Kapitel III. Elementare Theorie der Vektorräume Die grundlegenden Begriffe „Lineare Unabhängigkeit(*)“, „Erzeugendensystem“ und „Basis“ werden eingeführt und studiert. Diesen Begriffen liegt der Begriff der „Linearkombination“ zugrunde. ______________________________ (*)Wer „Lineare Unabhängigkeit“ begriffen hat, der hat die Lineare Algebra verstanden. Folie 1 §12 Linearkombination und Erzeugendensystem Im folgenden ist K stets ein Körper und V, W, ... sind Vektorräume über K . Zur Motivation des Begriffes Linearkombination noch ein Beispiel: (12.1) Beispiel: Es sei Cn(I) der in 10.11 eingeführte R-Vektorraum der n-mal stetig differenzierbaren reellwertigen Funktionen auf dem Intervall I. Unter einer homogenen linearen Differentialgleichung n-ter Ordnung mit konstanten Koeffizienten versteht man # f an1f (n) (n1) ... a1f a0 f 0 . Dabei sind die ak Koeffizienten aus R, also konstante reelle Zahlen, und die f(k) sind die k-fachen Ableitungen, also (0) (k 1) (k) f : f und f : (f ) . Folie 2 Kapitel III, §12 Unter einer Lösung der Differentialgleichung versteht man eine Funktion f aus Cn(I) , die die Gleichung # in jedem Punkt aus I erfüllt. Die wesentliche Aussage, die hier vorgestellt werden soll, ist: Sind f1, f2, ..., fm Lösungen der Differentialgleichung und s1, s2, ... , sm reelle Zahlen, so ist die „Linearkombination“ f s1f1 s2 f2 ... sm fm μ 1 s μ fμ μ m ebenfalls eine Lösung. (n) Das liegt daran, dass der „Operator“ L : C (I) C(I) , definiert durch L(f) : f an1f (n) die Eigenschaft (n1) L(μ 1 s μ fμ ) μ m ... a1f a0 f , s L(f ) μ m μ 1 μ μ hat. („L ist linear.“) Das gilt wegen (f g) f g und (sf) sf für differenzierbare f und g sowie s aus R. Folie 3 Kapitel III, §12 Daher ist die Menge der Lösungen ein Untervektorraum von Cn(I) , also insbesondere überhaupt ein Vektorraum über R. (12.2) Definition: Sei V ein K-Vektorraum. 1o Für Vektoren a1, a2, ..., am aus V und s1, s2, ... , sm aus K , heißt μ m s1a1 s2a2 ... smam μ 1 s μ a μ Linearkombination der a1, a2, ..., am . 2o Für eine Teilmenge A aus V heißt μ m Span(A) : μ 1 s μ a μ : s K und a V für 1,2, ... ,m die lineare Hülle von A . 3o Eine Teilmenge A aus V heißt Erzeugendensystem (des Vektorraums V), wenn Span(A) = V gilt. Folie 4 Kapitel III, §12 (12.3) Bemerkungen, Beispiele: Sei V ein K-Vektorraum, A aus V . 1o Die Quintessenz unseres Führungsbeispiels 12.1 ist: Jede Linearkombination von Lösungen der Differentialgleichng # ist wieder eine Lösung. 2o Entsprechend dem Kriterium für Untervektorräume (vgl. 10.4) gilt: Eine Teilmenge U von V ist genau dann ein Untervektorraum, wenn sie abgeschlossen gegenüber Linearkombinationen ist, das heißt, wenn für alle s K und a U , 1,2, ... ,m , stets μ m μ 1 sμ a μ U gilt. Daher: 3o A ist genau dann Untervektorraum, wenn Span(A) = A . 4o Span(A) ist immer ein Untervektorraum von V . 5o Span(Span(A)) = Span(A) , und A liegt in Span(A) . 6o Für b aus V gilt Span({b}) = Kb . 7o V erzeugt V . Folie 5 Kapitel III, §12 8o Die leere Menge wie auch die Menge {0} erzeugen {0}. 9o Die Standardeinheitsvektoren {e1, e2, ... , en} erzeugen Kn. Im R3 werden diese Einheitsvektoren z.B. auch mit ex, ey, ez bezeichnet. 10o Ebenso: Die Menge { a : a M } erzeugt K(M). 11o Ebenso: {Tk : k aus N} erzeugt den Vektorraum K[T] der Polynome. 12o K[T] wird auch von den Monomen M := {sTk : k aus N und s aus K} erzeugt (M ist nicht gleich K[T]). (12.4) Bemerkung: Die jeweiligen Linearkombinationen in den Beispielen 9o- 11o sind eindeutig, dh. die erzeugten Vektoren werden eindeutig dargestellt. Diese Eigenschaft liegt daran, dass in den genannten Beispielen die erzeugende Menge linear unabhängig ist. Folie 6