Ökonomik der Ausschließung und der Partizipation Vorlesung im WiSe 2013/2014 Dozentin: Gisela Kubon-Gilke Zeiten/Orte (3 Gruppen in Darmstadt, 1 Gruppe in Hephata): s. Gliederung und VV Vorstellung der Dozentin GKG: seit 1998 an der EFHD, berufen für Ökonomie und Sozialpolitik Studium der Volkswirtschaftslehre in Göttingen Promotion und Habilitation an der TU Darmstadt Hauptarbeitsgebiete: angewandte Arbeitsmarkttheorie, ökonomische Analyse der Sozial-, Bildungsund Gesundheitspolitik, Ökonomie und Ethik, Religionsökonomik Weitere Aktivitäten: im erweiterten Vorstand der Gesellschaft für Gestalttheorie, Mitherausgeberin eines Jahrbuchs und Mitveranstalterin einer Tagungsreihe, z.Zt. Vizepräsidentin der EHD 2 Texte und Unterlagen Im Internet verfügbar unter: – Homepage EHD Hochschule Personenverzeichnis Kubon-Gilke Texte bzw. Lehre – Dort: Gliederung der LV plus Texte, Folien Ziel: inhaltliches Verständnis wesentlich durch die Vorlesung, Texte nur zur Ergänzung/Vertiefung/ggf. Nacharbeit Empfehlung (auch für weitere Module): Lehrbuch Kubon-Gilke (20132): Außer Konkurrenz (s. Gliederung) 3 Leistungsnachweise und Abläufe Leistungsnachweise – s. Modulbeschreibung – Vorbereitung in der LV, Betreuung auf Wunsch durch die Dozentin Ablauf – Vorlesungen – kleinere Hausübungen (Beratungszeit innerhalb der LV), Besprechung jeweils in der folgenden Woche – Experiment (an 1 Termin), pro LV-Gruppe mit 14 Teams und 1-2 AuktionsleiterInnen, Mindestteilnehmerzahl erforderlich 4 Inhalte der Lehrveranstaltung These einer Hausarbeit: Soziale Arbeit ist zentriert um das Armutsproblem Ziel: Erklärungen/Theorien für folgende Fragen finden: – Wie entstehen Armut und sozialer Ausschluss in einem bestimmten Wirtschafts- und Gesellschaftssystem? – Welche Maßnahmen kann man zur Lösung in einem Marktsystem ergreifen? – Wie funktioniert ein Marktsystem und wie wirken politische Maßnahmen? 5 Ausschlussprozesse aus ökonomischer Perspektive I Ungleiche Einkommens- und Vermögensverteilung – Haushaltseinkommen 2011: 1. Quintil (die ärmsten 20% der Bevölkerung): 7,5% des Volkseinkommens, 5. Quintil (die reichsten 20% der Bevölkerung): 38,1% des Volkseinkommens – Ginikoeffizient und Armutsberichte • Armutsquote: Anteil Personen unter 60% des Medianeinkommens • 1991: 10,5%, 2011: 14,7% – Deutschland im internationalen Vergleich 6 Ausschlussprozesse aus ökonomischer Perspektive II Ungleiche Chancen – Armutsverfestigung, Entwicklung seit den 50er Jahren – Chancen(un)gleichheit – Kritik am deutschen Bildungs- und Sozialsystem durch die UNO und die OECD 7 Ausschlussprozesse aus ökonomischer Perspektive III Zugang zu Gütern und Dienstleistungen und Formen der Diskriminierung – bei staatlicher Zentralsteuerung – in Traditionssystemen – Rationierung im Marktsystem • Perfekter Markt • Preisfestsetzungen durch den Staat • Marktversagen und Diskriminierung Analyseaufgaben für diese Lehrveranstaltung 8 Gute Ideen mit sehr schlechten Wirkungen: „Erste Einsichten“ Miete A Gute Wohnungen 1500 1200 N Anzahl Wohnungen Miete 170 200 A Schlechte Wohnungen 1500 1100 1000 Nneu N 200 Anzahl Wohnungen 9 Ökonomisches Grundsatzproblem Vorteile der Arbeitsteilung und Koordinierungsprobleme Bsp.: Anne (A) und Bernhard (B) leben jeweils auf einer einsamen Insel. Sie können beide nur jeweils 2 Güter (x und y) produzieren: Früchte (x) pflücken oder Fische (y) fangen. Pro Stunde schaffen beide (ohne Ermüdungserscheinungen) maximal: x y A 10 20 B 20 10 Maximale Arbeitszeit für beide je 10 Std.! 10 Individuelle Produktionsmöglichkeiten x 200 x 100 y 200 y 100 11 Individuelle Produktionsmöglichkeiten x 200 x 100 y y 200 100 Ein angeschwemmtes Ruderboot macht nun einen Gütertausch möglich: x 300 Durch Spezialisierung kann mehr produziert werden, oder es kann die identische Menge in geringerer Zeit hergestellt werden. 200 200 300 y 12 Relative Produktionsvorteile Neue Produktionsmöglichkeiten x y A 10 20 B 8 12 Max. 10 Stunden Arbeitszeit! B hat absolute Produktionsnachteile bei beiden Gütern, dennoch ist Tausch von Vorteil! 13 Vorteile des Handels x x 100 80 y y 200 120 x Durch Spezialisierung kann auch in diesem Beispiel mehr produziert werden, oder es kann die identische Menge in geringerer Zeit hergestellt werden. 180 80 200 320 y 14 Beispiel zur Begründung I Angenommen A und B arbeiten je 5 Std. für die Produktion von x und y A hat 50x und 100y B hat 40x und 60y A tauscht mit sich selbst : 10y mehr für 5 x weniger oder 10x mehr für 20y weniger x:y=1:2 B tauscht mit sich selbst: 6y mehr für 4x weniger oder 4x mehr für 6y weniger x : y = 2 : 3 (1 : 1,5) 15 Beispiel zur Begründung II A: Tauschgrenze x : y = 1 : 2 B: Tauschgrenze x : y = 1 : 1,5 Jedes Tauschverhältnis dazwischen ist für beide von Vorteil. Annahme: x : y = 1 : 1,75 Wenn B nur noch x produziert (x = 80) und davon 40 gegen y tauscht: B hat dann 40x + 40·1,75y = 40x + 70y (Verbesserung!) Wenn A 10x und 180y produziert, dann hat sie nach dem Tausch: 50x + (180 - 70)y = 50x + 110y (ebenfalls eine Verbesserung) Ricardo-Theorem zu Vorteilen des (internationalen) Handels 16 Arbeitsteilung und Koordinationsproblem Grundsätzliche Vorteile der Arbeitsteilung Probleme bei Transport- und Transaktionskosten (Verhandlungen, Vertragsabschlüsse, Überwachung der Leistungen ...) Koordinationsproblem: wer soll wann, wie, wo ... was produzieren, und wer soll die Güter erhalten (Allokation und Verteilung)? Prinzipielle Lösungen: Zentralverwaltung, Markt, Tradition 17 Zentralverwaltung Informationsprobleme Rolle von Geld und von Preisen Zentrale Planung und individuelle Freiheiten Freiheit und Gerechtigkeit 18 Tradition Feudalismus Ungleichheit in Traditionssystemen Traditionsinseln in Marktsystemen Probleme bei Innovationen und dem Ausnutzen individueller Talente 19 Markt Dezentrale Koordination Keine Notwendigkeit, Kenntnisse über individuelle Bedürfnisse oder Kosten zu haben Grundstruktur erkennbar durch Experiment einer doppelten Auktion 20 Doppelte Auktion I In diesem Experiment erhalten Sie entweder die Rolle einer VerkäuferIn oder die einer KäuferIn Gehandelt wird ein homogenes Gut, das nur in ganzen Einheiten verkauft bzw. gekauft werden kann Es wird in vier Handelsperioden gehandelt In jeder dieser Handelsperioden kann jede VerkäuferIn eine Einheit des Gutes verkaufen, jede KäuferIn kann eine Einheit des Gutes kaufen. Erläuterung der Entscheidungsblätter für KäuferIn und VerkäuferIn 21 Erläuterung für KäuferInnen Jede KäuferIn erhält ein Entscheidungsblatt für KäuferInnen, Muster s. nächste Folie. Der Kauf eines Gutes ist in jeder Periode freiwillig. Jede KäuferIn erhält einen Wert für das Gut. Dieser Wert ist bereits im Entscheidungsblatt in der Zeile 1 eingetragen. Der Wert wird nur dann realisiert, wenn Sie ein Gut kaufen. Wenn Sie kein Gut kaufen, erhalten Sie eine Auszahlung von 0. Falls Sie ein Gut kaufen, errechnet sich Ihre Auszahlung aus der Differenz zwischen Ihrem Wert für das Gut und dem Kaufpreis. Kaufpreise und Auszahlungen werden in den Zeilen 2 und 3 notiert, in der Zeile 4 errechnen Sie bitte die addierten Auszahlungen. Wenn nichts gekauft wird, ist Zeile 2 zu streichen und die Auszahlung beträgt 0. 22 Doppelte Auktion II Entscheidungsblatt für KäuferIn Nr. K_____ Handelsperiode: 1 WERT DES GUTES 2 KAUFPREIS 3 AUSZAHLUNG (ZEILE 1 - ZEILE 2 =) 4 KUMULIERTE AUSZAHLUNG 1 2 3 4 23 Erläuterungen für VerkäuferInnen Jede VerkäuferIn erhält ein Entscheidungsblatt für VerkäuferInnen, Muster s. nächste Folie. Der Verkauf eines Gutes ist in jeder Periode freiwillig. Verkaufen Sie ein Gut, entstehen dafür Kosten; diese Kosten sind im Entscheidungsblatt in der Zeile 2 eingetragen. Wenn Sie kein Gut verkaufen, entstehen keine Kosten und sie erhalten 0. Falls Sie ein Gut verkaufen, errechnet sich Ihre Auszahlung aus der Differenz zwischen dem Verkaufspreis und den Kosten. Verkaufspreise und Auszahlungen werden in den Zeilen 1 und 3 notiert, in der Zeile 4 errechnen Sie bitte die addierten Auszahlungen. Wenn nichts verkauft wird, ist Zeile 1 zu streichen und die Auszahlung beträgt 0. 24 Doppelte Auktion III Entscheidungsblatt für VerkäuferIn Nr. V_____ Handelsperiode: 1 VERKAUFSPREIS 2 KOSTEN 3 AUSZAHLUNG (ZEILE 1 - ZEILE 2 =) 4 KUMULIERTE AUSZAHLUNG 1 2 3 4 25 Doppelte Auktion IV Handelsregeln: Die Güter werden in einer doppelten Auktion versteigert, d.h. sowohl die KäuferInnen als auch die VerkäuferInnen können Kauf- bzw. Verkaufsgebote abgeben. Jede Gruppe kann durch Handzeichen bekunden, dass sie ein Gebot abgeben möchte. Wird eine BieterIn (Gruppe) von der Auktionator In zum Gebot aufgefordert, nennt er/sie zuerst seine/ihre Identifikationsnummer und gibt dann sein/ihr Gebot bekannt, Bsp.: „KäuferIn 7 bietet 400“ oder „VerkäuferIn 2 verlangt 700“. Die Gebote werden von der Auktionsleitung auf einer Folie wie folgt notiert: KäuferInnengebote Verkäuferinnengebote K7: V2: 700 400 26 Doppelte Auktion V Sobald das erste KäuferInnen- und VerkäuferInnengebot steht, werden nur noch verbessernde Gebote akzeptiert, d.h. jedes nachfolgende KäuferInangebot muss das letztgenannte Gebot übersteigen und jedes VerkäuferIngebot muss das letztgenannte unterbieten. Jede vom der Auktionsleitung aufgerufene Gruppe kann jederzeit auch eines der stehenden Gebote akzeptieren. Bsp: KäuferInnengebote K7: 400 K3: 500 K1: akzeptiert VerkäuferInnengebote V2: 700 V4: 650 V7: 580 Hier hat KäuferIn 1 das Verkaufsgebot von VerkäuferIn 7 akzeptiert. Nun besteht ein bindender Vertrag zwischen beiden, die den genannten Verkaufspreis und ihre Auszahlungen dann in ihre Entscheidungsblätter eintragen. Nach jedem Vertrag gelten alle anderen Gebote als zurückgezogen, und es können neue Anfangsgebote abgegeben werden. 27 Doppelte Auktion Bitte sprechen Sie während der Auktion nicht, außer bei der Abgabe von Geboten ! Ihr Wert bzw. die Höhe Ihrer Kosten sind persönliche Informationen und werden nicht bekannt gegeben. Achten Sie bitte darauf, dass andere TeilnehmerInnen diese Angaben nicht erfahren! Und nun viel Erfolg beim Bieten. These zum Ergebnis und theoretische Erläuterung der Koordination gibt es im Anschluss an das Experiment. Damit „unbefangen“ gespielt wird, gibt es zunächst keine veröffentlichten Folien dazu. 28 Weiteres Vorgehen Marktanalyse: Marktformen und Markteingriffe • Vollständige Konkurrenz – – – – – Herleitung Angebot Herleitung Nachfrage Marktgleichgewicht Stabilität und Effizienz Preisfestsetzungen, Steuern und Subventionen • Monopol und Oligopol Marktversagen Schlussfolgerungen hinsichtlich Ausschluss und Partizipation 29 Marktformen: Überblick Nachfrager viele Anbieter wenige einer viele wenige einer Polypol Oligopson Monopson Oligopol Bilaterales Beschränktes Oligopol Monopson Beschränktes Bilaterales Mo- Monopol nopol Monopol 30 Polypol = vollständige Konkurrenz Nicht realistisches Referenzmodell, analytisch dennoch nützlich als Vergleichsmaßstab sehr viele AnbieterInnen und sehr viele NachfragerInnen symmetrische Informationen keine MarktteilnehmerIn kann den Preis bestimmen keine persönlichen Präferenzen 31 Angebotsentscheidung Unternehmungen entscheiden: welche Mengen sollen zu verschiedenen Preisen angeboten werden Vorab: wie kann eine bestimmte Menge mit geringsten Kosten produziert werden? Begriffe: Minimalkostenkombination, Kosten, Grenzkosten und Angebot 32 Minimalkostenkombination Inputs Unternehmung (Produktion) Output Inputs = Produktionsfaktoren Beispiel: Herstellung köstlicher Menüs unserer eigenen Cateringfirma, nur zwei Inputs: Arbeitskraft (eigene oder die von Angestellten) und Einsatz eines Küchenwundergerätes namens Mixfix (Wasch-Schneid-Rühr-KnetHobel-Hack-Brat-Koch-Mix-Fix), Zutaten bekommen wir von der großzügigen bäuerlichen Verwandtschaft geschenkt. 33 Angebot Kosten und Angebotsentscheidung bei Gewinnmaximierung Angebotsmenge steigt i.d.R. mit höheren Preisen Gesamtangebot: Addition der individuellen Angebotsmengen zu jedem Preis 34 Typischer Verlauf des Angebots p x p hoch Angebot hoch p niedrig Angebot niedrig 35 Nachfrage Individuelle Nachfrage hängt ab von folgenden Größen – Preis des Gutes (- i.d.R.) – Einkommen (+ i.d.R.) – Preise anderer Güter (+ bei Substitutionsgütern, bei Komplementärgütern) – Bedürfnisse ceteris paribus Annahme: alles andere als der Preis des Gutes wird zunächst als konstant angenommen 36 Typischer Nachfrageverlauf p x p hoch Nachfrage niedrig p niedrig Nachfrage hoch 37 Markt und Marktgleichgewicht Markt: Aufeinandertreffen von Angebot und Nachfrage Koordinierung über den Preismechanismus Wenn zu einem bestimmten Preis gilt: A>N, wird der Preis sinken, bei A<N wird der Preis steigen Im Marktgleichgewicht gilt A=N Rationierung im Marktgleichgewicht 38 Erreichen des Marktgleichgewichts (analog zu Auktionsexperiment) p p2 p* p1 x x* 39 Stabilität des Gleichgewichts bei speziellem Anpassungsmechanismus (Schweinezyklus) I p p* x x* 40 Stabilität des Gleichgewichts bei speziellem Anpassungsmechanismus (Schweinezyklus) II p x 41 Stabilität des Gleichgewichts bei speziellem Anpassungsmechanismus (Schweinezyklus) III p etc. x Instabilität nur, wenn es keine Lerneffekte gibt. Deshalb tendenziell die Vorstellung stabiler Gleichgewichte. Reales Problem mit ständigem Hochschaukeln: Blasenbildung auf dem Immobilienmarkt oder auf Finanzmärkten. 42 Verteilungsprobleme I Preis wird durch Knappheit bestimmt Beispiel Arbeitsmarkt Arbeitsnachfrage: gefragt wird, wie viel ein weiterer Arbeitnehmer zum Umsatz beitragen kann und was die Arbeitsstunde kostet Arbeitsangebot bestimmt sich ebenfalls (mit) über den Lohn – Bedeutung von alternativen Beschäftigungen 43 Verteilungsprobleme II Lohn Arbeitsangebot Angebotserhöhung durch geburtenstarken Jahrgang Lohn sinkt, Beschäftigung steigt Arbeitsnachfrage Arbeitsmenge 44 Verteilungsprobleme III Honoriert wird im Markt alles, was knapp ist (erhebliche Bedürfnisse, geringes Angebot) Die Verteilung von Einkommen ist in einem Marktsystem systematisch ungleich Probleme von Markteingriffen am Beispiel eines Mindestlohnes, Empirie uneindeutig 45 Verteilungsprobleme IV Lohn Angebot Arbeitslose Mindestlohn nachgefragte Arbeit Arbeitsnachfrage Arbeitsmenge angebotene Arbeit 46 Effizienz des Marktgleichgewichts Effizienz: optimaler trade-off zwischen zwei Zielen Maß für die Effizienz der Marktkoordination:Ökonomische Rente (ÖR) ÖR = KR + PR (+ Steuereinnahmen Subventionen) KR = Konsumentenrente PR = Produzentenrente 47 Konsumentenrente I Bsp. Auktionsexperiment p 150 KR für Nachfrager 1: 150 - 70 = 80 KR insgesamt: Summe der Differenzen zwischen Zahlungsbereitschaft und Preis p = 70 x 1 48 Konsumentenrente II p KR A N x 49 Produzentenrente p A PR N x 50 Ökonomische Rente: KR + PR p KR PR A N x 51 Veränderung der ökonomischen Rente durch staatliche Eingriffe These: Im perfekten (i. d. R. unrealistischen) Markt (Achtung: NUR DORT !!!) führen Markteingriffe i.d.R. zu Allokationsproblemen Beispiele: Höchst- und Mindestpreise, Mindestpreise mit Absatzgarantien, Steuern und Subventionen 52 Höchstpreise Angebot A vorher: ÖR = ABC nachher: ÖR = ABDE KR = ADEph PR = BEph D C Verlust: DEC Höchstpreis ph B E Nachfrage 53 Mindestpreise Angebot A pm D C Mindestpreis vorher: ÖR = ABC nachher: ÖR = ABDE KR = ADpm PR = BEDpm Verlust: DEC E B Nachfrage 54 Mindestpreis mit Abnahmegarantie Angebot A pm F D Mindestpreis C vorher: ÖR = ABC nachher: KR = ADpm PR = BFpm KR + PR = ADFB, Zuwachs: DCF Ausgaben des Staates: DFGH E Verlust: GDCFH (!!!) B Nachfrage G H 55 Stücksteuer Angebot nach Steuer Angebot A vorher: ÖR = ABC nachher: ÖR = AED + EDBF = ADFB D C EDBF = SteuereinNahmen E Verlust an ÖR = FDC F B Nachfrage 56 Monopol 1 Anbieter, viele Nachfrager Monopol kann Menge und Preis festlegen These: Preise sind höher als im Konkurrenzmarkt, die Menge ist geringer Konsequenz: ineffiziente Lösung, tendenziell Verschärfung von Ungleichheiten 57 Monopolpreisbildung: Vorüberlegungen p Nachfrage: p = 15 x = 1 p = 14 x = 2 p = 13 x = 3 p = 12 x = 4 p = 11 x = 5 p = 10 x = 6 etc. 15 x 58 Grenzumsatz beim Monopol Nachfrage: p = 15 x = 1 p = 14 x = 2 p = 13 x = 3 p = 12 x = 4 p = 11 x = 5 p = 10 x = 6 etc. Preis 15 14 13 12 11 10 9 8 7 etc. Menge 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Umsatz 15 28 39 48 55 60 63 64 63 Zusatzumsatz 13 11 9 7 5 3 1 -1 59 Cournotmodell p Grenzkosten Monopolpreis Konkurrenzgleichgewicht Nachfrage x Monopolmenge Grenzumsatz 60 Ineffizienz des Monopols p KR Grenzkosten Monopolpreis Verlust an ökonomischer Rente PR Nachfrage x Monopolmenge Grenzumsatz 61 Politische Optionen zur Vermeidung der Ineffizienz p Grenzkosten Monopolpreis -Kartellverbot -Kostenregulierung -Preisregulierung -Regulierungstheorie Nachfrage x Monopolmenge Grenzumsatz 62 Preisdifferenzierung im Monopol I Preisdifferenzierung (Preisdiskriminierung): verschiedene Preise für verschiedene Verbraucher Bsp.: Eintrittspreise zu Sportveranstaltungen / Kino / Theater, tageszeitabhängige Restaurantpreise etc. Preisdifferenzierung erhöht den Gewinn, Effizienzwirkung nicht eindeutig 63 Preisdifferenzierung im Monopol II p N Grenzkosten x - Perfekte Preisdiskriminierung: ÖR = PR - Persönliche Preisdiskriminierung - Zeitliche Preisdiskriminierung - Räumliche Preisdiskriminierung - Monopolistische Rabatte 64 Oligopol I Wenige Anbieter, viele Nachfrager Preis und Menge zwischen Konkurrenz- und Monopollösung Kartell: Monopollösung Oligopolistischer Wettbewerb: tendenziell nahe an der Konkurrenzlösung Problem: Instabilität von Kartellen Einfaches Beispiel: Nachfrage: p = 120 – x, 2 Anbieter haben keine Kosten 65 Oligopol II Monopollösung: x = 60 und p = 60 (Kartell z.B.: beide produzieren 30 und erhalten jeweils einen Gewinn von 1800 Anbieter können abweichen und mehr produzieren, Kartellabsprachen können nicht vertraglich gesichert werden Anreize zur Mehrproduktion in einer einfachen spieltheoretischen Analyse 66 Oligopol III B x = 30 x = 30 1800/ 1800 x = 40 2000/ 1500 x = 40 1500/ 2000 A Gesamtmenge 60 Preis = 60 Gesamtmenge 70 Preis = 50 Gesamtmenge 80 Preis = 40 1600/ 1600 Gleichgewicht 67 Theorie des Marktversagens Marktversagen = Ineffiziente Marktlösungen Gründe: Marktmacht (Monopole), externe Effekte, öffentliche Güter, asymmetrische Informationen Endogene und exogene Lösungen für Marktversagen 68 Externe Effekte I Externe Effekte liegen dann vor, wenn die Aktionen einer Person den Nutzen oder den Gewinn mindestens einer anderen Person tangieren, ohne dass dies über den Preismechanismus geregelt wird. Man unterscheidet positive Externalitäten (Imker und Obstbauer) und negative Externalitäten (insbesondere Umweltverschmutzung) Das Problem bei den Externalitäten ist, dass in das private Kalkül nur die privaten Kosten und Umsätze eingehen, aber die sozialen Kosten und Erträge unberücksichtigt bleiben. In diesem Fall kann es zu massiven Ineffizienzen kommen 69 Externe Effekte II Beispiel: Trommelfabrik (T) und Poet (P) Kosten T im Zusammenhang mit Krach (x): (3-x)2, Kosten P: 2x Wählt T, wird x = 3 gesetzt, T hat keine Kosten, P hat Kosten in Höhe von 6, Gesamtkosten = 6 Wählt P, wird x = 0 gesetzt, T hat Kosten von 9, P hat keine Kosten, Gesamtkosten = 9 Effiziente Lösung: x = 2, dabei hat T Kosten in Höhe von 1, P in Höhe von 4, minimale Gesamtkosten von 5 Effiziente Lösung ergibt sich nicht im Markt 70 Externe Effekte III Lösungsmöglichkeiten – Verhandlungen (falls Transaktionskosten gering sind) – Fusion – Produktionsauflagen durch den Staat – Öko-Steuer, allgemein: Steuern bei negativen externen Effekten und Subventionen bei positiven externen Effekten – Lizenzen (Beispiele Umweltverschmutzung, Hochschulausbildung) 71 Öffentliche Güter I Perfekte positive externe Effekte: ein Gut kann von vielen Personen gleichzeitig genutzt werden, ohne die jeweiligen Nutzen zu beeinträchtigen Kennzeichen 1: Nichtrivalität im Konsum Kennzeichen 2: Ausschluss über Preise nicht möglich bzw. nicht sinnvoll 72 Öffentliche Güter II Beispiel: Doppelhaushälfte mit gemeinsamem Vorgarten Kosten Gartenzwerg: 20 € Nutzen Familie A: 15 € Nutzen Familie B: 15 € Bei privater Entscheidung ineffiziente Unterversorgung mit Gartenzwergen Relevante Probleme: Infrastruktur, Sicherheit etc. Lösungen: staatliche Bereitstellung, Teilnahmezwang 73 Informationsprobleme Entscheidungen unter Unsicherheit und unter Ungewissheit Asymmetrische Informationen – – – – „Agent“ führt einen Auftrag auf „Principal“ ist der Auftraggeber Agent hat private Informationen Principal muss sichern, dass Agent in seinem Sinne tätig ist – Beispiele: ÄrztIn-PatientIn, ArbeitnehmerInArbeitgeberIn, VersicherungsnehmerInVersicherungsgeberIn 74 Versicherungsmarkt Asymmetrische Informationen zwischen VersicherungsnehmerInnenn und Versicherung Beispiel Krankenversicherung 2 Gruppen: Gruppe A (50%) mit hohem und Gruppe B (50%) mit niedrigem Krankheitsrisiko Gruppe A: durchschnittliche Ausgaben 500 €, Zahlungsbereitschaft 550 €, Gruppe B: durchschnittliche Ausgaben 300 €, Zahlungsbereitschaft 330 € Durchschnittliche Prämie muss mindestens 400 € betragen, Gruppe B verzichtet auf die Versicherung (Ineffizienz!), Prämien steigen auf mindestens 500 €. Marktversagen: ineffizient wenige Versicherungen, dazu Versorgungsproblem; versichert sind zum Schluss nur schlechte Risiken zu sehr hohen Prämien Endogene Lösungen: Selbstbeteiligungen, verschiedene Tarife mit Selbstselektion, exogene Lösungen: Zwangsversicherung 75 Kreditmarkt KreditnehmerIn kennt Risiken des Projekts besser als KreditgeberIn Im Gleichgewicht wird es eine Überschussnachfrage nach Krediten geben, die Zinsen steigen aber nicht wegen des dann anderen Risikomixes Armutsverschärfung durch restriktive Kreditvergabe der Banken Endogene Lösungen: Kreditvertragsformen, Sicherheiten 76 Arbeitsmarkt Effizienzlöhne – Shapiro/Stiglitz-Modell Disziplinierung der ArbeitnehmerInnen durch „Zuckerbrot und Peitsche“ w A „No-Shirking-Condition“ w* N L L* 77 Wirtschaftspolitik bei Marktversagen Schaffung institutioneller Rahmenbedingungen und Nichteingriff bei endogenen Lösungen Beispiel Sozialversicherungen: adverse Selektion im Versicherungsbereich mit der Lösung Zwangsversicherung vs. Betriebsversicherungen als Lösung von Effizienzlohnproblemen 78 Makroökonomische Zusammenhänge Makroökonomik: Annahmen und Theorien über Aggregate Begriffe: Bruttoinlandsprodukt, Volkseinkommen, Inflation, Wachstum, Konjunktur... Makroökonomik und Ausschließung: Erkenntnisse zu Umverteilungsgrenzen 79 Einkommen als Spiegelbild der Produktion Gesamtwirtschaftl. Produktion eines Landes Abschreibungen Konsum (Preis * Menge) Indirekte Steuern minus Subventionen Investitionen Volkseinkommen = Löhne, Gehälter, Mieten, Zinsen, Dividenden, Gewinne Bruttoinlandsprodukt Staatsverbrauch Exporte minus Importe Bruttoinlandsprodukt 80 BIP und Volkseinkommen in Zahlen für 2011 BIP D: 2570,8 Milliarden Euro Volkseinkommen D: 1962,7 Milliarden Euro Wachstum: 3,8%, preisbereinigt 3,0% BIP je EinwohnerIn 2011: 31437,- Euro 81 Grenzen der Umverteilung Steuern und Produktionsanreize oder: warum steht die BäckerIn nachts um 4.00h auf Sinkendes Inlandsprodukt, Einkommen und Staatseinnahmen Rawls und die Rechtfertigung der Ungleichheit im Interesse der Ärmsten (!) 82 Grundeinkommen und Umverteilungsgrenzen 1500 Euro unbedingtes Grundeinkommen: 82 Mio Menschen * 1500 * 12 = 1476 Milliarden Euro Volkseinkommen 2011: ca. 1963 Milliarden Euro Umverteilungsbedarf: 75% (!) des Volkseinkommens, weitere staatliche Aufgaben Folgen für die Produktion und die Einkommen Lösung Staatsverschuldung, Lasten für zukünftige Generationen? 83 Keynesianische Wirtschaftspolitik Staat zur Kompensation fehlender privater Nachfrage Soziale Sicherung als Einkommens- und Konsumnachfragegarant Renaissance des Keynesianismus im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrisen, Neukeynesianismus mit anderen Empfehlungen 84 Soziale Probleme und ökonomische Steuerung I Armut, Unterversorgung und sozialer Ausschluss Arbeitslosigkeit: Reformen der Arbeitsmarktordnung, der Arbeitslosenversicherung, der Sozialhilfe und des Steuersystems Sozialversicherungen: Allokations- und Verteilungsprobleme nicht simultan lösbar 85 Soziale Probleme und ökonomische Steuerung II Umverteilung unter Berücksichtigung von Preiseffekten – Preiswirkung von Steuern und Subventionen: Steuerlast muss nicht der Steuerzahler tragen, Bsp. Wohnungsmarkt – Monopolisierung – Problem gängiger Armutsmaße – Verschiedene Koordinierungsmechanismen 86 Soziale Probleme und ökonomische Steuerung III Sozialpolitik im marktwirtschaftlichen System – Sozialstaat ist weiterhin möglich und notwendig – Ausgestaltung der Sozialen Sicherung unter Berücksichtigung der Wirkungen auf die Marktkoordination (Inzidenzanalyse) – Aktuelle sozialpolitische Fragen 87 Soziale Probleme und ökonomische Steuerung IV Soziale Arbeit im marktwirtschaftlichen System – Modernisierungstendenzen durch mehr Marktsteuerung – Übergang von privaten zu öffentlichen Aufgaben – Unterstützung bei der Bildung von „Sozialkapital“ – Systemerhaltung – Politisches Mandat der Sozialen Arbeit 88