Das Argument der Willensfreiheit „Free will defense“

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Problem der moralischen Übel Argument der Willensfreiheit
„Free will defense“
(Grundlagentext: „Das Problem des Übels“ von Richard Swinburne)
Ergänzungen:
• A. Kreiner, Gott im Leid. Zur Stichhaltigkeit
der Theodizee-Argumente, Freiburg-BaselWien3 2005.
Kathrin Emberger
Franziska Hoffmann
• J.L. Mackie, Übel und höherrangige Güter, in: N.
Hoerster (Hg.), Glaube und Vernunft. Texte zur
Religionsphilosophie, München 1979, 104-109.
• G. Streminger, Gottes Güte und die Übel der Welt.
Das Theodizeeproblem, Tübigen 1992, S. 158-172.
Richard Swinburne
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geb. am 26.12.1934
Studium der Philosophie und
Theologie (Oxford University)
lehrte an den Universitäten von
Oxford, Leeds, Hull, Keele
Konfession: griechisch-orthodox
gilt als einer der bedeutensten
Philosophen der
Religionsphilosophie des
20. Jahrhunderts
bedeutenstes Werk: „The
Existence of God“ (1979)
Definition des Theodizee-Problems
Gott = vollkommen gut und allmächtig
Ein allmächtiges Wesen könnte Übel
verhindern,wenn es sich dazu entschließen
würde!
Ein vollkommen gutes Wesen würde sich
dazu entschließen!
Swinburne: Übel spricht nicht gegen
Existenz Gottes!
Ausgangspunkt
Gott könnte jedes Übel verhindern, wenn er wollte.
Es muss ein höheres Gut geben, das die Zulassung des Übels
wert ist und auf keine bessere Weise erreicht werden kann!
Zentraler Kern der Theodizee: Argument der Willensfreiheit
(Free will defense)
Der Begriff der Willensfreiheit
(nach A. Kreiner)
Abwesenheit von
Zwang:
Abwesenheit von
Notwendigkeit:
Determinismus
Determinismus
Willensfreiheit
und
und
HandlungsfreiWillensfreiheit
heit vereinbar!
unvereinbar!
Willensfreiheit
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wenn ich der Urheber meiner
Handlung bin
wenn ich überlegt, d.h. begründet,
handle
wenn ich unter den gleichen
Bedingungen auch anders handeln
könnte
Person muss frei sein!
(nicht nur Handlungsfreiheit)
Moralische Übel vs. natürliche Übel
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Summe aller Übel, die
Menschen absichtlich oder
fahrlässig verursachen
Übel, das durch solche
absichtlichen Handlungen
oder fahrlässigen
Zulassungen entsteht
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Gesamtes Ausmaß an Leid,
das Krankheiten,
Naturkatastrophen und
menschlicherseits
unvorhersehbare Unfälle mit
sich bringt
Das Problem der moralischen ÜbelArgument der Willensfreiheit
Gut der freien und
verantwortlichen
Entscheidungsfreiheit
(free and responsible
choice)
„natürliche“ Möglichkeit des
moralischen Übels
Freie und verantwortliche
Entscheidungsmöglichkeit?
Entscheidungen, die Auswirkungen
auf sich selbst, auf andere und die
Welt haben (echte Verantwortung)
GUT
Anteil am
schöpferischen
Werk
BÖSE
VERDERBTHEIT
Offene Frage
„Warum hat Gott den Menschen mit Versuchungen erschaffen, die den freien Willen
zu Entscheidungen geneigt machen, aus denen unermessliches Leid für andere
resultiert?“ (A. Kreiner, „Gott im Leid“, S.232)
Swinburne, „Responsibility and Atonement“, S.49:
Gute Handlungen erhalten einen ungleich höheren ethischen
Stellenwert!
Sinnvolle Verwendung des Begriffs „sittlich gut“ setzt
Existenz von Versuchungen voraus!
...Gut von Nutzen zu sein bzw.
gebraucht zu werden
Apg 20,35: In allem habe ich euch gezeigt, dass man sich auf diese Weise abmühen
und sich der Schwachen annehmen soll, in Erinnerung an die Worte Jesu, des
Herrn, der selbst gesagt hat: Geben ist seliger als nehmen.
Leiden als Zweck Entscheidungen bedeutsam zu machen
Hat Gott das Recht, es zuzulassen, dass eine
Person einer anderen Leid zufügt, selbt wenn er
dadurch der ersteren das große Gut einer freien
und verantwortlichen Entscheidungsmöglichkeit
gibt?
Formale Beschreibung des Arguments
der Willensfreiheit (nach A. Kreiner)
Schlussfolgerung:
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Prämisse 1: Es gibt Wesen bzw. Personen mit einem freien Willen (=Existenzurteil).
Prämisse 2:
Die Existenz von Personen, die in Freiheit das moralische Richtige wählen können,
ist besser im Sinne von wertvoller als die Existenz von Personen, deren Handeln
durchgängig determiniert ist (= Werturteil).
Prämisse 3:
Die Freiheit, das moralisch Richtige wählen zu können, setzt die Fähigkeit voraus,
auch das moralisch Falsche wählen zu können. Es ist daher logisch unmöglich,
jemandem die Freiheit zu eröffnen, ohne ihm gleichzeitig die Möglichkeit zu geben,
auch das moralisch Falsche wählen zu können.
Prämisse 4:
Die Möglichkeit, das moralisch Falsche wählen zu können, impliziert die Möglichkeit,
dass das moralisch Falsche irgendwann auch faktisch getan wird, wobei die
Realisierung dieser Möglichkeit ausschließlich von den Entscheidungen der freien
Subjekte abhängt.
Prämisse 5:
Der positive Wert des freien Willens kann unter bestimmten Bedingungen das damit
verbundene Risiko falscher bzw. leiderzeugender Entscheidungen aufwiegen.
Die Existenz von Personen, die
zumindest in einem begrenzten Ausmaß
frei über ihre Handlungen entscheiden
können stellt einen Wert dar, der das
Risiko falscher Entscheidungen und
damit auch die Möglichkeit daraus
resultierenden Leids nicht nur logisch
notwendig voraussetzt, sondern darüber
hinaus auch moralisch rechtfertigt!
Kritische Diskussion der Prämissen

Prämisse 2:
Die Existenz von Personen, die in Freiheit das moralische Richtige
wählen können, ist besser im Sinne von wertvoller als die Existenz von
Personen, deren Handeln durchgängig determiniert ist (= Werturteil).
Streminger: „Ist Freiheit überhaupt ein Gut?“
• Wahlfreiheit führt oft zu einer Qual der Wahl
• Freiheit impliziert Last der Verantwortung
• In der Praxis wird die Freiheit oft anderen moralischen
Werten untergeordnet
• Viele Freiheiten sind überhaupt nicht garantiert
Kritische Diskussion der Prämissen
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Prämisse 3:
Die Freiheit, das moralisch Richtige wählen zu können, setzt die Fähigkeit voraus,
auch das moralisch Falsche wählen zu können. Es ist daher logisch unmöglich,
jemandem die Freiheit zu eröffnen, ohne ihm gleichzeitig die Möglichkeit zu geben,
auch das moralisch Falsche wählen zu können.

Prämisse 4:
Die Möglichkeit, das moralisch Falsche wählen zu können, impliziert die
Möglichkeit, dass das moralisch Falsche irgendwann auch faktisch getan wird,
wobei die Realisierung dieser Möglichkeit ausschließlich von den Entscheidungen
der freien Subjekte abhängt.
• Hätte Gott den Freiheitsspielraum der Menschen nicht so
einschränken können, dass wir nicht in der Lage sind in das
Leben anderer einzugreifen?
•„Wenn Gott die Menschen so geschaffen hat, dass sie in ihren
freien Entscheidungen mal das Gute und mal das Böse vorziehen,
warum konnte er sie dann nicht auch so schaffen, dass sie immer
freiwillig das Gute wählen?“ (J.L Mackie)
Logischer Zusammenhang zwischen
Willensfreiheit und Leid
bloß formale Willensfreiheit:
Was soll
ich heute
essen/
anziehen?
Ethisch irrelevanter
Handlungsspielraum
Ethisch signifikante
Willensfreiheit
Entscheidungen
hätten keine
ethische Signifikanz
Möglichkeit der
Leidzufügung
Kritische Diskussion der Prämissen

Prämisse 5:
Der positive Wert des freien Willens kann unter bestimmten
Bedingungen das damit verbundene Risiko falscher bzw.
leiderzeugender Entscheidungen aufwiegen.
Hat ein sittlich vollkommener Gott das
moralische Recht, aufgrund der missbrauchten
Willensfreiheit der einen andere leiden zu
lassen um irgendwelcher höheren Werte
willen?
Moralischer Zusammenhang
zwischen Willensfreiheit und Leid
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Annahme: Ziel der Erschaffung freier Wesen = Autonome Entwicklung der
Sittlichkeit
Prinzip der doppelten Wirkung: Eine an sich gute Handlung, die eine negative
Konsequenz nach sich zieht, ist auch dann sittlich zu rechtfertigen, wenn...
1. Negative Konsequenzen nicht
direkt intendiert wurden
Gott hat Missbrauch der Willensfreiheit/
Sünde nicht direkt intendiert
2. Primäres Handlungsziel = Wert,
der nicht ohne Inkaufnahme der
negativen Konsequenzen zu
realisieren war
Betreffender Wert auch von allmächtigem
Wesen nicht ohne Inkaufnahme der
negativen Konsequenzen zu realisieren
3. Intrinsischer Wert des
Handlungsziel > negative
Konsequenzen
Wert: Entstehung der Sittlichkeit
Hat Gott das Recht zur Zulassung
von Leid?
Moralischer
Grundsatz
Niemand hat das Recht einem anderen ohne
dessen Einwilligung zu dessem eigenem Wohl
oder zum Wohl Dritter Schaden zuzufügen!
1.
Der Schöpfer muss seine Wahl unabhängig von seinen Geschöpfen treffen
2.
Gott hat als Urheber unseres Seins besondere Rechte über uns Menschen
3.
Gott weiß um die Folgen des Leids: höheres Gut
- Lebensdauer
- Ohnmacht
GRENZEN
- Gewohnheit
- Tod
Swinburnes Lösung des Problems der
moralischen Übel durch das Argument der
Willensfreiheit
Sehr geringer
Entscheidungsspielraum
Gut > Übel
Großer
Entscheidungsspielraum
Das Problem der natürlichen Übel
Zentrale Rolle:
Eröffnung wertvoller
Entscheidungsmöglichkeiten
Zusatzargumente:
1. „Verteidigung aufgrund des
Bedürfnisses nach Wissen“
2. Argument der höheren Güter
(Vergrößerung des Spielraumes
für bedeutsame Entscheidungen)
Gott kann uns
dieses Wissen
und diese
Gelegenheit
nicht auf
bessere Weise
geben!
Swinburnes Lösung des TheodizeeProblems
Existenz Übel
widerspricht Existenz Gottes
Voraussetzung: Übel nicht so groß, dass sie das Gut,
das sie ermöglichen, übersteigen!
Ausgleich für Opfer, deren Leid Güter ermöglicht:
Seligkeit nach dem Tod
Gott hat beide Arten von Welten
erschaffen...
Sehr geringer
Entscheidungsspielraum
= „Himmel der Seligen“
Großer
Entscheidungsspielraum
= „unsere“ Welt
„Ein großzügiger Gott
könnte sich durchaus
dazu entschließen,
einigen von uns die
Möglichkeit zu geben,
das Gute in einer Welt
wie der unseren
abzulehnen, bevor er
jenen, die es annehmen,
eine wunderbare Welt
gibt, in der diese
Möglichkeit nicht mehr
besteht.“
Mögliche Diskussion
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Rechtfertigung des moralischen Übels:
„Hat ein sittlich vollkommener Gott das moralische Recht, aufgrund der
missbrauchten Willensfreiheit der einen andere leiden zu lassen um irgendwelcher
höheren Werte willen?“
Antwort R. Swinburnes befriedigend?
Kann man auch bei bestimmten Folterpraktiken noch von „Grenzen“ der
Leidzufügung der Menschen untereinander sprechen?
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Erklärung natürlicher Übel:
Könnte Gott den Menschen das Wissen über die Folgen ihrer Handlungen auf eine
bessere Weise mitteilen oder bedarf es – wie Swinburne meint – wirklich natürlicher
Übel, damit Menschen die Auswirkungen ihrer Handlungen erlernen ohne in ihrer
Freiheit eingeschränkt zu werden?
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Swinburnes Ausgleich im „Himmel der Seligen“ – ad hoc – Annahme?
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