Automatische Prozesse Vorlesung Winter, 2011/12 Thomas Kessler Überblick • • • • Zwei kognitive Systeme Automatisches Verhalten (Beispiele) Wie funktioniert automatisches Verhalten? Automatisches Verhalten in sozialen Interaktionen Leitfragen • Was ist automatisches Verhalten? • Welche Einflüsse zeigen automatische Prozesse auf Wahrnehmung, Urteile und Verhalten? Zwei kognitive Systeme • Intuition versus (rationales) Denken • Belege bestehen in möglichen Dissoziationen in den Ergebnissen beider kognitiver Systeme oder • In unterschiedlichen Ergebnissen unter verschiedenen Verarbeitungsbedingungen (z.B. mit/ohne Doppelbelastung) Zwei kognitive Systeme Wahrnehmung Intuition Prozesse Schnell, parallel, automatisch, mühelos, assoziativ, langsames Lernen, Emotional Inhalte Wahrnehmungen, gegenwärtige Stimulation Denken Langsam, seriell, kontrolliert, anstrengend, regelbasiert, flexibel, neutral Konzeptuelle Repräsentation, Vergangenheit, Zukunft, Sprachbasiert Intuition vs. Rationalität • Denken und Zahlen: Stellen Sie sich vor, Sie bekommen einen neuen Job. Ihnen wird ein Minimum von 40000 Euro Jahresgehalt versprochen. Der freundlich lächelnde Personalchef bietet Ihnen zwei Optionen für die Gehaltserhöhung an: 1. Sie bekommen nach jedem Jahr 1000 Euro mehr. 2. Sie bekommen jedes halbe Jahr 250 Euro mehr. Welche der Alternativen würden Sie bevorzugen? Beispiel für automatisches Verhalten: Stereotyp „Alt“ • Aktivierung des Stereotyps „Alt“ • Verabschiedung der Untersuchungsteilnehmer • AV: Messung der Zeit, die die Untersuchungsteilnehmer brauchen, um zum Aufzug zu gehen. • (Bargh, Chen, & Burrows, 1996) Wiederholung: Wo haben wir bisher schon automatische Prozesse kennen gelernt? • Kategorisierung • Police officer‘s dilemma • Beurteilung von Personen • Bedrohung durch Stereotype Kategorisierung • Kategorisierung • Was sehen Sie? Police Officers‘ Dilemma Payne et al. (2001) Fixationskreuz Prime Target + Maske Entscheidung: Waffe vs. Werkzeug Befunde: Waffen werden schneller nach schwarzen als nach weißen Gesichtern identifiziert und Werkzeuge werden nach schwarzen Gesichtern häufiger falsch als Waffen interpretiert als nach weißen Gesichtern. Der Einfluss aktivierter Stereotypen auf die Personenbeurteilung Stereotyp Aktivierung starke Vorurteile schwache Vorurteile 7 6 5 4 kein Prime Prime Lepore & Brown (1997) Bedrohung durch Stereotype • Steele und Aronson, 1995 14 12 10 8 Black White 6 4 2 0 Black White diagn. nondiagn. challenge 8,2 11,7 11,8 12 11,7 12,3 Bisher behandelte Automatismen: • Aktiviertes Wissen beeinflusst Urteile automatisch. • Aktiviertes Wissen beeinflusst die Verarbeitung von Informationen. • Aktiviertes Wissen beeinflusst die Wahrnehmung. Merkmale automatischen Verhaltens • Keine bewusste Intention • Effizienz • Keine Kontrolle • Ohne Aufmerksamkeit Wie funktioniert automatisches Verhalten? • Automatisches, durch die Umwelt ausgelöstes Verhalten … – tritt auf, sobald die relevanten Reize präsent sind. – Die Reize müssen dem Handelnden nicht bewusst sein. – Es ist keine Intention notwendig, um so zu handeln. – Die Versuche, das Verhalten intentional zu vermeiden, sind nicht erfolgreich. (Bargh, 1989, 1994) • Durch Priming wird ein Konzept oder ein Mindset aktiviert und ist im Anschluss verfügbarer. • Situative vs. chronische Verfügbarkeit. Wie funktioniert automatisches Verhalten? • Durch Priming wird ein Konzept oder ein Mindset aktiviert und ist im Anschluss verfügbarer. • Situative vs. chronische Verfügbarkeit. Person Konzept Motor-Schema aktiviert Reiz Verhalten Kreativität und Mindsets • Wie kann man Kreativität „herstellen“? • Minderheiteneinfluss? • Denken in Alternativen? (kontrafaktisches Denken) Kreativität und Mindsets Problem: Duncker‘schen Kerzenaufgabe: Bitte befestigen Sie eine Kerze, ohne dass sie tropft, brennend an der Wand; vorhandene Materialien: ein Streichholzheftchen, eine kleine Kerze und eine Schachtel Reiszwecken). Kreativität und Mindsets % Lösungen Zeit in 10 sec. 80 Ablauf: 60 Lesen einer Geschichte, die zum kontrafaktischen Denken anregt vs. nicht anregt. 40 20 0 kontrafaktischer Prime Kontrolle Lösen der Duncker‘schen Kerzenaufgabe (eine Kerze, ohne dass sie tropft, brennend an der Wand befestigen; vorhandene Materialien: ein Streichholzheftchen, eine kleine Kerze und eine Schachtel Reiszwecken). Rebound Effekte • Bitte versuchen Sie eine Minute nicht an einen „rosa Elefanten“ zu denken. • Wenzlaff, Wegener & Klein, 1991 Unterdrückung von Stereotypen: Der Stereotyp Rebound Effekt Macrae et al. (1994) Ablauf: Den Tag im Leben eines Skinheads auf einem Foto beschreiben mit vs. ohne Unterdrückungsinstruktion Unterdrückung von Stereotypen: Der Stereotyp Rebound Effekt Macrae et al. (1994) Negative Personenbewertung 1. Text 2. Text 8 Ablauf: Den Tag im Leben eines Skinheads auf einem Foto beschreiben mit vs. ohne Unterdrückungsinstruktion 7 6 Eine zweite Person ohne weitere Instruktion beschreiben 5 4 Beide Beschreibungen wurden hinsichtlich der Verwendung von Stereotypen beurteilt. 3 2 1 mit Unterd. ohne Unterd. Soziale Interaktionen • Automatisches Verhalten in sozialen Interaktionen. • Der Chamäleon-Effekt • Imitation und ihre Folgen Soziale Interaktionen • Der Chamäleon-Effekt • Imitation des Interaktionspartners – Gleiche Manierismen (Chartrand & Bargh, 1999) – Akzent (Giles & Powesland, 1975) – Stimmung und Stimmlage (Neumann & Strack, 2000) Soziale Interaktionen • Effekte durch Imitation des Interaktionspartners – Erhöhte Kooperationsbereitschaft – Spezifisch und generell? Soziale Interaktionen • Van Baaren et al. 2003 • Kellnerinnen wurden instruiert Bestellungen wörtlich oder sinngemäß zu wiederholen • AV: Höhe des Trinkgeldes Soziale Interaktionen • Van Baaren et al. 2004 • Versuchsleiter imitiert Vpn • AV(Exp1): Hilft die Versuchsperson dem Versuchsleiter • AV(Exp2): Hilft die Versuchsperson einer anderen Person • AV(Exp3): Spendet die Versuchsperson einer allgemeinen Stiftung (Klinikclowns) Zusammenfassung • Aktiviertes Wissen beeinflusst Wahrnehmung, die Verarbeitung von Informationen, Urteile und Verhalten. • Aktivierte Mindsets beeinflussen die Verarbeitung von Informationen und das Verhalten. • Automatisches Verhalten (Chamäleon-Effekt) reguliert und erleichtert soziale Interaktionen (& macht sie kooperativer) Literatur • Moskowitz, G. B. (2005). Social cognition. Understanding self and others. Guilford Press.