Nr. 17 Value at Risk-Konzepte für Marktrisiken Heinz Cremers August 1999 ISSN 1436-9753 Autor: Prof. Dr. Heinz Cremers Quantitative Methoden und Spezielle Bankbetriebslehre Hochschule für Bankwirtschaft, Frankfurt am Main eMail: [email protected] Herausgeber: Hochschule für Bankwirtschaft Private Fachhochschule der BANKAKADEMIE Sternstraße 8 l 60318 Frankfurt/M. Tel.: 069/95946-16 l Fax: 069/95946-28 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 1 Value at Risk–Analyse .............................................................................................. 1 2 Value at Risk-Konzepte ............................................................................................ 4 3 Historische Simulation.............................................................................................. 7 4 Monte Carlo Simulation............................................................................................ 9 5 Varianz-Kovarianz-Verfahren................................................................................ 10 6 Varianzzerlegung .................................................................................................... 19 Literatur......................................................................................................................... 22 Weiterführende Literatur ........................................................................................... 22 1 Value at Risk–Analyse 1 Ziel der Analyse ist, die Quantifizierung möglicher Wertänderungen eines Portfolios aufgrund von Änderungen der Marktgrößen (Risikofaktoren, z.B. Zinsen, Kurse, Währungen). Während die Szenario–Analyse (vgl. Basiswissen, Lektion 8, Abschnitt 8.4.3) von festen Änderungen der Risikofaktoren ausgeht, versucht die Value at Risk–Analyse, das Zufallsgesetz der Marktänderungen auf das Zufallsgesetz der Wertänderung des Portfolios zu übertragen. Der Value at Risk ist dann als derjenige Portfolioverlust definiert, der innerhalb eines bestimmten Zeitraumes nur mit vorgegebener Wahrscheinlichkeit noch höher ausfallen kann. 1 Value at Risk–Analyse Vorgegeben sind ein Portfolio PF, ein Zeitraum ∆t (Haltedauer; etwa ∆t = 1 Tag oder 10 Tage) und eine Wahrscheinlichkeit p (Sicherheitsniveau; etwa p = 1% , 2% oder 5%). Wir fassen die Wertänderung ∆V = V(t 0 + ∆t , PF ) − V(t 0 , PF ) des Portfolios im zukünftigen Zeitraum (t 0 , t 0 + ∆t ) als Zufallsvariable auf. V (t , PF ) bezeichnet den Wert des Portfolios PF um Zeitpunkt t. Exkurs: p-Quantil. Gegeben sei eine Zufallsvariable X und eine Wahrscheinlichkeit p mit 0 < p < 1 . Dann heißt jede Zahl Q p mit der Eigenschaft P( X < Q p ) ≤ p ≤ P( X ≤ Q p ) Quantil der Ordnung p (kurz: p-Quantil). Selbst wenn X kontinuierlich verteilt ist – und folglich P( X < Q p ) = p = P( X ≤ Q p ) gilt – ist das p-Quantil i.a. nicht eindeutig bestimmt. Hinreichend für die Eindeutigkeit von Q p ist etwa die Bedingung: Die Dichtefunktion f X von X ist in einer Umgebung von Q p strikt positiv. Da für die Dichte f X einer normalverteilten Zufallsvariablen f X ( x ) > 0 für alle x ∈ R gilt, ist das p-Quantil in diesem Fall durch P( X < Q p ) = p stets eindeutig bestimmt. Value at Risk. Das negative p-Quantil -Q p der zufälligen Wertänderung ∆V wird Value at Risk (des Portfolios PF bei der Haltedauer ∆t zur Wahrscheinlichkeit p) genannt und mit VaR bezeichnet. Folglich gilt P( ∆V < −VaR) = P( ∆V < Q p ) = p bzw. P( −∆V > VaR) = p Die Größe VaR ist somit diejenige Verlustgrenze des Portfolios, die im Zeitraum ∆t nur mit der Wahrscheinlichkeit p noch überschritten werden kann (vgl. Bild 1). Value at Risk-Konzepte 2 p Qp Bild 1 ∆V 0 Spezielle Quantile. Liegt die Meßreihe ∆V1 , K , ∆VN empirischer Wertänderungen vor, berechnet sich das empirische Quantil (vgl. Basiswissen, Lektion 12, Abschnitt 12.2.3) zu ˆ = ∆V Q p [ gT ( Np) +1 ] wobei gT (α ) = ganzzahliger Teil von α d.h. Q̂ p ist in der geordneten Stichprobe ∆V[ 1] ≤ ∆V[ 2 ] ≤ L ≤ ∆V[N ] der ( gT ( Np ) + 1) -te Wert. Ist die Wertänderung ∆V normalverteilt mit den Parametern µ und σ 2 , so bestimmt sich das p-Quantil aus P( ∆V < Qp ) = p ⇔ ∆V − µ Q p − µ = p ⇔ Qp = µ + σN p P < σ σ wobei N p das p-Quantil der N( 0 ,1) -Verteilung ist. Häufige Werte enthält die folgende Tabelle: p 10% 5% 2,5% 2% 1% 0,5% 0,1% Np -1,2816 -1,6449 -1,9600 -2,0537 -2,3263 -2,5758 -3,0902 Beispiel. Ein Investor hält ein bestimmtes Portfolio PF über längere Zeit. Im Zeitpunkt t 0 bestimmen wir zu den Vorgaben ∆t = 10 Tage (Haltedauer) und p = 5% (Sicherheitsniveau) den Value at Risk. Die vorliegenden Daten enthalten 30 historische Wertänderungen ∆V1 ,K , ∆V30 (in Geldeinheiten GE) des Portfolios in Zeitabständen von 10 Tagen: 1 Value at Risk–Analyse 3 n ∆Vn 1 1 2 3 3 2 4 5 5 11 6 8 7 28 8 9 9 -19 10 -13 11 21 12 13 13 11 14 23 15 -11 n ∆Vn 16 10 17 15 18 1 19 17 20 -5 21 -2 22 18 23 -7 24 -5 25 6 26 14 27 -7 28 6 29 -8 30 5 Je nach Auffassung der Daten können zwei Verfahren zur Bestimmung des Value at Risk unterschieden werden. (a) Empirische Verteilung. Wir fassen die Datenreihe als empirische Verteilung der Zufallsvariable ∆V auf und bestimmen das empirische 5%-Quantil Q̂ 0 ,05 mit der oben angegebenen Schätzfunktion Q̂ p des empirischen Quantils. Ordnen der Stichprobe ∆V[ 1] , K , ∆V[30 ] ergibt ˆ Q 0 , 05 = ∆V[ gT( 1 , 5 )+ 1] = ∆ V[ 2 ] = −13 und damit VaR = −Qˆ 0 ,05 = 13 GE Das Portfolio PF wird also innerhalb der nächsten 10 Tage mit der Wahrscheinlichkeit von 95% keinen größeren Verlust erleiden als 13 GE. (b) Normalverteilung. Wir fassen die Daten als Stichprobe einer N( µ , σ 2 ) verteilten Zufallsvariablen ∆V auf und bestimmen aus den Daten und den entsprechenden Schätzfunktionen des empirischen Erwartungswertes wird der empirischen Standardabweichung (vgl. Basiswissen, Lektion 12, Abschnitt 12.2.3) zunächst die Parameter µ (Erwartungswert) und σ (Standardabweichung): µˆ = 1 30 1 30 ∆Vn = 5 und σˆ = ∑ ∆Vn2 − 30 µˆ 2 ∑ 30 n =1 29 n=1 12 = 11 ,2924 Mit dem 5%-Quantil N 0 ,05 = −1 ,6449 der Standardnormalverteilung berechnet sich das 5%-Quantil Q0 ,05 der N( µˆ , σˆ 2 ) -Verteilung zu Q 0 ,05 = 5 − 11,2924 ⋅ 1,6449 = −13 ,57 und damit VaR = −Q 0 ,05 = 13, 57 GE Value at Risk-Konzepte 4 2 Value at Risk-Konzepte Zur Bestimmung des Quantils und damit des Value at Risk muß die Verteilung der zufälligen Wertänderung ∆V vorliegen. Hierzu sind verschiedene Konzepte denkbar und teilweise in der Praxis auch umgesetzt. Zur Systematisierung dieser Ansätze legen wir uns die folgenden vier Fragen vor: (1) Auf welcher Ebene wird modelliert? (2) Was wird modelliert? (3) Wie wird modelliert? (4) Wie wird die Verteilung der Wertänderung ∆V bestimmt? Die erste Frage zielt auf die Bestimmung der Risikofaktoren. Folgende Ansätze sind möglich: • Portfolioansatz: Einziger Risikofaktor ist das Portfolio • Produktansatz: Risikofaktoren sind die einzelnen Produkte des Portfolios • Marktansatz: Risikofaktoren sind bestimmte Marktgrößen (Zinsen, Kurse, Devisen), die den Wert des Portfolios beeinflussen können Bemerkung. Während der Portfolioansatz das Portfolio als Ganzes betrachtet, wird im Produktansatz das Portfolio PF aus den einzelnen Produkten F1 , K , FJ mit ihren entsprechenden Vielfachheiten θ 1 , K ,θ J (linear) zusammengesetzt: PF = θ 1 F1 + L + θ J FJ . Im Marktansatz geht man noch einen Schritt weiter hinter die Produkte zurück und koppelt über eine Bewertungsformel das einzelne Produkt an die Marktgrößen. So ist z.B. bei gegebener Zinsstruktur r1 ,K , rN (Risikofaktoren) der Barwert PV(CB ) eines Couponbonds CB mit Coupon C und Nennwert A eine Funktion der Zinsen (Zerosätze): PV(CB ) = N C ∑ (1 + r n= 1 n) n + A ( 1 + rN ) N Die zweite Frage zielt auf die Quantifizierung der Risikofaktoren. Wir nennen einen quantifizierten Risikofaktor Modellgröße und haben zur Auswahl: • Preis/Wert des Risikofaktors • Änderung des Preises/Wertes des Risikofaktors − absolut − relativ (Rendite) − linear − kontinuierlich 2 Value at Risk-Konzepte 5 Bemerkung. Zielgröße der Value at Risk-Bestimmung ist die absolute Wertänderung ∆V des Portfolios. Im praktischen Umgang empfiehlt sind jedoch meist die Wahl einer anderen Modellgröße, die dann mit der Beantwortung der vierten Frage nach ∆V zu transformieren ist. Mit der Beantwortung der dritten Frage wird die Verteilung der Modellgrößen festgelegt. Dies kann auf zwei Weisen erfolgen: • empirisch: aus historischen Beobachtungen oder subjektiven Einschätzungen • parametrisch: durch die Wahl einer Verteilungsklasse und Schätzung der erforderlichen Parameter Bemerkung. Das Ergebnis einer empirischen Festlegung ist im univariaten Fall (eine einzelne Modellgröße) eine Meßreihe x 1 , K , x N von Zahlen und im multivariaten Fall (mehrere Modellgrößen) eine Meßreihe x 1 ,K , x N von Vektoren. Eine parametrische Festlegung kann sich z.B. für die Normalverteilung entscheiden, d.h. N( µ , σ 2 ) im univariaten Fall und N(µ, S ) im multivariaten Fall. Die freien Parameter werden durch geeignete Schätzfunktionen bestimmt. Beide Arten der Festlegung der Verteilung können historische Beobachtungen einbeziehen. Die Wahl des Beobachtungszeitraumes ist in bezug auf das VaR–Konzept eine externe Vorgabegröße. Die vierte Frage klärt, wie die Verteilung der Modellgrößen in eine Verteilung der Wertänderung ∆V des Portfolios transformiert wird. Je nach Festlegung der Verteilung der Modellgrößen und der Verteilung der Portfolioänderung sind verschiedene Konzepte möglich: • historisch/empirisch (Historische Simulation): Zu jeder historischen Beobachtung der Modellgrößen wird die zugehörige Wertänderung des Portfolios berechnet. Das Quantil wird aus der empirischen Verteilung (Meßreihe) der Wertänderungen empirisch bestimmt. • parametrisch/empirisch (Monte Carlo Simulation): Auf der Basis der Verteilung der Modellgrößen werden zufällig Werte erzeugt und die zugehörigen Wertänderungen des Portfolios berechnet. Das Quantil wird aus der emp irischen Verteilung (Meßreihe) der Wertänderungen empirisch bestimmt. • parametrisch/parametrisch (Varianz–Kovarianz-Verfahren): Die Verteilung der Modellgrößen wird in eine Verteilung der Wertänderung ∆V transformiert. Bemerkungen. (1) Im einleitenden Beispiel oben wird ein Portfolioansatz gewählt. Modellgröße ist die Wertänderung ∆V des Portfolios. Während die erste Value at Risk-Konzepte 6 Berechnung des Value at Risk – ohne eine Verteilungsannahme der Zufallsvariablen ∆V - nur die empirischen Daten der Stichprobe einbezieht (empirische Festlegung der Verteilung), geht die zweite Berechnung von der Annahme einer normalverteilten Wertänderung ∆V aus (parametrische Festlegung der Verteilung). Da die Modellgröße ∆V bereits die Wertänderung des Portfolios darstellt, entfällt die Transformation im vierten Schritt. Die beiden Berechnungsverfahren können dennoch als Spezialfälle einer Historischen Simulation bzw. eines Varianz-Kovarianz-Verfahrens angesehen werden. (2) Verlängern wir die Haltedauer von ∆t auf n ⋅ ∆t und unterstellen, daß die Wertänderungen ∆V1 , K , ∆Vn der Teilperioden unkorreliert und identisch verteilt sind, so folgt aus ∆V = ∆V1 + L + ∆Vn für die Parameter µ n∆ t und σ n∆ t µ n∆t = nµ ∆t und σ n∆t = nσ ∆t wobei µ ∆t = E( ∆V1 ) = L = E( ∆Vn ) , σ ∆t = V( ∆V1 ) = L = V( ∆Vn ) und ( 1) µ n∆t = E( ∆V ) , σ n∆t = V( ∆V ) . Ist z.B. die Wertänderung ∆V mit einer Haltedauer von ∆t = 1 Tag N( µ , σ 2 ) -verteilt, so ist die Wertänderung ∆V ( 10 ) auf der Basis einer 10-tägigen Haltedauer N( 10 µ ,10σ 2 ) -verteilt. (3) Während der Value at Risk einer historischen Simulation äußerst sensibel auf extreme Ausschläge der Modellgrößen reagieren kann, ist die Monte Carlo Simulation mit einer Vielzahl von Simulationen weitaus robuster. (4) Ist bei jedem Durchgang das Portfolio neu zu bewerten (full valuation), kann bei großen Portfolios die Monte Carlo Simulation extrem aufwendig werden. (5) Sollen im Varianz–Kovarianz–Verfahren normalverteilte Modellgrößen in eine normalverteilte Wertänderung ∆V transformiert werden, ist zu beachten, daß die Normalverteilung nur bei linearen Transformationen erhalten bleibt. Allgemein gilt für die lineare Transformation eines multivariat verteilten Zufallsvektors X in eine Zufallsvariable Y der Satz (vgl. Basiswissen, Lektion 13, Abschnitt 13.2.8, Satz 13.3): Transformationssatz. Sei X = ( X 1 L X J )T ein multivariat normalverteilter Zufallsvektor mit den Parametern Erwartungswertvektor µ1 µ= M µ J Kovarianzmatrix σ 11 L σ 1 J S = M M σ L σ J1 JJ kurz: X ~ N(µ , S ) . Sind a1 , K , a J reelle Zahlen, d.h. a = ( a1 L a J )T ∈ R J , so ist 3 Historische Simulation 7 J Z = ∑ a jX j j= 1 eine N( µ , σ 2 ) −verteilte Zufallsvariable mit den Parametern J µ = ∑ ajµj j= 1 J J und σ 2 = aT S a = ∑ ∑ ai a jσ ij i= 1 j = 1 Im Marktansatz müssen daher nicht–lineare Bewertungsformeln mit der Taylorentwicklung (vgl. Basiswissen, Lektion 8, Abschnitt 8.2.9) linearisiert werden (Delta Ansatz). Wird die zweite Ableitung (Konvexität) einbezogen, kommen andere Verteilungen für ∆V in Betracht (etwa die χ 2 -Verteilung im DeltaGamma Ansatz). Mit den vier Fragen ist ein Konzeptrahmen gegeben, der in der praktischen Umsetzung schrittweise abzuarbeiten ist. Ausgehend von einem konkreten Portfolio führt jede Festlegung möglicher Alternativen des Fragenkataloges auf ein spezielles Value at Risk-Konzept. Wir geben für jedes der drei Grundkonzepte: Historische Simulation, Monte Carlo Simulation und Varianz-KovarianzVerfahren ein Beispiel, wobei der Datenhaushalt aus Gründen der Nachvollziehbarkeit klein gehalten wird. 3 Historische Simulation Konzept. Eine Bank hält im Zeitpunkt t 0 das folgende Devisenportfolio: PF = θ 1 D 1 + L + θ J D J wobei θ j D j besagt, daß PF den Betrag θ j der Währung D j enthält. Weiter sind vorgegeben: eine Haltedauer ∆t , eine Wahrscheinlichkeit p und ein Beobachtungszeitraum b. Zur Festlegung eines Value at Risk–Konzeptes beantworten wir den Fragenkatalog (1)-(4): (1) Produktansatz: Risikofaktoren sind die Währungen D 1 ,K , D J (2) Modellgrößen sind die absoluten Wertänderungen der einzelnen Währungen: ∆S j = S(t + ∆t , D j ) − S( t , D j ) für j = 1, K , J wobei S( t , D j ) den Preis einer Geldeinheit GE j der Währung D j in heimischen Geldeinheiten GE bezeichnet (Preisnotierung). Value at Risk-Konzepte 8 (3) Historische Beobachtungen: In den vergangenen Zeitpunkten t 1 < t 2 < L < t N +1 = t 0 mit t n +1 − t n = ∆t werden innerhalb des Beobachtungszeitraumes b die jeweiligen Preisänderungen der einzelnen Währungen gemessen: ∆S nj = S(t n +1 , D j ) − S( t n , D j ) für j = 1 ,K , J und n = 1, K , N (4) Historische Simulation: Jeder Vektor ( ∆Sn1 ,K , ∆S nj ) führt auf eine Wertänderung des Portfolios ∆Vn = θ 1 ⋅ ∆S n1 + L + θ J ⋅ ∆SnJ für n = 1 ,K , N Ordnen der Meßwerte ∆V[ 1] ≤ ∆V[ 2 ] ≤ L ≤ ∆V[N ] ergibt VaR = −Qˆ p = −∆V[ gT ( Np) +1 ] Beispiel. Zu einem Kassa–Devisenportfolio PF = 4 650 GE 1 + 31 200 GE 2 der Währungen D 1 und D 2 ist weiter gegeben: die Haltedauer ∆t = 1 Woche, die Wahrscheinlichkeit p = 5% und der Beobachtungszeitraum b = 26 Wochen. Aus den Angaben der Tabelle 1 mit ∆Vn = 4 650∆Sn1 + 31 200∆Sn2 für n = 1,K ,26 bestimmt sich der Value at Risk – Wert wie folgt: VaR = −∆V[ gT ( 26⋅0 , 05)+ 1 ] = −∆V[ 2 ] = 1 670 ,97 GE n ∆S n1 ∆S n2 1 0,0320 0,0446 2 -0,1400 3 ∆Vn ∆ V[n ] n 1540,32 -1929,84 -0,0219 -1334,28 -0,1520 -0,0392 4 0,0390 5 ∆Vn ∆S n1 ∆S n2 14 0,1110 0,0239 1261,83 188,79 -1670,97 15 0,0700 0,0488 1848,06 365,43 -1929,84 -1334,28 16 -0,0120 0,0269 783,48 521,13 0,0059 365,43 -922,20 17 0,0370 -0,0317 -816,99 702,84 0,1800 0,0422 2153,64 -908,58 18 0,1100 -0,0313 -465,06 783,48 6 0,0840 0,0520 2013,00 -906,27 19 0,0220 -0,0324 -908,58 824,49 7 -0,0490 0,0094 65,43 -842,55 20 -0,0030 -0,0286 -906,27 896,76 8 -0,0970 -0,0391 -1670,97 -816,99 21 -0,0470 -0,0200 -842,55 1147,92 9 -0,0220 -0,0152 -576,54 -876,54 22 -0,0440 -0,0230 -922,20 1261,83 10 -0,0280 0,0267 702,84 -465,06 23 0,1640 0,0043 896,76 1540,32 11 -0,0600 0,0127 117,24 -198,18 24 0,2160 0,0046 1147,92 1848,06 12 -0,0500 0,0011 -198,18 65,43 25 0,0250 0,0227 824,49 2013,00 13 -0,0010 0,0062 188,79 117,24 26 -0,0550 0,0249 521,13 2153,64 Tabelle 1 ∆ V[n ] 4 Monte Carlo Simulation 4 9 Monte Carlo Simulation Konzept. Eine Bank hält im Zeitpunkt t 0 ein Portfolio PF mit der Zahlungsreihe t0 t1 L tN PF1 L PFN Vorgegeben sind weiter: eine Haltedauer ∆t , eine Wahrscheinlichkeit p und ein Beobachtungszeitraum b. Zur Festlegung eines Value at Risk–Konzeptes beantworten wir die Fragen (1)-(4) des Konzeptrahmens: (1) Marktansatz: Risikofaktor ist die flache Zinsstruktur des Marktes. (2) Modellgröße ist die absolute Zinsänderung ∆r bezogen auf die Haltedauer ∆t . (3) Wir treffen die parametrische Verteilungsannahme ∆r ~ N( µ , σ 2 ) . Die Parameter µ und σ 2 werden aus Meßreihen innerhalb des Beobachtungszeitraumes b geschätzt. (4) Monte Carlo Simulation (vgl. Basiswissen, Lektion 13, Abschnitt 13.4.1) Beispiel. Zu dem Portfolio PF mit der Zahlungsreihe t0 1 2 3 4 5 25 000 2 000 15 000 10 000 10 000 Jahre ist weiter gegeben: ∆t = 1 Tag, p = 10% , die flache Zinsstruktur r = 6 ,5% des Marktes in t 0 und die geschätzten Normalverteilungsparameter µˆ = 0 und σˆ 2 = 0,001 , also ∆r ~ N( 0 ; 0,001 ) . Wir führen die Monte Carlo Simulation in fünf Schritten durch (vgl. hierzu Tabelle 2). • Erzeuge auf (0 ,1) gleichverteilte Zufallszahlen x 1 , K , x 30 • Transformiere diese in N( 0; 0 ,001) -verteilte Zufallszahlen ∆rn = Φ −0 1; 0 ,001 ( xn ) für n = 1, K ,30 • Berechne die Wertänderung des Portfolios Value at Risk-Konzepte 10 ∆Vn = PV( PF ; 6, 5% + ∆rn ) − PV( PF ; 6 ,5%) wobei PV( PF , r ) = • 25 000 2 000 15 000 10 000 10 000 + + + + 2 1+r (1 + r ) ( 1 + r ) 3 (1 + r ) 4 ( 1 + r ) 5 Ordne die Meßwerte ∆V[ 1 ] ≤ ∆V[2 ] ≤ L ≤ ∆V[30 ] • Bestimme den Value at Risk–Wert VaR = −Qˆ p = − ∆V[ gT ( 30⋅0 , 1) +1 ] = −∆V[ 4 ] = 107 ,91 GE ∆rn xn ∆ Vn xn ∆rn ∆ Vn xn ∆rn ∆ Vn 0,8087 0,0873% -107,91 0,2799 -0,0583% 72,28 0,6141 0,0290% -35,88 0,8049 0,0859% -106,16 0,0268 -0,1931% 239,95 0,0845 -0,1375% 170,76 0,6964 0,0514% -63,57 0,1247 -0,1152% 142,94 0,9906 0,2350% -289,51 0,6158 0,0295% -36,44 0,6397 0,0358% -44,25 0,0183 -0,2091% 260,01 0,1770 -0,0927% 114,98 0,7646 0,0721% -89,15 0,4624 -0,0094% 11,70 0,0943 -0,1315% 163,21 0,4628 -0,0093% 11,56 0,1612 -0,0989% 122,73 0,2584 -0,0648% 80,38 0,5749 0,0189% -23,36 0,8388 0,0989% -122,23 0,6008 0,0255% -31,61 0,0528 -0,1618% 200,96 0,6368 0,0350% -43,30 0,9308 0,1482% -182,87 0,2012 -0,0837% 103,83 0,6628 0,0420% -51,97 0,5800 0,0202% -24,98 0,4745 -0,0064% 7,91 0,6464 0,0376% -46,47 Tabelle 2 5 Varianz-Kovarianz-Verfahren Zu diesem Verfahren geben wir zwei Konzepte an. Konzept 1 (Produktansatz). Eine Bank hält im Zeitpunkt t 0 das folgende Aktienportfolio: PF = θ 1 A 1 + L + θ J A J wobei θ j die Stückzahl der Aktie A j bezeichnet. Weiter sind vorgegeben: eine Haltedauer ∆t , eine Vertrauenswahrscheinlichkeit p und ein Beobachtungszeitraum b. Zur Festlegung eines Value at Risk-Konzeptes gehen wir nun wie folgt vor: 5 Varianz-Kovarianz-Verfahren 11 (1) Produktansatz: Risikofaktoren sind die Aktien A 1 ,K , A J des Portfolios. (2) Modellgrößen sind die relativen Wertänderungen (Renditen) der einzelnen Aktien: Rj = S(t + ∆t , A j ) − S( t , A j ) für S( t , A j ) j = 1, K , J Der Preis S( t + ∆t , A j ) versteht sich dabei inclusive reinvestierter Dividendenzahlungen des Zeitraumes ∆t . (3) Parametrische Verteilungsannahme: Der Vektor R = ( R1 L RJ )T der Aktienrenditen besitzt eine gemeinsame Normalverteilung N(µ ,S ) mit Erwartungswertvektor µ und Kovarianzmatrix S , d.h. σ 12 σ 12 µ 1 2 µ= M und S = σ 21 σ 2 µ M M J σ σ J1 J 2 L σ 1J L σ 2J O M 2 L σJ Dabei bezeichnet µ j = E( R j ) die erwartete Rendite der Aktie A j und σ ij = Cov( Ri , R j ) die Kovarianz der Renditen R i und R j (beachte: σ ij = σ ji und σ jj = σ 2j = V( R j ) = Varianz von R j ). Die Bestimmung der Verteilungsparameter erfolgt mit den Schätzfunktionen µˆ j = 1 N j ∑ Rn N n =1 und σˆ ij = 1 N i j ∑ Rn Rn − Nµˆ i µˆ j N − 1 n= 1 Die Renditehistorien ( Stichprobe) ( R11 , R12 ,K , R1J ), ( R21 , R22 , K , R 2J ),K , ( RN1 , RN2 ,K , RNJ ) entsprechen dabei dem Beobachtungszeitraum b. (4) Die Transformation der Verteilung N(µ, S ) der Aktienrenditen in die Verteilung der Wertänderung J ∆V = S(t 0 + ∆t , PF ) − S(t 0 , PF ) = ∑ θ j ⋅ ∆S j mit ∆S j = S( t 0 + ∆t , A j ) − S(t 0 , A j ) j =1 des Portfolios PF erfolgt parametrisch. Zunächst zeigt sich mit dem Transformationssatz in Abschnitt 2 oben und der Annahme normalverteilter Aktienrenditen, daß die Portfoliorendite Value at Risk-Konzepte 12 RPF = J ∑ wj Rj mit w j = j= 1 θ jS(t 0 , A j ) S(t 0 , PF ) J und S(t 0 , PF ) = ∑ θ j S( t 0 , A j ) j =1 2 ebenfalls normalverteilt ist. Für den Erwartungswert µ PF und die Varianz σ PF der Portfoliorendite gilt J µ PF = ∑ w j µ j j =1 J J 2 und σ PF = ∑ ∑ wi w jσ ij = w T Sw i =1 j =1 Durch Standardisieren R PF − µ PF ∆V S(t 0 , PF ) − µ PF = σ PF σ PF erhalten wir eine N( 0 ,1 ) -verteilte Zufallsvariable Z. Mit dem p-Quantil N p der N( 0 ,1 ) -Verteilung – d.h. P( Z < N p ) = p - gilt schließlich ∆V S(t 0 , PF ) − µ PF VaR S(t 0 , PF ) + µ PF P( ∆V < −VaR) = p ⇔ P <− σ PF σ PF VaR S(t 0 , PF ) + µ PF ⇔− = Np σ PF ⇔ VaR = −S(t 0 , PF )( µ PF + N p σ PF ) = p Beispiel. Zu einem Kassa-Aktienportfolio PF = 20A 1 + 10A 2 + 15A 3 ist weiter gegeben: die Haltedauer ∆t = 1 Woche , die Wahrscheinlichkeit p = 1% und der Beobachtungszeitraum b = 26 Wochen . Aus den Preisen S nj = S( t n , A j ) der letzten 26 Wochen ( t 1 = t 0 − 26 Wochen, t 2 = t 0 − 25 Wochen, K , t 27 = t 0 = heute) werden zunächst die linearen Wochenrenditen Rnj berechnet (vgl. Tabelle 3): Rnj = j S n+1 − Snj S nj für n = 1, K ,26 und j = 1 , 2 ,3 5 Varianz-Kovarianz-Verfahren Preise n 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 t 0 = 27 13 Renditen S n1 62,50 64,75 67,90 65,95 66,30 68,90 71,95 70,80 69,25 68,35 68,80 67,50 68,30 66,85 69,05 65,20 64,15 64,55 58,75 60,00 63,90 62,40 64,25 64,60 61,55 65,90 65,30 S n2 121,85 122,55 124,40 119,70 121,80 122,45 124,90 122,90 119,30 117,95 117,25 117,05 118,90 116,60 121,00 120,15 118,35 120,90 115,80 119,90 124,20 123,50 127,75 127,10 122,25 125,90 122,55 S n3 n 85,40 87,00 89,85 88,65 91,60 94,30 90,60 87,45 85,80 81,20 83,40 82,70 85,95 83,60 83,20 79,40 77,30 79,85 73,90 69,35 71,35 74,50 78,65 78,95 77,85 79,10 83,80 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 Rn1 3,60% 4,86% -2,87% 0,53% 3,92% 4,43% -1,60% -2,19% -1,30% 0,66% -1,89% 1,19% -2,12% 3,29% -5,58% -1,61% 0,62% -8,99% 2,13% 6,50% -2,35% 2,96% 0,54% -4,72% 7,07% -0,91% Rn2 0,57% 1,51% -3,78% 1,75% 0,53% 2,00% -1,60% -2,93% -1,13% -0,59% -0,17% 1,58% -1,93% 3,77% -0,70% -1,50% 2,15% -4,22% 3,54% 3,59% -0,56% 3,44% -0,51% -3,82% 2,99% -2,66% Rn3 1,87% 3,28% -1,34% 3,33% 2,95% -3,92% -3,48% -1,89% -5,36% 2,71% -0,84% 3,93% -2,73% -0,48% -4,57% -2,64% 3,30% -7,45% -6,16% 2,88% 4,41% 5,57% 0,38% -1,39% 1,61% 5,94% Tabelle 3 Mit den Schätzfunktionen für Erwartungswert, Varianz und Kovarianz bestimmen wir dann den Erwartungswertvektor µ̂ und die Kovarianzmatrix Ŝ : 0 ,2379% 0 ,001431 0 ,000730 0 ,000672 µˆ = 0,0511% und Sˆ = 0 ,000730 0 ,000604 0 ,000312 − 0,0034% 0 ,000672 0 ,000312 0 ,001431 Aus dem heutigen Portfoliopreis Value at Risk-Konzepte 14 S (t 0 , PF ) = 20 ⋅ 65, 30 + 10 ⋅ 122 , 55 + 15 ⋅ 83,80 = 3788, 50 GE berechnen sich die Portfolioanteile wie folgt: j θj S( t 0 , A j ) wj 1 2 3 20 10 15 65,30 122,55 83,80 0,3447 0,3235 0,3318 Und damit weiter Erwartungswert und Standardabweichung der Portfoliorendite µ PF = 0 ,0974% und σ PF = 2 ,7824% Mit dem 1%-Quantil N 0 ,01 = −2 , 3263 der Standardnormalverteilung ergibt sich schließlich der Value at Risk zu VaR = −3788 ,50 ⋅ (0 ,0974% − 2 , 3263 ⋅ 2 ,7824% ) = 241,53 GE Kontinuierlicher Value at Risk. Nur kontinuierliche Renditen haben die Eigenschaft, daß die Rendite eines Gesamtzeitraumes gleich ist der Summe der Renditen der Einzelzeiträume (vgl. Basiswissen, Lektion 6, Abschnitt 6.2.4). Folglich liefert der Zentrale Grenzwertsatz auch nur für diesen Renditetyp eine Begründung für die Normalverteilung (vgl. Basiswissen, Lektion 13, Beispiel 13.3.1). Wählen wir nun aber als Modellgrößen die kontinuierlichen Renditen R j = ln S( t + ∆t , A j ) S(t , A j ) für j = 1,K , J so gilt für die Portfoliorendite nur approximativ RPF = ln S(t + ∆t , PF ) J ≈ ∑ wj R j S( t , PF ) j =1 Unterstellen wir Gleichheit, so berechnet sich wegen ∆V = S(t 0 + ∆t , PF ) − S( t 0 , PF) = S(t 0 , PF )(e RPF − 1) der kontinuierliche Value at Risk VaRcon wie folgt: 5 Varianz-Kovarianz-Verfahren 15 VaRcon P( ∆V < −VaRcon ) = P R PF < ln 1 − S ( t , PF ) 0 R − µ PF VaRcon 1 − µ PF = p = P PF < ln 1 − σ PF σ PF S( t 0 , PF ⇔ 1 VaRcon − µ PF = N p ln 1 − σ PF S( t 0 , PF) ⇔ VaRcon = S(t 0 , PF )( 1 − e µPF +N pσ PF ) Beispiel (Fortsetzung). Mit den Werten des Beispiels gilt ( ) VaRcon = 3788, 50 ⋅ 1 − e 0 ,0411%+ 2 ,3263⋅2 ,7993% = 237 ,39 GE Annahme µ PF = 0 . Für kurze Haltedauern kann der Erwartungswert µ PF der Portfoliorendite vernachlässigt werden. Der lineare und kontinuierliche Value at Risk berechnen sich dann nach VaRlin = −S(t 0 , PF ) ⋅ N p ⋅ σ PF = 245, 22 GE VaRcon = S(t 0 , PF )( 1 − e N pσ PF ) = 238 ,85 GE Unter der Annahme µ PF = 0 kann der lineare Value at Risk VaRlin des Portfolios auch über die Werte j VaRlin = −θ j ⋅ S(t 0 , A j ) ⋅ N p ⋅ σ j j = 1,..., J für der Portfolioanteile der Einzeltitel A j berechnet werden. Setze dazu 1 J VaR lin = (VaRlin L VaRlin ) für den gesamten Value at Risk-Vektor und 1 ρ 12 ρ 1 C = 21 M ρ J1 ρ J 2 L ρ 1J L ρ 1J mit O M L 1 ρ ij = σ ij σi ⋅σ j für die Korrelationsmatrix des Renditevektors R = ( R1 L RJ )T . Mit den Beziehungen S( t 0 , PF ) = J θ j ⋅ S( t 0 , A j ) j =1 S(t 0 , PF ) ∑θ j ⋅ S(t 0 , A j ) und w j = Value at Risk-Konzepte 16 gilt dann für den linearen Value at Risk des Gesamtportfolios VaRlin = −S( t 0 , PF ) ⋅ N p ⋅ σ PF = −S( t 0 , PF ) ⋅ N p ⋅ J J ∑∑ wi w jσ ij i= 1 j = 1 J J = ∑ ∑ (θ j ⋅ S(t 0 , A i )⋅| N p |⋅σ i )(θ j ⋅ S( t 0 , A j )⋅|N p |⋅σ j ) ρ ij i= 1 j = 1 T 12 = ( VaR lin ⋅ C ⋅ VaR lin ) 12 Approximativ gilt diese Beziehung auch für den kontinuierlichen Value at Risk: VaRcon ≈ ( VaR Tcon ⋅ C ⋅ VaR con ) 1 2 Beispiel (Fortsetzung). Für die linearen Value at Risk-Werte der Portfolioanteile gilt 1 = 20 ⋅ 65, 30 ⋅ 2 , 3263 ⋅ 2 ,7824% = 114 ,92 GE VaRlin 2 = 10 ⋅ 122 ,55 ⋅ 2 , 3263 ⋅ 2 ,7824% = 70,07 GE VaRlin 3 = 15 ⋅ 83 ,80 ⋅ 2 ,3263 ⋅ 2 ,7824% = 110 ,62 GE VaRlin und weiter für die Korrelationsmatrix 0 ,7853 0, 4695 1 C = 0 ,7853 1 0, 3354 0 ,4695 0 ,3354 1 Folglich erhalten wir mit VaRlin = ( VaR Tlin ⋅ C ⋅ VaR lin ) 1 2 = 245 ,22 GE das gleiche Resultat wie oben. Eine analoge Rechnung zeigt VaRcon ≈ ( VaR Tcon ⋅ C ⋅ VaR con ) 1 2 = 233,94 GE Konzept 2 (Delta Ansatz). Eine Bank hält im Zeitpunkt t 0 ein Portfolio PF mit den Zahlungen PFn = CF(t n , PF) im Zeitpunkt t n : t0 t1 t2 L tN PF1 PF2 L PFN Vorgegeben sind: eine Haltedauer ∆t , eine Wahrscheinlichkeit p und ein Beo- 5 Varianz-Kovarianz-Verfahren 17 bachtungszeitraum b. Die Festlegung eines Value at Risk-Konzeptes erfolgt wieder in vier Schritten (1) Marktansatz. Risikofaktoren sind die Zinssätze r1 ,K , rN der Laufzeiten t 1 − t 0 ,K , t N − t 0 . (2) Modellgrößen sind die absoluten Zinsänderungen ∆r1 ,L , ∆rN der einzelnen Laufzeiten, jeweils bezogen auf die Haltedauer ∆t . Die Zinsänderungen werden in Basis Points bp gemessen; 1bp = 0 ,01% = 0,0001 . (3) Parametrische Verteilungsannahme: Der Vektor ? r = ( ∆r1 L ∆rN )T der Zinsänderungen besitzt eine gemeinsame Normalverteilung N(µ, S ) mit Erwartungswertvektor µ und Kovarianzmatrix S . (4) Die Transformation der Verteilung N(µ, S ) der Zinsänderung ? r in die Verteilung der Wertänderung ∆V des Portfolios PF erfolgt parametrisch. Da mit dem Transformationssatz die Normalverteilung nur bei linearen Transformationen erhalten bleibt und die Zinsänderung nicht-linear in die Wertänderung eingeht, approximieren wir ∆V durch das Taylorpolynom erster Ordnung: ∆V = V(t 0 + ∆t , PF ) − V(t 0 , PF ) ≈ ∂V( t 0 , PF , r1 ,K , rN ) ∆rn ∂rn n=1 N ∑ Die partiellen Ableitungen werden durch die Basis Point Values (vgl. Basiswissen, Lektion 8, Abschnitt 8.4.3) näherungsweise berechnet: ∂V (t 0 , PF , r1 , K , rN ) ≈ BPVn ∂rn = V ( t 0 , PF , r1 , K , rn + 1bp, K , rN ) − V ( t 0 , PF , r1 , K , rN ) Damit ist approximativ ein linearer Zusammenhang zwischen der Wertänderung des Portfolios und den Zinsänderungen hergestellt: ∆V ≈ N ∑ BPVn ⋅ ∆rn n= 1 Folglich ist ∆V nach dem Transformationssatz normalverteilt mit Erwartungs2 wert µ PF und Varianz σ PF , wobei gilt µ PF = N ∑ BPVn ⋅ µ n n= 1 2 und σ PF = N N ∑ ∑ BPVm ⋅ BPVn ⋅ σ mn = BPVT ⋅ S ⋅ BPV m =1n= 1 Mit dem p-Quantil N p der N( 0 ,1) -Verteilung berechnet sich der Value at Risk dann wie folgt: Value at Risk-Konzepte 18 ∆V − µ PF VaR + µ PF = p P( ∆V < −VaR) = p ⇔ P <− σ PF σ PF VaR + µ PF ⇔− = Np σ PF ⇔ VaR = −( µ PF + N pσ PF ) Beispiel. Zu der Finanzposition t0 1 2 3 4 Jahre 900 500 600 900 GE ist weiter gegeben: die Haltedauer ∆t = 10 Tage, die Wahrscheinlichkeit p = 1% und ein geeigneter Beobachtungszeitraum b. Der Markt zeigt eine normale Zinsstruktur (Zerosätze mit jährlichen Zinsverrechnungen und Tageoperator Tg = 30E 360 ): Laufzeit Zinssatz 1 5,0 2 5,5 3 6,0 4 7,0 Jahre % Der Erwartungswertvektor µ und die Kovarianzmatrix S der zufälligen Zinsänderungen ( ∆r1 , K , ∆r4 ) werden auf empirischem Wege aus den Daten des Beobachtungszeitraums b ermittelt. Eine Schätzung ergibt (in Basis Points) − 0, 5 32 ,7 0, 3 20, 4 µˆ = − 0 ,8 und Sˆ = 10,5 0 ,4 6,3 20 , 4 27 ,9 18,8 13,3 10, 5 18,8 25,9 9,9 6, 3 13, 3 9,9 50, 3 Im nächsten Schritt berechnen wir die Basis Point Values: 900 900 − = −0 ,0816 1 ,0501 1,05 500 500 BPV2 = − = −0,0851 2 1,0551 1 ,055 2 600 600 BPV3 = − = −0 ,1425 3 1,0601 1,06 3 900 900 BPV4 = − = −0 ,2566 4 1,701 1,07 4 BPV1 = und damit weiter den Erwartungswert und die Standardabweichung der Wert- 6 Varianzzerlegung 19 änderung ∆V : 2 µ PF = 0 ,0266 und σ PF = 6 ,8098 Schließlich ist dann der Value at Risk VaR = −( 0 ,0266 − 3 ,3263 ⋅ 6 ,8098 ) = 6 ,0440 GE 6 Varianzzerlegung Konzept. Analog zum ersten Konzept des Varianz-Kovarianz-Verfahrens gehen wir wieder von einem Aktienportfolio PF = θ 1 A 1 + L + θ J A J aus. Weiter sind vorgegeben: eine Haltedauer ∆t , eine Vertrauenswahrscheinlichkeit p und ein Beobachtungszeitraum b. Die Festlegung eines Value at RiskKonzeptes sieht nun vor: (1) Produktansatz: Risikofaktoren sind die Aktien A 1 ,K , A J des Portfolios. (2) Modellgrößen sind die relativen Wertänderungen (Renditen) der einzelnen Aktien: Rj = S(t + ∆t , A j ) − S( t , A j ) S( t , A j ) für j = 1, K , J (3) Parametrische Verteilungsannahme: Der Vektor R = ( R1 L RJ )T der Aktienrenditen besitzt eine gemeinsame Normalverteilung N(µ ,S ) mit Erwartungswertvektor µ und Kovarianzmatrix S . Anstelle der Kovarianzen σ ij = Cov( Ri , R j ) der Aktien untereinander werden im vorliegenden Konzept die Betafaktoren β j der Einzelwerte A j zu einem Marktindex M bestimmt. Grundlage hierzu ist das Marktmodell Rj = α j + β j RM + ε j das einen linearen Zusammenhang der entsprechenden Rendite annimmt. β j gibt an, mit welcher Sensitivität die Aktienrendite R j auf Änderungen der j Marktrendite R M reagiert. Zu den empirischen Daten ( R1M , R1j ), K , ( R NM , R M ) der Renditen des Marktes und der Aktie A j berechnet sind β j mit der Metho- Value at Risk-Konzepte 20 de der kleinsten Quadrate aus 1 N βˆ j = N N ∑ RnM Rnj − N ∑ Rnm ∑ Rnj n =1 N ∑ n =1 n= 1 ( RnM ) 2 n =1 1 − ∑ R nM N n =1 N 2 Das Portfoliobeta β PF bestimmt sich dann als gewichtete Summe der Einzelbetas, d.h. J β PF = ∑ w j β j j =1 (4) Die Transformation der Verteilung N (µ ,S ) der Aktienrenditen in die Verteilung der Wertänderung ∆V des Portfolios PF erfolgt parametrisch. Zunächst zeigt sich mit dem Transformationssatz und der Annahme normalverteilter Aktienrenditen, daß die Portfoliorendite J RPF = ∑ w j R j j= 1 mit w j = Portfolioanteil der Aktie A j 2 ebenfalls normalverteilt ist. Für den Erwartungswert µ PF und die Varianz σ PF der Portfoliorendite gilt J µ PF = ∑ w j µ j j =1 mit µ j = E( R j ) J 2 2 2 2 σ PF = β PF σM + ∑ w 2j σ 2 (ε j ) mit σ 2 (ε j ) = σ 2j − β 2j σ M j =1 2 Die Portfoliovarianz σ PF (auch: Portfoliorisiko 2 ) zerlegt sich folglich in die beiden Komponenten • 2 2 systematisches Risiko 2 = β PF σM • unsystematisches Risiko 2 = σ 2 ( ε PF ) = J ∑ w 2j σ 2 ( ε j ) j =1 Die Residualvarianz σ 2 (ε j ) des Einzeltitels A j bestimmt sich dabei als Diffe2 . Der renz der Gesamtvarianz σ j und dem systematischen Einzelrisiko β 2j σ M Value at Risk berechnet sich damit wie folgt: − S( t 0 , PF)( µ PF + N p σ PF ) für µ PF ≠ 0 VaR = für µ PF = 0 − S( t 0 , PF) ⋅ N p ⋅ σ PF 6 Varianzzerlegung 21 Beispiel. Bestimmen wir im Zahlenbeispiel des Abschnittes 5, Konzept 1 einen Marktindex durch das Portfolio M = A1 + A2 + A3 so ergeben sich die folgenden Werte Position M A1 A2 A3 Erw. Wert µA Varianz σ A2 0,2379% 0,0511% -0,0034% 0,000700 0,001431 0,000604 0,001431 Kovarianz σ AM Beta βA 0,000870 0,000536 0,000720 1 1,2430 0,7656 1,0295 Für das Portfolio PF = 20A 1 + 10A 2 + 15A 3 berechnet sich der Betafaktor zu β PF = 0, 3447 ⋅ 1,2430 + 0, 3235 ⋅ 0 ,7655 + 0 ,3318 ⋅ 1 ,0295 = 1 ,0177 Folglich gilt systematisches Risiko 2 = 1,0177 2 ⋅ 0 ,000700 = 0 ,000725 Mit den unsystematischen Risiken2 2 σ 2 ( ε 1 ) = σ 12 − β 12 σ M = 0,000350 σ 2 ( ε 2 ) = σ 22 − β 22 σ 2M = 0 ,000194 2 σ 2 ( ε 3 ) = σ 32 − β 32σ M = 0 ,000689 kann das unsystematische Portfoliorisiko2 berechnet werden: σ 2 (ε PF ) = 0, 3447 2 ⋅ 0 ,000350 + 0 ,3235 2 ⋅ 0 ,000194 + 0 ,3318 2 ⋅ 0 ,000689 = 0,000138 Damit gilt für das Portfoliorisiko σ PF = ( 0 ,000725 + 0 ,000138) 1 2 = 0,0294 und folglich mit µ PF = 0 ,0974% für den Value at Risk VaR = −3788 ,50 ⋅ ( 0 ,000974 − 2 ,3263 ⋅ 0 ,0294) = 255 ,13 GE Gemessen an dem VaR-Wert des Varianz-Kovarianz-Verfahrens VaR = 241,53 GE schätzt die Varianzzerlegung das Risiko zu hoch ein. mit 22 Value at Risk-Konzepte Literatur Der vorliegende Text ist enthalten in Cremers, H.: Basiswissen Mathematik und Stochastik für Banker, Bankakademie-Verlag, 2. Auflage, Frankfurt 1999 Weiterführende Literatur Artzner, Ph./Delbaen, F./Eber, J.-M. und Heath, D.: Coherent Measures of Risk, Preprint 1998. Cremers, H.: Monte Carlo Simulation bei der Bewertung Exotischer Optionen und in der Risikoanalyse, Arbeitsbericht Nr.19 der Hochschule für Bankwirtschaft, Frankfurt 1999 Dowd, K.: Beyond Value at Risk, The new Science of Risk Management, John Wiley & Sons, Chichester 1998 Jendruschewitz, B.: Value at Risk, Ein Ansatz zum Management von Marktrisiken in Banken, Diskussionsbeiträge zur Bankbetriebslehre Band 7, Bankakademie-Verlag, 2. Auflage, Frankfurt 1999 Arbeitsberichte der Hochschule für Bankwirtschaft Bisher sind erschienen: Nr. Autor/Titel Jahr 1 Moormann, Jürgen Lean Reporting und Führungsinformationssysteme bei deutschen Finanzdienstleistern 1995 2 Cremers, Heinz; Schwarz, Willi Interpolation of Discount Factors 1996 3 Jahresbericht 1996 1997 4 Ecker, Thomas; Moormann, Jürgen Die Bank als Betreiberin einer elektronischen Shopping-Mall 1997 5 Jahresbericht 1997 1998 6 Heidorn, Thomas; Schmidt, Wolfgang LIBOR in Arrears 1998 7 Moormann, Jürgen Stand und Perspektiven der Informationsverarbeitung in Banken 1998 8 Heidorn, Thomas; Hund, Jürgen 1998 Die Umstellung auf die Stückaktie für deutsche Aktiengesellschaften 9 Löchel, Horst Die Geldpolitik im Währungsraum des Euro 1998 10 Löchel, Horst The EMU and the Theory of Optimum Currency Areas 1998 11 Moormann, Jürgen Terminologie und Glossar der Bankinformatik 1999 12 Heidorn, Thomas Kreditrisiko (CreditMetrics) 1999 13 Heidorn, Thomas Kreditderivate 1999 14 Jochum, Eduard Hoshin Kanri / Management by Policy (MbP) 1999 15 Deister, Daniel; Ehrlicher, Sven; Heidorn, Thomas CatBonds 1999 16 Pierre Chevalier; Thomas Heidom; Merle Rütze Gründung einer deutschen Strombörse für Elektrizitätsderivate 1999 Bestelladresse: Hochschule für Bankwirtschaft, z. Hd. Frau Ellen Glatzer Sternstraße 8, 60318 Frankfurt/M. Tel.: 069/95946-16, Fax: 069/95946-28 Weitere Informationen über die Hochschule für Bankwirtschaft erhalten Sie im Internet unter www.hfb.de