Klassifikation in der Psychologie Referentin: Daniela Heddaeus Seminar: Computergestützte Musikanalyse Dozent: Klaus Frieler Datum: 29.01.2008 Überblick 1. Kategorisierungssysteme der Psychologie a) b) ICD-10 DSM 5 2. Informationsverarbeitungsprozess 3. Kategorisierung 4. Kategoriale Wahrnehmung Einführung Welchen Beitrag kann die Wissenschaft der Psychologie zur computergestützten Musikanalyse leisten? Das menschliche Gehirn als komplexer Computer Von der Informationsverarbeitung und Wissensspeicherung beim Menschen zur Informationsverarbeitung und zum Retrieval in der Musikwissenschaft/Musikindustrie? ICD-10 WHO International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems Beschreibung jeder Störung mit dazugehörigen Diagnosekriterien Phänomenologisch: von außen Erkennbar Notwendigkeit für Behandlung und Gesundheitssystem Verständigungsgrundlage Internationale Gültigkeit Struktur des ICD-10 WHO System zur Diagnostik und Klassifikation von Störungen Kapitel I-XXII Unterkapitel: z.B. F 00-99 = Psychische und Verhaltensstörungen Unterkapitel: F 30-39 = Affektive Störungen Subtypen: F 31= bipolare affektive Störung Subtypen: F 31.1 – F 31.9 Psychische und Verhaltensstörungen F00-F09 Organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen F10-F19 Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen F20-F29 Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen F30-F39 Affektive Störungen F40-F48 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen F50-F59 Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren F60-F69 Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen F70-F79 Intelligenzstörung F80-F89 Entwicklungsstörungen F90-F98 Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend F99 Nicht näher bezeichnete psychische Störungen Bipolare affektive Störung Hierbei handelt es sich um eine Störung, die durch wenigstens zwei Episoden charakterisiert ist, in denen Stimmung und Aktivitätsniveau des Betroffenen deutlich gestört sind. Diese Störung besteht einmal in gehobener Stimmung, vermehrtem Antrieb und Aktivität (Hypomanie oder Manie), dann wieder in einer Stimmungssenkung und vermindertem Antrieb und Aktivität (Depression). Wiederholte hypomanische oder manische Episoden sind ebenfalls als bipolar zu klassifizieren. Inkl.: Manisch-depressiv: · Krankheit · Psychose · Reaktion Exkl.: Bipolare affektive Störung, einzelne manische Episode ( F30.- ) Zyklothymia ( F34.0 ) DSM-IV Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders nationales Klassifikationssystem aus den USA Berücksichtigt geschlechtsspezifische Unterschiede Multiaxiale Einteilung von Experten festgelegt Hintergrund: Erleichterung von Diagnose und Heilung DSM V: multiaxiale Einteilung Achse I: Zustandsstörungen, schwere mentale Fehlstörung und Lernunfähigkeiten Achse II: Dauerhafte Entwicklungs- und Persönlichkeitsstörungen, mentale Defizite und geistige Behinderungen Achse III: Medizinische Krankheitsform Achse IV: Psychosoziale und umgebungsbedingte Belastungsfaktoren Achse V: Globale Erfassung des Funktionsniveaus Kategorien 1. Störungen, die in Kindheit und Jugend auftreten 2. Substanzinduzierte Störungen 3. Psychotische Störungen 4. Affektive Störungen 5. Angststörungen 6. Somatoforme Störungen 7. Dissoziative Störungen 8. Sexuelle Störungen 9. Schlafstörungen 10. Essstörungen 11. Vorgetäuschte Störungen 12. Anpassungsstörungen 13. Störungen der Impulskontrolle 14. Persönlichkeitsstörung 15. Andere klinisch relevante Probleme 16. kognitive Störungen Informationsverarbeitungsprozess Ebenen der Wahrnehmung 1. Empfinden Sensorischer Prozess Vom distalen zum proximalen Reiz 2. Organisieren Ordnen und Zusammenfassen der Infos Tiefe, Konstanz, etc. 3. Identifizieren und Einordnen Interpretation aufgrund von Vorerfahrung Einordnung in Kategorien Verleihung von Bedeutungen Bottom-up & Top-Down Bottom up Aufnahme sensorischer Information in das System durch die Rezeptoren Filterung und Analyse relevanter Informationen von konkreten Reizmerkmalen des Stimulus zu abstrakten Repräsentationen Datengeleitete Verarbeitung Top Down Auswirkung von Erfahrungen, Wissen, Erwartungen und kulturellem Hintergrund auf die Wahrnehmung sie das Objekt ihrer Wahrnehmung und Interpretation (Kategorisierung) Konzept- bzw. Hypothesengeleitete Verarbeitung Interaktion der beiden Prozesse bestimmt, wie wir etwas wahr nehmen Kategorisierung Definitionen: Kategorie: gr. „Aussage“, auch Klasse, Sorte, Art, Gruppe die Oberbegriff, allgemeine Aussage Kategorisierung: Grundprinzip zur Reduzierung von Komplexität Einordnung vielfältiger Information in Gruppen Zusammenfassung konkreter Elemente gleicher Merkmalsstruktur Kategorisierung Grundlegendste Fähigkeit denkender Lebewesen Bildung von Gruppen: phänomenologisch, funktionell, semantisch Voraussetzung für Speicherung und Organisation von Wissen Enkodierung und Speicherung Abruf/Retrieval Ermöglicht Vorhersagungen und Schlussfolgern Primingprozesse durch Verbindungen Kategorien und Top-Down Prozesse Formen von Kategorien Prototyp Mittelwert aller Objekte einer Kategorie Wird aus allen bisherigen Erfahrungen ermittelt Verändert sich mit jedem neuen Objekt Stereotyp Repräsentatives Beispiel einer sozialen Kategorie Vorurteil Schemata Größere, vereinfachte Einheit komplexer Begriffe Interaktionen, Zusammenfassung von Einzelbegrifflichkeiten Inhalte der Kategorisierung Gegenstände, Objekte Musik Emotionen Basisemotionen: Furcht, Wut, Freude, Trauer, Vertrauen, Ekel, Neugierde, Überraschung Personen Soziale Kategorisierung Bildung einer Kategorie bewirkt die Bildung einer anderen Kategorie Tier -hat Haut -Kann sich frei Bewegen -Frisst -AtmetVogel -Hat Flügel -Kann fliegen -Hat Federn Kanarienvogel -Ist gelb - kann singen Strauß -Dünne lange Beine -Ist groß -Kann nicht fliegen Fisch -Hat Flossen -Kann schwimmen -Hat Kiemen Hai -Kann beißen -Ist gefährlich Lachs -Ist rosa -Ist essbar Entwicklung Kategorien werden gelernt Prozesse Assimilation Akkomodation Wie könnte das in der Musik funktionieren? Theorie der kategorialen Wahrnehmung Allgemein: Reizkontinua (z.B. Frequenzen, Farben etc.) werden als nicht kontinuierlich empfunden, sondern als in Kategorien eingeteilt wahrgenommen; innerhalb der Kategorien wird nicht unterschieden Speziell: Kleinere Unterscheidungsfähigkeit zwischen Mitgliedern derselben Kategorie als zwischen Mitgliedern unterschiedlicher Kategorien Fließender Übergang der Merkmalsstruktur Kategoriale Wahrnehmung Laute innerhalb einer spezifischen Kategorie werden als absolut identifiziert Diskriminierung nur zwischen Lauten möglich, die zu unterschiedlichen Klassen gehören. Häufig im Zusammenhang mit der Sprachwahrnehmung: Phonemkategorie: Wahrnehmung von ähnlichen Lauten als absolut Beispiel: akustische Unterscheidung zwischen b und p Kategoriale Wahrnehmung Kategoriale Wahrnehmung Tonhöhenwahrnehmung Begrenzte Unterscheidungsfähigkeit bei Tönen bzw. Tonhöhen wegen Beschaffenheit des menschlichen Hörorgans bei der Frequenzauflösung Kategorisierung unterschiedlicher Tönhöhen in Tonkategorien in der Tonleiter kein direkter Zusammenhang zwischen dem Unterscheidungsvermögen und der Kategorisierung der Tonhöhen in Tonleitern diese Kategorien sind gröber und werden gelernt Wahrnehmung diskreter Tonhöhen universell und kulturabhängig Kategoriale Wahrnehmung in der Musik auditive Gruppierungsstrategien von Tönen zu Wahrnehmungseinheiten nach Gestaltungsprinzipien (Motte-Haber 1996) Kurzzeitgedächtniskapazität: 7 Items Musikalische Wahrnehmung von gelernten Kategorien und Schemata geprägt Je besser die Erinnerung im auditorischen Gedächtnis ist, desto leichter ist ein Folgestimulus davon unterscheidbar Kategoriale Wahrnehmung in der Musik Gruppierung in Einheiten zu Motiven Beispiele: Harmonik Melodik Rhythmik Metrum Grundschlag Gestaltaspekte Computerbasierte Musikanalyse »Die bisherige musiktheoretische Forschung leidet unter unzureichenden Begriffsbildungen. Musiktheorie muß im Zusammenhang mit formaler Begriffsbildung entwickelt werden, die jedoch der psychologischen Stützung bedarf. [...] Grundlegender Bestandteil zeitgenössischer musiktheoretischer Forschung in Verbindung mit Theorie und Experiment ist die Computersimulation.« Computerbasierte Musikanalyse Begründung Förderung der Weiterentwicklung expliziter Formulierung, musiktheoretischer Methoden und Konzepte Empirisches Überprüfen der musiktheoretischen und musikpsychologischen Hypothesen Hypothesen Musikproduktion, Musizieren, Lernen und Lehren Herausforderung für die Informatik