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Medienethik zwischen Publizistik und
Ökonomie
Hypocrisy
13. November 2009; IPMZ, 10.15-11.45 Uhr
Prof. Dr. Vinzenz Wyss
[email protected]
Forschungsleiter IAM, ZHAW Winterthur
Leistungsauftrag
BAKOM
Organisationsspezifische Ziele
Commitment
QS-System
Ziele & Normen
Evaluation
Ressourcen & Prozesse
intern
Publizistisches Leitbild
Sendungskonzepte
Verantwortliche Sendeleitung
Personalentwicklung
Infrastrukturen,
Arbeitsplätze
extern
Dokumentation
Vereinbarung mit
Evaluationsstelle
Publizistische Leitlinien
Organisationsstruktur:
Aufbau- und Ablauf-Struktur
Sicherungsprozesse (Briefings,
Abnahme, Sendungskritik)
Analyse Ist-Zustand
Externe Normensysteme:
Rechtliche und standesethische
Regeln
Aus-/Weiterbildung/Feedback:
Workshops, Sendungskritiken
Coaching
Evaluationsbericht
… Gefahr der Hypocrisy…
Die Idee der Durchgriffsrationalität…
Redaktionsmanagement wird verstanden als:
„die strategische Implementierung, Steuerung und Sicherung
publizistischer Qualität in Verbindung mit Markterfolg auf dem
Wege des konzeptuellen, organisatorischen, Personal- und
Kostenmanagements“ (Meckel 1999: 22)
Ökonomisierung, Rationalisierung und Effizienzsteigerung
werden nicht als Antipoden von Qualitätssicherung und
Professionalisierung aufgefasst.
Vielmehr besteht die Herausforderung darin: „Qualität und
Effizienz miteinander in Einklang zu bringen [...] – angefangen
bei der Neuordnung des Binnenverhältnisses zwischen
business side und Redaktion, über die Umstrukturierung und
das zu erwartende Cutback-Management bei öffentlichrechtlichen Rundfunksendern bis hin zu neuen
Umgangsformen der Medien mit Publikum und
Anzeigenkunden.“ (Held/Ruß-Mohl 2005: 49)
… aber: „Schizophrenie“ von
Medienorganisationen und Praxis der
Irrationalität und Scheinheiligkeit
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•
„Denn der hybride Charakter der Presse – journalistisches
Produkt und Werbeträger in einem zu sein – beinhalte zwei
keineswegs deckungsgleiche qualitätsrelevante Leitbilder: hier
die Stärkung des publizistischen Profils (Renommee, Geltung),
dort Verbesserung der Erlösstruktur (Rendite)“ (Haller 2003)
„Dies betrifft insbesondere die implizite Unterstellung,
unterschiedliche Orientierungen von Redaktion und
Geschäftsbereich ließen sich durch ein ganzheitliches
Qualitätsmanagement partnerschaftlich zur Deckung bringen“
(Weischenberg 2006b: 672).
Das gegebene Spannungsfeld zwischen Redaktion und Verlag
lässt sich nicht „wegorganisieren“, wie manche
Qualitätsmanagementkonzepte glauben lassen.
Regeln der
Signifikation/Legitimation
Idea
WOLLEN / SOLLEN
=/
Ressourcen der
Herrschaftsordnung
Action
KÖNNEN
constituency – representatives – executive –
actor
kommunizieren /
Macht ausüben
rechtfertigen
Konsistenz entlang der Struktur
constituency-representatives-executive-actor
Verschiedene – auf den ersten Blick einander nachgelagerte –
Organisationseinheiten konzentrieren sich jeweils
unterschiedlich stark auf die Produktion von Vorstellungen
(Idea, Talk), auf Entscheidungen (Decision) oder auf das
Handeln (Action).
Probleme: der Konsistenz, der Steuerung und Kontrolle und der
Kombination von Konsistenz und Kontrolle
 Problem der Konsistenz zwischen Talk (Regeln =
Wollen/Sollen) und Action (Ressourcen= Können)
Folge:  Rechtfertigung und Heuchelei
Theoriebildung zum Verstehen
von organisationaler Heuchelei
• Ansätze:
– Theorie der Strukturation (Giddens 1997 [1984])
– „The Organization of Hypocrisy“ (Brunsson 2002 [1989])
 Organisationstheoretische Perspektive
• Anspruch:
– Verstehen:
• z.B. Wie lässt sich die Praxis der „Heuchelei“ erklären?
– Lösung:
• Welche Voraussetzungen ermöglichen Konsistenz zwischen Sinn/Legitimations- und Machstrukturen bzw. zwischen Vorstellungen
und Handlungen
• Inwiefern sind diese Voraussetzungen zu schaffen?
Idea
Steuerung
Action
Probleme der Konsistenz und der Steuerung
Idea
Action
Rechtfertigung
Signification
Idea
KONSISTENZ
KommunikatioHypocrisy
Steuerung n
Action
Vorteile, die Heuchelei gegenüber der
Rechtfertigungsstrategie hat:
•
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•
Es kann – von den wichtigen organisationalen Akteuren – das
gesagt werden, was auch gesagt werden soll, allerdings ohne
konkreten Bezug zum – alltäglichen – Handeln.
Die Steuerung wird als Steuerung in die richtige Richtung entlang
der „constituency-actor“-Struktur wahrgenommen.
Eine gewisse Konsistenz wird erreicht; allerdings nicht zwischen
den Vorstellungen der Constituency und dem Handeln, sondern
zwischen den Vorstellungen und den Entscheiden.
Heuchelei gilt als moralischer denn Rechtfertigung von als
„schlecht“ wahrgenommenen Handlungen.
Innerhalb des heuchlerischen Talks gibt es durchaus noch Platz für
widersprüchliche, konflikthaltige und ungleiche Meinungen bzw.
Interpretationen.
Voraussetzungen für Heuchelei
• die strukturelle Einverleibung unterschiedlicher und
widersprüchlicher Logiken.
• Strukturationstheoretisch gesprochen bedeutet dies (vgl.
Wyss 2004), dass es Organisationen gelingt, durch die
Entkopplung der kognitiven und legitimen Ordnungen
(Talk) von der Herrschaftsordnung (Action) und durch die
Konsistenzproduktion innerhalb der Sinn- und
Legitimationsordnungen auf Vereinbarungen gerade
unter der Voraussetzung eingehen zu können, diese
innerhalb der Herrschaftsordnung zu umgehen.
Bedingungen/Voraussetzungen für Konsistenz
– Action hat bereits einen intrinsischen Wert
– Was gesagt wird muss auch getan werden können und vice
versa.
 Aufrichtigkeit und Realismus
 Kompetente Produktion von Vorstellung
 Klare und kohärente Vorstellungen
Operationalisierung der anschliessenden Handlungen
– Vorstellungen ändern langsamer als die Implementierung
– Vorstellungen der vorgelagerten Stelle wird nicht durch
Meinungen der Ausführenden beeinflusst (Eindimensionalität /
kein Dialog, Fakten statt Meinungen)
Das Praktische am unpraktischen Modell
 Das Modell der eindimensionalen Steuerung von
constituency–representative–executive–actor
ist selbst ein Beispiel für etwas,
das gesagt aber selten getan werden kann.
 Permanente Mahnung Konsistenz herzustellen!
 Frage:
Kann Konsistenz über die permanente Diskussion
über Inkonsistenz hergestellt werden?
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