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Epidemiologie in
Public Health und
Klinischer Forschung
I. Teil
Prof. Dr. med. Hans-Werner Hense
Leiter Klinische Epidemiologie
Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin
Universität Münster
?
„ Any work which seeks to elucidate the causes of disease,
the mechanisms of disease, the course of disease,
the cure of disease, or the prevention of disease,
must begin and end with observations of man,
whatever the intermediate steps may be.“
Sir George Pickering, 1952
Gesundheit / Krankheit
Bio-medizinische
Grundlagen
Klinik
Public Health
(Mechanismen,
Ätiologie,
Pathophysiologie,
Molekularbiologie,
Genetik etc.)
(Patienten,
Symptome,
Krankheiten,
Diagnostik,
Therapie etc.)
(Bevölkerung,
Gruppen,
Schichten,
Epidemien,
Systeme etc.)
Klinische Studien
Epidemiologie
Epidemiologie ist eine Grundlagenwissenschaft
der Gesundheitsforschung
Sie erforscht
- die Verteilung,
- die Häufigkeit und
- die Determinanten
von physiologischen Parametern, Symptomen und
Beschwerden sowie Krankheiten.
Sie untersucht
- deren natürlichen Verlauf sowie
- medizinische, individuelle und soziale Einflüsse
in Bevölkerung(sgrupp)en.
Bereiche epidemiologischer Forschung
• Häufigkeiten (deskriptiv)
• Ursachen (analytisch)
• Prognose (analytisch)
• Evaluation (Diagnose, Therapie, Intervention)
Methoden epidemiologischer Forschung
1. Planung:
Spezifische Studienformen („Studiendesigns“)
2. Analyse:
Allgemeine und spezifische statistische Verfahren
3. Interpretation:
Kontrolle von Verzerrungen („Bias & Confounding“)
Epidemiologische Studienformen I
 Deskriptive Studien
- Populationen
Korrelations- oder Ökologische Studien
- Einzelpersonen
(Fallberichte, Kasuistiken, Fallserien)
Querschnittsstudien (Surveys)
Epidemiologische Studienformen II
 Analytische Studien
- Beobachtungsstudien
Fall-Kontroll Studien
Prospektive (Kohorten-, Follow-Up-)Studien
- Interventionsstudien
Kontrollierte Klinische Studien
Epidemiologische Studienformen I
 Deskriptive Studien
- Populationen
?
Korrelations- oder Ökologische Studien
- Einzelpersonen
(Fallberichte, Kasuistiken, Fallserien)
Querschnittsstudien (Surveys)
Epidemiologische Studienformen I
Bei Korrelations- oder Ökologischen Studien
sind Populationen die Beobachtungseinheit und
Aggregatdaten dienen zur Charakterisierung einer
Exposition (Belastung gegenüber Schad- oder
Risikofaktoren).
Fragestellung
-Gibt es einen Zusammenhang zwischen Rauchen
und Lungenkrebs?
- Gibt es einen Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum
und Herzinfakten?
- Gibt es einen Zusammenhang zwischen Ernährung
und Darmkrebs?
Crude death rate for lung cancer among men in 1950 and per
capita consumption of cigarettes in 1930 in various countries
Deaths per million
Great Britain
Finland
Switzerland
Holland
USA
Denmark
Australia
Canada
Sweden
Norway
Iceland
Cigarette consumption
Source: U.S. D.H.E.W. Smoking and Health: Report of the Advisory Committee to the Surgeon General of the Public
Health Service.
Washington, D.C.: U.S. Government Printing Office, 1964
Per capita alcohol consumption (liters)
Per capita alcohol consumption and
CHD mortality rates in 20 countries in 1972
France
Italy
Portugal
Spain
Switzerland W. Germany
Austria
Belgium
Ireland
Sweden
Netherlands
Japan
UK
Canada
Australia
New Zealand
US
Finland
Norway
1972 CHD death rates (males, 55–64 years of age)
Source: LaPorte RE, Cresanta JL, Kuller LH. J Public Health Policy 1980;1:198
Colon cancer incidence/100,000 women
Correlation between per capita meat consumption and
colon cancer incidence rate among women in various countries
NZ
USA
Can
Den
Swe
Nor
Jam
Fin
Net
Isr
PR
Pol
Yug
Chi
Jap
Rom
Hun
Col
Nig
UK
FDP
Ice
DDP
Per capita daily meat consumption – grams
Source: Int. J. Cancer 15:617, 1975
Epidemiologische Studienformen I
Vorsicht beim sog.
Ökologischen Fehlschluss (ecological fallacy),
dem unerlaubten (!) Rückschluss von
Aggregatdaten (Gesamtbevölkerung als Beobachtungseinheit)
auf Individualdaten (Individuen als Beobachtungseinheit).
60
50
40
A
30
B
C
20
10
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
Epidemiologische Studienformen I
 Deskriptive Studien
- Populationen
Korrelations- oder Ökologische Studien
- Einzelpersonen
(Fallberichte, Kasuistiken,Fallserien)
Querschnittsstudien (Surveys)
Fragestellung
- Wie häufig ist Asthma im Kindesalter?
- Wie häufig ist Diabetes bei Erwachsenen?
- Nimmt die Adipositas in der Bevölkerung zu?
Querschnittsstudien
Ziel:
Beschreibung von Krankheit bezogen auf:
• Person: Wer wird krank?
• Ort:
Wo ist die Krankheit selten(er) / häufig(er)?
• Zeit:
Wann tritt die Krankheit auf?
Wie ändert sie sich mit der Zeit?
Querschnittsstudien
1. Vorgehen: Aus einer Bevölkerung wird eine repräsentative
Stichprobe gezogen.
Bevölkerung
Repräsentativ !
Stichprobe
Repräsentativität:
Jede Person der Bevölkerung wird mit gleicher Wahrscheinlichkeit
für die Stichprobe ausgewählt.
Verfahren: Zufallsauswahl (random sampling)
Querschnittsstudien
1. Vorgehen: Aus einer Bevölkerung wird eine repräsentative
Stichprobe gezogen.
Bevölkerung
Repräsentativ !
Stichprobe
Teilnehmer
2. Unter den Teilnehmern der Stichprobe wird dann das Vorkommen
von Krankheiten, Symptomen, Risikofaktoren, Sozialschicht etc.
bestimmt.
Querschnittsstudien:
Grundanforderungen
• Repräsentative Stichprobe
• „Faustregel“: Teilnahmerate > 65%
• Standardisierte Untersuchungen
• Qualitätskontrolle (Ort, Zeit!)
Mögliche Probleme bei der Interpretation
Bias (Verzerrung)
DEFINITION
Bias (deutsch: Verzerrung) ist ein Vorgang, der bei
einer Studiendurchführung bzw.-auswertung zu einer
systematischen Abweichung von den wirklichen Werten führt.
Wichtige Arten von Bias in der Epidemiologie sind:
• Selektionsbias (z.B. ‚Non-responder bias‘)
• Informationsbias (z.B. ‚recall bias‘)
Querschnittsstudien
In einer Querschnittstudie bestimmt man primär die Prävalenz.
Definition von Prävalenz
Anteil an einer Bevölkerung, der von einer bestimmten Krankheit
oder Veränderung betroffen ist.
Die Prävalenz P errechnet sich als:
Zahl der betroffenen Personen
P=
Zahl aller Personen in der Bevölkerung
Man unterscheidet Punkt- und Periodenprävalenz.
Nationaler Gesundheitssurvey 1998
7124 Teilnehmer
- 4705 West-D
- 2419 Ost-D
An 114 Orten
Alter: 18 – 79 Jahre
Teilnahmerate 61.4%
www.rki.de
www.rki.de
Querschnitts- oder Prävalenzstudien:
Wer wird krank?
Sozialschicht und Erkrankungsprävalenz
Männer
Quelle: Nationaler Gesundheitssurvey, Deutschland 1999
Frauen
Querschnitts- oder Prävalenzstudien:
Wann tritt Krankheit auf?
Wie verändert sich Krankheit?
Bundesgesundheits-Survey 1991 vs.1998
Gesundheitswesen1999;61(2): S118
Querschnitts- oder Prävalenzstudien:
Wo ist Krankheit seltener / häufiger?
The 12-month prevalence (%) of asthma symptoms in 13–14 year olds
(written questionnaire) for each centre by selected country
Country
United Kingdom
New Zealand
Australia
Canada
Peru
Brazil
USA
South Africa
Finland
Kenya
Germany
France
Japan
Hong Kong
Spain
Singapore
Ethiopia
Russia
China
Greece
Albania
Indonesia
Source: The Lancet 1998
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
35%
40%
Querschnittsstudien:
Verteilung von Messparametern
%
30
25 – 34 Jahre
25
35 – 44 Jahre
Frequencies
20
45 – 54 Jahre
55 – 64 Jahre
15
65 – 74 Jahre
10
5
0
70 - 80
120 - 130
LVMI
170 - 180
g/m
220 - 230
Querschnittsstudien
Einflussfaktoren auf die Prävalenz:
Neuerkrankte
Geheilte
Prävalenz-Pool
Verstorbene
Querschnitts- oder Prävalenzstudien
Einflussfaktoren auf die Prävalenz
Prävalenz-Zunahme
Besseres Überleben
Höhere Letalität
Zunahme der Neuerkrankungen
Abnahme der Neuerkrankungen
Zunahme der allg. Lebenserwartung
Abnahme der allg. Lebenserwartung
Zuwanderung Kranker
Abwanderung Kranker
Abwanderung Gesunder
Zuwanderung Gesunder
Verbesserung der Diagnostik
Vermehrte Heilung
Prävalenz-Abnahme
Querschnittsstudien
Stärken:
• Prävalenz gut zu ermitteln
• Identifikation von Subgruppen der Bevölkerung
mit besonderer Belastung
• Kausal-Hypothesen aus korrelativen Analysen (Vorsicht!)
• Begrenzter Aufwand
Schwächen
• Gleichzeitige Ermittlung von Krankheit und
Risikofaktor (Verlust der Zeitdimension):
relevant bei Erkrankungen, nach deren Auftreten sich
Symptome, Ausprägung oder Risikofaktoren ändern
(z.B. Hypertonie, allergisches Asthma)
• Selektionsbias (z.B. Non-Response-Effekte,
selektives Überleben)
Fragen und Antworten
1. Die Prävalenz der KHK nimmt zu, obwohl die Inzidenz
seit Jahren sinkt. Wie lässt sich das erklären?
2. Krebsvorsorgeuntersuchungen senken die Inzidenz
von Krebskrankheiten: richtig - oder?
3. Die Prävalenz von Menschen in der Bevölkerung,
die jemals eine Krebserkrankung hatten steigt in
Deutschland stetig. Was sind die Ursachen?
Fragen und Antworten
4. In einer Studie findet sich kein Zusammenhang zwischen der
Zahl der jährlich durchgeführten PCIs eines Krankenhauses
und der Komplikationsrate. Die Autoren leiten daraus ab,
dass die Menge der Prozeduren („Erfahrung“) keine
bessere Qualität der Versorgung bewirkt.
5. Beim Nationalen Gesundheitssurvey von 1998 fand sich,
dass Personen, die Antihypertensiva einnahmen häufiger
einen Herzinfarkt und/oder Schlaganfall berichteten als solche,
die trotz hoher Blutdruckwerte nicht behandelt wurden.
Schaden Antihypertensiva?
6. Beim Kinder- und Jugendsurvey (KIGGS) von 2004 hatten Kinder
mit Haustieren, vor allem Katzen und Hasen, deutlich seltener
Asthma als Kinder, die solche Tiere nicht besaßen.
Schützen diese Haustiere vor Asthma?
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