Die Radiotherapie des metastasierenden Prostatakarzinoms in palliativer Intention Univ. Doz. Dr. B. Pakisch Abteilung f. Radioonkologie / Strahlentherapie Anforderungen an die palliative Strahlentherapie effektiv zeitlich kurz wenig belastend verfügbar kosteneffektiv anhaltende Besserung hohe Einzeldosis, niedrige Gesamtdosis schonende Lagerung, wenig Nebenwirkungen perkutane Bestrahlung wichtigste Methode Indikationen für die palliative Strahlentherapie Ossäre Metastasen – Schmerzen – Frakturgefahr, Stabilitätsgefährdung tragender Skelettabschnitte – Symptome durch Weichteilanteil – drohende Querschnittslähmung Hirnmetastasen – – – – Hirndrucksymptome Krampfneigung neurologische Defizite Hirnnervenausfall (Schädelbasismetastasen) Indikationen für die palliative Strahlentherapie lokales Tumorwachstum mit belastenden Symptomen • Schmerzen, Blutung • Husten, Luftnot • neurologische Symptome • kosmetische Störung Vorbeugung von Komplikationen Vorbeugung von Komplikationen Stabilisierung von tragenden Knochen Vermeidung von neurologischen Defiziten: Querschnittslähmung, Hirnnervenausfall Vermeidung von oberer Einflußstauung Vorbeugung einer Atelektase Gynäkomastieprophylaxe Knochenmetastasen bei Diagnosestellung Schmerzen pathologische Fraktur, drohende Fraktur Verminderung der Lebensqualität erstes Zeichen einer disseminierten malignen Erkrankung bei Tod durch Brust-, Prostata-, Lungentumor: in 85% Fernmetastasen nachweisbar Knochenmetastasen Therapie Radiotherapie Nuklearmedizin Chirurgie Systemtherapie Chemotherapie Bisphosphonate Target Therapie Bestrahlung nicht indiziert symptomlose Metastasen – Schädelkalotte – nicht Gewicht tragende Skelettabschnitte – nicht schmerzende Rippenmetastasen Histologische Sicherung nicht erforderlich bei Mammakarzinom, Prostatakarzinom, Hypernephrom, Bronchialkarzinom usw. Ossäre Metastasen typisch bei diesen Grundleiden erforderlich bei pathologischen Knochenveränderung bei dafür nicht typischen Grundkrankheiten, bei singulärer Knochenveränderung und unbekanntem Primärtumor (maligne? benigne?) Knochenmetastasen Dosieruns- und Fraktionierungsschemata Palliation: Schmerz? Stabilität? Effekt - Nebenwirkungen Überlebenswahrscheinlichkeit aufwendige Bestrahlungstechniken? Knochenmetastasen Schmerzbestrahlung: Dosierungs - und Fraktionierungsschemata Dosis/Fr/Tage Tong Schmerzlinderung Dauer 20/5/5 idem idem 40.5/15/19 15-30/5-10/5-12 Blitzer Reanalyse Vorteil protrahiert Hoskin 8/1/1 Vorteil 8Gy idem 4/1/1 } } Erhöhung der Anzahl an Fraktionen führt vermehrt zur kompletten Schmerzfreiheit Knochenmetastasen Schmerzbeeinflussung 1) Dosis - Wirkungsbeziehung ist fraglich 2) 1 x 8 Gy besser als 1 x 4 Gy 3) 1 x 8 Gy als optimaler Kompromiß zwischen Nutzen und Aufwand ? cave : Spätkomplikationen bei hohen Einzeldosen 1 x 10 Gy: Paraparese* * Madsden 1983, IJROBP Knochenmetastasen Schmerzreduktion durch pall. RT bei 70 - 90% der Patienten % Garmatis Moss Montague, Delcolos Tong Kutting Kagan Rieden 91 70 80 90 74 - 80 90 76 Knochenmetastasen Schmerzreduktion kompletter Response teilweiser Response* idem oder Progression * Response > 50 % Schmerzreduktion 55 % 33 % 12 % Knochenmetastasen Wiederauftreten der Schmerzen Dauer der Palliation komplette Rückbildung 54% 12-15 Wo teilweise Rückbildung 41% 20 Wo Tong, RTOG-Studie Knochenmetastasen stabilisierende Bestrahlung Gewicht tragende Skelettanteile Zur Verhinderung der Kompaktazerstörung Wirbelsäule Hüftgelenk Femur Tibia Humerus Knochenmetastasen Remineralisation - Stabilisierung Zelltod der Tumorzellen Ersatz durch proliferierendes kollagenbildendes Bindegewebe Verkalkung des Bindegewebes Ossifikation Knochenmetastasen Remineralisation - Stabilisierung Neugebilderter Knochen - mindere Qualität cave: zu hohe Dosis Schädigung der Osteoblasten Protrahierte Schemata scheinen von Vorteil: Rekalzifikation Koswig* 1 x 8 Gy 30% 10 x 3 Gy 45% Eine ausreichende tumorizide Wirkung der RT ist notwendig fraktionierte, höher dosierte Bestrahlung! Stabilisierung erst nach Monaten !! *Strahlentherapie Onkologie 1995 171:72 Knochenmetastasen Remineralisation - Stabilisierung langsamer Prozeß maximale Remineralisation 3 Mo. p. RT Prognose des Patienten i. Abh. vom Primärtumor Lungenca Mammaca Prostataca 3 Monate 18 Monate 12 - 18 Monate Knochenmetastasen Schmerz und Stabilitätsbestrahlung Vor Therapie: Osteolysen, Schmerzen Nach Therapie: Sklerosierung, Stabilität, keine Schmerzen Pakisch/Graz 04 Knochenmetastasen Remineralisation - Stabilisierung Häufigkeit: Moss Montague Rieden gelegentlich in einigen Fällen 55 - 78 % Rekalzifizierung abhängig vom Primärtumor: Mammaca Prostataca Bronchusca Niererenzellca Knochenmetastasen pathologische Fraktur Therapie in Abhängigkeit von Lokalisation: Gewicht tragend: operative Stabilisierung Nachbestrahlung als Prophylaxe gegen neues Tumorwachstum und Lockerung großes RT-Feld mit Inklusion des gesamten osteosynthetisch versorgten Bereiches Osteosynthese + RT*: 53.0% gute Funktion Osteosynthese - RT*: 11.5% gute Funktion Townsend IJROBP, 1995 Knochenmetastasen metastatisch bedingte Rückenmarkskompression 1) Entlastungsoperation 2) nur bei strahlensensiblen Tumoren RT die Therapie der 1. Wahl: Seminom, Lymphom, Plasmocytom 3) RT immer unter Cortisonschutz 3 Gy auf 30 Gy oder 2-3 x 4-5 Gy und anschließend 2 Gy auf 40 Gy Knochenmetastasen Wirbelsäule - Operation rasch progrediente Instabilität (Wirbelbögen, Wirbelkörper) neurologische Ausfälle bis Querschnittslähmung unbeherrschbare Schmerzen Radikalität meist nicht möglich Nachbehandlung mit RT +/- ChT mehrsegmentiger Befall Korsett + RT +/- CT keine OP Pall. Bestrahlung bei drohender Querschnittsläsion Immobile Patientin: Bestrahlung von dorsal Simulatorlokalisation Knochenmetastasen Samarium + Externe Bestrahlung (EBRT) Pat. mit metastasiertem Brust- oder Prostatakarzinom Split-dose Samarium EBRT 30/3 Gy Samarium Samariumaufnahme wird durch die externe Bestrahlung nicht sign. verändert keine sign. Erhöhung der Toxizität keine Interferenz sowohl EBRT als Samarium kann als erste Therapie gegeben werden Ankelstein, Proceedings ASTRO 2001 Knochenmetastasen Bestrahlungsplanung 1) entsprechende Darstellung der osteolytischen Läsion oder osteoblastischen Läsion Weichteilkomponente 2) nebenwirkungsfreie Bestrahlung 3) adäquate Dosis 4) Dokumentation der Feldanordnung 5) Erhaltung der Lebensqualität Planung – Arbeitszeit von der Zuweisung bis zur 1. Bestrahlung Ärztliche Leistung: 140 Minuten (Beurteilung der Zuweisung, Protokollerstellung, Aussprache + EDV-Dokumentation, CT-Lagerung, Zielvolumen Einzeichnung in CT Schichten, Planungsbeurteilung, Simulation, Simulationsbeurteilung, Protokollabzeichnung) Leistung Medizinphysik: RTA: Sekretariat: Pflege: 70 Minuten 200 Minuten 30 Minuten 15 Minuten Palliative Bestrahlung bei beginnender Querschnittslähmung und Schmerzen 2 x dorsales Stehfeld je 3 Gy Fortsetzung Keilfilterfelder auf 30Gy/3Gy/Tag Analgetika Dexamethason multiple ossäre Metastasen eines Prostataca. Stehfeld von dorsal: Dosisverteilung transversal % sagittal 15 MV Photonen,30 Gy/ 3Gy/d dorsales Stehfeld ap-pa Gegenfeld 3-d-Planung, konformale Keilfilterfelder: Schonung des gesunden Gewebes bei optimaler Erfassung der Wirbelsäule 3-dimensionale Planung und konformale 3-Feldertechnik bei Metastasen im Os Sacrum IMRT Intensitätsmodulierte Bestrahlung einer Läsion im Bereich des Pediculus arcus vertebrae und des Foramen intervertebrale incl. Weichteil Das Rückenmark wird deutlich geschont und nur mit einem Bruchteil der Gesamtdosis belastet Stereotaktische Bestrahlung 20 Gy / 1 Fraktion Schmerzreduktion 86% lokale, lang anhaltende Tumorkontrolle 90% weitgehende Schonung des Rückenmarks Gerszen, Spine 2007;32 Stereotaktische Bestrahlung 20 Gy / 1 Fraktion multiple Knochenmetastasen Halbkörperbestrahlung Linearbeschleuniger vergrößerte Fokus - Hautdistanz Fraktionierung? 6 Gy obere, 8 Gy untere HKB: Einzeldosis 75% Palliation 20% idem 7% Verschlechterung mean survival 30 Wo. Toxizität Grad III-IV: in 25 % der Patienten 800 - 1100cGy: cave akute Pneumonitis RTOG Zusammenfassung I Indikation zur RT Schmerzen drohende oder bereits erfolgte Fraktur zur Stabilisierung Rückenmarkskompression infolge spinaler Knochenmetastasen Verkleinerung der Tumormasse, Abtötung von Tumorzellen St. p. Verbundosteosynthese oder endoprothetischem Ersatz Abtötung von Resttumormasse Zusammenfassung II Knochenmetastasen RT effektiv anhaltende Besserung ~ 70 % kurze Dauer hohe Einzeldosis 8 Gy niedrige Gesamtdosis rasch verfügbar perkutane Bestrahlung wichtigste Methode kosteneffektiv Einzeitbestrahlung, einfache Planung Zusammenfassung III Knochenmetastasen RT wenig belastend schonende Lagerung, wenig Nebenwirkungen mit Samarium kombinierbar Spezialverfahren nur in Ausnahmefällen (IMRT, Stereotaxie) extreme Schonung von Risikoorganen, hohe Tumorkontrolle