Winterdepression – alles nur Einbildung oder was steckt dahinter? Die Tage werden kürzer, das Licht spärlicher. Fühlen Sie sich müde? Fällt Ihnen jede Aktivität schwer? Die jahreszeitlichen Schwankungen beeinflussen stark das Verhalten des Menschen. Wir schlafen im Winter länger, sind tagsüber mehr müde, viele unserer Körperfunktionen arbeiten reduziert. Unser Körper passt sich der Jahreszeit an. Doch unser heutiger Lebensstil erlaubt uns keine Winterpause. Was steckt hinter dieser Müdigkeit? Können wir mit Ernährung die Symptome lindern? Das Glückshormon Serotonin – lässt sich seine Aufnahme beeinflussen? Menschen, die an Depressionen leiden haben einen tieferen Serotoninspiegel. Besonders im Winter ist der Serotoninspiegel im Blut niedriger, denn der Steuerungsmechanismus von Serotonin hängt von der Intensität des Lichtes und der Dauer der Tagesstunden ab. Einige Nahrungsmittel wie beispielsweise Baumnüsse enthalten viel Serotonin. Auch Ananas, Bananen, Kiwis, Pflaumen, Tomaten, Kakao (Schokolade!) enthalten reichlich Serotonin. Leider nützt es uns nichts, wenn wir grosse Mengen dieser Nahrungsmittel essen, da Serotonin aus Lebensmitteln nicht die Blut-Hirnschranke passieren kann. Unser Körper braucht stattdessen den Vorläufer Tryptophan. Dieses finden wir reichlich in Hülsenfrüchten, Cashewnüssen, Kerne, Weizenkeime, ungesüsstem Kakao, und Milchprodukten vor. Damit das Tryptophan allerdings in ausreichender Menge in unser Gehirn gelangt, benötigt unser Körper zusätzlich genügend Kohlenhydrate und Fette. Fett trennt Tryptophan von seinem Eiweisspartner. So steht mehr freies Tryptophan zur Verfügung, das im Gehirn schliesslich in Serotonin umgewandelt werden kann. Nicht ohne Grund haben wir gerade im Winter ein verstärktes Bedürfnis nach Schokolade und Deftigem und weniger auf einen leichten Salat. Dank Kohlenhydraten und Omega-3-Fettsäuren besser gelaunt Gegen die Symptome eines Wintertiefs hilft nebst Serotonin wie erwähnt eine Ernährungsweise, die reich an Kohlenhydraten und Fetten, dafür aber arm an Proteinen (Eiweiss) ist. Kohlenhydrate finden wir in Getreide und dessen Produkte wie Brot, Pasta und Flocken, weiter in Reis, Kartoffeln, Zucker, Gemüse, und Früchten. Man unterscheidet dabei zwischen einfachen und komplexen Kohlenhydraten. Einfache Kohlenhydrate bewirken eine hohe Insulinausschüttung, was zur Folge hat, dass sie rasch ins Blut gehen. Wir fühlen innert Kürze ihre Wirkung. Leider hält dieser Effekt aber nur sehr kurz an. Der Blutzuckerspiegel fällt rasch wieder ab und der Hunger meldet sich wieder. Diese einfachen Zucker finden wir vor allem in gezuckerten Getränken und Süsswaren. Geniessen Sie Süssigkeiten deshalb in kleinen Mengen, am besten als Dessert nach einer Hauptmahlzeit. Bevorzugen Sie stattdessen die komplexen Kohlenhydrate. Diese benötigen zwar länger, bis sie ins Blut gelangen, da die Insulinausschüttung weniger dramatisch ausfällt, dafür hält der Sättigungseffekt länger an. Diese komplexen Kohlenhydrate finden wir hauptsächlich in Vollkornprodukten und Gemüse. Es gibt nun auch neuere Studien1, die aufweisen, dass eine Low-Carb Diät (Ernährung mit eingeschränkter Kohlenhydratzufuhr) ebenfalls positive Effekte auf eine Depression hat, dies aber nur, wenn der Zucker mit Galaktose (ein Zucker der Milch) ersetzt wird, da Galaktose insulinunabhängig verarbeitet wird. Er kann von unserem Hirn ebenfalls als Energiequelle genutzt werden. Omega-3-Fettsäuren sind lebensnotwendig. Diese sogenannten essentiellen Fettsäuren spielen eine wichtige Rolle für den Hirnstoffwechsel. Omega-3-Fettsäuren finden wir reichlich in fettem Fisch wie Lachs, Hering oder Sardine, aber auch in der Forelle. Eine gute pflanzliche Alternative sind Algen. Die Fettsäuren von Leinöl, Rapsöl 1 Kurt Mosetter. Stress, Ernährung und Alterskrankheiten. / Der Symptomkomplex Stress, Depression, Burnout und Sucht. ZIT Zentrum für interdisziplinäre Therapien. 2011. 1 © Eva Lutz, Nov 2011 www.issgesund.ch und Baumnüsse kann unser Körper ebenfalls in geringer Menge eine Omega-3-Fettsäure (EPA) umwandeln. Die zweite wichtige Omega-3-Fettsäure ‚DHA‘ findet sich allerdings nur in Fischen und Algen. Die Mediterrane Ernährung entspricht ziemlich genau diesen Anforderungen. Sie enthält viel Gemüse und Früchte, dazu Teigwaren, Brot, Reis, Kartoffeln und regelmässig Fisch. Da Fisch aus den Meeren heutzutage leider relativ stark mit Schwermetallen belastet ist, ist Süsswasserfisch aus unseren Gewässern zu bevorzugen, auch wenn dieser weniger an Omega-3-Fettsäuren enthält. Wer keinen Fisch mag, kann auf Algenprodukte ausweichen oder auf ein Nahrungsergänzungsmittel aus Algen ausweichen. Zur Ergänzung empfiehlt es sich, kaltgepresstes Rapsöl und zur Abwechslung Lein-, Kürbis oder Baumnussöl für die kalte Küche (wie Salate) zu verwenden. Für die warme Küche eignen sich Olivenöl oder ein Omega-3-Fettsäuren Bratfett. Runden Sie Ihren Menuplan mit einer Handvoll Nüsse (Baumnüsse, Cashew, Mandeln) ab und einer Paranuss. Eiweissbeilagen wie Fleisch, Wurst und Milchprodukten sollten dagegen nur in kleinen Mengen auf den Tisch kommen. Mit Schokolade gegen Trübsal Der Griff zur Schokolade bei schlechter Stimmung ist vielen bekannt. Schokolade führt zur Steigerung des Serotoninspiegels im Gehirn, dies vermutlich dank seiner speziellen Zusammensetzung (Fett, Kohlenhydrate, Tryptophan u.a.). Die Kohlenhydrate bewirken beim Gesunden eine Insulinfreisetzung der Bauchspeicheldrüse. Die Aminosäuren (Eiweissbausteine) werden zur Muskulatur transportiert, mit Ausnahme von Tryptophan. Da dieses nicht abtransportiert wird, erhöht sich im Blut die Konzentration und es gelangt schliesslich ins Gehirn. Das Fett in der Schokolade wiederum setzt Endorphine frei, diese bringen Energie. Schokolade enthält zudem Phenyläthylamin, ein Wirkstoff der im Gehirn ausgeschüttet wird, wenn der Mensch verliebt ist: er versetzt uns in euphorische Glückszustände. Das Theobromin, ebenfalls im Kakao enthalten, macht wach und erhöht die Konzentration. Es ist ein Stoff, der dem Koffein verwandt ist. Wer ein Stück Schokolade als Wachmacher geniessen will, greift am besten zu Bitterschokolade mit einem hohen Kakaoanteil. Neben Koffein das im Kaffee und Theobromin, das im Tee enthalten ist, gibt es im Kakao das Anandamid, ein psychoaktiver Stoff, der ein Glücksgefühl erzeugt. Schliesslich ist in der Schokolade auch noch Magnesium erhalten, das ebenfalls an der Produktion von Serotonin beteiligt ist. Die Schokolade kann also tatsächlich glücklich machen. Geniessen Sie die Schokolade aus Kaloriengründen doch nur in kleinen Mengen. Vitalstoffe – auch sie haben einen Einfluss auf unseren Gemütszustand Unter Vitalstoffen versteht man Nährstoffe, die unser Körper in kleinen Mengen benötigt, dies sind Mineralstoffe, Vitamine und Spurenelemente. Vitamin D- das Sonnenvitamin! Vitamin D ist wichtig für unser Immunsystem und den Knochenbauch. Es hilft aber auch, unsere Stimmungslage zu verbessern. Die beste Vitamin D-Quelle ist das Sonnenlicht. In unseren Breitengraden sind wir jedoch von September bis etwa April mit wenig Sonnenlicht gesegnet. Bei den Lebensmitteln enthalten lediglich Lebertran und Leber nennenswerte Mengen an Vitamin D. Milchprodukte (Käse), Eigelb, Champignons, Muskelfleisch und Fisch enthalten ebenfalls Vitamin D, aber nur in wesentlich kleineren Mengen. Zudem ist unsere Haut mit dem Alter stets weniger fähig, das Vitamin D der Sonne in die für uns aktive Form umzuwandeln. Sonnencremes ab Faktor 8 verhindern zusätzlich die Aufnahme von Vitamin D aus dem Sonnenlicht. Ein Mangel ist deshalb bei vielen Menschen der Nordhalbkugel in den Herbst-Wintermonaten vorzufinden. Ein Nahrungsergänzungsmittel mit Vitamin D kann deshalb im Winter durchaus empfehlenswert sein. Weitere wichtige Vitalstoffe Ausserdem kann ein Mangel an B-Vitaminen und insbesondere Magnesium mit Schuld an Depressionen. Beide Stoffe finden Sie reichlich in Vollkornprodukten (insbesondere Weizenkeime- und Kleie, Haferflocken und Amaranth), ausserdem in grünem Gemüse, Bierhefe, Trockenfrüchten, Kernen und Nüssen. Auch Sprossen 2 © Eva Lutz, Nov 2011 www.issgesund.ch liefern uns viele Mineralstoffe. Gerade im Winter stellen sie eine willkommene Bereicherung für unser reduziertes Gemüseangebot dar. Auch Selenmangel spielt eine wesentliche Rolle bei Depressionen. Da unsere Böden Selen arm sind, ist es empfehlenswert, wenn Sie ab und zu bewusst selenreiche Nahrungsmittel aus anderen Herkunftsländern konsumieren. Selenreich sind nebst Fleisch und Eigelb beispielsweise Sonnenblumenkerne und Paranüsse. Eine Paranuss pro Tag deckt bereits den Selenbedarf. Im Weiteren hilft nebst einer ausgewogenen Ernährung viel Bewegung und natürliches Licht unserem Wohlbefinden. Fazit: Sprechen Sie Ihre Sinne mit Gerichten aus viel farbigem Gemüse an. Dazu eignen sich Stärkebeilagen wie Kartoffeln, Reis, Teigwaren etc. und regelmässig Fisch. Um ein Gericht zusätzlich mit Vitalstoffen aufzupeppen, können Sie es mit Kernen, Nüsse und Sprossen garnieren. Es darf auch durchaus öfters eine Mahlzeit ohne Fleisch oder Wurst auf dem Tisch stehen. Bereichern Sie Ihren Menuplan mit Hülsenfrüchten. Viele Ideen dazu finden Sie beispielsweise in der indischen oder osteuropäischen Küche (Falaffel, Humus, Tofu u.a.m.) Für die warmen Speisen verwenden Sie am besten ein gutes Olivenöl oder ein Omega-3-Fettsäuren Bratfett. Für Die kalte Küche eignen sich kaltgepresstes Rapsöl und zur Abwechslung Kürbis-, Baumnuss und Leinöl. Eine Handvoll Nüsse (Baumnuss, Mandeln) plus eine Paranuss pro Tag für den Selenbedarf. Bereichern Sie Ihre Müesli, Suppen und Saucen mit Weizenkeimen, Bierhefe, Kerne und Nüsse. Knabbern Sie täglich eine Handvoll Nüsse (wie Baumnüsse, Mandeln), sowie eine Paranuss für den Selenbedarf. Für einen Energieschub am Nachmittag eignen sich Trockenfrüchte, Nüsse, Getreidecracker, Früchte und auch einmal ein kleines Müesli (siehe auch Energie-Cocktail auf http://www.issgesund.ch/html/tipps.html). Trinken Sie viel dazu, am besten Wasser. Das fördert die Konzentration. Achten Sie des Weiteren auf genügend Bewegung an der frischen Luft. Erwägen Sie im Winterhalbjahr ein Nahrungsergänzungspräparat mit einem Vitamin D. Lachen Sie viel (siehe auch Wohlgefühl-Rezept auf http://www.issgesund.ch/html/tipps.html). Quellen: Unabhängige Gesundheitsberatung, www.ugb.de; Forum 5/05 Seminar ‚Brainfood‘, Orthomolekulare Medizin, Luzern 2011 Ernährungs-Umschau, Fachzeitschrift für Ernährung, http://www.ernaehrungs-umschau.de Ernaehrung.de; Ernährungsberatung- und informationsnetz Schweiz. Verein für Ernährung http://www.sge-ssn.ch Bedarfsorientierte Ernährung nach Tönnies, www.boe-online.ch 3 © Eva Lutz, Nov 2011 www.issgesund.ch