine hashtags verwenden. 38 In Hypothese H1 b) wurde aufgrund der Kulturstandards von Thomas (Thomas, 2009) angenommen, dass deutsche Unternehmenstweets mehr hashtags enthalten als niederländische. Diese Hypothese hat sich in dieser Arbeit nicht bestätigt. Die niederländischen Tweets enthalten mehr hashtags als die deutschen. Dieses Ergebnis wird teils durch die ausgiebige Verwendung von hashtags durch den niederländischen Account @Hi beeinflusst. Die Verwendung von hashtags scheint wie die Verwendung von mentions, stark vom Ziel abhängig zu sein, das mit einem Twitteraccount verfolgt wird. Sowohl von den deutschen als auch den niederländischen Accounts werden retweets nur sehr selten verwendet. In Abbildung 23 ist zu erkennen, dass der Anteil der retweets bei den Deutschen ABBILDUNG 27: BEISPIEL CONGSTAR RETWEETET ERFOLGSGESCHICHTEN Accounts etwas höher liegt, als bei den niederländischen Accounts. Die Funktion des Retweetens wird für verschiedene Zwecke eingesetzt. Die Deutsche Telekom retweetet branchenspezifische Nachrichten von einem Technikblog. Congstar retweetet Tweets von zufriedenen Kunden, um so die Follower an Erfolgsgeschichten teilhaben zu lassen (siehe Abbildung 27). O2 retweetet einen Produkpromotionstweet eines anderen Accounts des Unternehmens (@o2entdecken) und Hi retweetet Links zu Verantstaltungen. Woher diese Tweets geretweetet werden, ist leider nicht zu erkennen, da Hi dabei nicht den retweet-Button verwendet, sondern einfach ein „RT“ vor dem Tweet eingibt. % der retweets pro Account 9% 8% 7% 6% 5% 4% 3% 2% 1% 0% 8% 2% 2% 0% Deutsche Telekom (DE) Vodafone (DE) Congstar (DE) O2 (DE) 2% 0% 0% 0% T-mobile (NL) Vodafone (NL) KPN (NL) HI (NL) ABBILDUNG 28 ANTEIL DER RETWEETS DER VERSCHIEDENEN U NTERNEHMENSACCOUNTS 39 Unter den niederländischen Unternehmensaccounts ist @Hi der einzige, der retweets verwendet. Bei den deutschen Accounts verwenden die Deutsche Telekom, Congstar und O2 retweets. Zusammenfassend hat sich die Hypothese H1c) in dieser Arbeit nicht bestätigt. Es wurde angenommen, dass die niederländischen Accounts nach dem Kooperationsprinzip handeln und deshalb mehr Tweets anderer unter den eigenen Followern verbreiten. Es hat sich gezeigt, dass es bei den niederländischen Accounts nicht nur weniger retweets insgesamt gibt, sondern auch weniger Accounts, die überhaupt retweets verwenden. Das Ziel, das mit einem Account verfolgt wird, scheint auf die Verwendung von retweets keinen Einfluss zu haben. Die Accounts, die retweets verwenden, verfolgen alle unterschiedliche Herangehensweisen beim Marketing über Twitter. 5.2 Interne und externe Links Im folgenden Abschnitt werden die Ergebnisse hinsichtlich der Verwendung von internen und externen Links durch die deutschen und niederländischen Unternehmensaccounts zusammengefasst. In der unterstehenden Grafik (Abbildung 29) ist zu sehen, wie sich die Verwendung von internen und externen Links gestaltet. % der Tweets mit internen und externen Links Niederlande 35.00% Deutschland 32.50% 30.00% 25.00% 20.50% 20.00% 15.00% 10.00% 3.00% 5.00% 1.50% 0.00% Links intern Links extern ABBILDUNG 29: ANTEIL DER T WEETS MIT INTERNEN UND EXTERNEN LINKS BEI DEN DEUTSCHEN UND NIEDERLÄNDISCHEN U NTERNEHMENSACCOUNTS 40 Wie man in Abbildung 29 sieht, werden von sowohl den deutschen als auch den niederländischen Accounts hauptsächlich interne Links verwendet. Bei den niederländischen Accounts werden 12% mehr interne Links verwendet als bei den deutschen. Bei der Verwendung von externen Links lässt sich nur ein minimaler Unterschied zwischen deutschen und niederländischen Accounts erkennen. Anteil der Tweets mit internen/externen Links pro Account Links intern Links exern 72% 75% 55% 35% 15% -5% 30% 24% 6% Deutsche Telekom (DE) 30% 22% 0 Vodafone (DE) 0 Congstar (DE) 6% 14% 0 O2 (DE) 14% 0 T-mobile (NL) 2% Vodafone (NL) 4% 6% KPN (NL) HI (NL) ABBILDUNG 30: ANTEIL DER T WEETS MIT INTERNEN UND EXTERNEN LINKS PRO ACCOUNT In Abbildung 30 ist der Anteil der Tweets, die externe und interne Links enthalten, pro Account abzulesen. Alle Accounts verwenden interne Links, aber nur vier Accounts (deutsche Telekom, Vodafone NL, KPN und Hi) verwenden auch externe Links. Bei den niederländischen Accounts fällt KPN durch besonders viele interne Links im Vergleich zu den anderen niederländischen Accounts auf. Bei den deutschen Accounts fällt O2 durch besonders wenige interne Links, im Vergleich zu den anderen deutschen Accounts auf. Bei der Analyse wurde weiterhin deutlich, dass Accounts mit unterschiedlichen Zielsetzungen auch unterschiedliche Links verwenden. Webcareaccounts bringen als Reaktion auf Kundenfragen Links in ihre Tweets ein. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Links zu Formularen, Gebrauchsanleitungen und der Seite, auf der Störungen gemeldet werden können und auf der der Status einer Störung gefunden werden kann. Hauptaccounts binden in den meisten Fällen Links in ihre Tweets ein, die der Promotion des Unternehmens und deren Produkte dienen. In Hypothese H2 wurde auf Basis der Kulturstandards von Thomas (Thomas, 2009) angenommen, dass die deutschen Unternehmensaccounts mehr interne Links verwenden. Diese Hypothese hat sich hier nicht bestätigt. Der hohe Anteil der niederländischen Tweets mit internen Links wird vor allem von dem Account von KPN beeinflusst. 41 5.3 Interaktivität In diesem Abschnitt werden die Ergebnisse hinsichtlich der Interaktivität der deutschen und niederländischen Unternehmensaccounts zusammengefasst. In der unterstehenden Grafik (Abbildung 31) ist zu sehen, wie sich das Verhältnis zwischen nicht interaktiven, reaktiven und interaktiven Tweets gestaltet. Anteil der nicht interaktiven,reaktiven und interaktven Tweets Niederlande Deutschland 69% 46% 34% 21% 18% Nicht Interaktiv Reaktiv 14% Interaktiv ABBILDUNG 31: I NTERAKTIVITÄT DER DEUTSCHEN UND N IEDERLÄNDISCHEN UNTERNEHMENSACCOUNTS In Abbildung 31 ist zu sehen, dass jeweils der größte Anteil der deutschen und der niederländischen Tweets reaktiv war. Bei den deutschen Accounts liegt dieser Anteil mit 69% allerdings bedeutend höher als bei den niederländischen (46%). Die Verteilung der Tweets über die Kategorien nicht interaktiv, reaktiv und interaktiv ist bei den niederländischen etwas Tweets ausgewogener, als bei den deutschen. Es gibt bei den niederländischen Accounts, im Vergleich zu den deutschen, zugleich mehr interaktive Tweets und mehr nicht interaktive Tweets. 42 ABBILDUNG 32: V ERTEILUNG VON NICHT INTERAKTIVEN , REAKTIVEN UND INTERAKTIVEN T WEETS PRO ACCOUNT (NIEDERLANDE ) Wie man in Abbildung 32 erkennen kann, gibt es unter den niederländischen Unternehmensaccounts auffällige Unterschiede. Die Accounts T-mobile und Vodafone weisen überhaupt keine nicht interaktiven Tweets auf. Bei einem Großteil der Tweets handelt es sich um reaktive Tweets. Bei den Accounts von KPN und Hi ist der größte Anteil der Tweets nicht interaktiv. Zudem gibt es bei diesen Accounts auch reaktive und interaktive Tweets. Diese Verteilung von nicht interaktiven, reaktiven und interaktiven Tweets wird scheinbar vom Ziel des Unternehmensaccounts bestimmt. Wie oben umschrieben nutzen T-mobile und Vodafone ihre niederländischen Twitteraccounts ausschließlich zur Beantwortung von Kundenfragen und zur Abhandlung von Beschwerden. Demnach sind diese Accounts prinzipiell interaktiver als Accounts, die auch andere Ziele verfolgen. KPN und HI haben für den Kundendienst die Accounts @KPNwebcare und @Hi_Webcare. Über die Hauptaccounts dieser Unternehmen werden auch andere Ziele (zum Beispiel Firmen und Produktpromotion) realisiert. Dies führt zu einem größeren Anteil an nicht interaktiven Tweets. 43 ABBILDUNG 33: VERTEILUNG VON NICHT INTERAKTIVEN, REAKTIVEN UND INTERAKTIVEN TWEETS PRO ACCOUNT (DEUTSCHLAND ) In Abbildung 33 ist zu sehen, dass die Verteilung von nicht interaktiven, reaktiven und interaktiven Tweets bei den deutschen Accounts, im Vergleich zu den niederländischen, etwas ausgeglichener ist. Die Deutsche Telekom nutzt dieselbe Herangehensweise wie KPN und Hi. Es gibt einen Hauptaccount, der zu Promotions- und Informationszwecken genutzt wird, und einen Webcareaccount, der sich um alle Fragen und Beschwerden kümmert. Ähnlich wie bei KPN und HI ist auch hier ein relativ hoher Anteil an nicht interaktiven Tweets zu erkennen. O2 und Vodafone kombinieren diese beiden Aufgaben in einem Twitteraccount. Congstar verwendet seinen Twitteraccount wie T-mobile (NL) und Vodafone (NL) ausschließlich zum Kundendienst. Der große Anteil an nicht ABBILDUNG 34: D IE TÄGLICHE B EGRÜßUNG UND VERABSCHIEDUNG AUF T WITTER VON CONGSTAR interaktiven Tweets bei Congstar wird von einigen retweets sowie von einer täglichen Begrüßung und Verabschiedung auf Twitter verursacht. (Siehe Abbildung 34) Eingehend auf Hypothese H3 kann man auf Basis der hier präsentierten Ergebnisse feststellen, dass niederländische Accounts einerseits mehr interaktive Tweets aufweisen als deutsche, insgesamt aber weniger interaktiv sind, da sie auch mehr nicht interaktive Tweets aufweisen als deutsche Accounts. Auf Grund der spezifischen Ergebnisse der verschiedenen Accounts liegt allerdings die Vermutung nahe, dass das Ziel, das mit einem Twitteraccount verfolgt wird, im Vergleich zu kulturbedingten Faktoren, einen viel größeren Einfluss auf die Interaktivität hat. 44 5.4 Themenauswahl In diesem Abschnitt wird auf die Themenauswahl der nicht interaktiven deutschen und niederländischen Tweets eingegangen. In der unterstehenden Grafik (Abbildung 35) wird der Anteil der Tweets mit einem marketingorientierten Thema pro Account zusammengefasst. Anteil marketingorientierter Themen pro Account 88% 95% 75% 55% 28% 35% 15% -5% 0% 0% T-mobile (NL) Vodafone (NL) KPN (NL) HI (NL) 36% Deutsche Telekom (DE) 8% 8% Vodafone (DE) Congstar (DE) 2% O2 (DE) ABBILDUNG 35: ANTEIL DER MARKETINGORIENTIERTEN THEMEN DER NICHT INTERAKTIVEN TWEETS PRO A CCOUNT Wie man in Abbildung 35 erkennen kann, gibt es große Unterschiede zwischen den verschienden Accounts. KPN erreicht mit 88% den höchsten Anteil an marketingorientierten Themen in Tweets, gefolgt von der Deutschen Telekom mit 36% und Hi mit 28% der Tweets. Vodafone DE, Congstar und O2 weisen einen recht niedrigen Anteil an marketingorientierten Tweets auf. 14% der deutschen Tweets wurden als marketingorientiert beurteilt (Firmenpromotion, Produktpromotion, Veranstaltungspromotion und Presseinformationen). Dasselbe gilt für 29% der niederländischen Tweets (Firmenpromotion, Produktpromotion, Veranstaltungspromotion, Corporate Social Responsibility und Gewinnspiel). In Hypothese H4 a) wurde angenommen, dass die deutschen Accounts mehr marketingorientierte Themen in Tweets aufweisen. Diese Annahme hat sich bei den hier präsentierten Ergebnissen nicht bestätigt. Der Anteil der marketingorientierten Tweets liegt bei den niederländischen Accounts höher. Dieses Ergebnis wird stark beeinflusst von dem Account von KPN. Dieser Account weist einen sehr hohen Anteil an marketingorientierten Themen auf. 45 Themen Niederlande 1% 1% Firmen promotion Produkt promotion 7% Veranstaltungs promotion 13% 36% Corporate Social Responsibility Feiertag 3% branchenspezifisiche Nachrichten 7% Entertainment 1% 5% Gewinnspiel Umfrage 26% Warnung vor Netzstörungen ABBILDUNG 36: T HEMENAUSWAHL DER NICHT INTERAKTIVEN TWEETS VON NIEDERLÄNDISCHEN ACCOUNTS Themen Deutschland Firmen promotion 13% Produkt promotion 8% 42% Veranstaltungs promotion branchenspezifisiche Nachrichten 8% Presseinfo 8% Begrüßung 3% 18% Verabschiedung ABBILDUNG 37: T HEMENAUSWAHL DER NICHT INTERAKTIVEN TWEETS VON DEUTSCHEN ACCOUNTS In den obenstehenden Grafiken (Abbildung 36 & 37) ist zu sehen, dass die niederländischen nicht interaktiven Tweets eine größere Themenvielfalt aufweisen. Die Accounts, die Webcare und Hauptaccount getrennt haben, enthalten die meisten nicht interaktiven Tweets und somit die meisten Tweets, die einem Thema zugeordnet werden konnten. Aufgrund dessen werden die Themen dieser Accounts in der unterstehenden Grafik (Abbildung 38) wiedergegeben. Bei den anderen Accounts war die Themenvielfalt sehr beschränkt, da es unter den 50 hier untersuchten 46 Tweets nur relativ wenige nicht interaktive Tweets gab. ABBILDUNG 38: T HEMEN DER TWEETS DER ACCOUNTS MIT DEN M EISTEN NICHT INTERAKTIVEN TWEETS Der Account von Hi kennzeichnet sich durch die größte Themenvielfalt. Die Deutsche Telekom und KPN twittern beide über fünf unterschiedliche Themen, wovon jeweils eines nicht marketingorientiert ist (branchenspezifische Nachrichten und Feiertag). Hypothese H4 b) wird durch die hier vorliegenden Ergebnisse bestätigt. Wenn man alle niederländischen und deutschen Accounts zusammengefasst betrachtet, ist die Themenvielfalt bei den niederländischen Accounts tatsächlich größer. Wenn man dagegen die Ergebnisse pro Account mit einbezieht, wird deutlich, dass die größere Themenvielfalt in den Niederlanden vor allem von dem Account von Hi verursacht wird. 5.5 Anredeformen In dieser Arbeit wurden die Anredeformen in den reaktiven und interaktiven Tweets der deutschen und niederländischen Unternehmensaccounts analysiert. In den unterstehenden Grafiken sind die 47 Ergebnisse dazu zusammengefasst. ABBILDUNG 39: ANREDEFORMEN IN DEN REAKTIVEN UND INTERAKTIVEN T WEETS DER DEUTSCHEN UND NIEDERLÄNDISCHEN U NTERNEHMENSACCOUNTS Andere Twitter-Nutzer werden von den niederländischen Unternehmensaccounts ausschließlich mit „jij“ angesprochen. 23% der deutschen Unternehmestweets sprechen andere Twitter-Nutzer ausschließlich mit „du“ an. 16 % der deutschen Tweets sprechen andere mit „Sie“ an (siehe Abbildung 39). Es fällt auf, dass andere Twitter-Nutzer von den deutschen Unternehmensaccounts seltener direkt angesprochen werden. 48 Anredeformen pro Account Du/jij 8% 0% Sie/U beide keine 6% 0% 36% 56% 58% 4% 84% 96% 92% 50% 94% 0% 0% 0% 60% 44% 42% 50% 0% 16% T-mobile (NL) Vodafone (NL) KPN (NL) 0% 4% 0% HI (NL) Deutsche Telekom (DE) 0% Vodafone (DE) Congstar (DE) O2 (DE) ABBILDUNG 40: ANREDEFORMEN PRO ACCOUNT Congstar und O2 sprechen andere durchgängig mit „du“ an. Die Deutsche Telekom spricht andere Twitter Nutzer nur sehr selten direkt an. Wenn das der Fall ist, werden sie mit „Sie“ angesprochen. Auch Vodafone (de) spricht andere Twitter Nutzer im Allgemeinen mit „Sie“ an. Es wurden allerdings auch zwei Twitter Gespräche gefunden, in denen derselbe Nutzer sowohl mit „du“ als auch mit „Sie“ angesprochen wurde. (Siehe Abbildung 41) In Hypothese H5 a) wurde aufgrund der Kulturstandards von Thomas angenommen, dass deutsche Twitteraccounts öfter formelle Anredefomen nutzen. Diese Hypothese hat sich auf der Basis der hier ABBILDUNG 41: ANREDEFORM BEI VODAFONE DE: SOWOHL DU ALS S IE vorliegenden Ergenisse bestätigt. 16 % der Konsumenten, die mit den deutschen Unternehmensaccounts kommunizieren, werden mit „Sie“ 49 angesprochen. Von den niederländischen Accounts werden alle anderen Twitter Nutzer mit „du“ angesprochen. 5.6 Höflichkeitsformeln Die Tweets der deutschen und niederländischen Unternehmen wurden hinsichtlich der genutzten Höflichkeitsformeln analysiert. Die unterstehende Grafik (Abbildung 42) fasst die Ergebnisse diesbezüglich zusammen. Anteil der Tweets mit Höflichkeitsformeln 40.00% 33.50% 35.00% 30.00% 25.00% 20.00% 16.00% 15.00% 10.00% 5.00% 0.00% Niederlande Deutschland ABBILDUNG 42: T WEETS MIT HÖFLICHKEITSFORMELN DER DEUTSCHEN UND NIEDERLÄNDISCHEN UNTERNEHMENSACCOUNTS Wie man in Abbildung 42 erkennen kann, werden in den Tweets der deutschen Unternehmensaccounts deutlich mehr Höflichkeitsformeln genutzt als in den Niederländischen. Tweets mit Höflichkeitsformeln pro Account 50% 45% 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% 48% 42% 36% 28% 18% 10% T-mobile (NL) 8% Vodafone (NL) KPN (NL) 8% HI (NL) Deutsche Telekom (DE) Vodafone (DE) Congstar (DE) O2 (DE) ABBILDUNG 43: ANTEIL DER T WEETS MIT H ÖFLICHKEITSFORMELN PRO ACCOUNT 50 Betrachtet man die Ergebnisse pro Account, dann fällt auf, dass die Deutsche Telekom/T-mobile in beiden Ländern am wenigsten Höflichkeitsformeln im Vergleich zu den anderen Accounts verwendet. Vodafone dagegen verwendet in beiden Ländern am meisten Höflichkeitsformeln. Die Deutsche Telekom fällt unter den deutschen Accounts durch besonders wenige Höflichkeitsformeln auf. Dies steht wahrscheinlich in Zusammenhang mit dem hohen Anteil an nicht interaktiven Tweets dieses Accounts. Zusammenfassend wurde Hypothese H5 a) auf der Basis der hier vorliegenden Ergebnisse bestätigt: Die deutschen Tweets enthalten tatsächlich mehr Höflichkeitsformeln als die niederländischen. 5.7 Emoticons Die Tweets der deutschen und niederländischen Unternehmensaccounts wurden hinsichtlich der Nutzung von Emoticons analysiert. In der unterstehenden Grafik (Abbildung 44) ist zu sehen, wie viel Prozent der Tweets der deutschen und niederländischen Accounts ein Emoticon enthalten. Tweets mit Emoticons 25.00% 22.50% 20.00% 15.50% 15.00% 10.00% 5.00% 0.00% Niederlande Deutschland ABBILDUNG 44: ANTEIL DER T WEETS DER DEUTSCHEN UND NIEDERLÄNDISCHEN ACCOUNTS , DIE EIN E MOTICON ENTHALTEN Deutlich mehr Tweets der deutschen Unternehmensaccounts enthalten ein Emoticon. Diese Beobachtung wiederlegt Hypothese 5 b), in der auf Grund der Kulturstandards von Thomas angenommen wurde, dass die deutschen Tweets weniger Emoticons enthalten als die niederländischen. ABBILDUNG 45: E MOTICONS ALS ZUSATZ ZU H ÖFLICHKEITSFORMELN 51 Ein Emoticon wurde in der Hypothese als ein Zeichen von Informalität gewertet. Man könnte ein Emoticon allerdings auch als einen Zusatz zu einer Höflichkeitsformel sehen, womit diese verstärkt wird. In Abbildung 45 ist ein Beispielgespräch des Accounts von O2 abgebildet. In diesem Gespräch sieht man, dass nach der Höflichkeitsformel „Tut mir leid“ ein trauriges Emoticon verwendet wird. Hiermit macht der Verfasser nochmal zusätzlich deutlich, dass es ihm/ihr wirklich leid tut. Wenn man Emoticons als Verstärker einer Höflichkeitsformel betrachtet, ist es durchaus logisch, dass diese von den deutschen Accounts öfter verwendet werden, da dasselbe für die Höflichkeitsformeln selbst gilt. Tweets mit Emoticons pro Account 45% 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% 42% 40% 40% 30% 18% 4% T-mobile (NL) Vodafone (NL) KPN (NL) HI (NL) 4% 4% Deutsche Telekom (DE) Vodafone (DE) Congstar (DE) O2 (DE) ABBILDUNG 46: ANTEIL DER T WEETS, DIE EIN EMOTICON ENTHALTEN PRO ACCOUNT Betrachtet man den Anteil der Tweets mit Emoticons pro Account (Abbildung 46), so lässt sich die oben gemachte Annahme nicht direkt bestätigen. Die Accounts von Congstar und O2 verwenden sowohl viele Höflichkeitsformeln als auch viele Emoticons. Der Account von Vodafone dagegen, verwendet sehr viele Höflichkeitsformeln aber sehr wenig Emoticons. Bei T-mobile ist das Gegenteil der Fall: Der Account verwendet wenig Höflichkeitsformeln, dafür aber viele Emoticons. Die Verwendung eines Emoticons als Verstärker einer Höflichkeitsformel müsste in zukünftigen Forschungen genauer untersucht werden. 52 6. Diskussion In diesem Kapitel werden die gefundenen Forschungsergebnisse zusammengefasst und in Zusammenhang mit den oben umschriebenen theoretischen Hintergründen gesetzt. Die Ergebnisse zu den Hypothesen werden präsentiert und es wird auf Unterschiede zwischen den Accounts mit demselben Mutterkonzern und einer ähnlichen Firmengeschichte eingegangen. Des Weiteren werden Verbesserungspunkte und Möglichkeiten zur weiteren Forschung benannt. In Hypothese H1 a) wurde angenommen, dass die niederländischen Unternehmenstweets mehr mentions enthalten als die deutschen. Nach den Kulturstandards von Alexander Thomas (Thomas, 2009) gibt es in den Niederlanden, im Gegensatz zur deutschen Gesellschaft, keine Trennung von Lebens- und Persönlichkeitsbereichen. Zudem wird den Niederländern eine Beziehungs-/ Personenorientierung zugeschrieben. Das Kennenlernen einer Person, der Aufbau und die Instandhaltung einer Beziehung stehen in den Niederlanden im Vordergrund. Aufgrund dieser Merkmale wurde angenommen, dass niederländische Unternehmen mehr Themen mit Konsumenten besprechen können und deshalb mehr und längere Gespräche über Twitter führen. Immer wenn ein Gespräch über Twitter geführt wird, wird dabei eine mention verwendet um den Empfänger der Nachricht anzuzeigen. Zusammenfassend führten diese Überlegungen zu der Hypothese, dass niederländische Unternehmen mehr mentions verwenden als deutsche. Diese Hypothese hat sich in dieser Arbeit nicht bestätigt. Es hat sich gezeigt, dass Unternehmen, die ihren Account als online Kundendienst nutzten, viel mehr mentions verwenden, als Unternehmen, die neben dem Kundendienst auch andere Ziele mit ihrem Account verfolgen. Wenn ein Account als online Kundendienst fungiert, werden viele Gespräche mit einzelnen anderen Twitter-Nutzern geführt, die sich mit Fragen und Beschwerden bei diesem Account melden. Dies führt dazu, dass sehr viele mentions verwendet werden. Die Unternehmen KPN, Hi und die deutsche Telekom verfolgen neben Kundendienst auch andere Ziele und haben diese beiden Ziele ihrer Arbeit auf Twitter auch deutlich in zwei Accounts aufgeteilt. Der Anteil der Tweets dieser Unternehmen, die einen oder mehr mentions enthalten, liegt deutlich niedriger als bei den anderen Accounts, die Twitter ganz oder großteils zum Kundendienst nutzten. Aufgrund dieser Beobachtung wird hier der Schluss gezogen, dass das Ziel, das von einem Unternehmen mit einem Twitteraccount verfolgt wird, den Anteil der Tweets, die einen oder mehr mentions enthalten, stark beeinflusst. In Hypothese H1 b) wurde angenommen, dass die Tweets deutscher Unternehmen mehr hashtags enthalten als die niederländischer Unternehmen. Nach den Kulturstandards von Alexander Thomas (Thomas, 2009) unterscheidet sich die deutsche Gesellschaft von der niederländischen hinsichtlich ihrer Regelorientierung. Struktur ist ein wichtiger Wert in Deutschland, der zur 53 Risikominimierung, Orientierung , Kontrolle und Fehlervorbeugung dient. Ein hashtag auf Twitter wird genutzt, um einen Tweet in eine bestimmte Kategorie einzuteilen, einem Thema zuzuordnen oder ein Gefühl oder eine Situation kurz und bündig zusammenzufassen. Man kann deshalb schließen, dass man über hashtags Struktur in Tweets einbringen kann. Auf der Basis dieser Überlegungen wurde angenommen, dass die deutschen Unternehmen mehr hashtags verwenden als die niederländischen. Diese Annahme hat sich hier nicht bestätigt. Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse können die Unterschiede zwischen den niederländischen und den deutschen Unternehmenstweets, bezüglich der hashtags, nicht kulturellen Unterschieden zugeschrieben werden. Es wurde festgestellt, dass Unternehmen, die ihren Account ausschließlich als online Kundendienst verwenden (T-mobile, Vodafone NL und Congstar) überhaupt keine hashtags verwenden. Die Unternehmen, die Kundendienst und andere Ziele in einem Account kombinieren (Vodafone de und O2) verwenden in einem recht niedrigen Anteil ihrer Tweets hashtags. Die restlichen Unternehmen (KPN, Hi und deutsche Telekom) haben jeweils einen Webcare- und einen Hauptaccount auf Twitter. Diese Unternehmen verwenden ein oder mehrere hashtags in einem vergleichsweise großen Anteil ihrer Tweets. Webcareaccounts führen wie oben umschrieben vor allem persönliche Gespräche mit einzelnen Twitter-Nutzern. Hauptaccounts dagegen versenden auch allgemeine Tweets, die keinen direkten Empfänger haben. Hashtags scheinen nur selten in Gesprächen mit einzelnen anderen Twitter-Nutzern verwendet zu werden, während sie in allgemeinen Tweets ohne direkten Empfänger viel öfter vorkommen. Aufgrund dieser Ergebnisse wird, wie auch bei den mentions, gefolgert, dass das Ziel eines Twitteraccounts die Verwendung von hashtags stark beeinflusst. In Hypothese H1 c) wurde angenommen, dass niederländische Unternehmen mehr retweets verwenden als deutsche Unternehmen. Nach den Kulturstandards von Alexander Thomas (Thomas, 2009) ist Konsensorientierung ein wichtiges Merkmal der niederländischen Kultur. Die Gesellschaft gilt als egalitär. Hinzu kommt eine starke Beziehungs-/Personenorientierung, bei der der Aufbau, die Pflege und die Instandhaltung von Beziehungen im Vordergrund stehen. Wenn man auf Twitter eine Nachricht retweetet, dann verbreitet man diese unter den eigenen Folgern und vergrößert somit die Reichweite des Tweets. Durch den retweet kann nun ein größeres Publikum diesen Tweet lesen. Dies ist für Unternehmen in den meisten Fällen wünschenswert, da ihre Nachricht dann eine größere Gruppe an potentiellen Kunden erreicht. Es wurde angenommen, dass die Konsens- und Personenorientierung der Niederländer dazu führt, dass Unternehmen ihren Partnern helfen ein größeres Publikum zu erreichen, indem sie deren Nachrichten retweeten. Dies würde der Beziehung mit diesen Partnern zugute kommen. Auf Basis der hier vorliegenden Ergebnisse werden retweets in beiden Ländern nur selten von Unternehmen verwendet. Der Anteil der retweets lag in Deutschland 54 allerdings höher als in den Niederlanden. Darüber hinaus gibt es in Deutschland mehr Accounts, die überhaupt retweets verwenden. Die obengenannte Hypothese wurde nicht bestätigt. Das Ziel des Twitteraccounts scheint keinen Einfluss auf die Verwendung von retweets zu haben. Wie im theoretischen Rahmen umschrieben wurde, gibt es noch viele andere Faktoren, die das Verhalten von Unternehmen und Individuen auf Twitter beeinflussen, unter anderem der Stand der Technologie in einem Land, die Haltung der Regierung gegenüber sozialen Medien (Berthon, Plangger, Shapiro, & Pitt, 2012), Aspekte der Pflege von sozialen Kontakten, Effizienz, Datenschutz, soziales Geschlecht, subjektive Normen und Wahrnehmung (Ribière, Haddad, & Vande Wiele, 2010, S. 342). Weitere Forschungen könnten ausweisen, ob einer dieser Faktoren die Verwendung von retweets beeinflusst. In Hypothese H2 wurde die Annahme gemacht, dass deutsche Unternehmen mehr interne Links verwenden als Niederländische. Nach Thomas (Thomas, 2009) sind die Deutschen sachorientiert. Man konzentriert sich auf Inhalte und Aufgaben. Die Aufgabe eines Unternehmensaccounts ist die Vermarktung der Produkte des Unternehmens und die Pflege des Unternehmensimages. (siehe Kapitel 2.2.3) Im Hinblick auf diese Aufgaben sind Links auf die eigenen Kanäle des Unternehmens wünschenswert. Auf diesen Kanälen wird das Image sorgfältig kontrolliert und der Kunde wird, zum Beispiel über einen Webshop, näher an eine Kaufentscheidung gebracht. Aufgrund dieser Überlegungen wurde in dieser Arbeit davon ausgegangen, dass deutsche Unternehmen, im Vergleich zu niederländischen Unternehmen, häufiger interne Links verwenden. Diese Hypothese hat sich aufgrund der hier vorliegende Ergebnisse nicht bestätigt. Die niederländischen Accounts verwenden mehr interne Links als die deutschen. Obwohl deutlich wurde, dass Webcare- und Hauptaccounts Links zu unterschiedlichen Webseittypen verbreiten, konnten wie oben keine Nachweise dafür gefunden werden, dass der Anteil der internen Links von der Zielsetzung eines Accounts abhängig ist. Weitere Forschungen zu diesem Thema könnten aufweisen, ob einer der obengenannten Faktoren die Verwendung von internen Links beeinflusst. Hypothese H3 besagt, dass die niederländischen Unternehmenstweets interaktiver sind als die deutschen. Nach Thomas (Thomas, 2009) sind Niederländer personen-/beziehungsorientiert und ist die niederländische Gesellschaft als eine low-context Kultur zu umschreiben. Das bedeutet, dass man unverschlüsselt und eindeutig sagt, was man denkt. Es wurde die Annahme gemacht, dass diese beiden Merkmale der niederländischen Kultur zu mehr Interaktivität auf Twitter führen. Wenn Nachrichten auf frühere Nachrichten beider Gesprächspartner eingehen und/oder mehrere Personen in ein Gespräch mit einbeziehen, werden diese als interaktiv gewertet. Es wurde angenommen, dass die spezifischen Merkmale der niederländischen Kultur solche interaktiven Gespräche besonders gut ermöglichen. Diese Hypothese konnte nicht bestätigt werden. Die niederländischen Tweets weisen zwar den höchsten Anteil an interaktiven Gesprächen auf, dasselbe gilt allerdings auch für nicht 55 interaktive Gespräche. Es fällt auf, dass deutsche Unternehmen auf Twitter vor allem reaktiv sind während die Verteilung über die Kategorien nicht interaktiv, reaktiv und interaktiv bei den niederländischen Accounts etwas ausgewogener war. Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse lässt sich nicht eindeutig feststellen, ob die gefundenen Unterschiede zwischen den deutschen und den niederländischen Accounts bezüglich der Interaktivität kulturell beeinflusst sind. In der Analyse ist deutlich geworden, dass die Interaktivität eines Accounts deutlich von der Zielsetzung des Accounts beeinflusst ist. Ein typischer Webcareaccount verhält sich auf Twitter reaktiv bis interaktiv während ein typischer Hauptaccount sich nicht interaktiv bis reaktiv verhält. In Hypothese H4 a) wurde davon ausgegangen, dass die Themen, die in deutschen nicht interaktiven Unternehmenstweets vorkommen, marketingorientierter sind als die der niederländischen Unternehmen. Diese Annahme basiert auf derselben Überlegung bezüglich der Sachorientierung der Deutschen, wie bei Hypothese H2. Da Twitter von Unternehmen als zusätzlicher Marketingkanal genutzt wird, wurde angenommen, dass die deutschen Accounts sich auch auf genau diese Aufgabe konzentrieren. Diese Hypothese wurde entkräftet. Die niederländischen Unternehmenstweets enthalten 15% mehr marketingorientierte Themen. Dieser gefundene Unterschied zwischen deutschen und niederländischen Unternehmenstweets konnte auf Basis der Kulturstandards von Thomas, nicht durch kulturelle Unterschiede begründet werden. Weitere Untersuchungen zu diesem Thema könnten Gründe für die hier gefundene Marketingorientierung der niederländischen Unternehmenstweets identifizieren. In Hypothese H4 b) wurde angenommen, dass die Themenvielfalt der nicht interaktiven Tweets bei den niederländischen Accounts größer ist. Wie schon oben besprochen wird in dieser Arbeit auf der Basis der fehlenden Trennung von Lebens- und Persönlichkeitsbereichen in den Niederlanden angenommen, dass niederländische Unternehmen mehr Themen über Twitter besprechen können als deutsche Unternehmen. Diese Annahme wurde bestätigt. Es gab in den Niederlanden tatsächlich eine größere Vielfalt an Themen. Auch fiel auf, dass die niederländischen Accounts auf lokale Geschehnisse eingehen, wie es von Berthon, Plangger, Shapiro und Pitt (2012) empfohlen wird. Die thematisierten lokalen Geschenisse, sind nationale Feiertage wie Koningsdag und Bevrijdingsdag. Da es im selben Zeitraum keine vergleichbaren lokalen Geschenisse in Deutschland gab, lassen sich die Ergebnisse hierzu leider nicht vergleichen. Eine Forschung über einen längeren Zeitraum, könnte ausweisen, ob das Thema der nationalen Feiertage ein typisch niederländisches Thema auf Twitter ist oder nicht. Hypothese H5 a) besagt, dass deutsche Unternehmenstweets mehr Höflichkeitsformeln und formale Anredeformen enthalten als niederländische. Nach Thomas (Thomas, 2009) ist Informalität ein typisches Merkmal der niederländischen Kultur, während Formalität in Deutschland ein sehr wichtiger Wert ist. Die niederländische Gesellschaft kennzeichnet sich durch flache Hierarchien und 56 informellem persönlichem Umgang aus. Das Gegenteil gilt für die deutsche Gesellschaft. Es wurde angenommen, dass dieser Unterschied zwischen den beiden Ländern sich in den Tweets der Unternehmen Anredeformen und Höflichkeitsformeln wiederspiegelt. Diese Annahme wurde durch die hier vorliegenden Ergebnisse bestätigt. Die Anredeform in den niederländischen Tweets ist durchgänig „jij“. Von den deutschen Accounts wurden andere in 23% der Tweets mit „du“ angesprochen und in 16% der Tweets mit „Sie“. Die Accounts von Congstar und O2 haben sich scheinbar für informelle Anrede mit „du“ entschieden, während die Deutsche Telekom und Vodafone DE andere mit „Sie“ ansprechen. Congstar ist die Budgetmarke der Deutschen Telekom und hat eine jüngere Zielgruppe. Dies könnte ein Grund für die informelle Anrede dieses Accounts sein. Hinzu kommt, dass Unternehmen auf Twitter möglicherweise ein jüngeres Publikum erwarten, bei dem die Konventionen der formellen Ansprache weniger festgelegt sind, als in anderen Kontexten. Es wäre interessant zu erforschen, ob diese Unternehmen ihre Kunden über andere Kommunikationskanäle auch mit „du“ ansprechen. Auch im Hinblick auf die Höflichkeitsformeln wurde Hypothese H5 a) bestätigt. Deutsche Unternehmenstweets enthalten doppelt so viele Höflichkeitsformeln im Vergleich zu den niederländischen Unternehmenstweets. Bei der Anlyse fiel auf, dass die Deutsche Telekom unter den deutschen Accounts auffällig wenige Höflichkeitsformeln verwendet. Dies wird dadurch verursacht, dass die Deutsche Telekom nur sehr selten andere Twitter-Nutzer direkt anspricht. In Hypothese H5 b) wurde angenommen, dass die niederländischen Accounts mehr Emoticons enthalten als die Deutschen. Diese Hypothese basiert auf der Annahme, dass Emoticons informell zu werten sind. Die Hypothese H5 b) wurde von den hier vorliegenden Ergbnissen entkräftet. Die deutschen Accounts verwenden mehr Emoticons als die niederländischen. Bei der Analyse fiel auf, dass Emoticons in deutschen Unternehmenstweets oft als Zusatz zu einer Höflichkeitsformel verwendet werden. Auf Basis der vorliegenden Ergebnisse konnte nicht festgestellt werden, ob der höhere Anteil der deutschen Tweets, die ein oder mehrere Emoticons enthalten, ausschlißlich von dieser Höflichkeitsstrategie beeinflusst wird. Weitere Forschung hierzu ist erforderlich. Bei der Auswahl der Unternehem in dieser Forschung wurden jeweils zwei Unternehmen (Deutsche Telekom, T-mobile, Vodafone DE &Vodafone NL) gewählt, die über einen Mutterkonzern mit einander verbunden sind sowie zwei Unternehmen die eine ähnliche Firmengeschichte aufweisen (Deutsche Telekom & KPN). Wenn man die Ergebnisse hinsichtlich dieser Merkmale betrachtet, wird deutlich, dass Unternehmen mit demselben Mutterkonzern in verschiedenen Märkten nicht eindeutig dieselbe Strategie beim Marketing über Twitter anwenden. Die Deutsche Telekom hat im deutschen Markt einen Hauptaccount und einen Webcareaccount während T-mobile in den Niederlanden nur einen 57 Webcareaccount anbietet. Auch Vodafone beschäftigt sich im niederländischen Markt ausschließlich mit Webcare, während der deutsche Account auch Firmen- und Produktpromotion betreibt. Hinsichtlich der hier untersuchen Aspekte der Tweets konnten keine eindeutigen Übereinstimmungen zwischen den Accounts mit demselben Mutterkonzern gefunden werden. Die Firmengeschichte scheint die Herangehensweise beim Marketing über Twitter dagegen deutlicher zu beeinflussen. KPN und Deutsche Telekom sind beide ehemalige Staatsfirmen, die im Laufe der Jahre privaitisiert wurden. Beide nutzen einen Haupt- und einen Webcareaccount und die Übereinstimmungen hinsichtlich der acht hier untersuchten Aspekte sind auffällig. Der Anteil der verwendeten mentions ist vergleichbar (KPN: 58%, DT:62%), der Anteil der hashtags, Höflichkeitsformeln und Emoticons stimmt genau überein (hashtags: 40%, Höflickeitsformeln: 8%, Emoticons: 4%) und beide Accounts weisen einen hohen Anteil an Tweets auf, die niemanden direkt ansprechen (KPN: 84%, DT:96%). Nach Berthon et. al. (2012) sind soziale Medien ein Produkt der Technologie, Kultur und Regierung eines Landes. Dabei ist sowohl der Stand dieser Faktoren jetzt als auch der Stand dieser Faktoren in der Vergangenheit einflussreich. (Berthon, Plangger, Shapiro, & Pitt, 2012) Möglicherweise lässt sich diese Feststellung auf die Nutzung von sozialen Medien durch Unternehmen übertragen. Nicht nur innerhalb eines Landes treten kulturelle Normen und Werte auf, dies gilt eigentlich für alle Formen von sozialen Gruppen (siehe Kapitel 2.4). Auch innerhalb von Unternehmen, Vereinen oder Freundeskreisen gibt es eine bestimmte Kultur. Wichtige Elemente einer Kultur sind ihre Bräuche und Traditionen. Innerhalb eines Unternehmens basiert die Firmenkultur oft auf der Firmengeschichte. Hinzu kommt, dass die „Regierung“ eines Unternehmens, die Führungsspitze, bei Unternehmen mit einer ähnlichen Firmengeschichte möglicherweise ähnliche strategische Entscheidungen trifft und der Stand der Technologie und Innovation in einem Unternehmen möglicherweise ebenfalls durch die ähnliche Firmengeschichte beeinflusst ist. Aufgrund der auffälligen Übereinstimmungen zwischen den Unternehmenstweets der Deutschen Telekom und KPN wird hier die Vermutung nahe gelegt, dass der Stand der Technologie in einem Unternehmen, die Unternehmenskultur (darunter die Firmengeschichte) und Entscheidungen der Führungsspitze eines Unternehemens, die Stratgie bei der Nutzung von sozialen Medien beeinflusst. Weitere Forschung könnte diese Annahme bestätigen und spezifizieren. In dieser Arbeit wurden jeweils vier deutsche und vier niederländische Unternehemensaccounts auf Twitter analysiert. Dabei wurden 50 Tweets bzw. Twitter-Gespräche gesammelt. Die Tatsache, dass die Accounts verschiedene Herangehensweisen beim Marketing über Twitter nutzen, beeinträchtigt die Vergleichbarkeit der hier präsentierten Ergebnisse. In zukünftigen Forschungen ist es empfehlenswert nur Twitter Accounts zu vergleichen, die dieselbe Herangehensweise aufweisen. Des Weiteren wird aus den Ergebnissen pro Account deutlich, dass ein einzelner Twitteraccount die Ergebnisse stark beeinflussen kann und, dass es große Unterschiede 58 zwischen den Accounts aus einem Land gibt. Eine Forschung, die eine größere Anzahl an Accounts betrachtet, könnte aufschlussreichere Ergebnisse liefern. Auch könnte eine Untersuchung, die mehr Tweets/ Twitter-Gespräche in die Analyse mit einbezieht zu spezifischeren Ergebnissen führen. Einige der hier präsentierten Ergebnisse liefern Möglichkeiten zur weiteren Forschung. Einerseits konnten die gefundenen Unterschiede zwischen den deutschen und den niederländischen Tweets hinsichtlich zwei, der hier erforschten Aspekte weder Kulturunterschieden, noch anderen hier ersichtlichen Faktoren zugeschrieben werden. Weitere Forschung bezüglich der Einflussfaktoren auf die Nutzung von retweets und internen/externen Links könnten hier mehr Deutlichkeit schaffen. Andererseits wurden in dieser Arbeit einige Annahmen gemacht, die durch weitere Forschung bestätigt werden müssten. Hierzu zählt die Annahme, dass Emoticons in Deutschland häufig als Verstärker einer Höflichkeitsformel genutzt werden und die Annahme, dass die Firmenkultur und geschichte das Verhalten eines Unternehmens auf Twitter maßgeblich beeinflusst. 59 7.Fazit In dieser Arbeit wurden Tweets deutscher und niederländischer Unternehmen auf Unterschiede untersucht, um so feststellen zu können ob und wenn ja wie, Marketing über Twitter von kulturellen Normen, Konventionen und Werten beeinflusst ist. Es wurde dabei eingegangen auf die Verwendung von mentions, hashtags, retweets, internen und externen Links, auf Interaktivität und Themenauswahl sowie die Verwendung von formellen Anredeformen, Höflichkeitsformeln und Emoticons. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass einige Kulturunterschiede zwischen Deutschland und den Niederlanden sich in den Tweets der hier untersuchten Firmenaccounts wiederspiegeln. Dabei war der einflussreichste Kulturunterschied die Formalität der Deutschen, beziehungsweise die Informalität der Niederländer. Durch einen deutlich höheren Anteil an Tweets mit formeller Anrede und Höflichkeitsformeln der deutschen Accounts, zeigt sich, dass diese Kulturunterschiede sich bei der Kommunikation über Twitter durchsetzen. Auch die fehlende Trennung von Lebens- und Persönlichkeitsbereichen in den Niederlanden ist an den Tweets der niederländischen Unternehmen abzulesen. Durch dieses Merkmal der niederländischen Kultur entsteht mehr Themenvielfalt bei den niederländischen Unternehmenstweets. Ein wichtiger Einflussfaktor scheint außerdem die Zielsetzung eines Unternehmensaccounts zu sein. Manche Unternehmen setzten Twitter ausschließlich zum Kundendienst ein, während andere auch Firmen- und Produktpromotion über ihren Account betreiben. Die Verwendung von mentions und hashtags sowie die Interaktivität eines Accounts scheinen maßgeblich durch die Zielsetzung beeinflusst zu werden. Ein typischer Webcareaccount verwendet viele mentions, keine hashtags und ist ziemlich interaktiv. Ein typischer Promotionsaccount dagegen verwendet wenige mentions, viele hashtags und ist größtenteils nicht interaktiv. Abschließend wird durch die hier vorliegenden Ergebnisse die Vermutung nahe gelegt, dass die Firmenkultur und –geschichte weitere wichtige Einflussfaktoren auf die Tweets von Unternehmen sein könnten. Die Ergebnisse der beiden ehemaligen Staatsunternehmen KPN und deutsche Telekom stimmen in auffälligem Maße überein. 60 8. Literaturverzeichnis Berg, A. (2013). Pressekonferenz- Nutzung sozialer Netzwerke in Deutschland. Berlin: BITKOM. 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