1/6 Wasser aus der Sicht der Chemie Die pH-Skala Experimente Die Untersuchung des Säuregrades (pH-Wert) von alltäglichen Lösungen kann sehr einfach mit einem natürlichen pH-Indikator gemacht werden. In den anderen zwei Experimenten wird mit pH-Indikatoren gezaubert: 1. Auf folgender Webseite, das Video zum Versuch „Herstellung und Anwendung eines natürlichen pH-Indikators“: 2. Auf folgender Webseite, das Video zum Versuch “Magischer Farbwechsel mit Trockeneis“: 3. Auf folgender Webseite, das Video zum Versuch „Magischer Farbwechsel mit pHIndikatoren“: 1 Herstellung und Anwendung eines natürlichen pH-Indikators Auch wenn fast alle benutzten pH-indikatoren künstlich sind, gibt es einige natürliche wie Blaubeersaft oder Schwarztee die man leicht benutzen kann. 1 Am bekanntesten ist sicher Rotkohlsaft. Die Herstellung ist sehr einfach (Abb. 4-9). Abb. 4-1. Herstellung von Rotkohlsaft-Indikator: Rotkohl schneiden (links); Mit Wasser Kochen und danach filtrieren (Mitte); Rotkohlsaft in eine Tropfflasche umfüllen oder zur späteren Verwendung in kleinen Portionen einfrieren (rechts). 1 Siehe weiter im Text Beispiel von Schwarztee (4.4.2) E-Dossier Wasser: Wasser aus der Sicht der Chemie PHBern 2012, www.phbern.ch 2/6 In einer Pfanne werden ein halber Liter Wasser und ein halber Rotkohl, welcher in grobe Streifen geschnitten wurde, für ca. 5 Minuten zum Kochen gebracht. Bedeckt abkühlen lassen und wenn die Mischung die Raumtemperatur erreicht hat, wird sie am einfachsten mit einem Kaffeefilter filtriert. Der dunkelviolette Saft, also der pH-Indikator ist schon bereit! Es ist möglich, den Saft zur späteren Verwendung einzufrieren. Tipp: Den Saft am liebsten in kleinen Portionen (ca. 5-10 ml) einfrieren; somit kann bei jeder späteren Benutzung nur die nötige Menge aufgetaut werden. Damit die Bestimmung des pH-Wertes von unterschiedlichen Milieus mit dem Rotkohlsaft machbar ist, benötigen wir Standardlösungen, d.h. Rotkohlsaftlösungen bekannten pH-Wertes, mit denen wir die Farbe der untersuchten Probe vergleichen können. Also eine Farbskala ähnlich wie jene der pHStreifen. Im Internet sind viele vorhanden, die erstaunlicherweise grosse Unterschiede aufweisen. Je nach Quelle entspricht eine angegebene Farbe ganz unterschiedlichen pH-Werten. Eine mögliche Erklärung ist, dass der pH-Wert der Standardlösungen vor der Zugabe des Rotkohlsaftes gemessen wurde. Als danach der Rotkohlsaft addiert wurde, hat er selber eine pH-Änderung der Standardlösungen provoziert. Während der Extraktion wurden noch weitere Substanzen aus dem Rotkohl gelöst, welche den pH-Wert beeinflussen können. Damit der pH-Wert der Standardlösungen stimmt, muss dieser Wert nach Zugabe des Rotkohlsaftes gemessen und eventuell noch berichtigt werden. Eine so hergestellte Reihe von Standardlösungen ergibt folgende Farben (Abb. 4-10). Abb. 4-2. Die pH-Farbskala von Rotkohlsaft. Dass der Rotkohlsaft-Indikator selber den pH-Wert beeinflussen kann, muss bei der Untersuchung von unterschiedlichen Milieus berücksichtigt werden. Indem nur so wenig Rotkohlsaft wie nötig gebraucht wird, kann der pH-Wert der jeweiligen Flüssigkeit ziemlich genau bestimmt werden (4-11). Zitronensaft Essig Trinkwasser Soda* Vollwaschmittel Bretzellauge Abb. 4-3. Bilder von unterschiedlichen Milieus, deren pH-Wert mit dem Rotkohlsaft-Indikator untersucht wird. (* Soda = Natriumcarbonat) Bemerkungen: Der Farbumschlag des Indikators verläuft langsamer im basischen Bereich: Nach Zugabe von Rotkohlsaft etwa zwei Minuten warten. Wenn Oxidationsmittel in der zu untersuchenden Lösung (Javelwasser, Vollwaschmittel usw.) enthalten sind, können sie den Indikator zerstören und somit die Messung verfälschen. Erklärungen zum Versuch: Chemisch gesehen ist der Rotkohlsaft-Indikator ein Anthocyan oder genauer eine Mischung von Anthocyanen. Einige hunderte unterschiedliche Anthocyane, die sich alle aus einer gemeinsamen Struktur ableiten, sind bekannt: E-Dossier Wasser: Wasser aus der Sicht der Chemie PHBern 2012, www.phbern.ch 3/6 R2 R3 R1 R4 O R5 R6 Die Farbe vieler Früchte und Gemüse wie Kirsche, Blaubeere, Erdbeere, roter Apfel, Aubergine, usw. ist auf die Anwesenheit von Anthocyanen zurückzuführen. Im Rotkohl sind hauptsächlich Cyanidinderivate folgender Struktur enthalten: OR1 OR2 HO O OH OH Cyanidin-3-O-Glycosid-5-O-Glycosid (R1, R2 = Zuckereinheit) In Abhängigkeit des pH-Wertes erscheint der Rotkohlsaft-Indikator in einer von mehreren möglichen komplexen Strukturen (mind. fünf sind bekannt), die je eine andere Farbe besitzt. 2 Dies erklärt, warum mit diesem Indikator fast die gesamte pH-Skala abgedeckt werden kann. Anthocyane sind wichtige Biomoleküle, welche in Pflanzen eine Schutzfunktion gegen UV-Licht und freie Radikale (beide sind krebserregend) erfüllen. Auch in unserer Gesundheit zeigen sie interessante Wirkungen, die noch nicht bis ins Detail erforscht sind. Anthocyane sind als Lebensmittelfarbstoff zugelassen und tragen die Nummer E 163. 2 http://www.demochem.de/p26_anth.htm (besucht am 20.01.2012) E-Dossier Wasser: Wasser aus der Sicht der Chemie PHBern 2012, www.phbern.ch 4/6 2 Magischer Farbwechsel mit Trockeneis Chemikalien (Menge): NaOH (16 g) Trockeneis (~ 2 g) Dest. Wasser (~ 50 ml) Bromthymolblau-Lösung (0,1 ml) oder Bromthymolblau (0,1 g) 3 Ethanol (~ 100 ml)8 Materialien (Menge): 100 ml Becherglas (1) 50 ml Plastikflasche mit Deckel (1) 100 ml Glasflasche8 (1) Glasstab (1) Pasteurpipette mit Nuggi (2) Vorbereitung: (Mit Schutzbrille und Schutzmantel arbeiten) 32-prozentige NaOH-Lösung: In einer 50 ml Plastikflasche werden 16 g NaOH abgewogen und danach mit 34 ml dest. Wasser gelöst. Achtung! Der Vorgang ist stark exotherm: Die Plastikflasche in einem kalten Wasserbad kühlen. Bromthymolblau-Lösung (falls nicht vorhanden): In einer 100 ml Glasflasche werden 0,1 g Bromthymolblau abgewogen und mit 100 ml Ethanol gelöst. Glasflasche dicht verschliessen und gut mischen. Durchführung: Ca. 50 ml dest. Wasser werden in ein 100 ml Becherglas gegeben. Nach Zugabe einiger Tropfen (6-8) der Bromthymolblau-Lösung werden noch einige Tropfen (6-8) der 32-prozentige NaOH-Lösung zugegeben. Gut vermischen und danach ein kleines Stück Trockeneis hinzugeben. Erklärungen zum Versuch: Zu Beginn der Durchführung wird eine stark verdünnte Lösung des pHIndikators Bromthymolblau mit einigen Tropfen Natronlauge basisch gemacht, was einen Farbumschlag des Indikators zu blau bewirkt (Siehe Tabelle 4-3). Trockeneis (festes Kohlendioxid CO 2) besitzt bei Normaldruck keinen flüssigen Zustand. Bei einer Temperatur von -78°C geht Trockeneis direkt in die Gasphase über. Diese Zustandsänderung wird als Sublimation bezeichnet. Dies erklärt die kräftige Bildung von Gasblasen in der Flüssigkeit, sobald das Trockeneis in die Lösung (Raumtempe ratur) gegeben wird. Dies erklärt auch die Bildung des Nebels über der Lösung, welcher durch die Kondensierung der Feuchtigkeit in der abgekühlten Umgebung entsteht. Der Farbumschlag des Indikators von blau zu gelb resultiert aus der Abnahme des pH-Wertes der Lösung (von basisch zu sauer). Ein Teil des gasförmigen Kohlendioxids löst sich im Wasser und bildet Kohlensäure, welche sich teilweise dissoziiert: CO2 (g) + H2O ⇄ H2CO3 (aq) ⇄ HCO3- + H+ Die Säure wird solange von der Natronlauge neutralisiert, bis die Base vollständig verbraucht ist. Danach nimmt die H3O+-Konzentration schnell zu, was den pH-Wert vermindert und den Farbumschlag bewirkt. Es ist also möglich, mit der am Beginn zugegebenen Menge Natronlauge die Zeit bis zum Farbumschlag zu kontrollieren. 3 Nur wenn keine Bromthymolblau-Lösung vorhanden ist E-Dossier Wasser: Wasser aus der Sicht der Chemie PHBern 2012, www.phbern.ch 5/6 3 Magischer Farbwechsel mit pH-Indikatoren Chemikalien (Menge): Konz. HCl 32% (5 ml) NaOH (0,4 g) Thymolphthalein (50 mg) Phenolphthalein (50 mg) Materialien (Menge): 5 ml Pillenglas (6) 500 ml Glasflasche (1) 1 L Glasflasche (1) 1 L Plastikflasche mit Deckel (1) Pelleusball (1) 5 ml Messpipette (1) 25 ml Messzylinder (1) 2 ml Messpipette (2) 3-Nitrophenol (100 mg) Ethanol (20 ml) Dest. Wasser (~ 3 L) 1 ml Messpipette (3) 2 L Becherglas (1) oder irgend ein anderes durchsichtiges Glasgefäss, das mindestens gleichviel fasst 3 dl Trinkgläser (6) 1 L Wasserkrug (2 gleiche) Pasteurpipette mit Nuggi (6) Vorbereitung: (Mit Schutzbrille und Schutzmantel arbeiten) 0,1 M HCl-Lösung: 5 ml konz. HCl (32%, ~ 10 M) werden pipettiert (oder mit einem kleinen Messzylinder gemessen), in eine 500 ml Glasflasche gegeben und mit dest. Wasser auf 500 ml verdünnt. 0,0025 M HCl-Lösung: Mit einem Messzylinder werden 25 ml der 0,1 M HCl-Lösung abgemessen, in eine 1 L Glasflasche gegeben und mit dest. Wasser auf 1 Liter verdünnt. 0,01 M NaOH-Lösung: In einer 1 L Plastikflasche werden 0,4 g NaOH gewogen und danach mit 1 L dest. Wasser gelöst. Thymolphthalein-Lösung (für die blaue Farbe): In einem 5 ml Pillenglas werden 100 mg Thymolphthalein gewogen und mit 2 ml Ethanol gelöst. Wenn die Substanz vollständig aufgelöst ist, wird noch 1 ml dest. Wasser zugegeben. Pillenglas dicht verschliessen und gut schütteln. Phenolphthalein-Lösung (für die rosa Farbe): In einem 5 ml Pillenglas werden 100 mg Phenolphthalein gewogen und mit 2 ml Ethanol gelöst. Wenn die Substanz vollständig aufgelöst ist, wird noch 1 ml dest. Wasser zugegeben. Pillenglas dicht verschliessen und gut schütteln. 3-Nitrophenol-Lösung (für die gelbe Farbe): In einem 5 ml Pillenglas werden 450 mg 3-Nitrophenol gewogen und mit 3 ml Ethanol gelöst. Wenn die Substanz vollständig aufgelöst ist, wird noch 1 ,5 ml dest. Wasser zugegeben. Pillenglas dicht verschliessen und gut schütteln. Thymolphthalein/Phenolphthalein-Lösung (für die violette Farbe): In ein 5 ml Pillenglas werden 0,4 ml der Thymolphthalein-Lösung und 1 ml der Phenolphthalein-Lösung pipettiert. Pillenglas dicht verschliessen und gut mischen. Thymolphthalein/3-Nitrophenol-Lösung (für die grüne Farbe): In ein 5 ml Pillenglas werden 0,1 ml der Thymolphthalein-Lösung und 1,5 ml der 3-Nitrophenol-Lösung pipettiert. Pillenglas dicht verschliessen und gut mischen. Phenolphthalein/3-Nitrophenol-Lösung (für die rote Farbe): In ein 5 ml Pillenglas werden 0,2 ml der Phenolphthalein-Lösung und 1 ml der 3-Nitrophenol-Lösung pipettiert. Pillenglas dicht verschliessen und gut mischen. Kurz vor der Durchführung: Auf dem Boden der sechs Trinkgläser werden die folgenden Mengen der Indikator-Lösungen mit einer Pasteurpipette deponiert: Blau Violett Rot Gelb Grün Rosa 8 Tropfen 5 Tropfen 15 Tropfen 30 Tropfen 20 Tropfen 10 Tropfen WICHTIG! Aus einem Abstand von 1-2 m darf man die Indikatorlösungen in den Gläsern nicht sehen. Falls die Gläser trüb werden (durch Verdampfung des Ethanols), können einige Tropfen Ethanol zugegeben werden. Die 0,0025 M HCl-Lösung wird in einen 1 L Wasserkrug umgegossen. Die 0,01 M NaOH-Lösung wird in einen 1 L Wasserkrug umgegossen. WICHTIG! Man muss die zwei Wasserkrüge identifizieren können (z.B. mit einer leichten Markierung). Etwa 200 ml der 0,1 M HCl-Lösung werden in das 2 L Becherglas umgegossen. E-Dossier Wasser: Wasser aus der Sicht der Chemie PHBern 2012, www.phbern.ch 6/6 Durchführung: 1. Auf dem Tisch werden die sechs Trinkgläser nebeneinander gestellt, daneben noch das 2 L Becherglas. WICHTIG! Man muss genau wissen, welche Farbe in welchem Glas enthalten ist! 2. Es wird dem Publikum angeboten, etwas Erfrischendes zu trinken, am einfachsten Wasser. Dafür wird in jedes Glas etwa 1 dl (ca. ein Drittel des Glasvolumens) der 0,0025 M HCl-Lösung gegeben. In jedem Glas ist die Flüssigkeit farblos. 3. Höchstwahrscheinlich gibt es Personen, die etwas mit mehr Geschmack trinken möch ten. Es scheint aber, dass auf dem Tisch nur Wasser zur Verfügung steht. 4. Beim ersten Glas fragen, ob jemand zum Beispiel gerne Ananassirup trinken möchte, wenn die Farbe Gelb im Glas enthalten ist. Dann gibt man etwa 1 dl (das Glas soll zu etwa 2/3 voll sein) der 0,01 M NaOH-Lösung zu, und die Flüssigkeit wird tatsächlich gelb! 5. Für jedes weitere Glas wird es gleich durchgeführt: eine Getränk, welches mit der im Glas enthaltenen Farbe stimmt, erwähnen und NaOH-Lösung zugeben. 6. Wenn jedes Glas eine unterschiedliche Farbe angenommen hat, sagt man dem Publikum, dass normales Trinkwasser doch gesunder wäre. In jede Hand nimmt man ein Glas und danach werden die zwei Gläser gleichzeitig in das 2 L Becherglas geleert. Die Inhalte werden innert Sekunden wieder farblos. Die zwei nächsten, sowie die zwei letzten Gläser werden gleich geleert. Jetzt ist alles wieder farblos. Entsorgung: Alle Lösungen werden einfach im Ausguss weggespült. Erklärungen zum Versuch: Alle gebrauchten pH-Indikatoren sind farblos in sauren Lösungen. Deswegen bleibt jedes Glas farblos beim Umgiessen der verdünnten HCl-Lösung. Die 0,01 M Natronlauge ist viermal konzentrierter als die HCl-Lösung (0,0025 M). Die Zugabe eines ähnlichen Volumens Natronlauge bewirkt also nicht nur die Neutralisation der Säure, sondern auch eine Erhöhung des pHWertes bis zum basischen Bereich. Je nach Indikator und Mischungen der Indikatoren, nimmt jede Flüssigkeit eine andere Farbe an. Beim Ausleeren aller Gläser in das grosse Becherglas, welches ein kleines Volumen von konzentrierter Salzsäure enthält, werden alle Lösungen erneut sauer und die Gesamtmischung farblos. E-Dossier Wasser: Wasser aus der Sicht der Chemie PHBern 2012, www.phbern.ch