Vorlesungsfolien Benutzername: student Passwort: psy2011 Homepage: http://psychiatrie.uniklinikumleipzig.de/psychiatrie.site,postext,vorlesungsfolien-ws-fuermedizinstudenten.html Demenz bei Alzheimerkrankheit WS 2011/12 Hermann-Josef Gertz UM Organische Psychosyndrome Akutes organisches Psychosyndrom: • Delir Chronisches organisches Psychosyndrom: • Demenz • Amnestisches Syndrom • Symptomatische psychische Störungen Syndromdiagnose Demenz Aphasie oder Gedächtnisstörung Apraxie oder Agnosie oder Urteilsbildung obligat mind. 1 Fkt. Bewußtsein ist nicht getrübt Verlust der sozialen Kompetenz obligat Typische Symptombereiche der Demenz • • • • • • Gedächtnis Orientierung Urteilsbildung und Problemlösung Sozialer Umgang Hobbies, Aktivitäten zu hause Anziehen, Körperpfege Diagnostische Kriterien: Die Diagnose der leichten kognitiven Beeinträchtigung bei Alzheimerkrankheit (Albert et al 2011) •Klinische und neuropsychologische Kriterien •Veränderung der kognitiven Fähigkeiten •Objektive Hinweise auf Störungen kognitiver Fähigkeiten •durch neuropsychologische Testung •Unabhängige Lebensführung möglich •Keine Demenz • Mini Mental Status Test (MMST) Orientierung – – • Gedächtnis / Merkfähigkeit – • Gegenstände benennen (z.B. Armbanduhr, Stift) Satz nachsprechen „Sie leiht ihm kein Geld mehr“ Executiv-Funktionen – – – • Begriffe aus 1 wiederholen Sprache – – • 100 – 7 = 93 - 7 = 86 – 7 = 79 ... oder RADIO rückwärts buchstabieren Gedächtnis /Erinnerungsfähigkeit – • Begriffe wiederholen (z.B. Auto, Blume, Kerze) Aufmerksamkeit – • Zeit (Jahr, Datum, Wochentag, Jahreszeit) Ort (Stadt, Bundesland, Land, Praxis, Stockwerk) 3 Kommandos geben, 3 Handlungen ausführen lassen Schriftliche Anweisungen lesen und befolgen lasssen Schreiben eines vollständigen Satzes Visukonstruktion – Zeichnen zweier sich schneidender Fünfecke nach Folstein M.F. et al., 1975 7 Uhren-Zeichentest • leicht durchzuführender Test • Auskunft über: problemlösendes Denken, räumliche Leistungen Quelle 2) 1) mod nach Shulman et al., 1993; 2) Aus: Gauthier, Burns, Pettit: Alzheimer Demenz 8 Verhaltensstörungen bei Demenz bei Alzheimerkrankheit sind sehr häufig • Leichte Demenz – Apathie – Depression • Mittelschwere Demenz – – – – Agitierheit Agressivität Wahn Halluzinationen • Schwere Demenz – – – – Unruhe Angst Abweichendes motorisches Verhalten Tag-Nacht Umkehr Devanand et al 1997, Holtzer et al. 2003 Ursache des Demenzsyndroms: Wichtige Konsensus-Kriterien Alzheimer-Krankheit Vaskuläre Demenz Lewy Körperchen Demenz McKeith et al., 1996 Fronto-temporale lobäre Degeneration Neary et al., 1998 UM Department of Psychiatry, University of Leipzig Historisch: Keine Diagnose der Alzheimerkrankheit ohne Demenz • ICD 10, 1993: – Demenz bei Alzheimerkrankheit • DSM IV, 1994 : – Demenz vom Alzheimer Typ • McKhann et al 1984: – Clinical diagnosis of Alzheimer´s disease, NINCDSADRDA work group Drei Stadien der Alzheimerkrankheit Stadium der leichten kognitiven Beeinträchtigung Asymptomatisches Stadium Stadium der Demenz Hypothetical model of dynamic biomarkers of the Alzheimer’s pathological cascade C. Jack, Lancet neurol. 2010 Alzheimer Krankheit Gewebssyndrom versus Topographie Globale Atrophie Alzheimerfibrillen Plaques Kongophile Angiopathie Hippocampusatrophie Neuropathologische Stadien nach Braak Klinische Indikatoren für die Alzheimer Krankheit • Neuropsychologische Tests (episodisches Gedächtnis) • Biomarker der A-beta Ablagerung • A-beta imLiquor • Amyloid PET • Biomarker für neuronale Schädigung • Tau/phospho tau in Liquor • Hirnatrophie insbesondere des medialen Temporallappens • FDG PET Risikofaktoren Vergleich von aktuellen Feldstudien* 60 Ott Boersma Prävalenz in % 50 Lobo Leteneur 40 Roelands Rocca 30 LEILA De Ronchi 20 Fratiglioni 10 0 65-69 70-74 75-79 80-84 85-89 90+ Altersgruppen * Demenzdiagnose nach DSM-III-R, publiziert in den letzten 10 Jahren, mehr als zwei Altersgruppen untersucht Familiäre (präsenile) Alzheimer Krankheit • Mutation des Präsenilin-1-Gens auf Chromosom 14, • Mutation Präsenilin-2-Gens auf Chromosom 1 • Mutation APP-Gens auf Chromosom 21 Down-Syndrom • dreifachen Anlage des Chromosoms 21 (APP-Gen) Bedeutung von ApoE für das Risiko an einer AD zu erkranken Myers et al. Framingham-Studie Kumulative Inzidenz von AD im Alter von 80 Jahren: • 55% der ApoE ε4/ε4 Träger • 27% der ε3/ε4 Träger • 9% der ε3/ε3 Träger • 10% der Personen mit einem oder mehr ApoE ε4 Allelen erkrankt an AD (positiver Prädiktiver Wert 0,1) • ApoE ε4 allele erhöht das AD Risiko in einer dosisahängigen Art und Weise • Das ApoE ε4 vermittelte Risiko ist höher bei Kaukasiern als bei Afrikanischen Amerikanern und spanisch stämmigen Amerikanern Multi-Institutional Research in Alzheimer Genetic Epidemiology (MIRAGE) Projekt, Lautenschlager et al. Geschätztes Risiko bei 12 971 Verwandten ersten Grades von 1,694 AD Kranken (durchschnittliches Erkrankungsalter 69.8 Jahre) • Risiko im Alter von 96 Jahren: 39.0% (doppelt so hoch wie erwartet) Risikofaktoren Gewohnheiten, Hypertension Vaskuläre Risikofaktoren, Depression Genetik Lebensstil 0 20 40 60 80 Lj Schulbildung, „großes Hirn“ Antihypertensiva Protektive Faktoren Gute soziales Netzwerk, Körperliche und geistige Aktivität Diagnostische Standards • Anamnese • Fremdanamnese • Klinisch neurologisch-psychiatrische Untersuchung • Neuropsychologische Testung • CT oder MRT • (EEG) • (PET) Biologische Indikatoren: Liquorproteine Erkennung der AlzheimerPathologie im Stadium der LKB durch erhöhtes phospho-Tau und vermin-dertes β-Amyloid. Die Kombination der beiden Marker erzielt eine Sensitivität von 95 % und eine Spezifität von 83 %. Alzheimer-Krankheit andere Ursache Hansson et al., Lancet Neurol 5: 228-234, 2006 Amyloid Pathologie- Verteilung? PET als Beispiel Amyloiddarstellung im PET Medikamentöse Therapie der Demenz bei Alzheimerkrankheit anfängliche Symptomverbesserung therapeutischer Zeitgewinn therapiebedingte Verlaufsverzögerung Spontaner Verlauf der AD 5 – 8 Jahre Cholinerges Defizit bei Alzheimer Krankheit Neocortex Hippocampus Cholinerge Projektionen Kontrolle Alzheimer Krankheit Nucleus basalis Meynert Nucleus basalis Meynert Pathogenese •Synapsenverlust •Nervenzellverlust Ätiologie •Alzheimerfibrillen •Plaques •Kongophile Angiopathie UAW der Antidementiva Therapiestrategien in Entwicklung • Verhinderung von Amyloidablagerungen durch – Sekretasehemmer – Immunisierung (Impfung) • Wenn 1000 Patienten mit Verhaltensstörungen bei Demenz mit atypischen Neuroleptika behandelt werden, führt das dazu, dass • 91-200 eine sig. Besserung erfahren • 10 zusätzliche Todesfälle eintreten • 18 zusätzliche CV-UAW eintreten, von denen die Hälfte schwer sein kann • Keine zusätzlichen Stürze oder Frakturen auftreten • 167 zusätzliche Todesfälle bei Behandlungsdauer von >2 Jahren (DART-AD, Ballard et al. 2009) S.Banerjee 2009 Klinische Differentialdiagnose Alzheimer-Demenz vs. vaskuläre Demenz Alzheimer-Demenz 100% 80% 80% 60% 60% 40% 40% 20% 20% 0% 0% kogn. Leistung 1 2 3 4 5 schleichender Beginn allmähliche Verschlechterung progredienter Verlauf UM 6 7 Jahre vaskuläre Demenz 100% kogn. Leistung 1 2 3 4 5 6 7 Jahre abrupter Beginn stufenweise Verschlechterung zeitlicher Zusammenhang zwischen ischämischem Ereignis und Verschlechterung Department of Psychiatry, University of Leipzig Ischämie-Skala von Hachinski et al. (1975) • • • • • • • • • • • • • Plötzlicher Beginn der Erkrankung Schrittweise Verschlechterung Wechselhafter Verlauf der Symptomatik Nächtliche Verwirrtheit Persönlichkeit ist eher erhalten Depression Somatische Beschwerden Emotionale Inkontinenz Anamnestisch Hypertonie (Herzrhythmusstörungen) Anamnestisch Schlaganfall/Schlaganfälle Vorliegen einer extrazerebralen Arteriosklerose Neurologische Herdsymptome Neurologische Herdzeichen 2 Punkte 1 Punkt 2 Punkte 1 Punkt 1 Punkt 1 Punkt 1 Punkt 1 Punkt 1 Punkt 1 Punkt 1 Punkt 2 Punkte 2 Punkte ICD 10: Vaskuläre Demenz • F01.0: vaskuläre Demenz mit akutem Beginn • F01.1: Multiinfarkt-Demenz • F01.2: subkortikale vaskuläre Demenz • F01.3: gemischte (kortikale u. subkortikale) Demenz MRT Befunde bei vaskulärer Demenz Frontotemporale Demenzen (FTD): Prävalenz ca. 25% aller präsenilen Demenzen Neuropathologie 1-10% aller primären Demenzen Erkrankungsalter 45-65 Jahre keine Geschlechtsunterschiede Mittlere Krankheitsdauer 8 Jahre (2-20 Jahre) Familiäre Häufung (30% +/- ?) FTLD: Klinische Kriterien Frontotemporale Demenz (70%) Verfall des Sozialverhaltens Verhaltensstörungen verflachter Affekt/Apathie fehlende Krankheitseinsicht/Urteilsvermögen Verlust von Empathie Semantische Demenz (20%) flüssige, dabei inhaltsleere Spontansprache Benennstörung Verlust des Wortsinnverständnisses, Benutzung falscher Worte Veränderte Essgewohnheiten Perseverationen/Stereotypien Exploratives Verhalten Nachlassende Sprachproduktion Aufmerksamkeitsdefizite Konkretismus Neurologische Befunde: Primitivreflexe, Inkontinenz, Akinese/Rigor/ Tremor, labile Hypotonie “Progressive Aphasie“ (10%) Unflüssige Spontansprache Wortfindungs- und Benennungsstörungen initial ungestörtes Wortsinnverständnis Pick‘sche Erkrankung-Neuropathologie aus: Pick‘s Disease and Pick Complex Eds. Andrew Kertesz & David G. Munoz (1999) Gyrus dentatus Neuron, balloniert, HE Neuron, balloniert, Locus coeruleus Neuronaler Pick Body i. Cytoplasma, Neokortex, HE FTLD: Klinischer Phänotyp und ZNS-Atrophie Frontotemporale Demenz Progressive Aphasie Frontotemporale Demenz: Genetik Tau = MAP 17q21.1 Funktion: Zusammenlagerung/ Stabilisierung von Mikrotubuli konstitutiv exprimiert (Axone/Neurone) Postranslationale Phosphorylierung Exon 10 (MT Bindungsdomänen: 3 oder 4) Tau-Mutationen: FTD (-17) (autosomal dominanter Erbgang) Allelevarianten als genetische Risikofaktoren Tau – APOE? Assoziation mit Chromosom 3 und 9 Goedert 1998, Prog. Brain Res H.A. Kretzschmar, M. Neumann. Die neuropathologische Diagnostik Neurodegenerativer und dementieller Krankheiten. Der Pathologe, 2000, 21: 364-374 Frontotemporale Demenz: Therapie? Symptomatische Behandlung Antidepressiva Serotonin re-uptake Inhibitoren,Trimipramin Neuroleptika Antikonvulsiva Antidementiva Cholinesteraseinhibitoren ... Demenz mit Lewy-Körperchen (LBD): Diagnostische Kriterien (1)-(2) McKeith et al., Neurology 1996 (1) Progredientes dementielles Syndrom mit Aufmerksamkeitsstörungen, Störungen frontaler Funktionen und visuell-räumlicher Fähigkeiten (ausgeprägter als andere Hirnleistungsstörungen) (2) Wahrscheinliche (2) / mögliche LBD (3 Symptome): Fluktuationen der Hirnleistung mit ausgeprägten Schwankungen der Wachheit und Aufmerksamkeit wiederholte visuelle Halluzinationen, typischerweise gut ausgeformt und detailliert, spontane motorische Parkinson-Symptomatik UM Department of Psychiatry, University of Leipzig Demenz mit Lewy-Körperchen (LBD): Diagnostische Kriterien (3) McKeith et al., Neurology 1996 (3) Die Verdachtsdiagnose wird erhärtet durch Wiederholte Stürze, Synkopen, vorübergehender Bewusstseinsverlust, erhöhte Neuroleptika-Empfindlichkeit (Parkinsonismus bei niedrigen oder durchschnittlichen Neuroleptikadosen), UM Department of Psychiatry, University of Leipzig Kamptokormie unter 4mg Risperidon bei Alzheimerkrankheit ? Demenz bei Parkinsonkrankheit ist häufig % PD-Patienten, die eine Demenz entwickeln • 10-40 % der PD-Patienten leiden unter Demenz • Bei M. Parkinson tritt eine Demenz 4-mal häufiger als bei gesunden Personen auf 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Jahr 0 Jahr 4 Jahr 8 Aarsland D et al. Arch Neurol 2003;60:387–92 Emre M. Lancet Neurol 2003;2:229–37 Halluzinationen bei PDD sind farbig und szenisch ausgestaltet Demenz mit Lewy-Körperchen: Therapie Kognitive Störungen: Acetylcholinesterasehemmer Wahn, Halluzinationen: Clozapin, Quetiapin