10 Kartellverfahrensrecht_VO 1_2003 als Grundlage

Werbung
2. Teil: Europäisches Kartellrecht
C Kartellverfahrensrecht
C Kartellverfahrensrecht
§ 10 VO 1/2003 als Grundlage des EU-Kartellverfahrensrechts
I. Die VO 1/2003 als neues Kartellverfahrensrecht der Union –
die wesentlichen Neuerungen
1. Der Übergang vom Verbot mit Ausnahmevorbehalt zum
System der Legalausnahme
a) Art. 101 Abs. 3 AEUV und die
Ausführungsbestimmungen der VO 17/62
b) Die unmittelbare Anwendung des Art. 101 Abs. 3
AEUV (Art. 1 Abs. 2 VO 1/2003)
2. Dezentralisierung der Anwendung der Wettbewerbsregeln (Artt. 5
[Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten] und 6 [Gerichte der
Mitgliedstaaten] VO 1/2003)
3. Feststellung der Nichtanwendbarkeit (Art. 10 VO 1/2003)
4. Entzug des Rechtsvorteils einer GVO
5. Ausdehnung des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts
6. Erweiterte Nachprüfungs- und Untersuchungsrechte (Art. 21 VO 1/2003)
II. Regelungsziele der VO 1/2003
1. Abschaffung des zentralisierten Systems der Ausnahmegenehmigung vom Kartellverbot nach Art. 101 Abs.3 AEUV durch
Einführung des Systems der Legalausnahme – Konzentration der
Ressourcen der Kommission auf die Verfolgung von „hard core –
Kartellen“
2. Anpassung der Durchführungsbestimmungen an die Erfordernisse
des Wettbewerbsschutzes in einer größer gewordenen Union
3. Dezentralisierung der Anwendung des Wettbewerbsregeln durch
stärkere Einbindung der Wettbewerbsbehörden und Gerichte der
Mitgliedstaaten
4. Erweiterung des Anwendungsbereichs der Wettbewerbsregeln des
AEUV im Verhältnis zu den mitgliedstaatlichen Kartellgesetzen
III. Das Verhältnis der EU-Wettbewerbsregeln zu den
Kartellrechten der Mitgliedstaaten
1. Grundlagen des Verhältnisses von europäischem
Unionsrecht und dem Recht der Mitgliedstaaten
a) Der Anwendungsvorrang des europäischen Unionsrechts
EuGH Rs. 6/64, Slg. 1964, 1251 – Costa/ENEL
b) Anwendungskonkurrenzen durch unterschiedliche
Abgrenzung der Geltungsbereiche:
Zwischenstaatlichkeitsklausel in Artt. 101, 102 AEUV und §
130 Abs. 2 GWB
c) Exklusivitätsgrundsatz als mögliche Lösung für
konkurrierende Anwendung von Wettbewerbsgesetzen
d) Lösung des Art. 3 VO 1/2003: weitreichender
Anwendungsvorrang zugunsten der europäischen
Wettbewerbsregeln
2. Parallele Geltung des mitgliedstaatlichen Kartellrechts nach
Art. 3 VO 1/2003 – potentielle Konflikte zwischen den anwendbaren Rechten
a) Ein Verhalten ist nach Unionsrecht verboten, nach dem
mitgliedstaatlichen Recht erlaubt;
b) Ein Verhalten ist nach mitgliedstaatlichem Recht verboten und
nach Unionsrecht erlaubt
c) Ein Verhalten ist nach beiden Rechtsordnungen verboten
d) Ein Verhalten ist nach beiden Rechtsordnungen erlaubt
3. Strenger Anwendungsvorrang des Unionsrechts nach Art. 3 VO 1/2003
a) Regelungszuständigkeit für das Verhältnis nationaler zu gemeinschaftsrechtlichen Wettbewerbsvorschriften:
Art. 103 Abs. 2 lit. e) AEUV
b) Vorstellung der Kommission im Weißbuch Modernisierung von 1999:
Prinzip des Anwendungsvorrangs nach der Walt-Wilhelm-Rechtsprechung wird ersetzt durch Exklusivitätsgrundsatz (die Anwendbarkeit der
Wettbewerbsregeln bei erfüllter Zwischenstaatlichkeitsklausel schließt
die Anwendung nationaler Kartellvorschriften aus)
c) Die Regelung des Art. 3 VO 1/2003
aa) Die Pflicht zur parallelen Anwendung unionsrechtlicher und mitgliedstaatlicher Kartellvorschriften
bb) Weitreichender Anwendungsvorrang der unionsrechtlichen
Wettbewerbsvorschriften
- Das Verbot eines Verhaltens aufgrund von Art. 101 Abs. 1 AEUV (wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen) setzt sich gegenüber einer
weniger strengen mitgliedstaatlichen Kartellrechtsregelung durch;
- Ein nach Art. 101 Abs. 1 AEUV erlaubtes Verhalten, das entweder den
Tatbestand des Art. 101 Abs. 1 nicht erfüllt oder vom Kartellverbot
nach Art. 101 Abs. 3 AEUV freigestellt ist, kann nicht durch strengeres
mitgliedstaatliches Kartellrecht verboten werden.
cc) Ausnahme vom Anwendungsvorrang des EU-Wettbewerbsrechts:
strengere Vorschriften des mitgliedstaatlichen Kartellrechts gegen
den Missbrauch marktbeherrschender Stellungen setzten sich gegen
Art.102 AEUV durch, Art. 3 Abs. 2 S. 2 VO 1/2003 „Deutsche Klausel“
4. Grenzen des Anwendungsvorrangs
a) Keine Geltung bei der kartellrechtlichen Beurteilung von Unternehmenszusammenschlüssen
b) Keine Geltung bei der Anwendung von Rechtsvorschriften durch
nationale Kartellbehörden oder Gerichte, die überwiegend andere
Zielsetzungen verfolgen als Artt. 101 und 102 AEUV.
5. Auswirkungen des strengen Anwendungsvorrangs des Art. 3 VO 1/2003
auf die mitgliedstaatlichen Wettbewerbsgesetze
- Bedeutungsverlust, da sich bei paralleler Anwendbarkeit immer das
EU-Recht durchsetzt.
- Eigenständiger Bereich für nationales Kartellrecht nur noch bei Sachverhalten, die nicht unter die Zwischenstaatlichkeitsklausel fallen;
wegen der weiten Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals verbleiben
für die nationalen Rechtsordnungen nur kartellrechtlich relevante
Sachverhalte von untergeordneter Bedeutung;
- Folgerung für die nationalen Kartellgesetze: weitgehende Anpassung
an die Wettbewerbsregeln des AEUV, Bsp.: 7. GWB-Novelle in
Deutschland
6. Das Verhältnis von Unionsrecht und mitgliedstaatlichem
Kartellrecht im Bereich der Fusionskontrolle
a) Grundsatz: Ausschluß der Anwendbarkeit mitgliedstaatlicher Fusionskontrollvorschriften, wenn FKVO einschlägig ist, Art. 21 Abs. 3 FKVO
b) Grenzen des Exklusivitätsgrundsatzes:
Anwendung nationaler Rechtsvorschriften durch die Mitgliedstaaten in
Bezug auf einen Unternehmenszusammenschluß, soweit die
Maßnahmen dem Schutz „anderer berechtigter Interessen“ der
Mitgliedstaaten dienen.
Art. 21 Abs. 4 FKVO erkennt als berechtigte Interessen an
 öffentliche Sicherheit (z.B. in Bezug auf Rüstungsindustrie der
Mitgliedstaaten)
 Belange der Medienvielfalt
 Aufsichtsregeln (Bsp.: Finanzdienstleistungssektor)
 Bei der Wahrung anderer berechtigter Interessen:
Prüfung der Belange durch die Kommission auf ihre
Vereinbarkeit mit den allgemeinen Grundsätzen und
Bestimmungen des Unionsrechts
Herunterladen