Vorlesung 4

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Neuropsych.vor. 4.
PTE ÁOK Pszichiátriai Klinika
Perzeptuelles Lernen I
Unterscheidet sich insbesondere durch seine Reiz- und
Aufgabenspezifität sowie seine nicht verbalisierbare und rein
sensorische Natur von den meisten anderen Arten von Lernen.
Es basiert vermutlich auf funktionellen Veränderungen auf verschiedenen
Ebenen der Informationsverarbeitung, mit hoher Wahrscheinlichkeit
einschließlich des primären sensorischen Kortex.
Perzeptuelles Lernen scheint auf den ersten Blick eine relativ komplexe
kognitive Leistung darzustellen und insofern eher deklarativen Formen
des Lernens zu gleichen, also solchen, deren Ergebnisse
verbalisierbar sind.
Die Reizspezifität für solch elementare Reizeigenschaften wie
Orientierung, Gesichtsfeldposition und trainiertes Auge deutet
dagegen auf eine Beteiligung des primären visuellen Kortex bei diesen
Lernvorgängen hin, da dort die Neuronen orientierungsspezifisch, aber
teilweise noch von nur einem Auge erregbar sind.
Diese Beteiligung des primären visuellen Kortex stände auch im Einklang
mit der Nichtverbalisierbarkeit des Lernerfolges; die
Versuchspersonen sind nach Erlernen schwieriger
Wahrnehmungsaufgaben nicht in der Lage, konsistente Angaben
darüber zu machen, wie sie gelernt haben.
Perzeptuelles Lernen II
Die Abhängigkeit von Fehlerrückmeldung und »Einsicht«
zeigt andererseits die Wichtigkeit von »Top-down«Einflüssen aus nachgeschalteten kortikalen Ebenen und
die große Rolle höherer kognitiver Kortexareale.
Die Ergebnisse der Untersuchungen zum perzeptuellen
Lernen führen uns nicht nur das überraschende Ausmaß
an Plastizität selbst im erwachsenen peripheren
sensorischen Kortex vor Augen.
Sie legen vielmehr auch nahe, dass die kortikale
Informationsverarbeitung nicht als ein rein
vorwärtsgekoppeltes (»feedforward«), hierarchisch
organisiertes System aufeinanderfolgender neuronaler
Ebenen anzusehen ist. Vielmehr stellt sie ein komplexes
und plastisches (also lernfähiges) rückgekoppeltes
(»feedback«) System dar, in dem »Top-down«-Einflüsse
eine wesentliche Rolle spielen, beispielsweise durch eine
aufgabenspezifische Einstellung der rezeptiven
Feldeigenschaften auf den frühen Kortexebenen
Motorische Lernprozesse
können dem Bewusstsein zugänglich gemacht werden,
bleiben dem Lernenden aber in der Regel unbewusst - man
spricht daher von implizitem Lernen. Die Grundlage für den
Erwerb von Fertigkeiten ist die Fähigkeit des motorischen
Systems, auf Veränderungen der am Körper und
Gliedmaßen wirkenden Kräfte zu reagieren. Der Verlust
dieser motorischen Adaptationsfähigkeit führt zu einem
gestörten Bewegungsablauf und zum Verlust der
Koordination.
Während der initialen Lernphase sind neben den klassischen
motorischen Area auch Teile der Großhirnrinde aktiv, die
nicht im eigentlichen Sinne motorische Information
kodieren (z. B. der somatosensorische Kortex). Mit dem
Erreichen der Könnensphase verengt sich die neuronale
Aktivität auf den motorischen Kortex.
Ebenso ist die Aktivität des Kleinhirns beim motorischen
Lernen erhöht. Sensomotorische Adaptationsprozesse
sind bei Kleinhirnläsionen gestört.
Sprachentwicklung
Es scheint, als sei die rechte Hemisphäre für die frühe Phase der
Sprachentwicklung besonders relevant. Bei Kleinkindern mit
frühkindlichen unilateralen Läsionen haben rechtshemisphärische
Läsionen einen größeren negativen Einfluss auf den Verlauf des
Spracherwerbs als linkshemisphärische Läsionen.
Während der ersten 2 Monate lernen Säuglinge die prosodischen Aspekte
ihrer Muttersprache zu identifizieren, mit 9 Monaten haben sie bereits
ihr Wissen über prosodische Phrasierungsregeln ihrer Sprache. Diese
Informationen werden beim Erwachsenen eher rechtshemisphärisch
verarbeitet und es ist zu vermuten, dass dies auch bei Kleinkindern so
ist. Prosodische Aspekte auf der Silben- und Wortebene könnten beim
Kleinkind ebenfalls zunächst rechtshemisphärisch verarbeitet werden
Erst zu dem Zeitpunkt, an dem diese Information lexikalisch gebunden ist,
zu vornehmlich linkshemisphärischen Aktivationen führen.
Phonemische Information wird dagegen zunächst bilateral und später
primär linkshemisphärisch verarbeitet.
Die linke Hemisphäre gewinnt an Relevanz während des Erwerbs von
Wörtern mit ihren morphologischen Strukturen und Bedeutungen
sowie mit dem Erwerb der Syntax. Hier scheinen zunächst links
temporale Regionen von größter Wichtigkeit. Erst zu einem späteren
Zeitpunkt kommen links frontale Regionen, vor allem für schnelle
syntaktische Prozesse ins Spiel.
Repräsentation der Sprachfunktion
Bei Rechtshändern wird die Sprachfunktion im Wernicke-und im BrocaGebiet der linken Hemisphäre lokalisiert. Aber auch andere Strukturen
spielen bei der Sprache eine Rolle, z. B. der inferiore Temporallappen,
der anteriore Gyrus cinguli und das supplementärmotorische Areal.
Ihre Rolle bei der Sprache ist jedoch nicht klar, da eine Läsion dieser
Areale keine klassischen Aphasiesyndrome verursacht.
Fast alle Studien mit funktioneller Bildgebung zeigen häufig auch kleinere
Aktivierungen in rechtshemisphärischen Arealen, homolog zu den
linkshemisphärischen Wernicke- und Broca-Regionen. Die Rolle der
rechten Hemisphäre ist unklar, manche Autoren vermuten eine Rolle
bei emotionalen Aspekten der Sprache und es gibt Beschreibungen
von Patienten, bei denen die Sprachmelodie bei
rechtshemisphärischen Läsionen gestört war, ohne dass eine Aphasie
im klassischen Sinne vorlag.
Die Repräsentation der Sprache ist individuell sehr variabel. Manche
Rechtshänder zeigen eine fast bilaterale Aktivierung der
Sprachregionen, andere eine strikte Lateralisierung. Die rechte und
linke Hemisphäre sind an unterschiedlichen Aspekten der Sprache
beteiligt. Das würde auch die getrennte links- oder
rechtshemisphärische Aktivierung bei Sprachen erklären, die sowohl
komplexe Zeichen als phonetische Symbole umfassen, wie z.B.
japanisch
Prinzipien kortikaler Reorganisation I
Vermehrter Gebrauch eines Gliedes oder vermehrte verhaltensrelevante
Stimulation eines sensorischen Bereichs führt zu einer Expansion der
zugehörigen kortikalen Repräsentation und zu einer Schärfung der
rezeptiven Felder der entsprechenden Neurone.
Deafferenzierung oder verminderter Gebrauch bedingt Invasion von
Repräsentationsbereichen, die auf der Karte dazu benachbart liegen.
Zeitsynchrone,verhaltensrelevante Stimulation von zwei Regionen (z.B.
zwei Fingern) bedingt eine Fusion der Repräsentationen, d.h, zeitliche
korrelierte Aktivitäten formen kortikale Repräsentationen.
Häufige asynchrone Reizung zweier Rezeptorengebiete bedingt Trennung
der zugehörigen Repräsentationen (es entstehen z. B. getrennte
Fingerareale oder der »Barrel«-Kortex der Ratte). Veränderungen in
den kortikalen Karten erfolgen nur, wenn die Reizverarbeitung mit
hoher Motivation erfolgt.
Kortikale Reorganisation kann durch intensive Übung erreicht werden, bei
der über mehrere Stunden am Tag an aufeinanderfolgenden Tagen
trainiert wird. Eine Hirnverletzung kann kortikale Reorganisation in eng
benachbarten Gebieten zur Läsion hervorrufen.
Prinzipien kortikaler Reorganisation II
Bildung von Synapsen, erhöhte Dichte von Spines, längere
Dendriten und Axone, vermehrte Aktivität in Gliazellen,
veränderten Stoffwechsel (Angiogenese), Integration neuer
Neuronen in das Gehirn.
Deafferenzierung oder verminderter Gebrauch bedingt
Invasion von Repräsentationsbereichen die auf der Karte
dazu benachbart liegen. Vermehrter Gebrauch eines
Gliedes oder vermehrte verhaltensrelevante Stimulation
eines sensorischen Bereichs führt zu einer Expansion der
zugehörigen kortikalen Repräsentation und zu einer
Schärfung der rezeptiven Felder der entsprechenden
Neurone
Zeitsynchrone, verhaltensrelevante Stimulation von zwei
Rezeptorbereichen (z.B. zwei Fingern) bedingt eine Fusion
der zugehörigen Repräsentationen, asynchrone Reizung
führt zur Aufspaltung und Differenzierung.
Kortikale Reorganisation
Kortikale Reorganisation kann durch intensive Übung erreicht werden,
wenn diese unter hoher Motivation erfolgt.
Lange Zeit war man der Meinung, dass die Verbindungen zwischen den
Nervenzellen des Gehirns in der frühen Kindheit geformt werden und mit Ausnahme derjenigen, die in Gedächtnis involviert wären - sodann
fest »verdrahtet« bleiben.
Es konnte jedoch nachgewiesen werden, dass sich das Gehirn
kontinuierlich selbst umorganisiert, und zwar auf mikroskopischer
Ebene-es ändern sich die Verbindungsstärken zwischen Neuronen- wie
makroskopisch.
Die kortikalen Repräsentationen sind plastisch. Auch noch im Gehirn des
Erwachsenen formen sich ständig neue Verknüpfungen zwischen
Neuronen, ja sogar neue Nervenzellen, während alte Schaltstellen ihre
Verbindungskraft verlieren oder gar vollständig zerfallen können.
Solche Prozesse erfolgen in Abhängigkeit von der jeweiligen
Gehirnaktivität, also insbesondere in Abhängigkeit von Erfahrung.
Die neuronale Plastizität
Die Fähigkeit des Gehirns, sich zu reorganisieren und
ausgefallene Funktionen auf verschiedene Weise zu
kompensieren
Die neuronale Plastizität als Grundlage des Lernens
Neubildung von Neuronen,-die Anzahl der Synapsen und
der synaptischen Dornen (Spines) nimmt zu
anregende Umgebung -Deprivation -Hebb-Synapsen
Die neuronale Plastizität und die Regeneration
„Sprouting" - das Aussprossen von Axonkollateralen
Plastizität des Gehirns und Lernen I
Entwicklung und Lernen
Frühe Erfahrungen und Interaktion mit der Umgebung steuern
Wachstum und Verbindung von Nervenzellen
Lernen und Reifung.
Alle Lernprozesse sind Ausdruck der Plastizität des Nervensystems,
aber nicht jeder plastische Prozess bedeutet Lernen.
Reifung- genetisch programmierte Wachstumsprozesse zu
Veränderungen des zentralen Nervensystems führen, die als
unspezifische Voraussetzung für Lernen fungieren.
Inaktivierung und Absterben unbenutzter Neurone.
Durch simultanes Feuern wird nicht nur die Stärke der Verbindung
der kooperierenden Synapsen erhöht, sondern gleichzeitig die der
inaktiven benachbarten Synapsen geschwächt. Durch die simultan
aktiven Synapsen wird aktivitätsabhängig der
Nervenwachstumsfaktor (Nerve Growth Factor, NGF) von den
benachbarten Synapsen »abgezogen«. Bei nicht Vorhandensein des
Nervenwachstumsfaktors oder eines ähnlichen, auf den
postsynaptischen Zellen aktivierten Wachstumsfaktors sterben die
benachbarten nicht-aktiven Zellen ab (»pruning«).
Plastizität des Gehirns und Lernen II
Hebb-Synapsen (Donald Hebb)
Die Hebb-Regel stellt die neurophysiologische
Grundlage der Bildung von Assoziationen dar.
Hebb-Synapsen haben die Eigenheit, bei
simultaner Erregung ihre Verbindung zu
verstärken
Kortikale Reorganisation ist verschieden von S-RLernen
Kortikale Reorganisation ist nicht im Bereich von operanter oder
klassischer Konditionierung erklärbar, also nicht Lernen im
eigentlichen Sinne bedeutet, denn es gab ja keine Lerndurchgänge, in
denen die Lokalisationsfähigkeit oder die Zwei-Punkte-Schwelle
trainiert wurde.
Vielmehr verändert eine bestimmte Erfahrung oder Übung die kortikale
Organisation in diesem Fall derart, dass nun auch andere Reize der
gleichen Modalität unterschiedlich verarbeitet und wahrgenommen
werden. Mit Generalisierung oder Transfer kann dies nicht ohne
weiteres erklärt werden. Damit kann kortikale Reorganisation nicht als
Lernen im klassischen Sinne aufgefasst werden, bei der die
Wahrscheinlichkeit eines Verhaltens auf eine bestimmte
Reizkonstellation hin verändert wird.
Auch die bisher für »perzeptuelles« Lernen beschriebenen
Gesetzmäßigkeiten reichen für eine Erklärung nicht aus. Kortikale
Reorganisation muss demnach als neue Kategorie der Adaptation an
die Umwelt verstanden werden. Eine bestimmte Übung und Erfahrung,
die wohl in operante oder klassische Konditionierung eingebettet sein
kann, verändert sozusagen den Apparat der Reizverarbeitung und die
Art des Reaktionsrepertoirs
Bildgebende Techniken
Verschiedene bildgebende Techniken haben in den letzten
Jahren gezeigt, dass auch im erwachsenen Gehirn nach
einer Schädigung plastische Veränderungen auftreten
können.
Nach einer peripheren oder zentralen Schädigung tritt eine
Umverteilung von Aktivität über noch intakte Teile des
motorischen bzw. sprachlichen Systems auf. Nur manche
dieser Änderungen sind für die Funktionsbesserung
verantwortlich.
Mit der funktionellen Bildgebung können altbewährte
Therapien in vivo überprüft werden und Änderung der
Organisation in Beziehung zur klinischen Besserung
gesetzt werden. Das Ziel zukünftiger Studien ist es, für
jeden Patienten eine Prognose zu stellen und die für ihn
individuell am besten geeignete Rehabilitation zukommen
zu lassen.
Therapie
Die Entdeckungen der Neurowissenschaft über die Art und
Weise, wie das ZNS auf Verletzungen reagiert und wie es
Verhaltensweisen erhalten oder wiedergewinnen kann,
haben zur Entwicklung neuer Therapievorschläge für die
Rehabilitation nach überdauernden neurologischen
Ausfällen oder Verletzungen geführt.
Neuere Verfahren setzen ergänzend einerseits auf die
Verhinderung kompensatorischer Reaktionen und
andererseits auf Training wiederzuerlangender Fertigkeiten
in kleinen Schritten, nach dem Shaping-Prinzip. Wichtig
dabei ist die Verhaltensrelevanz der Trainingsschritte, ohne
die kortikale Reorganisation nicht induziert wird und ohne
die jeglicher Erfolg ausbleibt.
Mittels EEG und bildgebender Verfahren konnte gezeigt
werden, dass sich in der Folge die dem Training
zugeordneten Hirnregionen reorganisieren.
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