Schöpfung oder Evolution Zum aktuellen Stand der Diskussion über die Vereinbarkeit der Weltbilder jeweils Mittwochs 15 – 1715 26.4. - 24.5. 2006 Karl-Rahner Akademie, Jabachstr.4-8 (Köln) bitte beachten…. • Die ausgewählten Vortrags-Folien sind zur nachträglichen Information der Teilnehmer gedacht • Der Zusammenhang ist allein aufgrund der Folien oft nicht erkennbar und benötigt die zusätzlichen Erklärungen des Vortrags • Für eine Weiterverwendung in größerem Zusammenhang bitte ich daher um vorherige Erlaubnis und Absprache ([email protected]) Zu meiner Person *1954 D r. G e r d W e c k w e r t h Geburtsort und Gymnasium in Gelnhausen (Hessen) 1974-1980: Physik- und Mathematikstudium in Mainz 1980-1988: Physikdiplom, Doktorarbeit und Stipendiat (über nuklearchem. Messverfahren) Max-Planck-Institut für Chemie (Mainz), Abtl. Kosmochemie von Prof.H.Wänke 1990-1993: Mitautor einer TA-Studie zur bemannten Raumfahrt an der DLR (Köln Porz) 1994: Forschungsleiter der Firma "Polytechnik Frankenberg GmbH" (Sachsen) ab 1995: Wiss. Mitarbeiter des Instituts für Geologie und Mineralogie (Universität Köln) Forschungsprojekte zu Umweltmineralog, Fragestellungen (Schwebstaub) 1983-1988 seit 1985 seit 2000 seit 2002 seit 2005 Besuch von theologischen und philosoph. Vorlesungen (u.a. Schöpfungstheol.) Leitung des AK“Naturwissenschaft und Glaube“ in der KMF(ND) Gründer und Vorsitzender des Vereins „Naturwissenschaft und Glaube e.V.“ Kooperation mit der NRW-Sektion der Gesellschaft Teilhard de Chardin gefördert durch Metanexus-Institut in Philadelphia (USA) „Religion and Science“ wichtigste Publikationen: (meist in wissenschaftl: Fachzeitschriften) • • • • • • • • • • Meteorite, Erd- und Mondursprung (1983,1984,1985,1989,1998) Reaktorunfall in Tschernobyl (1986, 1987) Ursache für hohen Radiumgehalt in Paranüssen (1987) Anthropisches Prinzip des Kosmos (1989,1995,2001,2004) Technikfolgenbeurteilung bemannter Raumfahrt (DLR 1993,1994) Nachweismethodik für früheres Leben auf dem Mars (1992,1995) Analysen von photorefraktären Kristallen (1998, 2000), Co-Autor Nachweis von verkehrsbedingten Metallstäuben (2001, 2005) Das Religionsprinzip des Kosmos: (Herder-Korrespondenz 4/2003) Mitautor des Buchs „Kosmologie“ (Verlag Vandenhoek&Rupr.2004) Im Jahr 2000 gegründeter Verein im Internet unter „www.nugev.de“ Naturwissenschaft und Glaube e.V. Weltbild Ethik Kirche und Gesellschaft Themen kosmische Mystik Teilhard de Chardin Literatur Mitgliedschaft Impressum 1. Abschnitt 26. April 2006 Ursprung und Entwicklung der Schöpfungsidee Was meint Schöpfung? Was meint Schöpfungsglauben? Anfänge des Schöpfungsglaubens Schöpfungsmythen und Kosmogonien Ursachen für den Schöpfungsglauben und heutige Glaubwürdigkeitsprobleme Heutige Schöpfungslehre der katholischen Kirche Schöpfungsglauben Es ist der Glauben, dass die Welt einen himmlischen Vater besitzt, der uns als Kreatur, als Teil dieser Schöpfung gewollt hat und von dem wir und diese Schöpfung in der Hand gehalten werden. Die Gründe für den Schöpfungsglauben sind mannigfaltig: 1. Weil er so in der Bibel steht und man ihn von Kind auf gelernt hat Autoritätshörige Gläubige mit Glauben an exklusive Offenbarung 2. Aus der Erfahrung „Nichts kommt von nichts Alles hat einen Ursprung“ Als Schöpfungsbeleg erst in philosophisch entwickelten Kulturen 3. Weil die Umwelt so hervorragend auf den Menschen ausgerichtet ist Die Welt ist voll von auf den Menschen zugeschnitten Geschenken ● Nahrungsmittel, von denen er sich ernähren kann ● Wasser, zum Trinken ● Luft, die er atmen kann ● Sonnenlicht für das Tagwerk ● Dunkelheit zum Schlafen u.a. ● geeignete Temperaturen ● Eltern zur Hilfe in der Kindheit Wem anders als einem allmächtigen und liebenden Schöpfer könnten wir das sonst alles zu verdanken haben ? Was meint Schöpfung? • sprachlich kommt das Wort von schöpfen, schaffen; • Schöpfung ist also das Geschaffene, • wobei der Schöpfer eines Werkes oft mehr der Entwerfer, als der schaffende Handwerker ist. • Entspricht dem lateinischen „creatio“, von „creare“=schaffen • deutsch in kreativ (geistiges Potential neues zu schaffen) Etwas Geschaffenes lässt sich zerlegen in 3 Teilaspekte 1) erdenken 2) erwählen (wollen) 3) erzeugen Was meint Schöpfungsglauben? „Es ist der Glauben, dass die Welt einen himmlischen Vater besitzt, der uns als Kreatur, als Teil seiner Schöpfung gewollt hat.“ Von einem Vater erwartet man jedoch mehr als bloß von ihm gewollt zu sein. Ein Vater ist auch in Sorge um seine Kinder. Im Schöpfungsglauben kommt daher zum Gefühl gewollt zu sein, auch das Gefühl getragen zu sein von diesem himmlischen Vater. Die Hände des Schöpfers sind demnach nicht nur Symbol für das Schaffen und Erwählen, sondern auch für das Sorgen und Erhalten. z.B.’He got the whole world in his hands’, NT:’ Vögel am Himmel, Lilien auf dem Feld’ Schöpferhände Anfänge des Schöpfungsglaubens (1) Wer bin ich? Woher komme ich? gehören sicherlich zu den frühesten Fragen der ersten Primaten mit Selbstreflexion. Das bewußte ’Ich-Zentrum’ im Vorderteil des wachsenden Großhirns, war wohl beim Homo-Erectus vor ~1 Mio. J. schon so weit entwickelt, solche Fragen mit Ich-Bezug stellen zu können. Früheste Kunde von einer solchen personalen Reflexion geben Verhaltensweisen im Umgang mit den Toten (Begräbnisriten). Rituelle Bearbeitung von Schädelknochen, wie man sie z.B. an 500 000 Jahre alten Skeletten des Peking-Menschen gefunden hat, gilt als erstes, in dieser Weise interpretierbares Verhalten Anfänge des Schöpfungsglaubens (2) Dass es sich wirklich um eine Art Schöpfungsdenken handelt, lässt sich erst an zeichnerischen und schriftlichen Dokumenten belegen Höhlenmalereien ab 37000 J. v. Chr zeigen neben Jagdszenen auch Zeichen eines Jagdzaubers oder der Anrufung des Großen Geistes, hinter den Kräften der Natur. Später kommen Darstellungen des Himmels und von Wetterphänomenen hinzu, die durch rituelle Handlungen wie „Regentänzen“ beeinflusst werden sollen. Höhlenmalerei • Die meisten Fundorte in Europa befinden sich in Frankreich (150 Orte), gefolgt von Spanien (128) und Italien (21). • Auch aus Afrika und den anderen Kontinenten sind Funde bekannt. • Die Felszeichnungen handeln meist von Tieren und Menschen, wobei Pferde und Wisente den Hauptanteil ausmachen. • Zeichen und unbestimmte Linien ergänzen die Vielfalt der Felskunst, die auch als „Kunst einer Jagdkultur“ bezeichnet wird Anfänge des Schöpfungsglaubens (2) • Älteste bekannte Schriftsymbole sind viel jünger: ~5400 Jahre alt. • meist an Bildsymbolen orientierte Hieroglyphen (Ägypter) und Keilschriften (Sumerer), • parallele Entwicklung am Indus und in China • Neben Gesetzestexte/Abrechnungen auch erste Schöpfungsmythen. Schöpfungsmythen und Kosmogonien Schöpfung meist Beginn von Ordnung mit Kosmos als Vorbild Mythen entlehnen aus natürlichem Beginn, z.B. Geburt, Ur-Ei; Schöpfungsmythen stehen oft für Anfang von Städten und Kulturen und bilden wiederum Vorbild für menschliche Neuschöpfungen Die Trennung von Himmel und Erde aus chaotischem Ganzen (z.B. kosmogonisches Ei) häufig gebrauchtes Schöpfungsbild z.B. in China, Indien, Indonesien, Polynesien, Afrika. In anderen Mythen entsteht die Welt aus dem Leib eines zerstückelten Seeungeheuers oder sterbenden Halbgottes (Reinkarnationselemente) Bekannte Schöpfungsmythen undKosmogonien Ägypten: der aus der Sonne und sich selbst entstandene Re-Atum-Chepri auch als ’Demiurg’, der unerschaffene Schöpfer, stufenförmiger Aufbau: Atum(Sonne), Schu(Luft, Licht), Tefnut, Geb, Nut, Osiris, Iris, Seth, Nephtys Der Mensch entstand dabei aus den Tränen der Sonne (Re-Atum); Texte aus Theben, Assuan, Memphis (z.B. Hymnus auf Weltschöpfer Ptah) Sumerische Schöpfungsgötter: Enlil, Enki, später An (Flutberichte) Assyrische Schöpfungsgötter: Apsu,Tiamat (Süß- und Salzwassergott) Die Urwässer bestanden als gestaltlose Materie von Ewigkeit her. Texte der Erschaffung der Welt durch Marduk, bzw. Ea; beschreibt auch die Erschaffung von Babylon, Nippur und Uruk Weitere Schöpfungsmythen bei den Hurriten, Hethitern und Kanaanäern. Biblische Schöpfungsmythen und Kosmogonien Bericht des Jahwisten aus dem 8. Jahrhundert vor Christus =2. Bericht (Genesis 2, 4b-25) Vorbereitung auf Sündenfallgeschichte Bericht der Priesterschrift aus dem 6. Jahrhundert vor Christus =1. Bericht (Genesis 1- 2,4a); Vorbereitung auf 7. Tag, Ruhetag Jahwes Antwort an Hiob(38ff) aus dem 5. Jahrhundert vor Christus. Die Verteidigungsrede auf die Anklage des leidenden Hiob stellt die Schöpfung als Großtat dar und gibt ihm Recht zu jeglichem Handeln. Psalm 104 aus der Sammlung, wahrscheinlich nach 500 v. Christus. Zeigt wie Hiob-Text die Kontinuität zwischen Schaffen und Lenkung Ursachen für den Schöpfungsglauben (1) • 1. Offenbarung durch die Natur Die schon im Tierreich nachweisbare konditionierte Denkfähigkeit (Essensgabe als Folge für ein bestimmtes Verhalten) hat sicherlich schon den Urmenschen, das Vorfinden von Nahrung als Geschenk sehen lassen, dem man durch Opfer und Gebet nachhelfen wollte. Neben der Nahrung (Jagdtiere, Pflanzen, Wasser) sah man viele natürlichen Güter (Luft, Tag + Nacht, Wärme, Eltern, Freunde u.a.) als Geschenke eines allwissenden und allmächtigen lieben Gottes an Wer sonst könnte das Wissen und die Fähigkeit haben, uns Kreaturen die zum Leben notwendigen Geschenke bereit zu stellen; sah man noch bis in das 19. Jahrhundert n. Chr. als Hauptargument für Schöpfung an. Ursachen für den Schöpfungsglauben (2) 2. Offenbarung durch die Heilige Schrift (Bibel) Ähnlich wie in anderen sog. Offenbarungs-Religionen wurden die Texte des jüdisch-christlichen Kanons als exklusive Wahrheit gesehen, der im Punkt Schöpfung 2000 Jahre lang alternativlos geglaubt wurde. Kreationistische Fundamentalisten (z.B. in USA) sehen die Bibel noch heute als Tatsachenbericht an, der naturwissenschaftl. Erkenntnissen vorzuziehen sei. 3. Offenbarung durch die Vernunft Schon Aristoteles sah Gott als ‚unbewegten Beweger des Kosmos‘ Thomas v. Aquin hat daraus im 13. Jahrhundert seine Kontingenzlehre entwickelt, nach der alles Veränderbare (Kontingente) letztlich auf etwas Unveränderbares (Nicht-Kontingentes) zurückgeht, das er als Gott definierte. Ursachen für zurückgehenden Schöpfungsglauben • 1. Mit der Evolutionstheorie Darwins wurde eine neue Möglichkeit für die Anpassung des von der Natur bereit gestellten Angebots an die Erfordernisse menschlicher Lebens aufgezeigt: • Die Schöpfung ist nicht dem Menschen, sondern der Mensch ist durch evolutive Prozesse seiner Umwelt angepasst worden. • Die Schöpfungshypothese schien dadurch überflüssig zu werden. Ursachen für zurückgehenden Schöpfungsglaube 2. Die historisch-kritische Methode erweist die Bibel als Glaubensbuch, das die damals zeitgemäßen Stilmittel anwendet (z.B. Bildersprache). Der biblische Schöpfungsbericht ist nur einer unter vielen Mythen 3. Quantenmechanik und die allgemeine Relativitätstheorie zeigen neue Möglichkeiten auf, z.B.: - wie etwas seine eigene Mutter sein kann, - wie und wo Wirkungen ohne erkennbare Ursache auftreten (“Schöpfung ohne Schöpfer“). Heutige Schöpfungslehre der katholischen Kirche •Dauernde Rückzugsgefechte der Kirche seit Kopernikus, lassen heutige Bedeutung und Glaubwürdigkeit der Schöpfungstheologie schwinden (Kränkungen, erstes Menschenpaar, Seelen, Lückenbüßer) Ohne Schöpfungsglauben fällt naturwissenschaftl. geprägten Menschen der Glaubenszugang heute immer schwerer (wachsender Atheismus) Eine Strategie ist die strikte Trennung naturwissenschaftl. Aussagen von denen des Glaubens, was beim Schöpfungsglauben besonders schwierig ist. Schöpfungsthema wird gemieden (Feier bei Erntedank). Rühmliche Ausnahme, Times-Artikel „Finding Design in Nature“ von Kardinal Schönborn im Juli 2005, leider mit ungeeigneten Argumenten.