Störungen des Tonus der Muskulatur

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Neurologische Symptome und Syndrome
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Karl Zeiler, Christian Wöber
Univ.-Klinik für Neurologie Wien
Bewußtseinsstörungen
Anatomische Grundlagen
► für ein ungestörtes Bewußtsein relevante Strukturen: aufsteigendes
retikuläres aktivierendes System (ARAS) in der Formatio reticularis des Hirnstamms – Verbindungen zum Thalamus – Thalamus – Verbindungen zum Kortex – Kortex
► Bewußtseinsstörungen: Hirnstamm-Läsionen, beidseitige Läsionen
im Bereich des Thalamus, des subkortikalen Marklagers und/
oder des Kortex
Quantitative Bewußtseinsstörungen (1)
► Definition: Störung des Bewußtseinsniveaus
► Klinisches Bild: meistens Einschränkung des Wachbewußtseins und
der Reaktionsfähigkeit, also „Bewußtseinsverminderung“ (im
Schlaf physiologisch)
► Begriffe, entsprechend dem Grad der Beeinträchtigung: Somnolenz,
Sopor, Koma (weitere Abstufung möglich)
► „Benommenheit“: minimale Beeinträchtigung des Wachbewußtseins
Quantitative Bewußtseinsstörungen (2)
Somnolenz
► Patient müde, lethargisch, schläfrig
► Patient oft schlafend, aber leicht weckbar, reagiert auf Ansprache
► Schmerzreiz: prompte und gezielte Abwehr
► keine Orientierungsstörungen
► Fragen werden korrekt beantwortet, einfache Aufforderungen
werden befolgt
► Reaktionen meistens etwas verzögert und verlangsamt
► Patient schläft nach Abbruch des Kontaktes meistens wieder
ein
Quantitative Bewußtseinsstörungen (3)
Sopor
► Patient schläft bzw. ist in einem schlafähnlichen Zustand
► keine spontanen Äußerungen
► Patient nur durch Ansprechen mit lauter Stimme, ev. nur durch
das Setzen mechanischer Reize weckbar
► Reaktion auf Schmerzreize verzögert, i.a. aber gerichtet
► häufig Orientierungsstörungen
► Aufforderungen werden gar nicht oder deutlich verzögert und
meistens unvollständig befolgt
► Patient schläft nach Abbruch des Kontaktes rasch wieder ein
Quantitative Bewußtseinsstörungen (4)
Koma
► Patient bewußtlos, nicht weckbar, Augen geschlossen
► keine Reaktion auf akustische Reize
► oberflächliches Komastadium: Abwehrreaktion auf starke
Schmerzreize weitgehend gezielt
► tieferes Komastadium: Abwehrreaktion auf starke Schmerzreize
ungezielt, ev. grobe Massenbewegungen auf der Seite des
Schmerzreizes
► tiefes Komastadium: über Schmerzreize sind nur noch Beugeund Strecksynergien bzw. letztlich keine Reaktionen mehr
auslösbar
Qualitative Bewußtseinsstörungen (1)
► Definition: Störung des Bewußtseinsinhalts bzw. der Bewußtheit
► Manifestation im Rahmen diverser psychiatrischer Erkrankungen
wie auch im Zusammenhang mit Erkrankungen des Gehirns
► Beispiele: Verwirrtheitszustände, delirante Bilder
Qualitative Bewußtseinsstörungen (2)
Verwirrtheit
► Orientierungsstörungen, insbes. betreffend Ort, Zeit und/oder
Situation, seltener betreffend die eigene Person
► zusätzlich ev. quantitative Bewußtseinsstörungen, insbes. bei
organisch begründbaren Störungen
► meistens liegen Wahrnehmungs-, Merkfähigkeits- und Denkstörungen vor
► inkohärenter Ablauf des Denkens und des Handelns
► häufig liegen Antriebsstörungen vor, ev. Erregungszustände
Qualitative Bewußtseinsstörungen (3)
Delir
► Orientierungsstörungen
► Patient psychomotorisch unruhig, meistens agitiert
► oft stehen optische Halluzinationen im Vordergrund
► bei Patienten, deren Delir durch eine organische Gehirnerkrankung verursacht wird, können vegetative Funktionsstörungen fehlen
Bewußtseinsstörungen
Ursachen (1)
Erkrankungen / Funktionsstörungen des Gehirns
► Schädelhirntraumen (epidurale, subdurale, intrazerebrale Hämatome, Kontusionsherde, Hirnödem, primäre Hirnstammläsion)
► zerebrovaskuläre Erkrankungen (ischämische Infarkte, intrazerebrale Hämatome, Sinus-, Hirnvenen-Thrombosen, Subarachnoidealblutungen)
► entzündliche Erkrankungen (Meningitiden, Enzephalitiden, epidurale, subdurale oder intrazerebrale Empyeme bzw. Abszesse)
► Tumoren (primäre intrakranielle Tumoren, Metastasen, Meningeosis neoplastica)
► Verschlußhydrozephalus
► epileptische Anfälle
Bewußtseinsstörungen
Ursachen (2)
Extrazerebrale Erkrankungen
► metabolische Störungen
► Sepsis
► Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit generalisierter Hypoxämie
► Intoxikationen
Bewußtseinsstörungen
Diagnostik (1)
Allgemeinmedizinische Diagnostik
► EKG, RR-Messung, Ermittlung der Körpertemperatur
► Labortests (Blutbild, Blutgerinnung, Blutzucker, Leber-, Nierenfunktionsproben, Elektrolyte, Osmolalität, CK, Schilddrüsenfunktionswerte, arterielle Blutgas-Analyse, Blutkulturen,
toxikologisches Screening)
► Harnanalyse
► bei Vd. a. Benzodiazepin-Intoxikation: ev. Gabe von Flumazenil
(Anexate®) i.v.
► bei Vd. a. Opiat-Intoxikation: ev. Gabe von Naloxon (Narcanti®)
i.v.
Bewußtseinsstörungen
Diagnostik (2)
Neurologische Diagnostik
► CCT- und/oder kraniale MRT-Untersuchung
► Lumbalpunktion, Liquordiagnostik: bei Vd. a. entzündliche Erkrankung der Meningen / des Gehirns
► Lumbalpunktion, Liquordiagnostik: bei Vd. a. spontane Subarachnoidealblutung, es sei denn, die Diagnose wurde bereits mittels CCT gesichert
► zerebrale Angiographie: bei spontaner Subarachnoidealblutung
► Sonographie, MR-Angiographie, CT-Angiographie; bei Vd. a.
arteriellen Gefäßverschluß (z.B. Basilaris-Thrombose)
► EEG: bei Vd. a. epileptischen Anfall, Vd. a. Herpes simplex
Typ 1 - Meningoenzephalitis, Vd. a. metabolische Störung,
Vd. a. Intoxikation
Störungen der Willkürmotorik
Anatomische Grundlagen
Zentrales motorisches Neuron (1)
► Ganglienzellen: im Bereich der frontalen Hirnrinde im primären
motorischen Kortex (Area 4), im lateral gelegenen prämotorischen Kortex (Area 6) und im medial gelegenen supplementär-motorischen Kortex (Area 6, dient v.a. der Organisation der Bewegungsplanung)
► Rindenfelder: die Körperregionen sind entsprechend ihrer funktionellen Bedeutung und nicht entsprechend ihrer Größe angeordnet und gewichtet
► Fasern für das Gesicht: entspringen nahe der Fissura Sylvii;
Fasern für das Bein: entspringen an der Mantelkante (motorischer Homunculus)
Störungen der Willkürmotorik
Anatomische Grundlagen
Zentrales motorisches Neuron (2)
► Verlauf der efferenten Fasern des zentralen motorischen Neurons
(Pyramidenbahn): motorischer Kortex → subkortikales Marklager → Capsula interna → kontralateral gelegene Kerne der
motorischen Hirnnerven im Hirnstamm (Tr. corticonuclearis)
oder über den Hirnstamm weiter zum Rückenmark (Tr. corticospinalis)
► Tr. corticospinalis: etwa 90% der Fasern kreuzen in Höhe der
unteren Medulla oblongata und ziehen als Tr. corticospinalis
lateralis nach kaudal zu den Vorderhorn-Ganglienzellen im
Rückenmark; etwa 10% der Fasern verlaufen als Tr. corticospinalis anterior nach kaudal
Störungen der Willkürmotorik
Anatomische Grundlagen
Peripheres motorisches Neuron
► Ganglienzellen: liegen im Bereich der Hirnnerven-Kerne bzw. im
Vorderhorn des Rückenmarks (motorische Vorderhorn-Ganglienzellen)
► Verlauf der Fasern der peripheren motorischen Neurone aus dem
Rückenmark: über die Vorderwurzeln, ggf. die Plexus sowie
über die motorischen oder gemischt motorisch-sensiblen peripheren Nerven zu den motorischen Endplatten
► „motorische Einheit“: peripheres motorisches Neuron zusammen
mit den von ihm versorgten Muskelfasern
Störungen der Willkürmotorik
Anatomische Grundlagen
1
2
3
1 zentrales motor. Neuron (OE)
2 zentrales motor. Neuron (UE)
3 peripheres motor. Neuron (OE)
4 peripheres motor. Neuron (UE)
4
Störungen der Willkürmotorik – Klinische Prüfung
→ Trophik der Muskulatur ?
→ trophische Störungen an Haut, Haaren, Nägeln, Gelenken ?
→ Störungen von Schweißsekretion, Piloarrektion, Vasomotorik ?
→ Tonus der Muskulatur ?
→ Positionsversuche ?
→ grobe Kraft ?
→ Feinmotorik ?
→ Eigenreflexe ?
→ Fremdreflexe ?
→ pathologische Reflexe ?
→ Faszikulationen ?
Störungen der Willkürmotorik
Trophik der Muskulatur
Läsion des zentralen motorischen Neurons
► meistens entwickeln sich keine wesentlichen Atrophien der betroffenen Muskulatur
Läsion des peripheren motorischen Neurons (Nervenwurzel)
► bei Läsion einer einzelnen Wurzel sind keine wesentlichen
Atrophien der betroffenen Muskulatur zu erwarten (die
meisten Muskeln werden über mehrere Wurzeln versorgt)
Läsion des peripheren motorischen Neurons (peripherer Nerv)
► bei Läsionen peripherer motorischer oder gemischt motorischsensibler Nerven entwickeln sich innerhalb weniger Wochen
deutliche Atrophien in der betroffenen Muskulatur
Störungen der Willkürmotorik
Weitere trophische / vegetative Störungen
Weitere Folgen der Läsion peripherer Nerven
► trophische Störungen der Haut (Ausbildung einer dünnen, pergamentartigen Haut, verzögerte Wundheilung, Begünstigung
der Entstehung von Ulzerationen)
► trophische Störungen der Haare und Nägel (Wachstumsstörungen,
erhöhte Brüchigkeit)
► destruktive Schäden im Bereich der Gelenke
Folgen der Läsion sympathischer Fasern (verlaufen mit peripheren
gemischten und sensiblen Nerven)
► Störungen der Schweißsekretion
► Störungen der Piloarrektion
► Störungen der Vasomotorik
Tonus der Muskulatur
Definition: Dehnungswiderstand des entspannten Muskels
Systeme, die den Tonus beeinflussen
► motorisches System (Pyramidenbahn)
► extrapyramidal-motorisches System
► Kleinhirn
► Strukturen im Rückenmark
Klinische Prüfung
► der Patient ist entspannt, bleibt passiv
► der Untersucher bewegt die Gelenke und prüft den muskulären
Widerstand
► die Bewegungen müssen für den Patienten unerwartet kommen
(Änderung des Tempos, der Richtung der Bewegung, Prüfung in zwei Gelenken gleichzeitig)
Störungen des Tonus der Muskulatur
Spastisch gesteigerter Tonus (1)
Klinische Prüfung
► Beginn der passiven Bewegung: erhöhter Widerstand (je
höher das Tempo der Bewegung, desto deutlicher ist
der Widerstand)
► weiterer Bewegungsablauf: der Widerstand läßt allmählich
oder plötzlich nach („Taschenmesser-Phänomen“)
Pathophysiologie (1)
► Ursache: Läsion des zentralen motorischen Neurons
► Entwicklung der Spastizität meistens in den ersten wenigen
Tagen nach dem auslösenden Ereignis
► unilaterale zentrale Läsion: kontralaterale spastische Tonussteigerung, an der OE überwiegt der Tonus der Beuger,
an der UE der Tonus der Strecker
Störungen des Tonus der Muskulatur
Spastisch gesteigerter Tonus (2)
Pathophysiologie (2)
► bilaterale Läsionen im Bereich Gehirn / oberes Halsmark:
spastische Tonussteigerung an allen vier Extremitäten
(„Tetraspastik“)
► bilaterale Läsionen in Höhe der Segmente D1-D10: spastische Tonussteigerung in den Beinen („Paraspastik“)
► Läsionen unterhalb des Segments D10: trotz Affektion des
zentralen Neurons keine spastische Tonussteigerung
(„pseudoschlaffer Tonus“)
Störungen des Tonus der Muskulatur
Plastisch gesteigerter Tonus (Rigor)
Klinische Prüfung
► zäher, wachsartiger, plastisch erhöhter Widerstand der Muskulatur im gesamten Ablauf der passiven Bewegung (bei
langsamer Bewegung am besten wahrzunehmen)
► ev. wiederholtes plötzliches, ruckartiges, „sakkadiertes“
Nachlassen und Wiederauftreten des Widerstandes
(„Zahnrad-Phänomen“)
► „Head-dropping-Test“: der passiv angehobene Kopf des liegenden Patienten sinkt nur allmählich auf die Unterlage
zurück („imaginäres Kopfkissen“)
Ursachen
► i.a. Erkrankungen des extrapyramidal-motorischen Systems
Störungen des Tonus der Muskulatur
Schlaffer Tonus
Klinische Prüfung
► passive Bewegung: fehlender muskulärer Widerstand
Ursachen
► häufigste Ursache: Läsion des peripheren motorischen Neurons (Erkrankungen der Vorderhorn-Ganglienzellen, der
Wurzeln, der Plexus, der peripheren Nerven)
► weitere mögliche Ursachen: Kleinhirn-Läsionen (ipsilateral),
Erkrankungen des extrapyramidal-motorischen Systems
(hyperkinetisch-hypotone Syndrome, z.B. Chorea Huntington)
Störungen des Tonus der Muskulatur
Pseudoschlaffer Tonus
Klinische Prüfung
► passive Bewegung: fehlender muskulärer Widerstand
► NB: Eigenreflexe abgeschwächt / nicht auslösbar, pathologische Reflexe („Pyramidenzeichen“) jedoch auslösbar !
Ursachen
► erste Phase nach der akuten Manifestation zerebraler oder
spinaler Läsionen
► sehr umschriebene Läsionen im Bereich der Pyramidenbahn
► Rückenmarks-Läsionen kaudal des Segments D10
Störungen der Willkürmotorik
Positionsversuche (1)
Vorhalteversuch der Arme
► Position: beide Arme werden gestreckt horizontal nach vorne gehalten, die Handflächen nach oben (die Hände berühren einander nicht), der Patient schließt die Augen
► (latente) zentrale Lähmung: langsames Absinken des (kontralateralen) Armes, Pronation, Beugung in Ellbogen-, Hand- und
Fingergelenken, „Spooning“
► DD: ähnliches Muster bei ipsilateraler Kleinhirn-Funktionsstörung
(ev. Abweichen der Arme zur Seite der Läsion), bei peripheren
Lähmungen, bei Schmerzen, bei Myasthenia gravis (beidseitiges Absinken)
Störungen der Willkürmotorik
Positionsversuche (2)
Beinhalteversuch
► Position: der auf dem Rücken liegende Patient hält beide Beine,
in den Hüft- und Kniegelenken etwa 90° gebeugt, ruhig in der
Luft (Augen geschlossen); alternativ: der in Bauchlage liegende Patient hebt beide Unterschenkel etwa 45° von der Unterlage ab, verharrt in dieser Stellung
► (latente) zentrale Lähmung: langsames Absinken des (kontralateralen) Beines
► DD: ähnliches Muster bei ipsilateraler Kleinhirn-Funktionsstörung,
bei peripheren Lähmungen, bei Frakturen, bei Schmerzen, bei
Myasthenia gravis (beidseitiges Absinken)
Störungen der Willkürmotorik
Prüfung der groben Kraft (1)
► Innervation einzelner Muskelgruppen, Prüfung der Kraft gegen den
Widerstand des Untersuchers (es sollten nur Funktionen geprüft
werden, die ein einzelnes Gelenk betreffen)
► Bewertung: es ist v.a. auf Seitenunterschiede sowie auf auffallende
Unterschiede der Kraft innerhalb einer Extremität zu achten
► Graduierung (Skala des British Medical Research Council):
Kraftgrad (KG) 0: keine Muskelaktivität
KG 1: sichtbare Kontraktionen ohne Bewegungseffekt
KG 2: Bewegung des Extremitätenabschnitts nur unter Ausschaltung der Schwerkraft möglich
KG 3: Bewegung gegen die Schwerkraft möglich
KG 4: Bewegung gegen mäßigen Widerstand möglich
KG 5: unauffällige Kraftverhältnisse
Störungen der Willkürmotorik
Prüfung der groben Kraft (2)
Begriffe
Parese: unvollständige Lähmung
Plegie: vollständige (komplette) Lähmung
Monoparese / -plegie:
Hemiparese / -plegie:
Lähmung (an) einer Extremität
Lähmung (an) einer OE und (an) einer UE
der gleichen Seite
Paraparese / -plegie:
Lähmung (an) beider(n) UE
Tetraparese / -plegie (Quadruparese / -plegie):
Lähmung (an) aller(n) vier Extremitäten
Störungen der Willkürmotorik
Prüfung der Feinmotorik
► der Patient wird aufgefordert, die Finger beidseits simultan rasch
zu bewegen („Klavier zu spielen“)
► Prüfung, ob der Patient imstande ist, rasch und problemlos mit
dem Daumen die Fingerspitzen der anderen Finger (vom II.
bis zum V. Finger) nacheinander abzutasten
► Beeinträchtigung der Feinmotorik: im Rahmen von zentralen
Lähmungen, peripheren Lähmungen, Kleinhirnfunktionsstörungen, extrapyramidalen Funktionsstörungen
Physiologische Reflexe
Eigenreflexe (Muskeleigenreflexe)
► gereiztes Organ und Erfolgsorgan sind identisch (Muskel)
► Auslösung (Reflexhammer): Schlag auf die Sehne des Muskels
► Folge: kurze, abrupte Dehnung der Sehne und des Muskels,
Reizung der Dehnungsrezeptoren
► Reflexbogen: sensible Nervenfasern (afferenter Schenkel) →
Rückenmark → mono- oder oligosegmental → motorische
Vorderhorn-Ganglienzellen → peripheres motorisches
Neuron (efferenter Schenkel) → motorische Endplatten →
Muskel (reflektorische Kontraktion)
► Modulation: über pyramidale und extrapyramidale Einflüsse
► Läsion des zentralen motorischen Neurons: Steigerung der
Eigenreflexe (Wegfall der Hemmung)
► Läsion des peripheren motorischen Neurons: Abschwächung
bzw. Ausfall der Eigenreflexe
Physiologische Reflexe
Fremdreflexe
► gereiztes Organ (i.a. taktile Rezeptoren in der Haut) und Erfolgsorgan (quergestreifter oder glatter Muskel) sind nicht
identisch
► Reflexbogen: sensible Nervenfasern (afferenter Schenkel) →
Rückenmark → polysegmental → motorische VorderhornGanglienzellen → peripheres motorisches Neuron (efferenter Schenkel) → motorische Endplatten → Muskel
(reflektorische Kontraktion)
► wiederholte Prüfung: Ermüdung des Reflexes
► Modulation: über absteigende motorische Bahnen (Bahnung)
► Läsion des zentralen motorischen Neurons: Abschwächung
bzw. Ausfall der Fremdreflexe
► Läsion des peripheren motorischen Neurons: Abschwächung
bzw. Ausfall der Fremdreflexe
Physiologische Reflexe
Grundlagen der Beurteilung
► Eigenreflexe: große interindividuelle Unterschiede
► pathologisch: eindeutige Seitendifferenz, ein einzelner eindeutig
abgeschwächt oder nicht auslösbarer Reflex
► bei mangelnder Entspannung ev. Ablenkung (z.B. die Zähne
zusammenbeißen lassen, den Kopf im Nacken anheben
lassen, Jendrassik-Handgriff, Plantarflexion des Fußes vornehmen lassen, verbale Ablenkung; „Bahnungsmanöver“)
► physiologische Varianten: „sehr lebhaft“, „lebhaft“, „mittellebhaft“,
„schwach“, „sehr schwach“ auslösbare Reflexe
► pathologische Varianten: „fehlend“, „abgeschwächt“, „gesteigert“,
„subklonisch“, „klonisch“ auslösbar
► klonisch gesteigerte Eigenreflexe (zahlreiche Muskelkontraktionen
als Folge eines einzelnen Reizes): immer pathologisch
Physiologische Reflexe
Spinale Eigenreflexe (1)
Bizepssehnenreflex (BSR; M. biceps brachii-Reflex)
► Auslösung: Schlag auf den eigenen Daumen, der auf der Sehne
des M. biceps brachii des Patienten liegt
► Reflexbogen: Wurzeln C5 und C6, N. musculocutaneus
► Antwort: Beugung im Ellbogengelenk
Radiusperiostreflex (RPR; M. brachioradialis-Reflex)
► Auslösung: Schlag auf den eigenen Finger, der dem distalen
Drittel des Radius des Patienten aufliegt
► Reflexbogen: Wurzeln C5 und C6
► Antwort: Beugung im Ellbogengelenk
Physiologische Reflexe
Spinale Eigenreflexe (2)
Trizepssehnenreflex (TSR; M. triceps brachii-Reflex)
► Auslösung: Schlag auf die Sehne des M. triceps brachii knapp
oberhalb des Olekranon
► Reflexbogen: Wurzeln C7 und C8, N. radialis
► Antwort: Streckung im Ellbogengelenk
Knips-Reflex
► Auslösung: „Knipsen“ des Nagels des III. Fingers des Patienten
► Antwort: Beugebewegung der Finger I-V, Adduktion des Daumens
► Bewertung: bei jungen, schlanken Menschen (v.a. bei Frauen) i.a.
ohne pathologische Bedeutung, falls seitengleich auslösbar;
nicht als „Pyramidenzeichen“ zu werten
Physiologische Reflexe
Spinale Eigenreflexe (3)
Trömner-Reflex
► Auslösung: Schlag mit den volaren Fingerkuppen II-V gegen die
volaren Fingerkuppen II-V des Patienten
► Reflexbogen: Wurzeln C7 und C8
► Antwort: Beugebewegung der Fingerendglieder I-V
► Bewertung: nicht als „Pyramidenzeichen“ zu werten
Patellarsehnenreflex (PSR; M. quadriceps femoris-Reflex)
► Auslösung: Schlag auf die Patellarsehne
► Reflexbogen: Wurzeln L3 und L4, N. femoralis
► Antwort: Streckung im Kniegelenk
Physiologische Reflexe
Spinale Eigenreflexe (4)
Achillessehnenreflex (ASR; M. triceps surae-Reflex)
► Auslösung: Schlag auf die Achillessehne
► Reflexbogen: Wurzel S1, N. tibialis
► Antwort: Plantarflexion des Vorfußes
Rossolimo-Reflex
► Auslösung: Schlag mit den volaren Fingerkuppen II-V gegen die
plantaren Zehenkuppen II-V des Patienten
► Antwort: Beugebewegung der Zehenendglieder I-V
► Bewertung: nicht als „Pyramidenzeichen“ zu werten
Physiologische Reflexe
Spinale Fremdreflexe (1)
Bauchhautreflexe (BHR)
► Auslösung: rasches Streichen über die Bauchhaut von lateral
nach medial
a. knapp unterhalb des Rippenbogens (obere BHR)
b. in Nabelhöhe (mittlere BHR)
c. knapp oberhalb des Leistenbandes (untere BHR)
► Reflexbogen: Wurzeln D8 (obere BHR), D10 (mittlere BHR),
D12 (untere BHR)
► Antwort: sichtbare Kontraktion der Bauchmuskulatur, v.a. im
betreffenden Segment
► Bewertung: ein einseitig abgeschwächter oder fehlender BHR
spricht für eine ipsilaterale, beidseitig abgeschwächte oder
fehlende BHR sprechen für eine bilaterale Läsion der Pyramidenbahn oberhalb des betreffenden Segments
NB: bei adipösen Personen eingeschränkte Beurteilbarkeit !
Physiologische Reflexe
Spinale Fremdreflexe (2)
Cremaster-Reflex
► Auslösung: kräftiges Bestreichen der Haut an der Innenseite des
proximalen Oberschenkels (bzw. Zwicken in eine Hautfalte)
► Reflexbogen: Wurzeln L1 und L2, R. genitalis des N. genitofemoralis
► Antwort: reflektorisches Anheben des ipsilateralen Hodens
► Bewertung: ein einseitig abgeschwächter oder fehlender Reflex
spricht für eine Läsion der Pyramidenbahn, sofern periphere
Ursachen auszuschließen sind
Anal-Reflex
► Auslösung: Bestreichen der perianalen Region
► Reflexbogen: Wurzeln S3-S5, N. pudendus
► Antwort: sichtbare Kontraktion des M. sphincter ani externus
► Bewertung: wie Cremaster-Reflex
Pathologische Reflexe
„Pyramiden[bahn]zeichen“ (1)
► Auslösung beim Neugeborenen bzw. beim Kleinstkind: physiologisch
► Auslösung beim Erwachsenen: pathologisch, Hinweis auf eine Läsion
der Pyramidenbahn („Pyramiden[bahn]zeichen“)
► es handelt sich durchwegs um Fremdreflexe
Babinski-Reflex
► Auslösung: langsames, kräftiges Bestreichen der lateralen Fußsohle
von der Ferse zum Kleinzehenballen und dann in Richtung zum
Großzehenballen
► beim Gesunden: tonische Plantarflexion aller Zehen („B. negativ“)
► gravierende Läsion der Pyramidenbahn: deutliches Spreizen der
Zehen, tonische Dorsalextension der Großzehe (über den Einfluß des Reizes hinaus) („B. positiv“)
► geringgradige Läsion der Pyramidenbahn: ev. Ausfall der Plantarflexion der Zehen („stumme Sohle“), ev. nur Spreizen der Zehen
Pathologische Reflexe
„Pyramiden[bahn]zeichen“ (2)
Oppenheim-Reflex
► Auslösung: druckvolles langsames Abwärtsstreichen an der Vorderkante der Tibia des Patienten
► Antwort: entspricht jener bei Prüfung des Babinski-Reflexes
► Bewertung: entspricht jener bei Prüfung des Babinski-Reflexes
► Cave: Verletzungsgefahr im Falle von trophischen Störungen !
Strümpell-Zeichen
► Auslösung: der auf dem Rücken liegende Patient versucht, sein
Knie gegen den Widerstand des Untersuchers nach oben zu
drücken
► Antwort: entspricht jener bei Prüfung des Babinski-Reflexes
► Bewertung: kein Pyramidenzeichen, beim Gesunden oft auslösbar !
Zentrale Lähmungen
Charakteristika
Ursache: Läsion zentraler motorischer Neurone
Symptomatik (subakute / chronische Phase)
► Parese / Plegie in unschriebenen Körperabschnitten
► Feinmotorik beeinträchtigt
► spastisch gesteigerter Tonus der Muskulatur
► gesteigert auslösbare Eigenreflexe
► abgeschwächt auslösbare Fremdreflexe
► positive „Pyramidenzeichen“
► keine Muskelatrophien
► keine trophischen Störungen
► keine Faszikulationen
► NB: Akutphase: „pseudoschlaffe“ Lähmung
Periphere Lähmungen
Charakteristika
Ursache: Läsion peripherer motorischer Neurone
Symptomatik (subakute / chronische Phase)
► Parese / Plegie in umschriebenen Körperabschnitten
► Feinmotorik beeinträchtigt
► Tonus der Muskulatur herabgesetzt („schlaff“)
► abgeschwächt auslösbare Eigenreflexe
► abgeschwächt auslösbare Fremdreflexe
► keine „Pyramidenzeichen“
► Muskelatrophien (Entwicklung innerhalb von 3-4 Wochen)
► trophischen Störungen der Haut, der Hautanhangsgebilde *
► Störungen von Schweißsekretion, Piloarrektion, Vasomotorik *
► ev. Faszikulationen
* falls gemischt motorisch-sensible Nerven betroffen sind
Pseudoschlaffe Lähmungen
Charakteristika
Ursache: Läsion zentraler motorischer Neurone
Symptomatik
► Parese / Plegie in umschriebenen Körperabschnitten
► Feinmotorik beeinträchtigt
► Tonus der Muskulatur herabgesetzt („pseudoschlaff“)
► abgeschwächt auslösbare Eigenreflexe
► abgeschwächt auslösbare Fremdreflexe
► positive „Pyramidenzeichen“
► keine Muskelatrophien
► keine trophischen Störungen
► keine Faszikulationen
Pseudoschlaffe Lähmungen
Charakteristika
Konstellationen, die zu einer pseudoschlaffen Lähmung führen (können)
► Akutphase nach einer zerebralen Läsion
► Akutphase nach einer spinalen Läsion kranial des Segments D10
► umschriebene Läsion im Bereich der primären motorischen
Rindenfelder (Gyrus praecentralis)
► sehr umschriebene Läsion im Bereich der Pyramidenbahn (z.B.
Brückenfuß, Medulla oblongata)
► spinale Läsionen kaudal des Segments D10
► gleichzeitiges Vorliegen einer Kleinhirn-Läsion
Pseudoschlaffe, spastische und schlaffe Lähmungen
Charakteristika
Parameter
pseudoschlaffe
Lähmung
spastische
Lähmung
schlaffe
Lähmung
betroff. Neuron
zentrales N.
zentrales N.
peripheres N.
grobe Kraft
reduziert
reduziert
reduziert
Feinmotilität
reduziert
reduziert
reduziert
Atrophien
nein
nein
ja
Tonus
reduziert
gesteigert
reduziert
Eigenreflexe
abgeschwächt
gesteigert
abgeschwächt
Fremdreflexe
abgeschwächt
abgeschwächt
abgeschwächt
Pyramidenz.
ja
ja
nein
Faszikulat.
nein
nein
ev.
Sonderfall: gekreuzte Hirnstamm-Syndrome (1)
1
2
1 Pyramidenbahn
Hirnnerven-Kerne
2 Hirnnerv
3 peripheres motor. Neuron
3
Sonderfall: gekreuzte Hirnstamm-Syndrome (2)
Ursache: unilaterale Hirnstamm-Läsion, rostral der Kreuzung der
Pyramidenbahn
Klinisches Bild
► kontralaterale spastische Hemiparese
► ipsilaterale Hirnnerven-Ausfälle
► ev. Sensibilitätsstörungen
► ev. Hemi-Ataxie
► ev. zentrales Horner-Syndrom
► ev. Nystagmus
Sonderfall: „Locked-in-Syndrom“
Ursache: ausgedehnte bilaterale Hirnstamm-Läsion, meistens durch
eine Thrombose der A. basilaris bedingt
Klinisches Bild
► hochgradige Tetraparese / Tetraplegie
► ausgeprägte Funktionsstörungen von seiten der kaudalen Hirnnerven: Sprechen und Schlucken nicht möglich
► oft ist Beatmung erforderlich
► keine Bewußtseinsstörung
► Visus und Gehör i.a. nicht beeinträchtigt
► Kommunikation: Öffnen und Schließen der Augenlider, vertikale
Bewegung der Bulbi möglich
Extrapyramidale Funktionsstörungen
Anatomische und physiologische Grundlagen (1)
Anatomisch relevante Strukturen des extrapyramidalen Systems
► motorische Fasern (nicht zum System der Pyramidenbahn gehörend) vom Kortex zu den Stammganglien
► Stammganglien
► efferente Verbindungen von den Stammganglien zu verschiedenen zerebralen und spinalen Zentren
Informationen vom Kortex zu den Stammganglien: u.a. von
► prämotorischen und motorischen Rindenarealen
► somatosensiblen Rindenarealen
► limbischen Rindenarealen
► Assoziationsarealen
► den frontalen Augenfeldern (Area 8)
Extrapyramidale Funktionsstörungen
Anatomische und physiologische Grundlagen (2)
Stammganglien (subkortikal gelegene Kerngebiete): v.a.
► N. caudatus
► Putamen
► Globus pallidus
► Corpus amygdale (amygdaloideum)
► N. subthalamicus (Corpus subthalamicum) Luysi (im Zwischenhirn)
► Substantia nigra (im Mittelhirn)
► Corpus striatum: N. caudatus und Putamen (durch die Fasern
der Capsula interna getrennt)
► N. lentiformis: Putamen und Globus pallidus
Extrapyramidale Funktionsstörungen
Anatomische und physiologische Grundlagen (3)
Eingang der Informationen vom Kortex: aktivierende Impulse
► v.a. über das Corpus striatum
Efferente Fasern: teils aktivierende, teils hemmende Impulse, u.a.
► zurück zum Kortex (v.a. zum prämotorischen Kortex und zu den
frontalen Augenfeldern)
► zum Thalamus
► zu den Vestibularis-Kernen
► zum Kleinhirn
► zu den α- und γ-Motoneuronen im Rückenmark
Extrapyramidale Funktionsstörungen
Anatomische und physiologische Grundlagen (4)
Aufgaben des extrapyramidalen Systems: Kontrolle
► des Tonus der Muskulatur
► der Hintergrundmotorik
► der automatisierten Bewegungsabläufe
► der feinen Willkürmotorik (auch der Augenbewegungen)
Beeinträchtigung von aktivierenden Impulsen
► hypokinetische Bewegungsstörung (z.B. M. Parkinson)
Beeinträchtigung von hemmenden Impulsen
► hyperkinetische Bewegungsstörung
Erkrankungen der Stammganglien
Klinische Symptomatik hypokinetischer Syndrome (1)
Beeinträchtigung der Motorik
► Bewegungsarmut
► spontane Beweglichkeit reduziert („Hypokinese“) bzw. fast aufgehoben („Akinese“)
► verlangsamter Ablauf der Bewegungen („Bradykinese“)
► Probleme, sich im Bett umzudrehen
► Gestik und Mimik deutlich eingeschränkt („Hypomimie“, „Amimie“,
„Maskengesicht“)
► Stimme leise, monoton, kaum artikuliert („Hypophonie“, „Aphonie“)
► Feinmotilität und Diadochokinese beeinträchtigt
► Schrift verkleinert, verzittert („Mikrographie“)
► seltener Lidschlag
► verlangsamter Schluckvorgang
► Stehen, Gehen: vgl. Steh- und Gehversuche
Erkrankungen der Stammganglien
Klinische Symptomatik hypokinetischer Syndrome (2)
Störungen des Tonus der Muskulatur
► Muskeltonus im Sinne eines Rigors gesteigert
Unwillkürliche Bewegungen
► z.B. Ruhetremor (M. Parkinson)
Augenmotilitätsstörungen
► Konvergenzschwäche
► ev. vertikale Blickparese, ev. Akkomodationsstörung
Vegetative Funktionsstörungen
► Blutdruck-Regulationsstörungen
► Harnblasen-Funktionsstörungen
► verstärkter Speichelfluß
Erkrankungen der Stammganglien
Klinische Symptomatik hyperkinetischer Syndrome
Beeinträchtigung der Motorik
► Motorik v.a. durch unwillkürliche Bewegungen beeinträchtigt
Störungen des Tonus der Muskulatur
► häufig Reduktion des Muskeltonus
Unwillkürliche Bewegungen: im Vordergrund stehen z.B.
► athetotische
► choreatische
► ballistische
► dystone Bewegungsstörungen
Unwillkürliche Bewegungen
► Tremor
► athetotische Bewegungen
► choreatische Bewegungen
► ballistische Bewegungen
► dystone Bewegungen
► Myoklonien
► Faszikulationen, Fibrillationen, Myokymien
Unwillkürliche Bewegungen
Tremor
Definition: unwillkürliche, rhythmische Bewegungen (Oszillationen) von
Körperabschnitten
Frequenz: nieder- (≤ 6/sec), mittel- (7-9/sec), hochfrequent (≥ 10/sec)
Grad der Exkursionen (Amplitude): fein-, mittel-, grobschlägig
Phänomenologie:
► Ruhetremor: T., der sich in Ruhe (entspannter Haltung) manifestiert
bzw. an Intensität zunimmt
► Haltetremor: T., der bei isometrischem Verharren in einer bestimmten Haltung auftritt bzw. an Intensität zunimmt
► Intentionstremor: T., der sich während zielgerichteter Bewegungen
manifestiert bzw. an Intensität zunimmt
Tremor – Klinische Prüfung
Ruhetremor
► der sitzende oder auf dem Rücken liegende Patient wird gebeten,
die Extremitäten entspannt zu lagern und jede aktive Innervation zu vermeiden
► der Untersucher registriert Frequenz, Amplitude, Erscheinungsbild
und die vom Tremor betroffenen Körperabschnitte
► anschließend wird geprüft, ob der Tremor während einer Willkürbewegung verschwindet
Tremor – Klinische Prüfung
Haltetremor
► der Patient wird gebeten, eine bestimmte Haltung einzunehmen
und diese Haltung mittels isometrischer Kontraktion der Muskulatur für mehrere Sekunden beizubehalten (z.B. Arme 90°
abduziert, Ellbogen 90° gebeugt, Hände in Mittelstellung zwischen Palmarflexion und Dorsalextension, Pronationsstellung,
Finger etwas gespreizt); alternativ: Einnehmen der Position
wie beim Vorhalteversuch der Arme
► der Untersucher registriert Frequenz, Amplitude, Erscheinungsbild
und die vom Tremor betroffenen Körperabschnitte
Tremor – Klinische Prüfung
Intentionstremor
► Prüfung z.B. mit Hilfe des Finger-Nase-Versuchs
► die Amplitude nimmt während der zielgerichteten Bewegung
mit abnehmender Entfernung zum Ziel immer mehr zu
(„Crescendo-Charakter“)
► ev. große Exkursionen (Verletzungsgefahr !)
► der Untersucher registriert Frequenz und Amplitude des Tremors
Physiologischer und
verstärkter physiologischer Tremor
► auch beim Gesunden besteht ein mit freiem Auge nicht sichtbarer,
mit apparativen Untersuchungen jedoch nachweisbarer Tremor
(„physiologischer Tremor“)
► bei manchen Menschen liegt ein mittel- bis feinschlägiger Tremor
(Frequenz: 8-12/sec) mit geringer Amplitude vor, dem keine
pathologische Bedeutung zukommt („verstärkter physiologischer
Tremor“)
► meistens: Haltetremor, selten: Ruhetremor
► Hyperthyreose: der physiologische Tremor kann wesentlich deutlicher in Erscheinung treten
Tremor im Rahmen
extrapyramidaler Erkrankungen
► v.a. bei M. Parkinson (nicht obligatorisch !)
► typisch: eher grobschlägiger Ruhetremor mit niedriger Frequenz
(3-6/sec, höchstens 8/sec), bevorzugt an den distalen Extremitätenabschnitten
► „Pillendreher-Tremor“, „Geldzähltremor“: alternierende Pronationsund Supinationsbewegungen der Hand, gleichzeitig abwechselnde Beuge- und Streckbewegungen der Finger
► Willkürbewegung: deutliche Abnahme der Amplitude des Tremors,
ev. Sistieren des Tremors
► Schlaf: kein Tremor zu beobachten
► M. Parkinson: im Verlauf können ein Haltetremor und ev. ein Intentionstremor hinzutreten
„Essentieller Tremor“
► in Ruhe keine bzw. keine ausgeprägten Unruhebewegungen
► typisch: Haltetremor mit niedriger, mittlerer oder auch hoher Frequenz (4-12/sec), dessen Amplitude beim Festhalten eines
Gegenstandes (z.B. Glas Wasser) erheblich zunehmen kann
► alternierende Extensions- und Flexionsbewegungen
► Alkoholgenuß: die Exkursionen werden ev. reduziert
► meistens sind beide Hände isoliert bzw. bevorzugt betroffen, selten ausschließlich die Beine („orthostatischer Tremor“)
► „Kopfwackeltremor“: isoliert oder mit gleichzeitigem Betroffensein
der Hände
► Ausschlußdiagnose ! DD: Hyperthyreose, Alkohol-Mißbrauch,
Entzugssymptomatik, medikamentöse / toxische Ursachen
Tremor im Rahmen
zerebellärer Funktionsstörungen
► besonders häufig: Intentionstremor mit meistens sehr niedriger
Frequenz
► Amplitude: kann erhebliche Ausmaße annehmen, sodaß die
Extremität dann ev. nicht mehr sinnvoll einsetzbar ist
► DD: Intentionstremor ev. auch im Rahmen eines essentiellen
Tremors, ev. medikamentös-toxisch bedingt
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