Wahrnehmung

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Wahrnehmung
Bei der Wahrnehmung kommt es in einem ersten Schritt zur Aufnahme eines Reizes durch
die Rezeptoren der Sinnesorgane. Diese Empfindung wird über das Nervensystem ins Gehirn
geleitet und dort verarbeitet. Unter dem inneren Einfluss von Gedächtnisinhalten
(Erfahrung) Stimmungen, Gefühlen (Emotion) und Überlegungen, Erwartungen bzw.
Einstellungen (Kognition), entsteht dann im Gehirn ein aktiv konstruiertes Bild der Welt.
Wahrnehmung = Reizaufnahme und –verarbeitung = Empfindung plus Erfahrung
Die menschliche Wahrnehmung funktioniert also nicht wie die Optik einer Kamera. Sie ist durch die
Sinnesorgane beschränkt. Durch die Manipulation der Informationen im Gehirn wird der
Objektivitätsanspruch
menschlicher
Wahrnehmung
weiter
in
Frage
gestellt.
Der Wahrnehmende hat das Ziel, Informationen zu gewinnen und sich in seiner Umwelt möglichst
erfolgreich zu verhalten. Um von der Vielzahl der auf uns einstürzenden Informationen nicht überfordert
zu werden, greift das Gehirn zum Mittel der Selektion bzw. Filterung.
Reizschwellen
Viele verschiedenartige Reize treffen auf unsere Rezeptoren. Trotzdem nehmen wir nur einen kleinen
Ausschnitt der gesamten äußeren Wirklichkeit mit unseren Sinnen wahr.
Qualitätsschwelle (absolute Schwelle)
Jeder Reiz muss eine bestimmte Qualität haben, um vom Menschen wahrgenommen werden zu
können:
Auge: elektromagnetische Wellen zwischen 380 - 760 Nanometer (nm=1 Milliardstel Meter)
Ohr: Schallwellen einer Frequenz zwischen 16 Hz - 20000 Hz (Hertz: Schwingungen pro sec)
Die Hörschwellen
verschiedener
Lebewesen
Intensitätsschwelle
Ein Reiz muss auch eine bestimmte Internsität/Stärke aufweisen, damit wir ihn wahrnehmen können.
Beispiel: Ein Ton muss nicht nur in der organadäquaten Frequenz, sondern auch mit entsprechender
Lautstärke an unser Ohr dringen, um von uns wahrgenommen werden zu können.
Unterschiedsschwelle
Damit ein Unterschied zwischen zwei Reizen wahrgenommen werden kann, muss dieser eine bestimmte
Größe erreichen. Die Unterschiedsschwelle ist je nach Sinnesgebiet unterschiedlich groß, aber innerhalb
des Sinnesgebietes relativ konstant.
Sie wird in Prozent zum Ausgangsreiz angegeben:
ca. 25% bei Geschmack
ca. 9% bei Lautstärke
ca. 0,3% bei Tonhöhe
Beispiel: Wir hören ein Geräusch mit 30 Dezibel. Wir können ein Folgegeräusch also nur als
unterschiedlich laut zum vorherigen erkennen, wenn es mindestens 33 Dezibel laut ist.
Die Struktur der Wahrnehmung
Raum, Zeit und Gestalt strukturieren die Wahrnehmung.
Die Raumwahrnehmung
Die Gegenstände bzw. Objekte, die wir wahrnehmen, befinden sich in einem Raum. Grundlage des
Raumerlebens ist das Tiefensehen: Unsere Augen sehen die Welt aus leicht unterschiedlichen
Positionen (Abstand zwischen den Augen ca. 7 cm). Außerdem können wir durch die Augenbewegung
den Blickwinkel stark verändern (Konvergenz der Augen!). Schatten, Perspektive und Struktur der
Elemente komplettieren die optische Tiefenwahrnehmung.
Die Zeitwahrnehmung
Man kann grundsätzlich die objektiv messbare Zeit von der subjektiv empfundenen Zeit unterscheiden.
Die Psychologie interessiert sich vor allem für die subjektiv wahrgenommene bzw. erlebte Zeit.
Wesentliche Elemente beim Zeiterleben sind:
Biologische Rhythmen (Anpassung des Organismus an regelmäßig wechselnde Umweltbedingungen,
z. B.: Tag-Nacht- Rhythmus)
Moment: Mensch 1/16 sec, Schnecke ¼ sec, Hai 1/40 sec. Jene Zeitspanne, die es Lebewesen
ermöglicht, einlaufende Informationen als voneinander getrennte Datenpakete zu erleben.
Beispiel: Wird ein Mensch öfter als 16 – 18 mal pro Sekunde an einer Stelle berührt, so erlebt er eine
durchgehende Berührung.
Präsenzzeit: gerade erlebte Gegenwart, zwischen 4 und 20 sek; jene Zeitspanne, die wir unmittelbar
erleben und ohne Anstrengung erinnern können.
Motivation und Emotion: Die Befindlichkeit bestimmt das Zeiterleben mit.
Alter und persönliche Einstellung: z. B. zur eigenen Vergänglichkeit.
Die Gestaltwahrnehmung
Die Welt (Innen- und Außenwelt) wird nicht als eine Summe isolierter Elemente wahrgenommen,
sondern in geordneten Ganzheiten, Gestalten, Bildern.
Gestaltgesetze:
Gesetz der Prägnanz
Das Gesetz beschreibt, dass wir unter gleichen Objekten jenes Objekt erfassen, dass sich von der Gruppe
durch ein bestimmtes Merkmal abhebt.
Gesetz der Ähnlichkeit
Beschreibt, dass ähnliche Elemente als zusammengehörige erfasst werden.
Nach Farbe: Im ersten Beispiel empfinden wir die roten Kreise als zusammengehörige. Dabei kann auch
die Helligkeit die Farbe beeinflussen und so als Unterscheidungsmerkmal fungieren.
Nach Größe: Das zweite Beispiel zeigt Kreise in unterschiedlichen Formen. Die größeren Kreise stechen
aus der Gruppe hervor und wir nehmen diese als zusammengehörig wahr.
Nach Orientierung: Die folgenden Vierecke sind in Form und Farbe identisch. Sie unterscheiden sich nur
durch die Orientierung im Raum. Dennoch fassen wir die Vierecke 2, 4 und 5 als zusammengehörig auf.
Nach Form: Das wohl einfachste Beispiel bildet die Einordnung nach der Form. Wir fassen Objekte nach
dem äußeren Erscheinungsbild auf und ordnen diese zueinander zu.
Gesetz der Nähe
Elemente die einen geringen Abständen zueinander haben werden eher als zusammengehörig
wahrgenommen, als Objekte die weiter voneinander entfernt sind
Gesetz der Geschlossenheit
Wir haben gelernt einzelne Elemente, die ähnliche Merkmale aufweisen, in einem größeren
Zusammenhang zu sehen und so die einzelnen Elemente zu Mustern, Formen oder Gruppen
zusammenzufassen. Dieser "Sinn" ist bei uns so stark ausgeprägt, dass wir sogar einzelne Elemente
gedanklich zu einem Kreis zusammen, wenn Elemente fehlen, wie im letzten Kreis.
Verwendung findet dieses Gesetz im bewussten Weglassen von Elementen um zum Beispiel
Spannungen hervorzurufen und so eine Grafik interessanter wirken zu lassen. Dieses Stilmittel findet
besonders im Logodesign Anwendung.
Gesetz des gemeinsamen Schicksals
Das Prinzip des "gemeinsamen Schicksals" beschreibt die menschliche Auffassung dafür, dass wir
Elemente die sich mit ähnlicher Geschwindigkeit in eine ähnliche Richtung bewegen, als
zusammengehörend wahrnehmen. Das Prinzip wird auch als "Gesetz der gemeinsamen Bewegung"
bezeichnet
Gesetz der fortgesetzt durchgehenden Linie
Wir gehen stets davon aus, dass Linien einem uns bekannten Weg folgen. Dies ist meist der einfachste
Weg. In unserem Beispiel gehen wir dem Gesetz nach davon aus, dass die Punkte 1 und 4 über eine Linie
verbunden sind und die Punkte 2 und 3. Dass jedoch auch die Punkte 1 und 3 miteinander über eine
Linie verbunden sein könnten, halten wir eher für unwahrscheinlich.
Gesetz der Symmetrie
Objekte die im Raum eine symmetrische Form bilden, werden vom Betrachter besser wahrgenommen.
Im Gegenzug treten Elemente die ohne Struktur zueinander im Raum vorhanden sind eher in den
Hintergrund. Grund dafür ist, dass das menschliche Auge probiert, stets Formen zu erkennen.
Dies kann man sich dies auch effektiv für die Gestaltung zu Nutzen machen. Sollen bestimmte Produkte
auf einem Prospekt besonders hervorgehoben werden, so macht es also Sinn diese Produkte
symmetrisch zueinander anzuordnen.
Die symmetrischen Produktboxen werden von uns deutlich schneller erfasst und wahrgenommen. Bei
den unsymmetrisch angeordneten Boxen fällt es uns schwer einen Punkt zu finden, auf den sich das
Auge konzentrieren kann, da kein Muster der Aufteilung erkannt wird.
Gesetz der Erfahrung
Unser Wahrnehmungsvermögen probiert ständig, bei der Betrachtung von Objekten bereits bekannte
Zusammenhänge und Bilder abzurufen und zuzugreifen. Auf diesem Weg vervollständigt unser Gehirn
fehlende Bilderteile oder sorgt dafür, dass wir angedeutete Bilder erschließen können.
Innere Einflüsse auf die Wahrnehmung
Dabei spielt die jeweils subjektive Lebenserfahrung eine wesentliche Rolle.
Erfahrung und Erinnerung
Unsere Wahrnehmung wird von Lernprozessen stark beeinflusst. Jeder setzt auf Grund seiner
Erfahrungen und Erinnerungen unterschiedliche Schwerpunkte. Daraus ergeben sich individuelle und
kulturelle Unterschiede auch beim Wahrnehmen.
Unterschiedliche Gewohnheiten ergeben ein individuelles Adaptionsniveau: Dies ist ein subjektiver
Beurteilungsmaßstab zur Einschätzung eines Reizes (z. B. unterschiedliche Einschätzung von
Gewichten, je nach Gewöhnung, z. B. Student, Bauarbeiter.
Einstellungen
Kurzfristige Einstellungen: z. B. Tasse halbvoll bzw. halbleer?
Langfristige Einstellungen: z. B. Stereotype (Meinungen und Überzeugungen über Gruppen) sowie
Vorurteile (negative Stereotype).
Erwartungen:
Erwartungen werden häufig aus persönlichen Erfahrungen abgeleitet. Diese beeinflussen nicht nur die
Emotionen und die Motivation von Menschen, sondern vorerst die aktuellen Wahrnehmungen.
Erwartungseffekt = "self-fulfilling-prophecy"(SFP):Die Erwartung einer Person bezüglich der Leistung
einer anderen Person bewirkt oft das Erwartete, gerade in Erziehungssituationen!
Wahrnehmungstäuschungen
Entgegen einer verbreiteten Ansicht treten Wahrnehmungstäuschungen bei allen Menschen auf,
unabhängig von Eigenschaften wie Leichtgläubigkeit oder Intelligenz. Es können alle Sinne betroffen
sein.
Wahrnehmungstäuschungen lassen sich grundsätzlich nicht ausschalten. Sie entstehen in Situationen,
in denen bewährte Methoden der Informationsverarbeitung im Gehirn falsch eingesetzt werden. Auf
Grundlage von Informationen der Sinnesorgane konstruiert das Gehirn Hypothesen über die
Außenwelt. Dabei folgt es Leitlinien, von denen sich einige evolutionär, andere im Verlauf der
individuellen Entwicklung bewährt haben.
Ein Beispiel: Wenn regelmäßige oder vertraute Gestalten nur teilweise zu sehen sind, ergänzt das
Gehirn die fehlenden Elemente. Dieser Mechanismus ermöglicht eine schnelle Reaktion. Beispielsweise
wird ein gefährlicher Beutegreifer bereits erkannt, ehe er vollständig zu sehen ist.
In bestimmten Sonderfällen jedoch greifen diese Leitlinien nicht. Die Hypothesen des Gehirns sind
falsch, es entsteht eine Wahrnehmungstäuschung.
Sind die Linien parallel? Der Effekt, dass
ein Muster im Auge einen "schrägen
Eindruck" erzeugt, ist auch im
folgenden Bild gut zu erkennen. Hier
wird das (eigentlich) regelmäßige
Schachbrettmuster durch kleine
Kontraste in den Ecken verwackelt.
Ähnlich einfach, aber doch anders
funktioniert die folgende Täuschung.
Durch die Perspektive ergibt sich ein
Bildraum. Aus Erfahrung wissen wir,
dass Dinge, die weiter hinten sind,
optisch kleiner sind. Die drei Zylinder
haben eigentlich die identische Größe,
aber durch die perspektivischen Linien
sieht es so aus, als wäre der rechte
Zylinder größer als der linke.
Alte oder junge Frau? Eigentlich keine
echte optische Täuschung sind die
"Doppelbilder", also Bilder, in denen
man zwei Motive erkennen kann
(zumindest theoretisch). Am
bekanntesten ist hier sicherlich "die
alte und die junge Frau".
Fixiere eine Zeit lang einen der Kreise …
Fixiere den blauen Punkt und bewege deinen Kopf zum Bild und wieder weg…
Betrachte ca. 30 Sekunden die vier vertikalen Punkte in der Mitte des Bildes. Schaue anschließend auf
eine helle Fläche: nach kurzer Zeit siehst du das sogenannte negative Nachbild, die Komplementärfarbe. Man sieht deshalb den "Jesus".
Man sieht ständig schwarze Punkte, nur wenn man einen genauer anschauen möchte, ist er schon weg.
Eines der vielen „Kunstbilder“:
Die Zwischenräume zwischen den Buchstaben werden betont. Man betrachtet beim Lesen aber
üblicherweise nicht die Zwischenräume, sondern die (meist schwarzen) Buchstaben. Man muss aktiv
umdenken, oder einfach ein wenig zurücktreten und/oder die Augen zusammenkneifen...
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