anlässlich der Weihnachtsfeier des Rotary

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Predigt anlässlich der Weihnachtsfeier des Rotary-Club
Notquartier oder auch einer Hütte aus Wellblech oder Pappkartons
in einem der Slums in Asien, Südamerika oder Afrika ...
Homburg Zweibrücken am 19.12. 2014
Überall werden solche Kinder geboren heute und an vielen anderen
Liebe rotarische Familie!
Warum feiern wir eigentlich Weihnachten? Alle Jahre wieder.
Same procedure as every year? Und noch dazu mit so viel
Aufwand, mit so viel Erwartung und Vorfreude? Aber auch mit so
viel Stress, Erwartungsdruck und Erschöpfungserscheinungen?
Tagen. Kinder, für die offenbar kein Platz ist in unserer Welt.
Kinder, von deren Geburt die Medien genauso wenig Notiz nehmen
wie damals die Weltöffentlichkeit von den Ereignissen im Stall von
Bethlehem. Da muss man wohl schon zum englischen Königshaus
gehören oder als Baby eines berühmten Stars zur Welt kommen,
damit die Welt sich dafür interessiert. Die Geburt eines Kindes in
„Weihnachten kommt immer so plötzlich!“ … sagte jemand zu mir.
Armut und Not -. nein, das ist wahrlich nichts Aufregendes und
Außergewöhnliches. Warum also Jahr für Jahr so viel Rummel und
Warum feiern wir also? In unseren festlich geschmückten Kirchen
Aufregung um den Geburtstag dieses einen Kindes?
und zu Hause in unseren heimeligen Wohnstuben? Aber was soll
eigentlich diese Frage? Denn das wissen wir doch alle: Ein Kind ist
Ganz einfach, weil dieses Kind dann doch ein ganz besonderes
uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben. So haben wir es heute
Kind ist. Ein Kind, in dem sich all unsere Hoffnungen und
Abend wieder vom Propheten Jesaja gehört. Und es gibt wohl
Erwartungen verdichten. Verkörpert dieses eine Kind doch einen
keinen unter uns, der dabei nicht an das Kind in der Krippe denkt,
uralten Menschheitstraum. Den Traum von einer Welt, die anders
das in der Heiligen Nacht in einem Stall zur Welt gekommen ist.
ist, als wir sie tagtäglich erleben und erleiden müssen. Es ist der
Traum von einer Welt, in der Liebe den Hass besiegt, in der wir
Die Geburt eines Kindes feiern wir also heute? Aber was ist daran
Menschen einander nicht als Ware behandeln, sondern mit wahrer
eigentlich so Besonderes? Werden nicht jeden Tag Kinder
Menschlichkeit. In der Barmherzigkeit mehr Gewicht hat als
geboren? Überall auf der Welt? Auch in Armut und Not, ohne
Egoismus und Rechthaberei. Der Traum von einer Welt, in der das
richtige Unterkunft, auf der Flucht vor Gewalt und Terror der
Joch von den Schultern der Bedrückten genommen wird – auch
Mächtigen, in Pakistan, der Ukraine, in einem Dorf in Afghanistan in
das ganz persönliche Joch, das jeder von uns zu tragen hat. Eine
ständiger Furcht vor einem Überfall der Taliban, in einem
Welt, in der nicht Häuser, Landschaft und Menschen zerstört
Ja; das wäre wohl so, ginge es Weihnachten nur um die
werden, sondern Soldatenstiefel, Panzer und Raketen. Eine Welt,
Wiedergeburt menschlicher Kindheitsträume. Aber Weihnachten
in der sich nicht der eine vom anderen bedroht fühlen muss, weil
geht es um mehr als um menschliche Sehnsüchte und
wir in unserem Mitmenschen die Schwester und den Bruder sehen
Erwartungen. Ja, Weihnachten ist uns ein Kind geboren, ein Sohn
und nicht den Rivalen, den lästigen Nachbarn und Arbeitskollegen,
ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter. Ein
den Fremden, den Ausländer. Weihnachten hat auch unsere
Kind mit ganz besonderen Namen. Es heißt Wunder-Rat-, Gott-
Sehnsucht Geburtstag, liebe Gemeinde. Unsere Sehnsucht nach
Held, Ewig-Vater, Friedefürst. Welches Kind trägt schon diese
dem verlorengegangenen Kind in uns. Die Sehnsucht nach
Namen? Ja, in diesem Kind – und das feiern wir heute, liebe
ursprünglicher Menschlichkeit, ungeheuchelter Liebe und
Gemeinde – in diesem Kind ist Gott selbst zur Welt gekommen!
dauerhaften Frieden.
Und mit diesem Kind hat Gott sich seinen Traum erfüllt – seinen
Traum von dem Menschen, den er eigentlich mit uns gemeint hat,
Ein schöner Kindertraum, mag man jetzt denken. Zu schön, um
wirklich wahr zu werden. Ist das nicht Flucht vor der Realität? Sind
das nicht alles infantile Träume von Menschen, die mit der harten,
grausamen Gegenwart nicht fertig werden und sich deshalb in das
Land ihrer Kindheit zurückziehen? Regression, wie es die
Psychologen zu nennen pflegen? Muss das Kind in uns nicht
endlich erwachsen werden und den Traum von einer heilen Welt
endgültig begraben? Unsere Welt ist nun mal so, wie sie ist und
nicht so, wie wir sie uns wünschen. Unser Traum vom Leben ist
nicht identisch mit der Wirklichkeit. Auch nach Weihnachten bleibt
doch alles so, wie es ist – in unserer Welt und in unserem Leben.
Oder etwa nicht?
seinen Traum von einer Welt, wie er sie sich eigentlich vorstellt.
Gottes Traum, der sich hier in diesem Kind verbindet mit unseren
Erwartungen und Sehnsüchten nach Friede, Liebe, Hoffnung und
Menschlichkeit. Und wenn das so ist, wenn Gott wirklich
Weihnachten zur Welt gekommen ist, dann kann diese Welt nicht
von allen guten Geistern verlassen sein. Wenn Gott Mensch wird,
dann kann die Welt nicht zum Teufel gehen. Dann sind wir
Menschen nicht abgeschrieben von Gott. Dann haben wir Grund
zur Hoffnung – für unsere Zukunft und für die unserer Kinder und
Enkelkinder. Gegen alle Finsternis, die uns umgibt und die tausend
Namen trägt – ob Afghanistan und Syrien, Palästina und Israel. Ob
wir an die Menschen in den Hungergebieten in weiten Teilen der
Welt denken, an oder an die unter uns, die sich bedroht fühlen
durch Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus. Aber auch an
all die Menschen, die zum ersten Mal das Weihnachtsfest ohne
Richtig Weihnachten wird es erst dann, wenn wir nicht nur von
ihren Ehemann oder ihre Ehefrau verbringen müssen. Die vielen
Liebe, Menschlichkeit und Frieden träumen, sondern selber Liebe
Dunkelheiten, an die wir jetzt denken, sind mit Weihnachten wohl
und Freude verschenken, einfach, unverfälscht und menschlich
nicht verschwunden, aber in der Finsternis scheint ein Licht. Denn
leben, uns für Gerechtigkeit stark machen und nicht nur auf den
so heißt es bei Jesaja „Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein
Frieden warten, sondern selber Frieden schließen – mit uns selbst,
großes Licht, und über denen, die da wohnen im finsteren Lande,
mit unserem Nächsten und auch mit Gott. Weihnachten wird es
scheint es hell.“ Ein kleines, flackerndes Licht nur, ein kleines Kind,
dann, liebe Gemeinde, wenn das Kind in uns geboren wird und
das in Armut und Not zur Welt kommt. Und doch: Ist nicht gerade
durch uns das Licht der Liebe und Hoffnung in die Dunkelheit
dieses Kind so etwas wie eine Botschaft Gottes an uns, die da
unserer Welt hineinleuchtet.
lautet: „Welt ging verloren, denn: Christ ist geboren“? Ja,
unglaublich, aber wahr: Gott hat noch Hoffnung für uns Menschen
und die Welt, die vor unseren Augen so oft in Dunkel und Finsternis
zu versinken droht.
Also ist Weihnachten kein Rückzug in die Kindheit, keine Flucht in
eine imaginäre Traumwelt. Weihnachten ist vielmehr ein Fest, das
zur Hoffnung ermutigt und deshalb nach vorn weist, in die Zukunft.
Weil in der Krippe auch Gottes Hoffnungen zur Welt kommen,
darum ist es nicht vergeblich und sinnlos, in diese Welt
hineingeboren zu werden, in dieser Welt zu leben und einst auch zu
sterben. Es ist auch dieses Vertrauen in einen letzten Grund und
Ich denke da an die Menschen, die Lichter anzünden gegen
Unrecht und Gewalt, gegen Fremdenhass und
Ausländerfeindlichkeit. Menschen, die sich einsetzen für die vielen
Flüchtlinge gegen Unmenschlichkeit in der Welt und im eigenen
Land. Aber mir fallen auch all die Menschen ein, die ganz still im
Verborgenen den Traum von Liebe und Mitmenschlichkeit leben,
die Kranke und Sterbende besuchen und betreuen in den
Krankenhäusern und Hospizen, die Trauernde besuchen und
Menschen unterstützen, die in Not sind.
Warum feiern wir also Weihnachten, liebe Gemeinde? Nicht
Sein unseres so gefährdeten und angefochtenen menschlichen
deshalb, weil wir erwarten, dass mit diesem Fest auf einmal – mit
Lebens, das Weihnachten wieder neu in uns geboren wird. Dieses
einem Schlag – alles anders und besser wird. Sondern weil wir der
Vertrauen schenkt unserer Hoffnung einen Grund und nimmt uns
mit hinein in die Bewegung von Liebe und Menschlichkeit, die von
dem Kind im Stall ausgeht.
Hoffnung glauben, die von dem Kind in der Krippe ausgeht. Und
weil wir darauf vertrauen, dass mit Jesu Geburt wirklich etwas
Neues begonnen hat – ein neuer Weg, der unumkehrbar ist. Ein
dann könnten wir jeden Tag das Licht sehen und sichtbar machen,
langer, mühseliger Weg, der aber am Ende zum Ziel führt – ein
das denen leuchtet, die sonst immer nur im Finstern wandeln. Ein
Weg der kleinen Schritte und Gesten, die Vertrauen schenken,
frohes, gesegnetes Weihnachtsfest Ihnen allen! Amen.
Liebe und Menschlichkeit ermöglichen, Brücken bauen, wo andere
nur Gräben sehen.
Ja, wir dürfen unser Leben in einem völlig anderen Licht sehen,
wenn wir das Kind in uns nicht nur träumen, sondern auch leben
und handeln lassen. Darum feiern wir Weihnachten, weil wir nicht
aufhören daran zu glauben, dass diese Welt ein menschlicher Ort
sein kann und wir Menschen nicht nur gelernt haben, zu fliegen wie
die Vögel und zu schwimmen wie die Fische, sondern die einfache
Kunst wieder entdecken, als Mensch unter Menschen zu leben.
Das glauben und hoffen wir nicht deshalb, weil wir Menschen in
den zweitausend Jahren nach Jesu Geburt immer besser geworden
wären, sondern weil in dem Kind offenbar geworden ist, dass Gott
mit uns geht. Ja, er ist Mensch geworden in dem Kind von
Bethlehem, weil er auch in Ihnen und mir Mensch sein will. Gottes
Liebe und Menschlichkeit will auch heute noch zur Welt kommen,
auch in uns und durch uns.
Ach, wenn wir doch diese Botschaft hören und in uns aufnehmen
würden, wenn sie doch auch nach diesem Fest in uns nachklingen
könnte! Dann hätten wir Weihnachten nicht umsonst gefeiert. Dann
könnte es jeden Tag in unserem Leben weihnachtlich zugehen,
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