NORM in einem geothermischen Heizwerk M. Köhler a), A. Wöllert a), H. Menzel b) a) Verein für Kernverfahrenstechnik und Analytik Rossendorf e.V. (VKTA) PF 510119 D-01314 Dresden Labor für Umwelt- und Radionuklidanalytik DAP-PL-2206.00 b) Erdwärme Neustadt-Glewe GmbH, Obotritenring 40 D-9053 Schwerin NORM & Geothermie Zusammenfassung Das geothermische Heizwerk Neustadt-Glewe gewinnt Wärmeenergie aus 100 C heißem Wasser, welches aus einem 50 bis 100 m dicken Sandsteinreservoir in 2450 m Tiefe gepumpt wird. Um 6,5 MW thermische Leistung bereitzustellen, müssen bis zu 120 m3 h-1 durch die Anlage fließen. Neben einer hohen Salzkonzentration von 216 g l-1 enthält das geförderte Wasser 5,9 Bq l-1 226Ra, 1,7 Bq l-1 8,2 Bq l-1 228Ra und 2 . 104 Bq l-1 222Rn. Die Quelle dieser Radionuklide sind die langlebigen Mutternuklide 238U und 232Th in den Speichergesteinen, welche in Konzentrationen von je 60 Bq kg-1 vorkommen. Die geochemischen Verhältnisse im Aquifer bedingen den Transport vorwiegend der Ra-Nuklide (226Ra, 228Ra). 210Pb, Untersuchte Ablagerungen (Scale) an Pumpen, Rohren und die Filter wiesen Radionuklidkonzentrationen von bis zu 104 Bq kg-1 226Ra, 105 Bq kg-1 210Pb und 104 Bq kg-1 228Ra auf. 228Th befindet sich dabei nicht im radioaktiven Gleichgewicht mit dem Mutternuklid 228Ra und wächst mit T1/2 = 1,9 a nach. Es werden Probleme bei der Anwendung des Teil 3 der StrlSchV aufgezeigt. Dies sind insbesondere folgende Fragestellungen: Ist Teil 3 StrlSchV auf die Rückstände aus einem geothermisches Heizwerk überhaupt anzuwenden oder gibt die Tabelle XII Teil A abschließend die zu berücksichtigenden Materialien vor? Ist eine Dosisabschätzung nach Anlage XII Teil D bei der Entlassung aus der Überwachung, die formal durch die hohe spezifische Aktivität der Materialien notwendig wäre, auch für Rückstandsmassen von einigen Kilogramm notwendig? Sind die Freigabewerte für Oberflächenkontaminationen (Teil 2, Anlage II, Tabelle 1, Spalte 4) auch auf natürliche Radionuklide (Teil 3) übertragbar? Es wird außerdem auf die Relevanz der bei TENORM in der Regel gestörten radioaktiven Ungleichgewichte hingewiesen. NORM & Geothermie Gliederung Geothermisches Heizwerk Neustadt-Glewe NORM – Konzentrationen und Quellen Probleme bei der Anwendung des Teil 3 StrlSchV (1) Ist Teil 3 StrlSchV überhaupt anzuwenden ? (2) Dosisabschätzung für kleine Rückstandsmassen ? (3) Freigabewerte für Oberflächenkontamination (Teil 2 StrlSchV) auf natürliche Radionuklide (Teil 3 StrlSchV) anwendbar ? (4) radioaktive Ungleichgewichte beachten !? NORM & Geothermie Geothermisches Heizwerk Neustadt-Glewe Technische Daten: 6,5 MW thermische Leistung 120 m3 h-1 Pumpleistung consumer 100 °C 50 °C heat exchanger pump 260 m 2353 m injection hole Geothermales Wasser: 216 g l-1 Salzgehalt 5,9 Bq l-1 226Ra 2 104 Bq l-1 222Rn 1,7 Bq l-1 210Pb 8,2 Bq l-1 228Ra 2450 m source hole Aquifer: 60 Bq kg-1 238U 60 Bq kg-1 232Th NORM & Geothermie NORM – Konzentrationen und Quellen 226 210 228 228 Ra [Bq g-1] Pb [Bq g-1] Ra [Bq g-1] Th [Bq g-1] anode 0,51 23 0,76 0,15 scale 1 1,2 1,4 1,1 0,48 scale 2 1,6 135 1,8 0,77 filter 1 0,70 4,3 0,75 0,25 filter 2 21 93 20 9,3 Thermalwasser Scale, Filter 226Ra 226Ra 222Rn 210Pb 228Ra 228Ra 228Th (T1/2 = 1,9 a) NORM & Geothermie (1) Ist Teil 3 StrlSchV überhaupt anzuwenden ? Anlage XII Verwertung und Beseitigung überwachungsbedürftiger Rückstände Teil A: Liste der zu berücksichtigenden Rückstände 1. Schlämme und Ablagerungen aus der Gewinnung von Erdöl und Erdgas Formal: Thermalwasser ist kein Erdöl NORM & Geothermie (2) Dosisabschätzung für kleine Rückstandsmengen ? Einordnung als zu berücksichtigender Rückstand Anlage XII, Teil A • ai > 0,2 Bq g-1 • Der Gruppe „zu berücksichtigend“ zugehörig Einordnung als überwachungsbedürftiger Rückstand Anlage XII, Teil B • R cU238max + cTh232max > 1 Bq g-1 (für übertägige Verwertung) • Somit der Gruppe „überwachungsbeürftiger Rückstand“ zugehörig • Unlogisch, Einordnung ist vom Verwertungsweg abhängig !! NORM & Geothermie (2) Dosisabschätzung für kleine Rückstandsmengen ? Entlassung aus der Überwachung Anlage XII, Teil C • ai > 10 Bq g-1 (Standarddeponie) • ai > 50 Bq g-1 (Deponie für überwachungsbedürftige Abfälle) Vereinfachte Entlassung nach Anlage XII, Teil C nicht möglich Entlassung aus der Überwachung nur, bei Einzelnachweis der Einhaltung der 1 mSv-Richtdosis für die Bevölkerung Dosisabschätzung nach Anlage XII, Teil D für 50 kg Rückstände ? Mischung möglich ? (Filterbelag mit Filtersack, Scale mit Rohr) NORM & Geothermie (3) Dekontamination einer Unterwasserpumpe 226Ra [Bq cm-2] 210Pb 228Ra 228Th [Bq cm-2] [Bq cm-2] [Bq cm-2] Rost, Schlamm 0,055 4,6 0,062 0,026 Rost, Fett 0,15 0,34 0,15 0,073 Rost 1,1 0,86 1,1 0,57 Freigabe 1 1 1 0,1 Oberflächenaktivitäten vor der Dekontamination NORM & Geothermie (3) Dekontamination einer Unterwasserpumpe 1. -spektrometrische Bestimmung von Flächenaktivitäten 2. Kalibrierung eines Oberfächenkontaminationsmonitors im Labor 3. Kontrolle der mechanischen und chemischen Kontamination durch Messung -Zählrate 4. Berechnung der Flächenaktivitäten • Sind flächenbezogene Freigabewerte (Anlage II, Tabelle 1, Spalte 4) aus dem kerntechnischen Teil 2 der StrlSchV auf NORM anwendbar ? • Zugrundeliegende unterscheidliche Akzeptanzschwellen: 1 mSv a-1 10 Sv a-1 NORM & Geothermie (4) Problem radioaktive Ungleichgewichte ? • Berücksichtigung aller Radionuklide der Zerfallsreihe nach StrlSchV • Analyse i. a. -Spektrometrie der langlebigen -Strahler • Potentielle Gefahrenstellen (nicht berücksichtigte Ungleichgewichte): • ggf. radiochemische Analysenverfahren einsetzen Analysiertes Nuklid Radioaktives Gleichgewicht zum mögliches radioaktives Analysenzeitpunkt Ungleichgewicht 234Th 234Th, 234mPa 238U, 234U, 230Th 210Pb 210Pb, (210Bi) 210Po 228Ra 228Ra, 228Ac 232Th 228Th 228Th, 224Ra, 220Rn, 216Po, 212Pb, 212Bi, 208Tl, 212Po 232Th NORM & Geothermie