Positivität Hegel verwendet den Ausdruck ‚Positivität’ in der Bedeutung von ‚Gesetzt-’ oder ‚Gegebensein’. In den FS kritisiert er damit die autoritäre Beschaffenheit der Religion und des Rechts; religiöse Dogmen und bürgerliche Gesetze werden zwangsmäßig von einer Autorität den Menschen auferlegt. Nach der PR ist „ein positiver Glauben ein solches System von religiösen Säzen, das für uns deswegen Wahrheit haben soll, weil es uns geboten ist von einer Autorität, der unsern Glauben zu unterwerfen wir uns nicht weigern können“ (GW 1, 352). Die Positivität der Religion ist daher diese ihre Bestimmtheit, insofern sie sich nicht in die Moralität auflösen lässt. Zudem zeigt die Geschichte der christlichen Religion, dass sie von einer Tugendreligion zu einer positiven oder heteronomen pervertiert ist. Die Ursachen dieses Positivwerdens sind verschieden: Erstens beschränkte Jesus sich nicht darauf, seine rein moralische Tugendlehre zu predigen, sondern sie wurde von ihm aufgrund seiner Autorität als Messias auch geboten, zweitens war die Positivität schon im Geist des Judentums, aus dem das Christentum entstanden ist, vorhanden, drittens hat sich diese rein moralische Religion schon rasch institutionalisiert, und schließlich hat „nichts wohl sosehr als [der] Glauben an Wundern dazu beigetragen, die Religion Jesu positiv zu machen, sie gänzlich selbst ihrer Tugendlehre nach auf Autorität zu gründen“ (GW 1, 291). Auch in Frankfurt äußert sich Hegel öfters über die Positivität, aber sie wird hier im Denkhorizont seiner Vereinigungsphilosophie interpretiert. Positivität entsteht nach dem Verlust des einen Seins, sie setzt die Entgegensetzungen der Reflexion wie der Gesellschaft voraus. „Wenn da, wo in der Natur ewige Trennung ist, wenn Unvereinbares vereinigt wird, da ist Positivität“ (Nohl, 377). Wesentliche Elemente dieser Trennung sind, dass der Begriff vom Praktischen, Tätigen, woraus er entstanden ist, gelöst wird, dass das ursprünglich Subjektive nur als ein Objektives erscheint und dass der Einzelne unter das Allgemeine unterjocht wird, womit Hegel Kants kategorischen Imperativ kritisiert (Nohl, 387). Jesus ist nur zum Teil imstande, diese Positivität wegzunehmen, denn „für das Besondere […], ist das Allgemeine notwendig und ewig ein Fremdes, ein Objektives; es bleibt eine unzerstörbare Positivität übrig“ (Nohl, 266). Diese Erkenntnis der Unvermeidbarkeit der Positivität bringt Hegel in dem NR dazu, die positiven Rechtswissenschaften nicht ohne weiteres negativ zu werten und sie aus der Philosophie auszuschließen, zudem sie die Anwendbarkeit der Philosophie in der wirklichen Welt zeigen (GW 4, 470f). Jedoch behält Positivität auch hier ihre kritische Bedeutung eines Isolierens und Absolutsetzens einer Potenz – im Besondern der Form oder der Materie – der Sittlichkeit (GW 4, 475ff). In den Grl und der E äußert sich Hegel auf eine ähnliche Weise über das doppelseitige Verhältnis zwischen philosophischem Naturrecht und positiver Rechtswissenschaft (Grl §3) bzw. zwischen der philosophischen Enzyklopädie und den positiven Wissenschaften (E3 §16). In den VPhRel behandelt Hegel die Frage nach der Positivität auf eine grundsätzliche Weise. Alles, was auf eine äußerliche Weise an uns kommt, ist etwas Positives. Dies gilt nicht nur von der Religion, sondern auch der Erziehung, dem Unterricht, den bürgerlichen Gesetzen usw. Obwohl „die Gesetze der Freiheit immer eine positive Seite, eine Seite der Realität, Äußerlichkeit, Zufälligkeit in ihrer Erscheinung“ (VPhRel 5, 180) haben, bedeutet dies nicht, dass sie nicht vernünftig und also nicht unser Eigenes sein können. Peter Jonkers