Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss REX/443 Soziale und gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen Brüssel, den 17. September 2015 INFORMATIONSBERICHT der Fachgruppe Außenbeziehungen zum Thema "Die soziale und gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen - ein Handlungsimpuls in den Partnerschaftsabkommen der EU (Handel, Investitionen und Zusammenarbeit/Entwicklung)" (Informationsbericht) _____________ Berichterstatterin: Evelyne PICHENOT _____________ REX/443 – EESC-2015-00558-00-03-RI-TRA (FR) 1/15 Rue Belliard/Belliardstraat 99 — 1040 Bruxelles/Brussel — BELGIQUE/BELGIË Tel. +32 25469011 — Fax +32 25134893 — Internet: http://www.eesc.europa.eu DE Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss beschloss am 22. Januar 2015 gemäß Artikel 31 seiner Geschäftsordnung, die Fachgruppe Außenbeziehungen mit der Erarbeitung eines Informationsberichts zu folgendem Thema zu beauftragen: Die soziale und gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen Handlungsimpuls in den Partnerschaftsabkommen der EU (Handel, Investitionen und Zusammenarbeit/Entwicklung). Die Fachgruppe nahm ihren Informationsbericht am 16. Juli 2015 an. Der Ausschuss erörterte auf seiner 510. Plenartagung am 16./17. September 2015 (Sitzung vom 17. September) den vorliegenden Informationsbericht. Er beschloss mit 90 Ja-Stimmen bei 6 Enthaltungen den Bericht den anderen EU-Institutionen zu übermitteln. * * 1. * Schlussfolgerungen und Vorschläge Im Falle des internationalen Handels hat die soziale und gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen eine bedeutende Hebelwirkung1, die eine nachhaltige Entwicklung für alle an Handel, Investitionen und Zusammenarbeit/Entwicklung beteiligten Länder fördert. Die Europäische Union (EU), die sich auf ihre ausschließliche Zuständigkeit im Bereich von Handlungsverhandlungen berufen kann, macht von nun an und unter Beachtung der Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) ein Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung zum Gegenstand ihrer Handelsabkommen. Die EU und die Mitgliedstaaten arbeiten gemeinsam im Bereich Zusammenarbeit/Entwicklung, wobei sie Prinzipien des verantwortungsvollen Regierens anwenden. Auf der Grundlage dieses Besitzstands unterbreitet der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) folgende Vorschläge im Hinblick auf die Erarbeitung des Arbeitsplans für die soziale Verantwortung der Unternehmen (SVU) (2015-2020). 1.1 Der EWSA richtet sich an die EU und 1 fordert in das Kapitel über nachhaltige Entwicklung in den Handels- und Investitionsabkommen die international anerkannten Leitlinien und Grundsätze der SVU aufzunehmen (UNO, ILO, OECD, ISO26000); COM(2011) 681 final - Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – Eine neue EU-Strategie (2011-14) für die soziale Verantwortung der Unternehmen (CSR). REX/443 – EESC-2015-00558-00-03-RI-TRA (FR) 2/15 1.2 Der EWSA richtet sich an die Mitgliedstaaten und 2 schlägt vor, seitens der internationalen Organisationen die SVU als Handlungsimpuls für die Umsetzung der Ziele der nachhaltigen Entwicklung nach 2015 im Rahmen von Ziel 12 anzuerkennen2; fordert die Erarbeitung eines SVU-Leitfadens für die Außenpolitik und die Berücksichtigung von SVU-Initiativen in Folgenabschätzungen zur nachhaltigen Entwicklung im Vorfeld von Handelsverhandlungen und Begleitmaßnahmen; fordert die Kommission auf, ihre für die Textil- und Bekleidungsindustrie angekündigte Initiative fortzusetzen; ersucht die Kommission um Projektausschreibungen mit dem Ziel, Studien über den Begriff des Einflussbereichs und entsprechende Auswirkungen auf die rechtliche Verantwortung der Akteure anzufertigen; ermutigt die Länder, die durch Handelsabkommen mit einseitigen Präferenzregelungen wie APS begünstigt werden, einen nationalen SVU-Plan aufzustellen; ersucht die Kommission, eine Bewertung und ein besseres Verständnis der Herausforderungen und Risiken für Unternehmen zu ermöglichen, die ihrer Geschäftstätigkeit in Ländern nachgehen, die schwache Rechtssysteme oder Institutionen haben oder in denen die Menschenrechtsvorschriften nicht angewandt bzw. durchgesetzt werden; fordert dazu auf, die Steuertransparenz nach dem Vorbild des Bankwesens zu verbessern; appelliert an die für Entwicklung oder Exportkredite zuständigen Agenturen, den Grundsätzen der SVU bei ihren Aktivitäten umfassend Rechnung zu tragen; fordert die öffentlichen Unternehmen und die an privat-öffentlichen Partnerschaften beteiligten Parteien zu einer verantwortungsvollen öffentlichen Auftragsvergabe auf; regt zur Erarbeitung von Aktionsplänen für die Umsetzung der Prinzipien der UNO im Bereich Unternehmen und Menschenrechte an; bekräftigt die zentrale Rolle des Staates bei der Förderung und dem Schutz von Menschenrechten und fordert die Staaten selbst auf, die Maßnahmen zur Steuerkontrolle und Geldwäsche- und Korruptionsbekämpfung auszuweiten; appelliert an die Mitgliedstaaten, voll und ganz an den Klimaverhandlungen mitzuwirken, wobei die SVU-Methoden als Element der "Lösungsagenda" der COP 21 betrachtet werden sollte; hält sie dazu an, die Funktionsweise der nationalen Kontaktstellen zu verbessern; schlägt vor, eine Instanz des Dialogs zwischen den europäischen Staaten und den Entwicklungsländern zu schaffen, die die OECD-Prinzipien vertreten. Ziel 12, Absatz 12.6 "Encourage companies, especially large and transnational companies, to adopt sustainable practices and to integrate sustainability information into their reporting cycle "("Transforming our world: the 2030 Agenda for Sustainable Development"), http://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=A/69/L.85&referer=/english/&Lang=E). Absatz 37 (Seite 18) Addis Ababa Action Agenda, Outcome document of the Third International Conference on Financing for Development (http://www.un.org/esa/ffd/wp-content/uploads/2015/08/AAAA_Outcome.pdf). REX/443 – EESC-2015-00558-00-03-RI-TRA (FR) 3/15 1.3 Der EWSA richtet sich an die Drittstaaten und 1.4 Der EWSA richtet sich an die Wirtschaftsakteure der EU und der Drittstaaten und 3 fordert sie auf, über die acht grundlegenden Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) hinaus die einschlägigen Übereinkommen über Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz zu fördern, insbesondere den Leitfaden ILO-OSH3; fordert dazu auf, die Netze für den Informationsaustausch zwischen der EU und den Entwicklungsländern bei der Erstellung von SVU-Plänen (u.a. hinsichtlich der menschenwürdigen Arbeit) zu fördern; fordert, dass möglichst viele Mitgliedstaaten die Leitsätze der OECD übernehmen, insbesondere die Schwellenländer; schlägt vor, hinsichtlich eines verantwortungsvollen Engagements die Gegenseitigkeit zu fördern - und zwar in den Schwellenländern, die in Europa investieren, oder in den Drittstaaten, die besonders betroffen sind. möchte alle (börsen- und nichtbörsennotierten) multinationalen Unternehmen auffordern, die als am wichtigsten angesehenen international anerkannten Grundsätze freiwillig zu achten, und empfiehlt ihnen darzulegen, wie sie diese Grundsätze im Dialog mit ihren Interessenträgern umsetzen wollen; empfiehlt den Muttergesellschaften und Auftraggebern, ihre Tochtergesellschaften bzw. Unterauftragnehmer und Lieferanten dazu zu ermutigen, dieselben internationalen Grundsätze zu achten und ihnen im Rahmen einer verantwortungsvollen Beschaffungspolitik bei der Umsetzung dieser Prinzipien zu helfen; unterstützt Maßnahmen wie Kennzeichnungen, die für Verbraucher und Verbraucherbildung klare und nützliche Informationen bieten, um die Transparenz für die Verbraucher zu verbessern; fordert alle Investoren auf, sozial verantwortliche Investitionen (sog. SRI, Sustainable and Responsible Investment) ins Auge zu fassen sowie zusätzlich bzw. ergänzend zu weiteren Kriterien Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien (sog. ESG, Environment, Social and Governance) heranzuziehen; ermutigt die Unternehmen in Entwicklungsländern, den Helpdesk des Internationalen Arbeitsamts (IAA) zu nutzen, einen Dienst zur Unterstützung von Unternehmen, die die internationalen Normen einhalten möchten; unterstützt die Akteure in ihren freiwilligen Bemühungen um die Reduzierung des Verbrauchs an fossilen Energieträgern, die Förderung erneuerbarer Energieträger und die Entwicklung der Ökoeffizienz; begrüßt die Entwicklung länderübergreifender Betriebsvereinbarungen zwischen den Sozialpartnern als eines der Instrumente, mit denen Unternehmen Probleme im http://www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/@ed_protect/@protrav/@safework/documents/normativeinstrument/wcms_112581.pdf. REX/443 – EESC-2015-00558-00-03-RI-TRA (FR) 4/15 1.5 Zusammenhang mit den Menschenrechten angehen können, und fordert die Umsetzung dieser Verpflichtungen; fordert die Unternehmen auf, ihren Bericht zur Offenlegung nichtfinanzieller Informationen durch einen unabhängigen Dritten ihrer Wahl bewerten zu lassen. Der EWSA richtet sich an die Zivilgesellschaft und empfiehlt, die Verbraucher über die Herausforderungen hinsichtlich der Änderung von Verhaltensmustern zu informieren, die auf eine Produktion und einen Vertrieb mit mehr Nachhaltigkeit abzielen, indem der Schwerpunkt auf Initiativen im Bereich des fairen Handels, branchenspezifischen Kennzeichnungen, Ökodesign und Kreislaufwirtschaft gelegt wird; regt an, eine Unterstützung für die Organisationen der Zivilgesellschaft in den Drittstaaten vorzuschlagen, die an der Erarbeitung der nationalen SVU-Pläne beteiligt sind; empfiehlt, die Mittel des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) für Akteure der Zivilgesellschaft bereitzustellen, die sich für die Menschenrechte einsetzen, insbesondere sog. Whistleblower; empfiehlt, auf die Erasmus+-Finanzierung zur Ausbildung von Jungunternehmern in den Entwicklungsländern in den Bereichen SVU und verantwortungsvolles Management zurückzugreifen; fordert die Ausrichtung der beratenden Institutionen oder Organe wie des EWSA auf die Berücksichtigung der Ziele der nachhaltigen Entwicklung in ihrer Gesamtstrategie und die Anerkennung dieses Ansatzes in Europa, indem der Bezeichnung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss eine Umweltdimension hinzugefügt wird. 2. Einleitung 2.1 Dieser Bericht beleuchtet das Verhältnis zwischen SVU und Außenpolitik und steht im Zusammenhang mit der Vorbereitung des SVU-Arbeitsplans der EU (2015-2020) sowie künftiger internationaler Ereignisse, insbesondere des G7-Gipfels4 unter deutschem Vorsitz über menschenwürdige Arbeit in den Lieferketten, das OECD-Weltforum über verantwortungsvolle Unternehmensführung und die Debatte der ILO über menschenwürdige Arbeit in der Unterauftragsvergabe sowie die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele5 und der Anstrengungen im Rahmen der Klimaverhandlungen. 2.2 Die SVU wird im Handelsabkommen zwischen der EU und der Republik Korea als Thema des Dialogs zwischen den Handelspartnern ausdrücklich erwähnt6. Im 4 5 6 https://www.g7germany.de/Content/DE/_Anlagen/G8_G20/2015-06-08-g7-abschluss-deu.pdf?__blob=publicationFile&v=5. "Zero draft: outcome document for the UN Summit to adopt the Post-2015 Development Agenda" vom 2. Juni 2015. Freihandelsabkommen zwischen der EU und seinen Mitgliedstaaten und der Republik Korea (http://eur-lex.europa.eu/legalcontent/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:22011A0514%2801%29&rid=5). REX/443 – EESC-2015-00558-00-03-RI-TRA (FR) 5/15 Begleitausschuss zu diesem Abkommen haben die europäische und die koreanische Zivilgesellschaft einschlägige Berichte erarbeitet7. In den Schlussfolgerungen werden die Verbesserung der nationalen Kontaktstellen und eine Aufstellung der an der Strategie für nachhaltige Entwicklung beteiligten Unternehmen gefordert. Aktuellere Abkommen (Zentralamerika, Kolumbien und Peru, Republik Moldau, Georgien, Ukraine, Kanada, Singapur) eröffnen ähnliche Möglichkeiten des Austauschs zwischen den Zivilgesellschaften. In den laufenden Verhandlungen, vor allem mit Japan und den USA, sollte ebenfalls darauf Bezug genommen werden. In seiner Stellungnahme zu Investitionen8 fordert der EWSA, in den künftigen Investitionsabkommen auf die SVU und die SRI zu verweisen. 2.3 Die ILO zählt weltweit 57 bilaterale Handelsabkommen von insgesamt 248, die Bestimmungen im Bereich Arbeit enthalten. In ihrer Studie von 2013 über die soziale Dimension der Freihandelsabkommen versucht die ILO, deren Wirksamkeit zu bewerten9. Zu den von der EU anerkannten internationalen Referenzwerken zählen die Leitsätze der OECD, die den Vorteil haben, dass sie einen Streitbeilegungsmechanismus umfassen. Um diese Leitsätze zu fördern und umzusetzen, hat jeder Mitgliedstaat dieser Organisation eine nationale Kontaktstelle mit unterschiedlicher Zusammensetzung und Funktionsweise eingerichtet. 2.4 Die nationale Kontaktstelle ist ein Mittler im Falle "besonderer Umstände", d.h. sie antwortet auf Fragen, die vornehmlich von den Gewerkschaftsund Nichtregierungsorganisationen bezüglich des Handelns eines Unternehmens gestellt werden, das sich mutmaßlich nicht an die vorgenannten Prinzipien hält. Die endgültige Entscheidung der nationalen Kontaktstelle ist nicht rechtsverbindlich, beeinflusst wohl aber das Ansehen des betreffenden Unternehmens. Bis 2000 haben die 45 nationalen Kontaktstellen auf der Welt 326 "besondere Umstände" behandelt. Die 21 der OECD angehörenden EUMitgliedstaaten10 haben eine nationale Kontaktstelle eingerichtet, sowie auch drei der OECD nicht angehörende Mitgliedstaaten11. 3. Das freiwillige Engagement der Wirtschaftsakteure in der Europäischen Union 3.1 Freiwillige Initiativen von Unternehmen und Branchen. Es ist weiterhin schwierig, die Zahl von SVU-Initiativen abzuschätzen. Allerdings werden über 12 000 Organisationen in den 145 am "Global Compact" teilnehmenden und dessen zehn SVU-Grundsätze achtenden 7 8 9 10 11 http://www.eesc.europa.eu/?i=portal.en.external-relations-international-trade-monitoring-korea. http://www.eesc.europa.eu/?i=portal.en.rex-opinions.33193. http://www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/---dgreports/---inst/documents/publication/wcms_228966.pdf. Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, die Slowakische Republik, Slowenien, Spanien, Schweden, die Tschechische Republik, Ungarn und das Vereinigte Königreich. Lettland, Litauen und Rumänien. REX/443 – EESC-2015-00558-00-03-RI-TRA (FR) 6/15 Ländern gezählt12. Gemäß einem Bericht der lokalen Netze des "Global Compact"13 sind zwei Drittel davon Unternehmen, d.h. KMU ebenso wie Großunternehmen. Die Hälfte dieser Großunternehmen stammt aus Europa. Seit 2008 stellt die Handels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen (UNCTAD)14 den Unternehmen, die einen Jahresbericht erstellen möchten, Leitlinien für SVU-Indikatoren bereit. 3.2 Im Laufe des letzten Jahrzehnts wurden kollektive Initiativen von Sektoren und Branchen entwickelt, wie z.B. die Bekämpfung der Entwaldung, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Spielzeugindustrie oder die Transparenz in der Rohstoffwirtschaft, die individuelle Maßnahmen der Unternehmensführung und des Managements verstärken. Dank des Risikomanagements können sie Wettbewerbsfähigkeitsfaktoren darstellen, vor allem wenn die Unternehmen in strukturschwachen oder korruptionsanfälligen Staaten Geschäfte betreiben. 3.3 Die Bilanz der Millenniumsziele hat die wichtige Rolle der privaten Investitionen vor Augen geführt, die weit umfangreicher sind als die öffentlichen Entwicklungshilfemittel15. In der Mitteilung vom Mai 2014 "Stärkung der Rolle des Privatsektors im Hinblick auf die Schaffung von inklusivem und nachhaltigem Wachstum" wird die Einhaltung sozialer, ökologischer und steuerlicher Normen als Voraussetzung für jedes Engagement der EU oder für jede öffentliche Unterstützung des Privatsektors erwähnt. 3.4 In der Erklärung der wirtschaftlichen und sozialen Organisationen der AKP und der EU wird der Beitrag anerkannt, den der lokale Privatsektor und die ausländischen Direktinvestitionen neben den europäischen öffentlichen Mittel zunehmend leisten. Auch wird darin unterstrichen, dass die innovativen Tätigkeiten der Unternehmen zur nachhaltigen Entwicklung und zum Verbraucherschutz beitragen. Der faire Handel und die Mikrofinanzierung sind nützliche Instrumente zur Erreichung der künftigen Ziele der nachhaltigen Entwicklung. 3.5 Der UNCTAD zufolge wird die Bedeutung der Rolle des Privatsektors weiter zunehmen. Sie schätzt, dass ein Drittel der für die Finanzierung der Ziele der nachhaltigen Entwicklung bis 2030 notwendigen Mittel aus dem Privatsektor kommen wird, weshalb die Investoren verstärkt auf verantwortungsvolles Handeln achten dürften. 3.6 Gleichwohl bleiben multilaterale öffentliche Hilfen unerlässlich, die häufig die Form von öffentlich-privaten Partnerschaften haben, insbesondere zur Gewährleistung der langfristigen Finanzierung großer Infrastrukturprojekte in den Bereichen Verkehr, Energie und ländliche Raumordnung, die notwendig sind, um ausländische Direktinvestitionen anzuziehen. 12 13 14 15 https://www.unglobalcompact.org/what-is-gc/participants, Juni 2014. https://www.unglobalcompact.org/docs/publications/LN_Report_2012.pdf. Vgl. "Guidance on Corporate Responsibility Indicators in Annual Reports" (unctad.org/en/docs/iteteb20076_en.pdf). Vgl. REX/441 "Entwicklungsfinanzierung – der Standpunkt der Zivilgesellschaft" (Berichterstatter: Ivan Voleš). REX/443 – EESC-2015-00558-00-03-RI-TRA (FR) 7/15 3.7 Sozial verantwortliche Investitionen (SRI) sind Ausdruck der nachhaltigen Entwicklung im Finanzbereich. Sie beruhen auf Kriterien, die über finanzielle Aspekte hinausgehen, z.B. Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG). Die SRI tragen zu einer anderen Art der Entwicklung bei, weil sie den Herausforderungen der mittel- und langfristigen Investitionen Rechnung tragen und die Entwicklung von KMU und Kleinstunternehmen in den Regionen fördern. Europa ist die aktivste und dynamischste Region der Welt im Bereich der Innovation und der Schaffung von SRI-Fonds; seit 2000 existiert Eurosif, ein Zusammenschluss der verschiedenen nationalen Netze. 3.8 Im Hinblick auf die Klimaverhandlungen 2015 setzen sich viele Investoren für die Bekämpfung des Klimawandels ein. Einige haben sich bereit erklärt, im Rahmen der Finanzinitiative der Vereinten Nationen ihre Investitionen auf eine CO2-arme Wirtschaft auszurichten. 3.9 Diese Vermögensverwalter, Versicherungen, Pensions- und Staatsfonds beziehen sich auf die sechs Grundsätze der VN für verantwortungsvolle Investitionen, die durch die Finanzinitiative des Umweltprogramms der VN und den "Global Compact" eingeführt wurden. Durch die Aufnahme von Themen im Zusammenhang mit der biologischen Vielfalt, dem Landerwerb, dem Schicksal von Arbeitsmigranten und indigenen Völkern sowie der Ressourceneffizienz und der Vermeidung von Umweltverschmutzung berücksichtigt die Internationale Finanz-Corporation (IFC), eine Tochter der Weltbank, Kriterien der lokalen Entwicklung. 3.10 Die wichtigsten nationalen Entwicklungsagenturen in der EU sowie die Europäische Investitionsbank (EIB) und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) finanzieren mittel- und langfristige Projekte, insbesondere in Nachbarländern, und legen den Empfängern ESG-Kriterien auf, die Gegenstand eines Wirkungsberichts sein müssen. Die EIB hat einen überarbeiteten Umwelt- und Sozialleitfaden16 für 2014 veröffentlicht. 3.11 Verbraucher: Der EWSA unterstreicht die Bedeutung der Berücksichtigung der nachhaltigen Entwicklung durch die Verbraucher. Viele Verbraucher sind durch industrielle Katastrophen sensibilisiert und erwarten von den großen Einzelhandelsketten eine verantwortungsvolle Einkaufspolitik sowie die Rückverfolgbarkeit ihrer Produkte in der Lieferkette. Sie schätzen innovative Initiativen in den Bereichen fairer Handel, branchenspezifischer Kennzeichnungen, Ökodesign und Kreislaufwirtschaft. In dem Bestreben, den Verbrauchern eine fundierte Entscheidungsfindung zu erleichtern, fordert der EWSA die Kommission auf, das Dossier der Ursprungsangaben, insbesondere hinsichtlich der Textil- und Bekleidungsindustrie, zu überprüfen. Der EWSA stellt mit Interesse fest, dass die 16 http://www.eib.org/infocentre/publications/all/environmental-and-social-practices-handbook.htm?lang=de. REX/443 – EESC-2015-00558-00-03-RI-TRA (FR) 8/15 Internationale Organisation für Normung (ISO) derzeit eine Norm für verantwortungsvolles Einkaufen (ISO20400) erarbeitet17. 3.12 Sozialpartner: Die SVU ist ein Faktor des transnationalen und sogar globalen sozialen Dialogs, insbesondere im Zuge transnationaler Betriebsvereinbarungen18 (auch "internationale Rahmenabkommen" IRA genannt). Im Jahr 2014 19belief sich ihre Zahl auf fast 250, davon 110 auf globaler Ebene, mit Auswirkungen für 10 Millionen Arbeitnehmer. Die meisten von ihnen werden in Europa von Vertretern der Unternehmensleitung einerseits und der Arbeitnehmer andererseits ausgehandelt. Die durch bestimmte transnationale Unternehmensvereinbarungen eingegangenen Verpflichtungen erstrecken sich auf Tochterunternehmen, ihre Subunternehmen und Lieferanten. Einige dieser Vereinbarungen sehen die Schaffung eines paritätischen Gremiums (Management und Gewerkschaftsorganisation) vor, um die Umsetzung der Vereinbarung zu begleiten, ggf. mit Unterrichtung oder Anhörung des europäischen Betriebsrats. 3.13 Die Sozialwirtschaft (auch als "Sozial- und Solidarwirtschaft" bezeichnet) nimmt in der Entwicklungspolitik der EU einen zunehmend wichtigen Platz ein, wobei die EU vor allem Genossenschaften in der Lebensmittelbranche fördert. Der europäische Sektor der Sozialwirtschaft, der sich nach den ESG-Kriterien richtet, arbeitet mit seinen Pendants in anderen Regionen der Welt zusammen, um diesen auf nichtfinanziellen Kriterien beruhenden Wirtschaftsbereich weiterzuentwickeln. 4. Transparenz und Governance in der Außendimension der SVU. 4.1 Allgemeine Transparenz- und Steuerungsmaßnahmen in der EU 4.1.1 Offenlegung nichtfinanzieller Informationen: Bereits jetzt sind bestimmte Unternehmen verpflichtet, nichtfinanzielle Informationen in den Geschäftsbericht im Einvernehmen mit den Rechnungslegungsvorschriften aufzunehmen. Bei der Umsetzung und Durchführung der neuen EU-Vorschriften wird es darauf ankommen zu gewährleisten, dass durch diese Vorschriften die Transparenz der Tätigkeiten von Unternehmen sowie die verantwortungsvolle Steuerung im Welthandel tatsächlich verbessert werden und ein bloßes "Abhaken" vermieden wird. 4.1.2 Die Richtlinie von 201420, die derzeit umgesetzt wird, gilt für Unternehmen mit über 500 Beschäftigten, börsennotierte Handelsunternehmen und börsennotierte oder nicht börsennotierte Unternehmen von öffentlichem Interesse (gemäß der Definition auf nationaler 17 18 19 20 http://www.iso.org/iso/home/store/catalogue_tc/catalogue_detail.htm?csnumber=63026. Siehe das Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen "The role of transnational company agreements in the context of increasing international integration" (SEC(2008) 2155) vom 2. Juli 2008. "Business Accountability FOR Development" (http://www.ituc-csi.org/business-accountability-for-development?lang=en). http://ec.europa.eu/finance/accounting/non-financial_reporting/index_de.htm. REX/443 – EESC-2015-00558-00-03-RI-TRA (FR) 9/15 Ebene, beispielsweise Finanzinstitutionen). Etwa sechs Tausend in der EU tätige Unternehmen müssen 2018 (Steuerjahr 2017) ihren Interessenträgern einen Bericht zur Offenlegung nichtfinanzieller Informationen vorlegen, in dem ihre Tochterunternehmen berücksichtigt und ihre Strategien, Risiken und Ergebnisse in Bezug auf "Umwelt-, Sozialund Arbeitnehmerbelange, Achtung der Menschenrechte, Bekämpfung von Korruption (....)" dargelegt werden. Neben der Umsetzung ist die Kommission auch verpflichtet, Leitlinien zu entwickeln, um die Einhaltung der in den neuen Vorschriften enthaltenen Transparenzpflichten durch die betroffenen Unternehmen zu fördern. Die Kommission kann später eine Datenbank einrichten, die auf europäischer Ebene alle veröffentlichten Informationen umfasst. 4.1.3 Bedingungen im öffentlichen Beschaffungswesen: Die EU hat ihre Richtlinien bezüglich des öffentlichen Beschaffungswesens überarbeitet. Diese neuen Regeln enthalten eine horizontale Klausel, die es ermöglicht, Kriterien des Umweltschutzes oder der sozialen Integration, die Nutzung von Ökolabels und die Möglichkeit zur Berücksichtigung von Umweltaspekten im gesamten Produktionsprozess sowie einen auf der Berechnung der Lebenszykluskosten beruhenden Ansatz in der öffentlichen Auftragsvergabe vorzusehen21. 4.1.4 Am 20. Mai 2015 verabschiedete das Europäische Parlament einen Verordnungsvorschlag über verantwortungsvolle Lieferketten für Mineralien aus Konflikt- und Hochrisikogebieten22. Die europäischen Einführer von Zinn, Tantal, Wolfram und Gold sollen damit verpflichtet werden, sich von unabhängigen Dritten zertifizieren zu lassen, wobei Kleinstunternehmen und KMU Finanzhilfen für die Zertifizierung im Rahmen des Programms COSME in Anspruch nehmen können. Allerdings müssen sich der Europäische Rat und das Europäische Parlament noch einigen. 4.1.5 Die meisten EU-Mitgliedstaaten haben sich verpflichtet, unverzüglich den "Globalen Standard für den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten"23 umzusetzen; dieser neue Standard wurde von der OECD 2014 veröffentlicht. Diese Vereinbarung würde die multinationalen Unternehmen verpflichten, ihre Konten pro Land zu veröffentlichen, was die Besteuerung der Gewinne in dem Gebiet, in dem sie erzielt wurden, vereinfachen würde. 21 22 23 http://ec.europa.eu/growth/single-market/public-procurement/modernising-rules/reform-proposals/index_de.htm. http://old.eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2014:0111:FIN:DE:PDF. "Dieses Dokument wurde vom Ausschuss für Steuerfragen (CFA) am 17. Januar 2014 genehmigt und freigegeben und enthält den globalen Standard für den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten. Es wurde von der OECD gemeinsam mit den G20-Staaten und in enger Kooperation mit der EU ausgearbeitet." REX/443 – EESC-2015-00558-00-03-RI-TRA (FR) 10/15 4.2 Sektorale Maßnahmen für Transparenz und Regierungsführung in der EU 4.2.1 Die Richtlinie zum Bankensektor24 trägt seit 2013 dazu bei, für Transparenz bei den steuerlichen Verpflichtungen zu sorgen, indem die Banken für jedes Land einige Steuerdaten veröffentlichen müssen. 4.2.2 In einer Richtlinie von 201325 werden die in der mineralgewinnenden Industrie oder der Industrie des Holzeinschlags in Primärwäldern tätigen Unternehmen aufgefordert, einen spezifischen Jahresbericht vorzulegen. Ihre Zahlungen an die lokalen Regierungen müssen transparent sein (Berichterstattung für jedes Land), damit diese Regierungen der Zivilgesellschaft, den lokalen Gebietskörperschaften und den Anlegern die Nutzung der Einnahmen darlegen können. Die EU ruft auch die anderen Länder dazu auf, die Initiative für Transparenz in der Rohstoffwirtschaft (EITI) sowie diejenigen für Primärwälder (FLEGT26) und Diamanten (Kimberley-Zertifizierungsprozess) anzunehmen, die es ermöglichen, die Regierungsführung zu verbessern und Korruption und Versickern von Geldmitteln zu bekämpfen. 4.2.3 EU-Maßnahmen in der Textil- und Bekleidungsbranche. Diese sehr sensible Branche macht in bestimmten Ländern einen Großteil des Außenhandels aus und sorgt für zahlreiche Arbeitsplätze, die sowohl von der Bezahlung als auch von den Arbeitsbedingungen her nicht immer hochwertig sind. Ein Teil der seit langem von den internationale Gewerkschaftsorganisationen und NRO alarmierten westlichen Großabnehmer – Marken und Vertriebsketten – erstellen Verhaltenskodizes und führen Sozialaudits durch. In einem Kontext starken Wettbewerbs fordern bestimmte Auftraggeber von den Zulieferern, die Menschenrechte am Arbeitsplatz zu achten, und zwingen ihnen gleichzeitig niedrige Preise und kurze Fristen auf. Damit geben sie den Unternehmen der Lieferkette in den Entwicklungsländern widersprüchliche Anweisungen. Nach dem derzeitigen Stand der Dinge ist die Rückverfolgbarkeit nicht leicht herzustellen, insbesondere wenn die staatlichen Stellen vor Ort versagen. 4.2.4 Die um ihre Wettbewerbsfähigkeit besorgte europäische Textil- und Bekleidungsbranche entwickelt mit Blick auf ein nachhaltiges Wachstum insbesondere ökologische Initiativen. Die Europäische Bekleidungs-und Textilorganisation (Euratex) beabsichtigt eine effiziente Nutzung der Ressourcen (Arbeit, Rohstoffe, Energie, Wasser), um die Kosten zu optimieren, die Transparenz in der Versorgungskette zu fördern und mit den internen und externen Interessenträgern einen Dialog zu führen. Sie führt mit Unterstützung der GD EMPL ein Pilotprojekt für nachhaltiges Wachstum durch. 24 25 26 Richtlinie 2013/36/EU vom 26. Juni 2013. Richtlinie 2013/50/EU vom 22. Oktober 2013, Erwägungsgrund 7. Seit 2003 wird mit dem Aktionsplan FLEGT (Rechtsdurchsetzung, Politikgestaltung und Handel im Forstsektor) versucht, die Einfuhr von illegalem Holz in die EU sowohl durch auf das Angebot (Unterstützung der Erzeugerländer zur Verbesserung ihres Rechtsrahmens und seiner Umsetzung) als auch auf die Nachfrage (EU-Verordnung zur Überprüfung der Legalität von eingeführten Holzladungen) wirkende Maßnahmen einzudämmen. REX/443 – EESC-2015-00558-00-03-RI-TRA (FR) 11/15 4.2.5 Das Drama von Rana Plaza in Bangladesch im Jahr 2013 führte einmal mehr die Notwendigkeit vor Augen, die Sicherheit am Arbeitsplatz zu verbessern. Mehrere nationale Kontaktstellen von Mitgliedstaaten27 verfassten Berichte über die Textil- und Bekleidungsbranche in Bangladesch mit konkreten Empfehlungen. In Partnerschaft mit der ILO und Bangladesch beteiligt sich die EU an einem umfassenden "Pakt" zur Verbesserung der Arbeitnehmerrechte, der Arbeitsbedingungen und der Sicherheit in den Fabriken der Konfektionskleidungsindustrie in diesem Land28. Sie beteiligt sich an der Finanzierung einer weltweiten Vereinbarung für Gebäudesicherheit und Brandschutz zwischen den Gewerkschaftsorganisationen und den Unternehmen. Dieses Vorgehen der Wirtschaftsakteure, Staaten und internationalen Institutionen ist eine vielversprechende Neuerung29. 4.2.6 Allerdings darf der Fall Kambodschas nicht vergessen werden. Dieses Land wurde mit dem Projekt "Better Factories Cambodia" lange als Beispiel für vorbildliche Verfahrensweisen angeführt. Das Projekt vereinte unter der Schirmherrschaft der ILO die Öffnung des amerikanischen Marktes und die korrekte Behandlung der Arbeitskräfte. Für die gesamte Branche wurde ein Mindestlohn eingeführt und eine Überwachung organisiert. Mit dem Auslaufen des Multifaserabkommens änderte sich die Lage, und die Wirksamkeit des Projekts auf die Arbeitsbedingungen ging verloren30. 4.2.7 Verantwortungsvolle Regelung von Grundbesitz Im Zusammenhang mit dem Kampf für Ernährungssicherheit und gegen Landnahme hat die Ernährungsund Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) freiwillige Leitlinien für die verantwortungsvolle Regelung der Nutzungs- und Besitzrechte an Land, Fischgründen und Wäldern festgelegt31. In der Erklärung der wirtschaftlichen und sozialen Interessengruppen AKP-EU werden die Regierungen aufgefordert die Grundsätze der FAO für eine verantwortungsvolle Regelung der Nutzungs- und Besitzrechte an Land anzuwenden, um eine transparente Bodenpolitik zu garantieren und Agrarreformern durchzuführen, die den Zugang zum Grundbesitz sicherstellen. 27 28 Belgien (http://economie.fgov.be/fr/binaries/Rapportenaanbeveling_20140207_EN_tcm326-242683.pdf), Frankreich (http://www.tresor.economie.gouv.fr/8507_rapport-du-pcn-sur-la-mise-en-oeuvre-des-principes-directeurs-de-l-ocde-dans-lafiliere-textile-habillement), Italien (http://pcnitalia.sviluppoeconomico.gov.it/en/news/item/301-report-on-responsible-businessconduct-in-the-textile-and-garment-supply-chain). http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2013/july/tradoc_151601.pdf. Siehe auch: http://trade.ec.europa.eu/doclib/press/index.cfm?id=1296. 29 Human Rights Watch - Bericht April 2015 "Whoever raises their head suffers the most – Workers' rights in Bangladesh's garment factories" (www.hrw.org/). Siehe auch: RanaPlaza-arrangement.org. 30 Vgl. La Missive de gestion attentive Nr. 56 – Februar/März 2014 – Les "bonnes pratiques" de la confection cambodgienne und Nr. 58 – Juli 2014 – Chaîne de valeur dans l'habillement (www.gestion-attentive.com). 31 Verantwortungsvolle Regelung der Grundbesitzverhältnisse (http://www.fao.org/docrep/016/i2801e/i2801e.pdf). REX/443 – EESC-2015-00558-00-03-RI-TRA (FR) 12/15 5. Rückverfolgbarkeit und Sorgfaltspflicht in der Einflusssphäre 5.1.1 Rückverfolgbarkeit in den globalen Wertschöpfungsketten. Vor dem Hintergrund der aufgrund der Globalisierung immer komplexeren Wertschöpfungs- und Lieferkette wirft die Anwendung der Sorgfaltspflicht Fragen auf, die einerseits mit der Reichweite der Verantwortung zwischen Mutter- und Tochterunternehmen sowie zwischen Auftraggebern und Zulieferern und andererseits mit den Mitteln zusammenhängen, die für die Evaluierung und Kontrolle der Wertschöpfungskette in der Einflusssphäre eingesetzt werden müssen. Zu diesem Thema veröffentlichte die OECD 2010 Empfehlungen für multinationale Unternehmen32 und richtete ein Weltforum für soziale Verantwortung von Unternehmen ein, in dem 2014 insbesondere die Frage der Zulieferungen thematisiert wurde. Über den Global Compact wird den Unternehmen seit 2014 eine Methodik der Rückverfolgbarkeit ihrer Wertschöpfungskette33 zur Verfügung gestellt, die es ermöglicht, die Einflusssphäre abzugrenzen. 5.1.2 Das Internationale Handelszentrum (ITC) richtete im Jahr 2011 eine Datenbank ein (Standards Map), die Informationen über mehr als 170, vor allem private Normen, Verhaltenskodizes und Auditprotokolle liefert, insbesondere für landwirtschaftliche Erzeugnisse aus Entwicklungsländern. Standards Map ermöglicht es, festzustellen, welchen Verpflichtungen die an den Lieferketten beteiligten Wirtschaftsakteure in 180 Ländern nachkommen müssen34. So können die Erzeuger und Händler die Anforderungen der künftigen Abnehmer antizipieren und sich besser in den Welthandel integrieren. 5.1.3 Seit 2010 besteht auch eine zweisprachige Website (Englisch, Französisch) der ORSE35 mit einem Verzeichnis der Initiativen und Regelungen zur gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen nach Ländern per Kontinent (Afrika, Amerika, Asien, Europa)36. 5.2 Umsetzung der Sorgfaltspflicht 5.2.1 Die im Juni 2011 vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen einstimmig angenommenen Leitprinzipien der Vereinten Nationen in Bezug auf Unternehmen und Menschenrechte37 beruhen auf drei Säulen: Schützen-Achten-Wiedergutmachen. Ihre Annahme ist ein wichtiges Ereignis im Zusammenhang mit der Verantwortung von Unternehmen, da dieser Text den klassischen Bereich der gesellschaftlichen Verantwortung 32 33 34 35 36 37 Wertschöpfungsketten und OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen. "A Guide to Traceability: A Practical Approach to Advance Sustainability in Global Supply Chains" (kann unter http://www.unglobalcompact.org/Issues/supply_chain/index.html heruntergeladen werden). http://www.intracen.org/, http://www.intracen.org/itc/a-propos-de-l-itc/Standards-Map/#sthash.2iPVKvKl.dpuf, http://www.intracen.org/itc/a-propos-de-l-itc/Standards-Map. Observatoire de la responsabilité sociétale des entreprises (Beobachtungsstelle für die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen) (orse.org). www.reportingrse.org. http://www.ohchr.org/Documents/Publications/GuidingPrinciplesBusinessHR_En.pdf. REX/443 – EESC-2015-00558-00-03-RI-TRA (FR) 13/15 von Unternehmen (wirtschaftlich, ökologisch, sozial/gesellschaftlich, Governance) ergänzt, indem der Schwerpunkt bei der gesellschaftlichen Säule auf die Menschenrechte gelegt wird. Die Staaten müssen die Menschenrechte durch die Umsetzung universell gültiger internationaler Verträge schützen, und die Unternehmen müssen sie durch die Anwendung nationalen und internationalen Rechts achten, wozu auch die Überwachung ihrer Lieferkette gehört. 5.2.2 Im Ruggie-Bericht von 200838 skizziert und in diesen Leitsätzen weiterentwickelt wurde die Sorgfaltspflicht 2011 in der überarbeiteten Fassung der Leitsätze der OECD für multinationale Unternehmen39 noch detaillierter dargelegt und gestärkt. Laut diesen Leitsätzen muss ein Unternehmen seinen Einfluss nutzen, um direkt mit seinen Handelstätigkeiten oder -beziehungen verknüpfte negative Auswirkungen zu verhindern bzw. zu mildern, ein Fall, in dem sie der Verpflichtung zur größtmöglichen Mühe unterliegen. Von verschiedener Seite wird die Auffassung vertreten, dass sich diese Sorgfaltspflicht über kurz oder lang auf die gesamte Lieferkette erstrecken sollte, was eine große Herausforderung darstellt. Eine Reihe von Unternehmen und Investoren tragen den Menschenrechten trotz der damit verbundenen Schwierigkeiten bereits Rechnung. 5.2.3 Die Vorkehrungen für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht müssen im Bericht von Großunternehmen zur Offenlegung nichtfinanzieller Informationen40 enthalten sein. Mehrere Mitgliedstaaten haben Initiativen ergriffen, von denen einige in dem vor kurzem veröffentlichten Kompendium zur gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen41 dargelegt bzw. angekündigt sind. Dabei handelt es sich beispielsweise um das Vereinigte Königreich (Gesetz 2015 zur Bekämpfung der Zwangsarbeit), die Niederlande (präventive Analyse der sektorspezifischen Risiken), Finnland (Beschwerdeverfahren gegen öffentliche Unternehmen), Frankreich (Gesetzesvorschlag zur Rechenschaftspflicht von Mutterunternehmen) oder auch Dänemark (Arbeitsgruppe zur Extraterritorialität). Die Gruppe der Freunde von Absatz 4742 tritt dafür ein, dass Unternehmen Informationen veröffentlichen, die es ermöglichen, ihren Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu evaluieren. 5.2.4 Um die Leitprinzipien in Bezug auf Unternehmen und Menschenrechte umzusetzen, veröffentlichte die Europäische Kommission spezifische Leitfäden für in drei Bereichen tätige Unternehmen: Informations- und Kommunikationstechnologien, Erdöl und Erdgas und 38 39 40 41 42 "Report of the Special Representative of the Secretary-General on the issue of human rights and transnational corporations and other business enterprises, John Ruggie; Guiding Principles on Business and Human Rights: Implementing the United Nations 'Protect, Respect and Remedy' Framework" (http://www.ohchr.org/documents/issues/business/A.HRC.17.31.pdf). http://mneguidelines.oecd.org/text/. Richtlinie 2014/95/EU zur Änderung der Richtlinie 2013/34/EU im Hinblick auf die Angabe nichtfinanzieller und die Diversität betreffender Informationen durch bestimmte große Unternehmen und Gruppen. Corporate Social Responsibility National Public Policies in the European Union, Compendium 2014 (31. Oktober 2014). Die Gruppe der Freunde von Absatz 47 besteht aus Vertretern der Regierungen von Ländern verschiedener Regionen der Welt, die sich verpflichten, zur Umsetzung des Absatzes 47 des Schlussdokuments der Konferenz der Vereinten Nationen über nachhaltige Entwicklung von 2012 (Rio + 20-Konferenz) "Die Zukunft, die wir wollen" beizutragen. Vgl. Charta der Gruppe der Freunde von Absatz 47 über die Berichterstattung von Unternehmen über nachhaltige Entwicklung (www.unep.org/). REX/443 – EESC-2015-00558-00-03-RI-TRA (FR) 14/15 Arbeitsvermittlungsdienste43. Auch die europäischen KMU verfügen über einen an ihre Besonderheiten angepassten Leitfaden44. 5.2.5 Die Europäische Union fordert alle Mitgliedstaaten auf, schrittweise einen nationalen Aktionsplan für Unternehmen und Menschenrechte einzuführen, wie dies bereits beispielsweise in Dänemark, Finnland, Italien, den Niederlanden und im Vereinigten Königreich der Fall ist45. Von der Fachgruppe am 16. Juli 2015 in Brüssel angenommen. Der Vorsitzende der Fachgruppe Außenbeziehungen José María ZUFIAUR NARVAIZA _____________ 43 44 45 http://ec.europa.eu/growth/industry/corporate-social-responsibility/in-practice/index_en.htm. Idem 35. Idem 36. REX/443 – EESC-2015-00558-00-03-RI-TRA (FR) 15/15