22.12.04, Schizophrenie, F. Weiss-Motz

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Schizophrenie
Die falsch verstandene Krankheit
Dipl.-Psych. Frank Weiss-Motz
Universitätsklinik Bonn
DFG-Projekt
„Endophänotypen der Schizophrenie“
Was ist Schizophrenie ?
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Benennung von Eugen Bleuler 1911, Schweizer Arzt
Alternativ oft auch Psychose genannt
Zusammengesetzt aus den Wörtern:
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Schizo [griechisch], spalt..., gespalten
Phrenos [griechisch] der Geist, das Bewusstsein
Fehlverstanden oft als gespaltene Persönlichkeit oder multiple Persönlichkeit
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Unterscheidung:
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Multiple Persönlichkeiten haben 2 oder mehr Identitäten, die aber jede für sich gut angepasst
und unauffällig ist
Schizophrene haben nur eine Persönlichkeit die sich aber durch die Krankheit so verändert,
dass die Person auffällig und unfähig wird ihr Leben selbst in den Griff zu bekommen
Auftretenshäufigkeit:
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1% in allen Kulturen
Männer erkranken leicht häufiger
Höhere soziale Schichten seltener
Bedeutung der Schizophrenie
 In psychiatrischen Kliniken die zweithäufigste
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Erkrankung nach Depressionen
60 Mio Menschen Weltweit daran erkrankt
9 Mio davon werden durch die Erkrankung sterben !!!
Große Belastung für Angehörige
Große Finanzielle Belastung für das
Gesundheitswesen da Heilung im Moment nicht
möglich
Schizophrenie - Symptomatik
Aus „das weiße Rauschen“ © by Warner Bros Entertainment
Symptombereiche der
Schizophrenie
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Frühstadium
Emotional
Motorisch
Denken
Aufmerksamkeit und Wahrnehmung
Alltagsfertigkeiten
Residual- / Alterssymptome
Frühsymptome (Prodromalsymptome)
einer Schizophrenie
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Gefühle von sozialer Unsicherheit, Sozialer Rückzug
Über Wochen gedrückte Stimmung
Schlafstörungen
Gefühle von Lustlosigkeit, Antriebsstörungen
Anspannung, Nervosität, innere Unruhe
Gedanken geraten durcheinander, werden von anderen
Gedanken unterbrochen
Konzentrationsstörungen
Erhöhtes Misstrauen, Reizbarkeit, vermehrte Konflikte
Gefühle von Unwirklichkeit ("alles wie im Film")
Erhöhte Licht- und Geräuschsempfindlichkeit
Tendenz belanglose und zufällige Gegebenheiten auf sich zu
beziehen
Trugwahrnehmungen
Symptome aus dem emotionalen
Bereich
 flacher Affekt
 unangebrachter Affekt
 Anhedonie (Unfähigkeit zum Genießen)
 Antriebsarmut
 Probleme beim Erkennen von emotionalen
Gesichtsausdrücken und bei der Einschätzung
von zu erwartendem Verhalten
 Widersprüchlichkeit der verschiedenen
Ausdrucksebenen von Emotionen
Motorische Symptome einer
Schizophrenie
 Verlust der Bewegungsspontaneität
 Gesten und Manierismen
 rituelle oder magische Handlungen
 katatone Rigidität bis Stupor
 Haltungsstereotypien
 Flexibilitas carea (wächserne Biegsamkeit)
 Aber auch katatone Erregung
(hypermotorisch)
Katatone Symptome bei
Schizophrenen
Störungen der Sprache und des
Denkens
 Gelockerte Assoziationen oder Zerfahrenheit
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des Denkens
Schnelle Themawechsel
Unzusammenhängende Bemerkungen
Gedankenabriss
Neologismen (Traurig + grausam = trauram)
Perseverationen (Wiederholungen)
Wahnvorstellungen
Suizid bei 15% der Patienten
Wahrnehmungs- und
Aufmerksamkeitsstörungen
 Erhöhte Empfindlichkeit für Geräusche und
optische Eindrücke
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
Überflutet werden der Sinne
Es fällt schwer die Aufmerksamkeit auf etwas
wichtiges zu richten
 Halluzinationen
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
Meist auditorisch
Stimmen die kommentieren, warnen oder anweisen
Aber auch alle anderen Sinne
 Gedankeninduktion, Gedankenentzug
 Störungen der Augenfolgebewegungen
Einschränkungen der
Alltagsfertigkeiten
 Ausfall sozialer Fertigkeiten und Wegfall
sozialer Kontakte
 Ausfall von Exekutiv- und Planungsfähigkeiten
 Schwere Verwahrlosung ist oft die Folge
Residual- (Rest-) Symptome einer
Schizophrenie
 Meist Rückkehr zum Stadium der Frühsymptome
 Flacher Affekt
 „Merkwürdiges“ Verhalten
 Soziale Zurückgezogenheit
 Aber keine akuten Wahn- oder
Halluzinationssymptome
Andere Unterteilung der Symptome
 Unterteilung in positive und negative Symptomatik
 Positiv = Produktiv also etwas das über das normale
hinaus geht:

Halluzinationen, Wahn
 Negativ = Verlust von Funktionen im Vergleich zum
Normalen:

Flacher Affekt, motorische Verlangsamung
 Unterteilung für Diagnose und Medikation von
Bedeutung
Varianten der Schizophrenie
 sehr variantenreiche Erkrankung
 selten alle Symptome auf einmal
 evtl. nicht eine einzelne Erkrankung Schizophrenie
mit vielen Varianten sonder verschiedene
Erkrankungen
 gängige Unterteilung heute:
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Paranoider Typus (Wahn + Halluzinationen)
Desorganisierter Typus (Sprechen und Denken)
Katatoner Typus (vor allem motorisch)
Residualer Typus (Restsymptomatik)
Alternative Einteilung
 Typ I (positive Symptomatik)
 Typ II (negative Symptomatik)
 Unterscheidung gewinnt an Bedeutung für
Prognose Behandlung und Ursachenforschung
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Prognose bei Typ-I besser
Typ I reagiert besser auf Medikamente
Typ I eher biochemische Auffälligkeiten
Typ II eher hirnanatomische Normabweichungen
 Evtl. also zwei getrennte Erkrankungen
Verlauf der Erkrankung
 Krankheit verläuft immer in Schüben (floride
Episoden) unterbrochen von relativ ruhigen Phasen
(Residualphasen)
 4 Verläufe
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25 % eine einzelne Episode ohne weitere Erkrankun
32 % mehrere Phasen ohne akute Residualsymptomatik
8 % mehrere Phasen mit konstanter Residualsymptomatik
35 % mehrere Phasen mit sich verschlechternder
Residualsymptomatik
Letzte Gruppe ist praktisch Lebenslang beeinträchtigt und
muss i.d.R. hospitalisiert werden
Neurophysiologie der Erkrankung 1
Dopamin
 Dopaminüberschuss führt zu positiven Symptomen
der Schizophrenie
 Aber bei Erkrankten wohl eher eine Überfunktion der
Dopamin-Rezeptoren oder zu große Anzahl nicht zu
viel Dopamin
 Dopamin-Unterfunktion führt zu ParkinsonSymptomen (Problem bei der Therapie)
 Kausaler Zusammenhang Dopamin -> Symptome ist
noch nicht geklärt daher ist eine kausale Therapie
noch nicht möglich
Neurophysiologie der Erkrankung 2
NMDA
 Relativ neue Theorie
 NMDA ist wichtigster Botenstoff im Gedächtnis- und
Bewusstseinssystem des Gehirns
 NMDA und Dopamin stehen in reziprokem Zusammenhang (NMDATheorie beinhaltet auch die Dopamin-Theorie)
 Belege ergeben sich aus Beobachtungen:


Bei einer Narkose werden primär die NMDA-Rezeptoren ausgeschaltet 
Narkose kann Episode bei Erkrankten auslösen
NMDA-Agonisten lösen Krampfanfälle aus  aber Krampfbehandlung ist
wirksam bei Schizophrenie
 Vorteile:
 Erklärung des Zusammenhangs zu Stress und Erkrankung
 Erklärung sowohl negativer als auch positiver Symptome
 Neue Pharmakologische Therapien
Neuroanatomie der Erkrankung
 Vergrößerung des 3. Hirnventrikel vor allem bei Typ-
II-Schizophrenie sowie Volumenverlust des
Vorderhirns
Auslöser der Erkrankung 1
Endogene Ursachen:
 Hoher Anteil genetischer Verursachung



1% Erkrankung in Grundpopulation unabhängig von Kultur
spricht für genetische Ursachen
33-50% Erkrankung bei eineiigen Zwillingen schizophrener
Patienten
Weitere Belege aus der Endophänotypforschung:
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
Störungen der Augenbewegungen lassen sich auch bei Eltern
schizophrener Patienten finden
Aber keine 100%ige Vererbung also auch andere Auslöser
nötig
Auslöser der Erkrankung 2
Diathese-Stress-Modell:
 Man erbt ein Risiko für Schizophrenie
 Ob die Krankheit ausbricht wird von äußeren Faktoren vor allem von
Stress bestimmt
 Belege:
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

Expressed Emotions sind bester Rückfallprädiktor bei Schizophrenen
Patienten:
In Familien ohne EE 12-15% Rückfall
In Familien mit hohem EE 53-90% Rückfall
Episoden einer Erkrankung geht häufig eine Zeit mit erhöhtem Stress
voraus
Kann gut mit der NMDA-Theorie erklärt werden, da Stresshormon Cortisol
die Produktion von NMDA hemmt
 Ältere Ansätze:
 Schizophrenogene Mutter
 Double Bind
 Eigentlich alle wissenschaftlich widerlegt
Auslöser der Erkrankung 3
Drogen:

Halluzinogene wie LSD, PCP oder Psilocybin lösen durch unterschiedliche
Wirkmechanismen (5-HT2A Agonismus, NMDA Antagonismus) Halluzinationen
und verfälschte Sinneswahrnehmungen aus

Cannabis wirkt mittelbar auf NMDA Rezeptoren

Amphetamine und Kokain wirken direkt auf den Dopamin-Haushalt

Bei Personen mit erhöhtem genetischem Schizophrenie-Risiko können diese
Drogen eine Episode mit massiven Symptomen auslösen

Bei regelmäßigem oder massivem Konsum kann es auch ohne genetisches
Risiko zu Ausbruch einer drogeninduzierten Psychose kommen

Besonders gefährlich: Cannabis

Während Drogenpsychosen bei LSD von relativ kurzer Dauer sind können CannabisPsychosen bis zu einem Jahr anhalten und anschließend zu einer
Residualsymptomatik führen

Das Risiko an Schizophrenie zu erkranken ist bei gelegentlichem Cannabis-Konsum
2-3fach und bei regelmäßigem Konsum 6fach erhöht.

Stärkster bekannter externer Auslöser dieser Erkrankung
Behandlung 1
Psychopharmaka:
 Müssen in den meisten Fällen lebenslang genommen werden
 Vorsichtige Eindosierung ist immer nötig
 Problem ist die Mitarbeit der Patienten bedingt durch die Symptome der
Krankheit
 Typika (Haldol, Chlorpromazin)
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
Wirken auf D2-Rezeptor
Wirken vor allem bei Typ I
Starke Nebenwirkungen (Tremor bis Rigor)
Malignes Neuroleptisches Syndrom
Spätdyskinesien (sehr ähnlich der Parkinsonkrankheit) bereits nach wenigen Jahren
der Einnahme
Atypika (Clozapin, Risperidon, Olanzapin, Quetiapin, Amisulprid)
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
Wirken jeweils auf D2 und 2-HT2A Rezeptoren
Weniger motorische Nebenwirkungen auch keine Spätdyskinesien
Clozapin: Gefahr von Agranulozytose (mehrere Todesfälle)
Wirken auch bei Typ II
Behandlung 2
Aussichten für Psychopharmaka
 Zusammen mit der NMDA-Theorie hat man auch
nach pharmakologischen Umsetzungen gesucht
 NMDA-Agonisten bergen zu hohes Krampfpotential
daher für Behandlung unbrauchbar
 Zum Funktionieren der NMDA-Rezeptoren ist ein
Stoff namens D-Glycoserine notwendig
 Gabe von D-Serine hat sehr große Erfolge bei der
Behandlung von Schizophrenie gezeigt mit
minimalen Nebenwirkungen
 Marktreife solcher Präparate in 5-10 Jahren
Behandlung 3
EKT – Elektrokrampftherapie
 Sehr umstrittene Therapie
 Kleiner Elektroschock ins Gehirn
 Unter Vollnarkose
 Auslösung eines epileptischen Anfalls
 Evtl. so eine Art „Reset“ des Gehirns
 Wirkt bei Schizophenie und Depressionen
 Kann aber zu kurzen Amnesien führen
Behandlung 4
Psychotherapie
 Nur in Maßen erfolgreich
 Am ehesten noch begleitend zu einer
Pharmakotherapie
 Hospitalisation und Betreuung notwendig
 Suizidprävention
 Arbeit mit Angehörigen sehr wichtig
Weitere Informationen
 Gehirn und Geist, Ausgabe 4/2002
 Meine Psychose, mein Fahrrad und ich –
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
Zur Selbstorganisation der Verrücktheit (Fritz B.
Simon)
http://www.zebb.de
http://www.kompetenznetz-schizophrenie.de
http://www.psychosenetz.de
Das weiße Rauschen (DVD/Video/Buch)
A beautifull Mind (DVD/Video/Buch)
Ende
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