Seminar: Ethiktypen 24.10.2011 Programm heute 1. Wiederholung: Kontraktualismus (Ende) 1.1 Allgemeine Definition 1.2 Unterscheidung Staatsphil. – moralphil. Kontrakt. 1.3 Rawls: Theorie der Gerechtigkeit 2. Wiederholung: Utilitarismus 2.1 Begriffsklärungen – Unterscheidungen 2.2 Klassischer Utilitarismus 2 1. Wiederholung: Kontraktualismus 1. Allgemeine Definition: Kontraktualismus/ Vertragstheorie Vertragstheorien heißen Konzeptionen der Moral-, Sozial- und politischen Philosophie: „die die moralischen Prinzipien menschlichen Handelns, die rationale Grundlage der institutionellen gesellschaftlichen Ordnung und die Legitimationsbedingungen politischer Herrschaft in einem hypothetischen, zwischen freien und gleichen Individuen in einem wohldefinierten Ausgangszustand geschlossenen Vertrag erblicken und damit die allgemeine Zustimmungsfähigkeit zum fundamentalen normativen Gültigkeitskriterium erklären“ (nach Kersting) Wiederholung 3 1. Wiederholung: Kontraktualismus 2. Unterscheidung staatsphilosoph. – moralphilos. Kontr. Staatsphilosophischer/politische Kontraktualismus (Hobbes, Locke, Rousseau, Kant, Rawls) begründen m.H. der Vertragsidee Notwendigkeit/ Legitimität staatlicher Institutionen, politischer Regeln und Normen Rawls fragt nach der Gerechtigkeit grundlegender Institutionen der Gesellschaft (die die Verteilung von Rechten/ Pflichten, Früchten und Lasten, die aus sozialer Kooperation resultieren, regelt) Moralphilosophische Ansätze begründen m.H. der Vertragsidee Notwendigkeit/ Legitimität moralischer Normen und Regeln (Peter Stemmer; David Gauthier) Wiederholung 4 1. Wiederholung: Rawls Gerechtigkeit als Fairness 3. Rawls: Theorie der Gerechtigkeit (TdG) zentrale Frage der TdG: Wie sehen in einer gerechten Gesellschaft die Prinzipien aus, nach denen basale Rechte und Pflichten sowie die aus der sozialen Kooperation resultierenden Früchte und Lasten (zusammen: „gesellschaftliche Grundgüter“) verteilt werden? Wie sieht die entsprechenden Grundstruktur der Gesellschaft aus, die die Verteilung der gesellschaftlichen Grundgüter regelt? Grundstruktur: grundlegende rechtliche Institutionen, wirtschaftliche Bedingungen, soziale Verhältnisse, die die allgemeinen Rechte und Pflichten, sozialen Chancen, ökonomischen Aussichten der Mitglieder einer Gesellschaft bestimmen Wiederholung 5 1. Wiederholung: Rawls Gerechtigkeit als Fairness Gesellschaftliche Grundgüter: gesellschaftlich bedingte Güter höherer Ordnung, deren Verfügbarkeit notwendige Bedingung für Verfolgung der Lebensziele der Menschen ist, worin auch immer diese Ziele genau bestehen das sind: - grundlegende Rechte / Freiheiten - Machtpositionen und Chancen - wirtschaftliche Aussichten wie Eigentum und Besitz - soziale Grundlage der Selbstachtung (TdG, § 11 und 15) Wiederholung 6 1. Wiederholung: Rawls Gerechtigkeit als Fairness Grundidee TdG: Grundsätze/ Prinzipien einer gerechten Gesellschaft sind solche, auf die sich rationale Subjekte unter fairen Bedingungen der Gleichheit und Unparteilichkeit einigen würden (rationaler Subjektivismus) Konstruktion dieser fairen Vertragssituation nennt R. Urzustand (= Naturzustand früherer Vertragstheorien auf abstrakterem Niveau) Entscheidung erfolgt hinter „Schleier des Nichtwissens“: Entscheidungsträger wissen in Entscheidungssituation nichts von konkreten Lebenszielen, von sozialer Position, Einkommen, Geschlecht, natürl. Fähigkeiten etc., behalten aber Wissen über politische, soziale, wirtschaftliche Zusammenhänge/ Notwendigkeiten, und darüber, was es überhaupt heißt, ein Lebensziele verfolgendes, rationales Subjekt zu sein Wiederholung 7 1. Wiederholung: Rawls Gerechtigkeit als Fairness Rationales Subjekt sei in dieser Situation angehalten, Grundsätze so zu formulieren, dass es dem in der politischen, sozialen, wirtschaftl. Hierarchie am schlechtesten Gestellten relativ zu allen Möglichkeiten am besten geht (Maximin-Maxime: Maximiere die minimale, schlechtestmögliche Situation) moralisch gefärbte Maxime: Forderung nach Gleichheit und Interessenausgleich bzw. sozialer Gerechtigkeit (gleiche Berücksichtigung aller Interessen) + moralischen Eigenschaften definieren Entscheidungssituation und Entscheidung(shandlung): faires und unparteiliches Entscheiden, Gleichbehandlung (deontologischer Ansatz) „Ich behaupte nicht, daß der Begriff des Urzustands nichts moralisches bei sich führe, oder daß die Familie von Begriffen, die ihn bestimmen, ethisch neutral sei“ (TdG, § 87). Wiederholung 8 2. Wiederholung: Utilitarismus 1. Begriffsklärungen – Unterscheidungen (a) Konsequentialismus – Gesinnungsethik Unterscheidungskriterium: Gewicht, das den Handlungsfolgen bei der Bewertung von Handlungen eingeräumt wird - Konsequentialismus: - Bewertung der Handlung ausschließlich nach Wert der (zeitgleichen, späteren) Handlungsfolgen - Wert kann moralisch (Gerechtigkeit) oder außermoralisch (pleasure) sein - geboten sind Handlungen, deren Erfolgsbilanz positiv ist - Gesinnungsethik: - moralischer Wert einer Handlung bemisst sich an Gesinnung (gute Absicht) des Handlungssubjekts Wiederholung 9 2. Wiederholung: Utilitarismus (b) teleologische – deontologische Ethiken (nach Frankena) teleologisch: „Eine teleologische Theorie behauptet, daß das grundlegende Kriterium dafür, was moralisch richtig, falsch, verpflichtend usw. ist, der außermoralische Wert ist, der geschaffen wird. Danach muß man sich [...] letzten Endes auf die vergleichsweise Summe guter Konsequenzen berufen oder vielmehr auf das vergleichsweise Übergewicht von guten gegenüber schlechten Konsequenzen. [...] Es ist hier wichtig zu beachten, daß für einen Teleologen der moralische Wert von Handlungen, Personen oder Charaktereigenschaften von dem vergleichsweise außermoralischen Wert dessen abhängt, was sie herbeiführen“ (Frankena: AE, 32 f.). → teleologisch ist jede Ethik, bei der das moralisch Richtige von einem außermoralischen Wert abhängt, der geschaffen/ maximiert wird Wiederholung 10 2. Wiederholung: Utilitarismus (b) teleologische – deontologische Ethiken (nach Frankena) - Kritik an Frankenas Def.: zu eng; antike Tugendethik wäre danach keine teleologische Ethik, weil der zu verwirklichende Wert (eudaimonia) nicht außermoralisch genannt werden kann Erweiterung: - teleologisch sollte daher jede Ethik genannt werden: - die zur Verwirklichung eines Wertes/ als gut bestimmten Ziels auffordert, wobei Kriterien der Werthaftigkeit/ Güte moralisch oder außermoralisch sein können - Bsp.: Tugendethik des Aristoteles; ethischer Egoismus (Epikur, Hobbes, Nietzsche); Utilitarismus Wiederholung 11 2. Wiederholung: Utilitarismus (b) teleologische – deontologische Ethiken (nach Frankena) Deontologische Ethik nach Frankena: „Deont. Theorien bestreiten, was teleologische Theorien behaupten. Sie bestreiten, daß das Richtige, das Pflichtgemäße und das moralisch Gute ausschließlich [...] eine Funktion dessen sind, was im außermoralischen Sinne gut ist [...]. Sie behaupten stattdessen, dass es jedenfalls auch andere Gesichtspunkte gibt, welche eine Handlung oder Regel zu einer richtigen oder pflichtgemäßen machen – Gesichtspunkte, die mit dem positiven bzw. negativen Wert ihrer Konsequenzen nichts zu tun haben: gewisse Eigenschaften der Handlung selbst, abgesehen von den Werten, die sie schafft“ (33 f.). → es gibt Handlungstypen, die unabhängig von Folgen, Umständen moralisch richtig/falsch, geboten/verboten sind (Pflicht zur Hilfeleistung; Lügenverbot) – Kant; gemäßigte deont. Ansätze: Diskursethik Wiederholung 12 2. Wiederholung: Utilitarismus Abschließender Vergleich: Gesinnungsethik – deontolog. Ethik - Begriff der Gesinnungsethik (Kant) enger als deontolog. Ethik (gemäßigte deontologische Konzepte berücksichtigen auch Folgen) konsequentialistisch – teleologisch - weiterer – engerer Begriff - konsequ. Ethiken berücksichtigen alle faktischen Folgen, auch die nicht beabsichtigten, aber voraussehbaren/wahrscheinlichen (Verantwortungsethik) - teleolog. Ethiken berücksichtigen zwar umfassende, aber beabsichtigte Ziele Wiederholung 13 2. Wiederholung: Utilitarismus 2. Utilitarismus (a) Klassischer Utilitarismus (Bentham, Mill) Maxime: Größtmöglicher/s Nutzen/Glück für die größtmögliche Zahl Merkmale: - moralischer Wert einer Handlung bemisst sich ausschließlich an den Folgen (ausschlaggebend für die Bewertung ist der Nutzen (utilitas)) - Nutzen ist ein außermoralisches Gut, besteht in Steigerung von Lust/ Freude (pleasure) / Glück (happiness) bzw. Vermeidung/ Verminderung von Unlust/ Leid (pain) bzw. Unglück (Unhappiness) (quant./ qual. Hedonismus) - berücksichtigt werden die voraussehbaren Folgen für alle von der Handlung Betroffenen in gleicher Weise, nicht nur für das handelnde Subjekt (Universalismus statt Egoismus) Wiederholung 14