Historian käyttö ja väärinkäyttö

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Überlebenskampf zwischen Stalin und Hitler
- Finnland im Zweiten Weltkrieg 1939-1944
Vortrag im Bildungsurlaub von ‚Arbeit und Leben‘ in Hamburg in
Finnland am 6.9.2011 um 16.00 Uhr
Prof. Dr. Seppo Hentilä
(Universität Helsinki)
Finnland kämpfte im Zweiten Weltkrieg in zwei Kriegen
gegen die Sowjetunion: im Winterkrieg (30.11.1939 –
13.3.1940) und im Fortsetzungskrieg (26.6.1941 –
19.9.1944)
„Zwischenfrieden“
Als Finnland im Juni 1941 sich an Hitlers Barbarossa Plan
anschloss, bestand das Minimalziel in der Rückgewinnung
von den im Winterkrieg abgetretenen Gebieten in Karelien.
Den Krieg empfand man daher allgemein als
Fortsetzungskrieg bzw. Wiedergutmachungskrieg des
Winterkrieges
Dass die Benennung des Krieges 1941–44 zum
Fortsetzungskrieg völlig alternativlos gewesen ist, ist
symptomatisch für die finnische Geschichtsdebatte.
Die Mehrheit der Finnen hat durch die Jahrzehnte die
Teilnahme ihres Landes am Zweiten Weltkrieg – einschließlich
der offensiven Phase des Fortsetzungskrieges, in der Finnland
als „Mitstreiter“ bzw. „Waffenbruder“ des nationalsozialistischen Deutschlands gegen die Sowjetunion kämpfte – als
notwendig für die Sicherung der Unabhängigkeit des Landes
gehalten
Nicht einmal die finnische Besatzungspolitik im sowjetischen
Teil Kareliens, über 200 Kilometer hinter den historischen
Grenzen zwischen den beiden Ländern, wurde nach dem Krieg
in Finnland kritisch in Frage gestellt
So ist Finnland wohl das einzige Land auf der Verliererseite
des Zweiten Weltkrieges, in dem die historische Identität der
großen Mehrheit der Bevölkerung seit Kriegsende so
ausgesprochen positiv auf die Kriegserinnerung aufgebaut
worden ist
Der finnisch-sowjetische Winterkrieg vom 30.11.1939 bis
zum 13.3.1940
Der Winterkrieg beeinflusste und beeinflusst auch heute das
Geschichtsbewusstsein und die nationale Identität in
Finnland stärker als jede andere kritische Phase der neueren
Geschichte
Die Geschichtsdeutung über den
Winterkrieg sucht in der Einstimmigkeit
ihres gleichen; das gilt sowohl für die
Akademische Geschichtsforschung als
auch für das öffentliche Geschichtsbild
In der Nachkriegszeit hat die ganze Nation die
Rechtfertigung des Winterkrieges anerkannt; sogar die
Linken (die Anhängerschaft der KP Finnlands) haben sie nie
in Frage gestellt
Etwas übertrieben könnte man sogar behaupten, dass die
Erinnerung an dem Winterkrieg so „heilig“ war, dass sie
sogar während des Kalten Krieges – unter erheblichem
politischem Einfluss der Sowjetunion auf Finnland – von der
sogenannten Selbstfinnlandisierung verschont bleiben
konnte
Die mit dem Winterkrieg verbundenen Erfahrungen und
Erinnerungen an die „105 Tage der Ehre“ spiegeln sich
durch solch erhöhte Begriffe wie Wunder, Geist und
nationale Einmütigkeit wider.
Dieses Geschichtsbild spiegelt sich sowohl
in der akademischen Historiographie als
auch in unzähligen Memoiren, in der schönen
Literatur, in der Gemäldekunst und in den
Spielfilmen wieder
Im geheimen Zusatzprotkoll des sog. Hitler-Stalin-Paktes
vom 23.8.1939 erhielt die Sowjetunion freie Hand
gegenüber Finnland, den baltischen Staaten, Ostpolen
und dem rumänischen Bessarabien
Zur Gewährleitung der Sicherheit Leningrads sollte
Finnland seine südlichste Spitze, die Halbinsel Hanko am
Finnischen Meerbusen, als Militärstützpunkt verpachten,
einen erheblichen Teil der Karelischen Landenge sowie
den Finnland gehörenden Teil der Fischerhalbinsel bei
Petsamo am Eismeer vollständig abtreten
Die finnische Regierung lehnte in den Verhandlungen mit
Stalin und Molotov in Moskau bis Mitte Nov. 1939 alle
Forderungen ab; anders als die baltischen Länder in der
gleichen Situation entschied sich Finnland sich
militärisch zu verteidigen
Sogar die meisten in der politischen Führung des Landes
glaubten, dass die Krise letztendlich von der so
empfundenen „tausendjährigen Erzfeindschaft“ und von
der vermeintlichen ewigen Böswilligkeit der Russen
gegenüber den Finnen herrührte
In der finnischen Geschichtstradition wurde der
Gegensatz zwischen Finnland und Russland als einen
Kampf zwischen dem „kleinen guten David“ und dem
„großen bösen Goliath“ geschildert
Am Morgen des 30. November 1939 eröffnete die Rote
Armee auf breiter Front zu Lande, auf See und aus der Luft
den Angriff gegen Finnland
Obwohl die finnische Außen-und Verteidigungspolitik seit
der Erlangung der Selbständigkeit ausschließlich auf die
Abwehr der vom Osten drohenden Gefahr orientiert war,
kam der Kriegsausbruch für die Regierung überraschend
Der Aggressor war kräftemäßig in jeder Hinsicht überlegen
Dass der Winterkrieg als ein
Wunder erlebt wurde, liegt an
dem Endresultat des Krieges:
Die Nation bewältigte eine angesichts
ihrer Kraftressourcen übermächtige Aufgabe, sie
verhinderte die Okkupation und bewahrte ihre
Selbständigkeit
Der Geist des Winterkrieges resultierte
aus den gemeinsamen Kraftanstrengungen und der
Standhaftigkeit aller Volksschichten.
Die Bestürzung und Verzweiflung der ersten Kriegstage
wandelten sich bald in Tapferkeit und Entschlossenheit:
jeder verstand, dass der Nation keine andere Wahl blieb, als
um ihre Existenz zu kämpfen
Dass der Winterkrieg allgemein in der Geschichtstradition
als ungerechtfertigte Aggression der Sowjetunion
angesehen wurde, lieferte den Finnen eine willkommene
Ausrede in Bezug auf die unangenehmen Fragen zu
Finnlands Waffenbrüderschaft mit dem Dritten Reich
1941-44
Auf diese Ausrede hat man sich in Finnland konsequent
sowohl in der gesellschaftlichen Erinnerung als auch in der
Geschichtsschreibung berufen: die Waffenbrüderschaft mit
Deutschland sei als Wiedergutmachung des durch den
Winterkrieg erlittenen Unrechts völlig berechtigt gewesen
Außerdem habe die Zusammenarbeit mit Deutschland den
Finnen in der damaligen Situation den einzigen Ausweg
geboten
Die sowjetische Geschichtsschreibung kannte keinen Krieg
namens Winterkrieg
Der Konflikt zwischen Finnland und der Sowjetunion 1939–
40 war kein Krieg gewesen, sondern eine Reihe von den
Westmächten provozierten Streitigkeiten an der Grenze
Der heldenmütigen Roten Armee war es gelungen die
„Aggression der finnischen Banditen abzuwehren“ und die
Stadt Lenins zu beschützen
Absolutes Tabu war der Begriff Winterkrieg auch in der
DDR-Geschichtsschreibung
Aktuell gibt es zwischen Finnland und Russland keine
offene Konfrontation in der Geschichtsdeutung über den
Winterkrieg
Der Winterkrieg wäre hier nicht das Thema höchster
Priorität; vielmehr gehen die Meinungen über den
sogenannten Fortsetzungskrieg 1941–1944 weit
auseinander
Die Tendenz, diesen Krieg in Finnland für einen
Separatkrieg zu erklären, der keine Verbindung zu Hitlers
Aggression gegen die Sowjetunion hatte, wurde und wird
in den russischen Medien immer wieder scharf kritisiert
Fortsetzungskrieg zwischen Finnland und der Sowjetunion
vom 25.6.1941 bis zum 19.9.1944
Nach der Eroberung Nordnorwegens im Sommer 1940 wuchs
Deutschlands Interesse an Finnland eindeutig
Vertrag Transitvertrag im September 1940 - deutsche
Truppen und Kriegsmaterial durch Finnland nach Norwegen
In der Planung der Operation Barbarossa bekam natürlich
auch das finnische Territorium eine gewisse Bedeutung an
der Nordflanke der kommenden Ostfront
Im militärischen Konflikt zwischen Deutschland und der
Sowjetunion hatte Finnland praktisch nur eine Alternative
Neutralität wäre nicht haltbar gewesen, ein Bündnis mit
der UdSSR nach dem Winterkrieg völlig undenkbar
Seit Januar 1941 wurde der finnische Generalstab
allmählich zu den Kriegsplänen Deutschlands verbunden
Die finnische Regierung hat keine genauen Kriegspläne
veröffentlicht; die Wiedergutmachung des Winterkrieges
war die gängige und von der grossen Mehrheit
ackzeptierte Erklärung
Finnland wurde Deutschlands Waffenbruder bzw.
”Mitkriegsführender”; es gab keinen Staatsvertrag
zwischen den beiden Ländern, aber die militärische
Zusemmenarbeit war eng und vielseitig; z. B. waren ca.
200 000 deutsche Soldaten in Nordfinnland stationiert,
und ohne deutsche Waffen und Lebensmittel hätten die
Finnen keinen Krieg führen können
Eroberung von Wiborg am 23.8.1941
Der Angriff wurde ab 2.9. über die Grenzen von 1939 hinaus nach
Ostkarelien fortgesetzt
Ende Oktober 194i fiel die sowjet-karelische Hauptstadt
Petrozavodsk auf finnische Hände
Vom Dezember 1941 bis zum Juni 1944 Stellungskrieg
Weitgehende Pläne Ostkarelien an das kommende ”GrossFinnland” anzugliedern
Die russische Zivilbevölkerung, die sogenannten ”Unetnischen”,
wurde in Konzentrationslagern gesperrt und isoliert; die
karelische Bevölkerung hat man energisch ”einzufinnischen”
begonnen
Die deutsch-finnische Zusammenarbeit während des Krieges war
durch die Tatsache bestimmt, dass es für die beiden Partner vom
grossen Nutzen war und dass es für sie kaum Alternative gab
Die einzige grosse gemeinsame militärische Operation, die
Murmann-Bahn abzuschneiden, war schon im Juli 1941 gescheitert
Weil die deutschen Truppen nie zum geplanten Händedruck nach
Fluss Syväri (Svir, zwischen Ladoga und Onega-Seen) gekommen
sind, hat der finnische Generalstab unter Leitung von Mannerheim
verzichtet, auf Operationen gegen Leningrad und Murmann-Bahn
mitzumachen
Damit nahm Finnland Rücksicht auf die USA, die ihrerseits auf
Kriegserklärung auf Finnland verzichtete
Nach Stalingrad, seit Februar 1943, das einzige Ziel Finnlands: so
schnell wie möglich los von dem Krieg
Statt der befürchteten bedingunslosen Kapitulation ist es
den Finnen gelungen, im Juni – Juli 1944 die
Grossoffensve der Roten Armee abzuwehren
Der Fortsetzungskrieg endete aus finnischer Sicht zum
”Abwehrsieg”
Warum wurde Finnland nicht militärisch besetzt? – dafür
mehrere Gründe
Die zwei wichtigsten sind wohl folgende:
- Nach der Landung der Alliierten auf Normandie Anfang
Juni 1944 brauchte Stalin die ganzen militärischen
Potentiales die nun irgendwie vorhanden waren
- Die Finnen waren in der Lage, wenigstens die erste Welle
der Grossoffensive des Gegners zu halten – mit anderen
Worten, die finnischen Soldaten haben unglaublichen
Ausdauer gezeigt
Friedensbedingungen beim Abschluss des
Fortsetzungskrieges am 19.9.1944:
-Abtretung von ca. 10 Prozent des finnischen Territoriums an
die UdSSR, hauptsächlich von Karelien (siehe Karte, nächste
Seite)
-Reparationen (die letzte Zahlung im Jahre 1952)
-Verurteilung von Kriegsschuldigen
-Vertreibung von den in Lappland stationierten deutschen
Truppen (ca. 200 000 Mann)
-Folge: der sog. Lapplandkrieg zwischen Finnland und
Deutschland vom September 1944 bis April 1945
Bitterkeit bei den Deutschen: die Finnen, das Heldenvolk des
Winterkrieges, wurden ein Verrätervolk
Ein bitterer Gruss von den aus Lappland sich
zurückgezogenen deutschen Truppen an die
ehemaligen Waffenbrüder
In der finnischen Geschichtsdebatte hat man sehr lange die
These vertreten, dass Finnlands Teilnahme an dem Zweiten
Weltkrieg insgesamt als einen Separatkrieg dargestellt werden
muss
Abwehrsieg, Unschuldthese, ”Treibholztheorie”
Die Waffenbrüderschaft mit Hitlerleutschland war in Finnland nie
ein grosses Thema
Erst in den letzten paar Jahren wurde ist die Sonderkriegsthese
ernsthaft in Frage gestellt; damit ist auch die Zusammenarbeit
mit Deutschland in nähere Betrachtung gerückt
Neue Forschung über die Zusammenarbeit der finnischen
Schutzpolizei mit Gestapo im Norden Finnlands und in
Norwegen
Austausch von russischen Kriegsgefangenen mit den
Deutschen
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