Methoden der Chemie III – Teil 1 Modul M.Che.1101 WS 2010/11 – 3 Moderne Methoden der Anorganischen Chemie Mi 10:15-12:00, Hörsaal II George Sheldrick [email protected] Das Gitter Kristalle bestehen aus identischen „Ziegelsteinen” (Elementarzellen), die ein dreidimensionales Translationsgitter bilden. Die Elementarzelle wird durch drei Kantenlängen a, b und c und drei Winkel , und beschrieben. V = Volumen der Elementarzelle = abc [ 1 – cos2 – cos2 – cos2 + 2cos.cos.cos ]½ c a b Die Elementarzelle Die Elementarzelle ist die kleinste Einheit, die durch Translation in allen drei Raumrichtungen die gesamte Struktur erzeugen kann. In der Zelle kann es mehrere symmetrieverwandte Kopien der asymmetrischen Einheit geben, aber im Allgemeinen in anderen Orientierungen. Obwohl NaCl ein Atom auf jeder Ecke der Elementarzelle hat, ist dies eher eine Ausnahme. Wenn die Struktur zentrosymmetrisch ist, wird die konventionelle Zelle immer so gewählt, dass der Ursprung auf einem Inversionszentrum liegt. Sonst wird die Wahl der Zelle durch die Lagen der Symmetrieelemente (konform mit Band A der International Tables for Crystallography) begrenzt. Die Wahl der Elementarzelle Bei niedriger Symmetrie gibt es eine große Auswahl an möglichen Elementarzellen. In bestimmten Fällen ist es besser, eine nicht-primitive, zentrierte Zelle zu wählen, um die Symmetrie zu verdeutlichen: A B A B C D Wenn keine Symmetrie vorhanden ist, kann die Zelle beliebig gewählt werden. Eine primitive Zelle mit Winkeln möglichst nahe bei 90º (C oder D) wäre hier zu empfehlen. C Die (konventionelle) C-zentrierte Zelle C besitzt 90º Winkel; dagegen hat eine der primitiven Zellen (B) gleiche Kantenlängen. Die 14 Bravais-Gitter P P triklin: a = b = c == P C monoklin: a = b = c; = = 90º = C I orthorhombisch: a = b = c; = = = 90º F Die 14 Bravais-Gitter (fort.) P I P hexagonal: a = b = c; = = 90º, = 120º und rhomboedrisch: a = b = c, = = tetragonal: a = b = c; = = = 90º P R I F kubisch: a = b = c, = = = 90º Nichtkonventionelle Gitter Monoklin-B gehört nicht zu den 14 Bravais-Gittern, weil es sich nach monoklin-P mit der Hälfte des Volumens umstellen lässt. Monoklin-I lässt sich in monoklin-C mit dem gleichen Volumen umwandeln. Es wird trotzdem gelegentlich benutzt, wenn die C-Zelle sehr schräg ist. Schraubenachsen 43-Achse 41-Achse Ein paar tetragonale Raumgruppen a = b = c, = = = 90º P4 + .. .. + ¾+ + + + + + .. P42 ½+ P41 + .. + .. ¾+ ¼+ ½+ + .. .. + P4 ½+ – ½+ ..+ + .. .. ¼+ ..+ ½+ ½+ + .. .. .. + – – – + .. ..+ Atomkoordinaten Die Atome innerhalb einer Elementarzelle werden mit Koordinaten 0 x < 1, 0 y < 1 und 0 z < 1 beschrieben. Der Vektorabstand zwischen zwei Atomen x1 y1 z1 und x2 y2 z2 ist: d = (x2-x1)a + (y2-y1)b +(z2-z1)c oder d = ax + by + cz daraus folgt: d2 = (ax)2+(by)2+(cz)2+2bc(yz)cos+2ac(xz)cos+2ab(xy)cos Die x, y und z-Koordinaten werden auch benutzt, um die Symmetrieoperationen darzustellen: x+1, y, z ist das äquivalente Atom in der nächsten Zelle in Richtung x; –x, –y, –z wird erzeugt durch ein Inversionszentrum auf 0, 0, 0; x, y, z –y, x, z+¼ –x, –y, z+½ y, –x, z+¾ beschreibt eine 41-Achse entlang 0, 0, z Beispiel: PbO (rote Kristallmodifikation) Die rote Modifikation von PbO ist tetragonal, a = b = 3.98 Å, c = 5.02 Å mit zwei Formeleinheiten in der Elementarzelle. Pb liegt auf 0, 0.5, 0.237 und 0.5, 0, 0.763 und O auf 0, 0, 0 und 0.5, 0.5, 0. +0.237 –0.237 –0.237 +0.237 –0.237 –0.237 +0.237 +0.237 –0.237 +0.237 Blei ist quadratisch pyramidal von vier O-Atomen koordiniert mit dem freien Elektronenpaar an der Spitze des Pyramides; Sauerstoff ist tetraedrisch von vier Pb umgeben. Die Struktur besitzt 2-, 21-, 4- und 4-Achsen, Inversionszentren und Spiegelebenen. –0.237 +0.237 Projektion von 4 Elementarzellen senkrecht zu c; O Pb Der kürzeste Pb–O-Abstand entspricht x = 0.5, y = 0.0, z = 0.237 und so: d = [(0.53.98)2+(0.2375.02)2]½ = 2.32 Å Übungsfragen 1. Warum fehlen tetragonal-C und tetragonal-F bei den 14 BravaisGittern? PtS (Mineralname Cooperit) ist tetragonal, a = b = 3.47 Å, c = 6.10 Å. Es befinden sich folgende Atome in der Zelle: Pt: 0 ½ 0 und ½ 0 ½; S: 0 0 ¼ und 0 0 ¾. 2. Zeichnen Sie vier Elementarzellen in Projektion senkrecht zu b. 3. Zeichnen Sie vier Elementarzellen in Projektion senkrecht zu c. Wie sieht die Koordinationsgeometrie von Pt bzw. S aus? Ist sie chemisch sinnvoll? 4. Wie lang ist der kürzeste Pt–S-Abstand? 5. Was für ein Gittertyp (P, A, B, C, I oder F) soll hier gewählt werden? 6. Welche der folgenden Symmetrieelemente sind vorhanden: 1, 4, 41, 42, 43, 4?